Spliss von esda (Yaoi - Original (Fortsetzung zu "Haarspaltereien")) ================================================================================ Kapitel 3: Die Meinung der Anderen ---------------------------------- Hier auch endlich das überarbeitete und berichtigte 3. Kapitel. Von der Abfolge her hat sich hier auch nichts geändert, es sind allerdings Sätze und Satzteile hinzugekommen, umgestellt worden und ich hoffe, es ergibt alles mehr Sinn ^^°. Viel passiert im 3. Kapitel immer noch nicht.. Es sind halt auch alles "kurze" Kapitel und die Konflikte bauen sich alle nur langsam auf. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Titel: Spliss Teil: 3/? Autor: Esther (esda) eMail: natsu_esda@web.de URL: http://www.natsu.de.vu/ Genre: reale Welt Bewertung: -- Warnungen: Yaoi, sonst keine, nicht mal Dialekt ^^° Claimer: alles mir ^^ Inhalt: Das ist die Fortsetzung von "Haarspaltereien", an die "Spliss" nahtlos ansetzt. Lest, wie es mit Mark und Richard weitergeht oder auch nicht weitergeht *eg* Kommentar: Begriffserklärungen hab ich diesmal ohne Fußnoten ans Ende angehängt. Die Fußnoten, die noch im Text sind, sind andere (nervende XD) Kommentare von mir. Feedback: immer her damit ^^ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Mark hatte gar nicht mitbekommen, wann Richard am nächsten Morgen aufgestanden war, um runter zur Arbeit zu gehen. Als er nämlich aufwachte, war es bereits nach zehn und er lag alleine im Bett. Er wusste nicht, ob er sich mehr darüber wundern sollte, dass er so lange geschlafen hatte – denn eigentlich war bei ihm immer spätestens um acht Schluss mit der Bettruhe, vor allem wenn er so früh wie am Tag zuvor bereits im Bett gewesen war – oder darüber, dass Richard ihn nicht geweckt hatte, bevor er weggegangen war. Allerdings war beides nach genauerer Betrachtung gar nicht mehr *so* verwunderlich. Ersteres – das lange Schlafen – ließ sich nämlich dadurch erklären, dass er sonst auch nicht mehrere Stunden der rhythmischen Bettgymnastik frönte, wie er und Richard am Abend und in der Nacht zuvor. Wenn er recht darüber nachdachte, hatte er wohl auch gar nicht *so* viel Schlaf bekommen, weshalb es eigentlich eher verwunderlich war, dass er sich fit und erholt fühlte und nicht völlig ausgelaugt. Er konnte grade noch das "The Power of Love" unterdrücken, das sich in dem Moment in seinem Kopf intonierte. So weit kam es noch, dass ihm irgendwelche schwule 80er-Jahre-Musik in der Birne rumschwirrte – es reichte schließlich schon, wenn das bereits ein ganz bestimmter, schwuler Friseur tat. Und letzteres erklärte sich wohl dadurch, dass Richard einfach zu sehr Gentleman war, als dass er Mark den dringend benötigten Schlaf nicht gönnen und ihn wegen solcher Lappalien – wie etwa der Tatsache, dass er zur Arbeit musste – wecken würde. Mark war es ja im Prinzip egal, auch wenn er Richards absolut seltsamen, viel zu höflichen Charakter immer noch nicht verstand. Da er daran allerdings ohnehin nichts ändern konnte, tat er es nur mit einem Schulterzucken ab. Auf dem Küchentisch fand Mark neben einer roten Rose, von der er sich fragte, wo Richard die auf die Schnelle herbekommen hatte, eine Notiz auf einem furchtbar tuntig rosanen Zettel. Kopfschüttelnd stellte er erneut fest, dass Richard sich wirklich nicht die geringste Mühe gab seine Homosexualität auch nur