Neue (und alte) Abenteuer von Sharry (Szenen, die es nicht in die Hauptfic geschafft haben) ================================================================================ Kapitel 6: Extrakapitel 6 - von Wölfen und Bären ------------------------------------------------ Von Wölfen und Bären Während des 2. Teils, zu Beginn der zweijährigen Ausbildung auf Kuraigana   -Zorro- „Einen Anzug! Ernsthaft? Für so etwas verschwendet Kanan unsere Trainingszeit?“ „Lorenor." „Lorenor mich nicht! Zwei ganze Tage! Und für was? Für einen Anzug, den ich eh nie tragen werde, weil…" „Genug!“, unterbrach Dulacre ihn offensichtlich entnervt, nicht dass Zorro weniger genervt war. „Wir beide hatten sowohl gestern als auch heute Termine auf Sasaki und Sadao, daher wären wir so oder so nicht früher abgereist.“ Zorro stöhnte genervt über die Rationalität des Samurais auf, wovon dieser sich jedoch nicht aufhalten ließ. „Außerdem möchte ich dir vehement widersprechen. Auch wenn wir derzeit noch nicht wissen, ob die Situation je eintreffen wird, so ist es nie verkehrt, einen Anzug für den Fall der Fälle parat zu haben.“ Zweifelnd sah Zorro zum anderen auf, der die Beine überschlagen auf seinem Thron saß und die Zeitung las. „Ich bin Pirat“, stellte er fest, „wann zur Hölle sollte ich einen maßgeschneiderten Anzug brauchen?“ Nun sahen diese grellen Augen über den Rand der Zeitung auf Zorro hinab und selten hatte der andere ihn so herablassend angestarrt, doch nach einigen harten Herzschlägen seufzte Dulacre bedauernd auf und senkte seinen Blick wieder auf die Zeitung. Augenrollend wandte Zorro sich dem Meer zu, ignorierte bewusst den anderen. Wusste, dass Dulacre nur wollte, dass Zorro nachhaken würde, damit er wieder einmal über seinen Modegeschmack meckern konnte, aber diesen Gefallen würde er ihm nicht tun. Wenn Zorro ehrlich war, so war sein Lehrmeister da nicht besser als Kanan oder Perona und vielleicht sollte er sich glücklich schätzen, dass Dulacre noch nicht darauf bestanden hatte, Zorro selbst einzukleiden. Aber das sollte er wohl nicht zu laut denken, am Ende würde es den anderen nur auf dumme Gedanken bringen. Der Samurai konnte wirklich nervig sein und es war schon schlimm genug, dass er Zorro so oder so immer wieder meinte belehren zu müssen, aber zumindest in dieser einen Sache könnte er doch mal die Klappe halten und Zorro in Ruhe lassen. „Verkappter Schnösel“, knurrte er leise nach einigen ruhigen Minuten, in denen er sich still über den anderen ärgerte, und verschränkte die Arme. „Lorenor!“, kam fast zeitgleich schon die Ermahnung. „Was denn? Stimmt do…“ „Geh unter Deck!“ Überrascht sah Zorro wieder auf. Dulacre sah nicht zu ihm hinab, sondern aufs Meer, richtete sich allmählich auf und faltete die Zeitung. Seine ganze Körperhaltung hatte sich verändert und Zorro hörte es seiner Tonlage an; etwas stimmte nicht und das hatte anscheinend nichts mit seinem Kommentar zu tun. „Was? Was ist denn…?“ „Unter Deck! Beeil dich!“ Der Samurai trat seinen Thron zurück. „Stelle sicher, dass man dich nicht wahrnehmen kann, und wenn du dich dafür verwandeln musst.“ Zorro merkte seine Anspannung, nicht sicher weshalb, aber wusste, dass er dieses eine Mal nicht diskutieren sollte. „Okay.“ Er rappelte sich auf und war schon drauf und dran, die Luke herunterzuklettern, da griff Dulacre ihn am Arm und zog ihn zurück. „Hey! Was soll das denn...?