Neue (und alte) Abenteuer von Sharry (Szenen, die es nicht in die Hauptfic geschafft haben) ================================================================================ Kapitel 20: Extrakapitel 17 - Ein besonderer Abend -------------------------------------------------- Ein besonderer Abend   -Mihawk- Gähnend schlurfte er durch die Flure seines Schlosses. Perona hatte sich soeben erdreistet, ihn zu wecken, weil der angekündigte Besuch früher eingetroffen war, als erwartet. „Jiroushin“, murrte er, als er die Türe zum Kaminzimmer aufzog, „ich habe dir schon viel zu oft gesagt, dass du nicht zu so früher Stunde…“ Er erstarrte. „Nein, heute nicht.“ Kopfschüttelnd wandte er sich wieder um und ging. „Falkenauge, jetzt warte doch!“ „Nein!“ Er legte noch einen Schritt zu. „Es ist deutlich zu früh, um mich mit… lass mich los!“ Doch er konnte dem Arm nicht entrinnen, der sich mit dem erdrückenden Griff einer Riesenboa um ihn klammerte. „Ach, komm schon. Sei doch nicht so.“ Lachend zog Shanks ihn mit sich zurück ins Kaminzimmer und Dulacre fragte sich, womit er die Anwesenheit seines ehemaligen Kontrahenten verdient hatte, während er sich wehleidend mitziehen ließ. „Was tust du überhaupt hier?“, murrte er. „Ich sagte doch, dass du nicht mehr unangemeldet hier auftauchen sollst.“ „Ah, das muss mein Fehler gewesen sein“, bemerkte Beckman, der gesittet mit Jiroushin am reichlich gedeckten Frühstückstisch saß, und trank seinen schwarzen Tee. Er und Dulacre wechselten einen kurzen Blick; sie beide wussten, dass es kein unbeabsichtigter Fehler gewesen war. „Ich muss wohl vergessen haben, dir eine Möwe zu schicken.“ „Sicher“, knurrte er nur. Er hatte ja schon fast erwartet, dass Shanks über kurz oder lang nochmal auftauchen würde, aber warum ausgerechnet am heutigen Tag? Hätten sie nicht in einen Schneesturm kommen und sich mehrere Tage verspäten können? Hätte ihr Schiff nicht sinken können? „Jiroushin, ist das dein Werk?“, mahnte er, woraufhin sein bester Freund nur viel zu unschuldig grinste. Sie hatten sich alle gegen ihn verschworen. Aufstöhnend gab er nach und ließ sich auf seinen Stuhl fallen. „Das ihr mir ja nichts heute anstellt. Ich erwarte einen ruhigen, gesitteten Abend.“ Selbst Beckman lachte über seine Worte, als hätte Dulacre sich einen Scherz erlaubt, dabei war er bitterernst. Er hatte sich auf Jiroushins Anwesenheit und Unterstützung gefreut, aber mit dem Auftauchen der Rothaarpiraten würde dieser Tag so oder so im Chaos enden; damit musste er sich bereits jetzt abfinden lernen. Er hatte ja gewusst, dass es ein Fehler gewesen war, sich damals an Shanks zu wenden. Aber er war nun mal der Einzige gewesen, an den Dulacre sich damals hatte wenden können. Es war eine anstrengende Zeit gewesen – hauptsächlich jedoch nervig und geduldfordernd – aber scheinbar ging Shanks nun fälschlicherweise davon aus, dass er und seine Crew hier auf dieser Insel willkommen waren. Im nächsten Moment kam Perona herein und Beckman tat gut daran, das Gesprächsthema auf langweiligen Small Talk umzulenken. Dulacre nahm sich noch den Moment, jeweils seinem ehemaligen Rivalen und seinem besten Freund einen drohenden Blick zuzuwerfen, doch während Jiroushin ihm ein entschuldigendes Lächeln schenkte, grinste Shanks ihn breit an, als würde er Dulacres Blick als irgendetwas positives missverstehen; bei diesem Idioten war wirklich Hopfen und Malz verloren, wobei er ja immer trank wie ein Fass ohne Boden. „Sag mal, Falkenauge?“ Er sah von seinem Rührei auf, konnte bereits am Tonfall erkennen, was Shanks von ihm wollte, also nickte er nur, ohne, dass der andere seine Frage überhaupt stellen brauchte. „Aber ich gebe dir nur Zeit bis Sonnenuntergang.“   Diese Zeit sollten sie auch brauchen. Und Dulacre musste gestehen, dass über die Stunden seine Laune tatsächlich etwas gestiegen war. Es stimmte zwar wirklich, dass Shanks ihm nicht mehr genügen konnte, aber dafür hatte Dulacre tatsächlich gelernt, auch an einem unbedeutenden Scharmützel seinen Spaß zu haben. Nun wurde es langsam dunkel und Dulacre ungeduldig. „Sie verspäten sich“, stellte Shanks zutreffend fest, während er sich den Schweiß vom Körper rieb. „Vielleicht haben sie ja dein Schiff gesehen und darüber debattiert, ob sie überhaupt anlegen wollen“, murrte Dulacre und seine Laune sank zugleich, während Rothaar laut auflachte. „Weißt du, Falkenauge, mich mögen Leute, meine Anwesenheit ist für die meisten eher ein Grund zur Freude.“ „Das bezweifle ich.