Rote Laternen von Vanillaspirit ================================================================================ Kapitel 2: Überraschungen ------------------------- Großen Dank an chaoticdemon fürs Beta-lesen und an die bisherigen commentwriter... dankefein ^^ Mit freundlichem, aber falschem Lächeln, tauschte Sakura die Sakeflasche auf dem Tisch aus. Gerade, als sie ihre Hand zurückziehen wollte, spürte sie einen Druck um ihr Gelenk. Verwundert blickte sie auf eine große, haarige, prankenartige Hand, unter der sich ihre milchige Haut noch weißer färbte. "Hey Süße, hier geblieben! Du kannst mir einschenken, dafür bist du doch da." Rote, hervorquellende Augen sahen sie gierig an. Sakura wich einen Schritt zurück und hörte sich schließlich selbst schreien, als sie auf den Schoss des Mannes gezogen wurde. Stinkender Alkoholatem mit mehr als einem Hauch von Fischgeruch, wurde ihr gegen das Gesicht geblasen. "Bitte lassen sie mich, ich muss noch arbeiten." Der fette Haarige lachte rau und umschlang ihre Hüfte. "Tust du doch. Dafür bist du doch da." Seine Hand hob ihr ein Porzellanschälchen unter die Nase. Mit zittrigen Fingern goss sie den heißen Reiswein ein und ließ auch die wandernde Hand über sich ergehen. Nichts wünschte sie sich jetzt mehr, als ein Kunai, um es in den schwabbeligen Leib zu stoßen. Die getarnte Kunoichi quiekte auf, als sich die haarige Hand des Trinkers einen Weg unter den Stoff gebahnt hatte und nun ihr Knie tätschelte. Den Blick hatte er abgewannt und trank gelassen aus dem Schälchen. Es reichte Sakura und mürrisch wollte sie aufstehen, wurde jedoch zurückgehalten. Der Griff um ihren Körper wurde härter. "Hier geblieben!" Das Mädchen verharrte einen Moment und begann um sich zu schlagen. Sie hatte genug Erfahrung, um sich mit einem einzigen Schlag für immer von diesem miesen, stinkenden Typen zu befreien. Sie quiekte erneut, als ihr Handgelenk wieder gepackt wurde und sie diesmal nach vorn gezogen wurde. Ein Körper schob sich zwischen sie und dem Trinker. "Lass die Frau in Ruhe!" zischte ein hochgewachsener Mann mit dunklem Teint. Der Bärenmann brauchte eine Weile, um die Situation in seinem vernebelten Hirn zu erfassen. Langsam hob er den Kopf und blickte dem jüngeren ins kantige Gesicht. Seine Muskeln schienen sich erst zu überlegen, ob sie sich bewegen sollten, denn nur unkoordiniert und zögerlich verschoben sie sich zu einer grimmigen Maske. "Was soll das?" "Sie haben die Frau belästigt und das kann ich nicht gut heißen." Die glasigen Augen blickten am massigen Körper vor ihnen vorbei zu Sakura, die neugierig dahinter hervorlugte. "Was? Das ist doch nur ne Nutte. Dafür is die doch da. Ich bezahl ja auch dafür." Sakura schluckte hart, streckte zaghaft ihren Finger hoch und hauchte schließlich: "Kellnerin. Ich bin eine Kellnerin." Ihr Protest ging unter. Der Retter, der niemand anderes war, als der Rausschmeißer des Hauses, schnappte sich Betrunkenen und "geleitete" ihn hinaus. Schimpfend stand der Dicke aus dem Straßenstaub auf und verschwand schließlich in der Menge. "Danke Takuya", seufzte Sakura erleichtert und erntete dafür nur knappes Nicken. Der bullige Rausschmeißer setzte sich in Bewegung, um wieder in dem Gedränge der Tische zu verschwinden. Nur einen kurzen Moment verharrte er noch und seine schwarzen Augen blickten die Rosahaarige über die Schulter hinweg an. "Du sollst dich bei Madame Ming melden." Fest umklammerte Sakura das Tablett vor ihrer Brust. Dieser Satz ließ ihre Welt zusammenbrechen. Es hieß nie etwas Gutes, wenn