Devil's Blood von Anshie ================================================================================ Kapitel 27: Final Battle ------------------------ „Du hast wohl immer noch nicht genug“, sagte Garasu, als er Yue in der großen Eingangshalle erreichte. Yue drehte sich um, sagte jedoch nichts. „So stehen wir uns also erneut gegenüber“, fuhr Garasu fort und ging auf ihn zu. „Aber diesmal wird unser Kampf anders enden. Du weißt, dass ich dich für meine Zwecke lebend brauche. Also, wieso gibst du nicht einfach auf?“ Wieder erhielt er keine Antwort. „Willst du nicht wissen, was mit deinem Bruder passiert ist?“ „Toya!“, schoss es Yue durch den Kopf. „Wo ist er?“, sagte er mit tiefer Stimme. Garasu deutete mit dem Zeigefinger nach oben. „Wenn du jetzt brav bist, wirst du ihn vielleicht sogar wieder sehen. Ihr könntet euch ja eine Zelle teilen. Was meinst du?“ Yue wusste nicht, was er tun sollte. Hatte er überhaupt eine Chance gegen Garasu zu gewinnen? Oder sollte er einfach fliehen? Nein, er konnte Toya und die anderen nicht im Stich lassen. „Wie ich sehe, willst du immer noch nicht aufgeben?“, sagte Garasu grinsend und richtete die Spitze des Kreuzstabes auf Yue. „Dann lass uns dieses Spiel beenden!“ In der Zwischenzeit standen Subaru, Mariko und Riku einem ebenfalls mächtigen Gegner gegenüber. Ichiro war ein Magier. Man konnte nie wissen, welche Tricks er auf Lager hatte. „Wie lächerlich“, schnaubte Ichiro. „Denkt ihr wirklich, ihr hättet auch nur die geringste Chance gegen mich? Eure einzige Stütze, Hiro, der ebenfalls ein Magier ist, hab ihr gehen lassen.“ Riku ließ ihre Wurfsterne, die noch im Türrahmen steckten, zu sich zurück fliegen. Ichiro wich zur Seite, als die Wurfgeschosse an ihm vorbei zischten. Dann fuhr er fort: „Obwohl ihr selbst mit ihm keine Chance gehabt hättet. Im Gegensatz zu ihm bin ich nämlich bei voller Stärke.“ „Na da bin ich mal gespannt!“, schrie Subaru und ging auf Ichiro zu. Er holte aus und - traf mitten ins Leere. Er stolperte und schaffte es gerade noch das Gleichgewicht zu halten. Als er sich umdrehte, sah er wie Ichiro hinter ihm wieder aufgetaucht war. Er grinste siegessicher. „Mit solch primitiven Methoden wollt ihr mich besiegen? Das ich nicht lache!“ Und prompt löste er sich erneut in Luft auf. Nur wenige Sekunden stand er plötzlich hinter Mariko. „Mariko!“, schrie Riku. „Pass auf!“ Doch es war schon zu spät. Noch bevor Mariko hatte reagieren können, hatte Ichiro sie auch schon von hinten festgehalten. Zum Glück hatte Mariko vorher, als sie zu Toya geeilt war, ihren Dolch aus der Wand gezogen und hielt ihn nun angriffsbereit in der Hand. Sie musste nur kurz nach hinten ausholen. „Aah“, schrie Ichiro und ließ sie los. Als Mariko sich umdrehte, sah sie, dass sie ihn an der Seite verwundet hatte. Doch der Ausdruck des Schmerzes auf seinem Gesicht hielt nicht lange an. Grinsend hielt er die Hand über die Wunde an seiner Hüfte. Mit einem fahlen Leuchten schloss sich die Wunde daraufhin wie von selbst. „Waas?“, schrie Mariko. „Er kann sich heilen?“ In Gedanken fügte sie hinzu: „Aber wie sollen wir ihn aufhalten, wenn er sich immer wieder heilen kann?“ In diesem Moment kam Riku eine Idee. „Subaru!“, schrie sie. „Greif ihn an!“ Subaru blickte sie kurz fragend an, zögerte dann jedoch nicht länger, obwohl ihm nicht ganz klar war, was Riku damit bezwecken wollte. Erneut griff er seinen Gegner an. Und wieder wich Ichiro ihm geschickt aus. Doch plötzlich riss er die Augen auf. Hinter ihm stand Riku. Um Ichiros Handgelenke, die sie ihm auf den Rücken gedreht hatte, befanden sich orange leuchtende Ketten. Riku hielt ihre Hände in wenigen Zentimetern über Ichiros, um ihren Zauber besser unter Kontrolle zu haben. „Was...?