Apple Juice von abgemeldet ================================================================================ Das Ende meiner Tage, meiner Existenz, meines Lebens ---------------------------------------------------- Vorwort Ein ganz großes Dankeschön an meine Beta-Leserin Manya *knuddel*. Sie nimmt es tatsächlich auf sich, meine ganzen Rechtschreib-, Grammatik- und auch Satzzeichenfehler zu korrigieren :D~~ *Manya-Puppe flausch* ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Ja da war ich nun, am Ende meiner Tage, meiner Existenz, meines Lebens. Nur bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich heulen oder lachen soll. Ich, männlich/16 Jahre, sitze hier, auf diesem extrem unbequemen Stuhl, der viel zu hart für meinen Hintern ist, vor diesem, schon fast zusammenfallenden Tisch und muss Fragen über mich ergehen lassen, deren Antworten ich mir noch Stunden zuvor eingeprägt hatte. Tja, Aufnahmeprüfungen haben es eben in sich. Mir wird schlecht. Nicht, dass mir diese Fragen den letzten Verstand rauben würden, nein, weiß Gott nicht, diese Fragen, die sich mehrere Leute ausgedacht hatten, um die Köpfe der Schüler zum explodieren zu bringen. Diese Fragen, für die man mit Sicherheit Tage gebraucht hatte, die waren ein Klacks für mich. Nein, versteht mich nicht falsch. Ich will hier keineswegs angeben, aber seien wir doch mal ehrlich. Für jemanden, der sich schon sein ganzes Leben lang keine Sorgen um Noten machen brauchte, weil ihm der Stoff nur so ins Hirn geflogen kam, für den war diese Prüfung nicht mehr als ein Ausflug auf einen Kinderspielplatz. Nur frage ich mich ernsthaft, nachdem man mir endlich die letzte Frage gestellt und ich sie in binnen 5 Sekunden beantwortet hatte, ob ich jubeln oder fluchen soll. Jubeln, weil ich problemlos durch die Prüfung gekommen war, oder fluchen, weil ich wieder einmal auf eine dämliche (Bekloppten-)Schule für Allround-Genies kam. Tja, meine Eltern waren wirklich "nett" zu mir. Interessieren sich einen feuchten Kehricht über das was in mir vorgeht oder was ich in meiner Freizeit mache, aber wenn es um (die-ach-so-tolle-und-wichtige) Schule geht, sind die Beiden sich endlich mal einig. Sie, Diplom-Ärztin und von Nebenberuf meine Mutter und er, sehr begehrter Fotograf (lichtet fast nur halbnackte Frauen ab) und zugleich mein Vater. Auf einem Stück Papier soll tatsächlich geschrieben stehen, (allerdings halte ich das noch immer für einen Mythos) dass diese Beiden verheiratet sind. Verhalten tun die sich aber weiß Gott nicht so. Wenn sie sich nicht ignorieren, dann streiten sie sich wegen mir. Nicht, dass ich etwas verbrochen hätte, nein, aber ich muss ja irgendwie ernährt werden und nackt will ich auch nicht unbedingt durch die Gegend laufen. Also einigen sie sich ständig darauf, dass ich soviel Taschengeld bekomme, das ich damit meine Ausgaben finanzieren kann. Herrlich sowas, nicht wahr? Jedenfalls sitz ich jetzt hier. In der Besten der Besten Schulen im Land und frage mich, warum Japan unser hart verdientes Geld für solche Irrenanstalten wie diese ausgibt. Achja, sie wollen ja so viele Genies wie nur möglich ausbilden, damit wir später einmal der nächsten Generation beibringen können, dass Geld und Genie alles ist, was es auf dieser Welt gibt. ~*~*~*GONG*~*~*~ Oh man. Nicht nur, dass ich auf einer