Gedanken von Nessi-chan ================================================================================ Kapitel 11: Häuserfeindschaft ----------------------------- Häuserfeindschaft (Kapitel 11) Der nächste Morgen kam für beide viel zu früh. Lange hatten die Geschwister noch auf der Turmplattform gestanden, um sich von ihrem Schock zu erholen, doch nachdem sie irgendwann in ihre Schlafsäle zurückgegangen waren, schliefen sie ohne Alpträume durch. Lydia war im letzten Moment von einer Mitschülerin wachgerüttelt worden und hatte dann schnell Severus geweckt, doch die beiden kamen trotzdem nicht mehr rechtzeitig in ihren ersten Unterricht: Zaubertränke im Kerker bei Professor Corsus. Ohne anzuklopfen traten die Zwillinge 5 Minuten nach Unterrichtsbeginn in den Raum. Prof. Corsus blickte etwas missbilligend auf. "So, so," bemerkte sie mit süffisantem Lächeln, "bemühen sich doch noch alle Herrschaften her. Namen?" "Snape.", antwortete Severus und sah der Lehrerin selbstsicher in die Augen. "Severus und Lydia." "Ah, ja.", nickte Prof. Corsus und murmelte, während sie ihre Klassenliste durchsah, etwas wie "Slytherin". Dann wies sie den Zwillingen einen Tisch in der ersten Reihe zu. Kaum hatten sich die beiden gesetzt, stürzten noch zwei Jungen in den Raum. Sofort erkannte Severus sie als zwei ihrer Abteilgenossen wieder. Einer von ihnen war James Potter. "Na, ich habe ja schon vieles gesehen, aber ich wusste noch nicht, dass die Unterrichtszeiten dieser Schule nicht für Gryffindor gelten.", erklärte Corsus. "Mr. Potter und Mr. Black nehme ich an?" Die beiden "Delinquenten" nickten. "Sie kommen nach dem Unterricht zu mir.", erklärte sie. "Wir werden schon eine nette Arbeit finden, um Ihnen klarzumachen, dass ich mir das so nicht gefallen lasse." Severus und Lydia waren etwas verwirrt und anscheinend waren sie da nicht die einzigen. Fast alle Mitschüler sahen sich irritiert und fast empört an, da Prof. Corsus zuvor das Zu-spät-kommen von Severus und Lydia geduldet hatte. Potter und Black waren keine Minute später erschienen. Die Slytherin Kameraden schien dieser Umstand jedoch sehr zu amüsieren. Den Grund dafür konnten sich die Zwillinge während des Unterrichts selber denken. Prof. Corsus nahm vorwiegend Slytherins dran und verschaffte den Schülern und Schülerinnen ihres Hauses Vorteile, wo sie nur konnte. Die Gryffindors, jedenfalls einige davon, waren auch ziemlich gut, konnten sich durch Corsus' Methode jedoch kaum einbringen. Verwirrt verließen die Zwillinge nach zwei Stunden Unterricht das Labor. Sie zogen sich in der Nähe in eine dunkle Ecke zurück. "Und, was hältst du von unserer Hauslehrerin?", fragte Lydia mit hochgezogenen Augenbrauen. Severus verdrehte die Augen. "Ihr Stoff ist simpel, aber sie scheint sich trotzdem was drauf einzubilden.", bemerkte er nur. "Außerdem sollte sie ihre Abneigungen vielleicht etwas geschickter tarnen." Nun traten James Potter und sein Freund Black aus dem Labor. Sie bemerkten die Zwillinge nicht und gingen direkt auf die Gruppe zu, die auf sie gewartet hatte. "Einen zweiseitigen Aufsatz über natürliche Gifte!", empörte sich Black. "Für lediglich 5 Minuten!" "Nur ihr?", fragte das einzige Mädchen der Gruppe. "Ja, Lily," antwortete James, "wieso?" "Naja," erläuterte Lily, "direkt vor euch sind