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Bottom of the death valley

+Epilog up+ COMPLETE
von

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迷子

Chapter 4

迷子

(Verirrtes Kind)
 

*Kyo*
 

Gefangen in mir,

verirrt für immer

Ist es

gefallen

Am Boden so tief
 

Nicht fähig zu leben

ohne zu leiden

verspeiste es sich,

das eigene Ich
 

Ist mehr nicht

Nein nicht mehr

Nur ein verlor'nes Kind

im Geist der Realität.
 

***
 

Dreck
 

Die gelben, gefräßigen Insekten

Sind meine frustrierten Sympathisanten

Verrottete Äpfel in meinen Magensäften

Willst du die Suppe sexuellen Verlangens nicht probieren?

Die tropfende, triefende pinke Made

Getränkt in die Flüssigkeit von sadistischem Verlangen

Verrottete Erdbeeren darin

Eine saure Marinade zubereitet mit Blut
 

Dreckige Höhen
 

Lass uns einen Film schauen,

Hände haltend wie ich es dir versprochen habe

Abschied nehmend an diesem Abend

ehe die Äpfel und Erdbeeren verrotten

Der Traum dehnt sich aus, während wir uns küssen,

wie ich es dir versprochen habe

Abschied nehmend von dir

Lass uns das letzte Mahl genießen
 

Dreckige Höhen
 

Das Fest der fleischlichen Gelüste wird beginnen

Das Fest der sexuellen Gelüste wird beginnen

Das außer Kontrolle geratene sadistische Fest

Der rapide Menschenfleisch Psycho Horror

Orangensaft mit Leber

Süßer Curry vermischt mit Niere

Pescatore zubereitet mit Bauchspeicheldrüse

Der heiß geliebte, geliebte Psycho Horror (1)
 

Langsam hob Kaoru den Blick, betrachtete den gelbhaarigen Bandkollegen ihm gegenüber zweifelnd.

So viele irritierende Fragen flogen durch seinen Kopf, prallten an seiner Schädeldecke ab und fielen zurück auf den unwissenden Grund.

„Ähm…“

Er brach ab, zu verwirrt, um den fragenden Augen eine Antwort zu schenken.

Erneut setzte er an. „Das ist…“ Er suchte nach Worten, die es beschreiben konnten. „… widerlich.“

Kyo nickte eifrig, ein seltsames Leuchten in den Augen.

„So war es auch gedacht“, erklärte er.

„Ich versteh kein Wort“, gestand der Leader ehrlich.

„Dacht ich mir“, kam es knapp zurück. „Musst du auch nicht!“

Der kleine Sänger grinste verhalten, den Kopf leicht schief gelegt.

„Also was ist? Nehmen wir den Text?“

Kaoru nickte zögernd. „… Warum nicht.“

„Prima“, Kyo wirkte zufrieden. Grob entzog er dem Älteren das Stück Papier, welches mit seiner schön geschwungenen und doch irgendwie abstrakt wirkenden Handschrift verziert war.

//Zittrig// schoss es Kaoru durch den Kopf, als er an die verwackelten Buchstaben zurückdachte. //Hat er gezittert, als er das geschrieben hat?//

Besorgte Augen musterten den kleinen Körper vor sich.

„Oi Kyo?“ Ein schelmisches Grinsen schlich sich auf die anmutigen Lippen. „Bist du irgendwie sexuell frustriert?“

Feingeschwungene dunkle Augenbrauen zogen sich irritiert zusammen. „Huh?“

„Naja“, der Leader musste sich ein Lachen verkneifen, als er Kyos verwirrten Blick sah. „Der Text.“ Er deutete auf das weiße Blatt in Kyos kleinen Händen. „Du schreibst dauernd über sexuelles Verlangen und so. Klingt, als hättest du es mal wieder nötig!“ Die braunen Augen des Älteren blitzten belustigt. Es war ihm anzusehen, dass er die ernste Miene nur mit großer Anstrengung aufrecht erhielt.

Kyos Augen hingegen verfinsterten sich. „Ich komm schon auf meine Kosten, danke der Nachfrage“, knurrte er gereizt.

„Keine Ursache“, gab der Andere amüsiert zurück und zog den Rückzug an, ehe der Kleine sich noch zähnefletschend auf ihn stürzte.

Das der aber auch gar keinen Spaß verstand.
 

***
 

Seufzend ließ Die sich auf einen unbequemen Stuhl fallen.

Die Probe war heute ohne Zwischenfälle verlaufen. Keine Patzer. Der Gitarrist war stolz auf sich, er hatte seine alte Form wieder gewonnen.

Aufmerksam beobachtete er das Gespräch zwischen Kaoru und Kyo. Es schien mal wieder um Lyrics zu gehen. Der Rotschopf verzog das Gesicht. Beim Anblick von Kaos Miene konnte das ja nur wieder das Schlimmste bedeuten.

Er grinste leicht und ließ seinen Blick weiter durch den Raum schweifen. Toshiya und Shinya saßen schwatzend in einer anderen Ecke und durchblätterten eine Musikzeitschrift. Ab und an hob Toshiya seinen Kopf und sah zu Leadgitarrist und Sänger hinüber. Seine kleine glatte Stirn legte sich nachdenklich in Falten, ehe er kaum merklich den Kopf schüttelte und wieder in das Gespräch über eine unglaublich tolle, aber unbezahlbare Bassgitarre verfiel.

Gelangweilt griff Die nach seinen Zigaretten auf dem Tisch, als seine Finger gegen etwas anderes stießen. Überrascht sah er auf. Ein Buch. Kyos Gedichtbuch.

Ein Lachen ertönte. Sein Blick richtete sich nach vorn. Kaoru stand grinsend im Raum und blickte zur Tür, durch die Kyo eben schlecht gelaunt verschwunden war.

Wieder fielen Dies braune Augen auf das zierliche Büchlein, eingebunden ist schwarzes Leder. Der kleine Sänger hatte es vergessen. Dabei ließ er es nie irgendwo liegen. Er liebte dieses Buch, hütete es wie einen Schatz, und jetzt, jetzt ließ er es einfach so zurück?

Hastige Finger griffen danach, Muskeln hievten den schmalen Körper in die Senkrechte, trieben die Beine zum Laufen an.

„Kyo!“ rief er dem dahinschwindenden Gelbschopf hinterher, doch seine Stimme blieb ungehört.

Der Rotschopf ächzte genervt. Wie er sportliche Betätigung hasste.

Resigniert verfiel er in einen lockeren Laufschritt, um mit dem Kleinen aufzuschließen, der für seine kurzen Beine erstaunlich schnell lief. Doch schon hatte er ihn aus den Augen verloren.

//Na toll… wieso renn ich ihm eigentlich hinterher? Ist doch nicht mein Problem, wenn er das Teil vergisst!//

Langsam trugen ihn seine langen Beine voran. Sein Blick wanderte suchend umher.

Hatte Toshiya nicht mal erwähnt, dass er Kyo manchmal auf seinem Schulweg traf?

Die war noch nicht allzu oft bei dem Blauhaarigen zu Hause gewesen, dennoch konnte er sich noch an den Weg erinnern.

Zielstrebig bog er um die nächste Ecke und hielt überrascht inne.

Da stand er ja.

In Begleitung einer wirklich zwielichtigen Gestalt.

Der Fremde trug zerrissene schwarze Klamotten, die hier und da von einigen Sicherheitsnadeln zusammen gehalten wurden. Ein Band spannte sich zwischen beiden Hosenbeinen, als hätte er Fußfesseln. Die Arme waren von oben bis unten tätowiert, die Ohren unzählige Male durchlöchert und mit jeder Menge Silberschmuck behangen. Auffällig war auch die silberne Kette, die sich von seinem Ohr bis zu seiner Lippe zog, wo sie an einem Piercing befestigt war.

Doch am meisten heraus stachen wohl die grünen Haare, die an den Seiten kahl rasiert und in der Mitte zu einem Iro hochgestylt waren.

//Daher holt sich Kyo also seine Modetipps// dachte Die belustigt, doch in seinem Hinterkopf ratterten die Zahnräder bereits auf Hochtouren und die Fragezeichen drehten sich nur so im Kreis.

Was hatte Kyo mit solchen Straßenpunks am Hut?

Er war zu weit entfernt, um irgendwelche Wortfetzen aufschnappen zu können und so schlich er näher und duckte sich hinter einer großen metallenen Mülltonne in den Schatten.

Kyo schien inzwischen in seiner Tasche zu kramen. Gierig folgten ihm die Augen seines Gegenübers. Und schon beförderte der Gelbhaarige eine winzige durchsichtige Plastiktüte ans Tageslicht, deren Inhalt stark nach roten Pillen aussah.

Die kniff die Augen zusammen, um schärfer sehen zu können.

Waren das etwa…??

Entsetzen machte sich in ihm breit.

//Nein… nicht Kyo… //

Unbewusst krampften sich seine Finger in das kalte Metall der Mülltonne. Kantig stachen seine Fingerknöchel hervor.

