Dragonblood von Hera_Tenebrae89 (Bound by fate, cursed by blood) ================================================================================ Kapitel 7: No Man´s Village --------------------------- Es war schon eine Weile her. Sie kannten sich bereits seit einer geraumen Zeit und hatten ein gewisses Band der Freundschaft zueinander geknüpft. Auch wenn das auf den ersten Blick recht ungewöhnlich wirkte. Dieses Paar ungewöhnlich wirkte. Was dort saß und zeigte das es möglich war, auch wenn keiner das wahrhaben wollte. Es war nicht normal das Menschen und Drachen Freunde wurden. Verdammt, man hat alles dafür getan das es niemals so werden würde. Drachen hassten Menschen für ihre Dummheit und den Drang zu zerstören. Menschen jagten Drachen aus Furcht vor ihren Kräften. Und dennoch saß ein Junge an dem Bauch des weißen Drachen und kümmerte sich vorsichtig um die dort noch immer heilende Wunde. Diese Wunde von der der Drache niemals erzählt hatte WOHER er sie bekam. Michael war keiner der viel über seine Vergangenheit sprach. Und das war auch nicht verwunderlich. Er hatte zu lange gelebt und zu vieles gesehen und das Meiste davon wollte er auch wieder vergessen. Konnte er aber nicht. Es hatte sich in seinem Verstand festgezapft wie ein Blutegel an einer frischen Wunde. Nagte an seinem Verstand und schwächte ihn. Aber immer wenn er dieses Menschenkind sah, dann ging es ihm besser. Dieser Junge schaffte es in ihm ein Gefühl auszulösen was er dachte verloren zu haben. Und das war Lebensfreude. Aber genau in dem Moment…wo er wusste dass er sterben würde. Es war ein grausamer Scherz. Aber einer mit dem er sich abfinden musste. Der Junge hatte die Wunde gepflegt und sah neben dem liegenden Drachen hoch. Sah ihn freundlich an und sprach: „Sie ist fast wieder verheilt. Vielleicht noch einige Tage und dann ist sie verschwunden.“ Aber Michael sah ihn nur stumm an. Denn er wusste dass dies nur die halbe Wahrheit war. Lange hatte das Kind sich um ihn gekümmert. Seine Wunde gepflegt und ihn gefüttert. Und lange hatte er es ihm verschwiegen. Vielleicht…war nun die Zeit gekommen um es auszusprechen. Und um ihn vorzubereiten auf das was unvermeidbar war. „Sie wird niemals vollständig heilen. Wird mich noch etwas weiter quälen. Aber…aber sie wird mich auch befreien. Und dafür sollte ich dankbar sein.“ Der Junge kam näher an den großen Kopf und legte seinen verwirrt schief. Fragte: „Was meinst du damit?“ Und zum ersten Mal…fühlte sich der Drache schlecht. Er fühlte sich schlecht weil er diesem Jungen nie gesagt hatte was passieren würde. Das er die Wunde völlig umsonst gepflegt hatte und nicht verhindert konnte das er sterben würde. Und das tat ihm leid. Er hätte nie gedacht…dass er sowas wie Leid empfinden könnte. Er lebte so viele Millennia schon. Hatte so viel gesehen und erlebt…Dinge getan…aber nun spürte er Leid gegenüber einem Menschen. Von allen Wesen die er traf und sogar tötete…war es ein Menschenkind dem er sich öffnete. Und so bekam er auch nur schwer diese Worte aus sich heraus: „Ich werde sterben Junge. Alles was du getan hast war sinnlos. Das Gift, was ich durch diese Wunde bekam, ist bereits tief in mir verankert. Es gibt keine Heilung. Es wird mich langsam aber sicher töten. Ich sterbe seit dem Moment an dem wir uns kennengelernt haben. Es ist unvermeidbar.“ Der Junge sah wieder zur Wunde und dann erneut zu dem Kopf des Drachen. Er schien sichtlich betroffen über diese Worte und sah ihn traurig an. Aber dennoch schien er gefasst. Und es tat der fliegenden Echse nur noch mehr leid. Er fühlte sich, als hätte er diesen Jungen ausgenutzt. Obwohl das nicht der Fall war. Alles, was das Kind getan hatte, wollte es freiwillig tun. Güte die Michael nicht kannte. „Warum…hast du mir das nie gesagt?“ Und das war eine berechtigte Frage. Warum hatte er nichts gesagt? Er hätte all das nicht machen müssen, wenn es eh kein Entkommen vor dem Tod gab. Also was war der Grund? Doch Michael wusste diesen nur zu gut. Und er antwortete ehrlicher zu ihm, als er es jemals zu jemand anderen getan hatte: „Weil ich deine Gesellschaft genossen habe. Und dachte du würdest mich dann sofort verlassen.“ Und das war die reine Wahrheit. „Ich lebe schon so lange Kind. In all den Millennia, die ich existiere, habe ich so vieles gesehen und erlebt. Vieles davon war schrecklich und grausam. Vieles was ich getan habe war grausam und egoistisch. Dadurch hatte ich nie den Mut mich auf andere einzulassen. Nicht mal auf meine eigene Art. Und so verbitterte ich. Habe mich vor der Welt versteckt und meine Schwingen nur erhoben um zu zerstören. Das Einzige was mir noch das Gefühl gab am Leben zu sein. Und alles was ich darauf noch im Herzen hatte…war Einsamkeit. Doch dann habe ich dich getroffen. Du hast dich mir mit einer Güte und Hilfsbereitschaft genähert, die ich niemals erfahren hatte. Und als mir klar wurde, dass ich anfing mich an dich zu gewöhnen, da hätte ich dich abfackeln müssen. Das sofort unterbinden sollen. Aber ich konnte es nicht. Du warst genauso einsam wie ich es bin. Ich sah mich selbst in dir. Und deshalb konnte ich es nicht.“ Der Junge kam direkt vor ihn gelaufen und setzte sich vor sie Schnauze die am Boden lag und die großen, dunklen Augen, die ihn weiter ansahen. Das Kind lächelte sanft und sprach: „Du wolltest noch mal etwas fühlen nicht wahr? Etwas was du nie zuvor gefühlt hast und das noch bevor du stirbst.“ Doch der Drache schüttelte den Kopf. „Nein. Das hat damit nichts zu tun….Wir Drachen sind unsterblich. Das weist du auch. Nur Verletzungen oder Gifte können uns töten. Ob das ein Fluch oder ein Segen ist wusste ich nie zu beantworten. Doch etwas was du nicht wissen kannst ist: das ein Drache im Moment seines Todes einen Wunsch frei hat. Das ist etwas was nur wir wissen. Und was wir noch nie mit jemanden geteilt haben.“ Der Junge runzelte die Stirn verdutzt und fragte: „Einen Wunsch?“ Michael nickte. „Dieser Wunsch ist uns von den Göttern, die uns erschufen, gegeben worden. Er ist mächtiger als alles andere auf dieser Welt. Und jeder Drache nutzt ihn um wiedergeboren zu werden.“ „Wirklich?! Dann ist das Problem doch aus der Welt! Du kannst dich einfach mit deinem Wunsch retten und wir können…!“ Er schien plötzlich sehr euphorisch und sprang auf vor Freude. Doch Michael schüttelte nur den Kopf. Er musste ihm da die Suppe versalzen. „Es ist nicht so wie du denkst Junge. Wenn ein Drache stirbt bekommt er einen Wunsch. Mit diesem Wunsch kann er sich wiederbeleben. Aber nicht als der der er einst war. Das ist Bestandteil einer Wiedergeburt. Man wird erneut geboren, aber als jemand völlig anderes. Als ein anderes Individuum. Ich werde derselbe Drache körperlich sein. Aber nicht der Selbe von meinem Herzen und meinem Verstand her. Ich bin dann jemand völlig anderes…Ich bin dann ein neuer Drache.“ Und der Junge verstand. „Also…ist es weiterhin als würdest du sterben. Du stirbst, so oder so. Der Drache der du bist stirbst auf jeden Fall…Macht dir das Angst?“ Ob ihm dass Angst macht…Das war eine weitere interessante Frage. Er hatte nie darüber nachgedacht. Über vieles, besonders seit er wusste das der Tod an ihm nagte, aber nie über die Angst davor. „Nie habe ich darüber nachgedacht. Es war mir egal. Doch seit ich dich kenne...Mir war es egal was aus mir werden würde, sobald ich sterben und wiedergeboren werden sollte. Aber seit ich dich kenne…fürchte ich mich davor. Ich würde…einen Freund verlieren. Meinen einzigen Freund. Und den Einzigen für den ich jemals etwas gefühlt habe, was nicht gleich Abscheu und Hass war. Und zum ersten Mal…weis ich nicht was ich tun soll.“ Der Junge lächelte traurig. Er war froh diese Worte aus dem Maul des Drachen zu hören und kam näher an dieses ran. Er fasste die Schnauze mit beiden Händen und drückte seinen Kopf dann gegen die warmen und rauen Schuppen auf dieser. Lächelte weiter. Er war glücklich zu hören dass er einen Freund hatte. Auch wenn dieser…bald sterben würde. Er nahm das sehr gefasst auf. Michael bewunderte das. Erneut. Und dann sprach der Junge etwas was ihm aufgefallen war: „Aber…aber wenn ihr euch wiederbeleben könnt…warum gibt es dann immer weniger von euch?“ Er löste sich von dem Drachen und sah ihm in die Augen. Und das war eine Tatsache. Drachen wurden immer weniger in diesen Landen. Er konnte sich die Antwort schon denken, als er das Starren des Drachen vor sich sah. Und Michael beantwortete ihm das: „Weil viele sich wünschen zu sterben…Wir verlieren unser altes Leben, aber Teile davon sind tief in unserem Blut verankert. Es ist wie ein Echo, das hallt und aus dem tiefsten Innern nur schwach erklingt. Es flüstert uns Dinge zu. Dinge aus unserem früheren Leben. Doch können wir uns nie wirklich daran erinnern. Nur fühlen wie es war. Wage Erinnerungen. Und viele ertragen diesen Schmerz und die Gefühle nicht, die sie nicht zuordnen können. Einige sind sogar verrückt geworden deshalb. Wurden zu Daemon und verloren sich in Brutalität und Wildheit. Verloren sich selbst. Und die meisten weisen Drachen…wählen ihren Wunsch mit bedacht. Weise Lebewesen wählen den Frieden vor dem Kampf. Aber weisere Lebewesen wählen erst gar nicht geboren zu werden.“ Der Junge sah ihn weiter traurig an. Die Frage tat ihm im Herzen weh. Aber er stellte sie: „Was…was wirst du wählen Michael?“ Und der weiße Drache wusste genau was er zu sagen hatte. Auch wenn das Ende aller Tage bevor stand. Etwas auf die Menschen zu kam, was nur die Drachen wussten und nicht verhindert werden könnte. Er wusste dass dieses Kind auch sterben würde. Und dennoch wünschte er sich nur eines: „Ich wünsche mir meinen Frieden Kind. Doch bevor es soweit ist…möchte ich noch die restliche Zeit mit dir verbringen. So lange wie mein Körper es mir gestattet…“ Sie näherten sich endlich dem Ende des Wohnviertels. Als sie über einen zerstörten Bahnübergang liefen, der über den gewaltigen Riss führte welcher sich an den Schienen entwickelt hatte, waren alle noch immer still. Vieles war passiert seit sie in diesem Haus anderen Menschen in die Falle gegangen waren. Vieles über das keiner mehr reden wollte, als sie endlich das Haus verlassen hatten. Inuart lief weiter vorne und sah immer wieder besorgt zu Nier hinter, der dicht hinter ihm lief und somit zwischen ihm und Caim, der die Nachhut bildete. Er war still. Aber das war auch okay, denn er hatte offensichtlich genug Scheiße in dem oberen Zimmer erlebt. Genug was erst mal verdaut werden musste. Inuart konnte nicht mal sagen was passiert war, weil es ihm keiner erzählt hatte. Doch er akzeptierte den Fakt und machte einfach weiter. Während Caim dem Jungen zur Hilfe eilte, hatte er den Letzten des Packs von Arschlöchern, den Chinesen, im Auge behalten und bewacht. Der hatte immer wieder versucht ihn zu überzeugen ihn gehen zu lassen, aber Inuart ging gar nicht erst darauf ein. Und kurz darauf war Caim auch schon wieder hinter ihm aufgetaucht. Er kam die Treppe runter und Inuart hatte ihn schon lange nicht mehr so abwesend und schockiert gesehen. Er wollte fragen was passiert sei, aber dazu kam er nicht, denn Caim lief in die Küche, holte seine Stange und schlug im nächsten Moment auch schon auf den wehrlosen Chinesen ein. Inuart war so geschockt darüber, dass er nur erstarrt dabei zusah und nichts tat. Er hielt einfach weiter mit der Waffe auf den Fremden, der tot und mit offenem Schädel bereits am Boden lag und auf den noch immer wütend eingeschlagen wurde. Und das obwohl er bereits sowas von tot war. Caim fand kein Ende. Und er sah so wütend aus. Noch wütender als sonst. Doch als er endlich aufhörte, rechts rüber sah und genau wie Inuart dann Nier erblickte, der erschrocken am Anfang der Treppe stand…da wand er sich still ab und wollte gehen. Entfernte das Blut von dem kalten Metall seiner Waffe, nämlich an der Kleidung des Toten und lief dann weg. Langsam in die Küche und raus aus der Tür durch welche sie in dieses Haus gekommen waren. In diesen Alptraum gestolpert waren. Und seit dem hatte niemand mehr was gesagt. Inuart wollte, aber traute sich nicht, denn manchmal ist Schweigen Gold. Er wollte nicht noch mehr alles aufreiben und daraus Probleme beschwören die nicht sein mussten. Also ließ er es. Sie liefen eine Weile durch ein weiteres Wohnviertel, auf der anderen Seite des Risses und kamen dann Richtung