Schule für psychisch Gestörte gelandet bin, nein, ich bin auf gerade DER Schule gelandet, die den schrecklichsten und abstossesten Gong hat, den man sich nur vorstellen kann. Wenigstens hatte meine letzte Schule eine Klingel gehabt, auch wenn das der einzigste Lichtblick an dieser Schule gewesen war. Und das ist noch lange nicht alles. Nein, wo sind wir denn! Diese dämliche Schule für Genies mit dem ach-so-geilen Gong ist auch noch eine Jungenschule! Was zum Geier hatten sich meine Erzeuger da nur wieder gedacht, als sie mich hier anmeldeten?! War ich zu dem Zeitpunkt denn nicht schon genug gestraft? Der Lehrer, der mir gegenüber saß, deutete mir an, dass die Abfrage beendet war und ich gehen durfte. Ich machte die Tür hinter mir wieder zu und ging ein paar Schritte den Flur entlang, den ich gekommen war. "Na wen haben wir denn da," kicherte jemand lautstark hinter meinen Rücken. "Schätze mal Frischfleisch," weiteres Gekichere. Als ich mich umdrehte erblickte ich zwei in Schuluniform eingepackte Kerle die mehr Gel in den Haaren hatten, als die Models meines Vater in einem ganzen Jahr zusammen. Anscheinend sollen sie ziemlich beliebt an dieser Schule für Allround-Genies sein, zumindest wollen sie mir das mit ihrem Auftreten weiß machen. Oh ja, mein Tag konnte einfach nicht mehr besser werden. "Wie ist dein Name, Kleiner?" Der etwas größere Kerl trat näher zu mir, um mich besser betrachten zu können. "Aizawa, Alexander" antworte ich kurz und knapp. Ich wollt so schnell wie möglich weg von hier, also warum mich noch länger mit solchen Idioten abgeben? Als ich mich wieder umdrehte um zugehen, holte mich der Kerl einfach wieder ein und stellte sich vor mich, signalisierend, dass ich so schnell nicht entkommen würde. Oh toll, genau solche Tage hasste ich wie die Pest. "Also ein Halbjapaner" grinste er. "Schnelldenker", schoss es mir durch den Kopf. Wenn man bedenkt das ich Naturblond bin, kann man nur zu dem Entschluss kommen, dass der Kerl wirklich ein totaler Vollidiot sein muss. Irgendwie bekam ich das Gefühl ich sollte so schnell wie möglich von hier weg, auch wenn ich das eigentlich schon die ganze Zeit gewollt hatte, aber das nur mal so nebenbei (grummel). "Was dagegen?" Ich funkelte ihn böse an. Was ich ganz besonders nicht leiden konnte, dann sind das Menschen, die etwas gegen Halbjapaner haben oder sonst irgendwas gegen Ausländer etc. "Nein, natürlich nicht." Er grinste weiterhin dieses dreckige, dümmliche Grinsen. Also eins war mir jetzt schon klar. Diese blöde Grimasse ging mir gehörig auf die Nerven. "Na dann hätten wir das ja geklärt." Ich deutete an, dass ich links an ihm vorbeigehen wollte, als er versuchte sich wieder vor mich zu stellen, huschte ich einfach rechts an ihm vorbei und lief zum Ausgang. Ich spürte einen leichten Luftzug in meinem Gesicht, als ich draußen ankam und bekam ein Gefühl von Freiheit. Doch das Gefühl verschwand genauso schnell wie es gekommen war, als ich die Stimme von dem grinsenden Kerl "los, hinterher" rufen hörte. Ich rannte so schnell ich konnte zum Auto und stieg neben meinem 60jährigen Fahrer ein. Also wer einst sagte, dass Morgensport Goldwert wäre, der hatte einen gehörigen Knall!! "Wie war die Prüfung?" Mein Chauffeur meldete sich zu Wort und brachte mich so aus meinem Gedankengang heraus. Ich schnaufte