“ Wusch! Er hätte nicht mal zurückstolpern können, hatte es nicht mal gesehen, hätte nie im Leben schnell genug reagieren können. Dulacre hatte ihn zurückgezogen, doch mit der freien Hand hielt er etwas fest, das fast wie ein Geschoss sie angegriffen hatte, schneller als Zorro es hatte sehen können. Aber erst auf den zweiten Blick erkannte Zorro, was da auf sie zugeschossen gekommen war. Es war eine Axt, eine riesige Streitaxt, ähnlich groß wie Yoru, und ihre dunkle Stimme bebte übers Meer wie der Angriffsschrei eines Riesen. „Was zur…?“ Zorro starrte die Streitaxt an, die der andere so selbstverständlich aufgefangen hatte. Wo zur Hölle kam diese Waffe her? Und wer oder was hatte sie geworfen? „Ach, das wird wieder einmal lästig“, seufzte Dulacre dann auf, ehe er weit ausholte und die Axt einfach wegschleuderte, ehe er sich Zorro zuwandte. Die Anspannung von zuvor war vergangen, dennoch wirkte er alles andere als entspannt. „Ich möchte, dass du hinter mir bleibst und dich nach Möglichkeit wenig bewegst, verstanden?“ Verwirrt starrte er den anderen an. „Ich… ich soll nicht mehr unter Deck?“ „Nein“, seufzte Dulacre auf, ehe er sich wieder dem Meer zuwandte, „dafür ist es nun zu spät. Wir wurden bereits bemerkt.“ „Was? Von wem reden…?“ „Falkenauge!!“ Aus der Richtung, in die Dulacre gerade die Axt geschleudert hatte, kam ein ohrenbetäubender Schrei und im nächsten Moment drückte Dulacre Zorro mit einer Hand hinter sich, ummantelte seinen anderen Unterarm und blockte ebengenannte Axt mit der bloßen Hand ab. „Da bist du ja!“ Das Sargboot schaukelte so heftig, dass es Zorro beinahe zu Fall brachte. Dann sah er auf und musste schlucken. Kaum zwei Meter vor ihnen hockte ein Biest auf der niedrigen Balustrade des Sargbootes, die riesige Streitaxt über die Schulter geworfen, hielt den Griff lässig in einer Hand, die eher einer Pranke glich. Wildes Haar war in einer Vielzahl von zotteligen Zöpfen halbwegs gebändigt und selbst in dieser gebückten Haltung war dieses Biest fast so groß wie Zorro. „Manata“, sprach Dulacre unterkühlt, „was willst du?“ „Ist das nicht offensichtlich?“, antwortete das Biest, welches Dulacre mit Manata ansprach. „Kämpf gegen mich, Falkenauge!“ „Ich wiederhole meine Worte von unserer letzten Begegnung“, entgegnete Dulacre, immer noch mit dieser Kühle, die Zorro nur kannte, wann immer der Samurai von dessen Vater oder von Homura sprach, „aber ich hege kein Interesse an einem Kampf mit dir. Also bitte tue uns beiden den Gefallen und ziehe deiner Wege.“ „Nah“, grinste sie breit, zeigte vergilbte Zähne, die eher einem Raubtier glichen, „meine Leute werden noch was brauchen, bis sie mich eingeholt haben und ich will was Spaß, also kämpf mit mir.“ Sie deutete mit ihrer freien Hand hinter sich, wo sich in der Ferne der Schemen eines Schiffes am Horizont abzeichnete. Zorro glitt es kalt den Rücken hinunter. War sie so weit einfach gesprungen? Mehr noch, hatte sie aus dieser Entfernung ihre Waffe so zielgenau auf ihn geworfen? Verdammte Scheiße, wer war diese Frau, die eher einem wilden Biest glich? „Nein“, lehnte der Samurai ab. „Ach komm schon“, knurrte sie und schlug mit ihrer freien Hand auf ihren Oberschenkeln, brachte das Boot zum Erbeben. „Du bist stark, ich bin stark, lass uns kämpfen!