“ Mit diesen Worten schritt er am anderen vorbei, griff Hemd und Weste und begab sich Richtung Schloss. Er würde lieber am Strand – in Ruhe vor seinem ungebetenen Besuch – warten, aber er war verschwitzt und wollte seinen – erwarteten – Besuch angemessen empfangen. Im Schloss war es ruhig. Perona war direkt nach dem Frühstück in den Garten verschwunden und Jiroushin und Beckman verbrachten wohl ein gesittetes Gespräch im Kaminzimmer. Dulacre schüttelte Shanks ab und begab sich in seine Räumlichkeiten. Doch ausnahmsweise beeilte er sich mit der Dusche, denn seine angespannten Sinne vernahmen endlich, worauf er schon so lange gewartet hatte. Er konnte es nicht verhindern, konnte nicht verhindern, dass sein Herz schneller zu schlagen anfing und sich ein Lächeln immer wieder auf seine Lippen stahl. Es war ein überraschender Besuch. Erst vor wenigen Tagen hatte er die frohe Kunde vernommen, doch ihn hatte auch das Gefühl beschlichen, dass irgendjemand die Finger im Spiel gehabt haben könnte. Möglicherweise Nico Robin oder doch Jiroushin, oder beide gemeinsam. Aber die Dinge lagen nun mal so, wie sie lagen und Dulacre war gewillt gewesen, mitzuspielen. Der Preis war es wert. Nur auf Rothaar und dessen Crew hätte er verzichten können. Wenigstens erinnerte der Narr sich an Dulacres Warnung und hatte bis auf Beckman alle anderen an Bord gelassen. Wobei, vielleicht wäre es auch ein angemessenes Geschenk gewesen, dieses Schiff endlich auf den Meeresboden zu versenken. Als er aus seinem Zimmer kam, konnte er sie spüren, wie ihre Schritte über die Erde hüpften, gingen, marschierten und stampften. Er verließ seine Räumlichkeiten, doch dieses Mal ließ er sich Zeit, hörte wie über ihm das Tor aufknallte und laute Stimmen ihn begrüßten, obwohl er noch nicht mal anwesend war. Doch irgendwann war er oben angekommen und trat in den Eingangsbereich, zum genau richtig gewählten Zeitpunkt. Das Tor stand noch offen, aber die Tür in Richtung des Kaminzimmers fiel gerade zu, dämpfte etwas den Wirrwarr der vielen Stimmen. „Da bist du ja.“ Vor ihm stand Lorenor, als Einziger in der Vorhalle verblieben und schloss gerade das Tor hinter sich. „War schon fast skeptisch, als ich das Schiff gesehen habe und du nicht am Strand gewartet hast?“ „Hast du etwa befürchtet, Rothaar könnte mir tatsächlich etwas antun?“, fragte er und ging auf Lorenor zu, der mit verschränkten Armen auf ihn wartete. „Nein“, meinte er und neigte leicht den Kopf. „Wollte nur nicht den ganzen Spaß verpassen.“ Sein Blick lag eiskalt auf Dulacre und seine Mundwinkel sanken hinab; er hatte es also bemerkt. „Doch anscheinend habe ich das“, murrte Lorenor dann und überbrückte die letzte Distanz zwischen ihnen, „du riechst nach einem Kampf, Spielverderber!“ Er wusste ganz genau, dass Lorenors schlechte Laune kein Grund zur Besorgnis war, nur die seltene Eifersucht, die Dulacre mittlerweile von ihm kannte und schätzte, wann immer er gegen jemand anderen von Qualität kämpfte – was gewiss nicht oft vorkam. Lorenor hatte grundsätzlich keine Einwände dagegen, dass Dulacre gegen andere kämpfte, aber dennoch reagierte er manchmal so, wenn sein eigener Kampf gegen Dulacre zu lange zurücklag. Und Dulacre genoss es. Er genoss, dass Lorenor so gerne gegen ihn kämpfte, dass er eifersüchtig wurde, wenn Dulacre seine Gier auf andere Wege zu stillen versuchte. „Vergib mir, ich wurde zu ungeduldig und erlag meiner Schwäche, als Rothaar mich so lockte. Aber sei unbesorgt, dieses Scharmützel konnte mir nicht annähernd genügen. Ich giere immer noch nach einem Kampf mit dir.“ Noch einen Moment sah Lorenor ihn verurteilend an. „Dann ist ja gut“, murrte er und wandte sich um. „Aber heute Abend wird das nichts mehr. Kein Kampf bis nach dem Frühstück, musste ich Nami versprechen.“ Und natürlich war Lorenor auf diesen Vorwand hereingefallen, während Dulacre die wahren Gründe sofort durchschaute. Schmunzelnd folgte er dem anderen. „Meinetwegen, bis morgen werde ich mich wohl noch zu beherrschen wissen.“ Zu seiner Verwunderung entgegnete Lorenor nichts, fragend begutachtete Dulacre ihn von der Seite, was er wohl zu bemerken schien, denn als er am Kaminzimmer ankam, sah er Dulacre ernst an. „Aber vielleicht kann ich es nicht.“ Mit diesen Worten ließ er Dulacre zurück und trat in den Lärm hinein. Doch Dulacre nahm dies für einen Moment gar nicht wahr. Eine Gänsehaut hielt ihn gefangen. Wie konnte Lorenor nur solche Dinge immer wieder sagen? War ihm nicht bewusst, welche Wirkung sie auf Dulacre hatten? Oder war es ihm schlicht einerlei? Bevor er überhaupt wusste, was er tat, hatte er Lorenor bereits am Handgelenk gepackt und aufgehalten. Viel zu unbeeindruckt sah Lorenor ihn an, dann zeigte er ein dreckiges Grinsen. „Ach, doch nicht so beherrscht?“ Oh ja, er mochte es, mit Dulacre zu spielen. Vielleicht hatte nicht nur Dulacre sich auf diesen Abend gefreut. Noch einen Atemzug existierten nur sie beide, dieses etwas zwischen ihnen, was Dulacre immer genoss und dennoch auch etwas fürchtete, weil diese Gefühle so mächtig waren. Dann schlang sich ein Arm um seine Schulter. „Na, ihr zwei, worüber unterhaltet ihr euch denn?“ „Lass mich los!", knurrte Dulacre, merkte wie er schon im Erahnen der nun kommenden Thematik errötete. „Und merkst du nicht, dass du störst?" „Ach, wobei sollte ich euch zwei Schwertnarren schon… oh! OH!“ Mit großen Augen sah Shanks zwischen Lorenor und Dulacre hin und her, sprach viel zu laut. „Ihr habt es also getan?“ „Natürlich“, murrte Lorenor recht unbeeindruckt. „Stand doch in allen Zeitungen, dass ich ihn besiegt habe.“ Shanks lachte laut auf. „Das meinte er nicht“, seufzte Dulacre und schüttelte seinen ehemaligen Rivalen ab, wusste nicht, ob Lorenors tunnelblickartige Naivität Fluch oder Segen war. „Er meinte wohl unsere Beziehung.