und grinste ihn selbstsicher an. Als er mein Grinsen sah musste auch er schmunzeln und startete den Wagen. "Und wie ich sehe haben Sie auch gleich ein paar sehr nette", er räusperte sich, " Freunde gefunden." Er sagte das in einem Tonfall, von dem ich gleich wusste, was er von diesen Schülern hielt. Nämlich nichts. Ich lächelte gequält. "Charles, wann haben sie mich das letzte Mal mit Leuten rumhängen sehen, die in meinem Alter waren?" Er antwortete nicht. Und das musste er auch nicht, denn ich wusste die Antwort bereits. Ich hatte noch nie Freunde mit nach Hause gebracht, weil ich keine Freunde habe. Bis auf eine und die weigert sich strikt, mich zu besuchen und das kann ich ihr weiß Gott nicht verübeln. Sie heißt Mia Aoyama und wir kennen uns schon seit der Grundschule. Sie war damals die einzige gewesen, die wusste, dass ich weder eingebildet war, noch mit meinen Noten angab. Sie sah gleich, dass ich kein Angeber war, sondern lediglich Stolz und Ehrgeiz besaß. Und genau die drei Eigenschaften verwechselt man noch heute ganz gerne. Ihre Eltern haben im Gegensatz zu meinen nicht sehr viel Geld, weshalb sie selbst für die Grundschule eisern sparen mussten. Denn diese Grundschule war keine Gewöhnliche. Sie war, wie die neue Schule auf die ich gehen soll, die Beste der Besten im Land. "Ein guter Start ins Leben wirkt sich positiv für deine spätere Karriere aus, mein Sohn" hatte mein Vater gesagt, während er mir stolz auf die Schulter geklopft hatte. Ich war damals 6 Jahre alt und deshalb noch zu jung gewesen um zu begreifen was er damit meinte. Heute weiß ich es. Während wir "nach Hause" fuhren, blickte ich verträumt aus dem Fenster. Ich sah mehrere Mütter, die Hand in Hand mit ihren Kindern den Gehweg entlang liefen und jedesmal dachte ich, wie glücklich das Kind doch sein muss. Charles, unser Diener, weiß was in mir vorgeht. Er ist der Einzige in diesem Haus, der mich versteht. Doch auch er kann mir nicht helfen, niemand kann das, außer ich mir selbst (vielleicht). Mein nettes "zu Hause" ähnelt dem einer Villa. Tja, was kann man von einer Diplom-Ärztin und einem sehr beliebten Fotografen schon erwarten? Dass sie in eine normale Mietwohnung ziehen, damit ihr Sohn nicht ständig als reiches, eingebildetes Kind abgestempelt wurde? Also da lachen ja selbst die Kühe. Ich selbst habe meine Erzeuger nie danach gefragt, warum wir nicht wie Normalsterbliche leben können, weil ich mir die Antwort auch so gut vorstellen konnte. Es war kurz nach meinem Schuleintritt. Da hatten sie, mich und Mia, zum ersten mal zusammen an einer Straßenecke stehen sehen. Am gleichen Abend noch, hatten mich Beide zur Seite genommen und ausgefragt, von wegen, weshalb ich mit ihr zusammen war und so. Zusammen in dem Sinne, dass ich mit ihr gesprochen hatte. "Sie ist meine beste Freundin" sagte ich. Was sich dann aber als Fehler herausgestellt hatte, es ihnen gesagt zu haben. Ich hätte es wissen müssen. "Deine Freundin? Alexander Ryo Aizawa. Ich verbiete dir, dass du mit solch einem Abschaum auch nur sprichst!" Meine Mutter war mehr als wütend, doch ich verstand das nicht. Kein Stück. Ich war einfach noch zu jung! Ich sah sie nur verständnislos an. "Sie ist kein Abschaum," hatte ich protestiert. Doch schon damals hatte ich feststellen müssen, dass Diskussionen fehl am Platze