Südosten an einer Kreuzung an. Nach Osten führte sie zum Hello Work Shinjuku. Das war das offizielle Arbeitsamt in Shinjuku, zumindest in dem Teil in dem sie sich befanden. Und nach Süden ging es zum: Tomoni Gemischtwarenladen. So entschloss sich Inuart lieber diese Route zu nehmen. Dort konnten sie vielleicht auch noch was zu essen abgreifen. Oder vielleicht sogar ganz kurz Rast machen. Das würde allen sicherlich gut tun. Und vielleicht auch etwas mehr Ruhe in die Runde bringen, denn Inuart fühlte das etwas Spannung erzeugte. Er konnte sich auch denken was es war. Oder WER. Caim stellte nicht mal mehr Ansprüche und folgte einfach, ohne zu hinterfragen, den Wegen die Inuart einschlug. Offenbar hatte er zu viele andere Dinge im Kopf und keinen Platz mehr für diese Entscheidungen. Nicht das er jemals viel Dinge hinterfragt hatte, aber in der letzten Zeit hatte sich das gehäuft. Eigentlich ging er nur immer mit rein um zu töten. Egal wo hin es auch ging. Er wollte nur töten und überleben. Die taktischen Aspekte überließ er immer seinem Freund. Doch was hatte sich geändert? Warum fing er mehr an selber mitzudenken bei solchen Themen? Als sie vor dem Tomoni standen, konnte man bereits dahinter, in leichter Ferne, das Ohkubo Krankenhaus sehen. Es war sehr markant mit seinen hohen Gebäuden und nicht zu verpassen. Es sah aber genauso schrecklich aus wie der Rest der Stadt. Es war aber zum Glück nicht zerbombt oder schlimmeres. Zumindest von ihrem Standpunkt aus. Was schon mal gut war. Und noch dazu war es ein Katzensprung dahin. Dennoch schlug er vor zuerst in den Tomoni Laden zu gehen und dort etwas zu rasten. Keiner wiedersprach ihm und sie folgten nur lautlos mit hinein. Sie hatten die Rast nötig nach dem langen Marsch und der Aktion mit den Fremden. In dem Laden war es, nicht sonderlich überraschend, dreckig und dass es wie ausgeraubt wirkte. Obendrein noch dazu auf den Kopf gestellt. Doch auch an solchen Orten konnte man noch nützliche Gegenstände finden. Und während Inuart anfing hinter dem Tresen rechts zu suchen, stand Nier nur da und sah sich um und Caim schüttelte den Kopf und ging wieder aus dem Laden raus. Fühlte sich nicht in der Stimmung dazu. Er ging aber nicht weit. Stellte sich direkt vor die Glastür des Ladens und hielt Wache. Vielleicht war das auch besser so. Er war genug geladen. Das hatten sie gesehen. Er war so skrupellos geworden, dass er einfach ohne mit der Wimper zu zucken und ohne Vorwarnung über einen Menschen herfiel. Sicher war das ein mieser Kerl vorhin gewesen. Aber was wenn er das auch bei anderen tat? Sie nicht mal mehr aussprechen ließ und gleich kurzen Prozess machte? Er wurde unberechenbarer. Und das fand Inuart noch erschreckender als jemals zuvor. Er schlug das Leben aus diesem Menschen als wäre er nichts. Als wäre er noch weniger wert als ein Legion. Grausamkeit die keine Grenzen kannte…Nier sah dann zu Inuart und war endlich der Erste der wieder anfing zu sprechen: „Glaubst du wirklich das wir hier noch was finden?“ Er klang wieder normal. Der Schock von vorhin war ihm nur noch leicht in den Gliedern verankert und er hatte sich gut davon erholt. Zu seinem eigenen Erstaunen sogar. Er hätte nicht gedacht dass er das so locker abschütteln würde. Immerhin war das keine Lappalie gewesen. Er war einer Vergewaltigung von der Schippe gesprungen. Er sollte darüber schockierter sein…warum war er es nicht? Inuart sah auf und drehte sich dann um, so das er mit dem Rücken zu Nier stand und anfing die Schränke an den Wänden aufzumachen. „Du wirst erstaunt sein was viele Menschen für Dinge liegen gelassen haben.“ Nier sah ihn kurz an und wand dann den Kopf rechts rüber. Er sah raus zu Caim, der noch immer still da stand und den Blick in die Ferne gerichtet hatte. Er…er hatte sich noch überhaupt nicht bei Caim bedankt. Dafür bedankt dass er ihn vor diesem Menschen gerettet hatte. Doch irgendwie…traute er sich nicht wirklich. Er konnte nicht erklären warum, aber er hielt es für das Beste etwas Abstand zu halten. Er wollte ihn nicht bedrängen. Er war sehr aufgewühlt. Das konnte er spüren. Und ihm selber schossen so einige Fragen durch den Kopf. Was passiert war…das weckte Fragen in ihm. Und eine ganz besonders… „Aha! Bingo!“ Sprach Inuart laut und Nier sah erschrocken zu ihm hin. Er sah wie der Ältere eine Dose Pfirsiche aus dem Schrank zog und dazu noch weitere Gewürze. Es war nicht allzu viel, aber besser als nichts. Er stellte das vor sich auf den Tresen und fing auch schon an die Dose am Griff aufzuziehen. Die Pfirsiche darin waren noch frisch und er holte sich gleich ein Stück raus und aß es. Lecker und erfrischend. Dann sah er zu Nier und zeigte mit einem Nicken runter auf die Dose vor sich, sprach: „Hier. Du kannst auch etwas vertragen.“ Und da hatte er recht. Also kam der Weißhaarige näher und nahm sich dann auch vorsichtig ein Stück aus der Dose. Aß es und war erstaunt über den süßen Geschmack. Er hatte noch nie Pfirsiche probiert. Meist nur Fleisch aus der Dose, oder selber welches Gejagt auf den Straßen. Er war mehr der Fleischfresser. Keine Ahnung warum. Aber das schmeckte ihm auch sehr gut. Also nahm er sich noch eins und Inuart ließ ihn einfach machen. Er stellte seinen Rucksack neben sich ab und verstaute derweil die Gewürze darin. Und während Nier weiter aß, brannte diese Frage in ihm. Und er musste sie einfach stellen. Hoffte das Inuart ihn etwas aufklären könnte… „Ich denke über die Gewürze wird sich Yonah auch freuen, oder Nier? Ich denke an ihr könnte vielleicht ein kleiner Koch verloren gegangen sein, wenn man ihr die Chance gibt.“ Wohl eher nicht. Nier musste schmunzeln, wenn auch nur kurz. Yonah konnte überhaupt nicht kochen. Sie war schrecklich darin. Sie hatte ihren Bruder mal fest vergiftet, zumindest fühlte er so, als sie versucht hatte Rehfleisch mit Kürbis zu kombinieren und das alles nur halb roh und nicht gut gekocht war. Ihm wurde schlecht wenn er nur daran dachte…Aber nun endlich ergriff er seine Chance: „Inuart…“ Und als er seinen Namen so langsam aussprach, wand der Ältere seinen Blick wieder zu ihm und war überrascht. Überrascht über diesen ernsten und leicht unsicheren Ton den er hörte. Man sah Nier an das er was auf dem Herzen hatte, allein weil er auf die Dose vor sich starrte. Und endlich stellte er auch seine Frage: „…Was ist mit Caims Schwester passiert?“ Und als er das sagte, war es als würden tausend Ziegelsteine auf den Orangehaarigen niederprasseln. Es traf ihn unerwartet und hart. Einfach weil…er hatte ihm nie davon erzählt. Die Einzige die es wusste war Yonah. Und sofern sie nichts gesagt hatte, dann konnte es nur Caim gewesen sein. Aber wann? Vorhin als er sie oben nicht sah? Er war etwas überrumpelt und kratzte sich kurz am Hinterkopf dabei. Oh mann, wie sollte er das Thema angehen? Er entschied sich erstmal für eine Gegenfrage: „Woher weist du von seiner Schwester?“ Er sprach das leise und vorsichtig. Nier flüsterte auch. Sie hatten offenbar beide Sorge das Caim es hören könnte. Auch wenn er weiter weg war. „Er hatte vorhin was erwähnt…Und jetzt frage ich mich: warum ist sie nicht hier?“ Inuart schnaufte. Was sollte er großartig dazu sagen? Er hatte es Yonah erzählt, dann konnte er es auch Nier sagen. Und hoffen das Caim das nicht raus bekam und ihm nicht dafür den Arsch auf riss. Er holte Luft und fing an in Gedanken zu erzählen, stützte sich dabei nach vorne auf den Tresen mit den Armen: „Ihr Name war Furiae. Sie war etwas jünger als Caim und starb einige Jahre nach dem Ausbruch der Apokalypse…Sie wurde nicht von Legion getötet sondern von Menschen. Es war bei einer Schießerei als wir uns mit einer Gruppe von Fanatikern aufhielten. Und Caim hat sich nie dafür vergeben dass er es hat soweit kommen lassen. Sie war alles für ihn. Und als sie starb war es…naja es war als würde etwas mit ihr gestorben sein. Etwas von ihm. Als wäre seine Güte mit ihm gestorben und sein Herz. Er war danach nie mehr der Selbe. Und wir sprachen auch nicht mehr darüber. Furiae war auch für mich wichtig gewesen. Sie war meine Freundin. Dennoch hat Caim das niemals gehen lassen wie ich. Ich konnte irgendwann weitergehen und damit leben. Aber er blieb einfach stehen. Seine Schwester vor ihm zu erwähnen ist keine gute Idee und ich würde dir auch davon abraten. Da bewegt man sich auf verdammt dünnem Eis bei ihm.“ Also…war er ein gebrochener Bruder. Nun ergab das auch alles Sinn. Seine abweisende Haltung gegenüber Fremden und die Tatsache das im Andere egal waren. Menschen hatten ihm seine Schwester genommen…Aber interessant war: Er war ihm doch ähnlicher als er dachte. Jetzt nicht in dem vorherigen Aspekt, aber genau wie er wusste auch Caim wie es war eine kleine Schwester zu haben. Nur hatte er diese verloren und kannte den Schmerz des Verlustes. Hatte ihn offenbar niemals überwunden. Er litt also noch immer… So sah er wieder rüber und raus zu dem Braunhaarigen. Nier sah ihn traurig an. Er…war doch nicht so kalt und skrupellos wie er sich gab. Und endlich erklärte es auch warum er meist so nett zu Yonah gewesen war. Ihr immer wieder Medizin gab, obwohl er sie angeblich ja als Geisel hatte. Weil er ebenfalls mal ein großer Bruder gewesen ist. Und dieser Mensch steckte noch in ihm. Er würde kein kleines Mädchen einfach sterben lassen. Nicht so. Oder war das nur Wunschdenken? Inuart sah auch zu Caim und sprach: „Er trägt unglaublich viel Trauer in sich. Er hat mehr durchgemacht als du es dir vielleicht vorstellen kannst. Ich meine…Was für ein Mann wird man, wenn man alles verloren hat was einem wichtig war? Ich denke DAS wird aus einem.“ Er zeigte dann noch zusätzlich auf Caim. „Man wird ein Schatten seiner selbst und vergisst wer man eigentlich ist. Und man sucht sich einen neuen Lebenszweck. Aber Caim hat den nie gefunden. Und wenn, dann hoffe ich weiterhin dass es nicht Gewalt und Tod ist.“ Denn das tat er leider sehr gerne. Töten und gewalttätig sein. Und Nier verstand ihn nun besser…und war froh darüber. Endlich konnte er mal leicht hinter die Kulisse sehen und wissen was ungefähr los war. Er konnte ihn besser einschätzen Und er war froh zu wissen: das er sich nicht geirrt hatte. Da war noch etwas Güte in ihm. Es war ein Hauch und brach kaum durch, aber es war da. Er hatte es selber gesehen. Gefühlt, als Caim ihm die Haare geflochten hatte und ihm damit half. Doch was sollte er daraus mitnehmen? Warum sollte ihm das wichtig sein? Sicher verstand er ihn nun besser, aber was brachte ihm das? Es war nicht seine Aufgabe ihn zu retten… „Hast du nie versucht ihm das zu sagen?“ Fragte Nier dann und Inuart schüttelte beschämt den Kopf. „Ich habe es oft versucht. Aber irgendwann gibt man einfach auf, verstehst du? Er hat sich so in seinem Zorn verloren, dass ich mich auch nicht mehr getraut habe. Ich schäme mich dafür. Ehrlich. Aber ich denke nur Caim kann das selber beenden. Nur wenn er will. Ich kann ihm nicht helfen und das musste ich akzeptieren. Ich versuche es immer mal wieder leicht. Keine Ahnung ob es wirkt. Wohl eher nicht.“ Er war also genauso müde wie Caim selbst. Keiner hatte mehr Lust zu kämpfen. Zumindest nicht auf dem Terrain was das Thema zu Furiae anging. So sah er wieder auf den Tresen vor sich. „Danke Inuart. Ich werde nichts sagen.“ Sprach er dann an ihn gewandt und nickte dankend dabei. Und dann sah er wieder zu Caim. Er war…also ein Bruder. Was für eine Art Bruder er wohl gewesen ist? Sicher könnte er das von Inuart auch erfahren, aber er wollte nicht noch aufdringlicher und neugieriger sein als er es schon war. Er machte sich da selber ein Bild von. Und wenn er an vorhin zurück dachte…dann könnte er ein sehr fürsorglicher und lehrender Bruder gewesen sein. Ein Beschützer sogar. Das würde passen. Einer der für seine kleine Schwester gegen die stärksten Dämonen kämpfte. Er musste darauf plötzlich kurz lächeln. Über die Erkenntnis. Heh…so wie er. Yonah hatte recht. Sie waren sich doch etwas ähnlich. Inuart sah Nier wieder an. Das war vielleicht auch endlich sein Moment um selber mal Antworten zu bekommen. Also fragte er: „Sag mal…was ist da oben passiert?“ Aber da musste Nier nicht lange drüber nachdenken. „Er hat mir geholfen. Er hat mich vor dem Arschloch gerettet das mich hoch zerrte. Mehr nicht.