Und du liebst mich doch von Amunet ================================================================================ Kapitel 19: Kapitel 19 ---------------------- Die Stille zwischen ihnen war fast zum Zerreißen und Harry traute sich nicht, etwas zu sagen. Ihm war mit jeder Faser seines Körpers bewusst, dass Snape einer Schlange gleich auf eine Regung seines Opfers wartete, nur um dann seine mit giftigem Sarkasmus triefenden Fangzähne hineinzuschlagen, bevor er es langsam und genüsslich quälte, bis es sich wünschte, von ihm getötet zu werden. Harry war nicht bereit, Snape diesen Triumph zu gönnen und so folgte er mit seinem Blick den langsamen Bewegungen Snapes, als dieser hinter seinen Schreibtisch ging, ohne Harry aus den Augen zu lassen, und sich auf seinen Stuhl setzte. „Was haben Sie alles gehört, Potter?“, fragte Snape leise, ja fast schon sanft und Harry wurde es ganz mulmig zumute. „Nur, dass Sie Zabini von irgendetwas abringen möchten“, antworte Harry, welcher bewusst verschwieg, dass er auch Zabinis Satz in Bezug auf die Malfoys gehört hatte. Diesen Punkt würde er wohl später mit Ron und Hermine in aller Ruhe besprechen, denn inzwischen wuchs ihm die ganze Angelegenheit über den Kopf und die Worte von Lupin klangen noch in ihm nach. Endlich war er bereit, seinen Freunden größeres Vertrauen entgegen zu bringen und ihnen einige der Dinge, von denen sie bislang nichts ahnten, anzuvertrauen. „Mehr nicht?“, hakte Snape nach. „Nein, oder sollte ich noch etwas gehört haben?“ Snapes Körper spannte sich an und Harry erkannte, dass seine freche Frage den Lehrer noch vorsichtiger machte, und er sich fragte, ob Harry ihm wohl die Wahrheit sagte. Aber es schien fast so, als würde Snape ihm seine Version abkaufen. Nur, warum war Snape so extrem achtsam in seiner Nähe? Die letzten Male, als er seine Strafarbeit bei dem Professor verbracht hatte, war Snape nicht so gewesen. Im Gegenteil, Snape hatte es genossen, ihn auf seine unnachgiebige und stets verhasste, hartnäckige Art nieder zu machen. Wie oft hatte Snape ihm wohl gesagt, wie sehr er seinen Vater und Sirius verachtete? Wie oft hatte er ihm gesagt, welche Arroganz und Überheblichkeit von ihnen ausgegangen waren? Harry konnte sich nicht mehr daran erinnern, aber er wollte keine weiteren Äußerungen dieser Art mehr hören. Sein Vater und Sirius hatten in ihrer Jugend schlimme Dinge getan, hatten Snape schlimme Dinge angetan, aber Harry liebte James und Sirius, und jeder boshafte Kommentar von Snape fühlte sich wie ein hinterhältiger Stich in den Rücken an. „Heute Morgen“, unterbrach Snape die erneut aufgetretene Ruhe zwischen ihnen, „hatte ich ein interessantes Gespräch mit Lucius Malfoy. Können Sie sich vorstellen, worum es ging, Potter?“ Harry konnte nicht verhindern, dass er knallrot wurde. Es schien ihm, als wäre heute ein Tag der Offenbarungen. Erst war Remus hinter sein Geheimnis in Bezug auf Draco gekommen und nun wusste auch noch Snape Bescheid. Ausgerechnet Snape! Das hatte Harry unter gar keinen Umständen gewollt, aber scheinbar fanden die Malfoys Snape vertrauenswürdig. „Es geht um die Verbindung zwischen ihm und mir“, antworte Harry zerknirscht. Diese Unterhaltung nahm eine Wende, die ihm gar nicht behagte. „Ja, tatsächlich, Potter. Ihre heutige Aufnahmefähigkeit erstaunt mich, vielleicht sollten Sie diese Gabe auch ab und zu einmal in meinem Unterricht verwenden.“ Harry wurde, sofern möglich, noch röter, doch dieses Mal lag es dran, dass Snape es schon wieder schaffte, seinen Blutdruck gefährlich zu erhöhen. Zähneknirschend unterdrücke er einen weiteren, spitzen Kommentar seinerseits und bemühte sich, seinen aufkeimenden Zorn zu unterdrücken. Dem dunklen Funkeln in Snapes Augen entnahm er, dass sein Lehrer sehr wohl erkannte, welche Wirkung er auf ihn hatte und Harry bemühte sich noch stärker, gleichgültig zu scheinen. „Nun, Potter, möchten Sie mir nicht noch mehr über die Verbindung erzählen und darüber, wie sie sich bei Ihnen auswirkt? Lucius' Darstellung kenne ich, auch wenn er sich standhaft geweigert hat, mir zu erzählen, was genau er in Ihren Gedanken erlebt hat“, sagte Snape und lehnte sich auf eine sehr überhebliche Weise in seinem Stuhl zurück. Harry war diese neuerliche Gestik der Einschüchterung von Snape so ziemlich egal, denn er hing noch immer an der Tatsache, dass Snape nicht wusste, was Lucius gesehen hatte. Die Erleichterung ließ Harry einmal tief ausatmen. Also konnte Harry getrost davon ausgehen, dass Snape sich bezüglich seiner Affäre mit Draco nicht sicher sein konnte. Vielleicht waren doch noch einige seiner Geheimnisse gut verborgen. „Nun, Potter, wollen Sie jetzt meine Hilfe oder nicht?