A fairy-tale von abgemeldet (=> Kapitel 29 ist da) ================================================================================ Reise ----- Buch zwei: Reise __________________________ Gwyn gähnte. Sie hatte in der letzten Nacht kaum geschlafen und reib sich müde mit der Hand über die Augen. Warum war der Sonnenaufgang auch so früh? Oder besser: Warum hatte sie nur vor Aufregung in der Nacht nicht schlafen können? Nun fühlte sie sich vollkommen erschöpft und übermüdet. Kein guter Anfang. Es wurde nicht besser als Leesha und Ivas vor ihrer Tür auftauchten, den ebenfalls verschlafen Drachen im Schlepptau. Wieder gähnte Gwyn. Es mussten mehr als zwei Stunden vergangen sein, seit sie aufgebrochen waren. Zwei Stunden in denen sie durch den morgenfrischen Wald gewandert waren. Die Luft war kühl und duftete nach jungem Grün, überall sagen die Vögel. Einmal huschte sogar ein Goldhörnchen vor ihnen über den schmalen sandigen Pfad. Alle schwiegen. Ivas lief der Gruppe immer wieder ein Stück voraus und sah sich aufmerksam um, Leesha und Gwyn wanderten nebeneinander. Kayleigh dagegen saß bequem auf Gwyns Schulter, den Schwanz locker um ihren Hals geschlungen und ließ sich tragen. Das Drachenweibchen hatte es gut... Den letzten Teil des Weges hatten sie im warmen Licht der Sonne zurück gelegt, der Strahlen nun immer öfter den Waldboden erreichten. Die Wärme tat gut und sorgte dafür, das Gwyn etwas munterer wurde. Ob sie bald erfahren würde, was das Ziel ihrer Reise war? Auch auf das Schiff war sie schon gespannt. Wann hatte sie wohl das letzte Mal eines gesehen? Sie konnte sich kaum daran erinnern, sie konnte höchstens drei oder vier Jahre alt gewesen sein. Damals, als sie mit ihrem Vater, dem Kaufmann und ihrer Mutter aus der Steinernen Wüste an die Küste des östlichen Meeres gezogen waren, um dort zu handeln. Hastig verdrängte sie die schmerzhaften Erinnerungen an ihre Eltern. Kurz darauf begann sich der Wald zu lichten. Die hohen Bäume wurden spärlicher, traten weiter zurück und machten Platz für große Brombeer-und Haselnussbüsche. Der sandige Weg verbreiterte sich und lief durch das Gebüsch einen kleinen Abhang hinunter zu dem breiten Fluss, der sich träge durch die Landschaft wand. Obwohl der Sonnenaufgang inzwischen schon lange zurück lag tauchten die Sonnenstrahlen das Gewässer noch immer in ein Meer von gelben, rosanen und roten Farbtönen. Die ganze Umgebung schien in ein sanftes Licht gehüllt zu sein, in der Ferne schimmerte der Fluss wie ein silbernes Band. Direkt vor ihnen, nur unweit des Ufers, wiegte sich ein kleines Schiff in der Strömung, dunkelblaue Segel hingen gerafft an den Masten. Davor wartete ein großer rothaariger Mann und schaute ihnen aufmerksam entgegen. An Boden konnte Gwyn zwei Matrosen geschäftig hin und her eilen sehen. Es war ein seltsames Gefühl anderen Menschen zu begegnen... Ein wenig unsicher folgte Gwyn Leesha hinüber zu dem rothaarigen Mann. Dieser grüßte wortkarg und betrachtete sie nachdenklich von oben bis unten. Besonders lange ruhte sein Blick auf Ivas und Kayleigh. Was er sah schien ihm nicht zu gefallen. Allerdings ging es Gwyn nicht anders. Der Mann war ein wahrer Riese. Die roten verfilzten haare, der eben so zottelige rote Bart, die vernarbten Hände...er wirkte nicht sehr Vertrauen erweckend. Wie war Leesha nur an so jemanden geraten?! Unwillig ließ der Riese sie an Bord gehen. Er selbst folgte ihnen dicht auf und warf Ivas einen nervösen Seitenblick zu. - Wölfe an Bord schienen ihm nicht zu behagen. Gwyn musste ein amüsiertes Lächeln unterdrücken. Dann bemerkte sie, das der Rothaarige Leesha einen beinahe ebenso nervösen Blick zuwarf, brummte und sie dann allein an der Reling zurück ließ. Noch immer ein wenig beunruhigt beobachtete