“ Und mehr wollte er auch nicht erzählen. Er behielt lieber die Dinge für sich. Man musste nicht alles erzählen und es war auch nicht so wichtig das zu erzählen. Das war etwas zwischen ihm und Caim. Inuart sah ihn an. Dann vielleicht eine andere Frage, die auch sehr interessant war: „…Warum hast du dich nicht verwandelt?“ Nier sah ihn wieder an. Etwas leicht erschrocken. „Ich meine du hättest sie doch in Stücke reißen können, wenn es drauf an kommt. Warum hast du es nicht getan? Kannst du es wirklich nicht kontrollieren? Deine Sicherheit hing doch davon ab. Ich denke da hätte es funktionieren können, oder?“ Aber Nier wusste es selber nicht. Wenn er sich verwandelt wollte, dann brannte dieses Gefühl in seiner Brust. Es war wie Feuer und wurde stärker. Aber er hatte das nicht gehabt. Und er wusste auch nicht was es auslöste. Es kam von selbst. So schüttelte er nur Stumm den Kopf und sprach: „Ich weis es nicht….Keine Ahnung…“ Und so langsam mussten sie auch weiter. Denn je länger sie warteten, umso schneller wurde es Abend. Und zum Abend wollten sie wieder bei Yonah sein. Caim war sehr erleichtert darüber gewesen das sie um die Okubo Station herum weg waren. Besonders das es alles ohne große Probleme ablief. Als sie über den Spalt liefen machte er sich schon Sorgen das die nächsten Arschlöcher, von der Station in der Nähe, aus ihren Löchern gekrochen kamen und sie in dem Viertel dahinter ebenfalls attackieren würden. Wenn war das nämlich ihr Revier. Doch das blieb ihnen erspart. Es war allgemein von da an ein sehr ruhiger Ablauf gewesen. Nicht mal Legion trafen sie auf dem Weg. Was aber die Situation nicht besser machte. Sie waren da draußen. Keine Frage. Nur wusste man nicht wo. Sie konnten in jedem Gebäude lauern. Und er hoffte dass es im Krankenhaus nicht der Fall sein würde. Noch nie hatte er so sehr gehofft sich zu irren. Und es würde sich bald zeigen ob er recht hatte oder nicht…denn sie waren da. Bereits vor dem Krankenhaus konnten sie eine gewaltige Absperrung sehen. Es war ein Checkpoint vom Militär, was wohl daran lag dass man es mit einer gefährlichen Krankheit zu tun hatte. Keiner kam aus dem Gebäude raus oder rein ohne gefilzt zu sein. Die Quarantäne ging schon los, bevor man die Station im Krankenhaus überhaupt erreicht hatte. Und so kam es schließlich das vor ihnen, die Straße rechts und links hinauf, viele Militärautos standen und Straßensperren errichtet wurden. Natürlich waren fast keine Leichen mehr zu sehen. Wenn sie mal Skelette von Soldaten sahen, dann waren das Opfer von anderen Menschen gewesen und nicht von Legion. Da es ja bekannt war das Legion Asche verpufften nach ihrem Tod. Und als sie auf den Checkpoint zuliefen, der eigentlich nicht mehr als eine Absperrung mit einem Zelt war, da sah Nier rechts von dem Zelt etwas an der Mauer, die das Krankenhaus umgab, niedergeschrieben. Es wurde dort mit einer Sprühdose angemalt. Er lief davor und legte dann den Kopf schief. Interessant. Er konnte es zwar nicht lesen, aber es sah nicht freundlich aus und war auch sicherlich keine Kunst. Als er den Jungen weglaufen sah kam Inuart dann rechts neben ihn und las laut vor was an der Wand stand: „Gebt uns unsere Rationen. Helft uns. Wo ist unser Heilmittel?“ Caim dagegen wand sich von ihnen ab und lief schon mal in das Zelt rein, was sie vom Hof vor dem Krankenhaus trennte. Ihn interessierte das nicht. Nier allerdings schon. Da er sich an nichts erinnern konnte wollte er wissen was damit genau gemeint war. „Warum hat man diesen Menschen nicht ihr essen geben? Also denen die das geschrieben haben?“ Inuart sah ihn an. Er schien traurig über die Tatsache, sie war simpel und genauso grausam und dann schnaufte er kurz und erklärte wie er das sah: „Weil es irgendwann nicht mehr genug gab. Und das war ein Fakt. Und viele darauf auch nicht in der Lage waren sich selber welches zu besorgen. Weist du Nier…aus solchen Dingen entstehen Aufstände. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Den Menschen wird etwas versprochen und dann wird es nicht gehalten. Oder man erfindet wieder eine neue Lüge um die alte Lüge aufrecht zu erhalten. Man hält die Menschen hin. Aber das ist ein Selbstzerstörer. Denn je länger man Menschen hinhält und ihnen das verweigert was sie wollen, umso schneller werden sie aufmüpfig. Und am Ende wehren sie sich und nehmen alles selbst in die Hand. Nehmen sich einfach das von dem sie denken es würde ihnen zustehen. Der Premierminister unseres Landes und das Militär konnten sich nicht um die Legion UND die Aufständischen gleichzeitig kümmern.“ Nier sah zu ihm. „Also überließ man die Menschen einfach sich selbst?“ „Nein das würde ich nicht sagen Nier. Man hat versucht den Menschen zu helfen. Immerhin ging es ja um die Rettung der Menschheit vor einer Seuche. Aber so wie es nun mal ist…naja…es bleiben immer welche auf der Strecke. Du opferst einige um die Mehrheit zu retten. Das war schon immer so. Und die die geopfert werden sollten fanden das natürlich nicht so geil. Und wenn sich keiner mehr um sie kümmert und sie sich verlassen fühlen, dann nehmen sie ihr Leben selbst in die Hand. Egal was man tut es führt zu Konflikten. Es gibt niemals den EINEN richtigen Weg denke ich. Wichtiger ist es mit seinen Entscheidungen leben zu können.“ Nier sah wieder vor sich auf die Schrift. Und dann fragte er: „Denkst du die Regierung hat die richtige Entscheidung gefällt? Mit dem was sie taten?“ Wenn man sich so umsah konnte Nier das nämlich persönlich nicht glauben. Die Menschen waren verkommen und sich selbst überlassen. Die Welt zerstört von dem was er hörte. Es konnte nicht die richtige Entscheidung gewesen sein. Oder? Inuart sah auch wieder vor und schnaufte erneut. Lächelte aber dann auch kurz. Er würde sich gleich anhören wie ein alter Opa: „Das weis ich nicht…Aber ein weiser Mann sagte einst mal zu mir: Gut und Böse lässt sich schwer definieren. Denn auch ein guter Mensch kann böse Dinge tun. Er muss nur fest davon überzeugt sein dass das was er tut das Richtige ist. Und schon ist es für ihn persönlich das Gute…Weist du…ich lebe und meine Freunde leben. DAS ist für mich der richtige Weg. Ich mache alles dafür dass es so bleibt. Auch wenn ich dafür böses tun muss. Zumindest würden es andere als böse sehen. Doch für mich ist es das Gute. Wie siehst du das?“ Der Junge neben ihm nickte nur langsam. Wusste erst nicht was er antworten sollte. Da war etwas Wahres dran. Für ihn waren diese Fremden vorhin böse gewesen. Das was sie taten war für ihn böse. Aber für sie war es vielleicht das Richtige. Sie fühlten so. Wer hatte also am Ende recht? Es kam zu einem interessanten Punkt…und der nannte sich: Ansichtssache. Aber in einer Welt voller Regeln und Gesetzte war Ansichtssache etwas was kein Mensch wollte. Kein Mensch der was zu sagen hatte wollte das natürlich. Regierungschefs oder Könige. Man sollte gleich denken und handeln. So wie der es wollte der oben saß. Denn wenn ein Volk gleich dachte, so dachte wie man selbst wollte, dann war es kontrollierbarer. Und was da auch gut funktionierte war die Angst. Wenn man Menschen in Angst und Schrecken versetzte, dann griffen sie nach jedem Notseil das man ihnen zuwarf. Besonders wenn sie keine Ahnung hatten und vertrauten das man ihnen damit helfen würde. Doch sollte man dann seinen Teil nicht erfüllen…dann kam der Zorn. Und nach einer Weile wandelt sich dieser in Ungehorsam. Und dann sah jeder nur noch seine Wahrheit und handelte auch nach dieser. Wenn du keinem mehr vertraust, dann vertraust du dir nur noch selbst. Und das konnte schlimme Folgen haben. Nier schüttelte den Gedanken ab. Aber es war egal geworden. Es gab keine Regierung und keinen mehr der was zu sagen hatte. Zum ersten Mal waren die Menschen frei und frei zu tun was sie wollten. Zumindest hatte er das Gefühl. Ein Gefühl von dem er sich fragte woher er es kannte. Immerhin konnte er sich an nichts dergleichen erinnern. Nicht an die Welt die vor Zwei Jahren gewesen war… „Die Welt ist ziemlich kaputt denke ich.“ Antwortete er schließlich ehrlich auf Inuart und der sah wieder zu ihm runter. Das war wohl war. Und dennoch: „Die Welt war früher schon kaputt gewesen. Nur war es nicht so leicht zu erkennen. Meist braucht es ein Ereignis. In unserem Fall die Legion, damit die Menschen die Fehler und Macken im System erkennen. Aber meist ist es dann auch schon zu spät…Der Mensch hat leider die Angewohnheit den Abgrund erst zu sehen wenn er kurz davor ist reinzufallen.“ Und während sie sich abwanden und Caim folgten, durch das Zelt liefen und raus auf den Vorhof dahinter kamen…da dachte Nier weiter nach. Über das was Inuart gesagt hatte. Wenn er so hörte wie die Menschen vor dem Ausbruch der Seuche waren, dann fragte er sich ob es nicht vielleicht etwas Gutes an der Sache mit den Legion gab. Nicht falsch verstehen! Er hasste Legion! Aber die Tatsache dass die Menschen so korrupt waren und es noch immer sind, machte ihm Bauchschmerzen. Also es war ja nicht NICHTS passiert. Der Untergang der Welt kam in Form der Legion angekrochen und die Menschen hatten offenbar nichts Besseres zu tun als sich nebenbei noch selbst das Leben schwer zu machen. Sich selbst noch zu bekriegen dabei. Warum machte man sowas? Sollte man nicht eigentlich zusammenhalten? Konnte man nicht nur gemeinsam das Problem lösen? Aber auch das spielte keine Rolle mehr. Die Menschen hatten sich für einen Weg entschieden und das was sie um sich sahen war das Ergebnis davon. Zerstörung, Einsamkeit und Misstrauen. Nicht die Hölle auf Erden. Aber auch kein sehr angenehmer Ort mehr. Und je näher sie dem Eingang kamen umso vorsichtiger und gebückter liefen sie. Caim war schon weiter vorne und auf Grund dessen auch der Erste der an der großen Doppelglastür an kam und vorsichtig in die Eingangshalle dahinter spähte. Aber er sah sich nicht nur um, er lauschte auch noch. Und vorerst konnte er nichts hören. Das änderte aber nichts an der Tatsache, dass er dennoch vorsichtig in die Halle schlich und sich aufmerksam umsah. Er erkannte so viele Dinge, die definitiv zeigten was an diesem Ort für ein Kampf gewesen ist. Er sah leere, fahrbare Liegen mit Schnallen zum befestigen der Patienten. Dann Unmengen von zerstreuten Dokumenten am Boden, Schusslöcher in den Wänden, was auf ein Gefecht deutete und vereinzelt mal ein Skelett eines Menschen aus dem Militär. Arme Seelen die sich auch weiterhin noch fest an ihre Waffe klammerten, als müssten sie weiter kämpfen und dürften keine Ruhe haben. Als Inuart und Nier ihm leise folgten und das ebenfalls sahen, wurde dem Weißhaarigen ganz anders zu Mute. Es tat ihm leid diese Menschen so zu sehen. Diese armen Kerle die ihr Leben verloren hatten. Etwas was völlig unnötig gewesen wäre. Er verzog das Gesicht traurig. Und wenn er das alles sah…wünschte er sich was ändern zu können. Aber er war nur ein Junge. Was konnte er schon tun, wenn es nicht mal die ganze Menschheit geschafft hatte? Das war dann doch reines Wunschdenken. Caim ließ das dagegen alles kalt. Er kam an dem großen Anmeldetresen an und sah sich um. Sicher war nichts zu sehen und zu hören. Sollte eigentlich auf Nummer Sicher gehen. Tat das aber nicht. Stattdessen hatte er eine Idee. Er wollte was testen. Also sah er vor sich und hob ein altes und totes Telefon aus der Ladestation. Warf dann einen Blick zu Inuart rüber, wirkte schon etwas fies dabei, der auch sofort wusste was der Kerl mit dem Telefon in der Hand vor hatte. Er blieb stehen und schüttelte energisch den Kopf. Sprach dann auch etwas gedämpft: „Nicht! Lass den Blödsinn!“ Aber Caim zuckte nur mit den Schultern lässig nach oben und sprach dann gemein: „Hey dann könnten wir sicher sein.“ Was aber keiner wusste war: das Caim nur bluffte. Er verarschte Inuart und wollte die Reaktion von ihm sehen. Also deutete er an das Telefon zu werfen und hob den Arm in der er es hielt. Schon kam der Orangehaarige angerannt und nahm es ihm schnell ab. Legte es wieder auf den Tresen und sprach wütend, aber gedämpft: „Bist du bekloppt?! Was soll das?! Wills du alle auf uns aufmerksam machen?!“ Also doch. Er bekam ein schmutziges Lächeln von seinem besten Freund und der sprach dann auch genauso fies: „Ach? Ich dachte es sollen hier angeblich keine Horden von Legion auf uns lauern? Warum also die Angst? Doch nicht mehr so sicher Klugscheißer?