Erwärme mein Herz von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 39: Sturm (part I) -------------------------- so, lang lang hats gedauert! ^^ tut mir echt leid... aber da waren prüfungen... dann kirwa... dann urlaub... keinen kopf zum schreiben, leider... aber jetzt mach ich mich wieder ran. will auch die restlichen kapitel bald fertig haben... Viel spass erstmal mit diesem hier. ich hoffe ihr verliert nicht den durchblick, bei dem was alles passiert... ^^ ---------------------------------------- Kapitel 39: Sturm (part I) Kobe stand am Fenster des Kontrollraums, nachdem er von einem aufgeregten Steuermann aus dem Schlaf gerissen worden war und begutachtete mit Staunen den gleißenden Lichtstrahl, dessen Ursprung irgendwo hinter diesen Klippen liegen musste, dort wo er ihn nicht sehen konnte. Er hatte nur von Erzählungen von diesem Phänomen gehört… Dass er das Weltenlicht einmal mit eigenen Augen sehen würde, hätte er nie gedacht… Das Licht war die Verbindung zum Mond der Illusionen, genauso so war auch Hitomi gereist… „Faszinierend…“, murmelte er. „Ich fände es faszinierender zu wissen, was dort draußen vor sich geht…“, sagte der Steuermann düster und presste seine Stirn gegen die kalte Scheibe, an der nach wie vor der Regen entlang strömte. Sie starrten noch eine Weile schweigend auf das Licht, als es plötzlich erlosch. „Was – “, fragte der Steuermann ins Leere und war sogleich wieder hellwach. „Was passiert da nur?“ Kobe konnte ihm keine Antwort geben. Seine Aufgabe war es zu warten… Zu warten und zu helfen, wann immer er gebraucht wurde… Hitomi hatte keine Zeit mehr, Van all die Fragen zu stellen, die ihr im Kopf herumspuckten. Mit dem Verlöschen des Lichtes war auch die vorherige Düsternis in die Kathedrale zurückgekehrt und tauchte die Szenerie wieder in unheimliches Zwielicht. Inmitten dieses Zwielichtes bewegte sich etwas und sobald sich Hitomi’s Augen wieder an die neuen Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, erkannte sie auch was es war: Baijne und seine Stammesmitglieder hatten sich zu den Füßen des schwarzen Gymilefs zusammen geschart und starrten jetzt geschlossen zu ihr und Van herüber, der wieder schützend vor sie getreten war. Hinter ihnen hörte sie ebenfalls Schritte, wohl Allen und seine Männer, die näher traten. Hitomi musste resigniert feststellen, dass sie nicht einmal Zeit gefunden hatte, sich richtig nach Allen, Nora oder Merle umzusehen, schon standen sie wieder vor einer neuen Gefahr. Dornfels war vielleicht …verschwunden, aber es gab immer noch seine Gymilefs… und das Volk des flüsternden Windes. Hitomi rechnete mit dem Schlimmsten. Wie würde Baijne nun handeln? Würde er angreifen, sich für den Tod von Binnjae rächen? Sie wusste, wie stolz der Häuptling war… Dornfels war nicht mehr, es gab jetzt keinen Grund mehr, warum er für dessen Sache einstehen sollte… Vorerst jedenfalls fixierte er Van nur grimmig und sagte: „ Es ist noch nicht vorbei, Van de Farnel…“ „Das glaube ich auch…“, erwiderte Van ebenso grimmig. „Hör auf zu kämpfen! Es ist vorbei!“, mischte sich Brisaeye mit beschwörendem Blick auf ihren Bruder ein. Sie taumelte leicht und zwang sich scheinbar mit Leibeskräften, ihren gebrochenen Arm zu ignorieren. Nur ihr schmerzverzerrtes Gesicht verriet sie. Baijne aber ignorierte sie einfach. „Oh nein, es fängt gerade erst an…“ Seine schwarzen Augen wurden zu gehässigen Schlitzen, als sich sein übliches finsteres Lächeln in seinem Gesicht ausbreitete. „Dornfels hat für jeden Fall vorgesorgt…. Wenn ihm irgendetwas zustoßen sollte, übernimmt Kagou die Führung. Nachdem der aber auch nicht mehr ist…“, säuselte er und warf einen bedauerlichen Blick auf den schwarzen Katzenmenschen, der im Schatten der Säulen nur noch als Fellberg in einer Lache von dunklem Blut auszumachen war. Hitomi schmerzte der Anblick fast ein wenig und sie wandte sich mit geschlossenen Augen ab. „Und so bin ICH es, der das Sagen hat!“, feixte Baijne. „Hör auf damit! Unser Volk hat schon genug Schaden angerichtet!“, beschwor Brisaeye ihn. „Schweig! Du hast unser Volk verraten! Du bist keine mehr von uns, elendes Halbblut!“ Wie schon beim ersten Mal zuckte das schwarze Mädchen bei diesem Wort unbewusst zusammen. „Es wäre besser, Ihr würdet auf das Mädchen hören.“, meinte auch Van, was ihm aber nur ein weiteres Grinsen von seinem Gegenüber einbrachte. „Ich werde euch vernichten… So wie Ihr Könige früher mein Volk vernichtet habt… Farnelia und Astoria sind erst der Anfang. Wenn ich mit diesen Gymilfes (er deutete auf den einzigen Verbliebenen hinter sich) von dieser Insel wegkomme, sind auch alle anderen Reiche dran!“ Seine Augen weiteten sich fast freudestrahlend. Man konnte förmlich spüren, wie ihn der Wahnsinn überkam… „Das ist aber nicht unbedingt nach Dornfels’ Plan…“, murmelte Hitomi gerade so laut, dass das Volk es noch hören konnte, selbst in der verwunschenen Kathedrale. „Dornfels’ Plan!