//Bitte lass es ein Missverständnis sein// flehte er innerlich, doch seine Hoffnungen wurde enttäuscht, als der Punk einige zerknitterte Geldscheine aus seiner Hosentasche fischte und Kyo in die Hand drückte, woraufhin dieser ihm das kleine Tütchen reichte.

Bonbons würden bestimmt nicht so ein Vermögen kosten.

Schwer atmend senkte Die seinen Kopf. Er musste sich beruhigen, sonst würde er Kyo jetzt hier an Ort und Stelle in Fetzen reißen.

Drogen, ausgerechnet Drogen.

Wo hing der kleine Gelbschopf da nur drin?

Verbittert ballten sich seine Hände zu Fäusten, als alte Erinnerungen hochkamen, ihn zu überwältigen drohten. Es durfte nicht noch einmal geschehen. Nicht noch einmal. Er musste es verhindern. Die alten Wunden durften nicht erneut aufreißen, denn dieses Mal, das wusste er, würde er daran verbluten. Diese Wunde würde nie wieder heilen.

Gewaltsam riss er sich aus seinen melancholischen Gedanken und hob den Kopf.

Der Punk war verschwunden, zurückgeblieben war nur Kyo.

Regungslos stand er da, den Rücken zu Die gedreht. Zweifellos hatte er noch nichts von der Anwesenheit des Rotschopfs mitbekommen.

Langsam richtete Die sich auf, wuchs in die Höhe, während Kyo immer mehr vor seinen Augen zu schrumpfen schien. Er wirkte so klein und zerbrechlich.

Entschlossenen Schrittes trat er aus seinem Versteck, die Finger der linken Hand fest um das schwarze Buch gekrallt. Lautlos trat er hinter den scheinbar weggetretenen Sänger und packte ihn am Arm, um ihn grob zu sich herumzureißen.

Kyo, der scheinbar aus seiner Trance zu erwachen schien, entwich ein erschrockenes Keuchen und seine Augen weiteten sich, als er Die erblickte.

Der Größere überragte ihn wie eine gewaltige Wolkenfront, die gleich auf ihn nieder regnen würde.

Dunkle wütende Lichter blickten anklagend auf ihn herab und die rechte Hand, die noch immer um Kyos schmales Handgelenk geschlossen war, verstärkte ihren Druck.

„Du bist ein Dealer?“ platzte die Frage schließlich aus dem Älteren heraus, wobei es vielmehr ein Vorwurf, eine Anschuldigung war.

Trotzig begegnete der Kleinere dem finsteren Blick und versuchte sich aus Dies eisernem Griff zu befreien.

„Lass los“, zischte er gequält, als dieser nur noch mehr Druck auf seine schmale Hand ausübte.

„Beantworte meine Frage!“ drohte der Rotschopf mit bebender Stimme.

„Fick dich doch“, entgegnete Kyo eiskalt.

Dies Lippen verschlossen sich gewaltsam zu einem blutleeren Strich. Nur mühsam hielt er seine Beherrschung aufrecht.

Schweigend starrten sie sich an, Wut brannte in beiden Augenpaaren.

„Warum?“ Wie ein leiser Windhauch hing das einsame Wort zwischen beiden Fronten.

//Warum tust du das?//

„Das geht dich einen Scheiß an!“ fauchte der Jüngere, einer Raubkatze gleich.

„UND OB ES MICH WAS ANGEHT!“

Erschrocken zuckte Kyo unter der Lautstärke zusammen und auch Die schien über seinen Ausbruch verwundert.

Er holte einmal tief Luft, bevor er mit beherrscht ruhiger Stimme weiter sprach. „Es geht mich sehr wohl was an, wenn mein Freund“, er legte besonders viel Betonung in dieses Wort, „Drogen nimmt!“

„Ich nehm den Dreck nicht“, widersprach Kyo hitzig.

„Das sagen sie alle!“

„Du bist doch derjenige von uns, der Drogen nimmt. Du Säufer!“

Die zuckte wie unter einem Peitschenhieb zusammen.

„Das-“

„Bis du nicht mehr stehen kannst.“

//Findest du mich so verabscheuungswürdig?//

„Bis oben und unten einerlei sind.“

//Ignorierst du mich deshalb?//

„Bis Kotzen zum einzigen Sinn wird.“

//Weil ich wie mein Vater bin?//

„Macht es Spaß ein verfickter Alkoholiker zu sein?“

Langsam lösten sich Dies Finger, befreiten Kyos Hand aus ihrem mörderischen Griff.

Seine Augen brannten, salziges Wasser staute sich hinter den maroden Dämmen, die bald brechen würden.

Zitternd stolperte er einen Schritt zurück, sah in Kyos verächtlich verzogenes Gesicht.

Wieso nur bekam er keine Luft?

Wieso nur schlug sein Herz so brutal. Wollte es ihn innerlich zerschmettern?

Nur mühsam noch hielt er die Tränen zurück.

Aber er würde lieber sterben, als jetzt vor dem Gelbhaarigen Schwäche zu zeigen und wie ein Mädchen loszuflennen. Mühsam schluckte er den Schluchzer hinunter, der sich seinen Weg nach oben gekämpft hatte.

Immer weiter trugen ihn seine langen Beine zurück, weg von Kyo und seiner Verachtung. Tief durchatmend schloss er die Augen.

//Nicht weinen! Nicht weinen!//

Dann drehte er sich auf dem Absatz herum und ergriff die Flucht.

„Und außerdem bin ich nicht dein Freund!“ hörte er noch Kyos Worte, als die letzten Dämme brachen und Tränen ihren Weg in die Freiheit fanden.
 

***
 

Nachdenklich saß Die auf seinem Bett, die Beine im Schneidersitz verschränkt. Er hielt das kleine schwarze Büchlein in seinen Händen und starrte regelrecht Löcher in seine Oberfläche.

Irgendwie hatte er in all dem Trubel ganz vergessen Kyo das Teil einfach vor die Füße zu schmettern. Am besten hätte es dabei noch in einer Pfütze landen müssen. Ja, das wäre lustig gewesen. Vielleicht hätte er dann auch nicht heulen müssen.

Wieso hatte er überhaupt zu flennen angefangen?

Es war so erbärmlich, so jämmerlich. Aber wenigstens hatte Kyo es nicht gesehen. Auch wenn seine Flucht nicht gerade weniger erniedrigend war.

Unruhig knabberte er auf seiner Unterlippe herum.

Sollte er einfach darin lesen?

Aber war das dann nicht ein Vertrauensbruch?

//Welches Vertrauen//, dachte er bitter. //Kyo bringt niemandem Vertrauen entgegen, am wenigsten mir. Außerdem, was soll schon passieren? Er hasst mich ohnehin. Schlimmer kann’s nicht werden.//

Entschlossen klappte er die erste Seite des Buches auf.

Krakelige schwarze Zeichen starrten ihm anklagend entgegen. Sie waren mit Tinte geschrieben und schimmerten blass im Licht.
 

Ein Herz, zu kalt

Das ist

Wie tief auch immer

Wie kalt auch

Zugefroren
 

Dieses Herz

Verbrennt

Wie die feuerrote Sonne

Alle, die mit ihm in Berührung kommen (2)
 

Sanft strichen schmale Finger über die wenigen Zeilen.

So tiefgründig.

Kyo zu verstehen erschien plötzlich so viel schwieriger als gedacht. Es war wie eine Herausforderung.

Aber er würde sie gerne annehmen. So schnell gab er nicht auf.

Kyo konnte ihn ignorieren, er konnte ihn auch hassen, wenn er wollte, aber er hielt den Rothaarigen nicht davon ab, ihm zu helfen. Die würde niemals zulassen den Kleinen an Drogen zu verlieren.

Entschlossen blätterte er einige Seiten weiter. Hier und da blitzten ihm abstrakte Zeichnungen entgegen; aufgerissene Mäuler mit spitzen Zähnen, blinde Augen, blutende Körper, blutige Messer, blutige Spritzen.

Die schluckte schwer. Irgendetwas lief bei Kyo im Kopf gründlich falsch. Aber wer wusste schon, was sich hinter der Fassade der provokativen Ekeligkeit und dem Masochismus wirklich verbarg?

Langsam senkten sich seine Augen auf ein weiteres Gedicht nieder und begann die Worte in sich aufzusaugen.
 

Masochist der Dekadenz
 

Das Kind, das geboren werden wird

Erwachsene mit keinerlei Schuldbewusstsein

Gefallen
 

Ich, der ich keinen Namen habe

Warum bin ich hier?