“ Nier sah abwechselnd zu den Beiden und stand weiter vor ihnen in der Mitte der Eingangshalle. Caim wollte damit offenbar testen ob Inuart sich seiner Sache sicher war und offenbar war er dies nicht, sonst hätte er ihn nicht davon abgehalten. Oder er war einfach vorsichtig, was an sich ja nichts falsches war. Er verstand das. Aber er fand dennoch dass es ein ziemlich beschissenes Verhalten von Caim gewesen war. Aber war das so überraschend? Es war immerhin Caim. Wenn Nier eines wusste, dann das er mehr gemein als nett war. Also überraschte ihn das nicht wirklich. Dennoch war das unnötig gewesen. Das war wieder ein perfektes Beispiel für den Mensch. Anstatt sich zu helfen und zusammen zu halten, fuchsten sie sich gegenseitig. So schüttelte er den Kopf und kam näher, als Inuart verteidigend zu Caim sprach: „Was ist falsch daran kein Risiko einzugehen?!“ „Ach ja? Kein Risiko eingehen?! Interessant das du dass jetzt sagst wo wir schon längst einem Risiko ausgesetzt wurden!“ „Warum fängst du JETZT damit an Caim?!“ Das war eine berechtigte Frage und auf die schien der Braunhaarige auch nicht antworten zu wollen. Er wand sich nur sauer ab und lief nach links, neben dem Tresen, einen Gang hinab. Nier und Inuart sahen ihm nur nach. Er verhielt sich wieder sehr aggressiv seit diesem Vorfall vorhin. „Was ist sein Problem?“ Fragte Nier, aber das konnte sich Inuart auch nicht erklären. Es waren Dinge passiert die ihn eigentlich nie so angreifen würden. Und dennoch verhielt sich Caim als wäre vorhin etwas Schreckliches passiert und als habe er gelitten. Was so überhaupt nicht für ihn sprach. Und keiner wusste wegen was es auch so gewesen sein sollte. Immerhin konnte ihm keiner in den Schädel sehen. Er schnaufte genervt und lief dann los. Lief an dem Weißhaarigen vorbei und sagte dabei: „Ich denke er regt sich jetzt künstlich über alles auf. Und das nur weil er noch immer sauer ist.“ Ja aber worüber genau war er denn sauer? Das war auch etwas was sich Nier fragte. Caim ließ sich nicht wirklich in die Karten sehen, also wusste auch keiner was so wirklich in seinem Kopf abging. Wie sollte man da das richtige tun um ihn nicht zu ärgern? Und dann folgte Inuart seinem Kumpel den Gang hinab. Nier stand noch kurz etwas da. Also hierß das: er suchte momentan bewusst Streit? Wie bescheuert war das denn? Offenbar war das sein Ventil um Dampf abzulassen, wenn auch ein bescheuertes. Aber immerhin etwas. Das war gut zu wissen, denn dass würde bedeuten er hält lieber etwas mehr Abstand zu ihm. Und dann lief er auch los und folgte in den Gang. Das Krankenhaus war allgemein in einem üblen Zustand, keine Frage. Nicht nur das es durch die Jahre sichtlich alt und staubig geworden war, es war auch noch schrecklich zerstört und verwüstet worden. Keines der Patientenzimmer sah mehr so aus als könnte man es jemals wieder brauchen und benutzen. Betten waren umgeworfen, Papier überall auf dem Boden verstreut und Gläser mit Medikamenten lagen zerstört herum. Noch dazu fing die Vegetation an sich langsam alles zurück zu holen was die Menschen eingenommen hatten. DAs war nicht nur im Krankenhaus so, sondern allgemein auf den Straßen. In dem einem Zimmer war sogar ein Baum, neben dem Haus rechts, in ein Zimmer gewachsen, indem er seinen Ast durch das Fenster geschlagen hatte. Auch Moos fing dort am Boden an zu wuchern. Die Natur holte sich alles zurück und es zeigte erneut dass sie den Menschen nicht brauchte. Und das war auch etwas dessen Caim sich immer mehr bewusst wurde. Er war selber ein Mensch aber er hasste ja bekanntlich Menschen. Also war es nicht wunderlich dass ihm solche Gedanken von Zeit zu Zeit durch den Kopf jagten. Und auch war er kein Heiliger. Noch weniger glaubte er an Gott. Aber wenn er sich richtig erinnerte, dann hatte doch angeblich Gott alles geschaffen oder? Zumindest hatte er das mal gehört. Er wusste nur nicht mehr woher. Gott erschuf alles und befand es als gut…nur den Menschen nicht. Warum den Menschen nicht? Er wusste es: Weil Menschen Abschaum waren. Und so unfertig wie sie angeblich waren, so verhielten sie sich auch. Der Mensch hatte den Drang zum Zerstören und Verseuchen. Und Caim war der festen Überzeugung dass der Mensch an allem Schuld war was auf der Erde schief lief. Er schämte sich manchmal dafür einer zu sein. Aber was sollte er da schon gegen machen? Er spielte die Rolle die er zu spielen hatte. Und das war: ein Mensch sein und mit seiner Existenz schaden. So war es ja bestimmt, oder? Also warum davon abweichen? Er kam am Ende des Gangs wieder als erster in einem großen Wartebereich an und sah sich um. Es war erneut nichts zu hören und zu sehen. Der große Raum war so leer wie alles andere in dem Krankenhaus. Zumindest was Leben anging. Müll lag genug herum und auch andere zerstörte Gegenstände. Und als Inuart ihn aufgeholte hatte, rechts neben ihm ankam und sich ebenfalls umsah, da wusste er bereits was zu tun war. Er lief weiter und links zu einem weiteren Anmeldetresen den er erspäht hatte. Das war der Anmeldebereich für die Stationen. Also um zu erfahren wohin man verlegt werden sollte. Er lief dort herum und fing dahinter an nach etwas zu suchen. Riss Schubladen und Schränke dabei auf. Caim wusste nicht was das sollte, aber es juckte ihn auch nicht, also blieb er einfach stehen, verschränkte die Arme und sah auf den Boden. Lauschte in die Ferne und der Stille. War erneut wachsam. Nier kam derweil links von ihm an und sah sich auch um. Sah was vor ihm in dem großen Wartebereich zu erblicken war. Und es gefiel ihm wieder nicht. Er sah kurz erschrocken drein, denn neben den umgeworfenen Möbeln wie einer Couch, Tischen und Mülleimern, sah er noch anderes auf dem Boden liegen…es waren Skelette. Verstorbene Menschen und zu seinem Schrecken…nicht irgendwelche. Caim sah links zu ihm runter und beobachtete ihn auch weiter still, als der Weißhaarige plötzlich in den Raum lief und zu einem verstorbenen Pärchen, dass neben der umgefallenen Couch saß. Sie lagen angelehnt an diese und das eine Skelett hatte das Andere in den Armen…das eindeutig kleiner gewesen war. Traurig kam er davor auf die Knie und sah sie an. Sie trugen keine Kleidung von Soldaten sondern weiße Kleidung die sich ähnlich sah. Mutter und Kind? „Das waren keine Soldaten. Es waren normale Bürger.“ Sprach er zu ihnen und sah sie weiter traurig an. Und während er das tat, fing doch tatsächlich der Braunhaarige an sich zu bewegen und kam langsam rechts neben ihn. Er sah ebenfalls auf die Verstorbenen, aber sagte nichts dazu. Er stand einfach nur da. Und Nier sah dann zu ihm hoch. Sprach: „Sie waren nicht infiziert…Warum tut man sowas?“ Klar denn sonst wären die Leichen nicht hier. Caim sah zu ihm. „Das ist der Mensch.“ Kam es plump. Nier war erschrocken über diese Aussage, denn sie kam sehr kalt und gleichgültig aus seinem Gegenüber. Als wäre es nichts. Als wäre es normal. Und genau das war es ja auch für den Älteren. Er hatte sich daran gewöhnt und auch nichts mehr dagegen. Die Zeiten dass er den Menschen nachweinte waren vorbei. Schon lange. Er sprach weiter: „Ich muss dir ja wohl nicht erklären wie der Mensch funktioniert, oder? Er hat vor etwas Angst, also tötet er es bevor es ihn töten kann. Meist ohne es vorher verstehen zu wollen. Erst schießen und dann fragen.“ Nier war schockiert deswegen. „Aber das waren andere Menschen gewesen!“ „Ja und? Wo ist da der Unterschied? Soldaten kamen hier rein, sahen einen Haufen Legion der über Menschen herfiel und es wurde einfach geschossen. Du kannst in der Situation nicht unterscheiden wer infiziert war oder nicht, dafür war einfach keine Zeit. Und dann mäht man halt einfach alles nieder was vor einem steht.“ „Das ist aber nicht richtig!“ Caim sah zu ihm. „Doch war es. Hätte der Schütze gezögert wäre er vielleicht gestorben. Also hat er das Richtige getan um am Leben zu bleiben: Er hat geschossen. Manchmal ist es halt einfach so simpel. Es heißt: Töten oder getötet werden. Du hast es doch selber vorhin gemerkt. Hast es gespürt, oder? Aufgeben oder wehren. Und du hast dich gewehrt. Es gibt nur Schwarz oder Weiß in allen Situationen des Lebens. Je früher du das akzeptierst umso besser.“ Nier sah ihn einfach nur still an. Er meinte die Situation wegen der Vergewaltigung...Aber dann schüttelte er den Kopf und kam wieder hoch. Sah auf den Boden vor sich. Er konnte nicht glauben dass es so einfach war. „Es gibt auch etwas dazwischen. Ich bin zum Beispiel so.“ Er meinte damit definitiv seine Art. Er war ein Hybrid. Also etwas zwischen Mensch und Drache. Aber Caim sah das nicht so einfach. Das war für ihn dann doch nicht so simpel. Also wand er sich von dem Kleinen ab und sprach noch dabei leise zu ihm: „Und genau deswegen bist DU nicht normal…“ Und Nier wusste nicht wieso, aber als er das sagte war es als würde man ihm einen Dolch in das Herz schlagen. Es tat weh. Es tat weh zu hören dass man nicht als „normal“ angesehen wurde. Gesagt zu bekommen das man anders war. Falsch war und nicht gewollt. Als ob er sich das ausgesucht hätte so zu sein! Als hätte er eine Wahl gehabt!...Hatte er die? Er war in der Sekunde so verwirrt über sich selbst. Warum machte ihn der Gedanke so sauer? Warum sprach er als hätte er keine Wahl gehabt? Er konnte sich doch an nichts erinnern, also woher kam diese Wut und Wortwahl? Doch er holte sich schnell wieder aus diesen Gedanken heraus und faltete die Hände vor seinem Gesicht, schloss die Augen und stand still. Er zollte Respekt. Er betete für sie. Das sie an einem besseren Ort waren. Caim sah noch mal rechts zu ihm hinter und sah das. Sah wie der Junge offenbar für die Toten betete. Er schnaufte leicht verachtend. Und er konnte es sich einfach nicht verkneifen und sprach: „Zu wem du auch immer versuchst zu beten…lass es einfach. Er wird dich eh nicht hören und erst recht nicht helfen, weil er nämlich nicht existiert. Sowas wie Gott gibt es nicht. Das ist nur eine Entschuldigung um sich an Hoffnung zu klammern, dass einer dir helfen wird, wenn du es selber nicht schaffst.“ Nier hörte schlagartig auf und sah links zu ihm hinter. „Woher willst du das denn wissen?“ Sprach er schon fast etwas sauer und ungläubig. Aber Caim blieb erstaunlicherweise ruhig und sprach dann abgewandt: „…Weil er mir nie zur Hilfe kam. Egal wie oft ich darum gefleht und gebettelt habe.“ Und damit war für ihn auch das Thema beendet. Aber für Nier nicht, der sich zu ihm umdrehte und ihm traurig nachsah. Er hörte Wut und Trauer in der Stimme des Älteren. Offenbar hatte er die Hoffnung verloren dass er Hilfe bekommen würde. Egal wer es auch sein würde. Ob Gott oder nicht. Und Nier konnte sich schon denken warum er so war. Nein…Er wusste es genau… Caim kam wieder zu Inuart an den Tresen, der sich auch erhoben hatte und alte Akten durchforstete. Und er hatte sogar etwas Glück dabei gehabt. So legte er einen großen Ordner auf den alten und staubigen Tresen vor sich und schlug weiter darin rum. Sein bester Kumpel sah ihm dabei zu und sprach dann in seiner typischen abwehrenden Tonart: „Sag nicht: dass wir umsonst hier sind." Inuart schüttelte den Kopf und zeigte mit der rechten Hand auf eine Seite vor sich. „Nein zum Glück nicht. Schau mal hier: Ich habe das Lagerverzeichnis gefunden. Hab mal gehört dass es mehrere im Krankenhaus geben sollte, damit man immer den Überblick über die Medikamente hat. Hier steht: das Lager B genau das hat was wir brauchen. Das wäre also da vor rechts um die Ecke und gleich die erste Tür rechts. Sollte nicht verschlossen sein.“ Na das hoffte er doch. Er zeigte Caim wo lang und dieser folgte der Wegbeschreibung. Ohne lange darüber nachzudenken sprach dieser: „Dann warte du mit dem Knirps hier. Ich bin gleich wieder da.“ Und so machte er sich auch schon los und Inuart sah ihm verwundert nach. So hilfsbereit? Naja wohl eher weil er schnell wieder raus wollte. Caim war ja von Anfang an dagegen gewesen herzukommen, dass er das also jetzt machte war nicht unbegründet. Und während er das tat konnte Inuart weiter blättern ob er noch weitere interessante Sachen finden konnte. Caim war stark genug um auf sich selbst zu achten. Doch Nier sah das wohl nicht so. Er sah wie Caim an ihm einfach vorbei lief und sprach dann: „Ich komme mit dir.