“ „Ich habe dir schon mal gesagt, dass ich dein Verlangen nicht stillen werde. Ich bin Schwertkämpfer und ganz gleich, wie stark du sein magst, du mit deiner plumpen Streitaxt wirst nicht in der Lage sein, meine Langeweile zu vertreiben, also werde ich meine Zeit nicht mit dir verschwenden." Kalt hallte Dulacres vernichtendes Urteil über die See, ohne dass er auch nur im Mindesten von der Aura der Fremden beeindruckt schien. „Was machst du hier überhaupt, Manata? So nahe der Red Line warst du doch schon bestimmt zwanzig Jahre nicht mehr. Ich dachte, ich hätte meine Ruhe vor dir." „Gab nen Krieg", murrte sie, als wären dies kaum mehr als Gerüchte. „Hab gehört, der alte Newgate is‘ nicht mehr, getötet von einem seiner eigenen Bälger." „Wie immer bist du schlecht informiert", seufzte Dulacre mit einer Überheblichkeit, die Zorro nur zu vertraut vorkam. „Dieser Krieg war vor Wochen. Du wirst in diesen Gewässern niemanden mehr finden, erst recht nicht Marshall D. Teach." Sie zeigte wieder ihr wildes Grinsen. „Warst du dort, Falkenauge? Hast du gekämpft?" „Als Samurai wurde meine Anwesenheit erwartet, aber einen Kampf würde ich es nicht nennen; es war ernüchternd langweilig." Sie lachte laut auf und schlug sich mehrmals auf den Oberschenkel, brachte das Boot wieder zum Wanken. „Du bist schon ein lustiges Gör und redest immer noch wie ein piekfeiner Schnösel." „Ich bin von edlem Blut, das darf man meiner Wortwahl ruhig anhören", entgegnete er blasiert. „Aber du bist Pirat." Plötzlich richtete sie sich auf, brachte das Boot in leichte Schieflage. „Und Piraten reden nicht, sie kämpfen." Erneut seufzte Dulacre auf diese Art, die Zorro zu gut kannte von ihren langwierigen Trainingseinheiten über das Observationshaki. „Manata, ich werde nicht meine Zeit mit dir…" „Huch, was bist du denn? Ein Welpe?" Nun aufgerichtet, überragte sie Dulacre um einiges und sah beinahe verwundert auf Zorro hinab. Sie musste größer als Brook sein - und mindestens fünfmal so breit wie das Skelett - Haut und Leder spannten sich über schwere Muskeln. Wer zur Hölle war diese Frau? Sie musste verdammt stark sein, wenn sie sich erlauben konnte, so mit Dulacre zu reden, ohne dass er sie sofort mit Drohungen bewarf. Gleichzeitig war Zorro sich sicher, noch nie von einer riesigen Axtkämpferin auf einem solchen Niveau gehört zu haben. „Eher ein Streuner, beachte ihn nicht." Doch sie hatte sich schon vorgebeugt, eine Hand vorgestreckt und machte ein seltsames Geräusch, als wollte sie Zorro wie ein verängstigtes Kätzchen anlocken. „Was soll das denn werden?" Verwirrt starrte er sie an. Obwohl sie sich vorgebeugt hatte, überragte sie ihn immer noch, und wenn sie glaubte, dass ihre Körperhaltung sie weniger bedrohlich wirken ließ, irrte sie sich gewaltig, aber dafür konnte Zorro so für einen Moment ihre Axt besser begutachten. „Oh, es ist putzig", flüsterte sie beinahe bedächtig, als wolle sie Zorro nicht verscheuchen. Dachte sie wirklich, er hätte Angst vor ihr? „Deins, Falkenauge.?" „Nein, wie gesagt, er ist nur ein…" „Dann will ich‘s haben!" „Halt!" Die rauen Finger der Fremden waren keiner Handlänge entfernt von seinem Gesicht nach ihm ausgestreckt. Die Hand, mit der sie ihn eben noch hatte locken wollen. Fast schon wahnsinnig starrte sie ihn an. Jetzt verstand Zorro, warum er sich nicht bewegen sollte. Er war schlicht nicht in der Lage, ihre Bewegungen schnell genug zu sehen, geschweige denn zu reagieren. Dulacre hatte sie