Engel blicken nie zurück von abgemeldet (Kagome & Inuyasha) ================================================================================ Kapitel 2: *Teil 1* ------------------- **** Teil 1 Schon wieder gehe ich meinen monotonen Arbeiten nach. Wie immer fege ich den großen, quadratischen Hof. Fege gefallenes Laub, Schmutz und undefinierbare Kleinigkeiten - übrig gelassen von dem Touristenansturm letzten Samstag - zusammen, versuche diese mit Handfeger in den großen Holzmülleimer neben der Treppe zu werfen und zu sammeln. Die Müllabfuhr würde erst in zwei Tagen vorbei kommen und ihre Arbeit verrichten. Urlaub zu haben, war zwar erholend und schön zugleich, doch ich hätte nicht herkommen sollen. Hier wurde ich an zu vieles erinnert, an dem ich lieber nicht denken wollte. Ich lasse mich auf eine Sitzbank vor dem Wohnhaus fallen, erholend schaue ich in den Himmel, lasse meinen Kopf in den Nacken fallen und schließe vehement die Augen. *** Die ersten Sonnenstrahlen im Osten wecken mich nur 5 Stunden später aus einem traumlosen Schlaf. Einem Schlaf, der von Fragen und Vorwürfen immer wieder gestört worden war. Jedes Mal, wenn ich die Augen geschlossen und versucht hatte, auch nur ein wenig Schlaf zu bekommen, waren Bilder vor meinem inneren Augen erschienen, Gedanken, die ich bis vor kurzem erfolgreich verdrängt hatte. Alte Bilder... Mein Großvater, kurz vor seinem Tod, kurz bevor er von mir gegangen war und mich allein zurück gelassen hatte. Bevor Großvater gestorben war, war er ein Mann gewesen, auf den man sich verlassen konnte. Nett, zuverlässig und immer fürsorglich. Später allerdings hatte sich sein Charakteristika im Nu verändert... ,Beruhige dich, Kagome, du machst dich doch nur unnötig verrückt.' Ja, ich weiß, dass das alles zum größten Teil nur Hirngespinste waren. Er hatte sich nicht verändert!...oder? Und? Nach einer mehr oder weniger schlaflosen Nacht waren meine klare und rationale Gedanken ferner denn je. Ich seufze frustriert als mir klar wurde, dass es Montagmorgen war und ich mühelos zwei oder drei Stunden länger hätte schlafen können. Kalte Luft trifft meine Beine, als ich meine Füße auf den kalten Fliesenboden setze. Mit dem Handrücken wische ich mir über die Augen, um die schmerzenden Lider etwas zu entspannen und endlich die Konturen und Umrissen um mich herum klar zu sehen. Dann strecke ich mich mit einem leisen Gähnen und verschwinde im Schrein. *** Wieder tragen mich meine Füße genau zu diesem Ort. Wieder kann ich nichts dagegen tun. Es scheint, wie ein innerer Zwang zu sein, der mich jeden Tag aufs Neue dorthin zog. Und schon wieder lasse ich mich vor den Felsbrocken fallen. Meine anfallenden Arbeiten, die ich jeden Tag im Schrein erledige, lasse ich für eine kurze, bestimmte Zeit ruhen. Nur um schon wieder weinend zusammenzubrechen. Erschöpft lasse ich mich auf meine Knie sinken. Heiße Träumen benetzen mein Gesicht und wieder einmal musste ich mit Hass feststellen, wie oft ich schon geweint hatte, seit Inuyasha und meine Freunde von der Bildfläche verschwunden waren. Es machte mich wütend. Ich wollte immer das unnahbare, starke Mädchen sein, das für sich selbst sorgte und niemanden an sich heranließ. Doch seit ich mit 15 Jahren Inuyasha kennen gelernt hatte, war alles anders. Erst seit ich mir bewusst geworden war, dass ich ihn nie wieder sehen würde, wusste ich, dass ich dieses unnahbare, starke Mädchen wahrscheinlich nie gewesen war. Es ist merkwürdig, wie klar einem doch manche Situationen im Gedächtnis bleiben, wohingegen andere verblassen, ohne, dass man es will. I miss you I miss you so bad I don't forget you Oh it's so bad I hope you can hear me I remember it clearly Es gibt viele solcher Momente, an die ich mich schrecklich gerne erinnern würde, bei denen es aber einfach nicht mehr geht. Ich konzentriere mich und strenge mich an, doch alles was ich sehe ist ein Nebel aus langsam verblassenden Erinnerungen, auf die ich keinen Zugriff mehr habe. Momente, an die ich mich stattdessen, nur allzu gut erinnere, gibt es jedoch auch. Der Tag, an