“ Lorenor erwiderte seinen Blick etwas verwirrt, als würde er nicht verstehen, warum dies Rothaar mehr interessieren könnte als ihr Kampf; Dulacre konnte diesen Gedankengang gewissermaßen nachvollziehen. „Ach so“, zuckte Lorenor dann mit den Schultern, wandte sich ab und ging einfach, ließ Dulacre in diesem bedauernswerten Gespräch zurück, um sich dem Alkohol und Doktor Chopper zuzuwenden. „Nicht nur Ach so!“, kam es von Rothaar, der Lorenors Bewegung imitierte und Dulacre vorwurfsvoll anstarrte. „Wie kann es sein, dass ich davon noch nichts weiß?!“ „Es war doch offensichtlich“, kam es von Beckman, der nun auch noch meinte, sich einmischen zu müssen. „Es muss noch vor Kaido geschehen sein, sonst wäre er nie gewillt gewesen, gegen dich zu kämpfen.“ „Ach?“ Shanks Augen wurden noch eine Spur größer, als er erst seinen Vizen und dann Dulacre anstarrte. „Stimmt das?“ Entnervt rieb Dulacre sich den Nasenrücken. „Hattest du nicht versprochen, Beckman nicht einzuweihen?“, murrte er, anstatt zu antworten. „Oh, mich musste niemand einweihen“, entgegnete Beckman und blies blauen Dunst in Dulacres Richtung, ehe er ihm zuzwinkerte mit diesem Grinsen, welches er Dulacre immer schenkte, wenn er meinte, ein Duell der Gedanken gegen Dulacre zu gewinnen. „Dein Blick während Zorros Kampf gegen Shanks damals war mehr als eindeutig.“ Natürlich hatte Dulacre es erwartet. Neben seiner selbst und Nico Robin war Beckman wohl der Klügste im Raum, dabei konnte jedoch auch seine soziale Intelligenz nicht nur mit Shanks sondern auch mit Jiroushin Schritt halten, was ihn äußerst gefährlich machte. „Vielleicht sollten wir heute endlich unser Schachspiel beginnen, Beckman.“ „Gerne, ich warte nur darauf, dass du den ersten Zug machst.“ Auch heute würden sie nicht weiterkommen. Gerade wollte sich Shanks einmischen und das Gespräch wohl wieder in eine unangenehme Richtung lenken, da trat der Smutje gefolgt von Perona herein und augenblicklich füllte sich das Kaminzimmer mit dem angenehmen Duft erstklassiger Gerichte. Noch bevor der Tisch überhaupt gedeckt war, rief der Strohhut zum Essen, als wäre er der Gastgeber, und warf sich bereits auf den nächstbesten Stuhl, während die anderen Anwesenden seiner Aufforderung folgten. Mit einem entnervten Seufzen ließ Dulacre sich auf seinen Platz am Tischende neben Jiroushin nieder. „Ich hoffe, dir ist bewusst, dass ich dir die Schuld an diesem Fiasko gebe“, stellte er direkt fest, woraufhin sein bester Freund nur leise lachte. Aber vielleicht sollte Dulacre nicht zu hart mit ihm ins Gericht gehen, schließlich lag das letzte Abendessen, bei dem er sich in Ruhe mit Lorenor unterhalten… Rothaar drückte sich zwischen Jinbei und Doktor Chopper vorbei und warf sich auf den freien Platz zu Dulacres Linken. „Dieser Platz ist besetzt." Kalt sah er seinen ehemaligen Rivalen an. Doch dieser grinste nur zurück. „Deine Beobachtungsgabe ist wirklich überragend, Falkenauge." Shanks Augen funkelten spielerisch. Was auch immer er mit diesem Vorgehen bezweckte. „Es war eine höfliche Bemerkung, um dir zu bedeuten, dass du hier nicht willkommen bist“, murrte Dulacre nun deutlicher. Doch es war bereits vergebens, denn Lorenor folgte Doktor Chopper und ließ sich zwischen diesem und dem Strohhut am anderen Ende des Tisches nieder. So viel zu Dulacres Hoffnung auf ein angenehmes Abendessen. „Höflich?", hakte Beckman nach, der sich neben seinen Kapitän gesetzt hatte und gerade noch mit Jinbei einen viel zu vielsagenden Blick austauschte. „Das wäre mir neu." Tief atmete Dulacre aus und rieb sich die Schläfen. „Womit habe ich eure Anwesenheit nur verdient?", murmelte er resigniert, während der Strohhut die mahnenden Worte der Navigatorin ignorierte und das Mahl eröffnete. Aber tatsächlich war das Dulacre nur Recht, zumindest das Essen würde den Mund seines ehemaligen Rivalen wenigstens vorübergehend stopfen. Sein einziger Trost war das außerordentlich gute Essen, welches er vom Smutje gewohnt war und erwartet hatte. Als er nach dem Weinglas griff, konnte er den bemüht unauffälligen Blick des Smutjes sehen, und Dulacres Laune stieg kaum merklich an. Er ignorierte Shanks und Jiroushins unbedeutendes Geschwätz und konzentrierte sich auf die angenehme Duftnote des Weines. Zumindest einer der Anwesenden schien in seinem Interesse zu handeln und das war ausgerechnet der Smutje. Dulacre würdigte diese kleine Aufmerksamkeit mit einem Nicken. Doch bevor er auch nur einen Schluck nehmen konnte, schlug Shanks dessen Gabel so heftig gegen den Bierkrug, dass dieser Risse bekam. Fast schon panisch beobachtete Dulacre, wie der andere sich laut räuspernd erhob und die verschiedenen Gespräche erstarben; selbst der Strohhut schlürfte leiser. „Was wird das?“, zischte Dulacre durch zusammengebissene Zähne, obwohl er sehr wohl eine grausige Ahnung hatte. „Setzt dich wieder hin, Rothaar!“ Doch das tat er nicht. Erneut räusperte er sich und hob dann seinen lädierten Krug an, einzelne Tropfen bahnten sich ihre Wege durch die Risse. „Ich denke, es ist and der Zeit für einen Toast auf den Protagonisten dieses Abends.“ Warm lächelnd begegneter Shanks Dulacres versteinerter Miene. Es besänftigte ihn nicht im Mindesten, dass Rothaar sich an einer adäquaten Wortwahl versuchte und ihm den Vortritt ließ. „Und als künftiger Trauzeuge, ist es meine Pflicht, ein paar Worte zu sprechen und…“ „Wie bitte?!