“ Er hatte auch gehört was die Zwei besprochen hatten und wollte helfen. Und er wollte ebenso so schnell wie möglich wieder zu Yonah zurück, also war das die bessere Entscheidung. Aber Caim schien nicht davon geistert zu sein. Er schüttelte den Kopf, lief weiter und sprach dabei: „Du bleibst hier. Ich kann nicht auch noch auf dich aufpassen.“ Bitte was?! Der Junge dachte sich verhört zu haben, aber leider war das nicht der Fall. Er sah muffig zu ihm und schnauzte: „Es geht schneller wenn ich helfe! Und ich kann gut auf mich selber aufpassen! “ „Hab ich vorhin gesehen.“ Kam es kühl zurück. Bewusst, da er wusste dass er damit einen Nerv treffen würde. Und das tat er auch. Nier wusste was er damit gemeint hatte und erstarrte kurz. Dafür…konnte er nichts. Er wusste selber nicht was los gewesen war. Er hätte den Vergewaltiger vorhin locker zerlegen können. Aber etwas Unbekanntes zerrte an ihm. Es kam tief aus seinem Innern. Es lähmte ihn und er wurde in dem Moment zu einem kleinen, unbeholfenen Mädchen. Es war schlimm genug und das Caim noch extra darin rumstocherte machte es nicht besser. Es tat echt weh. Und so stand er einfach da und sah ihm nach. Sah wie er rechts um die Ecke verschwand. Er war unglaublich. Unglaublich abweisend und kalt. Inuart hatte das gehört, nur gehört weil er ja noch auf die Unterlagen vor sich sah. Er sprach: „Wenn du magst kannst du mir helfen Nier.“ Und so kam es das er wieder aufsah und...allein war. Verwirrt sah er sich um. Der Junge war verschwunden. Und eigentlich hätte er sofort das Verzeichnis zuschlagen müssen und nach ihm suchen. Doch er tat das nicht, denn er konnte sich vorstellen was los war und wohin Nier verschwand. Also schnaufte er leicht und suchte wieder unter sich weiter durch die Liste der Medikamente. Nier und Caim hatten was zu besprechen. Vielleicht war es gut sie mal allein zu lassen. Auch wenn ihm tief im Innern sein Bauchgefühl was anderes sagte. Caim öffnete die Tür rechts von sich langsam und lauschte hinein. Nichts zu hören. Bisher war er sehr froh über die Tatsache dass der Ansturm an Legion ausgeblieben war und keine Horde sie überfiel während sie nach Medikamenten suchten. Dennoch wurde er nicht schlampig und ging strikt nach Plan A vor. Plan A war: Reingehen und aufmerksam und wachsam nach dem suchen was man brauchte. Plan B kam danach und sagte: das man weiter machte und sich wehren würde wenn Gefahr drohte, sofern man nicht von zu vielen umzingelt war. Plan C sorgte dafür dass man die Beine in die Hand nahm und rannte wenn es aussichtslos war. Und Plan D…darüber wollte er nicht mal nachdenken. Das kam nur im Fall eines Bisses vor… So machte er die Tür auf und lief langsam in den Raum. Nichts zu sehen. Es war ein Lagerraum und er schloss die Tür dabei leise hinter sich. Kalt und einsam. Doch was er sah gefiel ihm erst überhaupt nicht und wahrscheinlich auch dann noch immer nicht wenn er anfing zu suchen. Er sah leere Regale. Das war ein Lager für Medikamente und allem was ähnlich war. Links und rechts standen, an den Wänden entlang, Regale die so breit waren wie die Wände und darin wurde alles gelagert. Doch er sah bereits das vieles fehlte und lief auf das vor sich links zu. Sah sich um und wühlte. Nichts. Nichts was er zumindest gebrauchen konnte. Jemand hatte schon ordentlich zugeschlagen. Das roch nach ner Pleite und gefiel ihm überhaupt nicht. Ihm war nicht wohl dabei zu wissen dass er als Mensch so sehr auf Medikamente angewiesen war. In all den Jahrhunderten hatten die Menschen verlernt zu überleben. Man musste nur in einem Wald nicht achtsam sein und an einem Baum rütteln, es fällt dir ein Ast auf den Kopf und verursacht ne Platzwunde und schon ging das Theater los. Keiner wusste mehr was er ohne Medikamente tun sollte. Und seit Jahren plünderten sie auch hauptsächlich Fertigfutter. Was passierte wenn alles zu Neige ging? Was irgendwann passieren würde. Sicher konnten sie Angeln, aber an Essen zu kommen war in der Regel nicht einfach. Jagen war nicht einfach und mit Beeren oder Pilzen kannte er sich nicht aus. Der Mensch…war weich geworden. Hilflos wie ein Kind und das hatte er absichtlich so anerzogen bekommen. Von der Wirtschaft erzogen bekommen. Es war erschreckend. So zog er wieder eine leere Schachtel hervor und warf sich hinter sich weg. Es nervte ihn nur noch. Das alles war reine Zeitverschwendung. Er schrak auf als er links von sich die Tür öffnen hörte und sprang gleich ein Stück davon weg. Schnappte sich seine Stange und sah bereit zu der Tür. Doch es war nur Nier der herein kam und ihn kurz etwas verwirrt ansah. Zu der gezückten Waffe sah und dann wieder hoch in Caim sein Gesicht. Schnell verstand. Dann sprach er etwas genervt: „Droh mir nicht mit diesem Ding.“ Und er kam rein und schloss die Tür leise hinter sich. Caim steckte die Waffe wieder weg und schnaufte super genervt. Dieser sture Esel. Er hatte ihm doch gesagt dass er wegbleiben soll. Dann stellte er sich wieder lockerer hin und sprach rüber: „Naja ich war bereit zu töten was durch diese Tür kommt. Sei froh das ich es nicht versucht habe.“ Nier sah ihn nur unbeeindruckt an und machte sich dann rechts zu dem Regal neben sich. Sah dabei noch zu Caim und sprach: „Hättest du es versucht hätte ich mich gewehrt. Und ich hätte es dir nicht einfach gemacht.“ Und dann fing er an auf seiner Seite nach etwas zu suchen was für ihn wichtig aussah. Caim sah ihm dabei zu und verschränkte die Arme. Mal abgesehen davon dass er die Worte des Älteren ignoriert hatte, was versuchte er da? Er wusste doch eh nicht wonach er suchen sollte. Aber den Teil dass er es ihm nicht leicht gemacht hätte den kaufte er ihm doch etwas ab. Es stand außer Frage dass der Kleine kämpfen konnte. Er hatte es selber gesehen. Sicher würde auch er etwas brauchen um ihn in die Knie zu zwingen. Aber schaffen würde er es sicher. Es war nur eine Frage der Zeit. Nier war vielleicht flink und schnell, aber sicherlich nicht so ausdauernd wie Caim und robust noch dazu. Und bei einem Ausdauerkampf würde er ihn locker besiegen. Wenn der Kleine sich allerdings verwandelte, dann sähe das alles anders aus. Und Caim hatte sich das schon mal gefragt: Könnte er einen Drachen erlegen? So wie die Drachentöter aus Inuart seinen Geschichten? Er wusste dass seine einzige Chance Nier zu töten darin bestand, wenn er ihn erwischen würde bevor er sich verwandelt. Er musste diesen Plan im Hinterkopf haben, falls der Knirps was versuchen würde. Er würde ihn töten bevor er auch nur auf die Idee kam sich zu verändern. Und auch die Verwandlung sah lange und schmerzhaft aus, das war also auch ein gutes Fenster um zuzuschlagen. Er hatte das alles für den Notfall bedacht. Aber dennoch hätte er ihn lieber an der Leine. Und während er daran dachte…fiel ihm etwas ein. Nier sah sich eine Packung verwirrt an und hörte dann wie Caim hinter ihm fragte: „Warum hast du dich vorhin nicht verwandelt?“ Und bei der Frage erstarrte der Kleine in seiner Position. Schon wieder. Da war diese Frage schon wieder. Inuart hatte sie ihm auch gestellt. Und auch hier wusste er nicht wie er antworten sollte. WAS er antworten sollte. Denn er wusste es nicht. Caim machte einen Schritt näher. „Also ich hätte mich ja verwandelt und sie zu Asche verbrannt, wäre ich DU gewesen. Aber dir schien wohl nicht danach zu sein. Das war ganz schön bescheuert von dir und ich würde gerne wissen warum.“ Das wusste er selber. Aber was sollte er tun? Er wusste ja nicht wie er sich verwandelt sollte. Und so stand er einfach weiter da und sah in das leere Regal vor sich. Caim bemerkte das und lief links von sich den Raum rauf. Sah den Jungen nicht mal mehr an, als er sprach: „Du bist echt der mieseste Drache von dem ich je gehört habe.“ Und als er das sagte rüttelte es Nier aus seiner Starre und er sah verwirrt zu ihm. „Was?“ Fragte er auch genauso verwirrt und Caim blieb dann auf der anderen Seite des Raumes stehen. Stand gute 2 Meter entfernt vor Nier und sah ihn wieder an. Noch immer stand er sehr abweisend und mit verschränkten Armen vor sich da. Ließ keine Blöße zu und war abwehrend. Passte zu ihm. Und dann sprach er: „Ich meine es wie ich es sage: Du bist der mieseste Drache von dem ich je gehört habe. Ich meine sieh dich an…“ Er zeigte mit der rechten Hand an Nier rauf und runter, so dass dieser ihm mit dem Kopf folgte und nicht wusste worauf er nun genau hinaus wollte. Was das Thema überhaupt sollte. Aber so wie Caim nun mal war, sprach er auch nicht durch die Blume und spuckte es aus: „Du bist überhaupt nicht wie man sich Drachen eigentlich vorstellt und wie sie dargestellt wurden. In den Kinderbüchern werdet ihr als feuerspeiende Ungeheuer bezeichnet. Ihr seit gierig, rücksichtlos, grausam, erbarmungslos und verbrennt einfach alles was euch in den Weg kommt. Ihr interessiert euch nicht für die Probleme der Anderen sondern nur für euch selbst. Nur für die verdammte Asche die ihr auf den Feldern zurücklässt wenn ihr sie verbennt. Ihr seid immer die bösen in den Geschichten. Und dennoch stehst du hier und bist komplett anders, als alles was wir über Drachen erzählt bekommen haben. Du bist ehrlich gesagt dagegen erbärmlich.“ Nier sah ihn genervt an. „…Ja, danke dass wir mal darüber gesprochen haben. Es tut mir nicht mal leid dass ich nicht in dein perfektes Bild eines Drachen passe. Oder das ich nicht der Killerwachhund bin den DU gerne hättest! Aber ICH habe Inuart und dich in dem Laden vor der Horde gerettet! Fall du das vergessen haben solltest! Vielleicht solltest du mir mal dankbar dafür sein!“ Aber Caim schüttelte aber auch schon gleich den Kopf. „DU hast uns nicht gerettet. Was uns gerettet hat war der Drache in dir. Nicht DU.“ Nier wurde langsam aber sicher sauer. Und da die Wut immer mehr anstieg spuckte er plötzlich etwas aus was er eigentlich lieber für sich behalten wollte. Es kam so über ihn: „Was willst du eigentlich von mir?! Was soll dieses blöde Gerede?! In der einen Sekunde gibst du mir das Gefühl dass ich dir scheiß egal bin und in der Nächsten bist du komplett anders! Plötzlich hilfst du mir und gibst mir das Gefühl das ich dir nicht egal bin! Also WAS willst du von mir?!“ Und da schien Caim plötzlich selber etwas erschrocken und sah ihn auch so an. Mit dieser Offenheit hatte er nicht gerechnet und obwohl er sauer war war Nier nicht sonderlich laut dabei. Hatte offenbar im Hinterkopf das man in einem Krankenhaus lieber nicht brüllen sollte. Besonders nicht in der Apokalypse. Und Caim fiel selber auf…das Nier teils recht hatte mit seinen Argumenten. Das was vorhin passiert war…warum hatte er das getan? Er hätte es nicht tun sollen. Er hätte den Jungen am Boden sitzen lassen sollen und gehen. Aber dennoch hat er es getan. Hatte das Gefühl es tun zu müssen. Ihm das Haar zu flechten und ihm zu helfen. Das war ein Fehler gewesen. Da war…wieder zu viel an die Oberfläche gekommen. Etwas von dem er dachte es getötet zu haben. Aber warum? Und als er einfach so still da stand und sich dann plötzlich wieder zu einem Regal abwand, da platzte Nier der Kragen. Nicht so. Er sollte sich nicht wieder abwenden! Er machte einen Schritt näher auf ihn zu und sprach lauter und noch etwas wütend: „…Ich bin nicht SIE, okay?!“ Und da erstarrte der Ältere auf der Stelle und sah erschrocken vor sich in das Regal. Nier erschrak selber bei seinen Worten und schluckte. Er hatte…Mist gebaut. Eben mit diesen Worten. Und die Tatsache das Caim noch immer still da stand bestätigte ihm das alles nur. Wie vorhin auch. Das war der Blitzschlag und dann kam der Donner. So dass kurz darauf sich der Ältere auch schon umdrehte und sichtlich verwirrt und sauer fragte: „Was?“ Aber Nier ließ sich nicht abbringen. Nicht mehr. Dafür hatte er schon zu viel getan. Er atmete ein und sprach dann selbstsicher zu ihm: „Ich bin nicht SIE.“ Caim machte einen Schritt auf ihn zu und fragte: „Wie WER?“ Und Nier machte plötzlich auch einen Schritt auf ihn zu. Nicht dieses Mal. Er würde nicht wieder feige zurückweichen. Er hatte keine Angst vor ihm. Und man musste ihm vielleicht endlich mal ordentlich einen verpassen damit er aufwachen würde!...Aber wovon aufwachen? Und dann sprach er: „…Inuart hat mir von Furiae erzählt und…“ „NIER!“ Sprach Caim plötzlich unglaublich laut und unterbrach damit den Satz des kleineren, der ihn erschrocken ansah. Und Caim ließ auch nicht länger auf sich warten. Er war wütend und seine Stimme klang etwas erstickend dabei als er sprach: „…Du bewegst dich gerade auf VERDAMMT dünnem Eis!