“, spottete Baijne. „Seine Pläne waren mir schon immer völlig egal… Seine Idee von einer neuen Welt war für mich absolut unverständlich…“ Er verlagerte sein Gewicht und zog mit seiner linken Hand sein schmales Schwert aus dem Schaft seines Stiefels. Der Schmuck in seinen Haaren klimperte bedrohlich. Seine Leute hinter ihm fingen ebenfalls an in Kampfhaltung zu gehen: geduckt, den Feind im Visier. „Ich will Rache… Sonst nichts…“ Hitomi spürte die unheimliche Energie, die von Baijne ausging… Angstschweiß kroch ihr über den Rücken, obwohl Van vor ihr stand und sie beschützen würde, egal was kam. Van spürte diese Kraft scheinbar auch nur allzu deutlich. Der Kampf war noch nicht vorüber… die Gefahr war nach wie vor vorhanden, vielleicht sogar stärker als zuvor. „Zieht euch zurück!“, schrie Van, fast zur gleichen Zeit, als Baijne „Greift an“ brüllte. Ein heftiges Durcheinander brach aus. Das Volk löste sich auf, Brisaeye machte nur eine Sekunde später einen großen Schritt auf Merle und Nora zu, berührte sie, verschwand mit ihnen in flimmernder Luft, nur um keine 8 Meter weiter wieder vor Allen und seinen Männern aufzutauchen. „Haltet euch an mir fest!“, schrie sie unter Schmerzen. Hitomi starrte sah nur noch flüchtig und wacklig wie sich die große Personengruppe ins Nichts auflöste, denn Van hatte sie schon längst gepackt und war mit ihr und dem Drachenherzstein wieder abgehoben. Seine Flügel schlugen heftig um seinen Körper und sie stiegen langsam höher. Als sie auf der Höhe der schmalen Augenschlitze des Gymilfes waren, materialisierte sich Binjae auf dessen Haupt. „So kommt ihr mir nicht davon!“, brüllte er und sprang mit erhobener Klinge auf sie zu. Van war aber diesmal gerissener. Er verwarf sein Vorhaben, durch das schmale Loch in der Kuppel zu fliegen, sondern klappte seine Flügel ruckartig ein und ließ sich fallen. Hitomi’ s leerer Magen machte einen unangenehmen Hüpfer und wurde erneut herum gerissen, als Van seine Flügel wieder spannte und einen der Säulengänge entlang segelte. Binjae’s wütende Schreie waren noch kurz zu vernehmen, dann war es still. „Die werden wir bestimmt gleich wieder sehen…“, sagte Van laut. Er zog Hitomi noch enger an sich und als sie endlich ins freie stießen, flog er einen Bogen, gewann wieder an Höhe und folgte der Straße, die sie gekommen waren, zurück zum steinernen Torbogen auf dem Mosaik-Platz. Van’s Muskeln waren bis aufs äußerste gespannt. Das Schlagen seiner Flügel musste ihn unheimlich viel Kraft Kosten, noch dazu mit ihrem Gewicht in den Armen… „Geht es dir gut?“, fragte Hitomi gegen das laute Geräusch der Flügelschläge. „Du bist bei mir… Natürlich geht es mir gut…“, sagte Van und obwohl sie sein Gesicht nicht sehen konnte, so konnte sie sich sein warmes Lächeln doch gut vorstellen. Sie legten die Strecke um vielfaches schneller zurück, als sie zu Fuß gebraucht hatten. Aus der Luft war das alte Atlantis gar nicht mehr so beeindruckend wie von unten. Die Dächer der Häuser wirkten glanzlos und fahl. Auch der pulsierende, farbenfrohe Himmel schien hier oben zum Greifen nahe zu sein, nicht so fern und unerreichbar als noch zuvor. Hitomi war mehr als froh, als sie endlich den Platz vor sich sah, in dessen Mitte das unscheinbare Steintor stand. Van ging in einen sanften Sinkflug und segelte mit wild schlagenden Flügeln direkt durch das Tor. Von einer Sekunde auf die Andere befanden sie sich mitten im altbekannten, warmen Licht, wurden davon durchdrungen und anschließend auf der anderen Seite ausgespuckt. Van stemmte sich breitbeinig in den schlammigen Boden, der mittlerweile den ganzen Felsenkessel bedeckte. Ihr persönlicher Engel schlug noch einmal mit seinen Flügeln, dann kamen sie zum Stillstand. Hitomi wollte Van wieder etwas Armfreiheit geben, doch der dachte nicht daran. Er zog sie an seine Seite und formte seine Flügel automatisch zu einen kleinen Dach über ihren Köpfen. Es regnete immer noch in Strömen, das war das erste Merkmal dafür, dass sie sich wieder in der wirklichen Welt befanden. Hier war der Himmel nicht farbig, sondern nach wie vor dunkelgrau und Wolkenverhangen. Hier gab es keine Mosaike auf dem Boden, sondern nur ein matt schimmerndes Siegel, das allmählich im Schlamm zu versinken drohte. Und hier gab es nicht diese seltsame, uralte Stille wie sie über Atlantis lag… Hier prasselte der Regen. Und man hörte Stimmen, zumindest bildete Hitomi sich das ein. „Hörst du das?“, fragte sie Van und sie lauschte in den Regen hinein, der innerhalb des Felsenkessels seltsam nachhallte. „Los! Wir müssen uns beeilen!