die Besitzerin von Teehaus und anschließendem Bordell eines ihrer Mädchen zu sich rief. Im besten Fall, wurde sie in die Küche versetzt, im schlimmsten, würde sie ihren Kimono nur noch halb so oft waschen müssen, weil sie ihn eh kaum noch tragen würde. Mit langsamen, schleppenden Schritten, schlich das Mädchen zum Büro, im abgetrennten Bordell. Madame Ming war der Prototyp einer Puffmutter. Sie kannte dieses Gewerbe wie kaum jemand anderes und rächte sich an jahrelanger Ausbeutung, indem sie selber ausbeutete. Die Frau war der Typ Mutter, die ihre Kinder mit harter Hand erzog und dafür ewige Loyalität erwartete, während sie zu ihren Kunden ausschließlich mit zuckersüßer Stimme sprach. "Komm rein, Herzchen!" forderte sie Sakura auf, als deren Silhouette hinter der Papiertür erschien. Fast lautlos glitt die Tür zu Seite und Sakura rutschte auf ihren Knien herein. Ihre ängstlichen Augen blickten erwartungsvoll zu der älteren Frau in der Mitte des Raumes. Madame Ming baute kleinere Münzstapel auf und strich sich dabei immer wieder eine schwere Strähne rabenschwarzen Haares hinter das Ohr. Ihr hellblauer Kimono mit den dunkelblauen Blüten, entblößte ihre Schultern und den Brustansatz. Erst jetzt blickte sie auf. Sakura bemerkte sofort den weißen Puder und die karminroten Lippen. Ming war nie ungeschminkt, ganz im Gegensatz zu ihr. "Komm näher!" Die Bordellbesitzerin deutete auf eine kleine Reismatte vor dem niedrigen Tisch. Zögerlich rutschte Sakura noch näher heran. Ihr Herz klopfte wie wild. "Du wirst ab sofort auch in den Zimmern arbeiten müssen." Und ihr Herz blieb stehen. Das Grün ihrer Augen weitete sich schockiert. "Bitte?" Madame Ming fesselte das Mädchen mit einem Blick. "Du hast schon verstanden. Heute kam eine Gruppe Stammkunden an. Sie bezahlen sehr gut, aber leider sind alle Mädchen bereits besetzt." Vorsichtig schob sie die Geldstapel zur Seite, setzte die Ellenbogen auf den Tisch und verschränkte die Finger. "Ich habe dich aufgenommen, einen kleinen Straßenköter wie dich. Nun bist du mir etwas schuldig." Sakura verzog eine Grimasse, während ihr Inneres tobte. Von wegen Straßenköter. Sie war eine Kunoichi vom Rang eines Chu-nin. Wenn sie nur die Möglichkeit hätte, würde sie dieser Madame Ming schon zeigen was das bedeutete und dann würde diese Vogelscheuche sich nie wieder wagen, auch nur eines ihrer Mädchen wie Vieh zu verkaufen. Mit hängendem Kopf schlich Sakura den Gang zu den Schlafzimmern entlang. Die anderen Mädchen waren tatsächlich beschäftigt. Wie jeden Tag erfüllte Gekicher und Gekeuche die Atmosphäre. Wenn sie jemals wieder nach Konoha zurückkehren sollte, würde sie sich bei Tsunade für diese Tarnung revanchieren. Eine Hand legte sich auf Sakuras Schulter und laut quiekend presste sie sich mit dem Rücken gegen die Wand. Erleichtert bemerkte sie, dass es nur Ino war. "Lass mich raten? Madame Ming hat dich auch eingeteilt?" Die Blondine nickte und raubte Sakura damit noch ein Stück mehr Hoffnung. Wie sollten sie da nur wieder herauskommen? Sie konnte sich doch unmöglich einem fremden Mann hingeben. Es wäre doch ihr erstes Mal und das kann doch nicht für so etwas verschwendet werden. Ino ließ eine Hand in ihren lila Kimono gleiten und zog eine kleine Phiole mit einer klaren Flüssigkeit hervor. Ohne Zögern drückte sie diese in die Hand ihrer Freundin. "Takuya hat mir erzählt, dass die immer Sake bestellen. Schütte das hinein und er wird sofort schlafen, wie ein Baby." Dankbar stieß Sakura etwas Luft hervor und nahm das kleine Fläschchen