aufgehalten, seine Finger umschlossen noch nicht mal ansatzweise ihr breites Handgelenk, während er sie ruhig ansah. Aber Zorro kannte auch diesen Blick, die unterdrückte Wut. „Du befindest dich auf meinem Territorium, Manata, verhalte dich dementsprechend." Sich offensichtlich keiner Schuld bewusst, sah sie zu Dulacre hinab. „Aber wenn‘s doch nicht deins ist…" Sie zuckte mit den Schultern. „Es riecht nach Blut und Kampf; ich will‘s haben. Mein letzter Welpe hat‘s leider nicht gepackt." „Verschone mich mit deinen Geschichten und verschwinde. Hier gibt es nichts für dich zu holen, weder einen Kampf noch einen Welpen. Mach dich auf und suche Teach, nur deshalb bist du doch überhaupt hier, nicht wahr? Um herauszufinden, ob der Bengel, der Newgate töten konnte, auch so stark ist, wie die Geschichten sagen." Eine Zornesader pulsierte auf Dulacres Schläfe, als die Fremde ihn einfach ignorierte und Zorro weiter anstarrte. „Ich will aber den Welpen." Dann starrte sie Dulacre mit einem breiten Grinsen an. „Und wenn du nicht willst, dass ich mir den Welpen nehme, dann wirst du mich mit Gewalt davon abhalten müssen!" „Hn!" Zorro nahm einen tiefen Atemzug, als Yoru nur eine Handbreit vor seiner Nase die Streitaxt abwehrte. Er war nicht gewohnt, nichts zu tun, gleichzeitig wusste er, dass er genau das tun musste. Seine reine Anwesenheit bedeutete für Dulacre gerade einen Nachteil. Dann sah er Dulacres Blick und für einen Moment vergaß er beinahe die Frau mit der Streitaxt. Dann war der Wimpernschlag vorbei und Dulacre drängte die Streitaxt zurück. „Genug!" Und dieses Mal versuchte er erst gar nicht seine Wut zu verbergen. „Deine Spiele amüsieren mich nicht, Manata. Ich werde nicht gegen dich kämpfen, nur weil du es wagst, mir in meinem eigenen Territorium zu drohen." Nicht im Mindesten eingeschüchtert, neigte sie leicht den Kopf zur Seite. „Und wie willst du mich dann aufhalten, junger Wolf?" Sie lehnte sich vor. „Du warst ja schon als Welpe dreist, aber mittlerweile ist deine Arroganz echt nervig. Hör auf, so stur zu sein und kämpfe endlich gegen mich." „Nein, was du begehrst, wirst du hier nicht finden", widersprach Dulacre. „Der Welpe ist tabu, verstanden? Und wenn du kämpfen willst, dann suche dir Gleichgesinnte, aber meine Antwort von vor zwanzig Jahren ist immer noch dieselbe: kein Interesse!" „Du kleiner, dreister…" „Ich werde gegen dich kämpfen." „Was?" Mit einstimmiger Verwirrung sahen die beiden anderen ihn an, dann verfinsterte sich Dulacres Miene, während die Fremde dröhnend auflachte. „Oh, du süßer Welpe. Aber du bist viel zu schwach. Ich würde dich wie ein rohes Ei zerpratschen." „Mag sein, heute bin ich noch zu schwach. Aber du willst doch gegen ihn kämpfen, weil er der beste Schwertkämpfer ist, oder? Weil er stark ist?" Sie nickte sachte. „Nun, ich bin auch Schwertkämpfer", sprach Zorro weiter und legte eine Hand an seine Waffen, „und ich will ihn besiegen, das bedeutet, ich muss stärker als er werden. Wäre ich dann nicht ein viel interessanterer Gegner für dich als der ehemalige beste Schwertkämpfer der Welt? Und mir ist es egal, wie und womit mein Gegner kämpft, solange der Kampf nur spannend ist." Aus dem Augenwinkel konnte er ein leichtes Augenrollen Dulacres sehen, aber das war ihm gerade ziemlich egal. Er meinte absolut ernst, was er sagte. „Außerdem weist er dich doch schon seit über zwanzig