ansatzweise zu kaschieren. Wieso hatte Mark eigentlich so lange am Offensichtlichen gezweifelt?! – Vermutlich deshalb, weil es einfach *zu* offensichtlich gewesen war. Er hatte immer die irrige Ansicht vertreten, dass es solche wandelnden Klischees gar nicht geben konnte und Richard einfach einen etwas fragwürdigen Sinn für Humor unterstellt – den dieser ja auch zweifelsohne trotzdem besaß! Richards Notiz auf dem in eindeutiger Farbe gehaltenen Blatt Papier begann mit Liebesbekundungen, die Mark errötend den Kopf schütteln ließen. Weiter schrieb er, dass Mark ruhig im Bett bleiben könnte, bis er zurück von der Arbeit käme. Tss! *Das* würde diesem Kerl natürlich grade so passen, diesem alten Lüstling!! Er könnte natürlich auch erst in Ruhe frühstücken. In der Küche würde er sicher fündig werden. Heute würde er – Richard – versuchen um 16 Uhr Schluss machen, und würde sich freuen, wenn Mark dann bei ihm "vorbeikommen und kommen" würde. Eine Mischung aus Scham und Verärgerung ließ Marks Wangen in einer gesunden Farbe aufflammen. Dieser unmögliche, sexgeile, schwule Friseur!! Er musste sich wirklich stark beherrschen mit dem rosanen Stück Papier nicht das Gleiche zu machen wie Tom ständig mit einem von Jerrys zahlreichen Tagebüchern. [1] Stattdessen notierte er aber nur auf der Rückseite, dass er möglicherweise *vorbei*kommen werde – wenn Richard sich benahm. Einer ausgiebigen Dusche folgte eine Schnitzeljagd quer durch Richards Wohnung, die erschreckenderweise kein bisschen tuntig oder kitschig sondern viel zu normal und geschmackvoll eingerichtet war, nach seinen Klamotten. Diese waren irgendwie kreuz und quer über mehrere Zimmer verstreut und befanden sich zum Teil an den unmöglichsten Orten. Im Eifer des Gefechts und vor wilder Leidenschaft entflammt, hatten sie wohl ungeahnte Wurftalente entwickelt. Aus dem Gebäude schlich Mark sich durch den Hinterausgang. Er musste schließlich der Belegschaft des "Beautiful Hair" nicht noch bestätigen, was die bestimmt ohnehin schon wusste. Außerdem hatte er keinen Bock wissend von Richards Angestellten angegrinst zu werden, wenn er aus dessen Wohnung in den Salon trat, oder vom Meister höchstselbst möglicherweise noch vor versammelter Mannschaft abgeknutscht zu werden. Richard traute er so eine Dummheit nämlich ohne weiteres zu und er legte nun wirklich keinen gesteigerten Wert darauf für Wochen *das* Gesprächsthema im Ort zu sein. Immerhin hatte Mark aber noch so viel Anstand besessen das Bett wieder einigermaßen herzurichten, auch wenn Richard es ohnehin würde neu beziehen müssen, denn die letzte Nacht hatte unweigerlich ihre Spuren darauf hinterlassen. Es übertraf sogar noch wie sie das Hotelbett in Berlin zugerichtet hatten, was wirklich schon ein wahres Kunststück darstellte. Der vorherige Abend war so ganz und gar nicht nach Marks Vorstellungen verlaufen. Nicht, dass er ihn nicht genossen hätte, aber die geplante Aussprache war in Taten und nicht in Worten erfolgt. Allein beim Gedanken daran was sie statt reden alles getan hatten, wurde Mark hochrot – ein neuer Dauerzustand bei ihm, wie es schien. So konnte das doch nicht weitergehen, oder?! Das war doch nicht normal!! Sie hatten sich gerade mal acht Tage nicht gesehen und waren wie ausgehungerte Tiere übereinander hergefallen. Sein Verstand hatte nahezu augenblicklich ausgesetzt, als Richard