noch welche zu spät gekommen, aber die haben anscheinend nichts abbekommen." "Was?" Black schaukelte sich in seiner Wut anscheinend immer höher. "Ihr tut mir echt leid.", bemerkte dann ein kleiner, leicht untersetzter Junge. "Ich komme ja schon mit dieser Hausaufgabe nicht klar! Ich kapiere das einfach nicht. Und Corsus ist ja auch kein Genie, was das Erklären betrifft." Nun traten Severus und Lydia heran. "Vielleicht kann ich dir helfen." Severus wandte sich an den Jungen, der gerade gesprochen hatte. "Was?" Verwirrt und ängstlich trat er einen Schritt zurück. "Nun, wir haben schon einen Privatvorsprung.", erklärte Severus. "Ich könnte dir bei der Hausaufgabe helfen und versuchen, dir den Stoff zu erklären, wenn du willst." "Wie gnädig.", bemerkte Lily höhnisch. "Die zu spät gekommenen Slytherins wollen den minderbemittelten Gryffindors helfen. Verschafft euch das nur Genugtuung oder Sonderpunkte bei Corsus?" "Wir haben nur gefragt, ob wir helfen können.", erwiderte Lydia. "Und für das Verhalten von Prof. Corsus können wir auch nichts." Nun trat sie noch einen Schritt auf Lily zu und fügte mit zickigem Ton hinzu: "Außerdem: Wer hat eigentlich dich gefragt?" James stellte sich nun schützend vor Lily. Severus nahm die Drohgebärde wahr und zog Lydia hinter sich. "Sorry," erklärte James nun kalt, "aber wir sind Freunde. Und wir kommen prima allein zurecht. Sirius, Remus, Peter, kommt, wir gehen." Daraufhin wandte sich die Gruppe um und ging davon. "Tja," seufzte Lydia nach einer Zeit, "Corsus ist wohl nicht allein mit ihrem Häuserhass." "Nein," murmelte Severus kopfschüttelnd, "bei weitem nicht." Der Tag verlief nach diesem Zwischenfall eigentlich ganz gut. Die Zwillinge kamen nun pünktlich und der Unterricht erwies sich auch nicht als hochkompliziert. Lediglich nach Kräuterkunde wurde Lydia von Lily Evans (wie sie mit vollem Namen hieß) fast umgerannt. Lydia nahm es ihr nicht wirklich übel, denn ihr zickiges Verhalten gegenüber Lily war ihr nun schon fast peinlich. In der letzten Stunde hatten sie Verwandlungen gehabt. "Wow, das war mal wirklich Unterricht.", bemerkte Lydia, als sie sich im Slytherin-Gemeinschaftsraum auf ein Sofa fallen ließ. "Prof. McGonagall ist zwar streng, aber ich denke, bei ihr lernt man dafür sehr viel." "Ja," stimmte Severus zu, "und außerdem scheint sie keinen sehr ausgeprägten Häuserhass zu haben. Auch wenn sie ein extra wachsames Auge auf Slytherins hat." Severus musste gezwungenermaßen grinsen, denn wenn er sich unter seinen Kameraden umsah, war Prof. McGonagalls Methode wohl gar nicht so unverständlich. Plötzlich lenkte ein Aufruhr die Aufmerksamkeit der Zwillinge auf die Eingangstür. Neugier ist menschlich und somit gingen die beiden hin, um zu sehen, was da los war. Dort stand ein Mädchen, Gryffindor, orangerote Locken bis zur Schulter, wobei die erste Strähne rechts und links blondiert war. "Was willst du hier?", blaffte sie ein älterer Slytherin an. "Gryffindors haben hier nichts zu suchen! Ihr beleidigt unsere Augen!" Obwohl sie eine Erstklässlerin zu sein schien, ließ sie sich davon nicht beeindrucken. "Ich will nur etwas zurückbringen.", erwiderte sie. Nun fiel Severus' Blick auf das Buch, das sie unter dem Arm hielt. Es war ein Buch über Verwandlungen in Tiere, er hatte es sich in der