Jahren ab, oder? Was machen da zwei Jahre mehr oder weniger? Warte noch, bis ich ihn besiegt habe, und dann werde ich mit Freuden gegen dich kämpfen." Er war es gewohnt, von Dulacre eindringlich gemustert zu werden, war an dessen scharfe Augen gewöhnt und dennoch, ihr Blick war alles andere als unbeeindruckend. „Sag, Falkenauge, ist dieser Welpe lebensmüde oder einfach nur dumm?", fragte sie kühl. „Er ist noch recht jung und ungestüm. Und wie du weißt, haben Streuner für gewöhnlich schlechte Manieren", entgegnete dieser aalglatt, „aber selbst der ungestümste Welpe wird irgendwann erwachsen und ich beabsichtige zu verhindern, dass er vorher durch seine leichtfertige Art stirbt." Sie brummte zustimmend, dann warf sie sich wieder ihre Axt über die Schulter. „Nun denn, meinetwegen, abgemacht, kleiner Welpe. Du besiegst Falkenauge und dann kämpfen wir, und wehe du versuchst, dich zu drücken." „Warum sollte ich?" Zorro grinste. „Ich mag starke Gegner und ich liebe den Kampf." Mit einem Mal grinste sie auch. „Altes Blut", flüsterte sie, „das gute alte Blut." Dann wandte sie sich um. „Gut, dann suche ich mir jetzt jemanden, um die Zeit totzuschlagen. Bis dann, Falkenauge, Welpe." Und im nächsten Moment sprang sie einfach von Bord, mit so einer Kraft, dass der kleine Bug des Sargbootes etwas Wasser schöpfte. Zorro sah ihr nach, wie sie auf dem Schiff landete, welches nicht mehr weit entfernt war, und lautes Gebrüll wehte zu ihnen herüber, als ihre Leute sie wohl begrüßten. „Was zur…? Wer zur Hölle war das?", murmelte Zorro, rieb sich den Schweiß von der Stirn und sah dem Schiff nach, welches nun einen neuen Kurs einzuschlagen schien. „Manata, die Bärin", kam es kühl vom Samurai, der gerade sein Schwert wieder verstaute und sich dann mit verschränkten Armen neben Zorro stellte, während das Sargboot weiter Kurs auf Kuraigana nahm. „Der Krieg hat wirklich ein neues Zeitalter angerissen, wenn er selbst sie aus ihrem Winterschlaf wecken konnte. Hätte nicht gedacht, ihr nochmal auf offener See zu begegnen." Dann schüttelte er den Kopf und wandte sich mit einem Seufzen um. „Wie dem auch sei. Hatte ich dir nicht gesagt, du sollest dich zurückhalten? Dein Einmischen war töricht und unnötig und Manata vergisst nicht." Mit seiner üblichen, nervigen Eleganz ließ er sich auf seinem Thron nieder. „Du hast gesagt, ich soll mich nicht bewegen; hab ich nicht", korrigierte Zorro ihn mit einem Grinsen. „Und ich hoffe, dass sie nicht vergisst, schließlich wirkt sie wirklich stark." Dulacre schenkte ihm ein Augenrollen und zog seine Zeitung wieder hervor. „Sie ist stark", bestätigte er dann. „Sie stammt aus der gleichen Generation wie Whitebeard, aber fristet ihr Dasein eher zurückgezogen in den hohen Bergen des North Blues. Es ist nie ein gutes Zeichen, wenn sie der Red Line nahekommt. Uns stehen wohl noch unruhigere Zeiten bevor, als ich erwartet habe." Mit einem Grunzen ließ Zorro sich auf den Boden fallen. „Warum hast du nicht einfach gegen sie gekämpft? Dann hätte ich mich gar nicht einmischen brauchen. Dachte, du magst starke Gegner und sie wirkte so, als würde sie problemlos mit dir mithalten können." „Oh, das kann sie vielleicht auch", bestätigte der Samurai überraschenderweise, da er andere für gewöhnlich doch nie anerkannte, „aber sie ist keine Schwertkämpferin und ihr grobschlächtiger Kampfstil ist eine Zumutung, mit