“, erwiderte Van nur und zog sie an der Hand mit sich. Was sie beide gehört hatten, waren Schreie und laute Rufe, wie von einem Befehl. Hitomi rannte hinter Van her durch den schmalen Spalt im Fels und merkte nun erst, wie erschöpft und ausgehungert sie war. Allmählich neigten sich ihre Kräfte dem Ende zu… Kobe starrte weiterhin aus dem Fenster, nicht sicher auf was er eigentlich wartete, während der Steuermann wieder einmal einen Kontroll-Rundgang machte. Er hatte auf dem Schiff der Zaibacher nichts Brauchbares gefunden, außer „einen Haufen Papier“, wie er es bezeichnete. Kobe würde es sicht nicht nehmen lassen, einen Blick auf diesen Haufen zu werden, sobald diese Sache vorbei war. Er dachte halb über Dornfels, halb über die Befindlichkeit seines Königs und Hitomi nach, als schon wieder mehrere Dinge gleichzeitig passierten: Irgendwo über im, vermutlich vom Deck, erschallte ein lauter, erschütternder Schrei; direkt unter seinem Fenster tauchte aus dem Nichts eine ganze Gruppe Menschen auf und ein Blitz erleuchtete den Himmel für den Bruchteil einer Sekunde. Kobe konnte sehen, wie die Gruppe, darunter definitiv kein König aber dafür Allen Shezar, unter dem Schiff verschwand. Kurz darauf hörte er dumpfes Fußgetrappel, welches sofort den gesamten Schiffskörper erfüllte. Besorgt schritt er zur Tür, öffnete sie, nur um im nächsten Augenblick Allen gefolgt von Merle, ihrer Tochter und dem ehemaligem Zimmermädchen Brisaeye hereinstolpern zu lassen. „Was tut SIE hier?!“, rief Kobe empört und zeigte ohne Scham mit ausgestrecktem Finger auf das schwarze Mädchen. „Sie hat uns gerade das Leben gerettet, Kobe…“, erwiderte Allen finster und half Brisaeye auf den nächsten Stuhl. Sie ließ sich ohne umschweife darauf plumpsen und lehnte sich mit geschlossenen Augen zurück. Ihr Gesicht wirkte fahl und blass, trotz ihrer dunklen Haut. Dennoch konnte Kobe seinen Blick kaum von ihr abwenden, da es das erste Mal war, dass er sie in ihrer „anderen Gestalt“ sah: Der bunte Holzschmuck, die Körpermalereien… Der absolute Gegensatz zur Farnelschen Zimmermädchen-Kluft, die er noch an ihr in Erinnerung hatte. Allen erhob sich wieder und rieb sich geistesabwesend über die Stirn. Er wirkte abgekämpft, mit seinen zerzausten, nassen Haaren, schien jedoch nicht verletzt zu sein. Im Gegensatz zu Brisaeye, deren rechter Arm auf seltsame Weise an ihrer Seite herab hing. „Kobe… Kannst du etwas für mich tun?“, fragte Allen dann. „Natürlich… Alles was Ihr wollt…“, antwortete Kobe gewissenhaft. „Kümmere dich um das Mädchen… Ihre Verletzung muss versorgt werden… Und sie sollte sich hinlegen…“ Kobe blickte auf sie hinab. Er wusste nicht, was er denken sollte… Allen schien ihn sofort zu durchschauen: „Sie ist keine Verräterin mehr… Sie war es vielleicht einmal… Aber sie hat im Gegenzug ihr eigenes Volk verraten und gegen ihren Bruder gekämpft… Ohne ihren Mut wären wir alle schon tot… Das gleicht jede ihrer früheren Fehler aus.“ Kobe nickte nur. „Ich bringe sie in meine Kabine…“ „Ich werde auch helfen, wo ich kann….“, klinkte sich nun auch Merle ein, die bisher relativ still gewesen war und ihre Tochter fest an sich gedrückt hielt. Kobe nickte wieder und wollte Brisaeye schon aufhelfen, als ihm noch etwas einfiel: „Wo ist König Van? Geht es ihm gut?“ Allen schaute finster drein. „Vorhin ging es ihm noch gut… Ich hoffe, das hat sich nicht geändert…“ „Und Fräulein Hitomi? Was ist mit ihr?“, wollte er weiter wissen. Als Antwort legte sich sacht eine weiche Hand auf seine Schulter. „Ich werde euch alles erzählen…“, meinte Merle leise, „Aber lasst uns erst das Mädchen hier wegbringen…“ Allen nickte wieder und wollte sich gerade selbst wieder umwenden, als hinter ihm der Steuermann in den Raum platzte. „Kommandant! Wir sind umzingelt!“, schrie er. „Umzingelt? Von wem?“, fragte Allen argwöhnisch, wobei ein Schimmer in seinen Augen bereits zu ahnen schien, um wen es sich handelte. „Gymilefs! Überall! 20 oder mehr! Sie sind ganz plötzlich und leise aus dem Meer aufgetaucht! Ich habe sie eben vom Deck aus erspäht!“ Dann war er es wohl gewesen, der so geschrieen hatte. „Dann geht es jetzt los… Hol dir eine Waffe… Wir treffen uns draußen…“, ordnete Allen an und verschwand nach einem letzten Blick in Richtung Kobe aus der Tür. Nach ein paar Metern stolperten Hitomi und Van aus dem Schatten des Felsens wieder in den ströhmenden Regen hinaus und blieben wie versteinert stehen. Die Szenerie, die sich ihnen bot, konnte auch nichts anderes fordern: Die Crusardor, Allens Flugschiff, war umzingelt von 15 oder 20 Zaibacher Gymilefs, die ein paar Meter über dem Meeresspiegel schwebten und vom Sturm umpeitscht wurden. Die Rufe, die sie zuvor gehört hatten stammten von Allen, der seinen Männern durch das höllische Regengeräusch Befehle zurief. Sie alle hatten offenbar sofort nach Ankunft nach ihren Waffen gegriffen und versuchten jetzt, eine Verteidigung aufzubauen. Aber wo war Brisaeye? Hitomi konnte sie nirgendwo erkennen, genauso wenig wie Merle und Nora… „Hitomi!“ Van holte sie aus ihren Gedanken, indem er sich zu ihr umdrehte, sie an den Schultern packte und sie zwang, ihm in die Augen zu schauen. Sie tat nichts lieber als das… Vans dunkle, warme Augen waren ihr einziger Halt in diesem Sturm… „Hitomi! Ich will dass du dich in Sicherheit bringst! Geh in die Crusardor und warte diesen Kampf ab! Ich habe mir zwar geschworen, dich nie wieder aus den Augen zu lassen, aber ich MUSS Allen beistehen! Ich kann nicht zulassen, dass dieser Baijne in seinem Wahnsinn alle meine Freunde vernichtet…“, sagte er, lauter als es normalerweise nötig war. „Van! Lass mich mit dir gehen! Ich kann dir helfen, so wie früher!