Again and again and again von Flordelis ================================================================================ 2nd Loop: Wir kennen uns schon sehr lange ----------------------------------------- [LEFT]»Wir sind da, Monsieur Flordelis.«[/LEFT] [LEFT]Es kam ihm vor, als tauche er aus einem Fiebertraum auf. Flüchtige Farben tanzten noch in seinem Gedächtnis, verbanden sich mit Geräuschen, die einst Stimmen gewesen sein mochten, nun aber so verwischt waren, dass ihre ursprüngliche Bedeutung nicht mehr zu erkennen war. Er versuchte, die Erinnerungen zu fassen, erhaschte Eindrücke eines Amethysten, der ihn wütend sein ließ, Julie in einem goldenen Kleid, mit diesem Armreif, für den sie ihre Freundschaft geopfert hatte, und dieser kühle Blick, der ihn quer durch den Raum hindurch traf. Dann zerflossen die Erinnerungen zwischen seinen Fingern und sammelten sich auf dem Boden zu einer farbenfrohen Pfütze, in der keine Einzelheiten mehr zu erkennen waren.[/LEFT] [LEFT]Ihm blieb nur, seine Augen zu öffnen.[/LEFT] [LEFT]Er blinzelte und stöhnte leise, als das grelle Licht von draußen auf seine Augen traf. Der hell erleuchtete Magnum-Opus-Palast hob sich wie ein Juwel von dem tintenschwarzen Nachthimmel ab; zweifellos verdrängte das Licht der Gala jegliches Leuchten von Sternen.[/LEFT] [LEFT]Moment![/LEFT] [LEFT]Der Magnum-Opus-Palast? Die Gala? War er nicht auf dem Heimweg gewesen?[/LEFT] [LEFT]Sofort huschte sein Blick in Richtung seines Telefons, das er noch in der Hand hielt. Auch wenn er sich nicht daran erinnerte, es aus seiner Tasche genommen zu haben. Das leuchtende Display verriet ihm, dass es gerade 20 Uhr war. Zu jener Zeit war er bei der Gala angekommen. Vor vier Stunden. Und nun war es wieder …[/LEFT] [LEFT]Wie war das möglich? Er erinnerte sich an die Gala, das falsche Lächeln der Leute, die oberflächlichen Gespräche, das höfliche Lachen, Julie in diesem furchtbaren Kleid – und der Stein, der Grund für ihren Streit, der alle Einzigartigkeit verloren hatte. Könnte es sein, dass es nur ein Traum gewesen war? Hatte er die Gala noch gar nicht besucht?[/LEFT] [LEFT]Um nicht zu lange auf das Bild seines Displays zu starren, steckte er das Handy wieder ein.[/LEFT] [LEFT]»Alles in Ordnung?« Die vertraute Stimme seines Chauffeurs, er musterte Flordelis durch den Rückspiegel. »Sie sehen plötzlich so blass aus.«[/LEFT] [LEFT]Schwäche vor seinen Angestellten zu zeigen oder einem solchen zu erklären, dass er einen merkwürdigen Traum durchlebt hatte, hätte ihm gerade noch gefehlt. Deswegen schüttelte er mit dem Kopf. »Alles ist in Ordnung. Ich bin nur … nicht sehr erpicht auf diesen Gala-Besuch.«[/LEFT] [LEFT]»Ich würde auch wirklich nicht mit Ihnen tauschen wollen. Außer vielleicht für das Essen.«[/LEFT] [LEFT]Das wäre wirklich der einzige Vorteil – wenn man bei Galas wirklich zum Essen käme. Aber statt das weiter zu erörtern, entschuldigte Flordelis sich bei seinem Fahrer schon einmal für das langweilige Warten (worauf dieser ihm versicherte, dass es schon in Ordnung sei), dann verließ er den Wagen und ging auf den Eingang des Palasts zu.[/LEFT] [LEFT]Selbst dieser Moment, diese Schritte, kamen ihm so vertraut vor, sie mussten erst vor kurzem geschehen sein. War es möglich, einen derart realistischen Traum zu erleben? Oder träumte er diese Wiederholung? War sein Unterbewusstsein derart zerrüttet von dem Erlebten, dass es ihm nicht einmal erlaubte, von hier zu fliehen?[/LEFT] [LEFT]Ein Diener, der in der Eingangshalle stand, begrüßte Flordelis mit einem unverbindlichen Lächeln und bat ihn, direkt zum Ballsaal durchzugehen. Für einen kurzen Moment überlegte er, den Mann zu fragen, ob er heute schon einmal hier gewesen war, aber er entschied sich dagegen. Falls das ein Traum war, führte es nirgendwo hin. Und falls es Realität war, würde es nur einen seltsamen Eindruck erwecken, der zu Gerüchten und Rückschlägen bei Geschäften führte.[/LEFT] [LEFT]Also bedankte er sich nur und legte dann den Weg zum Ballsaal zurück. Diesmal allein, weil er sich ohnehin auskannte und weil er nicht riskieren wollte, auf dem Weg vielleicht doch zu fragen, was hier vor sich ging.[/LEFT] [LEFT]Bedienstete zogen sich hastig in die Dunkelheit zurück, wann immer er an ihnen vorbeikam, bevor er einen von ihnen grüßen oder mustern konnte. Die Musik und die Gespräche aus dem Ballsaal vibrierten regelrecht durch das Gebäude und lockten ihn zu sich. Gleichzeitig erzeugte jeder Schritt, der ihn näher hinführte, in Flordelis nur mehr Abneigung. Waren die vier Stunden nicht genug Strafe gewesen? Warum sollte er sie noch einmal durchstehen?[/LEFT] [LEFT]Vor der Tür des Ballsaals blieb er wieder stehen. Auch wenn es unsinnig war, kniff er sich selbst in den Arm, nur um schmerzhaft das Gesicht zu verziehen. Das hier war also offenbar kein Traum. Dann musste das zuvor Erlebte ein Traum gewesen sein. Ein Albtraum wahrscheinlich. Das sollte ihn nicht weiter wundern, er hasste diese Ereignisse wirklich, nicht zuletzt, weil sie eigentlich immer gleich waren. Das einzige, was sich änderte, waren die von den Frauen getragenen Kleider. Also war es durchaus im Bereich des Möglichen, sie im Vorfeld zu träumen. Alles war gut, er müsste nur diese vier Stunden überstehen. Er konnte das.[/LEFT] [LEFT]Doch als er die Tür öffnete, sank sein Mut ins Bodenlose. Er kannte das Bild, das sich ihm bot, es war eindeutig jenes, das er heute, in seinem Traum, schon einmal gesehen hatte. Das verhüllte Podest in der Mitte des Saales, die Kleider der anwesenden Frauen – aber vor allem entdeckte er fast sofort Julie zwischen ihnen, in diesem goldenen Kleid, den viel zu hohen Schuhen, den Perlenschnüren in ihrem Haar und dem Reif an ihrer Hand, dessen Glitzern ihn zu verspotten schien.[/LEFT] [LEFT]Seine Brust zog sich zusammen, während er versuchte, das zu verarbeiten. Sein Verstand lehnte es aber vollkommen ab, es war einfach unmöglich. Prophetische Träume existierten vielleicht für bestimmte Menschen, aber er gehörte nicht zu diesen. Das hier war aber auch kein Traum, er war eindeutig wach. Das alles widersprach jeglicher Logik und doch war er mittendrin.[/LEFT] [LEFT]Ihm blieb keine Zeit, sich länger damit auseinanderzusetzen, da plötzlich eine Stimme an sein Ohr drang: »Ah, Monsieur Flordelis!«[/LEFT] [LEFT]Flordelis wandte sich Henri zu, der strahlend auf ihn zukam. Genau wie zuvor.[/LEFT] [LEFT]Henri nahm seine Hand, um sie ausgiebig zu schütteln. »Ich bin so froh, dass Sie es einrichten konnten. Wir wissen ja alle, wie beschäftigt Sie sind.«[/LEFT] [LEFT]»J-ja«, sagte Flordelis. »Die Verspätung tut mir leid.«[/LEFT] [LEFT]Er versicherte ihm sofort, dass das schon in Ordnung war, dann betrachtete er ihn besorgt. »Geht es Ihnen gut, Monsieur Flordelis? Sie sehen etwas blass aus.«[/LEFT] [LEFT]»Es ist alles in Ordnung, machen Sie sich bitte keine Sorgen.« Es wäre nicht sehr hilfreich, mit Henri über dieses Traum-Thema zu sprechen, also verzichtete er drauf. »Ich denke, ich habe nur zu viel gearbeitet.«[/LEFT] [LEFT]»Umso wichtiger, dass Sie sich auch endlich eine Auszeit gönnen.« Henri lächelte wieder. »Deswegen freue ich mich, dass Sie heute hier bei uns sind, Monsieur Flordelis. Wenn ich meine zwei größten Schmuckstücke präsentiere, muss einfach jeder dabei sein.«[/LEFT] [LEFT]»Zwei größte Schmuckstücke?«, hakte Flordelis nach.[/LEFT] [LEFT]Das war neu. Vielleicht trug das endlich dazu bei, dass er seine Verwirrung ablegen und akzeptieren konnte, dass alles zuvor nur Teil eines Traums gewesen war. Einer, der in einigen Details eigenartig mit der Realität übereinstimmte, aber nicht viel mehr. Und auch das ließ sich vielleicht damit wegerklären, dass er sich gar nicht wirklich an diesen Traum erinnerte, sein Verstand aber unbedingt Lücken schließen wollte. Ja, damit könnte er leben.[/LEFT] [LEFT]Statt einer Antwort bat Henri ihn mit sich und ging dann direkt auf die anderen Anwesenden und vor allem das verhüllte Podest zu. Flordelis folgte ihm langsamer und blieb schließlich in angemessener Entfernung wieder stehen.[/LEFT] [LEFT]»Meine lieben Gäste«, verkündete Henri voller Begeisterung, »ich freue mich, dass wir nun vollzählig sind~.«[/LEFT] [LEFT]Sofort verstummten alle Gespräche, die Blicke aller wandten sich ihm zu, abgesehen von Flordelis'; er konzentrierte sich auf Julie, die am erwartungsvollsten aussah.[/LEFT] [LEFT]»Es ist mir eine große Ehre«, fuhr Henri fort, »Ihnen allen endlich mitzuteilen, wofür wir uns versammelt haben. Es gibt gleich zwei großartige Nachrichten, die ich zu verkünden habe!«[/LEFT] [LEFT]Darauf breitete sich ein leises Flüstern aus, als jeder bereits zu ergründen versuchte, worum es hier eigentlich ging. Abgesehen von der Enthüllung dieses Edelsteins, was gab es da noch zu erzählen?[/LEFT] [LEFT]»Zu meiner ersten Nachricht: Inzwischen ist es in Kalos allgemein bekannt, dass ich vor kurzem in den Besitz eines ganz besonderen Stücks gekommen bin, das meine hochdotierte Sammlung noch weiter veredeln wird.«[/LEFT] [LEFT]Julie lächelte sanft, während sie Henri zuhörte. So sanft hatte sie früher nur für Flordelis und Platan gelächelt. Warum machte ihn das so seltsam wütend?[/LEFT] [LEFT]»Hiermit enthülle ich voller Stolz den Amethyst der 1000 Möglichkeiten!«[/LEFT] [LEFT]Damit entfernte er das Tuch unter dem eine gläserne Vitrine auf einem Podest zum Vorschein kam. Darin lag ein lila-farbener Edelstein mit Pendeloque-Schliff – genau wie jener in seinem Traum.[/LEFT] [LEFT]Henri breitete begeistert die Arme aus. »An diesem Abend werden Sie alle noch ausführlich die Gelegenheit bekommen, meinen Schatz zu betrachten. Nun möchte ich Ihnen aber noch mein zweites Schmuckstück präsentieren!«[/LEFT] [LEFT]Er streckte Julie die Hand entgegen, die sie elegant ergriff, als sie sich an seine Seite begab. Dort legte Henri einen Arm um ihre Taille und wandte sich strahlend wieder den Gästen zu. »Die liebreizende Julie, der ich mein erstes Schmuckstück verdanke, ist auch mein zweites und wertvollstes. Ja, Sie vermuten richtig, meine lieben Gäste, wir wollen diese Gelegenheit nutzen, um unsere Verlobung bekanntzugeben!«[/LEFT] [LEFT]Von den anderen kamen überraschte und erfreute Ausrufe. Flordelis dagegen hatte kurzzeitig den Eindruck, als würde sein gesamtes Inneres durch Eiswasser ersetzt werden. Dabei war er sich nicht einmal sicher, warum ihn das so sehr traf. Julie konnte machen, was sie wollte – und Henri auch.[/LEFT] [LEFT]Die ersten mehrstimmigen Glückwünsche wurden ausgerufen, gefolgt von Applaus, dem sich alle Gäste anschlossen, auch Flordelis, um keine Gerüchte entstehen zu lassen. Julie sah zu ihm herüber, er erwiderte ihren Blick mit ausdrucksloser Miene. Darauf runzelte sie die Stirn. Was erwartete sie von ihm? Dass er sich freute, dass sie dafür ihre Freundschaft beendet hatte? Hätte sie ihm das nicht wenigstens erklären können?[/LEFT] [LEFT]Julie wandte ihren Blick wieder von ihm ab. Henri bedankte sich strahlend für die Glückwünsche. »Deswegen wünschen wir Ihnen nun ein großartiges Fest. Essen und trinken Sie so viel Sie wollen! Teilen Sie unsere Freude! Das ist alles, was wir uns heute von Ihnen wünschen.«[/LEFT] [LEFT]Einige der anderen Gäste – darunter auch Platan, wie Flordelis erkannte – versammelten sich sofort um sie beide, um ihnen noch persönlich mitzuteilen, wie sehr man sich für das Paar freute. Rasch verlor Flordelis sie damit aus den Augen. Aber das war auch egal, denn er selbst war plötzlich von einigen potentiellen Geschäftspartnern umgeben, die er nicht einfach vertrösten konnte. Somit blieb ihm keine Gelegenheit mehr, weiter über Henri und Julie nachzudenken – und im Moment war er wirklich froh darum.[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] [LEFT]Mehrere Stunden später, nachdem Flordelis mit allen geredet hatte, mit denen er reden musste, fand er endlich die Zeit, mit Platan zusammenzustehen, während er seinen Champagner trank. Dabei war dieses Glas eigentlich schon zu viel. Aber wann immer er darüber nachdachte, dass er vielleicht kein weiteres trinken sollte, hörte er wieder jemanden darüber reden, wie schön es für Henri war, dass er endlich eine Braut gefunden hatte, und dann nahm er sich doch wieder eines.[/LEFT] [LEFT]»Heute sind sie wirklich gut drauf.«[/LEFT] [LEFT]»Platan.« Flordelis atmete tief durch, seine Zunge fühlte sich schwer an. »Auch wenn Madame Josette sich entschuldigt hat, war es nicht in Ordnung, dass sie Madame Enora eine Affäre unterstellte. Schon gar nicht mit Madame Josettes Ehemann.«[/LEFT] [LEFT]»Das stimmt schon«, gab Platan zu und wechselte dann lieber das Thema: »Warum hast du Monsieur Henri und Julie eigentlich nicht gratuliert? Bist du immer noch wütend auf sie?«[/LEFT] [LEFT]Nachdenklich sah Flordelis ihn an. Sein Freund strahlte regelrecht, als freute er sich wahnsinnig für Julie. Wahrscheinlich tat er das sogar.[/LEFT] [LEFT]»Das klingt, als hättest du mich den ganzen Abend beobachtet.[/LEFT] [LEFT]»Das habe ich auch, mein Bester~.«[/LEFT] [LEFT]Der Stolz, der in seiner Stimme mitschwang, irritierte Flordelis, deswegen musste er einfach nachhaken: »Weswegen?«[/LEFT] [LEFT]»Ich beobachte dich einfach gern.« Platan zwinkerte ihm zu. »Du bist eine sehr eindrucksvolle Erscheinung.«[/LEFT] [LEFT]Flordelis nahm noch einen großen Schluck seines Champagners, statt darauf zu reagieren. Warum verwirrte dieser Mann ihn nur so gern?[/LEFT] [LEFT]»Jedenfalls«, wechselte Platan unvermittelt das Thema zurück, »hast du mir nicht geantwortet, ob du noch wütend auf sie bist.«[/LEFT] [LEFT]»Ich werde nicht einfach damit aufhören.«[/LEFT] [LEFT]»Aber jetzt weißt du doch, dass sie den Stein Monsieur Henri für die Liebe überlassen hat«, sagte Platan viel zu sanft. »Solltest du ihr also nicht vergeben und dich für sie freuen?«[/LEFT] [LEFT]Als guter Freund wäre das wirklich die richtige Reaktion, das war ihm selbst bewusst. Aber gleichzeitig war das auch, was ihn daran so sehr verletzte. »Warum hat sie mir das nicht einfach gesagt? Vielleicht hätte ich es dann anders gesehen.«[/LEFT] [LEFT]»Sie hat dir doch den Armreif gezeigt, den Monsieur Henri ihr dafür gegeben hat, oder? Vielleicht war das ihre Art, es dir mitzuteilen? Und du hast ihr nur nicht zugehört.«[/LEFT] [LEFT]Er hatte sie wirklich nicht ausreden lassen, als sie ihn deswegen aufgesucht hatte. Stattdessen war es zu einem Streit gekommen und sie war wütend davongerauscht. Seitdem sprachen sie nicht mehr miteinander.[/LEFT] [LEFT]»Ich verstehe es einfach nicht.« Flordelis schüttelte mit dem Kopf. »Warum Monsieur Henri?«[/LEFT] [LEFT]Das klang verdächtig danach, als wollte er fragen, warum sie nicht ihn gewählt hatte. Dabei war das gar nicht seine Intention gewesen. Zum Glück ging Platan auch nicht weiter darauf ein: »Ihr Vater war ein Sammler. Vielleicht hat sie einfach eine Schwäche für solche Leute. Aber auch wenn nicht, Monsieur Henri ist doch ein großartiger Mann. Er wird sie bestimmt gut behandeln.«[/LEFT] [LEFT]Das glaubte Flordelis auch. So stolz wie Henri sie präsentierte, während er an ihrer Seite glücklich durch den Saal wandelte, konnte Flordelis sich nicht vorstellen, dass er sie jemals verletzen würde. Selbst wenn Flordelis wütend auf sie war, wollte er immerhin nicht, dass das geschah.[/LEFT] [LEFT]»Damit bleiben wir wohl noch länger unter uns«, bemerkte Platan. »Dann können wir uns noch besser kennenlernen.«[/LEFT] [LEFT]Flordelis sah ihn schmunzelnd an. »Denkst du nicht, dass wir uns schon gut genug kennen? Ich bin sogar fast überzeugt, deine Gedanken lesen zu können.«[/LEFT] [LEFT]»Wirklich?«, fragte Platan aufgeregt. »Was denke ich dann gerade?«[/LEFT] [LEFT]Wenn er seinem Traum glauben durfte – wovon er nicht ausging, aber einen Versuch war es wert –, gab es da nur eine Sache: »Du denkst, dass heute der perfekte Abend ist, dass Julie und ich uns wieder versöhnen – und dass wir zwei Pampuli sind.«[/LEFT] [LEFT]Platans Augen weiteten sich vor Erstaunen und Ehrfurcht. »Du kannst wirklich meine Gedanken lesen!«[/LEFT] [LEFT]Das stimmte mit seinem Traum überein? Nein, es musste Zufall sein, das war unmöglich.[/LEFT] [LEFT]»Platan, wir kennen uns schon sehr lange. Ich bin einfach nur gut darin, zu erraten, woran du denken könntest. Das ist alles.«[/LEFT] [LEFT]Das klang logisch. Auch Flordelis könnte damit leben. Und Platan glücklicherweise auch, er nickte bereits. »Verständlich. Aber nicht sehr romantisch, mein Bester.«[/LEFT] [LEFT]Und schon war Flordelis wieder verwirrt, was seinen Freund anging. Mehr davon würde er an diesem Abend nicht mehr ertragen. Deswegen leerte er den Rest seines Glases und stellte dieses dann auf dem Tablett eines vorbeieilenden Kellners ab. »Ich denke, ich beende diesen Abend an dieser Stelle.«[/LEFT] [LEFT]»Oh, wirklich?« Platan sah ihn enttäuscht an. »Es ist noch nicht einmal ganz Mitternacht. Um diese Zeit beginnen solche Feste doch erst wirklich, das sagen auch alle Märchen. Willst du das nicht einmal wenigstens ausprobieren?«[/LEFT] [LEFT]»Ich muss morgen wieder arbeiten«, erwiderte Flordelis kurz angebunden. »Tut mir leid.«[/LEFT] [LEFT]»Dann sehen wir uns wohl ein andermal wieder.« Platan lächelte ihm zu. »Schlaf gut. Und melde dich, falls du Redebedarf hast. Oder falls du noch mehr meiner Gedanken erahnen kannst~.«[/LEFT] [LEFT]Flordelis versicherte ihm, dass er genau das machen würde, dann strebte er zum Ausgang und verließ den Saal ohne weitere Unterbrechung und auch ohne Julie noch einmal zu sehen. Dennoch glaubte er, ihren Blick kurz auf sich zu spüren, als er die Tür schloss, aber er sah sich nicht um.[/LEFT] [LEFT]Kaum war er von den Feierlichkeiten abgeschottet, atmete er tief durch. Warum belastete ihn diese Verlobung nur so sehr? Oder ärgerte er sich doch nur über seine eigene Starrköpfigkeit, die verhinderte, dass er sich für sie freute? Ja, das musste es sein. Er sollte Julie in den nächsten Tagen anrufen, um sich für sein Verhalten zu entschuldigen und ihr zu gratulieren. Vielleicht war es noch nicht zu spät, ihre Freundschaft zu retten. Bestimmt besserte sich dann auch seine Laune wieder.[/LEFT] [LEFT]Erst einmal durchquerte er aber die Gänge in Richtung Ausgang. Er wurde von niemandem aufgehalten, sodass er bald wieder bei seinem Wagen ankam, in dem sein wartender Chauffeur ihn überrascht empfing. »Sie brechen schon wieder auf?«[/LEFT] [LEFT]Erschöpft ließ Flordelis sich auf den Rücksitz sinken. »Ich hatte für heute genug Überraschungen.«[/LEFT] [LEFT]»Reiche haben wohl ihre ganz eigenen Probleme«, folgerte sein Chauffeur schulterzuckend.[/LEFT] [LEFT]War das eine angemessene Reaktion auf seine Antwort? Flordelis war sich nicht sicher, aber er wollte auch nicht darüber nachdenken.[/LEFT] [LEFT]Er lehnte sich zurück, als der Wagen losfuhr und den Magnum-Opus-Palast mit seinen hellen Lichtern rasch hinter sich ließ.[/LEFT] [LEFT]Gerade als Flordelis seine Augen schließen wollte, gab sein Handy plötzlich einen Ton von sich. Mit genervter Überraschung – hatte er davon nicht schon genug? – zog er das Handy hervor. Das Display verriet, dass es 23:58 Uhr war, was ihm zumindest sagte, warum er plötzlich so müde war.[/LEFT] [LEFT]Aber als er sah, von wem die Nachricht kam, war er kurz wieder hellwach.[/LEFT] [LEFT]Julie?[/LEFT] [LEFT]Für einen flüchtigen Moment hoffte er, dass sie sich jetzt entschuldigte und ihm eine Erklärung schickte, aber stattdessen war es nur eine Frage: Warum gehst du immer?[/LEFT] [LEFT]Das ließ ihn noch verwirrter zurück. Störte es sie plötzlich, dass er Galas immer so früh verließ? Oder meinte sie etwas anderes?[/LEFT] [LEFT]Unwillkürlich dachte er erneut an diesen Traum zurück. Aber er verwarf diesen Gedanken, der ihn dabei überkam, auch sofort wieder. Es war einfach unmöglich, er konnte diese Gala nicht zweimal erlebt haben. Das widersprach jeglicher Logik, der er sich als Wissenschaftler verschrieben hatte. Er war nun einmal nicht Platan, der mehr der Romantik zugeneigt war.[/LEFT] [LEFT]Flordelis wollte Julie antworten, sie fragen, was sie meinte, doch da sprang die Zeit auf 23:59 Uhr und eine geradezu bleierne Müdigkeit kam über ihn. Entgegen all seiner Anstrengungen fielen seine Augen zu und er rutschte in einen tiefen Schlaf, in dem er immer wieder Julies Blick in seinem Rücken spürte, während Henris Stimme feierlich ihre Verlobung verkündete.[/LEFT] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)