ihn berührt und geküsst hatte. Sein Gesicht hatte immer noch eine sehr gesunde Farbe, als er endlich gegen elf zu Hause ankam. Er schaffte es glücklicherweise unbehelligt in sein Zimmer im ersten Stock. Dass ihm weder seine Eltern noch seine Schwester über den Weg liefen, grenzte schon fast an ein Wunder, da seine Verwandtschaft ersten und zweiten Grades sonst ein schier untrügliches Gespür zu haben schien, wenn er zu spät kam oder sonstwas ausgefressen hatte. Außerdem besaßen sie auch noch ein erschreckendes Talent ihn so zu verhören, dass ihm mindestens ein beschämendes Detail herausrutschte. Dass es sonst eigentlich nicht Marks Art war bei Freunden zu nächtigen, würde selbst seinen ignoranten Alten mal irgendwann auffallen... Allerdings hoffte er immer noch, dass seine kleine Notlüge vom Vorabend ihn ausreichend decken würde. Bis zur Mittagszeit packte Mark es noch ein ganzes Stück in seinem "Lernplan" voranzukommen. Trotzdem war er absolut im Rückstand, denn *natürlich* hatte er mal wieder viel zu spät mit Lernen angefangen. Er hatte schon fast wieder vergessen, dass ihm seine fadenscheinige Erklärung für seine Übernachtung bei Richard Sorgen bereitet hatte, als seine Mutter ihn zum Essen rief. Seine Abwesenheit am Vorabend stand jedoch gar nicht zur Debatte. Trotzdem kam es dann allerdings zu einer Unterhaltung, die ihm gehörig auf den Magen schlug. "Gestern hab ich übrigens die Gitte im Ort mit ihrer Tochter gesehen", setzte Marks Mutter an. "Du meinst die lesbische Tochter?", fragte Sabine nach, während sie scheinbar beiläufig ihr Schnitzel zersäbelte. Damit hatte sie es geschafft die Erzählung ihrer Mutter zu unterbrechen und die Unterhaltung in eine gänzlich andere Richtung zu lenken, ohne es vermutlich überhaupt zu wollen. "Sei bloß ruhig!", mahnte ihr Vater sie, als er sah, wie sich seine Frau an ihrem letzten Bissen zu verschlucken begann und sich langsam grünlich verfärbte. "Reg deine Mutter nicht so auf!" Dass Mark in dem Moment auch seine Kartoffel im Halse steckenblieb, schien glücklicherweise niemandem aufzufallen. "Was ist denn schon dabei?", meinte zu Marks Erstaunen seine Schwester. Sie war offenbar die Einzige am Tisch, die die ganze Sache völlig kalt zu lassen schien, denn während die anderen bereits das Essen weitestgehend eingestellt hatten, mampfte sie fröhlich weiter – wie immer. "Das ist doch heutzutage nun echt nix Außergewöhnliches mehr." Die restlichen Anwesenden starrten sie mehr oder minder entgeistert an und Mark guckte vermutlich am blödesten bei dieser Bemerkung. Schließlich zuckte ihr Vater mit den Schultern und meinte an seine Frau gewandt: "Was kümmert's dich, ist ja schließlich nicht deine Tochter..." Von einem Moment auf den anderen schien es Mark, als habe sein Essen jeglichen Geschmack verloren. Er hatte sich ja schon gedacht, wie seine werten Erzeuger zu Homosexualität standen, hatte sich aber bisher dazu nie Gedanken machen müssen. Es nun so deutlich aus ihrem Mund zu hören, war wieder etwas ganz Anderes – vor allem, wenn man plötzlich selbst zum Kreis der Verdächtigen gehörte... Dann passierte jedoch etwas, womit Mark nie im Leben gerechnet hätte: seine Schwester ergriff Partei für ihn – wenn auch auf ihre eigene, verquere Art und Weise... "Und was würdet ihr tun, wenn ich statt mit einem Kerl mit 'ner Frau ankommen würde?" Bine sah