dem ich gegangen bin, und mich nicht mehr verabschieden konnte, ist so ein Moment. The day I slipped away Was the Day I found It won't be the same Dieser Moment, in dem ich mich gerade befinde - jetzt - ist einer dieser Momente. Wieso quälen mich meine Erinnerungen so sehr? Wieso? Jeden Tag aufs neue? Habe ich nicht schon genug gelitten, habe ich alles falsch gemacht? Oft frage ich mich, wieso ich niemals versucht habe, den Brunnen freischaufeln zu lassen - doch die Antwort ist mir dann so klar ersichtlich, dass ich diese Frage nicht mehr zu stellen brauche. Angst! Nackte Angst. Es scheint, als würden nur die Augenblicke wirklich haften bleiben, die ich beim besten Willen nicht mehr sehen möchte... und die, die ich mir geschworen habe, immer in meinem Inneren zu tragen werden schwächer und schwinden dahin, bis sie für mich nicht mehr greifbar sind. Nur die schmerzhaften Erinnerungen scheinen zu bleiben. I didn't get around to kiss you Goodbye on the hand I wish that I could see you again I know that I can't I hope you can hear me I remember it clearly Alle Gefühle konnte ich immer so gut verbergen und einfach wegsperren - doch plötzlich geht das nicht mehr. Plötzlich überkommt mich alles, was ich in den letzten Jahren gefühlt habe. Und am größten sind diese unendliche Trauer und das Schuldgefühl. Und dann, sind da noch diese Fragen. Diese ,Was wäre, wenn'-Dinge, die mich fast in den Wahnsinn treiben. *** Wäre da nicht das Geräusch gewesen, welches mich in meiner täglichen, melancholischen Stimmung gestört und aufgeschreckt hätte, wäre ich zu diesem Zeitpunkt nicht aus meiner Trance erwacht und hätte aufgesehen. Meine Augen rot unterlaufen, meine Wangen rosig von den salzigen Tränen, schaue ich blinzelnd auf. Ein wenig abstrus wirkt mein verklärter Blick, den ich auf einen Felsbrocken richte. Erst leicht und dann mit einer erstaunlichen Kraft, rollt der Brocken bis vor meinen Füßen hinunter. Und schließlich auf dem gepflasterten Boden, wie von Geisteshand, zerbricht. Ich schrecke auf. War das schon ein Tagtraum, in dem ich seit 10 Jahren festsitze? Zur Sicherheit zwicke ich mir mehr als einmal in den Unterarm. Es tat weh! Es tat sogar höllisch weh. Also kam ich zu dem glorreichen Schluss, dass ich keine paranoide, psychiatrische, geistesgestörte, bescheuerte Frau war. Es war wirklich passiert. Ich stehe auf, meine Knochen bebeten unter der Anstrengung und meine Zähne klapperten sich einen zurecht. Sogar mit 25 bin ich ein Angsthase. Es hat sich an meinem Wesen leider nichts geändert. ,Wovor habe ich Angst?' Meine braunen Augen schweifen über dem kleinen Loch, welches der Stein hinterlassen hatte, verstört schaue ich hinein. Ich sehe nur Dunkelheit, vielleicht war er nur so runtergepurzelt... Blieb mit einem Mal, wie erstarrt stehen, als etwas kleines, puscheliges herauskroch. Ich halte den Atem an. Die Angst davor, was das vor mir war, dass es etwas Schreckliches sein kann - dass es etwas sein kann, was ich verdrang, woran ich mich gar nicht erinnern will, weil es mich vielleicht innerlich umbringen könnte - diese Angst zerfrisst mich und mit jedem Mal, das ich mir mehr Gedanken über dieses Pelzknäul mache, wird die Angst größer und das Gefühl, dass ich innerlich sterbe. *** Angewidert schreie ich auf. Verstummte schneller, als mir lieb war, denn der Pelzknäul drehte sich heftigst zu mir rum. Einen Schritt trete ich zurück - dann noch einen. Denn einerseits habe ich Angst, doch andererseits will ich wissen, ob dieses Geschöpf, dasjenige ist, von dem ich mir sicher war, ihn nie wieder zu sehen. Meine Gedanken rasten, alles schoss mir durch den Kopf. "Shippou...", natürlich erkannte ich den kleinen Fuchsdämon auf Anhieb. Er war älter geworden, doch seine Größe war die gleiche geblieben. Meine Augen fingen an zu glitzern, als ich den verwirrten Ausdruck in seinen Augen registrierte. "Bist du es Kagome?" fragt er nach und springt ohne eine Antwort von mir zu erhalten, auf mich zu. Konnte das sein? Nach so vielen Jahren? *** Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)