meiner Eltern waren. Denn sogleich hatte es PATSCH gemacht und ich hatte nur noch meine Tränen zurückhalten können und meine linke Wange berührt. "Und ob sie Abschaum ist!" schrie meine Mutter, "ihre Mutter ist eine Putze und zudem eine Hure und ihr Vater hat mehr Affären als man zählen kann, außerdem ist der arbeitslos! Also nimm sie gefälligst nicht noch in Schutz!" Sie war so in Rage, dass ich schon Angst bekam. Mein Vater stand nur neben ihr. Er hatte seine Arme verschränkt und blickte mich mit einem Blick an, der meine Adern gefrieren lies. So hatte ich meine Eltern noch nie erlebt. Das war jetzt schon so um die 8 Jahre her und seitdem treffen ich und Mia uns nur noch bei ihr zu Hause. Sie könne ja auch zu mir kommen, habe ich ihr gesagt, da meine Eltern tagsüber nie zu Hause waren, aber das wollte sie nicht. Sie wollte nicht in Versuchung geraten sich eine reichere Familie zu wünschen, denn obgleich ihre Eltern nicht besonders reich waren, sie liebte sie und das reichte ihr vollkommen aus. Um diese Liebe beneidete ich sie schon immer. Denn ich kann und will meine Eltern nicht lieben, dafür kenne ich sie einfach zu wenig. Schon seit meiner Geburt waren sie sehr geschäftig und hatten mich von einer Tagesmutter betreuen lassen. Anscheinend hatte sie meine Eltern ersetzen sollen, doch das war nie der Fall gewesen. Das Einzige was sie getan hatte war: mich gefüttert, mir die Windeln gewechselt, ab und zu mal ein Wort mit mir geredet und mir gelegentlich mal ein Spielzeug hingeworfen, mit dem ich mich beschäftigte. Behütete, wunderbare Kindheit, nicht wahr? Ich schmiss meine Jacke mit voller Wucht auf den Boden des Flures, denn ich war sauer. Ich konnte meinen Eltern vieles zutrauen. Hatte sogar schon ein paar Mal erwartet, sie würden gar nicht mehr nach Hause kommen und mich einfach alleine lassen. Doch das war nun wirklich die Höhe, mich in eine so beschissene Jungenschule zu stecken! Und das nur, weil sie nicht wollten, dass Menschen, die weniger verdienten, mit mir redeten. "Das würde unserem Ruf schaden" sagten sie mir. Pah. Ruf. Ich scheiss auf diesen verdammten Ruf. Am liebsten würd ich einfach meine Sachen zusammenpacken und verschwinden. Hatte das sogar schon ein paar Mal vorgehabt, doch immer machte ich einen Rückzieher. "Ich bin einfach zu schwach" musste ich mir jedesmal aufs Neue resigniert eingestehen, "zu schwach und zu jung. Wenn ich mit der Schule fertig bin und einen Job habe, dann hau ich wirklich ab!" Ich stapfte wütend hoch in mein Zimmer und zog mich um. Ich zog meine Lieblings-Kleidung an, die aus einer einfachen Jeans, schwarzen Nikes und einem Pullover mit Kapuze bestand. Sachen, denen man nicht ansah, dass ich aus reichem Hause kam und genau das schätzte ich so an diesen Kleidungsstücken. Ich hatte es nämlich satt ständig als "Reicher Bengel!" beschimpft zu werden. Zumal ich dafür noch nicht mal was konnte und ich bildete mir weiß Gott nichts darauf ein, dass meine Eltern nun mal viel verdienten. Ich hasste es sogar. Mir war lieber, sie wären für mich da gewesen und dafür weniger reich, als wenn sie mich fast jeden Tag ignorierten und ein Konto mit um die Neun Mio. Yen hatten. Fertig angezogen ging ich aus dem Haus hinaus und in Richtung Stadt. Denn heute war wieder Kunst-AG und das waren die einzigen Stunden meines