provozierend von einem Elternteil zum anderen, das Kinn kampflustig gereckt, und erhielt auch prompt Antwort. Immer noch kauend meinte ihr Vater in erschreckend ruhigem, besonnenem Ton: "Nun... ich würde sagen: 'Du hast meinen Segen, aber bitte verlass mein Haus!'" So schnell, wie schon lange nicht mehr, war Mark mit seinem Mittagessen fertig und flüchtete zurück in sein Zimmer. Wieso war er denn so geschockt?! Er kannte die Einstellung seiner Alten zu dem Thema doch. Weshalb machte es ihm jetzt auf einmal so viel aus?! Die Antwort war so simpel wie beschämend: Weil es ihn nun auch betraf! Zuvor war ihm das alles egal gewesen, weil es ihn nicht tangiert hatte. Wie schnell sich doch von einem Moment auf den anderen die Welt auf den Kopf stellen konnte. Vielleicht war das hier jetzt ja auch die gerechte Strafe für sein bisheriges Desinteresse und seine Parteilosigkeit bezüglich dieses Themas... Von den unerfreulichen Enthüllungen beim Mittagessen konnte sich Mark beim nachmittäglichen Sondertraining in seinem Karate-Club erholen. Samstags fand nur immer zu besonderen Gelegenheiten Training statt. Das war in diesem Fall der am nächsten Tag anstehende Wettkampf im Kata-Laufen. Mark hatte seine ganze Konzentration auf die korrekte Ausführung und Abfolge der Techniken der von ihm gewählten Formen bei dieser Art des Kampfes gegen mehrere unsichtbare Gegner aufzuwenden, so dass ihm keine Zeit blieb sein Hirn mit zermürbenden Gedanken über die Einstellung seiner Eltern in Bezug auf seine sexuelle Orientierung zu belasten. Dabei schienen "mehrere unsichtbare Gegner" sinnbildlich für seine derzeitige Gefühls- und Lebenssituation zu sein. Er hatte sowohl mit seinen eigenen Dämonen zu ringen – aber auch mit denen, die andere ihm aufbürdeten. "Gegner", die er nicht unbedingt sehen – aber sehr wohl spüren – konnte. Als sein Trainer Michael um Punkt vier Uhr das Training für beendet erklärte, hatte sich Mark abreagiert und fühlte sich wesentlich besser als noch wenige Stunden zuvor. Und nach einer raschen Dusche in der Sporthalle machte er sich nahezu unbeschwert auf den Weg zu Richard. Das "Beautiful Hair" war wieder einmal bestens besucht. Kein Wunder, wie sich Mark im Stillen dachte, lohnte sich der Besuch doch schon alleine, um den "most sexy hairdresser alive" zu Gesicht zu bekommen. Mark sah sich eine Weile im Laden um, konnte seinen Freund jedoch nirgends erblicken. Nach einem flüchtigen Blick auf die Uhr an der gegenüberliegenden Wand kam er zu dem Schluss, dass Richard vermutlich bereits mit der Arbeit fertig war. Immerhin hatte er ja in seinem peinlichen Brief an Mark verkündet, dass er um vier Feierabend machen wollen, oder?! Grinsend machte er sich auf den Weg zu der kotzgrünen Tür, die das Portal zu Richards privaten Gemächern darstellte. Er leckte sich in Vorfreude über die Lippen, während er sich lebhaft an den leckeren Empfang erinnerte, den Richard ihm am Tag zuvor bereitet hatte, als er plötzlich so unerwartet bei ihm in der Wohnung gestanden hatte. In dem Augenblick spürte er eine kühle Hand an seiner Schulter und zuckte ein wenig erschrocken zusammen. Als er zur Seite sah, erblickte er Gabi, die nun glockenhell lachte, weil er so schreckhaft war. Schmollend verzog er den Mund und sie lachte nur noch mehr, brachte unter Kichern ein "süüüüüß" hervor. "Was ist?", knurrte er so