“ Aber anstatt mehr zu tun kam nichts mehr. Er sah ihn nur sauer und eindringlich an, aber der Weißhaarige ließ sich nicht mehr abbringen. Er fühlte…an etwas dran zu sein. Er konnte etwas spüren und er wusste dass er sich nicht abbringen lassen durfte. Nichts jetzt wo er so nah dran war. So nah dran war etwas mehr zu erfahren über sein Gegenüber. Also schluckte er und kam wieder einen Schritt näher. Doch als er stehen blieb wirkte er nicht mehr aggressiv oder aufmüpfig. Er legte einen teils besorgten und einfühlsamen Blick und Ton auf, als er sprach: „Es tut mir leid was mit deiner Schwester passiert ist Caim. Ich…ich kann mir vorstellen wie schlimm dieser Verlust sein muss. Wenn ich Yonah verlieren würde…ich wüsste auch nicht was ich tun sollte. Ich würde…“ „Du hast doch keine Ahnung was VERLUST ist!“ Sprach Caim sehr laut zu ihm zurück und Nier erschrak darauf. Er wusste nicht was er dazu noch sagen sollte. Denn…denn es stimmte. Er wusste nicht was Verlust bedeutet und wie es sich anfühlt. Er konnte sich nicht daran erinnern sowas mal erlebt zu haben. Er hatte da kein Recht mit zu sprechen. Also schwieg er und sah auf den Boden vor sich. Er schmunzelte kurz verzweifelt und traurig zu sich selbst. Heh…das hatte er mal wieder toll hinbekommen. Er hätte es nicht so eskalieren lassen dürfen. Hätte ruhig bleiben sollen. Aber er konnte nicht. Er fühlte helfen zu können. Er wollte helfen, auch wenn er das eigentlich nicht sollte. Sie waren in gewisser Weise beide große Brüder. Und er dachte damit vielleicht eine Verbindung schaffen zu können. Eine Verbindung zueinander. Auch…wenn er nicht wusste warum. Caim sollte ihm egal sein. Aber nach der Sache vorhin. Nach dieser liebevollen Geste…konnte er nicht mehr. Er wollte ihn näher kennen lernen. Er wollte versuchen einen Eingang zu diesem Menschen zu finden. Aber Caim machte es ihm wirklich nicht leicht. Er war so sehr auf Abwehr und Wut getrimmt, dass er keine Lücke für Nähe zuließ. Zu niemanden und für niemanden. Es war komisch. Nier war von ihnen beiden derjenige der eigentlich einem Tier ähnlicher war. Also er konnte sich in einen Drachen verwandeln, deshalb. Aber dennoch war Caim der bei dem Nier das Gefühl hatte er musste zu einem wilden Tier Vertrauen aufbauen. Er sollte es lassen. Doch er wusste nicht genau warum er es nicht tat. Er hatte keine Ahnung von all dem Zorn und Bedauern was Caim mit sich trug seit er seine Schwester verloren hatte. Er hatte kein Recht mitzusprechen oder zu fühlen. Zumindest sah Caim das so. Er schluckte und sprach leiser: „…Ich wollte dir nur helfen.“ Von ein auf die andere Sekunde lief Caim plötzlich sehr schnell auf ihn zu und der Junge sah erschrocken auf. Dachte dass gleich etwas passieren würde. Alles mögliche. Ein Schlag oder sonst was geisterte ihm durch den Kopf. Aber nichts dergleichen war der Fall. Caim lief an ihm vorbei und sprach sauer: „Ich brauche einen Drachen der kämpft und keine männliche Heulsuse die ich vor einer Vergewaltigung retten muss!“ Und damit wand er sich erneut ab und ging aus dem Raum. Schlug die Tür hinter sich zu und ließ Nier erneut allein zurück, der nur da stand und vor sich auf den Boden sah. Dieser Satz hatte ihn härter erwischt als er es eigentlich sollte. Er ließ ihn zu sehr an sich heran und stand einfach nur weiter da. Der letzte Satz immer und immer wieder durch seinen Kopf ratternd. Über den er einfach nicht hinweg kam. Und sie näherten sich einfach nicht. Es war wie zum erliegen gekommen. Caim kam draußen wieder bei Inuart am Tresen an. Dieser hatte vorher schon aufgesehen als er Schritte gehört hatte und sah verwirrt an Caim vorbei, fragte dabei: „Wo ist Nier?“ Aber der Braunhaarige musste nicht mal antworten, denn da kam der Kleine auch schon um die Ecke und wieder zu ihnen. Man sah es ihm nicht an, aber er fühlte sich innerlich beschissen. Alles dank der Sache mit Caim im Lagerraum. Dennoch blieb er cool und stellte sich wieder zu ihnen. Caim ignorierte ihn komplett und sprach dann: „War alles umsonst. Hier ist nichts zu finden. Das Lager war komplett geplündert.“ „Nicht ganz.“ Sprach Inuart und zeigte ihm plötzlich eine Seite mit einer langen Liste an Medikamenten. „Das ist die Liste des Lagerraums A. Die haben ein Lager unten im Untergeschoss, dort wo die OP-Räume sind…und die Quarantänezone. Wir könnten schnell runter und…“ „Nein.“ Sprach Caim sofort kalt und protestierend und sah weiter auf die Liste dabei. Inuart dachte sich das schon und versuchte ihn zu beruhigen. „Caim es wird schon nichts passieren. Ich sagte doch bereits das es unwahrscheinlich ist dass da unten eine Horde nur auf uns wartet.“ Genau, weil das bis jetzt immer so war...Caim ließ sich nicht überzeugen. Er blieb eisern. „Und ICH sagte bereits dass ich dort nicht hingehen werde! Wenn du das unbedingt machen willst dann mach es alleine und ohne mich! Ich lege hier die Füße und hoch warte ne Stunde. Wenn du bis dahin nicht wieder da bist, verschwinde ich von hier alleine.“ Und das schien sein letztes Wort zu sein. Inuart sah ihn erschrocken und ungläubig an. „Das ist nicht dein Ernst.“ „Mein voller Ernst.“ Kam es kalt zurück und dann lief er weg und stellte sich die Couch zurecht. So ließ er auch gleich Taten sprechen. Ohne Witz. Er setzte sich dort seitlich drauf und legte die Füße hoch. Nier sah ihn auch nur fassungslos an. Er war furchtbar. So egoistisch und er schämte sich plötzlich dass er versucht hatte mit ihm Freundschaft zu schließen. So dass er den Kopf schüttelte und zu dem Älteren lief, wenige Meter vor der Couch stehen blieb und fassungslos sprach: „Ist das wirklich dein Ernst?! Du bleibst hier und legst die Füße hoch während du deinen besten Freund allein runter in die Zone schickst?!“ Caim sah ihn nicht mal an und lehnte sich zurück. Kreuzte die Arme hinter seinem Kopf und schloss die Augen arrogant dabei. Er lag da als würde er Urlaub machen. Aber eigentlich machte er nur einen auf bockiges, stures Kleinkind mit der Aktion. Nier war noch immer fassungslos von der Aktion. Und er bekam als Antwort: „Er soll machen was er für richtig hält. Das mache ich jetzt auch. Und wenn er denkt er muss da runter, dann soll er das tun, aber ohne mich. Ich habe heute oft genug meinen Hals riskiert. Meinen Hals riskiert für einen Irren der denkt er müsste zwei Gören adoptieren und nun auch noch bemuttern. Und vor allem für ein Rotzgör dass sich nicht mal gegen einen Menschen wehren kann, obwohl es sich in einen verfluchten Drachen verwandeln könnte. Ich bin nicht euer Babysitter verdammt noch mal.“ Inuart kam um den Tresen herum und blieb erstaunlich ruhig für solche harschen Worte. Nier aber nicht so. Er platzte mal wieder. Was auch daran lag dass er von vorher noch aufgerieben war. Er machte einen Schritt näher und fauchte dann: „Du bist ein schrecklich egoistisches Arschloch, weist du das eigentlich?!“ Caim sah ihn weiter nicht an und zuckte mit den Schultern. „Es ist mir scheiß egal was du von mir hältst. Lieber bin ich ein lebendiges Arschloch, als ein toter Samariter.“ Sprach er dann kühl und es war nicht mal gelogen. Und genau das machte die Situation so unerträglich. „Genau das zeichnet Egoisten ja auch aus!“ Fauchte Nier wieder und Inuart wusste warum der so gutherzige Junge so aus der Haut fuhr…es ging hier um seine Schwester. Sie machten das ja hauptsächlich Yonah zur Liebe und wenn Caim nichts tat war es für Nier so als würde ihm Yonah scheiß egal sein. Was es wahrscheinlich auch war, so schlimmes sich auch anhörte. Caim setzte sein Leben nicht für Yonah aufs Spiel. Soviel stand fest. Aber Nier tat dies ohne zu zögern. Also trat er plötzlich wütend neben sich einen Stapel Papierblätter in Aufruhr und sprach dann erneut zu dem Älteren: „Aber mach du was du willst! Ich gehe jetzt da runter und hole Yonah ihre Medizin!“ Und als er das sagte und sich abwand, obwohl er nicht mal wusste wohin er musste, sah Caim zu ihm rüber und sprach: „Mach dich nicht lächerlich. Du findest nicht mal alleine hin, geschweige denn da wieder raus. Und du hast noch obendrauf keine Ahnung was du holen musst.“ Nier blieb stehen und sah zu ihm hinter. „Was kümmert es dich?! Kann dir doch egal sein! So wie alles andere auch! Glaub mir ich weis auch ohne dich was in deinem Schädel abgeht! Du wolltest uns von Anfang an nicht in deiner Nähe haben! Und das war für mich auch völlig okay, bis meine kleine Schwester anfing diese verdammte Gruppe zu mögen und mich angefleht hat zu bleiben!“ Und da sahen beide zu ihm. Das zu hören war interessant. Inuart freute sich darüber, aber was Caim dachte wusste man nicht. Also man konnte es ihm nicht ablesen. Nier war sehr aufgebracht. Er atmete etwas schneller und sah wütend zu ihnen. „Ich weis nicht warum, aber Yonah ist gern bei euch! Ich denke sie fühlt sich endlich mal wieder wie in einer Familie und ich wollte ihr das nicht nehmen! Ich würde alles tun um dieses Mädchen glücklich zu sehen! Dieses Mädchen hat nur in Angst und Trauer gelebt seit sie ihre Familie verloren hat!“ „Und da hast du schon den ersten Fehler begangen.“ Sprach Caim plötzlich neutral und setzte sich wieder normal hin. Richtete sich dabei zu dem aufgebrachten Weißhaarigen. Nier verstand nicht was er damit meinte. Inuart übrigends auch nicht. „Was?“ „Bist du taub? Ich sagte: da hast du bereits den ersten Fehler begangen. Du hast nämlich die Probleme des Mädchens zu DEINEN Problemen gemacht. Du hast das alles zu sehr an dich rangelassen und hast nun das Gefühl du musst alles tun damit es ihr gut geht. Und du wirst auch weiterhin alles tun damit es ihr gut geht. Nur wirst du sie damit nicht retten können. Was glaubst du wie lange du das durchziehen kannst, hm? Wie lange? Wie lange wird es dauern bis sie von einem Legion gebissen wird? Hm? Und das nachdem sie vielleicht schon geschlagen, oder vergewaltigt wurde.“ Nier schüttelte den Kopf. An sowas wollte er nicht denken. Er sprach lauter: „Du hast doch keine Ahnung! Ich werde sie beschützen! Ich muss sie beschützen!“ „DU lässt sie nur langsam sterben.“ Und als Caim das sagte wurde Nier schlagartig ruhig vor Schock. Diese Worte trafen ihn sehr tief. Sie waren so erbarmungslos und scharf wie eine Klinge die niederschnellte. Aber für Caim war das die Wahrheit. Es lag doch auf der Hand. Dieses Kind würde sterben. Sie konnte sich allein nicht wehren oder helfen. Ohne Nier würde sie nicht mal ne Woche durchhalten. Sie war zu sanft und lieb. In dieser Welt starben genau diesen Menschen als erstes. Und das war etwas was dieser Hybrid wohl nicht einsehen wollte. Oder konnte. Dann hob Caim den Arm und zeigte nach rechts von sich. Er zeigte ins Leere, aber sprach dazu: „Sieh raus auf die Straßen. Unsere Welt brennt nicht, sie IST verbrannt! Und auf diesen Straßen hat sie keine Chance mehr! Du klammerst dich so sehr an sie, weil du denkst sie würde ohne dich sterben, oder? Das ist richtig. Sie wird ohne dich sterben. Verdammt sie hält nicht mal ne Woche durch ohne dich! Aber weist du was ich eher denke? Das DU dich mehr an sie klammerst weil DU SIE brauchst! SIE ist dein verdammter Notharken und das weist du genau! Wenn ihr etwas passiert dann weist du nämlich nicht was du tun sollst, nicht wahr?!“ Und da stand er plötzlich auf und lief einige Schritte auf Nier zu, bis er dann auf Abstand stehen blieb. Inuart wollte ihn aufhalten. Aber er hielt es für das Beste das nicht zu tun. Egal was auch beider Intentionen bei diesem Gespräch war…er fühlte das es richtig war. Es war vor allem wichtig dass sie so sprachen. Er wusste das einfach. Und der Weißhaarige sah weiterhin Caim einfach nur an und hörte was der von sich gab. Auch in der Sekunde als er so nah vor ihm war: „Und weist du was das Erbärmliche an der Sache ist? Das du so viel mehr sein könntest aber dir diese Ketten selber angelegt hast…Und das offenbar aus purer Absicht...Wovor hast du Angst?“ Nier sah ihn weiter an und schüttelte dann langsam den Kopf, als er antwortete: „Das kann jemand wie DU nicht verstehen…“ Caim kratzte sich kurz über die Nase und sprach selbstsicher: „Soll ich dir sagen was ich glaube? ICH der das ja NICHT verstehen kann...Du denkst das sie diejenige ist die dich menschlich macht, nicht wahr? Und du hast Angst dass wenn du sie verlierst, du auch deine Menschlichkeit verlierst, oder?