Lebens, an denen ich immer vergaß, was ich doch für ein 'perfektes' Leben führte. Ich finanzierte mir die Stunden selbst, denn würde mein Vater davon erfahren, würde er mir auf die Schulter klopfen bis ich zusammenbreche und vor Stolz die ganze Zeit sagen: "Das ist mein Blut" und darauf hatte ich genauso wenig Lust, wie auf die Reaktion meiner Mutter. Sie würde buchstäblich in die Luft gehen, denn alles was mit Kreativität zu tun hatte, war für sie genauso schlimm wie Insekten und andere Krabbelviecher. Einfach abstossend und nur existent, damit man sich über etwas aufregen konnte. Wirklich wunderbare Eltern, ich war ja so stolz auf sie. Bei dem Gedanken musste ich seuftzen. Wann war ich je auf meine Eltern stolz gewesen? Schon komisch. Aber egal, ich wollte mich jetzt nur noch auf die Kunst-AG konzentrieren. Und schon machte mein Herz einen kleinen Hüpfer. Kunst war mein einziges Hobby und ich war sehr froh darüber, diese Eigenschaft an mir entdeckt zu haben. Freudestrahlend und mit unendlich guter Laune ging ich durch die Straßen in Richtung Kunst-Schule, als ich plötzlich stehen blieb. Warum ich das tat? Tja, wer würde nicht stehen bleiben, wenn er einen erstickten Schrei in einer ziemlich abgelegenen Gasse hörte. Ich blickte in die besagte Gasse und irgend etwas verleitete mich dazu in diesen, nicht gerade einladend ausschauenden Gang zu gehen, um nachzuschauen, was da los war. Ich tappte also in die besagte Gasse, die auch nicht grad angenehm roch. Mülltonnen quollen über und eine erschrockene Katze huschte an mir vorbei ins Dunkle, natürlich nicht ohne mich vorher noch kräftig anzufauchen, aber das sei nur am Rande gesagt. Ich ging also weiter und hörte auf einmal noch einen erstickten Schrei, der aber diesmal gedämpfter war. Gut, ein bisschen Angst hatte ich ja schon, aber trotzdem zog mich irgend etwas in diese vermaledeite Gasse. Als ich endlich am Ort des Geschehens ankam, sah ich zwei bullige Typen in teuren Oberschuluniformen, die auf einen Straßenjungen eintraten. Ein dritter Kerl hielt dem Jungen dabei den Mund zu. "Hey!" rief ich, selbst erstaunt darüber, dass man meine Angst dabei nicht hören konnte. Die Typen drehten sich zu mir um und blickten mich an. Ihre Blicke sollten wohl ihrer Ansicht nach tödlich wirken. Was aber so ziemlich in die Hose ging, denn besonders bei dem einen, der der den Jungen festhielt, hätte ich beinahe einen Lachanfall bekommen. "Was willst du hier Bürschchen?!" fauchte mich der eine, der weiter von mir weg stand, an. "Ich will nur, dass ihr den Kleinen in Ruhe lasst," sagte ich mit ruhiger Stimme und ging noch einen Schritt auf sie zu. Mein Gott. Mein Herz saß mir mittlerweile in den Kniekehlen. Ich hatte noch nie etwas mit Schlägereien am Hut gehabt und wollte sie noch für viele, viele Jahre nicht haben. Der Typ der mir geantwortet hatte grinste. "Und wenn nicht?" Sein Grinsen gefiel mir genauso wenig, wie die Grimasse des Typen's, der mich in der neuen Schule für Allround-Genies so doof angemacht hatte. "Gegenfrage. Was wollt ihr eigentlich von dem Kleinen. Geld kann's ja nicht sein, also wozu misshandelt ihr ihn? Braucht ihr einen Sandsack für eure Launen oder was!?" Langsam wurde ich wütend, denn der Kleine tat mir Leid und er hatte es einfach nicht verdient so behandelt zu werden, egal was er getan