Pause aus der Bibliothek geholt und während ,Geschichte der Zauberei' gelesen. Bei einem Blick in seine Tasche stellte er fest, dass es wirklich weg war. "Das ist meines." Er ging durch die Menge auf die Mitschülerin zu. "Danke. Wo hast du's gefunden?" "Geschichte der Zauberei.", antwortete sie. "Lag unter meinem Pult. Ich war schon bei den Hufflepuffs, aber da gehörte es keinem. Hier." Sie reichte ihm das Buch. "Stimmt, da muss ich's wohl liegen gelassen haben." "Dann kannst du dich ja jetzt verziehen, du kleine Gryffindorschlampe!", fauchte eine Viertklässlerin. "Sie wollte doch nur höflich sein.", verteidigte Severus. Entgeistert sah ihn die Ältere an. "Sie ist eine Gryffindor.", erklärte sie dann mit Nachdruck. "Deshalb war es trotzdem nett von ihr, dass sie das Buch hergebracht hat." Lydia war nun neben ihren Bruder und das Mädchen getreten. "Der Umgang mit sowas tut, wie man sieht, nicht gut." Drohend trat ein Sechstklässler auf das Gryffindor-Mädchen zu. Severus versperrte ihm den Weg und nahm eine drohende Haltung ein. "Lass mal." Das Mädchen legte ich die Hand auf die Schulter. "Ich geh' ja schon.", erklärte sie der Versammlung, fügte jedoch flüsternd an die Zwillinge gewandt hinzu: "Danke, hab' ich aber gern gemacht." Nachdem sie gegangen war, wollten Severus und Lydia eigentlich wieder an ihren Platz gehen, doch plötzlich wurden sie grob gepackt und in den Raum gestoßen. Als sie wieder aufsahen, waren sie von Viert- bis Siebtklässlern umringt. Sie hörten eine Tür klappen und sahen dann, wie ein großer, schlanker Junge durch dir Menge auf sie zutrat. "Was ist hier los, Alison?", fragte er mit gebieterischer Stimme an die Viertklässlerin gewandt, der Severus frech widersprochen hatte. "Diese beiden," Dabei deutete sie anklagend auf die Zwillinge, die immer noch auf dem Boden hockten, "haben so eine kleine Gryffindorschlampe in Schutz genommen, die hier einfach reingelatscht ist. Außerdem haben sie älteren Schülern widersprochen, Ralon!" Ohne auf ihren vorwurfsvollen Ton einzugehen, sprach er ebenso gebieterisch weiter: "Ihr seid die Snape-Zwillinge, oder?" "Ja." Severus war nun aufgestanden. "Nun, wir hatten bis jetzt ja nicht das Vergnügen." Der Ältere trat direkt vor ihn und fuhr fort: "Ich bin Ralon von Torrerhill, Vertrauensschüler des Hauses Slytherin. Severus, nicht wahr?" Severus nickte. "Nun, ich frage mich, warum ihr euch so schändlich verhalten solltet." "Wir haben uns keineswegs schändlich verhalten.", erklärte Severus. "Die erwähnte Gryffindor-Schülerin hat lediglich ein Buch hergebracht, das ich im Unterrichtsraum für Geschichte der Zauberei vergessen hatte. Und weiterhin haben sich wohl eher die anderen mit ihren Aussprüchen schändlich verhalten." Protest wurde um ihn herum laut, doch Severus sah dem Vertrauensschüler fest in die Augen. "Was für Aussprüche waren das?", fragte er sachlich. "Sie nannten sie ,eine Gryffindorschlampe'!" Lydia war nun ebenfalls aufgestanden und hatte sich neben ihrem Bruder vor Ralon aufgebaut. Doch der lächelte nur. Ihn schien dies sehr zu amüsieren. "Und dies empfandet ihr als schändlich?", fragte er. "Allerdings," gab Severus zurück, "denn uns hat man beigebracht, dass man sich Leuten gegenüber höflich zu verhalten hat, egal was man von ihnen hält. Besonders wenn sie einem