Ich verstehe nicht einmal,

Ich ahne nicht, dass ich nur wenige Monate zu leben habe
 

Ich will lieben

Ich will geboren werden

In diesem Mutterkörper, starrend
 

seit jener Zeit wartete ich auf Bewusstsein

Zwei Monate später, es geschah so schnell

und doch konnte ich nichts tun

Das Band zwischen uns wird bestehen
 

Ich, so unvollständig,

mein Körper wird von Schmerz durchdrungen

Mutters schreiende Stimme schallt in meinen Ohren, wird nicht verblassen

weiße bekittelte Erwachsene schaufeln mich heraus

Augen, überflutet mit Gefühlskälte

Blutig, ohne eine rechte Hand spiegle ich mich wieder

so wie ich war, eingehüllt in schwarzes Vinyl, verschlungen

während mein Bewusstsein allmählich schwindet überlege ich leise

Ob ich, in einen Käfig gesperrt, geliebt werde, so wie ich bin,

wie es sein sollte

Es kann nicht vergeben werden
 

Es ist besser, dass ich, der ich nicht geliebt werden kann, sterbe wie ich bin

in Stille werde ich ruhen

ohne meinen ersten Schrei zu geben

nur einmal möchte ich Mutterliebe fühlen

vielleicht ist das Liebe, ich danke dir

eine Tür, die sich niemals öffnen wird, wird fest verschlossen

dennoch bin ich deine Zukunft

und so...

la la la...
 

*
 

mein Körper brennt, von Flammen verzehrt,

bis meine Knochen zu Nichts wurden

verbrannt, vernichtet

Auf Wiedersehen (3)
 

Ein schweres Gewicht schien ihn auf einmal zu Boden zu drücken.

Diese Worte, sie strahlten so viel Traurigkeit und Schmerz aus.

Die schluckte schwer.

Was Kyo da beschrieb war die Abtreibung eines Kindes, doch wie er es schrieb klang es eher, als spräche er von sich. Sich, als unvollkommenes Geschöpf, welches ungeliebt und ungewollt wie es war, lieber den Weg des Todes suchte, als in dieser Welt zu existieren.

Die fühlte, wie sich sein Herz bei diesen Gedanken zusammenkrampfte.

Wieso hatte er auf einmal Angst?
 

***
 

Indes wühlte ein ziemlich aufgekratzter kleiner Gelbschopf durch seine Sachen.

„Es muss hier irgendwo sein, verdammt noch mal“, schrie er aufgebracht durch seine kleinen vier Wände.

Aber wieso konnte er es dann nicht finden?

Hatte er es verloren? Seinen kostbarsten Besitz!

„Scheiße!“

Sein Herz hing an diesem Buch.

Er brauchte es.

Darin steckte sein Leben, sein Ich, seine Ängste, seine Kraft.

Frustriert ließ er sich auf sein Bett sinken.

Was sollte er jetzt tun?

Erschöpft fixierten seine Augen die graue Decke.

Die Nacht würde kommen und mit ihr die Schatten, Abbilder seiner Angst. Und diese Nacht hatte er keinen Halt, keine weißen Seiten, an die er sich klammern und die er füllen konnte.

Er war allein!
 

***
 

Schlurfenden Schrittes bahnte sich ein gähnender Kyo seinen Weg durch die Bankreihen.

Er war so furchtbar müde, da er gestern wieder einmal einfach kein Auge zubekommen hatte. Einfach nichts hatte ihn ins Traumreich befördern können, weder altbewährtes Schafezählen noch der Trick seinen Geist zu leeren und an rein gar nichts zu denken. Letzteres war schon allein dadurch gescheitert, dass seine Gedanken immer wieder abwanderten, während er sich vorstellte, wie genau das Nichts wohl aussehen konnte. Schwarz und bodenlos? Oder doch eher weiß und endlos?

Er seufzte resigniert. Sein Kopf war einfach nie leer.

Mit halb geschlossenen Augen ließ er sich auf seinen Stuhl in der vorletzten Reihe fallen und senkte seinen Schädel auf die Bank, um seinen nächtlichen Schlaf nachzuholen. Doch sein Kopf traf nicht das kühle Holz der Bank, sondern etwas anderes. Eine spitze Kante bohrte sich in seine Stirn und trieb die Müdigkeit für eine Sekunde in die hinterste Ecke.

“Fuck alda“, brummelte er leise vor sich hin und hob seinen Hirnbehälter.

Da lag es, unschuldig schauend und spöttisch höhnend zugleich. Sein Buch.

Erleichterung flutete ihn, gefolgt von Misstrauen und einem forschenden Blick durch die Klasse. Seine verengten Augen blieben bei einem gewissen Rotschopf hängen, der mit einigen Leuten lautstark herumalberte.

Die!

Wer sonst?

Hatte er ihm sein Gedichtbuch geklaut? Oder hatte Kyo selbst es irgendwo liegen gelassen?

Möglich wäre beides.

Nachdenklich strichen seine Finger über das kühle Leder.

Der Rothaarige hatte bestimmt darin gelesen.

Kyo wusste nicht, ob ihn das beunruhigen oder wütend machen sollte. Seltsamerweise war es ihm gleichgültig. Vielleicht, weil er sich sicher war, dass Die seine Texte eh nicht verstehen würde. Er hielt nicht wirklich viel vom Intellekt des Gitarristen. Außerdem schien selbst Kaoru, der wohl der Intelligenteste von ihnen war, des Öfteren rein gar nichts mit seinen künstlerischen Ergüssen anfangen zu können. Kyos Gedankensprünge waren einfach zu verworren für ein normal denkendes Hirn, um das Chaos seiner Bilder- und Wortgewalt entwirren oder gar enträtseln zu können.

Für Daisuke Andou würde er wohl ewig ein Mysterium bleiben, obwohl der Rotschopf ihn wohl eher als durchgeknallten Spinner betiteln würde.

Aber was interessierte es ihn? Die konnte von ihm denken, was er wollte.

Sobald die Drogensache sich herumsprach würde er eh von der Schule fliegen, beziehungsweise er würde die Flucht antreten, ehe man ihn noch für illegalen Drogenhandel dran kriegte. Dann war es aus mit Dir en Grey.

Wehmütig senkte sich sein Blick.

Er hatte diese Band in kurzer Zeit zu lieben gelernt. Es war das Einzige, was ihn so lange an dieser Schule hielt. Bisher hatte er es noch nie so lange an einem Ort ausgehalten.

Doch Kaoru würde ihn bestimmt rausschmeißen.

//Kuso!//

Nur weil Die ihm nachspioniert hatte. Warum konnte der Idiot sich nicht um seinen eigenen Kram kümmern und ihn endlich in Frieden lassen?

Zornig schlug er mit der Faust auf den Tisch. Die Gespräche am Nachbartisch verstummten und fragende Augen richteten sich auf den kleinen Gelbschopf. Doch der war bereits in seinen Gedanken verloren gegangen und blickte starr ins Leere.

Endlich war in seinem Leben einmal nicht alles scheiße gelaufen und da kam der Penner und machte alles kaputt.

Okay, er konnte Die nicht gänzlich verantwortlich machen, schließlich war er derjenige, der in illegalen Geschäften drin hing. Aber was hatte er denn schon für eine Wahl? Er musste es tun.

Die hatte ja keine Ahnung.

//Er denkt er weiß alles. Jetzt glaubt er bestimmt ich bin voll der Junkie! Nur weil er gesehen hat, wie ich Pillen vertickt habe. Der hat doch keinen Schimmer. Von gar nichts!//

Hilflos krallten sich seine Finger in das schwarze Leder.

Dabei hatte er gehofft endlich seinen Platz gefunden zu haben, an dieser Schule, bei Dir en Grey… unter Freunden?

Aber er hatte alles auf einen Schlag verloren. Wie so oft. Langsam sollte er sich vielleicht daran gewöhnen, dass in seinem Leben kein Platz für Freude und Glück war, denn irgendwann wurde immer alles von der schwarzen Wolke verschlungen, die wie eine Krankheit über ihm hing und seine Leben bedrohlich überschattete.
 

***
 

Ein mulmiges Gefühl hatte sich in Dies Magen ausgebreitet.

Immer wieder wanderte sein Blick unauffällig nach links.

Kyo sah wütend aus.

War es seine Schuld? Hätte er ihm das Buch doch lieber gestern gleich geben sollen?

Aber wie denn? Schließlich war es doch nicht seine Schuld, wenn er aus Versehen Kyos Machenschaften mitbekam. Dann sollte er seine illegalen Geschäfte gefälligst unauffälliger abwickeln, wenn er nicht wollte, dass sie jemand beobachtete.

//Ich hätte es einfach im Proberaum liegen lassen sollen. Dann wäre das alles nicht passiert… Aber dann wüsste ich auch nichts von der ganzen Sache... Nein, es ist schon gut, dass ich Wind davon bekommen habe. Nur so kann ich ihm helfen!//

Langsam ließ er seinen Blick über Kyos Erscheinung gleiten, seine angespannten Gesichtszüge, die weißen Zähne, die auf seine Unterlippe bissen, die verkrampften Finger, die er um das kleine Buch gelegt hatten, die weißen Fingerknöchel, die unter seiner Haut hervorstachen.

//Wenn er sich überhaupt helfen lässt!//

Denn daran zweifelte er stark.