“ Und er hatte voll ins Schwarze getroffen, denn Nier sah ihn nur erschrocken und leicht traurig vor Wut an. Er konnte nicht wissen wie sich das anfühlte. Nicht zu wissen wer man war oder woher man kam. Zu wissen dass da ein Monster in seinem Blut lauerte und er dieses nicht kontrollieren konnte. Das Yonah alles war was in ihm das Feuer entfachte weiter gegen dieses Monster zu kämpfen und es nicht gewinnen zu lassen! Nicht zuzulassen dass es seinen Körper übernahm und er die Kontrolle verlor! Sich in einer wilden Natur verlor die er nicht haben wollte! Und er fühlte es so oft. Dieses Gefühl in ihm brennen. Dieses Gefühl töten zu wollen. Alles zu verbrennen. Und das machte ihm Angst. Er hatte solche Angst vor sich selbst. Und ohne Yonah würde er…er würde sterben. Sie hatte ihn gerettet an jenem Tag. Einfach weil sie da war. Weil sie den Menschen in ihm aufgeweckt hatte. So muss es gewesen sein. Nachdem was Yonah ihm erzählt hatte, wie er gewesen war, musste es einfach so sein. Und er wollte nicht wieder ein Monster werden und sich an nichts erinnern können. Er brauchte sie… Er schüttelte den Kopf sauer und sah dann zu Inuart. Fragte: „Können wir los?“ Er wich dem Thema komplett aus. Was dafür sorgte das Caim nur verachtend das Gesicht verzog und selbst leicht den Kopf dabei schütteln musste. Und als Nier dann zu Inuart lief, an Caim vorbei lief, sprach dieser: „Du bist einfach erbärmlich.“ Nier blieb deshalb kurz stehen und sprach ohne zu ihm zu sehen: „Vielleicht. Aber immerhin bin ich kein herzloses Monster, so wie du.“ Und dann folgte er Inuart und beide machten sich auf den Weg zum Untergeschoss. So kamen sie nach einer Weile in einem Treppenhaus an und machten sich bereit zum Abstieg. Inuart war sich ziemlich sicher dass da unten nichts passieren würde, aber dennoch mussten sie achtsam sein. Caim war eigentlich immer das Erdmännchen das brüllte wenn es Gefahr witterte oder erspäht hatte, aber nun war er nicht dabei, also mussten sie selber auf der Hut sein. Und er sah das Nier noch sehr aufgewühlt war wegen der Sache eben. Er lief auch so abwesend neben ihm, was Inuart die Sache nicht leichter machte. Er konnte ehrlich gesagte beide Seiten verstehen. Er verstand das Caim kalt und egoistisch geworden war, nach der Sache mit Furiae und das diese Wunde offenbar niemals verheilen würde. Dennoch gab es ihm nicht das Recht jeden wie Dreck zu behandeln der sich um ihn sorgte. Und er verstand auch das Nier alles für Yonah tun würde. Sie war wirklich sein Rettungsring. Da hatte Caim recht gehabt, dass war aber auch nicht schwer zu erraten gewesen. Dem Jungen das allerdings so zu sagen war ziemlich rabiat und erbarmungslos. Zu ehrlich für Inuart seinen Geschmack. Es war wirklich faszinierend. Immer wenn Nier und Caim miteinander sprachen stritten sie sich. Und dennoch hatte Inuart das Gefühl als würden sie sich umeinander sorgen, obwohl sie böse dabei stritten. Sogar Caim schien sich zu sorgen. Das er eben diese Standpauke gehalten hatte war der Beweis. Also man konnte es so sehen. Als wollte er sie alle davon abhalten da runter zu gehen. Als wollte er sie mit seinem Verhalten davon abbringen. Dachte er wirklich soweit? Oder meinte er wirklich alles was er tat und sprach genau so und war einfach nur ein Blödmann? Fakt warallerdings: es hatte Nier getroffen. Und er musste sich langsam wieder konzentrieren. Also stupste ihn Inuart leicht verspielt mit der Schulter an und bekam somit Aufmerksamkeit. Nier sah ihn an und der Ältere sprach zu ihm: „Nimm dir das nicht so zu Herzen. Es mag zwar komisch klingen, aber er macht das weil er sich um dich sorgt. Also zumindest glaube ich daran.“ Nier sah wieder vor sich auf die Treppen, die sie bereits runter liefen und sprach etwas verachtend: „Oh ja. Ich merke es vor allem jedes Mal an der Tatsache wie er mich dabei niedermacht wenn er sich angeblich um mich sorgt. Schwer zu übersehen.“ Inuart schmunzelte kurz. „Er ist nicht einfach.“ „Was du nicht sagst.“ Kam es genervt von Nier. „Aber er ist ein guter Kerl…Irgendwo unter dem RIESEN ARSCHLOCH das da drauf sitzt. Er…er hat einfach nur vergessen wie er eigentlich immer war.“ „Und das wäre?“ Nier klang immer mehr genervter je länger sie sprachen, aber Inuart blieb ruhig und antwortete: „Unbeugsam und mitfühlend.“ Und da sah der Junge wieder zu ihm und Inuart lächelte. Sie liefen weiter die Stufen runter und dabei sprach der Orangehaarige: „Er war der impulsivste Mensch den ich kannte. Und suchte auch oft Streit. Aber er tat das alles immer, weil er wollte dass es besser wird. Weil er nicht akzeptieren konnte das gewisse Dinge passierten und waren wie sie waren. Er hat viele Entscheidungen getroffen weil er das Beste wollte. Auch für Furiae. Doch das feuerte so sehr auf ihn zurück, dass er sich selbst verloren hat. Er hat sich nie davon erholt was mit ihr geschah. Doch ich kann dir sagen: ich habe nie einen feineren Kerl getroffen als ihn. Er ist schroff und ehrlich und das schätze ich an ihm. Denn er lügt einen in der Regel auch nicht an. Doch meist sind sein Herz und sein Mund schneller als sein Hirn. Und dann passieren solche Dinge wie eben. Das ist auch der Grund warum ich ihn nicht aufgebe, weil ich weis das er anders sein kann.“ Nier sah wieder vor sich und seufzte kurz. Es war komisch, aber es beruhigte ihn etwas diese Worte zu hören. Und er sprach wieder viel lockerer: „Er ist ein Arschloch.“ „Oh ja und wie.“ Kam es frech von Inuart zurück und der lachte kurz auf. „Aber ein Arschloch auf das man sich verlassen kann.“ Sprach Inuart noch nach. Doch wenn Nier sich so umsah schien das nicht so zu sein. Er hatte sie allein gehen lassen. Saß vermutlich da oben und machte nichts außer seine eigene Haut zu schützen. Und das konnte ihm Nier nicht vergeben. Nicht nach dem Schlag dem er ihm verpasst hatte. Das mit Yonah. Sie kamen unten an und bereits am Ende der Treppe konnten sie es sehen. Es sah aus wie ein Eingang vor dem Eingang. Dort konnten sie eine Schleuse sehen die aus Gummi aufgebaut war. Am Eingang war ein Biohazard-Zeichen zu sehen, was auf eine biologische Gefahr deutete. Sie waren also an der Quarantänestation angekommen. Offenbar hatten sie wirklich das ganze Untergeschoss zur Station mit der größten Gefahr gemacht. Ein Reißverschluss, der verschlossen war, stellte den Eingang zu Station da und Inuart lief darauf zu. Vorsichtig öffnete er ihn von unten nach oben. Und kaum als er offen war kam ihnen eine Brise entgegen. Es roch schrecklich so das Nier sich kurz die Nase zuhalten musste. Und auch Inuart verzog das Gesicht unwohl und nicht gerade erfreut. „Riechst du das auch?“ Fragte Nier, obwohl die Frage blöd war. Natürlich roch er es. Inuart nickte und sprach: „Jap. War schon lange keiner mehr hier gewesen.“ Inuart kannte diesen Geruch. Aber er wunderte sich dass dieser so stark vertreten war. Nier sah ihm das Nachdenken an und kam näher, stand dann links neben ihm und fragte: „Was ist?“ Und darauf spuckte Inuart seine Gedanken auch aus: „Ich kenne diesen Geruch. Das ist Ammoniak. Das ist etwas was man riechen kann wenn es sehr dreckig ist. Ganz besonders Urin enthält auch Ammoniak und man kann das besonders gut riechen wenn er länger steht. Es ist ein farbloses, stechend riechendes Gas, welches in hoher Konzentration akute Vergiftungserscheinungen nach sich ziehen kann. Aber warum ist das hier?“ Nier sah zu dem Eingang vor sich. „Ist das stark genug um uns zu töten?“ Inuart schüttelte den Kopf. „Nein. Das ist noch okay. Ich denke nicht dass es töten kann. Vergiftungserscheinungen sind unter anderem: Übelkeit oder Durchfall. Ich komme mir nur vor wie an einigen Stellen damals in der Gosse. “ Und dann schritt er rein in den Gummigang und Nier folgte ihm. Inuart verstand das nicht. Wie konnte noch so ein intensiver Geruch von Ammoniak sein? Wenn hier nicht jemand regelmäßig zum Pinkeln herkam dann war das unmöglich. Und der Eingang war zu gewesen, also konnte das nicht sein. Vor allem da der Reißverschluss auch voller Staub war. Hier war seit Jahren keiner mehr gewesen. Also woher kam der Geruch? Es war ein Abbauprodukt des Körpers. Erst dachte er an das Horrorszenario das wirklich eine Horde Legion auf sie warten würde. Aber Legion produzierten diesen Geruch nicht mehr. Legion rochen nach nichts. Sie waren so geruchslos wie sie tot waren. Also konnte das nicht sein. Und es machte ihn ehrlich gesagt unruhig nicht zu wissen woher dieser Geruch kam. Er öffnete die große Tür um in das Stockwerk zu kommen und Nier folgte ihm rein. Und da drinnen war der Geruch noch beißender. Für Nier erst mal so schlimm das ihm die Augen leicht tränten und er sich den Arm vor Mund und Nase hielt, dabei hustete. Auch Inuart wurde schlecht und er sah sich um. Was war hier los? Er machte die Taschenlampe an und konnte nichts sehen. Keiner war da. Aber die Station sah schlimm aus. Sie war schlimmer zerstört und dreckig als alles was er jemals gesehen hatte. Und es war wirklich Dreck. Er konnte lange Dreckschleifspuren auf dem hellen Boden vor sich sehen. Die Wände waren befleckt und dunkler deswegen und er sah Schusslöcher in den Wänden. Sicherlich von dem Kampf gegen Legion. Aber er sah keine Leichen. Während oben ab und zu mal viele Skelette herumlagen war hier nichts zu sehen gewesen. Das verwirrte ihn sichtlich. Nier lief neben ihn und sprach: „Ekelhaft. Woher kommt nur dieser Geruch? Lass uns schnell zum Lager und dann weg hier.“ Er atmete inzwischen wieder etwas normaler und wagte sich sogar den Arm wieder runterzunehmen. Inuart nickte und zeigte nach links den Gang runter. „Da lang. Ist nicht sehr weit.“ Und dann machte er sich los. Auch auf dem Weg dahin wurde ihm bewusst wie chaotisch und zerstört die Ebene war. In einigen Räumen, in die er beim Vorbeigehen sehen konnte, gab es sogar einen Rohrbruch und der abgesenkte Boden hatte sich mit Wasser gefüllt, so dass eine gewaltige Pfütze entstand. Auch tropfte gelegentlich Wasser von der Decke. Steril war nichts mehr in diesem Stockwerk. Es war dreckig, unordentlich, zerstört und chaotisch. Der Kampf gegen die Legion musste hier höllisch gewütet haben. Selbst der Gang durch den sie liefen war komplett mit Schusslöchern übersät. Aber wie vorher auch: keine Leichen. Was bedeutete: es mussten damals Massen an Legion in den Gängen gewesen sein. Denn sonst gäbe es Überreste. So war er sehr froh nichts zu hören. Und das würden sie wenn eine Horde in der Nähe wäre. Sie waren nicht zu überhören mit ihrem Stöhnen und Heulen. Dennoch wurde Nier auch unwohl wenn er sich umsah. Noch nie hatte er so ein Szenario gesehen. Und mal abgesehen davon fühlte er sich nicht wohl. Ihm wurde warm und er konnte es sich nicht erklären warum. Dennoch ignorierte er es, lief dich links von Inuart und sprach: „Was ist hier nur passiert?“ „Das was überall passiert ist. Nur halt mit mehr Legion.“ Und das war eine ehrliche Antwort. Es konnte nichts anderes gewesen sein. Die untere Ebene wirkte wie ein Schlachtfeld. Und Nier fühlte sich erneut überhaupt nicht gut. Es brach plötzlich über ihn wieder ein. Er hatte so einen schrecklichen Druck im Kopf. Es fühlte sich an als würde er anziehen und als würden sich dadurch die Wände nähern. Und da war ein Summen. Nur leicht und schwach, aber es war da. Klingelte in seinen Ohren. So dass er sich mit der linken Hand an den Kopf fasste und kurz diesen schüttelte. Dann ging es ihm leicht besser. War vielleicht ne Verspannung oder so. Aber warm war ihm noch immer. Und auch das kam sicherlich davon dass sie im Keller waren und die Luft dort stand. Er dachte sich weiterhin nichts dabei und folgte Inuart. So das er mit ihm zusammen endlich an der Tür zum Lagerraum ankam. Sie war links von ihnen in der Mitte des Gangs. Vorsichtig öffnete dieser sie und spähte hinein. Und der Anblick erfreute ihn sofort. Es war endlich mal ein Lichtblick nach der ganzen Scheiße die sie durchmachen mussten auf dem Weg hier her. Bingo. Keiner war zu sehen und zu hören. Und der Lagerraum war voll! Er sah die Medikamente und kam sich vor wie im Himmel. So das er erfreut hineinlief und sofort zu den Regalen. Zog augenblicklich seinen Rucksack aus und fing an zu sammeln und zu lesen. Nier stand derweil zwischen Tür und Angel. Also nicht ganz im Lagerraum und teils noch im Flur. Er hielt damit die Tür offen und lehnte sich rechts an den Rahmen. Das Dröhnen in seinem Kopf wurde etwas unangenehmer und er rieb sich über die rechte Schläfe. Grummelte leicht in der Ferne, als Inuart sprach: „Perfekt! Hier ist alles was ich brauche! Ich wusste es würde sich lohnen!