“, flehte Hitomi im Gegenzug. Wenn ihm etwas passierte… Sie würde nicht leben können wenn er tot war… Wenn es einen Kampf gegen würde – und das war so gut wie sicher – wollte sie an seiner Seite sein! „Hitomi…“, sagte er noch einmal und seine Stimme brach bebend ab. Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und sah sie intensiv an. „Das kann ich nicht zulassen… Dir darf nichts passieren… Du musst leben!“ Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, als er das sagte und seine Augen waren von Schmerz und Reue überschattet. Wenn Hitomi es nicht besser wüsste, klang es fast so, als wüsste Van bereits, dass er Vater werden würde… Eine Nachricht, die sie ihm immer noch nicht mitteilen hatte können, in all der Aufregung. Auch wenn seine Worte reiner Zufall waren: Er hatte Recht… Sie konnte ihr Leben nicht aufs Spiel setzen, jetzt wo sie sein Kind in sich trug. Vielleicht war jetzt der letzte Moment, ihm alles zu sagen, Lebewohl zu sagen… Auch wenn sie zugleich betete, dass es nicht soweit kommen würde. „Van…“, setzte sie an, als hinter ihnen ein krachendes Geräusch erschallte, wie von einem Donnerschlag. Schlagartig drehten sie sich beide um und sahen gerade noch, wie der schwarze Gymilef, der noch Minuten zuvor Van fast mit seinen Händen zerquetscht hätte, aus dem dunkelgrauen Wasser schoss und sich an die Spitze seiner Gefährten platzierte. „Sieh, dort!“, haucht Hitomi und zeigte auf Bewegung, die sie im nächsten Moment auf dem Dach der schwarzen Perle ausmachte. Es waren Baijne und seine Leute, die sich dort postierten und erhaben über die Szenerie blickten. Bedeutete das, dass sie gar nicht selber kämpfen würden? Dass sie den Gymilefs dabei zusehen würden, wie sie gegen Allen, Van und die Anderen antraten? „Van! Geh! Hilf Allen! Aber pass auf dich auf… Wenn ich dich nicht im Ganzen wieder zurückbekomme, werde ich sehr böse sein…“ Sie versuchte zu lächeln und ihre Worte ein wenig ironisch klingen zu lassen, was ihr allerdings eher schlecht als recht gelang. Van sah sie noch einmal an, mit einem so intensiven Blick seiner Augen, dass ihr fast schwindelig wurde, ehe er wieder ihr Gesicht umklammerte und sie hart und leidenschaftlich küsste. Sie konnte nicht mehr atmen, nicht mehr denken… Da war nur noch Van, obwohl Regen und Wind immer noch um sie herum peitschten. Wie konnte sie ihn schon wieder gehen lassen? Sie wollte nur bei ihm sein, genauso von ihm geküsst und geliebt werden… Sie war der Kämpfe eindeutig überdrüssig. „Ich liebe dich!“, sagte sie leise, als sie sich von ihm löste. „Ich liebe dich noch mehr…“, erwiderte er, spannte seine Flügel und schwang sich mit einem Satz in die Höhe. Er wurde ein Stück weggeweht, gewann dann schnell wieder die Kontrolle und verschwand hinter dem Klippenvorsprung. Verschwand aus Hitomi’s Blickfeld. Van konnte nicht glauben, was er da gerade tat… Er verließ Hitomi schon wieder, um in den Kampf zu ziehen... Er hatte sich sosehr für sie erhofft, ihn nie wieder kämpfen sehen zu müssen, doch als er jetzt Escaflowne durch den Regen hindurch erspähte, wusste er, dass er keine andere Wahl hatte. Er war der König von Farnelia… Er war der letzte Erbe des Drachenvolkes… Und er war der einzige, rechtmäßige Besitzer des Drachen… Es musste kämpfen, es blieb ihm gar nichts anderes übrig. Er wusste es in seinem Innersten Denken und spürte es in seinem ganzen Körper: Das Adrenalin durchströmte ihn, sein Blut pulsierte und seine Hände konnten es kaum erwarten sich um die Steuerknüppel der Escaflowne zu schließen. Er konzentrierte sich darauf, seine Flügel wieder verschwinden zu lassen und aktivierte Escaflowne mit dem Drachenherzstein, den er nach wie vor in seiner Rechten hielt. Zu sehen wie dieser dann im schönsten Purpur aufleuchtete, war für Van wie ein Willkommensgruß. Escaflowne hatte seinen Herrn wieder. Sie würden diesen Krieg gemeinsam verhindern… irgendwie…. Hitomi rannte mit gerafften Röcken den Hang hinab und zwang sich panisch weder an Van zu denken, noch sich in irgendeiner Form den Gymilefs beeindrucken zu lassen. Sie hatte ihre Augen gesenkt, um sie vor dem Regen zu schützen und sah deshalb nicht, dass sie direkt in Allen hinein rannte. Erst als er sie an den Schultern packte, fuhr sie erschrocken zusammen. „Hitomi! Geht es dir gut?“, fragte er atemlos und blinzelte ein paar Regentropfen aus seinen Augen. „Ja!“, antwortete sie. „Wo ist Van?“ Sie musste gar nichts darauf antworten. Allen wusste auch so, beim Blick in ihre Augen, was los war. Er nickte nur. Sein Blick schweifte dabei kurz über die Klippenwand hinter ihr. Dann fixierte er sie mit seinen tief-blauen Augen uns sah sie eindringlich an. „Geh an Bord… Misch dich nicht ein… Ich weiß, dass du das gerne tust, Hitomi… Aber hier kannst du nicht helfen….