“ Jiroushin war aufgesprungen. „Was?“ Verwirrt tauschten einige Strohhüte verwirrte Blicke aus. „Trauzeuge?“, kam es vom Smutje hustend, der sich prompt an seinem Wein verschluckt hatte. „Ihr heiratet?! Glückwunsch Kumpel!“, brüllte Cutty Fram und schlug über Doktor Chopper hinweg Lorenors Schulter kräftig, der nur verwirrt von seinen Reisbällchen aufsah und Cutty Fram anstarrte, als wollte dieser ihm alkoholfreies Bier anbieten. Shanks räusperte sich erneut, offensichtlich bemüht, eine erhabene Stimmung beizubehalten – oder zumindest seine Vorstellung einer erhabenen Stimmung. „Nun gut, also was ich…“ „Was denkst du eigentlich, wer du bist?!“ Wäre Dulacre über die Gesamtsituation nicht so peinlich berührt, würde er es unterhaltsam finden, wie Jiroushin nun über den Tisch hinweg Shanks Bierkrug packte und ihn mit Zornesbleiche niederstarrte, als hätte Rothaar gerade dessen Kind beleidigt. „Ähm, ich…“ „Ich bin Hawkys bester Freund!“, knurrte Jiroushin mit einem Nachdruck, der Dulacre beinahe beeindruckte, wenn es nicht um so ein lächerliches Thema gehen würde. „Wenn hier einer Hawkys künftiger Trauzeuge ist, dann bin ich das!“ Beschwichtigend hob Shanks seine Hand, während Jiroushin dessen Bier noch hielt. „Aber, aber Jiroushin“, lachte er ganz unbeschwert, während der Lockenkopf im Hintergrund nachfragte, ob Lorenor denn nun wirklich beabsichtigte, Dulacre zu heiraten, was dieser mit einem abfälligen Schnauben quittierte und Dulacre nur noch mehr erröten ließ. „Du magst Falkenauge zwar deutlich länger kennen als ich, aber…“ „Nichts aber! Ich kenne ihn länger und besser als du – er kann dich nicht mal leiden! -  und ich wüsste genau, was er von einer Hochzeit erwartet und wie man so etwas plant. Daher wäre selbstverständlich ich sein Trauzeuge.“ Seine feuerroten Wangen verbergend, senkte Dulacre seinen Kopf und rieb sich mit beiden Händen über Augen und Stirn. „Ich beabsichtige nicht, zu heiraten“, murmelte er seinem Filet zu, da niemand sonst ihm zuzuhören schien, „daher benötige ich keinen Trauzeugen.“ „Mag ja alles sein, aber, mein lieber Vizefalke“, sprach Shanks einfach weiter und bestätigte Dulacres Vermutung, „du musst einfach einsehen, dass du dich nicht zum Trauzeugen eignest." Dulacre wusste, dass es wohl kaum etwas gab, was Shanks das Fürchten lehren konnte, aber gerade bewies er, wie dumm er doch war. „Wie bitte?“, fragte Jiroushin gefährlich ruhig. „Natürlich. Jeder weiß doch, dass der Trauzeuge die wichtigste Aufgabe von allen hat: den Junggesellenabschied planen! Und jeder, der dich kennt, weiß, dass du deinen Pflichten zwar gewissenhaft nachgehst, aber das bedeutet für einem Junggesellenabschied nun mal, dass dieser wohl eher… naja, lahm werden würde.“ Diese Argumentation war aus der Sicht des Piraten wohl nicht ganz von der Hand zu weisen. Jiroushin hatte eine ähnlich gute Erziehung genossen wie Dulacre selbst, und achtete dabei noch gesellschaftliche Moral und Werte in einer beinahe ermüdenden Genauigkeit. Natürlich wichen seine Vorstellung von Unterhaltung meilenweit von den Feiern ab, die Shanks initiierte. „Wie bitte?!“ Nun drohte der Krug in Jiroushins Hand zu platzen. „Und du maßt dir an, zu wissen, was Dulacre sich für einen Junggesellenabschied wünschen würde?!“ Weiterhin zwischen ihnen sitzend, sprach Dulacre erneut seinem Filet zu: „Ich bin auch kein Junggeselle mehr, also brauche ich erst recht keinen Junggesellenabschied.“ Doch wiedermal wurde er ignoriert. „Natürlich!“, lachte Shanks laut auf. „Jeder will das gleiche von einer solchen Feier: Unmengen an Alkohol, nackte Haut und einen richtig guten Filmriss!“ Und wiedermal bewies der Pirat, dass er ungerne über den eigenen Tellerrand hinaussah. Nichts davon klang erbaulich in Dulacres Ohren, gleichsam konnte er einen leisen Laut der Überraschung seines Sozius vernehmen; natürlich erregte der Vorschlag von grenzenlosem, billigen Fusel seine Aufmerksamkeit. Nun entbrannten wieder mehrere Diskussionen. Während Jiroushin und Rothaar darüber stritten, wer von ihnen sich besser als Trauzeuge einer hypothetischen Hochzeit eignen würde, schienen die Strohhüte ihre verschiedenen Meinungen darüber abzugeben, wie ein Junggesellenabschied zu gestalten sei. Lorenor saß dabei zwischen ihnen und bemerkte recht deutlich, dass es ihn nicht sonderlich interessiere, solange genug Alkohol da wäre. Lorenor gegenüber diskutierten nun der Smutje mit der Navigatorin über die Vor- und Nachteile einer etwaigen Hochzeit, während Nico Robin, Jinbei und Beckman sich eher zurückhielten und schmunzelnd Blicke austauschten, die so mehr sagten, als Worte hätten ausdrücken können. Seufzend entschied Dulacre, sich wieder seinem Mahl zuzuwenden. Er hatte sich auf einen ruhigen Abend gefreut, nach der Botschaft über den Besuch der Strohhüte auf einen nicht ganz so ruhigen, aber dafür angenehmen Abend. Aber mit Eintreffen Rothaars hatte er sich mit einem Fiasko abgefunden und war daher nicht mal überrascht. Allerdings empfand er es sowohl als unangenehm als auch unangebracht, dass der ganze