“, stotterte Ichiro. „Hiro ist nicht der einzige Magier, vor dem du dich in Acht nehmen solltest“, sagte Riku stolz. Da sie selbst eine Magierin war, hatte sie schnell durchschaut, dass Ichiro für jeden seiner Zauber seine Hände brauchte. „Du kannst mich nicht aufhalten!“, schrie Ichiro und versuchte, einen Gegenzauber einzusetzen. Doch die magischen Fesseln lähmten seine Kräfte. „Subaru!“, schrie Riku und schleuderte Ichiro gegen die Wand, ohne ihn dabei ein einziges Mal zu berühren. „Halt ihn fest! Ich kann nicht mehr lange!“ Subaru rannte zu Ichiro und hielt seine Hände über seinem Kopf fest an die Wand gedrückt. „Los Mariko! Benutz deinen Dolch!“, forderte Riku, der von der Anstrengung des Zauber schon die Schweißperlen auf der Stirn standen, Mariko auf. „W... was?“, stotterte diese und blickte verunsichert auf den Dolch in ihrer Hand. „A... aber er kann sich doch heilen!“, sagte sie. „Du musst ihn an den Händen treffen!“, erklärte Riku ihr. „Waaas?“, schrie Mariko. „Ich soll ihm die Pulsadern aufschlitzen?“ Sie sah ziemlich angewidert aus. „Beeil dich!“, rief Subaru ihr zu. Er sah, dass Riku sich schwer tat, den Zauber aufrecht zu halten. Ichiros Kräfte waren groß. „Damit kommt ihr nicht durch!“, schrie er und spreizte die Finger. Wieder misslang ihm sein Gegenzauber. „Okay“, sagte Mariko zögernd und ging zu Ichiro und Subaru, der ihn fest hielt. Sie holte aus und kniff dabei die Augen zusammen. Sie hörte Ichiro aufschreien. Subaru ließ ihn los, woraufhin er sofort zu Boden fiel. Mariko drehte sich um, ohne die Hände herunter zu nehmen und steuerte auf die Tür zu. Riku musste sie an der Hand nehmen, damit sie nicht gegen die Wand knallte. Als sie den Raum verlassen hatten, schloss Subaru hinter ihnen die Tür. Erst jetzt nahm Mariko die Hände herunter. Es hatte ihr gereicht, ihn schreien zu hören. Sehen musste sie das nun wirklich nicht auch noch. „Iiiih, also sauber machen will ich da drin nicht unbedingt“, meinte Riku. „Los, wir müssen zu den anderen“, sagte Subaru und rannte über den Flur. Toya und Hiro erreichten die große Halle. „Yue!“, rief Toya, seinem Bruder zu, und rannte die Treppe schneller herunter, als sein Zustand es ihm erlaubte. Garasu unterbrach seinen Kampf mit Yue und wandt sich Toya und Hiro zu. „Es hätte mich gewundert, wenn ihr nicht gekommen wärt“, sagte er grinsend und wirkte keineswegs, als würde es ihn stören, dass er nun noch mehr Gegner hatte. Er streckte die Hand nach Toya aus. Hiro riss Toya zur Seite, weil er mit einem von Garasus Magieangriffen rechnete. Doch stattdessen geschah etwas mit dem Raum hinter den beiden. Die Treppe verschwamm und der Raum begann sich allmählich völlig zu verzerren. „Ich habe diesen Ort in eine andere Dimension verlegt“, erklärte Garasu und ließ die Hand sinken. „Euere Freunde können hier jetzt nicht mehr hinein und ihr auch nicht mehr hinaus.“ Toya blickte auf die Umgebung hinter sich. Es sah aus, wie das Universum, wie eine Art schwarzes Loch. Er ging ein paar Stufen weiter die Treppe herunter. Er hatte mehr Angst, in dieses Loch zu stürzen, als davor, Garasu näher zu kommen. „Jetzt hab ich euch alle endlich da, wo ich euch haben wollte“, sagte Garasu. „Ich muss mich nur noch kurz um Yue kümmern, dann seid ihr dran. Es wird nicht mehr lange dauern.