Gwyn wie die beiden Matrosen sich daran machten die Segel zu hissen. Nur wenige Augenblicke später flatterte der blaue Stoff, blähte sich aber kaum im schwachen Morgenwind. Dafür glitt das Schiff in eine verborgene Strömung die sie rasch nach Süden trug. Süden. Was war im Süden? Vergeblich versuchte sich Gwyn zu erinnern, ob sie schon einmal etwas über die Länder und Städte dort gehört hatte. Also hieß es wohl weiter abwarten. Seufzend ließ sie sich auf die rauhen Planken des Schiffes sinken und zog Kayleigh auf ihren Schoß. Schläfrig öffnete der kleine Drache die Augen. "Ist was?", murmelte sie. "Nein..." Gwyn begann damit den schuppigen Rücken der Echse zu streicheln. Kayleigh brummte wohlig und streckte sich: "Das tut gut." Das Mädchen lächelte: "Du weißt nicht zufällig, wohin wir überhaupt wollen?" "Nein, nicht wirklich." Kayleigh riss das mit spitzen Zähnen gespickte Maul auf und gähnte herzhaft: "Es ist mir auch relativ egal. Ich bin viel zu müde." Gwyn rollte mit den Augen: "Ich wünschte, ich könnte das so gelassen sehen wie du. Aber ich finde Leeshas Benehmen einfach etwas seltsam." "Leesha ist seltsam.", antwortete der Drache und betonte dabei jede Silbe. "Das schon, aber dieses mal finde ich sie noch seltsamer als sonst." "Hmpf.", machte die Echse: "Ich werde darüber nachdenken, wenn ich ausgeschlafen habe!" Und damit schloss sie die Augen und schlief tatsächlich wieder ein. Nachdenklich hob die dunkelhaarige junge Frau den Blick und sah hinüber zu ihrer Lehrmeisterin und dem Wolf. Ivas und Leesha saßen schweigend im Bug des Schiffes und sahen auf das Wasser hinaus, während die Sonne höher und höher stieg und das Schiff sie weiter und weiter fort trug. Die Stunden strichen dahin. Kayleigh schlief immer noch. Schließlich hielt Gwyn es nicht mehr aus einfach nur still dazusitzen und scheuchte das Drachenweibchen auf: "Runter mit dir! Meine Beine tun schon weh." Das blaugeschuppte Tier murmelte etwas unverständliches und tapste schlaftrunken von Gwyns Schoß herunter. Das Mädchen stand auf, streckte ihre verspannten Beine und lehnte sich in der Nähe des Mastes an der Reling. Das Wasser unter ihr funkelte genauso strahlend wie die Schuppen auf dem Körper des Drachen. "Weißt du wirklich nicht wohin es geht, Kayleigh?", fragte sie. "Leesha hat dir also nichts gesagt?" Das Drachenweibchen blinzelte in die Sonne. "Nein." "Na, dann weiß ich wenigstens etwas mehr. Sie sprach von der Festung im Süden. Etwas mehr als eine Tagesreise vom Immergrünen Wald entfernt." Kayleigh streckte sie wie eine Katze und ließ ihren Schwanz ein wenig hin und her peitschen. "Warum hast du das nicht eher gesagt?!" Empört blitzte Gwyn ihre kleine Freundin an. "Ich war zu müde." Gwyn verbiss sich eine Bemerkung. Statt dessen wollte sie wissen: "Die Festung? Was sollen wir denn dort?" "Was fragst du mich? Soweit ich weiß läßt die Priesterkaste niemanden hinein...Ich glaube selbst Leesha wird die nicht überreden können! Gerade Leesha nicht! Diese Priester..." Das Drachenweibchen schüttelte sich: "Fanatische sture Dummköpfe!" "Sie mögen Drachen nicht besonders, habe ich Recht?", grinste Gwyn. Kayleigh knurrte leise: "Ja. Aber dich werden sie auch nicht mögen. Ebenso wie Leesha. Sie verabscheuen Magie. Und das ist vermutlich noch untertrieben!" Gwyn legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Das Ganze wurde immer seltsamer. Warum eine Reise an einen Ort, an dem sie nicht erwünscht waren? "Ich frage mich wirklich, was wir ausgerechnet dort sollen.", seufzte sie. "Morgen früh werden wir die Festung erreichen, dann werden wir hoffentlich mehr erfahren," meinte Kayleigh aufmunternd und sprang neben dem Mädchen auf die Reling. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)