Kyo war noch nie wirklich gut auf Die zu sprechen gewesen, warum auch immer. Vielleicht hatten sie lediglich einen schlechten Start gehabt, vielleicht hatte Kyo sich sein Urteil über den Rotschopf auch einfach zu schnell gebildet; Fakt war, Die schaffte es nicht den kleinen Sänger vom Gegenteil zu überzeugen. Dass er sich dann gerade von ihm helfen lassen würde war, nüchtern betrachtet, einfach nur lächerlich.

Aber Die wäre nicht Die, wenn ihn das aufhalten würde!
 

***
 

Unsicher trugen ihn seine Füße fort. Er wollte nicht an diesen Ort, doch sein Körper gehorchte nicht.

Alles in ihm sträubte sich gegen das Bevorstehende: die anklagenden Blicke, die in der Luft hängenden Vorwürfe, die Verachtung, die Enttäuschung.

Warum tat er sich das überhaupt an?

Warum?

Diese Frage schien ihn endlich zur Vernunft zu bringen. Entschlossen drehte er sich um und rannte, rannte so schnell er konnte, um möglichst viel Distanz zwischen sich und sein vorheriges Ziel zu bringen. Doch seine Flucht wurde jäh gestoppt, als er kopflos in jemanden hineinlief.

„Wuah, Kyo“, ächzte der zu Boden Gerissene. „Wo willst du denn hin?“

Diese Stimme.

„Shin?!“

Hastig rappelte sich der Kleinere auf.

Wieso musste er unter allen Schülern gerade in ein Mitglied von Dir en Grey hineinrennen?

„Da geht’s zum Proberaum“, meinte der Chibi grinsend und deutete nach vorn.

Kyo folgte seinem Finger. „Ich…“ Er brach ab, nach Worten suchend. Dann sah er wieder zu Shinya herab. Der Drummer lächelte lieb und streckte ihm seine Hand entgegen, damit Kyo ihm aufhalf.

Der Ältere war verwirrt.

Wieso war Shinya so gutgelaunt und so… freundlich?

Wusste er denn noch nichts davon?

Gedankenverloren starrte er die schmale Hand an.

„Was macht ihr denn da?“

Kyo ächzte innerlich. Das war heute nicht sein Tag. Da versuchte er seinen Bandkollegen aus dem Weg zu gehen und lief gleich in zwei von ihrer Sorte.

Selbst wenn Shinya wirklich noch nichts von den Vorkommnissen wusste, Kaoru wusste es auf jeden Fall. Schließlich war er Dies bester Freund. Der Rotschopf hatte ihn bestimmt schon gestern Abend angerufen und über alles informiert.

Und das hieß es war aus. Er hatte verspielt.

Shinya hockte noch immer auf dem Boden und sah Kyo verwirrt an. Jener schien irgendwie leicht weggetreten zu sein. Ungeduldig wedelte der Jüngste mit seiner Hand vor Kyos Nase herum, ehe Kaoru sich erbarmte und Shinya zurück auf die Füße half.

„Danke Kao“, murmelte er und klopfte sich den Staub aus den Klamotten.

„Was ist mit ihm?“ fragte der Ältere, während er Kyos regungslose Form betrachtete. Shinya zuckte nur mit den Schultern. „Keinen Plan. Er bewegt sich nicht wirklich seit er in mich hineingerannt ist. Ob er was am Kopf abgekriegt hat?“

Wie um seine Theorie zu testen begann er erneut vor Kyos Gesicht hin und her zu wedeln.

Keine Reaktion.

„Mmh…“ Nachdenkliche Falten überzogen Shinyas blasse Stirn. „Visuell scheint er voll weggetreten zu sein“, erklärte er fachmännisch. „Schauen wir doch mal, wie es mit seinem physischen Empfinden aussieht“, und ein spitzbübisches Grinsen schlich sich auf seine femininen Züge.

Langsam schloss er seine Finger um Kyos kleine Nase und drückte zu.

„WTF?! Spinnst du?“ schnappte dieser endlich aus seiner Trance. „Was wird das, wenn’s fertig is?“

„Ich wollte nur deine Lebenserhaltungsfunktionen checken“, verteidigte sich der Schlagzeuger lächelnd.

„Indem du meine Nase zuhältst? Ich glaub es hakt!“

„Na wenn du dich in irgendwelchen nicht-existenten, überirdischen Sphären rumschleichst. Ich hab mir doch nur Sorgen gemacht, dass du da irgendwo falsch abbiegst und nie wieder zurück findest“, versuchte sich Shinya herauszureden.

„Indem du mich erstickst?! Sehr effektiv, danke!“

Der kleine Sänger verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust. Sein Blick wanderte zu Kaoru, der belustigt neben der Szene stand und sehr darum bemüht war ein Grinsen zu unterdrücken.

War er etwa auch nicht sauer?

Was ging denn in denen vor?

Oder hatten sie wirklich noch keine Ahnung?

„Oi, was geht? Proben wir heute draußen oder was?“

Und da kam auch Diru Member Number Three, gefolgt von Number Four.

//Damit wären wir ja komplett, super!// dachte Kyo sarkastisch und buddelte sich bereits ein imaginäres Loch, in das er sich später flüchten konnte.

„Wir haben nur eben Kyo wiederbelebt“, erklärte Shinya Die trocken.

„Echt? Warum habt ihr nicht auf mich gewartet? Ich wollte Mund-zu-Mund-Beatmung machen!“

Kyos Kinnlade verabschiedete sich und trat ihren Fall einige Etagen tiefer an.

Mit offenem Mund starrte er den Rotschopf entgeistert an.

Waren jetzt alle komplett durchgedreht?

„Bleib locker“, Die klopfte ihm kumpelhaft auf die Schulter. „Ich werd deine süßen kleinen Schmolllippen schon nicht entjungfern!“

Das gab Kyo völlig den Rest.

Mit einem entnervten Stöhnen schloss er die Augen und begab sich auf die Suche nach seiner Selbstachtung, die ihm während dieses kurzen, Hirnzellen verbrennenden Gesprächs abhanden gekommen sein musste.

„Na los, lasst uns endlich reingehen, ich will nachher noch shoppen“, meine Kaoru und riss Kyo aus seiner Selbstfindungsphase.

„Shoppen?“ Toshiyas Augen begannen zu glitzern. „Kann ich mitkommen, bitte, bitte, bitte!“

Der Leader lächelte nachgiebig. „Klar, warum nicht. Aber jetzt wird erst mal gearbeitet. Husch husch!“ Er versuchte seine Freunde Richtung Proberaum zu scheuchen. Ganz langsam setzte sich die Meute in Bewegung.

Alle bis auf einen.

„Hey“, Kyo hielt Die am Arm zurück.

Der Rotschopf sah sich verwundert um und blickte den kleinen Sänger fragend an.

Noch ehe er zu einer Frage ansetzen konnte wurde er von Kyo unterbrochen.

„Hast du es ihnen gesagt oder nicht?“

Die stutzte, völlig aus dem Konzept gebracht.

„Huh? Was gesagt?“

„Na was wohl?!“ Der Gelbschopf klang eindeutig gereizt. „Die Sache von gestern. Du weißt schon.“

Die Kajal umschminkten Augen des Rothaarigen verengten sich leicht. „Nein, hab ich nicht“, kam die patzige Antwort. „Ich werd es ihnen auch nicht erzählen, wenn’s dich beruhigt. Ist schließlich deine Angelegenheit. Außerdem will ich nicht, dass sie enttäuscht sind. Reicht ja, wenn ich’s bin.“

Kyos Augen weiteten sich einen Moment, ehe er skeptisch den Kopf zu Seite lehnte. „Sie werden es also nicht erfahren?“ fragte er sicherheitshalber nach, ohne auf Dies letzten Kommentar einzugehen.

Die schüttelte die roten Haare. Ein erleichterter Seufzer entwich Kyos Kehle. Ihm waren in diesem Moment gleich mehrere Steine vom Herzen gefallen.

„…danke, Die“, flüsterte er, beinahe schüchtern. Nur sehr wenige Dankesworte hatten je seinen Mund verlassen und wenn er sie schon aussprechen musste, dann tat er es nur sehr leise, am besten so leise, dass man es kaum verstand.

„Dir en Grey bedeutet mir… viel… und wenn Kaoru es erfährt… er würde mich bestimmt rausschmeißen.“

Ernste Augen musterten den kleinen Sänger. „Würde er nicht“, widersprach Die ruhig. „Er wäre nur unendlich enttäuscht von dir. Alle wären das. Vielleicht merkst du es ja wirklich nicht, aber alle haben dich gern, egal wie sehr du dich bemühst ein Arschloch zu sein!“

//Denn wir wissen, tief in dir drin da bist du sensibel und so unendlich verletzlich. Du bist nicht halb so hart wie du dich gibst.//

Der Rothaarige schenkte ihm sein typisches, unbeschwertes Die-Grinsen und wuschelte ihm kurz durch die wüsten gelben Haare. Kyo verzog nur das Gesicht und verkniff sich jeglichen Kommentar.