unfreundlich wie möglich. Wieso mussten sich die Leute immer so über ihn lustig machen und ihn – zu allem Überfluss – auch noch als 'süüüüüß' bezeichnen? Er war nicht süß, verdammt noch mal, warum zum Henker bekam er das also ständig unterstellt, hä?! Die dunkelhaarige Friseuse nahm Marks offensichtliche Verärgerung jedoch nur mit einem weiteren Schmunzeln hin. Dass er so knurrig auf die Bezeichnung "süß" reagiert hatte, machte ihn nur *noch* süßer, denn das zeigte ihr – so war sie der festen Überzeugung –, dass er es als Schmeichelei empfand, so betitelt zu werden, und aus reiner Verlegenheit dann so abweisend reagierte. "Richard ist in der Teeküche", meinte sie schließlich leise mit ihrem freundlichsten Lächeln auf den Lippen. Mark sah sie stutzig an. Woher wusste sie...? Gabi schien seine Gedanken gelesen zu haben, denn sie erläuterte: "Na, du wolltest doch gerade da rüber, in seine Wohnung, oder nicht?!" Mark blinzelte ein wenig ertappt und versuchte erfolglos sein Erröten zu verhindern, als er auch schon von Gabi am Arm gepackt und nach rechts in Richtung einer weiteren kotzgrünen Tür gezogen wurde. Der Anteil an Farben, die in diesem Salon an Erbrochenes erinnerten, war wirklich erschreckend hoch. Strauchelnd versuchte er sein Gleichgewicht zu halten, während er hinter der Friseuse herstolperte, die sich erbarmungslos durch das Getümmel einen Weg mit ihm bahnte. "Halt... was?", wollte er protestieren, doch da stand er auch schon in dem Aufenthaltsraum und wurde von Richard überrascht angeblinzelt, der wohl gerade dabei gewesen war Tee zu überbrühen und jetzt langsam den Wasserkocher absetzte, bevor dieser ihm noch aus der Hand fallen konnte. "Da ist er, guck!", grinste sie und deutete auf ihren Chef, der immer noch völlig überrumpelt von ihr zu Mark und wieder zurück guckte, bis sich schließlich ein feines, zurückhaltendes, aber ehrliches Lächeln auf seinen Zügen abzeichnete. "Sooo!", posaunte Gabi und hatte schon den Türgriff wieder in der Hand. "Dann will ich euch zwei Turteltäubchen mal wieder alleine lassen." Dabei zwinkerte sie den beiden noch mal schnell verschwörerisch zu und ließ dann die Tür hinter sich ins Schloss gleiten. "Moment... woher?!", rief Mark ihr noch atemlos hinterher, während ihm seine Gesichtszüge vollständig entgleisten, doch er bekam nur noch durch ein herzhaftes Lachen von Seiten Richards geantwortet. Irgendwie machte ihn das gerade wieder mächtig böse. Anscheinend fand hier jeder alles besonders witzig, was er so gar nicht nachvollziehen konnte und wollte. Wütend sah er zu seinem Freund herüber, der sich den Bauch mittlerweile vor lauter Lachen halten musste. "Du hast es ihr gesagt, oder?!" Marks Unterton sagte ihm klar und deutlich, dass er eigentlich keinen Zweifel daran hegte, dass dem so war – das Fragezeichen am Ende des Satzes überflüssig. Er knurrte und ging langsam und bedrohlich auf Richard zu. "Nein, nein", winkte der mit den Händen in der Luft rumfuchtelnd ab. "Ehrlich...", beteuerte er weiter, als Mark ihm immer mehr auf die Pelle rückte, während sich dessen Gesichtsausdruck von Sekunde zu Sekunde weiter verdüsterte. Als Mark schließlich direkt vor ihm stand, mit in die Hüften gestemmten Fäusten, seufzte Richard entnervt auf. "Mark, wirklich." Er sah ihn flehend an. "Du musst mir glauben... Sie hat vermutlich nur einen Scherz machen