Zum Inhalt der Seite

Hinter dem Horizont

Neuer Anfang in einer fremden Welt
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 18

Meist belehrt erst der Verlust über den Wert der Dinge. (Schopenhauer)
 

Kapitel 18
 

Alle Steine zu besitzen und dann für immer aus Mittelerde zu verschwinden, war einfach eine grandiose Vorstellung, aber wer garantierte mir, dass ich auch wirklich wieder zurückkehren konnte? Wenn der Aquamarin einen zweiten Wunsch von solchen Ausmaßen nicht erfüllen konnte? Oder noch schlimmer: wenn ich hier sterben würde? Dann konnte ich mir die Heimreise wirklich abschminken.

Aber die gruseligste Vorstellung war immer noch die, wegen einem Kerl hier zu bleiben. Pah, ich würde doch nicht wegen diesem Obermacho in dieser verrückten Welt bleiben! Niemals, der konnte mich einmal kreuzweise!

Und wieso dachte ich jetzt schon wieder an ihn?

Dagegen musste ich unbedingt etwas tun, aber später, erst einmal den nächsten Stein holen und dann verschwinden.

Das Einzige, das mir noch etwas Sorgen bereitete, war dieser Schatten, der über das Bild des Baumes gehuscht war. War es nur ein Vogel gewesen, der zufällig über das Wasser geflogen war und dessen Schatten ich gesehen hatte oder war es doch der Wächter gewesen? Ich hoffte zumindest inständig, dass es nur ein ziemlich großer Vogel gewesen war. Aber ich hatte das Gefühl, ich würde sowieso umsonst hoffen.

Langsam stieg ich von Faer und ließ die Zügel los, worauf der Rappe sofort das nächstbeste Plätzchen mit saftigem Gras suchte und zwischen den Bäumen verschwand. Seufzend schaute ich ihm nach und zuckte dann mit den Schulter. Was brachte mir ein Pferd um den Stein zu erkämpfen?

Rasch warf ich einen Blick in die Richtung, aus der ich gekommen war, aber von den Anderen war noch keiner in Sicht.

Zufrieden nickte ich und wandte mit dann zu dem Baum, in dessen Stamm der Stein verborgen lag und der mir jetzt auffordernd zu blitzte.

Langsam und vorsichtig lief ich auf den Baum zu und schaute mich immer wieder um. Wer wusste schon, vielleicht brach jetzt der Wächter auf einmal durch das Gebüsch oder es waren andere Fallen aufgestellt. Vorsicht war die Mutter der Porzellankiste, wie es meine Großmutter immer zu sagen pflegt.

Erschrocken fuhr ich herum, als irgendwo ein Ast krachte und Flügelschlagen zu hören war. Was war ich denn so schreckhaft geworden? Wenn mir das früher passiert wäre, dann wäre ich da einfach durchgelatscht, hätte den Stein geholt und wäre wieder gegangen.

Lag es vielleicht an......NEIN, nicht schon wieder wollte ich an ihn denken. Der Kerl raubte mir nur den Verstand, den ich jetzt dringend benötigte.

Diesmal ging ich etwas rascher weiter. Ein mulmiges Gefühl machte sich in mir breit und ich wollte so schnell wie möglich wieder verschwinden. Vor einer mächtigen Wurzel blieb ich stehen und streckte den Arm aus. Vorsichtig berührte ich mit den Fingern die Rinde des Baumes und zuckte erstaunt zurück. Sie war ganz kalt und glatt, fast wie ein Spiegel, aber darin sehen konnte ich mich nicht.

Und wie sollte ich jetzt den Stein holen? Der hing nämlich nicht wirklich nah am Boden, sondern in der Mitte und wenn der Stamm genauso glatt wie die Wurzel war, dann konnte ich lange versuchen hochzuklettern. Nachdenklich ging ich unter der Wurzel hindurch bis zu dem mächtigen Stamm und blieb davor stehen.

Langsam wanderte mein Blick den Stamm nach oben, bis zu dem Stein und blieb daran hängen.