„Hey ihr Triefnasen! Wird das heute noch was?“ Kaoru hatte seinen purpurnen Kopf aus der Tür gesteckt. „Wir wollten eigentlich heute noch anfangen!“

„Kommen ja schon“, rief der Rotschopf noch immer grinsend hinüber und setzte sich langsam in Bewegung.

Er hätte Kaoru köpfen können. Da stand er nun, zusammen mit seinem Kyo, unterhielt sich, friedlich(!), wagte es gar mit den Fingern durch dessen weiche Haare zu streichen, die selbst vom vielen Bleichen nicht ihre Kraft und ihren Glanz verloren hatten, und bekam zudem noch Dank geschenkt, der so selten und kostbar war… und was machte Kaoru? Er platzte ungehobelt dazwischen und erinnerte sie daran, dass Arbeit auf sie wartete. Er sollte sich ernsthaft eine Bestrafung für Kaoru überlegen.

„Hey Die?“ kam es leise von hinten.

„Mmh?“

Er hielt erneut inne und sah zurück.

Kyo hatte die Hände nervös ineinander verkeilt und sah ihm scheu entgegen.

„Anou… Ich wollte noch… also was ich gestern gesagt habe...“ Gott, wie er Entschuldigungen hasste. Hatte er sich jemals bei irgendwem entschuldigt? Wahrscheinlich nicht, sonst wüsste er jetzt, wie es ginge.

Er seufzte ein letztes Mal, holte tief Luft und begann von neuem. „…Es tut mir Leid. Ich hätte das nicht sagen sollen, dass mit dem… naja... du weißt schon…Alkoholiker und so.“

Dies Gesichtsausdruck wandelte sich von Entsetzen über Erstaunen bis hin zu Verständnislosigkeit. „Du… entschuldigst dich? Bei mir?“

Er starrte Kyo an, als ob ihm ein zweiter Kopf gewachsen wäre.

Der Kleinere verdrehte die Augen. „Ja mann. Aber gewöhn dich nicht dran. Kommt sicher nicht wieder vor! Ich will nur nicht, dass du wieder heulst.“

Dies Augen weiteten sich ertappt.

„Ich hab überhaupt nicht geheult“, widersprach er resolut.

„Nein, gar nicht“, entgegnete der Kleine sarkastisch. „Und das Wasser in deinen Augen fiel vom Himmel. Oh nein, noch besser es hüpfte mal eben aus einer Pfütze in dein Gesicht, weil es mal fix die Schwerkraft überwunden hat. Schon klar.“

Der Rothaarige biss sich unruhig auf die Innenseite seiner Unterlippe. „Ey Mann, wenn ich es dir doch sage. Ich. Hab. NICHT. Geheult! Das war bestimmt irgend so ein beschissener Lichtreflex oder was weiß ich.“ Trotzig verschränkte er die Arme vor der Brust. „Da muss schon mehr kommen, als so ein abgebrochener Gartenzwerg.“ Ein spöttisches Grinsen übertünchte die Nervosität.

Kyo schnaubte verärgert. „Noch so’n Spruch über meine Größe und ich latsch dir in die Eier!“

Da kannte er keinen Spaß.

Leider war Die einfach nicht der Mensch, der an dieser Stelle schwieg und so prustete er lauthals los.

„Kyo, du bist so putzig, wenn du versuchst den oberfiesen Bösewicht raushängen zu lassen.“

Verspielt verwuschelte er ihm erneut das Haar.

Ein grollendes Furcht erregendes Geräusch war zu hören, ein Ton, welcher der Hölle entsprungen zu sein schien.

„DU BIST SOOOOO TOT!!!“ schrie ein gelbes rasendes Etwas und schon stürzte sich ein Knäuel aus Armen, Beinen und Haaren auf den wesentlich größeren und noch immer lachenden Die.

//Das kann länger dauern// dachte Kaoru amüsiert.

Dann musste die Probe eben ohne die Beiden beginnen.
 

***
 

Fernab der Vernunft, zwischen Blümchenmustern, Spitze und Stoffen jeglicher Form und Farbe rollte ein verzweifeltes Individuum die schokobraunen Augen und stieß einen resignierten Seufzer aus.

„Mann Toshiya, das ist ja nicht zum Aushalten.“ Es warf die langen Arme in die Luft. „Jetzt schmeiß dich endlich ran!“

Ein blauhaariges Wesen mit dem Arm voller Klamotten schüttelte energisch den Kopf.

„Das sagst du so einfach, Shin. Aber du würdest dich an meiner Stelle auch nicht einfach so auf ihn stürzen.“

„Ich hab auch eine Entschuldigung: Ich bin schüchtern“, meinte der Hochgewachsene grinsend.

„Wo bist du denn bitte schüchtern?!“ widersprach der Bassist schnaubend.

„Wer ist schüchtern?“ unterbrach eine dritte Stimme den Disput.

Kaoru war soeben aus der Umkleidekabine wiedergekehrt und hatte Toshiyas letzte Worte aufgeschnappt.

Mit einem überraschten Quieken fuhr der Blauhaarige herum und ein leichter Rosaschimmer legte sich auf seine Wangen. Alles was er zustande brachte war wortlos auf Shinya zu deuten.

„Aha. Und? Habt ihr schon was gefunden?“

„Gefunden?“ Toshiya schien seine Sprache wieder erlangt zu haben, allerdings nicht seinen Verstand.

„Na an Klamotten“, erklärte Kaoru geduldig.

„Oh ach so. Ähm… naja…“, Toshiya blickte etwas hilflos auf die Stoffe in seinem Arm. Was um Himmels Willen wollte er denn mit diesem überaus hässlichen schreiend grünen Oberteil? Er musste es wohl blind aus dem Regal genommen haben, als er mit seinen Gedanken wo ganz anders gewesen war. Kaoru musterte diese Ausgeburt an Hässlichkeit gerade kritisch.

Hastig entledigte er sich dieses lästigen Stückes, indem er es achtlos nach hinten warf… und somit einem weiteren Kunden prompt auf den Kopf.

„Upps“, nun kroch die Röte von seinen Wangen bis in die Haarspitzen.

„’tschuldigung.“ Er verbeugte sich kurz, peinlich berührte, nahm die Wurzel allen Übels mit spitzen Fingern wieder an sich und ergriff die Flucht Richtung Umkleidekabine, während er sich in Gedanken vorstellte, wie gern er jetzt von einem Loch im Boden verschlungen werden würde. Komischerweise hatte sein imaginäres Loch Glubschaugen, Zähne und eine grüne Zunge und rülpste, nachdem es ihn in seiner blühenden Fantasie verschlungen hatte. Musste wohl an dem grünen Oberteil liegen. Wem kam es da nicht wieder hoch?

„Was war denn das?“ fragte ein verdutzter Kaoru, der nur noch Toshiyas Rücklichter sah. Doch er bekam keine Antwort, denn Shinya stöhnte nur gequält und schlug sich die Hand vors Gesicht.
 

***
 

„Wie lange willst du mir noch hinterher dackeln? ES NERVT!“

Kyo war wirklich sauer.

Nicht nur, dass Die seit Ende der Probe wie eine Klette an ihm hing, nein, er verfolgte ihn auch noch total auffällig und war ihm bereits zweimal in die Hacken gelatscht.

„Ich pass nur auf, dass du keine Dummheiten machst“, antwortete der Übeltäter.

„Indem du mir auf Schritt und Tritt folgst?“ Die Stimme des Gelbhaarigen überschlug sich fast. „Wie soll das gehen? Willst du mit mir aufs Scheißhaus? Hey, vielleicht schlafen wir ja heute Nacht im selben Bett“, höhnte Kyo ironisch. „VERPISS DICH ENDLICH!“

Die zuckte erschrocken zusammen. Zwar war ihm durchaus bewusst, dass er Kyo mit seinem Verhalten tierisch auf den Kranz ging, aber das dieser gleich so laut wurde war doch unerwartet.

„Keine Chance!“ meinte er dennoch entschlossen. So einfach ließ er sich nicht einschüchtern.

„Aaargh!“ Kyo vergrub frustriert die Finger in seinen Haaren. „Du gehst mir auf n Sack!!!“

„Ich weiß“, flötete der Rotschopf vergnügt. „Darin bin ich weltklasse!“ Er schien Kyos ganzes Gefluche auch noch als Kompliment aufzufassen. Jedenfalls ließ er sich nicht davon beirren.

„Hör mal“, resigniert blieb der Blondschopf stehen und drehte sich zu Die herum. „Ich find es ja schmeichelhaft, dass du mir helfen willst und so. Aber das ist wirklich nicht nötig. Ich krieg das schon allein geregelt, ok?“

“Kriegst du eben nicht!“ widersprach der Gitarrist störrisch. „Sonst wärst du jetzt schon lang aus der Scheiße raus!“

„Das ist doch wohl mein Problem, oder? Was mischst du dich da überhaupt ein?“ Kyo riss langsam der Geduldsfaden. Der Kleine konnte es ganz und gar nicht leiden, wenn man ihm Moralpredigten hielt. Er hatte sich bisher immer allein durchgeboxt, also würde er das jetzt auch tun.