“ Hitomi wusste, was er ihr damit sagen wollte, allerdings überrollte sie gerade in diesem Moment eine Welle der Panik. „Zwei Gymilefs gegen 20?! Wie zum Teufel wollt ihr das schaffen, Allen?!“, schrie sie ihn an, wobei sie mit einer fahrigen Geste in Richtung Sheherazade deutete, die zusammengesackt in einer Schlammpfütze saß. Allen presste seine Lippen aufeinander, rang um eine sinnvolle Antwort, die es ganz sicher nicht gab. „Hab ein bisschen Vertrauen…“, sagte er matt, ließ sie dann los und schob sie in Richtung Crusardor davon. „Geh, Hitomi! Schau nicht zurück…!“ Aber Hitomi schaute zurück. Sie sah Allen, ihren guten Freund Allen, von so edler Gestalt, von so edler Herkunft, in seinen Gymilef steigen und wünschte sich, sie hätte auch ihm noch gesagt, was er ihr bedeutete… Van trat mit Escaflowne an den Rand der Klippe, als sich im selben Moment Allen zu ihm gesellte. Sie mussten noch lauter schreien als gewöhnlich, um sich durch den Lärm des Sturms hindurch zu verständigen. „Lass uns das schnell hinter uns bringen…!“, rief Van und zog an dem Hebel, der seinen Gymilef-Händen sein Schwert offenbarte. Es gab das typische, zischende Geräusch, als das Schwert aus dem Rücken kam und er griff sogleich danach. Allen war bereits bewaffnet und blickte erwartungsvoll auf die Gegner unter ihnen. Es war seltsam… Obwohl Van wusste, dass er sterben konnte, war er mit einer vollkommenen Ruhe erfüllt… Vor Stunden hätte er niemals so weit gedacht, dass es wirklich noch zu einem Kampf kommen würde... Aber da hatte er auch noch nichts von Dornfels’ kleiner Armee gewusst. Er starrte erwartungsvoll auf die feindlichen Linien, wo sich auch endlich etwas tat: Kommandant Alexis im schwarzen Riesen befahl mit einem Wink zwei seiner Kumpanen, anzugreifen. Die silbernen, geschmeidigen Körper schnitten durch den Regen auf Van und Allen zu. Der Angriff kam direkt und frontal: Der eine Gymilef kam mit angewinkeltem Ellenbogen direkt auf Van zugesteuert, die Hand bereits zu einer scharfen, blitzenden Klinge geformt. Van wich aus und versuchte den Gegner mit seinem Schwert den Arm ab zu hieben, jedoch bekam er nicht mehr genug Schwung, sodass sein Schwert nur mit einem dumpfen Geräusch wieder von der silbernen Oberfläche absprang, anstatt hindurch zu schneiden. Er musste sich konzentrieren, auf die Dinge, die ihm einst Hitomi beigebracht hatte… Er spürte ihr Amulett schwer auf seiner Brust liegen und stellte sich das Pendel in seinem Kopf vor. Von wo aus würde der Gegner angreifen? Von der Seite? Von hinten? Er schloss kurzzeitig die Augen und das Pendel schlug sogleich aus. Von hinten! Escaflowne duckte sich, machte dabei eine elegante Drehung um die eigene Achse und Van hackte mit voller Wucht auf die Fersen der Maschine ein, dort wo bei einem Menschen die Achilles-Sehne wäre. Ein unschönes Geräusch erklang und sein Schwert durchschnitt die Beine mit einem Hieb. Mit einem knarrenden Geräusch fiel der Körper nach hinten um und Van war sofort da, um auch noch den Rest zu erledigen: Der Drachenherzstein musste vernichtet werden, erst dann war der Gymilef besiegt… Er hob den Schwertknauf über seinen Kopf, die Spitze über der glimmenden, grünen Brust des Gegners und stieß zu. Als das Schwert die schützende Kapsel um den Stein durchbrach, fing auch der Pilot endlich an zu schreien, aber es war schon zu spät: Der Drachenherzstein war bereits in zwei Hälften zerteilt und leuchtete nicht mehr. Van zog das Schwert mit einem Ruck wieder heraus und lockerte seine Glieder. Der Schweiß stand ihm bereits auf der Stirn und seine Arme fühlten sich schwer und träge an. „Verdammter Regen…“, murmelte er zu sich selbst. Die Zaibacher Gymilefs waren für jedes Element gemacht, sogar für das elende Wasser, was Escaflowne’s alten Gliedern bereits zu schaffen machte. Wenn das so weiter ging, würde der Drache an Ort und Stelle verrosten… Er hatte kaum Zeit, auszuschnaufen, als auch schon wieder zwei Gymilefs nachrückten. Allen wurde immer noch von dem ersten auf Trab gehalten… Es sah schon jetzt nicht gut aus… Sie beide waren gute Kämpfer, hatten sicherlich mehr Erfahrung als alle Zaibacher zusammen… Allerdings besaßen sie eindeutig die besseren Gymilefs. Ohne Hilfe, würden sie es nicht schaffen. Ganz klar. Hitomi stand am Fenster des Steuerraums in der Crusardor und blickte bang zu den Klippen hinüber. Sie hatte sich bereits vergewissert, dass es Merle, Nora und Brisaeye gut ging. Dass Kobe hier war und sich um sie kümmerte, beruhigte sie etwas. Obwohl sie sich wohl besser ebenfalls mit etwas anderem hätte ablenken sollen, konnte sie doch nicht anders, als zu den Klippen hinüber zu starren und zu versuchen, so viel wie möglich vom Kampf mitzubekommen. Gerade flogen wieder zwei Zaibacher hinauf… Sie wusste, dass Van noch lebte… Aber wie lange noch? Wieso dachte sie überhaupt daran? Hatte sie nicht erst vor einer knappe Stunde eine Zukunftsvision mit Nora’s Augen gesehen… Eine