“ Und damit wandte er sich wieder Yue zu. Doch Sekunden vorher hatte dieser zum Schlag ausgeholt. Garasu wich zurück, als er die Klinge des Schwertes auf sich zukommen sah, doch er schaffte es nicht mehr auszuweichen. Die Klinge traf ihn am Hals. Garasu fasste sich mit der Hand an die besagte Stelle. Er lächelte. „Yue, Yue, Yue“, seufzte er. „Du musst noch viel lernen.“ Er tippte mit dem Finger an eine bestimmte Stelle am Hals. „Du musst die Hauptschlagader treffen“, meinte er. „Sonst bring es doch gar nichts.“ Er holte ebenfalls aus, und versuchte Yue an eben dieser Stelle zu treffen, doch Yue parierte den Schlag mit seinem Schwert. Toya wollte seinem Bruder zu Hilfe eilen, doch Hiro hielt fest. „Warte“, sagte er. „Jetzt da planlos hin zu rennen, wäre sinnlos.“ Widerwillig blieb Toya stehen. Er wusste nicht wieso, aber er spürte, dass Garasu geschwächt war. Seine Aura war schwächer, als vorhin, als ER gegen ihn gekämpft hatte. Yue sah zwar auch ziemlich übel zugerichtet aus, aber Garasus lockeres Gemüht war eindeutig nur Fassade. Er wollte nicht, dass jemand merkte, dass auch er erschöpft war. Doch Toya spürte es ganz sicher. Nur, war er schwach genug, dass Yue ihn besiegen konnte? Es blieb ihm wohl nicht anderes übrig, als abzuwarten. Währenddessen erreichten Subaru, Mariko und Riku die Treppe. „Was ist das denn?“, fragte Riku, rannte voraus und blieb kurz vor dem verzerrten Raum stehen. Sie streckte den Zeigefinger aus und berührte schon fast das Dimensionsloch. Doch im letzten Moment zerrte Subaru sie zurück. „Pass gefälligst auf!“, fuhr er sie an. „Garasu muss den Raum verzerrt haben“, sagte er. „So kommen wir da niemals durch.“ „Na toll“, schnaufte Mariko. „Und was jetzt?“ Zur gleichen Zeit war der Kampf zwischen Garasu und Yue in vollem Gange. Und plötzlich geschah es: Yue wurde von Garasu getroffen und knallte mit dem Rücken auf den harten Steinboden. Das Schwert schlitterte klirrend über den Boden. Garasu schritt auf Yue zu und hielt ihm die Spitze des Kreuzstabes an den Hals. „Eine falsche Bewegung“, sagte er grinsend. „...kann manchmal schon tödlich sein, wie du siehst.“ „Yue!“, rief Toya und ging zögernd ein paar Schritte nach vorn. „Toya!“, sagte Hiro eindringlich und wollte ihn erneut zurück halten. Garasu holte mit dem Kreuzstab aus. Toya rannte los. „YUE!“, schrie er. Doch er erreichte ihn nicht mehr rechtzeitig. Der Stab bohrte sich in Yues Brust. „NEIN!“, schrie Toya. Als er Garasu erreichte, zog dieser blitzschnell den Stab aus Yues Körper, fuhr herum, und... „TOYAAA!“, schrie Hiro. Toya spürte einen Schmerz, unterhalb der Brust. Für einen Moment dachte er, ein klirrendes Geräusch zu hören. Oder hatte er sich das nur eingebildet? Alles begann sich zu drehen. Die große Halle verschwamm vor seinen Augen. Es tat weh. Was genau wehtat, wusste er nicht. Was war geschehen? Hatte Garasu ihn getroffen? Er sah das schwarze Loch am Treppenabsatz. Es kam ihm vor, als würde er hineinstürzen. Er verlor das Gleichgewicht und sank in die Knie. Er spürte noch, wie er seine Hände zu der schmerzenden Stelle führte. Er wollte nach unten blicken und sehen, was passiert war. War er schwer verwundet? Ob er so noch gegen Garasu kämpfen konnte? Doch noch bevor er die Antwort erfuhr, fielen ihm auch schon die Augenlieder zu. „TOYAAA!