Tisch sich über den Beziehungsstatus von Lorenor und Dulacre unterhielt, und er wusste, dass Lorenor so eine Aufmerksamkeit meist nicht leiden mochte - mal ganz abgesehen davon, dass diese Situation für Dulacre selbst ein Graus war. Doch zu seiner Überraschung schien Lorenor gerade sogar recht aufmerksam dem Smutje zu lauschen, der ihm die Vorzüge eines Junggesellenabschiedes erklärte. Augenrollend wandte Dulacre sich seinem Wein zu. Die Hintergedanken des Smutjes waren ihm mehr als ins Gesicht geschrieben, und dennoch schien Lorenor auf seine vorgeschobene Argumentation über legitimierte Alkoholexzesse hereinzufallen. Vielleicht, nur vielleicht war dieser Abend ja kein totales Desaster, wenn er von der peinlichen Thematik absah. Es hatte etwas erschreckend unterhaltsames Jiroushin und Shanks beim Streiten zuzusehen, während Nico Robin und Beckman immer wieder wohlüberlegte Bemerkungen einwarfen, um die Diskussion zu lenken und weiter anzuheizen. Dulacre war niemand, der lautes Stimmenwirrwarr mochte, aber er beobachtete gerne, wie selbstverständlich Lorenor sich unter seinen Crewmitgliedern bewegte, auch wenn er manchmal beneidete, wenn sie von ihm Reaktionen entlocken konnten, die Dulacre selbst nur selten bei ihm sah. Doch manchmal, genau in jenen Momenten, fiel Lorenors Blick dann auf Dulacre und einvernehmlich nippten sie an ihrem Getränk - wobei nippen wohl nicht die richtige Beschreibung für Lorenors Handlung war - ohne den Blickkontakt zu unterbrechen. Beinahe hätte er angefangen, dieser lauten Gesellschaft etwas abzugewinnen, doch gerade, als er sich zu einem kleinen Kommentar herablassen wollte, um Jiroushin noch ein bisschen mehr zu necken, da flog die Türe auf. Herein kamen die restlichen Rothaarpiraten und beschwerten sich lauthals darüber, dass ihr Kapitän sie auf dem Schiff zurückgelassen hatte, um mit Fremden zu feiern. Während der Strohhut ganz ausgelassen die Neuankömmlinge begrüßte, gab Dulacre sich seiner schlechten Laune hin und überlegte, ob es nicht doch sinnvoll war, das Schiff seines ehemaligen Rivalen zu versenken. Allerdings verwarf er diesen schönen Tagtraum, der zur Folge hätte, dass diese chaotische Crew vermutlich noch länger auf Kuraigana bleiben würde, als er so oder so aushalten wollte. Zum späten Abend hin gelang es Dulacre endlich, sich der feiernden Meute zu entziehen, und so fand er sich mit der halbgeleerten Flasche exquisiten Weines und seinem etwas zu gut gefüllten Glas auf dem Geländer des ausladenden Balkons. Hier hatte er sich früher nur gelegentlich aufgehalten, aber nun, da das Schloss so belebt war wie selten, genoss er die kalte Ruhe des tiefen Sees unter sich. Es war kein schlechter Abend, wollte er sich einreden. Alleine schon Lorenors und Jiroushins Anwesenheit war etwas, was ihn glücklich machte, und sowohl Nico Robins als auch Jinbeis Anwesenheit konnte er sehr wohl schätzen – Beckman theoretisch gesehen auch, aber den gab es nun mal immer nur als leidiges Doppelpacket mit dessen Kapitän – und während ihm selbst solche Festivitäten eher unwichtig waren, so hatte es doch etwas kitschig Herzerwärmendes, dass es anderen Menschen wichtig war. Seufzend trank er einen Schluck und sah über den See hinweg auf sein Reich, welches im Mondlicht silbern schimmerte, während das warme Licht vom Schloss hinter ihm seinen eigenen Schatten fast schon golden einrahmte. „Ach, hier bist du. Hab mich schon gewundert.“ Überrascht sah er auf, als die Türe aufging und sofort laute Stimmen und Musik zu ihm herausschwappten, obwohl das Kaminzimmer recht weit entfernt lag. Dann jedoch schloss Lorenor die Türe wieder hinter sich und Licht und Lautstärke wurden wieder weggesperrt. Gähnend und sich streckend kam der Jüngere zu ihm herüber und lehnte sich neben ihn an die Balustrade. Schweigend waren sie da, in der Kühle der Nacht. Wie früher genoss Dulacre die Ruhe, die Lorenor ausstrahlte. Er hatte es immer schon angenehm gefunden mit Lorenor zu schweigen und das war eigentlich etwas höchst Ungewöhnliches für Dulacre. Aber hier und jetzt empfand er Worte als seltsam unnötig. „Ich wusste nicht, dass Shanks kommen würde“, unterbrach Lorenor dann überraschenderweise diese angenehme Stille und es klang beinahe wie eine Entschuldigung. „Ich weiß, dass du es nicht wusstest“, nahm er ihn direkt aus der Verantwortung und trank einen Schluck, „und ich nehme es Nico Robin nicht übel. Sie hat einen recht eigenwilligen Humor, dennoch weiß ich, dass ich es ihr zu verdanken habe, dass du heute Abend hier bist.“ Lorenor schien über diese Worte nachzudenken. „Mir war nicht bewusst, dass dir so etwas wichtig ist“, sprach er dann, erneut mit diesem fast schon entschuldigenden Ton. „Ist es mir auch nicht. Ich kann mir wahrlich Schöneres vorstellen, als ein Fest zu feiern, welches mich daran erinnern soll, dass ich stetig älter werde, und ich kann darauf verzichten, nutzlosen Unrat geschenkt zu bekommen; was ich besitzen will, nehme ich mir schon.“ Nun schnaubte Lorenor mit einem leisen Schmunzeln auf. „Ich hab noch nie kapiert, was dein Problem mit dem Alter ist“, murmelte er. „Es ist doch nur irgendeine Zahl.