Wie komme ich da jetzt hoch? Fliegen konnte ich nicht, aber konnte ich mir es nicht wünschen? Sollte ich mir Flügel wünschen oder sollte ich mir einfach nur den Stein her wünschen? Beim Rubin hatte es auch geklappt, aber den hatte ich durch bloß Willenskraft zu mir gerufen und da war ich auch noch in Gefahr gewesen. Hier bedrohte mich kein durchgeknallter Wächter, der mich auf Biegen und Brechen umbringen wollte.

Ein erneutes Rascheln ließ mich herumfahren. Angestrengt starrte ich in die Richtung, aus der das Rascheln kam und versuchte den Übeltäter ausfindig zu machen, aber nichts rührte sich. Nicht mal ein Vogel oder ein Eichhörnchen kam aus dem Busch heraus.

Irgendjemand beobachtet mich, soviel wusste ich bereits. Oder übermannte mich meine Paranoia erneut? Was würde ich jetzt nicht dafür geben, dass ein bestimmter Elb hier auftauchen würde und....

Sofort schlug ich mir gegen die Stirn. Ich fasste es einfach nicht: warum verschwand er nicht einfach aus meinem Kopf? Warum ging das nicht?

Ich musste es einfach weiter versuchen, einfach versuchen ihn zu vergessen und mich auf die wesentlichen Dinge konzentrieren.

Wenn das nur so leicht wäre. Genervt raufte ich mir die Haare und Sekunden später drehte ich mich wie von der Tarantel gestochen um.

„Wie lange seid ihr schon hier?“, fauchte ich meine Beschützer an, die mich anstarrten, als würde ich gleich umfallen. Besonders Legolas hatte diesen speziellen Blick drauf, mit dem er mich immer anschaute.

„Lange genug um deinen Ausbruch mitzubekommen.“, stichelte Matt sofort und ich wünschte ihm die Pest an den Hals. Und nebenbei fiel mir dann auch noch ein, dass ich vorsichtig mit meinen Wünschen sein musste. Aber da konnte man doch eine Ausnahme machen, oder?

Er wollte mir gerade noch etwas an den Kopf werfen, als Bereth die Hand hob und ihn somit zum schweigen brachte. Na, da war jemand ein gut erzogenes Hündchen! Innerlich lachte ich mich schlapp, aber äußerlich war mein Gesichtsausdruck aus Stein.

„Du hast ihn gefunden. Auf was wartest du noch? Hol' ihn herrunter.“, wandte sich meine Großmutter an mich und ihr Ton war kalt, genauso wie ihr Blick.

Was hatte sie denn jetzt schon wieder? Hatte ich irgendeinen Streit verpasst? Oder war ich ihr schon lästig geworden?

„Wenn das so einfach ist, dann hol' ihn doch selbst.“, fauchte ich zurück, wandte mich um und starrte wieder nach oben.

Wie sollte ich ihn nur dort runterholen? Ich musste mir wohl doch Flügel oder ähnliches wünschen. Oder vielleicht konnte ich ihn mit einem Pfeil runter schießen? Dumme Idee, der Stein saß doch bestimmt bombenfest.

„Iara, schlage keine Wurzeln, sondern hol den dritten Stein.“

Jetzt befahl sie es mir schon fast, aber ich beherrschte mich und schaute einfach weiter nach oben. Ich konnte sie alle reden hören. Wie sie sich untereinander fragten, was mit Bereth war, was mit mir los war.

Ich hörte alles und ich wusste, dass sie es wussten. Sie wussten, dass ich sie hörte und es machte ihnen überhaupt nichts aus.

Seufzend schloß ich die Augen und konzentrierte mich auf den Stein. Ich machte mich doch nicht lächerlich, indem ich mir ein Paar Flügel wünschte und dann doch nicht fliegen konnte. Ich lauschte ihrem Gemurmel. Doch da war noch etwas, noch etwas anderes. Ein Rascheln, ein ziemlich leises Rascheln. Und ich glaubte, leichte Schritte auf dem Waldboden zu vernehmen.