“ Ein schmales und ebenso kurzes Lächeln huschte über Snapes Gesicht und es war mehr als offensichtlich, das es nichts weiter als eine andere Form des Hohns sein sollte, jedoch bewirkte es bei Harry genau das, was Snape beabsichtigt hatte. Harry konnte sich mit einmal wieder auf seinen Professor konzentrieren. „Ich kann durch die Augen von Malfoy-“ „Mr. Malfoy“ „-sehen. Nicht immer, nicht wenn ich will und meistens dann, wenn ich schlafe.“ „Was genau haben Sie bisher durch seine Augen gesehen?“ Unwillig rutschte Harry auf seinem Stuhl hin und her. Ihm war nicht wohl bei dem Gedanken, Snape so viel anzuvertrauen und er wünschte sich, Dumbledore wäre hier. Wenn Dumbledore anwesend wäre, dann wüsste Harry, dass es in Ordnung ginge, Snape derlei Dinge anzuvertrauen, so aber blieb sein natürliches Misstrauen gegenüber diesem Mann bestehen. „Potter! Machen Sie endlich den Mund auf, sonst sitzen wir hier die ganze Nacht und glauben Sie mir - Sie haben kein Interesse daran, meine Zeit zu verschwenden.“ Das glaube Harry ihm sofort. „Hab Malfoys Verfolgung durch die Todesser gesehen. Ich habe ein Gespräch mit Voldemort gesehen“, brach es aus ihm heraus und sein Atem ging heftig. Für einen Moment herrschte eine angespannte Spannung zwischen ihm und Snape, die der Professor jedoch unterbrach. „Sie haben all das durch Lucius' Augen gesehen?“ „Ja, das habe ich.“ Snapes unergründliche Augen blickten Harry lange an. Der Blick war Harry unangenehm, doch nicht so sehr, wie die Blicke davor, denn Snape schaute weniger bohrend, sondern eher nachdenklich auf ihn. „Sie können jetzt gehen, Potter“, sagte Snape und mit einer einfachen Geste seiner Hand bedeutete er Harry, zu verschwinden. Verdutzt, verwundert darüber, was hier gerade vor sich ging, gehorchte Harry, auch wenn sich in seinem Kopf schon wieder sämtliche Gedanken überschlugen. oooOOOooo Die Treppen und Gänge zum Gryffindorturm schienen sich endlos zu ziehen. Nie zuvor war Harry der Weg aus den Kerkern so lang vorgekommen vor, doch Harry ging beharrlich an vereinzelten Schülern, sich unterhaltenden Gemälden und an klappernden Ritterrüstungen vorbei. Was Harry wollte, war einfach nur etwas Ruhe, denn nach diesem anstrengenden Tag hatte er sich seiner Meinung nach etwas Zeit zum Entspannen verdient. Vielleicht würde er so auch die Möglichkeit bekommen, um die Ereignisse des Tages zu sortieren und zu verdauen, was er von dem Gespräch zwischen Zabini und Snape aufgeschnappt hatte, und auch seinen Besuch bei Remus. Harry hoffte einfach, dass Ron und Hermine ihn nicht gleich bestürmen und sich noch etwas länger in Geduld üben würden. Als Harry jedoch endlich am Porträt der fetten Dame angekommen war, wurde ihm augenblicklich klar, dass er den Tiefpunkt seines Tages noch nicht erreicht hatte. Dort, wo normalerweise das rosige, runde Gesicht der Dame saß, befand sich nichts als gähnende Leere. Die fette Dame war ausgegangen! Entnervt stöhnte Harry auf. Eines der wenigen Dinge, die er heute nicht mehr gebraucht hatte, war genau das. Doch Harry wollte nicht aufgeben und hämmerte entschlossen gegen das leere Bild und vertraute darauf, dass um diese Uhrzeit der Gemeinschaftsraum noch mit Schülern gefüllt war. Es vergingen einige Minuten und Harry war gerade davor, sein permanentes Klopfen zu unterbrechen, als der Rahmen zur Seite schwang und ein breit grinsender Dean Thomas seinen Kopf herausstreckte. „Was geht, Harry?“ „Die fette Dame ist weg“, murrte Harry und drängte sich an Dean ins Innere des Gryffindorturmes. Dann stutze er. Einen Moment lang glaubte Harry, er könnte seinen Augen nicht trauen, doch die vielen Erst- und Zweitklässler, die mit geröteten Wangen kichernd im Gemeinschaftsraum saßen und verschiedenste Süßigkeiten aßen, waren ebenso real, wie die Tatsache, dass die Hälfte von ihnen statt normalen Armen, die verschiedensten Tierextremitäten hatte. So stand vor dem Kamin ein kleiner, blonder Junge, aus dessen rechter Schulter sich ein Tintenfischtentakel wand und sich eigenmächtig um die Flosse eines dunkelhaarigen Mädchens schlang. Wenige Meter weiter auf dem Sofa saß ein älteres Mädchen, das sich mit einem behuften Arm die Haare aus dem Gesicht streifte. „Was ist hier passiert?