entgegen. Kurz umarmte sie ihre blonde Freundin. "Danke..." Ino lächelte knapp. "Kein Problem. Wir müssen ja zusammenhalten." Heißer Dampf behinderte die Sicht. Ein junges Mädchen mit nackten Beinen, flitzte über die nassen Fliesen und sammelte nasse Handtücher auf. Die Männer im großen Becken ließen sich dadurch nicht stören. Angeregt unterhielten sie sich, zumindest einige von ihnen. Die Gruppe bestand aus Konoha-Anbu, von denen die meisten gerade erst dazu ernannt wurden. Einer von ihnen stieß das Hirn der Truppe an. "Und? Wirst du wieder die ganze Nacht im Teehaus verbringen und Shogi spielen?" Der Angesprochene, dessen Haare zu einem hohen, buschigen Zopf gebunden waren, verdrehte nur die Augen. "Es ist zumindest sinnvoller als das was ihr vorhabt." Der dickliche Braunhaarige neben ihm grinste breit. "Deswegen und weil Ino dich sonst umbringt." Die jungen Männer lachten laut, bis auf einen. In der Ecke zerschnitten schwarze Augen den Nebel des heißen Wassers. Ebenholzschwarze Haare fielen in ein weiches, fast frauliches Gesicht. Uchiha Sasuke beobachtete das Verhalten seiner drei Teamkameraden mit Skepsis. Ihm war derartig lautes Verhalten zuwider. Das hatte er schon als Kind nicht bei Naruto gemocht und seit dem Vorfall mit Orochimaru war er noch introvertierter geworden. Menschliche Nähe war ihm unheimlich, deswegen schätzte er Orte wie diesen. "Dann lasst uns mal gehen", verkündete ein junger Mann mit Tätowierungen im Gesicht und braunem, struppigen Haar. "Unsere liebe Madame Ming darf ja schließlich nicht verhungern, weil das Geld ausbleibt." Inuzuka Kiba grinste dreckig und fing sich von allen Seiten genervte Blicke ein. Nervös schritt Sakura in ihrem kleinen Zimmer auf und ab und knetete dabei die Hände. Neben ihrer Matte stand ein rundes Tablett mit zwei Flaschen Sake und einem Schälchen zum Trinken. Das junge Mädchen seufzte. Wie er wohl aussehen würde? Sicher groß und dich mit üblem Mundgeruch, wie die Hälfte hier. Oder klein, abgemagert und mit Frettchengesicht, wie die andere Hälfte. Ihr wurde übel bei dem Gedanken daran. Sie zuckte zusammen, als lautes Gelächter und Schritte auf dem Flur hallten. Sie waren da, zu dritt. Eine Tür wurde aufgeschoben und der Erste verschwand. Das Gelächter verstummte. Vier Füße gingen weiter. Eine weitere Tür, ganz nah, rutschte zur Seite. Es war Inos Zimmer. Die letzten Schritte kamen immer näher und verstummten schließlich vor ihrer dünnen Holztür. Sakura erstarrte auf ihrem Platz. Bedächtig glitt die Tür zu Seite. Fassungslos starrte Ino auf ihren Kunden, der sie nicht einmal angesehen hatte, stattdessen war er sofort auf das Essen gestürzt das im Zimmer stand. Die Blondine hatte sich schon gewundert weshalb hier ein halbes Büfett aufgebaut worden war, aber nun erklärte sich alles. Sie räusperte sich lautstark und erntete endlich die Aufmerksamkeit des Braunhaarigen mit dem Gewichtsproblem. Seine Augen weiteten sich, allerdings hinderte es ihn nicht daran, weiterhin zu kauen. "Hallo Choji!" Das Mädchen lächelte fröhlich, wartete einen Moment und hielt sich schließlich die Ohren zu, als ihr alter Freund sie fassungslos mit Fragen bombardierte. Sakura hielt die Luft an, als ihr Kunde eintrat, an ihr vorbeiging und sofort begann sich auszuziehen. Er beachtete den Sake nicht einmal, dabei hatte sie alles von Inos Betäubungsmittel hinein geschüttet. Was nützte das Zeug, wenn er es nicht trank? Leicht panisch sah sie auf den Rücken des Mannes. Er war noch sehr jung, etwa ihr Alter, mit sehr blasser Haut und