Ich schaltete das Gemurmel meiner Begleiter aus, sodass es nur noch ein Brummen und Summen, wie von einem Bienenschwarm war und konzentrierte mich auf die andern Geräusche.

Die Schritte kamen näher, zogen ihre Kreise enger um mich. Nur noch eine Frage der Zeit bis ich angegriffen wurde. Meine Hand wanderte langsam zu dem Griff meines Schwertes, das ich auf dem Rücken trug. Das Rascheln hatte aufgehört, die Schritte waren lauter und näher. Langsam zog ich das Schwert aus der Scheide, öffnete die Augen, drehte mich blitzschnell um und blockte einen Schwerthieb ab.
 

„Ich habe doch gewusst, dass es kein großer Vogel war.“, zischte ich meinem Gegenüber zu, der mich nur anlächelte.

„Du bist nicht nur schön, sondern auch schlau.“, antwortete mir eine kalte Stimme. Mir lief es eiskalt den Rücken runter: diese Stimme hatte nichts menschliches, nichts lebendiges mehr. Unablässig starrte ich den blassen Mann mit dem schwarzen Hut und dem Umhang an, genauso wie er mich anblickte.

Unsere Schwerter waren gekreuzt und keiner bewegte sich auch nur einen Millimeter.

„Warum hast du dich angeschlichen? Hast du etwa geglaubt, ich höre dich nicht?“, fragte ich leise und ein Lächeln huschte über sein versteinertes Gesicht.

„Ich habe gewusst, dass du mich hörst. Ich habe auch gewusst, dass du meinen Schlag abblocken wirst. Ich wollte dich testen, Rania.“, antwortete er mir.

Noch so einer, der mich für meine Mutter hielt. Ich bekam langsam tatsächlich einen Nervenzusammenbruch.

„Ich bin NICHT Rania! Wieso kapiert das niemand?“, sagte ich etwas lauter als beabsichtigt, stemmte mich gegen ihn, aber er rührte sich nicht.

„Du siehst ihr aber sehr ähnlich und außerdem ist sie die Einzige, die die Steine wieder zusammenfügen kann.“

Sein Blick durchbohrte mich wie Messer und ich zuckte kurz zusammen. Hatte ich diese Augen nicht schon einmal gesehen? In einem Traum? Ich war mir nicht sicher und ich erinnerte mich auch nicht mehr genau daran.

„Nun, wenn du also nicht Rania bist, wer bist du dann?“, riss mich die kalte Stimme aus meinen Gedanken.

„Ich bin Iara, ihre Tochter und ich bin unfreiwillig hier. Man zwingt mich diese Steine zusammen zu fügen, ich will das gar nicht. Wer bist du?“

„Mein Name ist Belron. Ich bin der Wächter des Smaragds, Stein der Erde. Ich kannte dein Mutter gut, sie war eine würdige Gegnerin. Bist du das auch?“, fragte Belron eiskalt.

Ich zuckte nur mit den Schultern. So gut es eben ging ohne die Kontrolle über das Schwert zu verlieren.

„Woher soll ich das wissen? Himon hab ich auch besiegt, aber er hat nicht Bescheid gesagt, ob ich gut gekämpft habe.“, meinte ich gleichgültig und ich sah ein kleines Aufflackern in seinen Augen.

„Ja, ich bin durchaus informiert. Aber er war sowieso ein Schwächling, der nicht würdig war, einen Stein zu bewachen.“

Ach, wie nett die Wächter doch miteinander umgingen, das war ja richtig rührend....

Nun, weg mit dem Sarkasmus. Er lenkte doch jetzt nur im Kampf ab und der war wohl unausweichlich. Und als hätte ich es geahnt, flog ich auch schon gegen den Stamm. Belron hatte sich kaum gerührt. Er hatte einfach nur kurz gegen sein Schwert gedrückt und dann flog ich auch schon.

Schnell stand ich wieder auf und rieb mir den Kopf. Das tat doch ganz schön weh.