der ich nicht meine Zeit vergeuden werde." Ah, da war die Herablassung, die Zorro schon fast vermisst hatte. „Es war wirklich töricht von dir, Lorenor. Ihre Kämpfe können schon mal gut und gerne Tage bis Wochen dauern." „Hört sich gut an", entgegnete Zorro mit einem unverhohlenen Gähnen. „Und was hätte ich auch anderes machen sollen? Du wolltest nicht gegen sie kämpfen und sie wollte mich dazu nutzen, dich zu erpressen." „Oh, du nimmst dich zu wichtig, kleiner Welpe. Du warst gewiss nicht ihr erstes Druckmittel und dennoch konnte sie mich nie dazu bringen, gegen sie zu kämpfen. Sie ist nicht gut im Verhandeln und verliert schnell die Geduld, daher kann man ihre Forderungen gut aussitzen. Aber nun ja, über Vergangenes zu lamentieren bringt bekanntlich wenig. Ich bin sie los und du wirst dich in Zukunft mit ihr herumschlagen dürfen. So hat der Tag doch etwas Gutes, zumindest für mich." Zorro rollte darüber nur die Augen, aber entgegnete nichts. So schwiegen sie. Dulacre las seine Zeitung und Zorro betrachtete seine Finger; sie hatten nicht mal gezuckt, als die Bärin ihn angegriffen hatte. Er hatte weder gesehen, wie Dulacre sein Schwert gezogen hatte, noch konnte er auch nur ansatzweise erfassen, wie viel Kraft ihre Angriffe ausgestrahlt hatten. Er hatte wirklich noch einen langen Weg vor sich, um auf diesem Niveau mitspielen zu können. „Ich konnte kaum ihre Bewegungen sehen", murmelte er, mehr zu sich selbst als irgendwem anders, „hab die Axt noch nicht mal gesehen, bis du sie aufgefangen hast." Dann fiel ihm etwas auf. „Warum hast du die Axt eigentlich zurückgeworfen und nicht einfach ins Meer fallen lassen." Dulacre machte einen abfälligen Laut. „Wer weiß, wann dieses Frauenzimmer das letzte Mal gebadet hat, und selbst im trockenen Zustand stank sie schon bestialisch." Manchmal konnte Zorro der Logik seines Lehrmeisters absolut nicht folgen. Weder verstand er, warum Dulacre den Kampf gegen sie so ablehnte, noch warum er die Konfrontation dennoch suchte. Er und seine Strategiespielchen waren echt anstrengend und Zorro verstand sie nie wirklich. Weder, wenn es um diese Manata ging, noch wenn es Lady Loreen betraf. „Sag mal", bemerkte er dann. „Sie hat mich gesehen und du hast doch gesagt, ich solle möglichst lange geheim halten, dass ich überlebt habe. Wird das jetzt nicht ein Problem?" Er sah auf, als Dulacre laut lachte und ihm dann ein selten ehrliches Lächeln schenkte. „Da brauchst du dir keine Sorgen machen, Lorenor. Die Geschehnisse der Welt interessieren sie nur insoweit, wie sie mögliche Gegner ausmachen kann, und vermutlich hat sie weder deinen Namen je gehört noch dein Gesicht je gesehen. Und selbst wenn, solange du nicht zu den Stärksten gehörst, hast du für sie die Relevanz einer Ameise." Dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf die Zeitung. „Aber sobald du zu den Stärksten gehörst, wird sie dich immer wieder aufsuchen, bis du gegen sie kämpfst. Äußerst penetrant und so nervig. Wenn sie wenigstens ihre Gegner töten würde, aber nein, spielt mit ihnen wie mit einer Maus in der Falle. Und irgendwie schafft niemand es, sie endlich zu beseitigen. Gerüchten zufolge wurde ihr der Hals einst halb durchschlagen und selbst das hat sie nicht zu Fall gebracht. Wirklich ein anstrengendes Frauenzimmer." „Hört sich fast wie eine Duke an", murmelte Zorro nachdenklich. „Auf der anderen Seite