„Und jetzt komm mir nicht wieder mit dieser Ich-bin-dein-Freund-Tour“, fügte er gereizt hinzu, denn er hatte Dies Argumente sowas von satt.

„Wenn es aber so ist!“

„Das ist mir scheiß egal!“

„Dir scheint ja alles scheiß egal zu sein. Du wirfst dein Leben einfach so weg.“

„Was kümmert es dich? Ist doch mein Leben!“

Die ließ resigniert die Schultern sinken. Dieser Junge schaffte ihn.

Seufzend fuhr er sich durch die roten Haare.

„Und was sagen deine Eltern dazu?“

Kyos Augen verengten sich bedrohlich und der Rothaarige merkte zu spät, dass er wohl ein Tabuthema angesprochen hatte.

„Welche Eltern? Meine Mutter ist doch Schuld, dass ich überhaupt die ganze Scheiße am Hals hab.“

Dies verwirrter Blick sprach Bände.

„Sie war ein verfickter Junkie“, erbarmte sich der Sänger schließlich zu einer Antwort. „Hat sich durch die halbe Welt gevögelt ohne Rücksicht auf Verluste. Hauptsache sie bekam ihre Drogen. Ich war nur eines ihrer Missgeschicke, das Kind von irgend nem dreckigen Penner, der sich wahrscheinlich schon lange den Goldenen Schuss gegeben hat.“

Die schluckte. Er hatte zwar damit gerechnet, dass Kyos Leben nicht so rosig aussah, aber dass es so scheiße verlief…

Er musste wieder an Kyos Gedicht denken, in welchem er die Abtreibung eines Kindes beschrieb, eines ungeliebten Wesens, aus Verantwortungslosigkeit gezeugt. Und plötzlich verstand er, alles wurde so viel klarer.

„Scheiße“, murmelte er leise.

Kyos Augen funkelten böse. „Verstehst du jetzt? Wegen dieser Schlampe musste ich in dem ganzen Dreck aufwachsen. Das ist mein verdammtes Leben. Ich komm da nicht so einfach raus!“

„Aber…“, Die wollte hilflos widersprechen, doch ihm fehlten die Argumente. Wohl zum ersten Mal in seinem Leben wusste er nicht, was er sagen sollte.

„Und jetzt verschwinde endlich“, hauchte der Gelbhaarige leise.

„Kyo, ich…“

„VERSCHWINDE!“

Erschrocken zuckte der Rotschopf erneut zusammen. Unsicher starrte er den Kleineren an, ehe er sich schließlich umwand und den Rückzug antreten wollte, doch der Weg war versperrt.

Zwei schwarz gekleidete riesige Männer wuchsen vor ihm aus dem Boden, die Arme vor der Brust verschränkt.

„Was seid ihr denn für Gestalten?“ fragte Die missgelaunt, eine Augenbraue skeptisch erhoben.

Der linke Riese ging einen Schritt auf ihn zu. „Verzieh dich, Kleiner. Wir haben was mit dem Knirps da zu klären!“

Langsam hatte Die die Schnauze voll. Wieso verlangte nur jeder von ihm, dass er die Biege machte?

War er so unerwünscht?

Zweifelnd warf er einen Blick auf Kyo, dann wandte er sich wieder nach vorn.

Den Kleinen mit diesen zwei Schränken allein lassen? Ja, er war doch nicht blöd!

Demonstrativ verschränkte er seine Arme vor der Brust. „Das könnt ihr knicken!“

Der rechte Riese löste sich von seinem Platz und baute sich Unheil verkündend vor Die auf.

„Wie du willst, Kleiner.“

Das war der Moment, in dem endlich Bewegung in Kyo kam. Augenblicklich schob er sich vor Die.

„Was wollt ihr von mir?“ fragte er misstrauisch und sein Blick wanderte abwertend über die zwei Gestalten.

„Du hast unseren Boss beklaut.“

Kyos Miene verdüsterte sich. „Bullshit! Ich kenne euren Boss überhaupt nicht. Außerdem klaue ich nicht!“

„Dann werden wir deinem Gedächtnis mal auf die Sprünge helfen. Letzten Samstag. Das Black Moon.“

Dies Augen weiteten sich. Ebenso Kyos.

„Das Black Moon? Kyo, was…?“ Der Kleine brachte ihn mit einer herrischen Handbewegung zum Schweigen.

„Ihr habt mich also gesehen?“

„Es wurde alles von einer Überwachungskamera aufgenommen.“

„Verstehe. Und jetzt?“

Ein fieses Grinsen breitete sich auf den Gesichtern der Unbekannten aus. „Wir sollen dir eine Lektion erteilen, die dich lehrt nicht wieder in fremden Gewässern zu fischen!“

„Ich wusste nicht, dass es Sperrgebiet war“, verteidigte sich der Blondschopf trotzig.

„Das ist nicht unser Problem!“

„Wie wär’s mit einem Deal. Ich zahl eurem Boss das Geld zurück, was ich eingenommen hab und wir vergessen die Sache“, schlug er hoffnungsvoll vor.

Doch die Schränke schüttelten den Kopf. „Es geht unserem Boss nicht um das Kleingeld. Ihm geht’s um’s Prinzip. Er mag es nicht, wenn man ihm in seine Geschäfte pfuscht.“

Kyo stöhnte genervt und warf einen unsicheren Blick auf Die. Warum hatte der Rotschopf nicht einfach verschwinden können, wir er es ihm befohlen hatte? Jetzt hing er da mit drin.

„Also schön. Dann erteilt mir ne Lektion. Aber lasst ihn…“, er deutete auf den Gitarristen, „…da raus!“

Die sah den Kleinen erstaunt an. Seit wann machte Kyo sich denn bitte Sorgen, was mit ihm geschah?

„Der hatte seine Chance abzuhauen. Jetzt ist’s zu spät für Einsicht“, meinte einer der Schränke kalt.

„Er hat doch gar nichts damit zu tun“, versuchte Kyo erneut an ihr Gewissen zu appellieren, doch er stieß nur auf gleichgültige Ohren.

Dann ging alles ganz schnell. Blitzschnell packte ihn einer der Zwei an beiden Armen, drehte sie ihm hinter den schmalen Rücken und hielt ihn fest.

Wütend versuchte sich der kleine, kräftemäßig benachteiligte Sänger zu befreien, riss und zerrte, trat und kratzte, schimpfte und spukte, aber alles umsonst.

Der andere Riese musterte ihn amüsiert. Für sie war das alles nur ein Spiel. Ein grausames Spiel.

Nicht gerade sanft ergriff er Kyos Kinn und zwang ihn in das kantige Gesicht seines Gegenübers zu blicken.

„Den gleichen Fehler wirst du bestimmt kein zweites Mal machen. Dafür garantieren wir.“

Er zeigte seine gelben schiefen Zähne, als sich seine trockenen Lippen zu einem gehässigen Grinsen verzogen.

Kyo verzog angewidert das Gesicht, als ihm herber Mundgeruch entgegen wehte.

Störrisch versuchte er sich aus dem Griff zu befreien, doch er erreichte lediglich, dass sein Gegenüber den Druck nur noch verstärkte.

Wütend bleckte er seine Zähne und ließ ein leises Knurren verlauten.

„Bist wohl eine kleine Wildkatze?“ kommentierte der Riese belustigt, als er seine freie Hand an Kyos Hals hinab über seine Brust gleiten ließ.

„Du kannst bestimmt noch andere Sachen, nicht wahr? Das könnt ihr Straßenköter doch alle.“

Bedeutungsschwanger hing diese Behauptung in der Luft.

Kyos Augen weiteten sich entsetzt und schon schob sein Gegenüber die raue grobe Hand unter das eng anliegende Oberteil und begann über die junge seidige Haut zu streichen.

Der Kleine war wie erstarrt, seine Augen wirkten glasig, sein Blick distanziert und leer.

Endlich kam wieder Bewegung in Die. Mit einem Satz war er neben seinem gelbhaarigen Freund angekommen.

„Nimm deine Dreckspfoten von ihm“, knurrte er bedrohlich und versuchte ihn von Kyo wegzustoßen, doch er hatte einfach nicht genug Kraft.

Der Mann begann zu lachen. „Wie niedlich? Willst du deinen kleinen Freund beschützen? Aber schau doch, er wehrt sich gar nicht. Es scheint ihm zu gefallen.“

Wie zur Bestätigung ließ er seine Hand tiefer sinken und schob sie unter den Bund von Kyos weit sitzender Jeanshose.

Die warf seinem Bandkollegen einen besorgten Blick zu. Der Kleine war ganz blass, fast weiß. Keine Regung ging durch seinen fragilen Körper, nur die schmalen Schultern bebten.

Was war los?

Wieso wehrte er sich nicht mehr?

Der Rotschopf startete einen erneuten Angriff auf den Riesen, versuchte ihn von Kyo abzulenken, damit dieser endlich seine Fassung wieder erlangte.