nichts getan haben. Sowas nennt man ,Benehmen', falls der Begriff jemandem was sagt." Ralon sah ihn jetzt streng an. "Ich denke, man sollte euch die Prinzipien Slytherins klarmachen.", erwiderte er drohend. "Rick?" Severus konnte sich nach diesem Rick gar nicht umsehen, da traf ihn schon ein Schlag ins Kreuz, der ihn zu Boden warf. "Prinzipien?", fauchte Lydia, da Severus röchelnd am Boden lag und erst mal Atem holen musste. "Welche Prinzipien sollen das sein? Beleidigen, einschüchtern und wenn einem die Worte fehlen zuschlagen? Dann ist ja an vielen die Bildung vorbeigegangen!" Ein Stoß in die Seite führte dazu, dass Lydia über ihren Bruder fiel. Als die ersten Tritte sie trafen, zogen sie die Arme heran, um ihre Gesichter zu schützen. Sie wussten beide nicht, wie lange sie traktiert worden waren, doch plötzlich wurden sie mit einem Griff in die Haare hochgerissen. So sahen sie Ralon und Alison direkt in die Augen. Röchelnd, wie sie da fast ,hingen', sahen sie noch wie Ralon mit einem Wink der Hand alle abgesehen von Alison und den beiden, die die Zwillinge festhielten, wegschickte. "Also," zischte Ralon nun, "entweder ihr verhaltet euch so wie es sich für Slytherins gehört oder es wird so weitergehen, klar?" Sein Gegenüber hatte keine Zeit mehr darauf zu reagieren, denn Ralon schlug Severus hart in den Magen, was ihn in die Knie zwangen. Lydia spuckte Alison daraufhin ins Gesicht, worauf diese ihr eine so heftige Ohrfeige versetzte, dass Lydia auf den Boden flog. Dann verließen auch diese vier den Raum und ließen die Zwillinge allein zurück. Severus sah sich nach seiner Schwester um. Lydia hockte neben ihm am Boden. Sie schluchzte nicht, aber einzelne Tränen liefen ihr über die Wange, während sie ihre blutende Lippe mit dem Ärmel abwischte. Reflexartig nahm er sie in den Arm. "Hier ist sich wohl wirklich jeder selbst der nächste.", sagte Lydia schließlich mit stockender Stimme. Ihr Bruder wusste darauf keine Antwort und nach ein paar Minuten gingen sie dann auch in ihre Schlafsäle. -------------------------------------------------- An die Gefühle dieses Abends konnte sich Severus noch sehr gut erinnern. Es hatte ihn völlig niedergeschmettert, was hier abging. Die Häuserrivalität und die dementsprechende Abneigung gegenüber Schülern des anderen Hauses hatte er ja noch verstehen können. Im Nachhinein musste er sogar feststellen, dass das Verhalten seiner Hauslehrerin Prof. Corsus seinem eigenen später als Lehrer sehr nahe kam. Aber dass ein ,Vertrauensschüler' seine Meinung durchsetzen wollte, indem er die Andersdenkenden verprügeln ließ, konnte er nicht verstehen. Besonders war ihm nicht klar, wie dies an der Schule von Albus sein konnte. Dies widersprach allem, was Albus für ihn immer verkörpert hatte. Er wusste noch wie heute, dass er sich damals vordergründig eine Frage gestellt hatte: ,Wieso sind wir hier? Wenn wir so anders denken, was machen wir dann in Slytherin? Ein Irrtum oder sind wir im Grunde auch so?' Heute sah Severus es als einen Wink des Schicksals an. ,Dort hat alles begonnen.', dachte er. ,Es war der entscheidende Punkt, der Punkt, der vermutlich mein Leben entschieden hat.' Doch noch etwas hatte sein Leben geprägt. Ein bald darauf geschehenes Ereignis. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)