hatte. Das Grinsen verschwand aus dem Gesicht der Grinsekatze, wie ich ihn jetzt liebevoll nannte. "Was geht dich das an?!" blaffte er. Anscheinend hatte ich ins Schwarze getroffen. "Hier!" rief ich und warf ihnen meine Geldbörse zu. Die Grinsekatze fing sie auf und sah mich entgeistert an. "Ihr könnt alles haben, aber lasst dafür den Jungen zufrieden." Ich sagte das in einem Tonfall, als ob ich mit einem 4Jährigen reden würde, dem ich gerade erklärte, dass man Insekten nicht die Beine rausreißen dürfe. Die Grinsekatze starrte mich immer noch ungläubig an. Erst als ihm der Kerl, der neben ihm stand, mit dem Ellbogen in die Seite stieß, öffnete Grinsekatze die Börse. Ihre Augen weiteten sich als sie den Inhalt sahen. Grinsekatze schaute zu mir auf. Immer noch mit weit aufgerissenen Augen und blickte dann wieder auf die Börse. Dann fing er sich wieder und schon konnte man sein ach-so-tolles Lächeln betrachten. Fragt mich nicht wann der sich das letzte Mal die Zähne geputzt hatte. Igitt. "Ihr könnt alles haben, samt Brieftasche. Aber lasst dafür den Kleinen dauerhaft in Ruhe. Ok?" Also langsam riss mir der Geduldsfaden. Immer noch knapp davor mir in die Hose zu machen, stand ich da und konnte es kaum erwarten bis die Kerle endlich gingen. Der Kerl der den Kleinen festhielt, ließ ihn los und ging zu seinen Kumpels um sich ein Bild darüber zu machen weshalb sie so auf die Brieftasche starrten. Als auch er den Inhalt sah, weiteten sich auch seine Augen merklich. Was für ein Anblick, dachte ich, drei Idioten auf einem Haufen die eine einzelne Brieftasche anstarren. Also wenn ich jetzt eine Kamera hätte, würde ich davon einen Schnappschuss machen. Grinsekatze nahm die Scheine aus meiner Börse und warf mir das leere Stoffteil wieder zurück. Er grinste, blickte mich an und erneut setzte er seinen Todesblick auf (gähn). "Also gut. Aber nicht für ewig." Er drehte sich um und ging. Seine Kumpels warfen mir dabei noch einen triumphierenden Blick zu. Beinahe hätte ich mir vor Erleichterung wirklich in die Hosen gemacht, konnt mich aber gerade noch so fangen, ein Glück. Ein kleines Wimmern erweckte meine Aufmerksamkeit und ich blickte zu dem Kleinen hinab, der deutliche Spuren der Misshandlungen zeigte. Jener versuchte gerade aufzustehen, was deutlich mißlang. Er knickte wieder zusammen und ich war nah genug an ihm dran, so dass ich einen Satz nach vorne machen konnte und ihn auffing. Ich stöhnte kurz auf, denn er war schwerer als er aussah. Ein weiteres Wimmern verriet mir, dass er Schmerzen hatte als ich ihm aufhalf. "Tut dir was weh?" Dämliche Frage. Wenn jemand gerade getreten und was weiß ich noch alles wurde, dann tat ihm mit Sicherheit etwas weh. Aber was anderes fiel mir grade nicht ein. Hauptsache ich hatte was gesagt. "Nur der Magen und die Seite" stöhnte er. Ich half ihm also auf und sah dabei zu, wie er versuchte nicht gleich wieder zusammenzuklappen. Er hatte eine zerissene Hose und T-shirt an. Er war dreckig von oben bis unten und dazu noch abgemagert bis zum geht nicht mehr. "Wann hast du das letzte mal was gegessen?" fragte ich und schaute ihn mir dabei genau an. Er wurde leicht rot im Gesicht und wollte gerade antworten, als sein Magen sich zu Wort meldete. Ich konnte nicht anders als zu lachen. Und der kleine Knirps wurde noch roter und