“ „Du würdest anders denken, wenn dein Partner 20 Jahre jünger wäre als du.“ Der andere sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an. „Ist es wirklich so schwierig für dich?“ „Manchmal“, gestand er ein. „Ich fürchte gewiss den Tag, wenn ich dir nicht mehr das Gegenüber sein kann, welches ich dir heute bin.“ „Mhm“, machte Lorenor nur, verschränkte die Arme und sah geradeaus, auf die Mauern des Schlosses. Ab und an fragte Dulacre sich, ob Lorenor diese Art des Gespräches wirklich so schätzte. Zwar forderte er Dulacres Direktheit immer ein und dennoch war es ihm schnell unangenehm, wenn Dulacre seine Unsicherheiten zeigte, seine Emotionen so deutlich zeigte. „Wie alt ist Rayleigh, weißt du das?“, fragte Lorenor aus welchem Grund auch immer. „Er müsste so 35 Jahre älter als ich sein“, antwortete Dulacre, nicht sicher, warum Lorenor das wissen wollte. „Mhm“, machte er erneut und zuckte leicht mit den Schultern. „Dann brauchst du dir zumindest die nächsten 35 Jahre keine Gedanken zu machen.“ Sprachlos sah er Lorenor an, der weiterhin das Schloss betrachtete. Wieder einmal nahm er sich Dulacres Ängsten auf eine äußerst schlichte Weise an. „Ich danke dir“, flüsterte er und senkte den Blick. „Hmm? Wofür?“ Es schien, als würde er noch nicht mal bemerken, wie wertvoll seine Worte waren. Kopfschüttelnd hielt Dulacre ihm die Weinflasche hin. „Ich liebe dich.“ Mit hochgezogener Augenbraue nahm Lorenor die Flasche entgegen. „Ich weiß.“ Dann nahm er einen Schluck und betrachtete überrascht das Etikett. „Oh, der ist gut.“ „Ein Geschenk des Smutjes“, erklärte Dulacre und nippte ebenfalls an seinem Glas. „Eine Flasche dieses Weines kostet regelmäßig um die 200.000 Berry.“ „Wa… was?“, kam es von Lorenor überrascht. „Wer gibt bitte so viel Geld für Alkohol aus.“ „Jemand, der ihn zu schätzen weiß“, entgegnete Dulacre, nahm Lorenor die Flasche ab und füllte sich nach, ehe er sie zurückgab, „und dabei ist es noch nicht mal einer der wirklich hochwertigen Weine. Ich trinke für gewöhnlich nie Wein, der nicht mindestens 100.000 Berry kostet.“ „Ich weiß, wie versnobt du bist. Du musst es nicht noch extra betonen.“ Lorenor nahm noch einen Schluck. „Also, ich würde mit Sicherheit nicht so viel Geld dafür hinblättern, aber er schmeckt“, urteilte er. „Als hättest du so viel Geld.“ „Ach, ich dachte mir gehört eine halbe Insel“, entgegnete Lorenor mit gefährlichem Unterton. „Aber sag mal, ich dachte, du magst keine Geschenke. Ist das hier nicht ein Geschenk?“ „Ich sagte, ich mag keinen nutzlosen Unrat. Dieser Wein hier ist weder nutzlos noch Unrat.“ Leise lachte Lorenor auf. „Ich hab doch gesagt, dass du und der Koch miteinander klarkommen würdet, sobald ihr euren dämlichen Schwanzvergleich hinter euch gebracht habt.“ „Oh, bitte versteh mich nicht falsch, ich kann ihn gewiss nicht leiden. Aber ich bin gewillt, einzugestehen, dass ich seinen Geschmack akzeptabel finde und ich diesen Wein begrüße. Mir ist bewusst, dass er für einen Vinsmoke vermutlich nicht günstig ist.“ Der andere schüttelte nur den Kopf. „Und mein Geschmack?“, fragte er grinsend. „Ist er für dich auch akzeptabel?“ Dulacre entgegnete nichts, sondern nippte an seinem Wein. Er hatte vergessen, wie gerne er sich mit Lorenor unterhielt. Natürlich telefonierten sie regelmäßig, aber es war etwas anderes, ihn hier neben sich zu sehen, seine Mimik, seine Gestik, die Art, wie er Luft holte, um etwas zu sagen, aber dann doch schwieg. Sein Geruch in der Luft und sein Blick immer dann auf Dulacre, wenn er es am wenigsten erwartete. „Aber sag, Lorenor, Alter ist für dich nur eine Zahl, gesellschaftliche Gepflogenheiten unnötiger Nonsens und an Festivitäten schätzt du nur den Alkohol.“ „Und das Essen.“ „Und das Essen“, korrigierte er sich. „Versteh mich nicht falsch. Ich bin überaus dankbar für deine Anwesenheit – nicht so dankbar für die Anwesenheit manch anderer – aber du hättest doch nicht für so etwas Lächerliches kommen brauchen wie meinem Geburtstag.“ Nun schwieg Lorenor und trank Dulacres Wein. „Bekomme ich keine Antwort?“ „Du wirst die Antwort nicht mögen.“ Fast schon schalkhaft lag Lorenors Blick auf ihm und Dulacre brauchte nicht mal raten. „Es war die Idee deines Kapitäns.“ „Es war zumindest seine Entscheidung. Wer die ursprüngliche Idee hatte, weiß ich gar nicht mehr.“ Schmunzelnd nippte Dulacre an seinem Wein. „Das hört sich ja fast so an, als wäre ich Gesprächsthema deiner Crew gewesen.“ „Warst du ja auch.“ „Wie bitte?“ Er sah Lorenor an, der nur mit den Schultern zuckte. „Schau doch nicht so. Wir sind eine Crew, wir reden nun mal über Dinge.“ „Jetzt bin ich auch noch ein Ding?“ Leise stöhnte Lorenor auf, doch es klang nur gespielt entnervt; Dulacre erkannte mittlerweile den Unterschied, zumindest meistens, hoffte er. Dann beobachtete er, wie Lorenor wieder die Flasche begutachtete, mit seiner freien Hand spielte er mit seiner Kette. Dulacre hatte nie wirklich verstanden, warum Lorenor entschieden hatte, sie weiterhin zu tragen. Natürlich hatte er sie ihm geschenkt, aber es war Lorenors Entscheidung gewesen, sie selbst dann noch zu tragen, als er es nicht mehr musste, um seine Tarnung aufrechtzuerhalten. Es passte nicht wirklich zu ihm, da er weder materialistisch noch sentimental war, und dennoch trug er diese filigrane Kette mit diesem elegant geformten Kreuz immer noch, die so fehl am Platz an seinem breiten Hals wirkte und Dulacre dennoch beinahe rührselig werden ließ. Dann schien Lorenor seinen Blick zu bemerken und erst da fiel ihm wohl auf, was er tat. „Die Kette ist gerissen, im Kampf“, murmelte er ruhig. „Lysop hat mir eine Neue mit Kettengliedern aus irgendsoeinem Wapo-Gold oder was auch immer gemacht, behauptet, das sei unkaputtbar.