Mein Blick fiel auf die Anderen, die mit gezogenen Waffen dort standen und wohl nur auf ein Zeichen von mir warteten.
 

„Wagt es nicht!“, rief auf einmal Belron und ich starrte ihn an. Er schaute auf meine Begleiter, die sich gar nicht mehr rührten. Sie schauten einfach nur von ihm zu mir.

Aragorn, Arwen, Gandalf und Bereth mit gezogenen Schwertern. Gimli und die Hobbits hatten auch ihre Waffen gezogen. Legolas hatte seinen Bogen gespannt und Matt stand einfach nur dumm da. So ein Idiot, ihm würde ich auch nicht mehr helfen, nicht einmal mehr ansatzweise.

„Wenn ihr es auch nur wagt, einen Schritt zu tun, dann ist sie tot. Sie muss gegen mich kämpfen, alleine.“, meinte der Wächter kalt und ich schaute zu den anderen.

„Verschwindet.“, fauchte ich dann und machte eine scheuchende Handbewegung.

„Wir denken ja nicht dran.“, meinte Aragorn gelassen und ließ sein Schwert etwas sinken.

„Sobald du Hilfe brauchst, werden wir eingreifen, das sollte dir klar sein.“, sprach er weiter und ich schaute automatisch zu Legolas, der nur nickte.

„Ich brauche eure Hilfe aber nicht!“, schrie ich und musste im nächsten Moment Belrons' Angriff ausweichen. Dort, wo ich gerade noch gestanden hatte, hatte sein Schwert die Luft zerschnitten.

„So leicht kriegst du mich dann doch nicht.“, meinte ich und starrte auf den leeren Platz von Belron. Wo war er so schnell hin? Ich schaute mich um, immer bereit auszuweichen oder einen Angriff zu blocken.

„Ach ja? Du bist zu langsam.....“, zischte auf einmal seine Stimme nah an meinem Ohr und ich drehte ich ruckartig um. Wie kam er so schnell da hin? Hatte ich etwas verpasst?

Doch mir blieb keine Zeit mir darüber Gedanken zu machen, denn jetzt griff er mit zwei Schwertern an und ich hatte alle Hände voll zu tun, seine ständigen Angriffen auszuweichen. Schritt um Schritt kam er auf mich zu und Schritt um Schritt wich ich zurück. Meine Arme wurden lahm von der Abwehr und ich wusste, dass ich diese Angriffe nicht lange aushalten würde.

Ich tat einen weiteren Schritt zurück und blockte einen weiteren Schlag von oben ab.

„Das ist der Vorteil von zwei Schwertern.“, murmelte Belron und zog mir das zweite Schwert quer über den Bauch. Ich zuckte zusammen und konnte den Aufschrei meiner Großmutter hören. Die sollte bloß bleiben wo sie war......

Ich kniff kurz die Augen zusammen und schaute Belron im nächsten Moment mit einem kalten Lächeln an.

„Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass mich so etwas in die Knie zwingt.“

Er war überrascht, sehr überrascht. Er hatte wohl damit gerechnet, dass ich auf der Stelle tot umfallen würde, aber so leicht machte ich es ihm doch nicht.

Ich nutzte sein Erstaunen aus und trat ihm so kräftig ich konnte in den Magen und schickte gleich noch einen Kinnhaken mit dem Schwertknauf hinterher.

Er taumelte ein paar Schritte rückwärts. Ich konnte sein Gesicht nicht sehen, sein großer Hut verbarg es.

Ich trat ein paar Schritte zurück und wandte mich dann um. Unter Schmerzen setzte ich mich in Bewegung und rannte auf den Baum zu. Ich musste da jetzt schnell hoch. Was hatte Himon gesagt? Man kann die Wächter nur mit dem von ihnen bewachten Stein töten.