schaute bedröppelt zu Boden. Als ich mich wieder gefangen hatte, blickte ich ihn wieder an. Irgend etwas an an diesem Knirps, gab mir das Gefühl ich sollte ihm helfen. "Du kommst erst mal mit zu mir und futterst dich mal kräftig durch." Beinahe hätte ich wieder angefangen mit lachen, als er mich ansah. Ich konnt mich aber fangen und biss die Zähne zusammen. "Schau mich nicht so an, ich mein's ernst!" Ich lächelte ihn an und musste noch fester die Zähne zusammen beißen. Denn sein Blick war einfach einmalig. Er sah mich wie ein kleines Kind an, dem man grad seinen liebsten Wunsch erfüllen wollte. "Aber... das kann ich doch nicht - Nein! - Das kann ich doch nicht annehmen!" "Wieso nicht?" Ich blickte ihn leicht verwirrt an. Wieso wollte er mein Angebot nicht annehmen? Ich hätte auch zum Abendkurs gehen können, denn der Kurs zudem ich eigentlich wollte, hatte schon längst angefangen und es war jetzt auch wirklich sinnlos jetzt noch hin zu gehen. "Naja -" er stotterte weiterhin. "- du hast ihnen schon Geld für mich gegeben damit sie mich laufen lassen und da -" Er schaute wieder leicht errötet zu Boden. Mein Gott war der pingelig. Langsam wurde ich wütend. "Ich will aber, dass du es annimmst und ein Nein akzeptiere ich nicht!" Ich schaute ihn böse anfunkelnd an und ich konnt förmlich sehen wie sein Hirn ratterte. Wie er sich überlegte ob er mit mir kommen sollte um so sein Leben zu retten, oder weiterhin "Nein!" sagen sollte und somit sein Leben durch mich riskierte. "Ähm -" Irgendwie hat ich den Anschein, dass er nur stottern konnte. Oh Gott, wie war das noch gleich? Stotterer versteht man besser, wenn diese singen. Na Hallejulia. Er nickte. Na wenigstens etwas. Ich nahm ihn an der Hand und zog ihn, hinter mich her schleifend, Richtung "zu Hause". Vorbei an überfüllte Geschäfte und Menschen die verwirrt hinter uns herblickten. Wir waren schon fast vor dem Haus meiner Eltern, als ich plötzlich stehen blieb. Nein, nicht ich blieb stehen sondern der Kleine und da ich ihn festhielt musste ich ja natürlich auch stehen bleiben. Als ich mich umblickte, um zu schauen warum er denn stehen geblieben war, sah ich ein Gesicht mit weit aufgerissenen Augen und einem ziemlich weit aufstehenden Mund. "Da-das - ist doch nicht -" er zeigte mit seiner freien Hand auf unser Haus und machte sich erst gar nicht die Mühe den Satz zu beenden. Ich brauchte erst mal meine Sekunden bis ich begriff, was er meinte. "Achso," sagte ich leicht überrascht, "doch das ist das Haus meiner Eltern in dem ich wohne und in das wir jetzt gehen werden." Noch immer starrte er mich mit geweiteten Augen und geöffneten Mund an. So langsam fragte ich mich, ob er nicht mal blinzeln müsste oder ob nicht sein Mund austrocknen würde. Er schüttelte den Kopf. Na toll. "Doch wir gehen da jetzt rein. Keine Sorge, meine Eltern kommen nicht vor 22 Uhr von der Arbeit zurück." Ich zog an seinem Arm und als ich merkte, dass er sich kein Stück bewegte, zog ich heftiger. Langsam schien er sich zu bewegen und ich fragte mich, ob er Angst vor dem Haus hatte. "Naja", dachte ich, "er lebt schließlich auf der Straße und war wahrscheinlich lange nicht mehr in einem so riesigen Haus gewesen, wenn überhaupt." ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ tbc Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)