wollen, weil sie einfach mitbekommen hat, dass du schon wieder hier bist." Richard nahm Marks Gesicht zwischen seine Hände und streichelte zärtlich über dessen Wangen. "Ich hab keinem von uns erzählt. Denn das ist unsere Privatsache und geht keinen was an – nicht einmal und vor allem nicht meine Angestellten. Obwohl wir bei denen wirklich keine Angst zu haben bräuchten, dass sie es weitererzählen, wenn sie davon wüssten." Er lächelte besänftigend zu Mark herunter und hauchte ihm dann einen kurzen Kuss auf den Schmollmund. "Meine D Mark", schmunzelte er, drückte ihn wie einen Teddy an sich und knuddelte ihn durch. Zappelnd wand der sich in der würgegriffartigen Umklammerung seines Freundes. Er wettete, dass nicht mal eine Boa Constrictor so zudrücken könnte. "Nenn mich nicht so – und lass los, Mann! Ich krieg keine Luft... hmm!!!" Richard hatte spontan beschlossen der Atemnot seines Freundes mittels Mund-zu-Mund-Beatmung abzuhelfen. Mark verkrampfte sich im ersten Augenblick noch mehr, gab dann aber Richards weicher Zunge nach, die unerbittlich in seine Mundhöhle vordrang. Er legte seine Arme um den Hals seines Freundes und intensivierte die Verbindung, küsste Richard mit der selben Leidenschaft zurück wie dieser ihn. Als sie sich schließlich voneinander lösten, hatte Mark wirklich einen Grund von "Atemnot" zu sprechen und schnappte rasch und heftig nach Luft. "Ach, was bist du unfair! Immer ein unangenehmes Gespräch so zu umgehen..." Mark sah ihn funkensprühend an, brach aber schließlich in Gelächter aus. Sie lehnten aneinander und hielten sich umschlungen. Richard lächelte, wie so oft, lammfromm und streichelte Mark dabei durch die langen Haare, die er während ihrer wilden Knutscherei ganz durcheinander gebracht hatte. Genau in dem Moment öffnete sich die Tür zur Teeküche und ein rothaariger Jugendlicher starrte irritiert zu ihnen herüber. Mark, dem seine äußerst enge und somit viel zu vertrauliche Umarmung mit Richard plötzlich peinlich war, versuchte sich schleunigst von diesem loszumachen, hatte dabei aber seine Rechnung ohne Richard gemacht, der ihn weiterhin unbeeindruckt festhielt und zu dem Rotschopf herübersah. "Ich... äh..." Der Junge errötete und deutete zu der Kaffeemaschine hinüber. "Ich wollte nur was trinken... ehm..." Mark, der mindestens genauso rot wie der Bursche im Türrahmen war, sah nervös zu Richard hoch, der inzwischen unbewusst begonnen hatte ihm mit den Fingern über den Rücken zu fahren – und das unter Marks T-Shirt!! Richard lächelte zu dem rothaarigen Wesen herüber, das immer noch wie bestellt und nicht abgeholt dastand und der Dinge harrte, die da kommen mochten. "Komm ruhig rein. Kaffee ist in der braunen Thermoskanne, Tee in der grünen." Er ließ eine seiner Hände unter Marks Shirt wie zufällig hervorgleiten und deutete in Richtung der Getränke. "Ehm... danke...", stammelte der Angesprochene, dem Mark in Gedanken schon so passende Namen wie 'Milchgesicht' oder 'Bubie' verpasst hatte. "Das ist übrigens mein Freund Mark." Er nickte zu dem rotgesichtigen, dunkelhaarigen Etwas in seinen Armen und grinste innerlich darüber, wie sehr diese Bemerkung Mark jetzt sicher aufregen musste, hatte dieser eben gerade doch so unheimlich empfindlich darauf reagiert, dass Richard möglicherweise jemandem etwas von ihnen beiden erzählt haben könnte. Aber immerhin tat Richard