„Nicht so schnell, Kleine.“, flüsterte Belron mir ins Ohr, packte mich am Hals und warf mich gegen einen entfernt stehenden Baum. Ich prahlte schmerzhaft mit dem Rücken an den Stamm, aber bevor ich runter rutschen konnte, durchbohrte ein heftiger Schmerz meine Schulter. Ich schrie nicht, ich wollte keine Schwäche zeigen. Mühsam öffnete ich die Augen und sah in Belrons' kalte, schwarze Augen.

Mein Blick wanderte zu meiner Schulter und ich erschrak. Das war also der Grund, warum ich noch immer am Baum hing: sein Schwert hatte meine Schulter durchbohrt und nagelte mich so an dem Baum fest.

„So schnell bekommst du ihn nicht. Erst will ich dich leiden sehen, dann kannst du ihn holen und ich nehme dir die anderen Steine ab.“, erklärte er mir mit einem kalten Lächeln auf den Lippen und mit einer schnellen Bewegung hatte er sein Schwert aus meiner Schulter gezogen und rutschte nun den Stamm nach unten, worauf ich eine blutige Spur am Stamm hinterließ.
 

Legolas' POV
 

Ich sah wie sie litt und sie war doch zu stolz uns um Hilfe zu bitten. So eine sture Elbe war mir auch noch nie untergekommen. Aber wir sollten nicht eingreifen, auch wenn es mir schwer fiel. Ich beobachtete jeden ihrer Schritte und war sogar zufrieden mit ihrem Gegenangriff.

Aber Belron war kein leichter Gegner und dies bewies er auch sofort. Er war schnell, viel zu schnell für jeden von uns. Wie er plötzlich hinter ihr auftauchte, sie am Hals packte und gegen den Baum warf, am liebsten hätte ich eingegriffen. Ich wollte nicht, dass sie kämpfte. Ihre Chance zu gewinnen war gering, wenn nicht sogar gar nicht vorhanden.

Und als er ihre Schulter mit seinem Schwert durchbohrte, musste ich mich beherrschen nicht tatsächlich einzugreifen.

Gelassen legte ich einen Pfeil in meinen Bogen, spannte ihn und zielte auf Belron. Dieser Bastard würde sie nicht töten, dafür sorgte ich schon.

„Legolas, lass den Bogen sinken.“, befahl mir Gandalf, doch ich schüttelte nur den Kopf.

„Willst du, dass sie stirbt?“, fragte ich zähneknirschend und schaut kurz zu dem Zauberer.

„Nein, aber sie wird es, wenn du den Bogen nicht auf der Stelle sinken lässt.“, antwortete Gandalf, aber ich hörte nicht. Belron würde sie nicht anfassen, niemals. Ich spannte den Bogen erneut und zielte genau auf Belron, der immer noch vor Iara stand und mit einem kalten Grinsen aus sie schaute, wie sie da blutend am Boden lag.

Ich ließ den Pfeil von der Sehne schnellen. Belron schaute auf und lächelte mich nur an. Mit einer schnellen Bewegung hatte er Iara am Hals gepackt und sie vor sich gestellt. Nein, er würde doch nicht....

Ich wünschte, der Pfeil würde auf der Stelle umkehren und mich durchbohren.

Langsam ließ ich den Bogen sinken und starrte auf den Pfeil, der Sekunden später Iaras' unverletzte Schulter traf. Belron blickte auf den Pfeil, zog ihn langsam aus ihrer Schulter und warf Iara, die sich überhaupt nicht mehr rührte, auf den Boden.

„IARA!“, schrie auf einmal Bereth und rannte zu ihrer Enkelin.

„Sollte der etwa für mich gewesen sein?“, fragte der Wächter und schaute zu mir.

Was hatte ich nur getan? Ich hatte sie verletzt, nur weil dieser Bastard sie als Schutzschild missbraucht hatte.

„Ich sagte doch, ihr sollt euch nicht einmischen. Jetzt werdet ihr dafür bezahlen.“, meinte Belron kalt und warf meinen Pfeil auf Bereth, die sich neben ihre Enkelin gekniet hatte.