Er wusste, dass wenn er jetzt gewalttätig wurde, der Kampf erst richtig entflammen würde, aber sie steckten eh schon viel zu tief drin. Und so ließ er seiner Faust freien Lauf. Ungebremst traf sie ihr Ziel. Ein ekliges Knacken, ein schmerzerfüllter Schrei, dann Stöhnen.

Hastig kniff Die seine Augen zusammen. Seine Hand brannte. Aber es tat gut. So unglaublich gut.

Niemand rührte seinen Kyo an! Niemand!

Der Moment des Triumphs ging jedoch so schnell vorbei, wie er gekommen war. Schon stand der Schlägertyp wieder auf beiden Beinen, einen rasenden Ausdruck in den funkelnden Augen. Blut strömte aus seiner Nase, über seine Lippen, sein Kinn und troff in seine schwarze Kleidung.

Er hatte ihm wohl die Nase gebrochen. Zufriedenheit machte sich in Die breit.

„Das wirst du bereuen“, grollte der Blutverschmierte zornig. Zufriedenheit wich Angst. Die wusste, dass er gegen diesen Riesen wenig ausrichten konnte. Und gegen einen wütenden Riesen noch viel weniger.

Der ersten Rechten konnte er noch ausweichen, auch der zweite Schlag ging an ihm vorbei, doch der dritte traf schließlich sein Ziel. Stöhnend ging Die zu Boden, die Arme um den schmerzenden Leib geschlungen.

So hatte er sich den Nachmittag nicht vorgestellt. Wahrlich nicht.

Breitbeinig baute sich der zornige Gigant vor ihm auf, blitzte mordlüstern auf ihn herab.

Der Rotschopf schluckte, Panik begann seinen Verstand zu benebeln.

Ein Blick zu Kyo zeigte ihm, dass der Kleine sich endlich wieder aus seiner Erstarrung gelöst hatte. Verzweifelt versuchte er sich aus dem eisernen Griff des zweiten Kolosses zu befreien.

In diesem Moment begriff Die, dass sie verloren hatten. Sie waren hoffnungslos unterlegen.

Eine Sekunde später zerstob der Gedanke in alle Himmelsrichtungen, als Schmerz seinen Kopf flutete. Sein Gegner hatte ihn an den Haaren gepackt und wieder in die Höhe gerissen. Ein schmerzerfüllter Schrei entfloh seiner Kehle. Ein Schrei, der Dies Peiniger nur noch anzuregen schien.

Doch gleichzeitig setzte jener Schrei auch etwas in Kyo frei. Es war, als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Mit einem kräftigen Ruck riss er sich los, wand sich um hundertachtzig Grad und rammte seinem Gegenspieler das Knie in die Weichteile, sodass dieser vor Schmerz zu Boden ging. Wie ein Berserker begann der kleine Sänger ihn mit seinen Fäusten zu bearbeiten, bis er sich nicht mehr rührte. Blut spritzte nach allen Seiten. Schon längst war kein Laut mehr zu hören. Keine Regung. Kein Lebenszeichen.

Die verfolgte das grauenerregende Spektakel mit fassungslosen Augen.

„Er ist ein Monster“, hörte er die erstickte Stimme seines eigenen Folterknechts, der ebenso entsetzt inne gehalten hatte.

Dies Augen fixierten seinen Gegenüber. Wut begann seine Sicht zu blenden, seine Vernunft in dunkle Ecken zu treiben.

„Er ist kein Monster!“ widersprach er vehement und der Hass, der sich in ihm anstaute, gegen die inneren Felsen brandete und Stein zum Stürzen brachte, entlud sich in einem gewaltigen Schlag. Doch so wie sein eigener Zorn den Weg an die Oberfläche fand so fand ihn auch der seines Gegners.

Beinah sekundengleich schlugen die zwei ungleichen Körper auf der harten Erde auf. Kraftlos sackten die Köpfe zur Seite. Regungslos blieben sie liegen, eingehüllt in einen unreinen Mantel aus Dreck und Staub.

Mühsam erhob sich ein gelber Haarschopf. Leere Augen blickten distanziert über das Schlachtfeld.

Blutverklärte Sicht. Rote zitternde Hände. Sinkender Staub.

Ummantelt von Dreck sinkt die Welt in niedrigste Sphären.

Nur Gewalt und Schmerz wandelt über tote Erde.

Auf ihr rotes Haar.

„Die!“

Ein Rütteln.

„Die?!“

Kein Regen.

„Diiiiie!“

Nur Stille.

Und rot…
 

~ooOoo~o~ooOoo~
 

(1) Filth, englische Übersetzung von tattered cloth; ich hab es bei der Übersetzung ins deutsche ein wenig abgewandelt an manchen stellen
 

(2) Diese Verse hat Kyo zu dem Song "Taiyou no ao" geschrieben.

Übersetzt von mir
 

Hier ist das Original:
 

冷たすぎる心

それは

何処までも深 く

何処までも冷たく

凍てついている
 

その心は

触れる物全てを

真っ赤な太陽の

様に全てを焼き尽くす
 

(3) wie der Titel schon sagt ist das der Song "Mazohyst of decadence", auch das ist keine 1:1 Übersetzung, ich hab einiges zugunsten dieser FF umgeändert



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Kommentare zu diesem Kapitel (23)
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Von:  Zerocchi
2005-05-22T19:44:12+00:00 22.05.2005 21:44
Gratuliere, mehr kann ich zu diesem Kapitelnicht mehr sagen.
Von:  Saki-san
2004-11-29T08:33:51+00:00 29.11.2004 09:33
Filth, ich liebe Filth... und ich denke, dass viele Leute Kyos Texte nicht verstehen. Irgendwie gefällt mir der Liedfindungsprozess *gg* Auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, dass die Jungs nicht wissen, was Kyo da eigentlich singen will. Sexuelle Frustration ist jedenfalls eine sehr originelle Erklärungsmöglichkeit!


Schöne Idee, Kyo sein Büchlein vergessen zu lassen ,damit Die eine Möglichkeit hat ihm zu folgen und ihm auf die Schliche zu kommen. Auch Dies Gedanken passen dazu sehr gut. Das wirkt realisitsch.


Ein Hund, der in die Ecke getrieben wird, der beißt... Kyo auch, hm?

"Entschlossen blätterte er einige Seiten weiter. Hier und da blitzten ihm
abstrakte Zeichnungen entgegen; aufgerissene Mäuler mit spitzen Zähnen, blinde
Augen, blutende Körper, blutige Messer, blutige Spritzen.
Die schluckte schwer. Irgendwas lief bei Kyo im Kopf gründlich falsch. Aber wer
wusste schon, was sich hinter der Fassade der provokativen Ekeligkeit und dem
Sadismus wirklich verbarg?"
Du sprichst da etwas aus, was vielen von uns Diru Fans wohl durch den Kopf geht... und was du aufgrund deiner Beschreibungen von Dingen, die wir nicht kennen, noch viel logischer erscheint. Du formulierst immer so, dass das alles als absolut logisch, klar und unumgänglich erscheint. Das ist beneidenswert!

Ich finde es toll ,dass du in diesem Kapitel so viele von den Diru Songtexten einbringst. Damit bekommt die Geschichte einen definitiven Zusammenhang mit Dir en Grey und lässt sich nicht von der Band lösen. Es gibt mittlerweile so viele Fanfictions, die nichts mit der band zu tun haben und wo man die Namen ohne Probleme gegen eigene austauschen könnte. Hier ist das nicht so und das finde ich wirklich gut!


"Darin steckte sein Leben, sein Ich, seine Ängste, seine Kraft.
Die Nacht würde kommen und mit ihr die Schatten, Abbilder seiner Angst. Und
diese Nacht hatte er keinen Halt, keine weißen Seiten, an die er sich klammern
und die er füllen konnte.
Er war allein!"

Wenn man das liest, wird einem ganz anders. Wahrheit, die einen innerlich berührt und einem unausweichlich näher zu Kyo bringt, einen ihn beschützen lassen will. Du spielst mit den Worten und so mit unseren Gefühlen. Wie machst du das?

Auch Kyos Gedanken, die er beim Rückerhalt des Büchleins hat, sind so packend geschrieben. Man leidet nahezu mit.

"Wie um seine Theorie zu testen begann er erneut vor Kyos Gesicht hin und her zu
wedeln."
Das ist ja sogar mal eine lustige Stelle mittendrin. Gute Idee, dann entspannt man sich wieder ein bisschen und muss schmunzeln.

"Mou, warum habt ihr nicht auf mich gewartet? Ich wollte Mund-zu-Mund-Beatmung
machen!"
Uaaah, es leben die Doppeldeutigkeiten *lach* klasse!

"Und das Wasser in deinen Augen fiel vom Himmel. Oh nein, noch besser es hüpfte frech aus einer Pfütze in dein Gesicht, weil es mal fix die Schwerkraft überwunden hat. Schon klar."
Wuaaaaaah... wie geil... Kyo ist genial, dein Kyo ist richtig witzig, wenn er will.