denk ich das vielleicht auch nur wegen der Axt." „Duke?", fragte Dulacre überrascht nach. „Ja, du weißt schon, Exus Duke, legendärer Schwertkämpfer aus dem North Blue, wurde aus seiner Zunft geworfen, weil er seine Feinde wohl immer grausam verstümmelt hat, ohne ihnen den Gnadenstoß zu geben. Sie zerbrachen seine Schwerter und er nahm sich daraufhin die Axt eines Holzfällers und schlachtete alle aus der Zunft ab und keiner konnte ihn töten. Reiste danach umher, aber kämpfte nie wieder mit einem Schwert, nur noch mit einer Axt. Muss schon so 200 Jahre her sein, aber du musst doch von ihm gehört haben." „Natürlich ist mir der Name Exus Duke ein Begriff", bemerkte Dulacre, immer noch mit dieser Überraschung in der Stimme. „Und ganz Recht, er war tatsächlich Manatas Urgroßvater. Aber ich bin überrascht, dass dir dieser Name was sagt. Deine Bildung ist doch alles andere als ausgefeilt." Zorro war sich nicht sicher, ob der andere ihn beleidigen wollte - er klang nicht mal danach, während er Zorros Ausbildung verurteilte - also zuckte er nur mit den Schultern und lehnte sich gähnend gegen die niedrige Balustrade. „Natürlich sagt mir sein Name was“, meinte er dann. „Ich kenne die Namen aller großen Schwertkämpfer." „Ach, ist das so?" Nun klang Dulacre offensichtlich neugierig. „Das hätte ich nicht erwartet." „Was? Ich will der Beste werden, da sollte ich doch wissen, wer die Besten waren und wie sie kämpften." „Durchaus, ein tatsächlich recht kluger Ansatz." Na, das klang irgendwie auch fast wie eine Beleidigung. Doch dann rutschte Dulacre von seinem Thron zu Zorro hinab und sah ihn mit großen Augen an. Zorro kannte diese Geste und mochte sie absolut nicht. Meistens folgte darauf ein intensives Gespräch oder eine eindringliche Frage. „Dann zeige mir dein Wissen, Lorenor? Wer fällt dir ein, wenn ich den großen Metallen Krieg von vor 80 Jahren erwähne." Seine Frage überraschte Zorro und er merkte, wie seine Wangen warm wurden. „Das dritte Zeitalter der Schwertkämpfer", flüsterte er, wusste nicht, warum der andere ausgerechnet diesen Krieg aufgriff, und was das Ganze überhaupt sollte. Es war der letzte Krieg gewesen, in dem eine beeindruckende Anzahl an verschiedensten Schwertkämpfern gekämpft hatten und gestorben waren. Jeder Lehrmeister nutzte diese Anekdote als Lehrstunde und Warnung, dass die Schüler sich ihre Gegner mit Bedacht auswählen sollten. „Und? Wer war deiner Meinung nach der Beste in jener Zeit?" Zorro lachte auf. Damit hatte er nicht gerechnet, sondern mit einer weiteren Belehrung. „Du willst, dass ich mich auf einen festlegen? Das ist unmöglich!" „Es stimmt, viele beeindruckende Krieger stehen zu Wahl.“ Der andere nickte verständnisvoll.  „Wir könnten die verschiedenen Schwertkämpfer durchgehen und bewerten. Mich würde deine Meinung brennend interessieren und die Überfahrt dauert noch ein paar Stunden." Zorro sah ihn immer noch leicht verwirrt an. Seit seiner Zeit im Dojo war er noch nie einer Person gewesen, die ihn mit einer solchen Begeisterung angesehen hatte, nur weil sie über Schwertkämpfer sprachen. Und selbst damals hatten die meisten sich eher für die berühmten Namen interessiert, eher für ihre Taten, weniger für ihre Kampfstile. Langsam nickte er: „Okay, lass es uns machen. Ich wähle den ersten Namen. Siegma, die Eisenklaue."   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)