“ „Es erscheint mir nicht klug, eine unzerstörbare Kette um den Hals zu tragen.“ „Es erscheint mir nerviger, ein ganzes, beschissenes Schlachtfeld nach einem winzigen Kreuz abzusuchen.“ Dulacre zögerte. „Ist sie dir so wichtig?“ „Du hast sie mir geschenkt.“ Sie sahen einander an. „Ich wusste nicht, dass du dir so viel aus Geschenken machst. Du hast doch eigentlich recht wenig Interesse an materiellen Dingen.“ Nun senkte Lorenor den Blick, ein sanftes Rosa auf den Wangen. Es war ihm offensichtlich unangenehm, was doch so selten war. „Verzeih, ich wollte dich nicht bloßstellen.“ „Nein, nein… das ist es nicht“, murmelte er. „Aber… ich glaube… Ich glaube, es hat nichts mit materiell oder so zu tun.“ „Nein, das hat es wohl nicht“, stimmte Dulacre ihm zu und beobachtete, wie Lorenor über seine Schwerter strich. „Auf jeden Fall macht es mich glücklich, dass diese Kette dir so wichtig ist, dass du sie nicht verlieren möchtest. Selbst wenn ich mir etwas Sorge um deinen Hals mache.“ Lorenor nickte nur sachte. „Und so kam euer Gespräch auf mich? Über diese Kette?“ Wieder nickte Lorenor, ehe er mit den Schultern zuckte: „Ja, wobei du um ehrlich zu sein öfters Thema bist. Ich meine, wir telefonieren, das kriegen die anderen natürlich mit, aber ja, wir sprachen dann halt über…“ Lorenor sprach nicht weiter und Dulacre konnte ihm ansehen, dass er über etwas nachzudenken schien, und wenn er so konzentriert nachdachte, war das meist ein Zeichen von Gefahr. Plötzlich stieß Lorenor sich von der Balustrade ab, stellte die Weinflasche auf den Boden und positionierte sich direkt vor Dulacre. „Ich… ich bin nicht gut in so etwas, und… und es ist keine 200.000 Berry teure Weinflasche, die deinen Geschmack trifft.“ Er kratzte sich an der Schläfe. „Aber es ist nicht nutzlos und es ist auch kein Unrat. Daher… alles Gute zum Geburtstag.“ Etwas unbeholfen zog er ein kleines Holzschächtelchen hervor und hielt es Dulacre hin. Er starrte das Kistchen an, welches Lorenor ihm darbot. Damit hatte er nicht gerechnet, wieder mal überraschte Lorenor ihn. „Du… du hast ein Geschenk für mich?“, fragte er. „Naja, es ist dein Geburtstag, oder nicht?“, entkam es von Lorenor und seine Wangen wurden noch etwas röter. „Aber das wäre doch nicht nötig gewesen“, entgegnete er immer noch leicht überrascht. „Doch, war es“, widersprach Lorenor dumpf. Dulacre versuchte den Gedankengang Lorenors zu verfolgen. Die Kette war gerissen und der Scharfschütze hatte ihm eine neue für den Anhänger gegeben. Daraufhin hatte die Crew sich über ihn unterhalten, Rücksprache mit Jiroushin gehalten und offensichtlich entschieden, ihn an seinem Geburtstag – der noch nicht mal ein runder Geburtstag war oder sonst irgendwie besonders – zu besuchen, um mit ihm zu feiern, obwohl er nie seinen Geburtstag feierte und obwohl Lorenor ihm noch nie irgendetwas… Ach so, da verstand er es. Sachte nahm er das Schächtelchen. Es war schlichtes Holz, vermutlich von Cutty Fram gebastelt, eine passende Verpackung für jemanden wie Lorenor – zumindest hoffte er, dass die Schachtel selbst nicht das Geschenk war, aber eigentlich wusste er nicht, ob und was er erwartete. Vorsichtig nahm er den Deckel ab. „Ist nur eine Kleinigkeit“, murmelte Lorenor, scheinbar peinlich berührt, „ist auch Wapo-Gold; hitzebeständig und hält echt einiges aus. Ich hab’s selbst ausprobiert, man kann es beim Kämpfen tragen, stört nicht und fällt nicht ab. Weiß ja, dass du deine Zeit nicht damit verschwenden willst, irgendetwas auf dem Boden zu suchen.“ Er drückte den schwarzen Samt etwas nach unten und nahm einen schlichten goldenen Armreif heraus. „Ich weiß, dass du dein anderes Armband immer getragen hast, aber jetzt halt nicht mehr und da du ja nicht magst, wenn Dinge sich ändern, dachte ich… Lysop hat es gemacht, frag mich nicht genau, wie es funktioniert, aber man kann es Aufladen – mit Haki – und dann…“ „…wird es eine Uhr“, beendete Dulacre fasziniert Lorenors Satz. Das goldene Metall in seiner Hand war nun schwarz und auf der Oberfläche zeigte sich ein goldenes Ziffernblatt, welches leicht im Mondlicht schimmerte. Im nächsten Moment unterbrach er die Hakizufuhr und fast im gleichen Atemzug war es wieder ein simples Armband. „Faszinierend.