es nun vor Marks Augen, also konnte dieser ihm zumindest keine Heimlichtuerei vorwerfen! "Und Mark, das ist Dominik, Friseurlehrling im ersten Jahr." Mark versuchte indessen unauffällig mit dem Laminatfußboden zu verschmelzen; doch aus irgendwelchen unersichtlichen Gründen wollte es ihm beim besten Willen nicht gelingen. Was fiel Richard überhaupt ein?! Hatte er nicht gerade eben ziemlich deutlich gesagt, dass er nicht wolle, dass jemand von ihrer Beziehung erfuhr und hatte Richard ihm nicht Recht gegeben?! Was also sollte *das hier* jetzt?! Er verstand die Welt nicht mehr – aber nicht erst seit gerade eben, sondern schätzungsweise von dem Zeitpunkt an, zu dem er Bekanntschaft mit einem gewissen schwulen Friseur gemacht hatte... Der nervöse Dominik hauchte ein scheues "Ha... hallo", griff nach der braunen Kanne, angelte sich die erstbeste Tasse, die er auf der Spüle entdecken konnte und verließ die Teeküche hastig wieder. "Was sollte das eben, du falscher Fuffziger?!!", brüllte Mark auch sogleich Richard an, der sich währenddessen unbeeindruckt mit dem kleinen Finger im Ohr pulte. "Hast du nicht eben noch behauptet, dass unsere Beziehung unsere Privatangelegenheit sei und niemanden – ganz besonders nicht deine Angestellten – etwas anginge?!!" Er kriegte sich gar nicht mehr ein, so sehr regte ihn Richards eigenmächtiges Outen von ihm auf. /Muss. Drang. Zu töten. Unterdrücken./ Beschwichtigend hob das Zielobjekt seines Gezeters die Hände und legte sie schließlich sanft auf die Schultern seines wütenden Freundes. "Was hätte ich denn sonst in dem Augenblick machen sollen?! Ich meine: die Situation war ja wohl eindeutig. Wären wir hastig auseinandergefahren und hätte ich geleugnet, dass zwischen uns etwas ist, hätte das doch nur zu Geschwätz zwischen meinen Angestellten und vermutlich unschönen Gerüchten geführt, die bei weitem mehr Schaden anrichten können, als die Wahrheit jemals könnte." Er holte kurz Luft und zwinkerte Mark dann schelmisch zu. "Außerdem... ist Dominik auch schwul und ich wollte gleich mal klarstellen, dass dieser scharfe Typ hier zu mir gehört und er gefälligst seine Finger von dir zu lassen hat – wenn er nicht gekündigt haben will." Mark errötete niedlich und Richard beugte sich lachend zu ihm herunter, um ihn auf die Stirn zu küssen und ihm mit belegter Stimme ins Ohr zu raunen: "Mein kleiner, rotgesichtiger Goldschatz, dich teile ich ganz bestimmt mit niemandem. Hab dich schließlich ehrlich erbeutet und nun gehörst du mir – oder siehst du das anders?!" Mokierend zog er den linken Mundwinkel nach oben und beobachtete amüsiert, wie Mark um Fassung rang und vor überrumpelter Überraschung nicht einen vernünftigen Ton zustande brachte. "Wir schließen gleich", hauchte Richard an seinem Ohr. "Und dann werde ich Zeit haben mich ausgiebig mit dir und der Erkundung deines Körpers zu beschäftigen." Mark hatte das Gefühl, dass die rötliche Verfärbung seines Gesichts langsam chronisch wurde. Kommentar: [1] Kennt das überhaupt noch irgendwer? Am Ende jeder Folge "Tom & Jerry" zerreißt Kater Tom das Tagebuch von Maus Jerry, so dass man sich nach mehreren Folgen fragt, wie viele Tagebücher Jerry eigentlich führt. O.o;; --- Erstveröffentlichung: 20.08.2005 Veröffentlichung korrigierte und überarbeitete Fassung: 30.01.2011 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)