Er hatte ihn nur leicht geworfen, aber er durchbohrte Bereths' Herz, als wäre er von einer Sehne geschnellt. Wir blickten alle gebannt auf Bereth, die überrascht auf den Pfeil und dann zu Belron blickte.

Sekunden später sackte sie in sich zusammen und fiel leblos neben Iara zu Boden.

Was hatte ich nur getan? Ich hatte Bereth getötet und sie, die ich eigentlich liebe, verletzt.

Ich spürte alle Blicke auf mir. Doch es waren keine ärgerlichen Blicke, eher mitleidige.
 

Iaras POV
 

Von wem war der Pfeil gewesen? Hatte dieser Stein etwa zwei Wächter?

Ich spürte noch, dass Belron mir den Pfeil wieder aus der Schulter riss und mich dann wegwarf wie Abfall. Hier lag ich nun, unfähig mich zu bewegen. Ich wollte mich auch gar nicht bewegen, warum konnte ich nicht sagen.

Ich hörte meine Großmutter schreien und sicherlich lief sie nun zu mir. Sie kniete sich neben mich und berührte sanft meinen Rücken und im nächsten Moment umgab mich eine Totenstille. Mühsam wandte ich den Kopf auf die andere Seite um meine Großmutter anblicken zu können.

Ich öffnete die Augen und sah in ihre Augen, in ihre ausdruckslosen Augen.

Sie lag neben mir, rührte sich nicht, atmete nicht.

Was war passiert? Warum bewegte sie sich nicht mehr? Warum war ihr Blick so leer?

„Oma....sag doch etwas....“, flüsterte ich mühsam, doch sie gab keine Antwort.

Langsam und unter Schmerzen richtete ich mich auf und blickte auf meine Großmutter hinab. In ihrer Brust steckte ein Pfeil und ich kannte diesen Pfeil. Nur einer schoß mit diesen Pfeilen, aber warum sollte er das tun? Warum sollte Legolas meine Großmutter vorsätzlich töten?

Schwer atmend stand ich auf und meine Beine zitterten nicht schlecht. Langsam drehte ich mich zu Legolas und den Anderen um, die alle geschockt auf Bereth und mich blickten und keinen Ton rausbrachten. Was war nur geschehen? Warum musste das passieren? WARUM?

Ein kaltes Lachen zerriss auf einmal die Stille und ich wandte meinen Kopf zu Belron, der mich eiskalt ansah.

„Ja, sie ist tot, weil sich jemand eingemischt hatte. Ich habe sie umgebracht mit dem Pfeil, der mich töten sollte und doch erst dich verletzte. Und so wird es dir auch ergehen.“, lachte er und ich begriff langsam.

Legolas wollte mir nur helfen, schoß deshalb einen Pfeil auf Belron, der aber mich traf und als Bereth mir zur Hilfe kommen wollte, hatte dieser Bastard sie einfach umgebracht. Aber wieso hatte dieser Idiot geschossen?

„Ich habe doch gesagt, dass ICH KEINE HILFE WILL!“, schrie ich mühsam und blickte Legolas wütend an, der mich nur mit leerem Blick anschaute.

Ich hatte ihn niemals so gesehen und ich wollte es auch nicht mehr. In seinem Blick lag so viel Traurigkeit und Reue. Ja, er sollte bereuen und er würde sehr lange reuen, dafür würde ich schon sorgen. Aber erst musste ich dieses Schwein töten und mir war egal, ob ich dabei auch noch drauf ginge oder nicht.

„Du wirst es bereuen meine Großmutter getötet zu haben...“, murmelte ich, wandte mich zum Baum und schleppte mich langsam vorwärts.

Ich brauchte diesen Stein und ich würde diesen Stein auch bekommen. Ich würde ihn wie den Rubin einfach zu mir wünschen, mit bloßer Willensstärke.

Meine Schultern und mein Bauch schmerzten höllisch, doch ich klagte nicht. Nie mehr würde ich klagen!

„Bleib stehen!“, schrie Belron, tauchte neben mir auf und schlug mich gegen eine Wurzel. Dicht vor mir tauchte er wieder auf, legte die Hand um meinen Hals und drückte zu.