Das grüne Oberteil und wie Toshiya darauf reagiert ist einfach nur klasse.. ich komme aus dem Lachen ja gar nicht mehr heraus!

Mathodyst of decadence mit Kyos Leben zu verbinden klingt bei dir so selbstverständlich. Das würde wirklich so viel erklären... du musst dir vor dem Schreiben wirklich viele Gedanken gemacht haben.


Und dann die Schießhunde. Allein, wie du ihre Erscheinung, ihre Gesichter und ihr Auftreten beschreibst... das ist so stimmungsfördernd. Ich weiß gar nicht mehr, wie ich noch aufschreiben soll, wie toll das ist, ohne mich ständig zu wiederholen!


"Du kannst bestimmt noch andere Sachen, nicht wahr? Das könnt ihr Straßenköter
doch alle." Und dann Kyos Verhalten... Wahnsinn!

Das Kapitelende ist so ein übeler Cliffhanger, wie selbst ich ihn nicht hinbekommen würde... da kann ein üblicher Krimi echt einpacken.. wuaaaah!


Super super tolles Kapitel. Ich glaub das ist das beste, was ich bisher von dir gelesen hab! *thumbs up*
Von:  winterspross
2004-10-04T19:27:26+00:00 04.10.2004 21:27
also erstmal sorry, dass es so lange gedauert hat, deine neuen kapitel zu lessen. ich bin dauerbeschäftigt.
+knuff+
aber jetzt mach ich.

der text ist tatsächlich widerlich... und zwar ziemlich...

<Oi Kyo

muahahahaaaa...

kyo und sexuell frustriert? kann ich mir gar nicht vorstellen...

<über eine unglaublich tolle, aber unbezahlbare Bassgitarre verfiel

da kenn ich auch so eine... hellblau und von yamaha...
+sabber+

<In Begleitung einer wirklich zwielichtigen Gestalt.

also, ich weiß nicht, irgendwie sind alle visus zwielichtig. dass die jemanden als zwielichtig bezeichnet XD
hey, den typ kenn ich! kommt so einer nicht in paradise kiss vor?

<"Du bist ein Dealer?"

uuuh...
+zitter+

<"Bis du nicht mehr stehen kannst."
//Findest du mich so verabscheuungswürdig?//
"Bis oben und unten einerlei sind."
//Ignorierst du mich deshalb?//
"Bis Kotzen zum einzigen Sinn wird."
//Weil ich wie mein Vater bin?//
"Macht es Spaß, ein verfickter Alkoholiker zu sein?"

das ist... wunderschön. auf eine verquere art und weise...

<Irgendwas lief bei Kyo im Kopf gründlich falsch

ja, der meinung bin ich auch...

oh, kyo ist so ein freak... -_-

<Die Nacht würde kommen und mit ihr die Schatten, Abbilder seiner Angst. Und diese Nacht hatte er keinen Halt, keine weißen Seiten, an die er sich klammern und die er füllen konnte.
Er war allein!

deine ,bilder' sind wunderschön...

<Schlürfenden Schrittes

+lach+
schlurfenden schrittes.

maaaa... kyo...
+in den arm nehm+

+lach+
shin ist wieder da~haaa...
<//Damit wären wir ja komplett, sugoi!// dachte Kyo sarkastisch und buddelte sich schon ein imaginäres Loch, in das er sich später flüchten würde.

+kicha+

<Kaoru hatte seinen violetten Kopf aus der Tür gesteckt.

kurz vorm schlaganfall, was?

<"DU BIST SOOOOO TOT!!!"

huah, des könnt von mir stammen XD

wo befinden sich die beiden? bei shin zu hasue?

nein, in einem stoffgeschäft, odaaa?

<Was um Himmels Willen wollte er denn mit diesem überaus hässlichen schreiend grünen Oberteil? Er musste es wohl blind aus dem Regal genommen haben, als er mit seinen Gedanken wo ganz anders gewesen war. Kaoru musterte eben diese Ausgeburt an Hässlichkeit gerade kritisch.

muahahahaaa~

die szene war geil XDXD

T.T kyos leben ist ja nicht grad schön verlaufen -_-
+wein+
+mitleid hab+

waaah, die wollen ihn doch wohl net wirklich... nein, das kannst du doch nicht...
waaaaaaaah~~~~

doch, er ist ein monster. ein warumono..



das ende macht mir sorgen...
+gleich den nächsten teil lesen geht+

spross
Von:  Ryourin
2004-09-27T16:45:36+00:00 27.09.2004 18:45
>_>
Ich frag mich gerade, wieso ich das Kapitel noch nicht gelesen hab... ~_~
Örr... Ja. Die Szene mit Kyo, bei der eher reglos auf dem Boden liegt, am Anfang, mit Shin und Kao - die war zu lustig XD~ Ganz im Gegensatz zu Ende des Kapitels, ne... >.>
*lol* Den "Keep cool, Dude"-Spruch fand ich auch lustig xD
Kyo's Reaktion auf die - zu dem Zeitpunkt - war auch genial xD~
Die Beschreibung von dem Loch, in dem Totchi gerne versinken würde, die war cool... *gg*
Ärrm... Was in ungefähr heißt... Wie immer klass geschrieben und... Ein ultrafieser Cliffhanger x______x
(Wie ich sie hasse T_T) Myah~...
Schreib weiter...
*lol*
Von: abgemeldet
2004-09-24T17:21:04+00:00 24.09.2004 19:21
Mouuuuuu! Das is Quälerei! Wie kannst du jetzt aufhören?!
Is aba natürlich mal wieda absolut geil geschreiben^^
Nur was passiert jetzt mit Dai? und der arme Kyo...
nya, schreib schnell weiter!

baibai, Jala
Von: abgemeldet
2004-09-23T16:08:42+00:00 23.09.2004 18:08
P.S. ich hab glatt vergessen,noch was zum Kapitel zu sagen...
mal Abgesehen vom Ende (in meiner Euphorie ^^") *smile*
Es ist wieder mal klasse geschrieben, wirklich! Und die
Sache mit Kyos Lyrics find ich auch genial. Also, dass du
die so einbringst und auf seinen Charakter beziehst.
Außerdem....öwie viele Kapitel dauert es noch, bis die beiden zusammenkommen? *Schmoll*

P.P.S. Die Sache mit den süßen Schmolllippen war genial!

Tenshi
Von: abgemeldet
2004-09-23T15:05:01+00:00 23.09.2004 17:05
ach...mich hat das Ende doch nicht beunruhigt *witzel*
NE,...*nervös lach* Du lässt doch die beiden am Leben und es wird doch ein Happy End geben, oder?
*lieb guck*
*an kyo häng* Das kannst du dem Engelchen doch nicht antun!!!
*von kyo böse angefunkelt werd*
Von:  Majin
2004-09-21T20:32:39+00:00 21.09.2004 22:32
Hammer O.o Dieses Chap war wieder mal der absolute Oberhammer. Ich bewundere deine Art Koversationen zwischen den einzelnen Charaktären, vor allem zwischen Die und Kyo zu berschreiben. Absolut geil.. XD

Ich bin verdammt neugierig, was noch so alles passiert.. kyos leben scheint ja noch eine menge geheimnisse zu bergen.. ziemlich dunkle wie mir scheint.

Ich hoffe so sehr, dass er und die irgendwann zueinander finden... ;___;

Jedenfalls bin ich super gespannt drauf was als nächstes passiert ^^ Großes Lob!

baba
Majin
Von:  _Jenji_
2004-09-21T19:44:23+00:00 21.09.2004 21:44
mou.....
scheiss ende!!!!
an der stelle hättest du weiterschreiben müssen!!!!
*heul*
*kreisch*
*zeter*
das is totaaaaaal goil.
nya, wenn ich richtig verstanden hab, dann bahnt sich da n kaoxtoto pairing an, oder? is eine gute idee. aber zuerst solltest du dafür sorgen, dass die und kyo sich näher kommen!
ich muss aber sagen, dass die stelle mit den beiden gorillas ein little bissl kitschig geworden is....kyo wird durch dies schrei wachgerüttelt,...naja, ich weiss nich so recht was ich davon halten soll....und hinterher ham se die fertisch gemacht, die pointe kommt mir irgendwie bekannt vor XD
sorr, ich bin wieder nur am nörgeln, böses enni!!
*sich auf die finger hau*
schreib schnell weiter!

baba
Von:  -Yu-
2004-09-21T19:10:02+00:00 21.09.2004 21:10
;___________________;
WIE KANNST DU NUUR????!!!
ToT
an so ner stelle aufhören!!!!!!!!! *weinend in ecke kriech*
oh das chap war wieder so toll.. ;___;
hab ich dia schonmal gesagt, dass ich die ff lieb? ><
njaa.. die un kyo sind so süß!!! ;___;
un das ende is SCHEIßEE!!!!
schreib weiteeeer!!!!! schneeeeell~~~
*rüttel*
*knutsch* *voll lieb had*


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