“ Er begutachtete das kleine Schmuckstück. Es war ein schlichter offener Armreif, in etwa so breit, wie sein kleiner Finger und ohne jegliche Verzierungen. Ohne Haki war noch nicht mal das Ziffernblatt sichtbar. Kühl lag es in seiner Hand, perfekt ausbalanciert. Es passte wahrlich zu Lorenor, etwas so simples, aber vollendet in seiner Schlichtheit mit einer überraschend intelligenten Note. Behutsam legte er es sich an, merkte wie sich das Metall beinahe leicht an seine Haut anschmiegte, als würde es schon immer dorthin gehören. Dann sah er auf, begegnete Lorenors Blick, der ihn skeptisch aber immer noch mit roten Wangen beobachtete. „Du musst es nicht tragen, wenn du nicht willst“, murmelte er zurückhaltend und brachte Dulacre damit zum Schmunzeln. „Oh, ich würde es auch nicht tragen, wenn ich nicht wollen würde“, entgegnete er und begutachtete das simple Schmuckstück weiterhin. Es war nicht ganz sein Geschmack, er bevorzugte Eleganz und Finesse, mit einem Auge fürs Detail, und dennoch hatte er das Gefühl, nie etwas von vergleichbarem Wert besessen zu haben; was natürlich Unsinn war. „Ich danke dir, Lorenor“, sagte er schließlich und senkte seinen Blick wieder auf das kleine Ding an seinem Arm. „Ich werde es in Ehren halten.“ „Sag doch nicht so etwas“, murrte Lorenor nun und rieb sich peinlich berührt den Nacken. „Eigentlich ist es ja nicht mal von mir. Lysop hat es gemacht und Franky die Schachtel, außerdem…“ „Darum geht es doch nicht“, unterbrach er die Bagatellisierung des anderen, erhob sich und legte Lorenor eine Hand auf die Schulter. „Ich danke dir, dass du dir diese Gedanken gemacht hast, auch wenn du die Bedeutung dieses Armreifs für mich wohl noch nicht mal erfassen kannst.“ Immer noch hatte Lorenor den Blick verlegen auf den See gerichtet. Vor gar nicht allzu langer Zeit hatte Dulacre noch entschieden, dass er nichts von Lorenor erwarten durfte, sondern selbst die Risiken eingehen musste, und nun machte sein Sozius so etwas. „Tja, vielleicht mag ich es doch, Geburtstag zu feiern“, bemerkte er mit einem leisen Schmunzeln. „Insbesondere, wenn wir morgen dein Geschenk ausprobieren.“ Wie erwartet brachte das Lorenor dazu, aufzusehen und er zeigte ihm sein altvertrautes Grinsen. „Natürlich, das ist Teil des Geschenks.“ „Du verwöhnst mich ja geradezu.“ Nun rollte Lorenor leicht mit dem Auge und strich dann Dulacres Hand ab. „Sieh es als Wiedergutmachung für das da“, meinte er und nickte zum Schloss. „Oh, dann wirst du aber mehr als einmal mit mir kämpfen müssen.“ Lorenor beugte sich nach der Weinflasche und trank sie leer, als hätte die begangene Tat viel Überwindung gekostet. Dann sah er Dulacre an. „Ich denke noch 997 Mal müssten reichen, nicht wahr?“ Er nickte Richtung Balkontür und Dulacre gab sich geschlagen. „Vielleicht“, scherzte er und folgte Lorenor zurück zum Schloss, obwohl er wahrlich kein Interesse an der Feier im Inneren hatte. „Lorenor.“ „Hmm?“ Der andere sah ihn über dessen Schulter hinweg an. „Ich liebe dich.“ Leicht schüttelte Lorenor den Kopf. „Zwei Mal an einem Tag, du musst mich echt für vergesslich halten.“ Dann seufzte er, zuckte mit den Schultern und sah kurz zum Himmel empor, ehe er Dulacre mit diesem ernsten Blick ansah. „Ich liebe dich auch.“ Wiedermal sagte er es auf diese Art, die Dulacre eine Gänsehaut bescherte. Sein Tonfall veränderte sich nicht, als würde er eine sachliche Diskussion mit ihm führen und das war das Besondere. Für Lorenor war dies kein emotionales Bekenntnis, es war ein Fakt, der nicht mal mehr der Erklärung bedurfte und den er nur Dulacre zuliebe wiederholte. „Na komm. Der Wein ist leer und du kannst nicht die ganze Feier verpassen, schließlich ist es dein Geburtstag.“ Tief seufzte Dulacre aus. „Ich könnte schon, schließlich ist es nicht nur mein Geburtstag. Ich bedarf keiner Feier, deine Anwesenheit ist mir genug.“ „Aber ich mag Feiern“, entgegnete Lorenor gnadenlos, „und ich finde es lustig, wenn du so tust, als könntest du Shanks nicht leiden.“ „Er ist nervig und laut“, erhob Dulacre Einspruch. „Ich weiß.“ Damit war die Entscheidung gefallen – an der Dulacre offensichtlich kein Mitspracherecht gehabt hatte – doch an der Türe angekommen, hielt er Lorenor kurz zurück. „Sag mir, wessen Idee war es?“, fragte er, woraufhin Lorenor ihn nur fragend ansah. „Das Armband, mit der versteckten Zeitanzeige. Euer Scharfschütze hat es geformt, Cutty Fram es verpackt, der Strohhut entschied, hierher zu kommen. Aber wer hatte die Idee für das Armband als Geschenk?“ Kurz neigte Lorenor den Kopf, ehe er mit den Schultern zuckte. „Es war meine Idee. Ich dachte, es passt zu dir.“ Was auch immer er danach sagen wollte – wenn er denn noch etwas sagen wollte – wurde durch Perona unterbrochen, die hektisch herbeigeschwebt kam und Lorenor um Hilfe bat, weil dessen Kapitän wohl irgendetwas am Anstellen war. Dulacre sah ihm nach, strich sich beinahe intuitiv über dieses schlichte Armband. Ja, vielleicht passte dieser schlichte Schmuck mit dieser unsichtbaren Finesse zu ihm. Er konnte sich vorstellen, daran Gefallen zu finden. „Nah, jetzt bist du mir nicht mehr so böse, oder?“ Zu seiner Linken tauchte Jiroushin auf, offensichtlich angetrunken. „War eine gute Idee von mir, das hier in die Wege zu leiten, was?“ Dulacre gab sich geschlagen. „Vielleicht gefällt es mir wirklich, alle 35 Jahre mal meinen Geburtstag zu feiern.“ Im nächsten Moment hörte er nur ein lautes Krachen und konnte vor seinem inneren Auge regelrecht sehen, wie der Kronleuchter in der Eingangshalle zu Boden krachte. „Shanks!“     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)