glänzendem, schwarzen Haar. Ein wenig erinnerte er die Rosahaarige an Sasuke. Ja, genau Sasuke. Vielleicht würden Gedanken an ihn alles etwas besser machen? Ein Versuch war es zumindest wert. Langsam kam sie näher und berührte den Mann flüchtig am Schulterblatt. Die Haut war kühl und weich. Skeptisch wanderten ihre Augen seinen gut gebauten Körper hinauf und blieben am Nacken hängen. Ein rötlicher Fleck zeichnete sich dort ab, etwa handtellergroß. Sakura blinzelte mehrmals. Es waren die Überreste eines Siegels, eines ihr bekannten Siegels. "Sa...", setzte sie an und wurde sofort von ihm unterbrochen. "Zieh dich aus!" befahl er kalt, ohne sie anzusehen. "Ich habe nicht viel Zeit." Sakura war baff. Mit heruntergeklapptem Kinn und aufgerissenen Augen starrte sie den Mann ihrer Träume, seit sie denken kann, an. Das war wirklich die Höhe. Er war nicht viel besser, als Madame Ming, viel eher noch schlimmer. Für was hielt er Huren eigentlich? Für Tiere, denen es nichts ausmachte, wenn man nur einfach drüberrutschte? Würde er sich etwa auch so verhalten, wenn er mal in einer Beziehung steckt? Was hatte sie ihn früher angehimmelt und ihn für den größten, besten, tollsten gehalten. Und nun zerplatzten alle romantischen Träume mit einem Mal. "Sasuke?" fragte sie barsch und erreichte, dass er sich halbnackt umdrehte. Seine schwarzen Augen glitten ihren Körper auf und ab, während sein Hirn die Informationen verarbeitete. Er schluckte hart und lief ein wenig rot an. "Sa-sakura?" "Weiß Shikamaru, was du so in deiner Freizeit treibst?" Durchdringend blickte Choji seine alte Freundin an und kaute dabei ohne Unterlass auf einem Stück Fleisch. Ino seufzte. "Das ist nicht meine Freizeit. Ich arbeite hier." Seine Augen wanderten an ihrem Körper auf und ab. "Sehe ich. Verdienst du gut?" Das Mädchen hatte das Bedürfnis, den Kopf solange auf den Holzboden zu schlagen, bis sie nichts mehr spürte. Das durfte doch nicht wahr sein. Ausgerechnet der beste Freund ihres Freundes hielt sie für eine Prostituierte. Sehr viel schlimmer konnte es nun auch nicht mehr kommen. Sasuke hatte sich wieder beruhigt und saß nun dem rosahaarigen Mädchen gegenüber. Sein Blick war kalt und jagte ihr eine Gänsehaut den Rücken hinauf. Es herrschte eine bedrückende Atmosphäre. "Zahlt Tsunade dir nicht genug?" Überrascht riss Sakura die Augen auf. Sasuke hielt sie doch nicht etwa wirklich dafür? Kannte er sie wirklich so schlecht? Und noch mehr romantische Träume zerplatzten. "Sei nicht albern! Ich bin natürlich wegen einer Mission hier." "Ah." Wie sie diesen Laut hasste. Es bedeutete, dass Sasuke ihr entweder nicht glaubte oder ihre Geschichte für zu übertrieben hielt. Und noch schlimmer war sein Blick dazu. "Tut mir leid, dass ich dir deinen Spaß vermasselt habe", zischte sie bissig. Der junge Anbu hob eine Braue und blickte das hübsche Mädchen abschätzend an. "Ich habe bezahlt- nicht? Also verlange ich auch die Gegenleistung dafür." Eisiges Schweigen setzte ein. Fassungslos starrte Sakura ihren Schwarm an. Heute war wirklich nicht der beste Tag für ihre romantischen Fantasien. Es musste sich nur noch herausstellen, was für diese tödlicher war: die Tatsache, dass der Angebetete für Sex bezahlte, dass er die Bordellmädchen nicht gerade als Menschen ansah oder dass er es anscheinend auch mit ihr machen würde. Sakura dachte kurz nach. Schließlich lächelte sie zuckersüß, während ihr Innerstes bitterböse grinste. "Etwas Sake vielleicht? Du siehst durstig aus." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)