„Du bleibst, wo du bist.“, zischte er.
 

Ich kniff ein Auge zu und versuchte seine Hand von meinem Hals zu bekommen, aber sein Griff war eisern. Ich blickte aus dem Augenwinkel des geöffneten Auges zu meiner toten Großmutter und eine unsägliche Wut kam in mir hoch.

„Lass mich los.....“, fauchte ich, riss seine Hand von meinem Hals und schleuderte eine Feuerkugel auf ihn, die ich in Sekunden in meiner Hand erscheinen ließ.

Vor Überraschung konnte er nicht ausweichen und wurde voll getroffen und nach hinten geschleudert. Ich rieb mir kurz den Hals und schleppte mich weiter, bis ich direkt unter dem Stein stand.
 

„Du weißt, dass du ihn nicht darunter bekommst mit deinen Verletzungen!“, rief Belron und ich spürte wie sich mir von hinten näherte.

Ich drehte mich rasch um und ließ in der einen Hand eine Feuerkugel und in der anderen Hand eine Wasserkugel erscheinen.

Ich blickte ihm wütend entgegen. In mir kochte es wirklich und ich musste mich beherrschen nicht vollkommen auszurasten. Meine Nerven lagen blank.....

„Was willst du zuerst?“, fragte ich ihn kalt und hob beide Hände. „Feuer...“, sagte ich und warf die Feuerkugel auf ihn, „...oder Wasser!“, gab ich die Alternative und warf nun das Wasser auf ihn.

Die Feuerattacke hatte ihn bereits nach hinten geworfen und das Wasser gab seinen Teil dazu und Belron prahlte gegen den Stamm, an dem er mich vorhin festgenagelt hatte. Und wie auch ich rutschte er an dem Stamm hinab und blieb sitzen. Doch ich wusste, dass er nur darauf wartete, dass ich ihm den Rücken zukehrte. Doch diesen Gefallen tat ich ihm nicht. Ich blieb zu ihm gewandt und konzentrierte mich.

Ich konzentrierte mich auf den Smaragd, der über mit in dem Baumstamm hing.
 

„Du kriegst ihn ja eh nicht!“, schrie auf einmal jemand und ich schaute irritiert zu meinen Begleitern. Natürlich, wer sonst? Matt stand etwas abseits von ihnen und kam jetzt mit einem kalten Grinsen auf mich zu.

„Du kriegst ihn eh nicht runter. Also was versuchst du es dann überhaupt noch?“, spottete er weiter.

„Halt dein Maul, Matt!“, schrie ich und warf wie schon einmal eine Wasserkugel auf ihn. Er wich aus, blieb stehen und grinste mich nur an. Was war denn nun mit dem los? Warum sagte er so etwas? Hatte er irgendwie eine Gehirnwäsche hinter sich? Ich schüttelte den Kopf und ließ Matt sein. Erneut konzentrierte ich mich auf den Stein und diesmal ließ ich mich nicht ablenken.

Ich tat es wie bei dem Rubin: ich wünschte mir einfach so stark den Smaragd in meine Hände, dass es fast weh tat. Ich schloß die Augen und streckte die Hände aus.

„Komm zu mir, Smaragd, Stein der Erde.“, flüsterte ich und kam mir dabei durchaus albern vor. Bei dem Rubin war es ja nicht schlimm gewesen, da waren die Anderen nicht dabei, aber jetzt standen sie alle da und starrten mich an. Ich wusste, dass sie mich anstarrten.

Plötzlich spürte ich einen kalten Gegenstand in meiner Hand und ich öffnete die Augen. Ich hatte es geschafft: ich hielt den Smaragd in meinen Händen.

Wie schon bei dem Feuerstein durchfuhr mich eine angenehme Wärme und ich spürte neue Kräfte in mir. Aber konnte ich sie auch sofort anwenden wie bei dem Feuerstein? Oder war ich nicht wütend genug?