“, fragte Harry vollkommen verblüfft und vergaß für diesen Augenblick sogar seinen Ärger darüber, dass ihm niemand geöffnet hatte, obwohl er so lange geklopft hatte. Doch der Lärm durch das anhaltende Gelächter und aufgeregte Schnattern war ganz offensichtlich der Grund für seine verlängerte Wartezeit gewesen. „Fred und George haben uns ein Paket geeult“, grinste Dean. „Was zur Hölle war da drin?“, wollte Harry wissen, als ein weiterer Erstklässler sich vor den Augen einiger Viertklässler mit einem Plopp in einen besonders flauschigen, vanillefarbenen Knuddelmuff verwandelte, nur um sich fünf Sekunden später wieder zurückzuverwandeln. „Harry“, rief Ron und tauchte eine Sekunde später neben Harry auf. „Ist das nicht krass, was Fred und George uns geschickt haben? Da sind noch eine Menge anderer Sachen drin. Es gibt so komische Plätzchen, die machen aus dir für einen Moment Diricawl!“ „Was sind Diricawl?“ „Kennst du das nicht? Die kennt doch jedes Kind. Das ist so ein Vogel aus Mauritius, recht plump mit flaumigen Federn und…“ „Ronald Weasley, wann kannst du dir endlich merken, dass Harry und ich nicht aus einer Zaubererfamilie stammen?“ Unter Hermines Tonfall zuckte Ron zusammen und nahm einen beschämten Gesichtsausdruck an. „Ist ja gut, Mine.“ „Wie war’s bei Snape, Harry?“ Die braunen Augen seiner Freundin trafen Harry und es kam ihm so vor, als würde Hermine ihn mit ihren Augen ebenso gründlich durchforsten können wie Snape. Der Trubel im Gemeinschaftsraum verblasste, als Harry mit einem Mal ganz auf Hermine, ihre Frage und die Tatsache konzentriert war, dass es Wichtigeres gab, als herauszufinden, was ein Diricawl war. Harrys Blick huschte kurz zu Dean, der noch immer neben ihm stand, und Hermine verstand sofort. „Harry, komm doch mal mit rüber. Ich habe eine Stelle in deinem Aufsatz für Geschichte der Zauberei gefunden, über die ich mit dir sprechen muss.“ und fasste sowohl Harry, als auch Ron am Arm und zog sie etwas abseits. Aus dem Augenwinkel konnte Harry sehen, wie Dean ihm einen mitleidigen Blick zuwarf und dann lächelnd zu Seamus ging. Für einen Moment spürte er bei dem Anblick der zwei Jungen einen neidvollen Stich in seinem Herzen, denn er wünschte sich, dass er sich mit Draco ebenso offen sehen lassen konnte. Eine kleine Geste von Seamus, der Dean unbemerkt von all den anderen sanft am Arm berührte, verstärkte den Stich noch mehr und Harry zwang sich, Hermine wieder anzusehen. „Wir sollten oben reden“, sagte Harry nur. „Noch eine Sekunde, sonst ist es zu auffällig“, raunte Hermine zurück, während Ron recht verwirrt aussah. „Wie haben Fred und Georg das ganze Zeug an deiner Mutter vorbei geschmuggelt, Ron?“ Breit grinsend antwortete Ron: „So genau weiß ich das nicht, aber offensichtlich haben sie die Gnome im Garten irgendwie bestochen, dass sie einen Massenaufstand gemacht haben und dann haben sie die Chance genutzt. Ginny weiß es genauer, sie hat mit Fred und Georg geeult.“ Harry konnte bei den Zwillingen nur den Kopf schütteln, die beiden waren wirklich unglaublich. Es war egal, ob sie neue Scherzsüßigkeiten herstellten oder jemandem einen ihrer berühmten Streiche spielten, Fred und George wussten immer genau, was sie wollten, und setzten ihre Ziele konsequent durch. Harry wünschte sich, dass er den gleichen Ehrgeiz entwickeln würde, doch dann fragte er sich, ob er die Zielstrebigkeit nicht schon längst hatte. Immerhin konnte man die Ziele, Voldemort zu besiegen, hinter Snapes und Zabinis Geheimnis zu kommen und Dracos Herz zu erobern, durchaus als ehrgeizig bezeichnen. Sein einziges Problem war, dass er Prioritäten setzen und sich an deren Rangfolge halten musste. Dracos Herz würde warten müssen. „Okay, ich denke, wir können jetzt hochgehen“, sagte Hermine und bedeutete Ron und Harry, ihr zu folgen. Fortsetzung folgt… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)