schöne Vision… Eine, in der Van lebte, Van und sein Sohn… Geistesabwesend fuhr sie sich über den Bauch, der sich schon viel härter anfühlte, auch wenn es vielleicht nur Einbildung war. Keine Einbildung war allerdings das Knurren ihres Magens, welches so laut war, dass man es wohl bis nach draußen hören musste. Auch wenn jetzt wohl der unpassendste Zeitpunkt für eine Mahlzeit war: Sie durfte nicht nur an sich denken. Schweren Herzens wandte sie sich vom Fenster ab und machte sie auf den Weg zu Kobe’s Zimmer. Dort lag Brisaeye mit fahlem Gesicht im Bett, ihren Arm notdürftig geschient, an ihrer Seite gerade Kobe, der ihr mit einem feuchten Tuch den Schweiß von der Stirn wischte. „Sie hat Fieber… Und auf diesem Schiff gibt es nichts, was ihr helfen könnte…“, grummelte Kobe, sichtlich entzürnt über so wenig Verantwortungsbewusstsein von Seiten Allens. „Nicht auf diesem Schiff… Aber vielleicht auf einem Anderen…“, sagte Merle, die ihre Tochter immer noch im Arm hielt. Kobe seufzte. „Ich habe es schon einmal gesagt: Ihr werdet dort nicht hinüber gehen! Es ist viel zu gefährlich!“, fuhr Kobe sie ein wenig harsch an. Für Merle schien das nichts Neues zu sein. Diese Diskussion schien schon während ihrer Abwesenheit angefangen zu haben… „Kobe hat Recht, Merle…“, musste Hitomi mit einem resignierten Blick auf Brisaeye zugeben. „Wir haben kein Recht, dort hinaus zu gehen, nicht wo Allen und Van gerade ihr Leben für uns riskieren…“ Merle bleckte kurz ihre Zähne, schluckte eine Bemerkung aber hinunter. Erneut erfüllte ein Knurren von Hitomi’s Magen den ganzen Raum. „Auch wenn das grade nicht sehr angebracht ist, aber wo kriege ich etwas zu essen her?“, fragte sie verlegen. „Ich besorge euch etwas…“, sagte Kobe sofort, wischte seine feuchten Hände an seinem Umhang ab und richtete sich auf. „Nein! Kobe! Wirklich nicht… Ich kann doch – “, begann sie. Kobe unterbrach sie mit ernstem Blick: „Sie bleiben hier… Ich habe Allen Shezar versprochen, zu helfen wo ich nur kann… Ihr seid am Ende eurer Kräfte, ich nicht… Also setzt euch hin und seid still!“ Hitomi ließ sich ohne Widerrede und vollkommen verblüfft zu Brisaeyes Fußende nieder, als Kobe auch schon aus dem Zimmer hinaus fegte. „Wow… So hab ich ihn ja noch nie erlebt…“, sagte sie ehrfurchtsvoll. Merle grinste bitter. In ihren dunkelblauen Katzenaugen funkelte der Schalk. „Tja, er nimmt seine Aufgabe eben sehr ernst…“ Hitomi wollte fast mit einem Lächeln erwidern, als Brisaeye plötzlich leidvoll aufstöhnte. Hitomi war sofort alarmiert. „Brisaeye? Hast du Schmerzen?“, fragte sie und kroch an ihr Kopfende, um ihr die Stirn zu fühlen. „Sie kocht, nicht wahr?“, fragte Merle hinter ihr. „Und wie…“, erwiderte Hitomi und machte sich daran, das Tuch zu wechseln. Merle ließ ein verärgertes Fauchen vernehmen. „Ich würde mich am liebsten raus schleichen… Ganz ehrlich… Ich bin mir sicher, dass in diesem Bunker drüber auch eine kleine Hausapotheke an Bord ist...“ Hitomi schüttelte den Kopf. „Tu’s nicht…“ Merle war jetzt neben ihr, Nora auf ihrem Schoß und funkelte Hitomi fast wütend an. „Ich bin es leid hier herum zu sitzen! Du glaubst doch wohl nicht allen Ernstes, dass Allen und Van gegen diese Kampfmaschinen ankommen! Ich will helfen! Und zwar zuallererst diesem Mädchen hier, die mit uns gekämpft hat…“, sagte sie leise. „Du hast schon genug getan, Merle…“, erwiderte Hitomi besänftigend und ein Bild des toten Kagou schoss ihr durch den Kopf. „Und du willst hier warten und essen, während Van da draußen stirbt? Danach sind wir an der Reihe, oder glaubst du etwa, dieser abscheuliche Baijne wird das hier nicht lieber eigenhändig beenden wollen?“ Hitomi knurrte jetzt ebenfalls, zwar nicht so bedrohlich wie ihre Katzenfreundin, aber dennoch ziemlich beeindruckend. Sie legte Brisaeye erneut das feuchte Tuch auf die Stirn und legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Merle… Denkst du ernsthaft, dass ich diese Situation hier gerade genieße?! Van ist da draußen! Er kämpft! Er könnte sterben! Und ich sitze hier, mit seinem Kind in mir! Ich muss auch daran denken! Ich wäre nicht hier drinnen, wenn dieses wunderbare, ungeborene Kind nicht wäre!“ Von der Tür erklang ein lautes, ohrenbetäubendes Klirren, das alle drei zusammenzucken ließ. Es war Kobe, zu seinen Füßen die zerbrochenen Reste eines voll beladenen Tablettes. Seine grauen, weisen Augen waren vor Schreck geweitet und auf Hitomi gerichtet. Er hatte den letzten Teil ihres Gespräches wohl mitgekriegt… „Ich… ich… hole sofort ein neues…“, stammelte und drehte sich mit wehendem Umhang wieder um. Merle musste nun wirklich lachen. „Da hast du dem alten Mann aber einen ganz schönen Schreck eingejagt!“ Hitomi konnte nicht anders, als in ihre Lachen mit einzustimmen, auch wenn es schon noch Sekunden wieder verebbte. „Ja… Der arme Kobe… Jetzt muss er sich auch noch Sorgen um einen ungeborenen Prinzen machen…“, säuselte sie. Brisaeye stöhnte wieder und griff auf einmal mit ihrer gesunden Hand nach Hitomi’s Handgelenk. Hitomi fuhr erschrocken zusammen, als Brisaeye’s Gesicht im nächsten Moment direkt vor dem ihren war und ihre weit geöffneten, schwarzen Augäpfel sie unheilvoll anstarrten. „Sie kommen…“, sagte sie leise. „Wer kommt?!“ Es war Merle, die das fragte und sich näher an Brisaeye heran lehnte. „Mein… Bruder…“ Kaum hatte sie die Worte mühevoll ausgesprochen, flatterten ihre Augen und sie fiel erschöpft wieder in ihr Kissen zurück. „Natürlich… Sie hört ihre Stimme in ihrem Kopf…“, schlussfolgerte Hitomi und starrte entsetzt zu Merle hinüber. „Ich hab’s doch geahnt…“, sagte diese und stand auf. Sie ließ Nora zu Boden gleiten und nickte Hitomi viel sagend zu. „Wenn dein Hunger noch etwas warten kann, dann komm mit mir… Ich will nicht mit ansehen, wie Allen’s Männer von diesem Volk abgeschlachtet werden…“ „Aber wie willst du das verhindern?“, hackte Hitomi nach und stand ebenfalls auf. Merle blickte grimmig zu ihrer Tochter hinunter, die Hitomi seit ihrer Vision nicht mehr hatte sprechen hören. Nora war jedoch wieder voll da. Ihre kristallenen Augen waren nicht mehr glasig, sondern tauschten sich gerade wissend mit denen ihrer Mutter aus. „Ich glaube, wir brauchen noch einmal die Hilfe von Nora…“, sagte Merle matt. In diesem Moment tauchte auch Kobe wieder in der Tür auf, mit einem Tablett voller Köstlichkeiten. Auch wenn es nur Suppe, kaltes Fleisch und Brot waren, Hitomi hätte alles mit größtem Genuss verzehrt… Doch stattdessen ging sie jetzt hinter Merle hinaus, mit einem letzten sorgenvollen Blick auf Brisaeye. Sie hoffte wirklich, das Mädchen würde überleben, damit sie sich bei ihr bedanken konnte… „Was – “, setzte Kobe verwirrt an. Merle sah ihn im Vorbeigehen finster an und sagte: „Ich hoffe, du kannst die Suppe noch ein wenig warm stellen…“ Hitomi rannte hinter Merle her, nicht ohne Kobe noch einen entschuldigenden Blick zu zuwerfen. Die Rampe, die aus dem Schiff hinaus führte, war nicht weit und sie hetzten mit dem dumpfen Klang ihrer Schritte darauf hinunter. „Das sieht nicht gut aus…“, hörten sie Seygon, Allens ersten Offizier zwischen zusammengebissenen Zähnen sagen, als sie neben ihm zum stehen kamen. Sie wussten natürlich schon was er meinte: Baijne und sein Anhang. Es war ein komisches Bild… Saygon und die Männer, geschützt vom Wetter unter dem Bauch der Crusardor, das Volk ein paar Meter vor ihnen, mitten im Sturm. Der Regen peitschte durch ihr Haar, ließ ihre spärliche Kleidung flattern. Saygon registrierte viel zu spät, wer neben ihm stand, wurde dennoch wütend. „Was macht ihr hier draußen?! Der Kommandant hat mir extra aufgetragen, euch zu beschützen, und zwar nicht hier draußen!“ „Das hättest du dir früher überlegen sollen…“, kommentierte Merle. „Mädchen!“, erklang es von einer altbekannten Stimme, welcher sich Hitomi nur widerwillig zuwandte. „Ihr steht schon wieder auf der falschen Seite, finde ich…“ Baijne grinste sie an, mit seiner gruseligen Art, genau in dem Moment, als ein Blitz erneut den Himmel durchzuckte. Das passende Wetter, um das Volk noch gefährlicher wirken zu lassen… „Ich finde, ich stehe hier genau richtig!“, erwiderte Hitomi laut. „Das werden wir ja noch sehen…“ Baijne machte mit seiner Hand eine kleine Bewegung, dann griffen sie an. Sie kamen von allen Seiten, aus dem Nirgendwo, so wie man es von ihnen erwartete und hieben mit ihren filigranen Schwertern und Dolchen auf Allen’s Männer ein. Der Kampf flammte auf und Merle zog Hitomi und Nora wieder ein Stück zurück auf die Rampe. Die Katzenfrau kauerte sich neben ihre Tochter und sah sie eindringlich an. „Du musst noch einmal helfen, Nora… Auch wenn ich dir immer sage, deine Kräfte nicht zu benutzen… Heute brauen wir sie!“ Nora nickte andächtig, die kristallene Augen wissend und lebendig. „Beschütze uns… Beschütze Van und Allen, seine Männer… Ich bitte dich!“, sagte jetzt auch Hitomi, deren Gedanken von Van vollkommen eingenommen waren. Nora nickte und lächelte. Van spürte plötzlich eine Art Erschütterung. Sein Schwert surrte durch die Luft und blieb im Boden stecken. Er hatte seinen Gegner verfehlt… Er rechnete schon mit dem tödlichen Stich von hinten, doch es kam nichts. Schnell zog er seine Waffe wieder aus dem Morast und drehte sich zögerlich um, schwer atmend und nun am ganzen Körper schwitzend. Aber der Gymilef… griff nicht an… Er versuchte es, aber es sah eher aus, als würde er eine Tanzchoreografie einstudieren wollen, als wirklich gefährlich zu werden… Es sah aus, als würde ihn etwas blockieren… Natürlich! Er hatte diese Erschütterung schon einmal erlebt! Irgendetwas griff gerade wieder in den Fluss der Zeit ein, wenn er auch immer noch nicht herausgefunden hatte was... Diese ihm unbekannte, aber scheinbar hilfreiche Macht war stark, so stark, dass dieser riesenhafte Gymilef ihm nichts anhaben konnte. Auch als er sich in Richtung Allen wandte, sah er das Gleiche: Die beiden Gymilefs, die sich über Sheherazade hergemacht hatten, konnte ihr nichts mehr anhaben… Jedoch war Allen bereits verletzt… Er hatte vor ein paar Minuten seinen schmerzverzerrten Aufschrei vernommen, hoffte aber inständig, dass es nichts Lebensbedrohliches war…. So sicher wie Allen seinen stählernen Gefährten aber noch führte, konnte es nichts drastisches sein. Wichtiger war jetzt, zu handeln. Sie waren den Gymilefs im direkten Kampf zu zweit eindeutig unterlegen… „Allen!“, brüllte Van aus Leibeskräften. „Lass uns ein bisschen Fangen spielen!“ Hitomi war erneut aufs Tiefste beeindruckt von Nora’s Fähigkeiten. Baijne und seine Leute konnten nichts tun. Sie griffen immer wieder an, lösten sich auf, tauchten ein paar Meter versetzt wieder auf, aber es half nichts: Um das Schiff herum war eine art unsichtbare Mauer, nicht zu durchbrechen. „Wie lange kann sie es aushalten?“, fragte Hitomi und sah besorgt auf Nora hinab, deren Augen ins Leere blickten, ihre Hand fest in der ihrer Mutter. „Nicht sehr lange… Sie greift an mehreren Stellen in das Geschehen ein… In ein sehr impulsives Geschehen… Es kostet sie viel Kraft….“ „Wie lange?“, wollte jetzt auch Saygon wissen, dessen Männer vor Staunen immer noch mit offenen Mündern herum standen. „10 Minuten… Maximal…“ Hitomi nickte. „Ich werde an Deck gehen… Vielleicht habe ich dort einen besseren Blick auf Van…“ Sie hob ihre Röcke an und beeilte sich, ihren Plan umzusetzen. Als sie die Tür zum Deck öffnete, peitschte ihr erneut der Regen entgegen. Heute würde sie wohl nicht mehr richtig trocken werden… Sie versuchte ihre Augen abzuschirmen und irgendetwas über den Klippen zu erkennen… Aber der Sturm schien nur noch schlimmer geworden zu sein: Die grauen Wolken hingen tiefer über der Insel, es blitze und donnerte ohne Unterbrechung und der dichte Regen verschlechterte die Sicht. Hitomi arbeitete sich Schritt für Schritt zur Reling vor, als sie auf einmal doch etwas sah… Zwei Schatten, die sich bewegten…. Wie zwei Schemen flogen sie durch die Luft, zogen einen weiten Bogen, weg von Hitomi, tiefer ins Land hinein. Vielleicht hatte Van die Zeit genutzt, um dem Drachen ein wenig Auslauf zu geben? Sie anderen zaibacher Gymilefs schienen ebenfalls in Bewegung zu geraten… Jedenfalls befanden sie sich nicht mehr an ihrem vorherigen Posten. Hitomi griff eilig nach der Reling und wurde unerwartet in eine Vision geschleudert. Das Altbekannte Gefühl von einen riesigen Gewicht an den Füßen zog sie nach unten in schwarzes Nichts, nur um sie dann mitten in der Luft wieder auszuspucken. Himmel. Wolken. Regen. Der Ort ihrer Vision unterschied sich kaum von der Realität. Doch was gab es hier außerdem zu sehen? Über ihr hingen graue Regenwolken, unter ihr tobte der Ozean. Aber links von ihr schienen sich die Wolken zu verdichten… Sie waren schwärzer… Es blitze und donnerte dort… Da waren auch Klippen zu sehen… Der Sturm! Der Sturm über der Insel! Hitomi sah ihn aus einer anderen Perspektive! War das schon alles? Der Inhalt dieser Vision? Noch als sie das fragte, zog mit einem ohrenbetäubenden Lärm ein Flugschiff direkt an ihrer Nase vorbei. Sie blickte nach rechts und da waren noch mehr! 10, 20, 50… Sie konnte sie nicht alle zählen… Flugschiffe, viele Flugschiffe! Direkt im Anflug auf die Insel… Hitomi rannte zurück, so schnell sie konnte. Die Treppe hinab, durch den Gang, die Rampe hinab. Keuchend kam sie vor Merle und Nora zu stehen. „Nora!“, rief sie. „Du musste noch etwas länger durchhalten! Bitte!“ „Was ist los?“, fragte Saygon argwöhnisch. „Wir bekommen jeden Moment Verstärkung…“ -------------------------------------------------- Nachwort: wie bei vielen anderen kapiteln zuvor: Entschuldigt eventuelle Reichtschreibfehler oder sonst was, es wurde nicht beta-gelesen. ausser von mir selbst und als autor überliest man selbst gern mal ein paar sachen... so, das kapitel war ursprünglich noch viel länger geplant, aber es is grad ne gute stelle zum aufhören... wird jetzt quasi einfach in zwei geteilt... ^^ es war mal wieder interssant zu sehen, wie eigenständig die charaktere handeln und sprechen... ich musste gar nicht viel tun, sie haben einfach alleine die geschichte weitergesponnen... gruselig... ^^ ach ja: mir ist gerade heute ein Fehler aufgefallen. Die Ankunft von Dryden und Co. habe ich ja eigentlich schon in kapitel 37 erwähnt, wer sich erinnert. das war eigentlich falsch... ein versehen! ^^ ich hab diesen kurzen Teil, aus kobe's Perspektive, auch grade raus gelöscht, also falls dies jemandem aufgefallen sein sollte, jetzt ist alles richtig. erstes auftauchen in diesem kapitel, bzw. in hitomis vision. auftauchen im nächsten dann. also. ich bemühe mich, schnell weiter zu schreiben... (aber erst nachdem ich Zettai Kareshi durchhab... ^^) über kommis und andere schöne dinge würde ich mich natürlich wieder sehr freuen... (kritik natürlich auch sehr willkommen... ich bin eigentlich nicht so zufrieden mit meiner schreiberei in letzter zeit...) mata ne, Chiyo Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)