“ Hiro rannte so schnell er konnte zu Toya. Kurz bevor er ihn erreichte, stolperte er und fiel vor ihm auf die Knie. „Toya“, schrie er wieder. Er spürte, wie sein ganzer Körper zitterte. Seine Augen waren aufgerissen und ihr glasiger, verzweifelter Blick fiel auf Toya herab. Was war gerade geschehen? Er wusste es nicht. Er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Nur im Unterbewusstsein hörte er das Lachen seines Feindes hinter sich. Er sah, wie er seine zitternde Hand zu Toyas Wange gleiten ließ. Dass er selbst für diese Bewegung verantwortlich war, nahm er gar nicht mehr war. Kurz bevor seine Hand die blasse Haut berührte, hielt er inne. Er griff nach dem Kreuzstab, der neben Toya auf dem Boden lag, fuhr herum und holte aus. Mit einemmal verstummte Garasus Gelächter. Seine Augen weiteten sich. Der Mund stand ihm ebenso offen, wie Hiro. Ein blutroter Faden legte sich quer über seinen Hals. Hiro wusste nicht was geschehen war. Hatte er ihn etwa getroffen? Garasus Pupillen wanderten nach unten. Er hob die Arme hoch, als müsse er testen, ob sein Körper ihm noch gehorchte. Doch plötzlich kippte sein Kopf nach hinten. Das blutige Fleisch kam mitsamt den Knochen zum Vorschein. Die letzten Hautfäden wurden vom Gewicht des Schädels durchtrennt. Und der Kopf fiel leblos zu Boden. Erst langsam lockerten sich die angespannten Muskeln und die Arme sanken an den Seiten des Körpers herab. Und wenige Sekunden später verlor auch der Körper das Gleichgewicht und fiel in sich zusammen. Hiro starrte wortlos ins Leere. Er konnte es nicht fassen. War Garasu tot? War es wirklich vorbei? Der Raum um ihn herum begann sich zu verformen. Die Treppe nahm allmählich wieder ihre ursprüngliche Form an. Bis letztendlich alles wieder so aussah wie vorher. Hiro ließ den Kreuzstab fallen. Mit einem Scheppern landete er auf dem Boden. Mit noch immer offenstehendem Mund drehte Hiro sich zu Toya um und ließ sich erneut auf die Knie fallen. Er blickte ihn wortlos an, als wartete er darauf, dass Toya die Augen öffnen würde. „Hey“, flüsterte er. Wieder wanderte seine Hand zu Toyas Wange. Doch diesmal hielt er nicht inne. Wie kalt sich seine Haut anfühlte. Noch viel kälter als sonst. Er sah so blass aus. „Es... ist vorbei“, wisperte Hiro. „Du kannst die Augen jetzt wieder aufmachen.“ Eine Träne tropfte auf Toyas Hals. „Los, mach die Augen auf!“ „Hi...ro“, hörte er plötzlich eine Stimme. Rasch blickte er auf. Er sah, wie Yue sich gerade auf die Beine zog. Er war also nicht tot! Anscheinend nur schwer verletzt. „To...ya“, keuchte er. „Was... ist mit ihm?“ Hiro antwortete nicht. Yue richtete sich auf und wollte zu ihm und Toya herüber gehen, doch zirka einen Meter vor ihnen brach er erneut zusammen und blieb am Boden knien. In diesem Moment kamen Mariko, Subaru und Riku die Treppe herunter gestürmt. „Yue!“, schrie Mariko. „Masa! Alles okay?“ Als sie Toya am Boden liegen sah, blieb sie schlagartig stehen. „Toya“, fiepte sie. „Was... ist passiert?“ Wieder antwortete Hiro nicht. Er sah sie nur für einen Moment, verzweifelt nach Hilfe suchend an, bevor er sich wieder Toya zuwandte. Subaru erblickte Garasus Leiche, drehte sich dann jedoch angewidert weg und stellte sich möglichst so hin, dass Mariko und Riku dieser Anblick erspart blieb. „Toya!“, schluchzte Hiro und beugte sich noch näher zu ihm herunter. „Hey, verarsch mich nicht! Los, mach endlich die Augen auf!“ Mariko hielt sich die Hände vor den Mund. „Nein“, wisperte Hiro und legte den Kopf auf Toyas Brust. „Nein, du darfst jetzt nicht tot sein. Bitte, Toya...“ Er krallte die Arme in Toyas zerrissenes, blutverschmiertes Hemd. „NEIN!!!“ Sein Schrei hallte in den hohen Gemäuern wieder. „Wenn... wenn du jetzt tot bist,... wofür hab ich denn dann gekämpft? Soll das etwa alles umsonst gewesen sein?