Oh doch, ich war wütend. Ich schaute auf und blickte zu dem Baum, an dem eigentlich Belron sitzen sollte, aber er war verschwunden. Plötzlich spürte ich einen rasenden Schmerz in der Bauchgegend und ich riss die Augen auf.

Ich blickte direkt in Belrons' schwarze Augen und er lächelte mich beinahe amüsiert an. Sein Schwert hatte er in meinen Bauch gerammt und den Smaragd hielt er in seiner Hand.

„Den nehme ich, genauso wie die anderen Steine auch.“, meinte er kalt und riss dir Kette mit dem Rubin und dem Aquamarin von meinem Hals.

„Diese Steine werden mir sehr nützlich sein.“, sprach er und wandte sich dann plötzlich an Matt.

„Du kommst mit mir. Dich werde ich verwenden, um sie zu töten. Du hasst sie, das spüre ich deutlich.“

Ich schaute zu Matt, der nur nickte, aber er schien nicht bereit zu sein mit Belron zu gehen und das bemerkte auch dieser. Mit einem Ruck zog er das Schwert aus meinem Bauch und ich sackte zusammen. Langsam fiel ich auf die Knie und dann zur Seite. Die Hand hatte ich auf die stark blutende Wunde gepresst und schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen.

„Iara, du hast eine letzte Chance oder viel mehr, sie wird dir auch nichts nützen. Ein Stein bleibt noch übrig und sobald du ihn in den Händen hältst, werde ich da sein und ihn dir abnehmen.“, wandte sich Belron wieder mir zu und ich hörte Schritte, die sich mir schnell näherten.

Mit letzten Kräften richtete ich mich auf und sah die Anderen, die auf mich zu gerannt kamen, allen voran Legolas und Gandalf.

Ich sah aus den Augenwinkeln Belron, der zu Matt ging, diesen am Kragen packte und ihn mit sich nahm. Matt wehrte sich nicht. Ich glaube sogar, dass er außer Gewecht gesetzt worden war. Aber es war mir gleichgültig, was mit ihm passiert, er war mir so etwas von vollkommen gleichgültig.
 

Ich wandte meinen Kopf zu der Stelle an der meine Großmutter immer noch lag und erst jetzt wurde mir richtig klar, dass sie tot war. Sie war tot, einfach tot. Ohne ein Wort hat sie mich allein gelassen. Jetzt hatte ich niemanden mehr.

Mit leerem Blick starrte ich auf Bereth und bemerkte nicht meine Beschützer, die sich alle um mich versammelten.

„Aragorn, nimm die Anderen und trage Bereth in den Palast. Sie wird anständig begraben werden.“, befahl Gandalf dem Waldläufer. Dieser nickte und nahm die Hobbits und Gimli mit um ihm zu helfen. Selbst Arwen kam mit, ich hatte ihren traurigen Blick gesehen. Nur Gandalf und Legolas blieben bei mir. Warum musste er hier sein?

„Verschwinde....“, murmelte ich, doch er tat es nicht. Statt dessen kniete er sich vor mich und schaute mich an.

„Verschwinde endlich.....“, fauchte ich jetzt, doch er schüttelte nur den Kopf.

Ich wusste, dass er nicht gehen würde und ich wusste auch, dass ihm alles so wahnsinnig leid tat, aber das würde meine Großmutter auch nicht wieder bringen.

„Lass mich in Ruhe....“, versuchte ich es erneut und kippte dann von allen meinen Kräften verlassen zur Seite.

Doch bevor ich auf dem Boden aufschlug, fing mich Legolas auf und drückte mich vorsichtig an sich.

„Es tut mir leid. Glaub mir, ich wollte das nicht.“, flüsterte er mir ins Ohr, doch ich hörte ihn gar nicht mehr genau.

Ich spürte nur noch, wie er mich vorsichtig anhob und hörte Gandalf ein paar Worte in einer merkwürdigen Sprache sprechen. Dann wurde mir schwarz vor Augen und ich fiel, fiel in eine endlose Dunkelheit.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück