Cut³
Der Türkise lässt die Seitenflure hinter sich, erreicht den Hauptflügel und bleibt inmitten des zweistöckigen Eingangsbereich stehen. Die Fensterscheiben über, hinter, rechts, links, uns gegenüber sind regenüberströmt.
Die Haustür wird aufgestossen, zusammen mit einem Regenschwall tretet der Hausheer ein.
Dienstnutten greifen kreischend nach seinem klebenden Mantel, ein trockener liegt in den Händen einer anderen - er ist bestimmt mit deren Parfüm besprüht.
Stumm stehe ich links neben dem Jungen.
Die breiten Schultern unter dem trockenem, schwarzen Leder.
Aneinandergereihte Regentropfen rinnen an seinen braunen Haaren herunter.
In den Nacken.
Stirn und Kinn entlang.
Die Reihe von Dienstnutten treten zurück, begaffen offensiv sabbernd das unerreichbare, tropfnasse Sexobjekt.
Ich gaffe auch, nur defensiv hinter aufgesetzter Mimik.
" Hey Seto, das Weib da will mit dir quatschen."
Sachte fällt der Noah-Kopf in meine Richtung.
Das Regenplappern hört nicht auf. Plastikpalmen in den Villengärten biegen sich unter den Windböen, scheinen jeden Augenblick zu zerbrechen.
Chlorwasser steigt über dem verfließten Poolrand, lässt dazugehörige Plastikstühle und Liegematten unter dem Wasserspiegel stehen.
Massivere Baumäste kratzen, hohes Pflanzengewächs klatscht gegen die Fenstergläser.
Abgefallene Gingkoblätter auf dem glitschigen Boden, sammeln sich zu matschige Haufen an den Straßenrändern und über den vergitterten Straßenabflüßen.
Kaiba öffnet eine Tür, seine Bürotür. Robotermäßig gehe ich an ihm vorbei.
Noch kurz bleibt der Blick an seinem langen, schwarzen Ledermantel
hängen.
Die restlichen Meter werden ich vom Flur weggeschoben, vollends rein in den offenen Raum.
Sehe nur Dunkelheit. Meine Beine werden vom Erdgrund angezogen und ich falle auf die Knie.
Die Schwerkraft hat sich verdoppelt.
" Ich hätte nicht gedacht, dass du so naiv bist." Provokant geht er um mich rum.
Die Stimmung weniger relaxed.
Es ist angenehm dunkel, bis eine Vielzahl greller Bildschirmflächen viereckige Lichtfelder auf dem Boden werfen. Es sticht ungehemmt in die Augen.
Kleinere Kästen links und rechts, dazwischen nimmt ein gigantischer Monitor die größte Wandfläche ein.
In der Mitte Kaiba, sitzend auf einem aufgemotzten Rollstuhl.
Ich frage: " Wie kannst du so ruhig bleiben?"
Ein Fuß liegt angewinkelt auf seinem oberen Schenkel. Das schwarze Leder auf den langen Beinen, Falten heben sich glänzend hervor.
" Der Auftrag , eine Diskette zu besorgen war ein Testlauf.
Welcher Ort, welcher Tisch, welche Begleitung Herrn Devlin mitschleppen würde...
Auch, dass in seiner rechten Jacketttasche das Objekt der Begierde zu finden ist, wie du fälschlicherweiße angenommen hast."
Unsere Positionen sind passend besetzt. Das getäuschte Häufchen Angestellte, die panisch auf dem Boden lungert und
ihre Beine nicht kalkulieren kann. Sie zittern unentwegt, man kann es nicht übersehen.
Der Allmächtige sitzt mit straffen Schultern auf dem Podest, man schaut zu ihm hoch.
Je nach Laune kann er kann Existenzen zerstören. Wann es ihm gefällt, brechen Kleinkonzerne in ganz Japan zusammen.
Melden weltweit Sanktion an.
Ein Anblick von den unterkühlten Azurbrillianten auf der makellosen Maske genügt.
" Es war eine x-beliebige Diskette, die du entwenden solltest. Darauf sind Billianzen der letzten fünf Jahre,
völlig wertlos.
DevlinTech hat sich eigenverantwortlich Schachmatt gesetzt.
Ein Konkurrenzkampf mit der KaibaCorporation hat es nie gegeben."
Ich kann meine Beine nicht bewegen.
Der gesamte Körper scheint tonnenbeladen. " Und die Presse?
Zwei... zwei Tage vor dem Konkurrenzkampf mit Devlin..."
" Siehst du irgendwelche Reporter?" Eine Kopfbewegung Richtung Fensterfront.
Wow...
owaaahh. Ich schwöre, ihm sind gerade ein dutzend feinste Haarsträhnnen vor die Augen gefallen.
Kuschelig!
Die Regentropfen hämmern gegen das besudelte Glas, deren Echo bricht sich in den Innenwänden.
Außer dem glitzernden Betonboden wird die Umgebung von der Dunkelheit untergraben.
Ich sehe geradeaus.
Das Haupttor liegt frei und fest verschlossen. Kein Blitzgewitter,
keine Kamerastative oder tollwütige Reporter, die mit ihren Karosserien die Hauptstraße versperren.
Keine Schwein ist draussen.
" Die Presse wurde beachrichtet, um zu inszenieren.
Und du bist wieder hereingefallen."
Meine Beine zittern immer mehr oder die Marmorplatten tanzen wieder.
Die Kälte verfängt sich in jedem Nerv, Taubheit klettert den Nacken herunter.
Kaiba sitzt reglos auf seinem Podest, ich begaffe die Fenster mit den fliesenden Regenbahnen.
" Du bist nutzlos." Das Ergebnis vom Testvorgang.
Punkt, Ende, Finito, al dente, Sayonara.
Die angsteinflößende Autoritätsperson.