“ Während er sprach wurde seine Stimme immer leiser. Er drückte sich noch fester an Toyas Körper. „Bitte, mach die Augen auf! Toya, bitte...“ ... „Ich... liebe dich!“ flüsterte er letztendlich. „Ich... liebe dich so sehr. Ich... hab doch immer nur gelebt, um dich zu beschützen! Das kann nicht alles umsonst gewesen sein!“ Sekunde für Sekunde kam ihm immer wieder neu dieser eine unerträgliche Gedanke. „Wenn er tot ist,...“ „Wenn ich ihn nie wieder sehen werde,... nie wieder seine Stimme hören,... nie wieder sein Lächeln sehen,... ihn nie wieder berühren können werde... nie wieder... nie wieder... NIE WIEDER!!!“ „TOYAAA!“ Mariko zuckte zusammen, als sie Hiro wieder schreien hörte. Er schlug mit der Faust neben Toyas Gesicht auf den Boden. Blut quoll aus mehreren Wunden an seinen Knöcheln. Er krallte die Finger noch fester in Toyas Hemd. Der Stoff unter seiner Wange wurde feucht von seinen Tränen. „Toyaaa...“ Sein Schrei ging in lautes Schluchzen über. Und für ein paar Minuten herrschte vollkommene Stille. Nichts war zu hören. Nichts, außer diesem verzweifelten Schluchzen. Plötzlich spürte Toya etwas. Es tat weh. Seine Beine taten weh, da wo Garasu sie ihm aufgeschlitzt hatte. Sein ganzer Körper. Er hörte Hiros Stimme. „Toya.“ Er wusste nicht ob es real war. Es war wie im Halbschlaf, wenn man nicht wusste, ob etwas wirklich geschah, oder ob man es nur träumte. Aber selbst wenn er träumte. Das bedeutete immerhin dass er noch lebte. Oder... nicht? Was war eigentlich passiert? Garasu hatte ihn getroffen, oder? Und dann? Er erinnerte sich nicht. Er spürte das Gewicht von Hiros Kopf auf seinem Bauch. Spürte, wie sich etwas in die Ärmel seines Hemdes krallte. Und dann öffnete er die Augen. Über ihm erblickte er die Decke der riesigen Halle. Er erkannte die alten Zeichnungen, die dort oben vor langer Zeit angemalt worden waren. Das fahle Licht schien durch die hohen Fenster auf ihn herab. Es musste Abend sein. Der Himmel war blutrot. Er senkte den Kopf und sah Hiro, der weinend auf ihm lag. Er versuchte den Arm zu heben, doch der dabei entstehende Schmerz zwang ihn dazu, die Bewegung einzustellen. „Masa“, flüsterte er mit geschwächter Stimme. Hiro zuckte erschrocken zusammen. Rasch hob er den Kopf. Für ein paar Sekunden blickte er stumm in Toyas Augen, die ihn lächelnd ansahen. Er wusste nicht, was er in diesem Moment dachte. Wortlos fiel er Toya um den Hals und weinte. Noch immer hielt Mariko sich die Hände vor den Mund. Tränen liefen über ihr Gesicht. Doch nun weinte sie vor Freude. „Es tut mir leid“, schluchzte Hiro. „Ich bin ein miserabler Bodyguard.“ Mit letzter Kraft legte Toya die Arme um Hiro. Es tat weh, bei jedem Zentimeter, den er versuchte, sich zu bewegen, doch das war ihm egal. „Du bist nicht mein Bodyguard“, sagte er leise. „Du bist mein bester Freund und das ist alles was zählt.“ Wortlos krallte Hiro sich noch mehr an Toya. „Au!“, stöhnte dieser. „Oh, hab ich dir weh getan?“, fragte Hiro besorgt und ließ ihn sofort los. „Tut mir leid!“ Toya lächelte nur. „Ist... schon gut“, seufzte er. „Es ist vorbei“, weinte Hiro. „Es ist vorbei. Garasu ist tot.“ Erst jetzt erblickte Toya die Leiche ihres Feindes am Boden. Doch er empfand kein Glück darin. Weder freute er sich über seinen Tod, noch tat er ihm leid. Nein, da war nichts. Keine einzige Empfindung. Weder Hass, noch Mitleid. „Toya“, meldete Yue sich nun zu Wort. Toya drehte sich um. „Yue!“, schrie er glücklich. „Du lebst!“ Er rutschte mehr oder weniger auf dem Boden zu Yue herüber und fiel ihm in die Arme. „Bin ich froh!“, keuchte er. „Ich dachte schon, ich hätte dich verloren.“ „Und ich dachte, ich hätte DICH verloren“, erwiderte Yue erleichtert. „Ich bin froh, dass du lebst, Brüderchen.“ „Und ich erst!“, mischte Mariko sich ein und Riku fügte hinzu: „Ich auch! Ich auch!“ Dann stürmten beide gleichzeitig auf ihn zu und umarmten ihn. „Au!“, stöhnte Toya. „Ups“, sagte Mariko und ließ Toya los. „Entschuldige!“ Nun kam auch Subaru auf sie zu. „Du siehst nicht so aus, als würdest du noch viel mehr Umarmungen aushalten“, meinte er lachend. „Also verschieben wir das wohl lieber auf später.“ „Toya“, meldete sich Hiro nun wieder zu Wort. „Sag mal, wie hast du das eigentlich überlebt?“ „Er hat Recht“, stimmte Yue ihm zu. „Wie es scheint hat Garasu dich frontal getroffen. Selbst ein Dämon hätte das niemals überleben können.“ Toya blickte an sich herunter und zog etwas an einer Kette hervor. „Das Artamilya?“, schrien alle gleichzeitig überrascht. „A...aber ich dachte, Garasu hat...?“, begann Yue verwirrt. „Ich habe es ihm in unserem Kampf abgenommen“, erklärte Toya stolz. Der Kristall in der goldenen Fassung war in unzählige Splitter zerbrochen. Subaru legte nachdenklich den Finger ans Kinn. „Die Macht des Steines muss den Stoß abgefangen haben“, schlussfolgerte dann. „Aber jetzt ist er kaputt“, seufzte Riku. „Das ist vielleicht auch besser so“, fand Yue. „Das Artamilya war viel zu mächtig und somit zu gefährlich.“ Plötzlich wurde Toya schwindelig und er geriet ins Schwanken. Hiro nahm ihn in den Arm und hielt ihn fest. „Wir sollten ihn so schnell wie möglich nach Hause bringen“, sagte er zu den anderen. „Ja“, seufzte Riku. „Dann heißt es jetzt wohl Abschied nehmen.“ Toya blickte sie einen Moment lang fragend an. Dann fiel es ihm wieder ein. „Stimmt ja, du bleibst hier in der Dämonenwelt.“ „Jep“, sagte Riku strahlend. „Aber keine Sorge. Wir werden uns ganz sicher wieder sehen.“ Toyas Blick fiel auf Subaru. „Schau mich nicht so an“, maulte dieser. „Ich begleite euch. Yue kann mich später auch noch zurück bringen. Dazu reichen selbst die Splitter des Artamilyas noch aus.“ „Also los!“, sagte Hiro und ließ sein Katana erscheinen. Riku schritt ein Stück zurück. „Tor zur Galerie der Zeit, öffne dich!“ Die Spitze des Katanas wurde in den Boden gerammt. Riku sah, wie ihre alten und neu gewonnenen Freunde in dem grellen Licht verschwanden. Sie winkte lächelnd, obwohl sie sicher war, dass die anderen das durch das Licht hindurch schon nicht mehr sehen konnten. Im Stillen liefen Tränen über ihr Gesicht. Und ehe sie sich versah war sie alleine im Königspalast. Sie ging zum großen alten Tor und zog es auf. Die Tür öffnete sich mit einem lauten Knarren. Als sie draußen auf dem Berg stand, sah sie, dass die Sonne blutrot hinter dem Schloss verschwand. Sie blickte zum Himmel. „Papa“, sagte sie leise. „Ich habe tapfer gekämpft.“ Sie richtete den Blick auf den Berg, den sie nun nach unten ins Dorf gehen musste. Hiermit war ihr Abenteuer beendet und sie würde nach Hause zurückkehren. Mit neu gewonnenen Erfahrungen und vor allem mit vielen neuen Freunden. „Papa, ich hoffe, du bist stolz auf mich!“, rief sie, blickte dabei ein letztes Mal nach oben und hob die Hand zum Himmel, als wolle sie etwas weit entferntes erreichen. Dann machte sich dann auf den Weg. Hiro landete unsanft auf dem Hintern und rutschte die oberste Treppenstufe herunter. Er schaffte es gerade noch, sich am Geländer festzuhalten. „Alle heil angekommen?“, hörte er Subaru fragen. Er stand auf und sah sofort, dass Yue den bewusstlosen Toya auf den Armen trug. „Keine Sorge“, beruhigte Yue ihn. „Er ist nur ohnmächtig.“ Und damit ging er den Flur entlang, stieß mit dem Fuß die Tür zu Toyas Zimmer auf und legte ihn dort aufs Bett. Hiro, Mariko und Subaru folgten ihm. „Es geht ihm sicher bald wieder besser“, sagte Yue. „Und was ist mit dir?“, fragte Mariko und wandte sich dabei Yue zu. „Du bist doch auch verletzt.“ „Ach was“, meinte Yue und winkte mit der Hand ab. „Mir geht’s prima.“ „Ach ja?“, fragte Subaru und stupste ihm mit dem Ellbogen in die Seite. „AUA!!!“, schrie Yue und verzog das Gesicht. Subaru grinste. „Klar, SO prima geht’s dir.“ Er packte ihn am Arm und schleifte ihn zur Tür hinaus. „Wir gehen jetzt nach Hause und da ruhst du dich gefälligst aus!“, schimpfte er. „Komm Mariko!“ Mariko blickte abwechselnd zu Toya, dann wieder zur Tür, bevor sie entschied, dass es wohl an der Zeit war, Hiro und Toya jetzt alleine zu lassen. „Ähm“, sagte sie. „O...okay, ich komme!“ Und damit folgte sie Yue und Subaru. „Kümmere dich gut um Toya!“, hörte Hiro sie noch rufen. Dann wurde unten die Haustür zugeschlagen. Gerade als Hiro sich auf die Bettkante setzte, öffnete Toya die Augen. „Hey“, sagte er mit zaghafter Stimme. Hiro drehte sich um. Toya lächelte. „Alles klar, Kumpel?“, fragte er. Hiro musste ebenfalls lächeln. „Ouh Mann“, seufzte er. „Du hast vielleicht Nerven.“ Toya drückte sich mit den Armen am Bett ab und setzte sich wenigstens halbwegs aufrecht hin. Dann legte er den Kopf an Hiros Rücken. „Garasu hat gesagt, ich könnte die Macht des Artamilya gar nicht einsetzten“, begann er. „Aber ich finde, ich habe sie bestmöglich eingesetzt, oder?“ „Ja, allerdings“, stimmte Hiro ihm zu. „Immerhin hat es dir das Leben gerettet.“ Für ein paar Sekunden saßen sie schweigend so da. Dann fasste sich Hiro ein Herz. „Es tut mir leid“, flüsterte er und ließ den Kopf hängen. „Was denn?“, wollte Toya wissen. „Ich hab dir versprochen, dass dir nie wieder jemand wehtun wird. Aber ich konnte dich wieder nicht beschützen.“ „Unsinn“, antwortete Toya. Erst jetzt drehte Hiro sich zu ihm um. „Ohne dich wäre ich jetzt ganz sicher tot. Du warst es, der Garasu besiegt hat. Für mich bist DU der größte Held von allen.“ Hiro lächelte. Als eine Träne über seine Wange glitt, fragte Toya tröstend: „Hey, was ist los?“ „Wieso weinst du?“ „Na, dreimal darfst du raten!“, lachte Hiro und rieb sich die Augen. Er nahm ihn in die Arme und drückte ihn sanft an sich. Dann schloss er die Augen und küsste Toyas Lippen. Wortlos erwiederte Toya seinen Kuss. Er legte die Arme um Hiros Rücken. Dann fielen sie zusammen nach hinten aufs Kissen. Es war bereits Nacht geworden. Yue stand in seiner Wohnung am Fenster und blickte in den wolkenlosen Sternenhimmel. Er trug einige Verbände, die Subaru ihm größtenteils schief gewickelt hatte. „Diesmal ist er endgültig tot, oder?“, fragte plötzlich eine Stimme hinter ihm. Ohne sich umzudrehen antwortete Yue: „Ja, ganz sicher. Hiro hat ihm den Kopf abgeschlagen. Das überlebt nicht mal ein Dämon wie Garasu.“ Subaru trocknete sich mit einem Handtuch die nassen Haare ab. Offenbar war er gerade aus der Dusche gekommen. „Aber irgendetwas hast du doch noch vor, oder?“, meinte er grinsend. „Ich kenn dich doch.“ „Ja“, seufzte Yue lächelnd. „Meine Aufgabe... ist noch nicht ganz erfüllt...“ ~tbc~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)