“ Und er fing sofort an weitere Sachen in seinen Rucksack zu packen, den er rechts neben sich auf dem Boden stehen hatte. Es war unglaublich. Er war so froh dass sie so viel gefunden hatten und noch mehr! Und dennoch verstand er es nicht ganz. Warum war soviel noch da? Sie waren doch bestimmt nicht die Einzigen gewesen die auf die Idee gekommen waren, oder? Logischerweise hätten auch andere Menschen hier her kommen sollen wegen Medizin. Konnten andere wirklich den Keller einfach so übersehen haben? Es musste wohl sein, denn der Reißverschluss des Quarantäne-Checkpoints war komplett unangetastet. Es war niemand hier gewesen oder reingekommen. Naja, besser für sie. Und als er die letzte Ampulle mit Antibiotika in seinen Rucksack verstaute sah er mal kurz zu Nier rüber…der noch immer da stand und sich die Schläfe rieb vor Schmerz. Endlich fiel Inuart das auch auf und er fragte: „Hey, alles okay?“ Nier sah erschrocken zu ihm rüber und nickte unsicher. „Ja…also ich denke die Luft bekommt mir hier unten nicht so gut. Ich bekomme Kopfschmerzen.“ Inuart roch und sah hoch zur Decke. Das konnte sein. Sie Luft stand wirklich sehr stickig und das Wasser, der Morast und der Ammoniakgeruch waren nicht ohne. Wenn Nier seine Nase auch nur ein Bisschen empfindlicher sein sollte, dann machte ihm das sicher mehr zu schaffen als Inuart. Das waren diese leichten Vergiftungserscheinungen von denen er gesprochen hatte. Er sah wieder zum Jungen. Ermutigte ihn mit den Worten: „Ich bin gleich fertig. Gib mir noch 5 Minuten. Ich möchte nichts hierlassen was wir gebrauchen können. Bringst du mir noch deinen Rucksack?“ Er wollte mehr einpacken logischerweise. Nier nickte und warf ihm diesen rüber, so das Inuart in auffing. Der Kleine wollte sich nicht bewegen. Ihm war leicht schwindelig. Er wollte nur stehen bleiben und sich entspannen…doch plötzlich wurde er von links an der Schulter gepackt und erschrak! Er riss sich instinktiv los und zückte das Messer was Inuart ihm geschenkte hatte, von seinem Hosenbund hervor! Holte damit drohend aus und…sah Caim plötzlich neben sich stehen. So das er inne hielt und schnell und erschöpft atmete, allein wegen der Kopfweh was an ihm zerrte. Caim sah das Messer vor sich und blieb völlig ruhig. Sprach dann: „Steck den Zahnstocher weg, oder du bekommst richtig Probleme.“ „Du?“ Fragte Nier sichtlich verwirrt und Inuart sah nun auch Caim an der Tür stehen. Er hatte den Tumult vorher gehört und war deshalb ebenfalls aufgesprungen. Aber nun beruhigte er sich wieder und sprach erfreut zu seinem Kumpel rüber: „Ach wie schön ein vertrautes Gesicht.“ Nier steckte die Waffe wieder weg und fragte sichtlich verwirrt: „Was machst du hier? Wie hast du uns so schnell gefunden?“ „Er ist wohl seinem Gespür gefolgt.“ Sprach Inuart und Caim sah zu ihm rüber. Dann aber fing er wieder an einzupacken. Caim stand wieder sehr abweisend und mit verschränkten Armen da. „Die Nase hat dafür völlig gereicht.“ Kam es locker von ihm. Was stimmte. Der Geruch vom Untergeschoss war nicht zu überriechen. Und Nier sah ihn nur weiter an. Er war erstaunt. Er war wirklich gekommen. Und das obwohl er sich doch so angestellt hatte. Aber warum nur? Woher dieser erneute Sinneswandel? Er rieb sich noch mal über die rechte Schläfe schmerzhaft und wollte etwas sagen. Aber Caim kam ihm zuvor und beäugte ihn genau. Sprach plötzlich: „Ist was?“ Der Junge sah ihn überrascht an. „Was? Naja ich war überrascht da du doch gekommen bist und…“ „Das meine ich nicht.“ Sprach Caim sofort und zeigte auf Nier seine auffällige Bewegung mit der Hand an der Schläfe. Er roch instinktiv dass mit dem Jungen etwas nicht stimmte und dieser verstand nun auch was Sache war. Er winkte das aber locker ab und antwortete: „Es ist nichts. Ich habe nur leicht einen Druck im Kopf. Die Luft ist wahrscheinlich zu stickig.“ Du Luft war zu stickig? Es stimmte das sowas Kopfschmerzen verursachen könnte, aber müsste es dann nicht bei allen so sein? Zugegeben Caim war kein Arzt aber dennoch konnte er sich das gut vorstellen. Es klang logisch. So beäugte er den Jungen noch kurz etwas misstrauisch und sprach dann: „Ist das so, ja?“ Inuart hievte seinen Rucksack wieder auf seinen Rücken und lief mit dem von Nier an ein anderes Regal und während er auffüllte sprach er zu Caim rüber: „Das kann gut sein. Wenn seine Nase empfindlicher ist als unsere wäre das möglich.“ Caim sah zu ihm. „Denkst du wirklich dass es so simpel ist?“ „Hey, DU bist doch immer der der meint: alles wäre simpel. Warum sollte das hier plötzlich nicht so sein?“ Da hatte Inuart ein Todschlagargument rausgehauen, aber der Braunhaarige war davon noch immer nicht überzeugt. Vielleicht war es für einige paranoid, aber für Caim war es mehr Intuition die ihn leitete. Und diese sagte ihm dass etwas nicht stimmte. Inzwischen bereute er es schon wieder mal den Babysitter machen zu müssen und ihnen überhaupt gefolgt zu sein. Er hätte mit seinem Hintern oben bleiben sollen. Wusste selber nicht genau warum er ihnen gefolgt war. Aber vielleicht musste er sich doch etwas leicht eingestehen. Und das könnte die Erklärung sein…nämlich das er aus Sorge gefolgt war. Ich meine: konnte man ihm das verübeln? Nier war nicht in der Lage sich zu verwandeln wenn es drauf ankam und Inuart war von Natur aus unbeholfen und fast wehrlos. Ohne ihn waren sie aufgeschmissen. Und eigentlich wäre das nicht sein Problem…wenn Inuart nicht sein Freund wäre. Und das hatte ihn runter bewegt. Deshalb war er hier. Und den Weißhaarigen so zu sehen gefiel ihm nicht. Es war wie eine böse Vorahnung. Und von denen hatte er viele in letzte Zeit. Und keiner wollte auf ihn hören. Und als Nier plötzlich an ihm vorbei sah und zu einer Wand rechts neben ihnen, da wusste Caim das etwas ganz und gar nicht stimmte. Man sah es ihm förmlich an. Der Weißhaarige sah die Wand hinter dem Älteren voller Schrecken an und sprach: „Hey…Was ist das?“ Er zeigte dort hin und Caim drehte sich um. Da es dunkel war zeigte er mit der Taschenlampe hin und der Schein enthüllte etwas was ihm noch weniger gefiel. Und was keinen Sinn ergab. Neugierig und verwirrt näherte er sich der Wand und sah sie sich genauer an. Streckte seinen linken Arm aus und strich mit der Handfläche vorsichtig über die rauen und tiefen Risse die dort zu sehen waren. Sie verliefen horizontal an der Wand entlang. Und es waren nur drei Stück. Groß und sehr lang. Das konnte nicht sein. Sie waren zehn Zentimeter breit und verdammt tief in die Wand geschlagen. Er kannte nichts was sowas machen konnte. Nier kam neben ihn und sah sie sich auch an. Sprach: „Ich habe die vorher überhaupt nicht gesehen. Was kann sowas auslösen?“ Caim strich erneut drüber. Die Kanten waren sehr scharf und spitz in das Gestein gerissen und wenn man nicht aufpasste könnte man sich selber daran verletzten. Er zuckte mit den Schultern und ließ die Hand wieder sinken. „Ich kann es dir nicht sagen. Das sind keine Spuren die durch Möbel oder Menschen in die Wände gerissen wurden. Und Legion können sowas auch nicht machen.“ Nier sah die Spuren weiter an…Und ihm fiel etwas auf. Der erste Blick. Es wirkte wie… „Sehen fast aus wie Klauenspuren, oder nicht?“ Er sagte das einfach instinktiv. Aber das konnte nicht sein. Kein Tier das Caim kannte hatte solche gewaltigen Klauen. Selbst wenn sich ein Bär an diesen Ort verlaufen hatte, was unmöglich war, war das niemals die Spur eines Bären. Es war zu gewaltig. Und unruhig, wie Caim in solchen Situationen gern war, drehte er sich weg um etwas zu überprüfen. Der Stahl seiner Taschenlampe zischte suchend umher in der Dunkelheit. Und zu seinem Schrecken bestätigte sich was er dachte finden zu können. Denn über dem Türrahmen des Lagers konnte man wieder diese drei Risse in den Wänden sehen. Sie zogen sich hoch bis an die Decke. Sie waren etwas weiter hinten, als die auf der gegenüberliegenden Seite, aber sie sahen identisch aus. Und so unmöglich es auch erscheinen mochte…die Worte von Nier waren vielleicht nicht mal so falsch. Mit etwas Fantasie könnte man denken dass etwas seine Klauen in die Wände geschlagen hatte und sich damit durch den Gang zerrte. Und als ihn dieser Gedanke traf wurde ihm noch unwohler. Er sah hinter sich mit der Taschenlampe. Sah den Gang hinab, den er hochgelaufen kam und es fiel ihm auf…Es fiel ihm wie Schuppen von den Augen. Diese Spuren waren den ganzen gang hinab in Abständen. Als wäre wirklich etwas Großes hier lang gekrochen. Das konnte nicht sein. Sowas gab es nicht…Dennoch wand er sich wieder ab und sah zu Nier, dem der besorgte Blick nicht entgangen war und fragte: „Was ist los?“ Dabei fasste er sich kurz wieder mit Schmerzen an die Schläfe. Der Ältere schüttelte leicht den Kopf und sprach: „Wir müssen hier sofort weg.“ „Was? Warum denn?“ Fragte der Kleine noch, aber Caim ignorierte ihn komplett. Er lief zu der Lagerraumtür und öffnete sie. Inuart war noch immer dabei Medikamente in den Rucksack zu räumen und währenddessen sprach der Braunhaarige laut zu ihm rüber: „Wir müssen sofort hier weg!“ Was seinen besten Freund im Raum verwirrte und er zu ihm rüber sah. Es waren nicht die Worte die er gesagt hatte, sondern wie er sie gesagt hatte. In seiner Stimme klang wirklich Unbehagen und Sorge rüber. Vielleicht sogar ein kleiner Hauch von Angst? Und allein das ließ Inuart unruhig werden und er kam wieder aus der Hocke vor dem Regal hoch und sah zu ihm rüber. Obwohl er nicht wusste warum Caim so besorgt sein müsste, machte er schon instinktiv den Rucksack zu und fragte: „Wieso? Ist deine Horde aufgetaucht?“ Es rutschte ihm so raus. Er wusste selber nicht wieso er das gesagt hatte, aber er konnte es sich nicht verkneifen. Doch zu seinem Glück hatte Caim keine Zeit sich mit ihm zu streiten wegen so einer Lappalie. Er kam rein und nahm Inuart ohne lange zu fackeln den Rucksack von Nier ab, den er in den Händen hatte, lief dann damit zurück zu Nier und warf ihm diesen zu. Er stand im Türrahmen und konnte diesen erschrocken gerade noch so fangen und sah Caim verwirrt an. Der dann zu dem Weißhaarigen fauchte, auch wenn es eigentlich Inuart galt: „Ich hab keine Zeit für den Scheiß! Wir gehen!“ Und er machte sich auch schon aus dem Lagerraum raus und lief an Nier vorbei in den Flur. Inuart folgte ihm auch sofort und kam ebenfalls raus. Die Tür flog hinter ihm zu, weil Nier aus dem Türrahmen verschwand und mitten im Gang hinter ihnen stand. Inuart sprach laut zu Caim, der beiden den Rücken zugewandt hatte und noch immer davon lief: „Was ist denn los?!“ Und der Braunhaarige stoppte, drehte sich auf der Stelle um und sah zu ihnen hinter. Er wollte anfangen zu motzen und zu meckern, was er ja gut konnte, aber verkniff sich das als er drohend mit dem Finger auf Inuart zeigte und die Worte ihm…einfach im Hals stecken blieben. Ihm stecken blieben weil er Nier sah. Der Junge hatte sich inzwischen wieder den Rucksack angezogen, aber sah überhaupt nicht gut aus. Er wirkte sehr blass und das obwohl er schon eine sehr helle Haut hatte und er sah erschöpft aus. Hielt sich mit der rechten Hand den Kopf vor Schmerzen und hatte beide Augen zusammengekniffen dabei. Seine Atmung war auch sehr tief vor Schmerz. Es ging ihm offenbar überhaupt nicht gut. Inuart hatte das noch nicht gesehen, weil er etwas vor Nier stand. Aber Caim sah es genau. So das er fragte: „Was ist los Knirps?“ Obwohl das: „Knirps“ kam, fragte er sichtlich besorgt, so dass Inuart auch zu dem Weißhaarigen sah und ebenfalls entdeckte was los war. Er kam besorgt auf ihn zu und legte die rechte Hand auf die rechte Schulter des Kleinen, der erst nicht reagierte und noch immer schnaufte vor Schmerz und das Gesicht verzog. Er hatte offenbar schlimme Kopfweh. Auch er fragte noch mal was genau los wäre und bekam keine Antwort. Und da regte sich doch tatsächlich Caim und kam wieder schnell zu ihnen hinter. Er schob Inuart leicht zur Seite und stellte sich direkt vor den Jungen. Was den Anderen etwas verwirrte und dann tat es Caim Inuart fast gleich. Aber anstatt Nier sanft zu berühren packte er ihn einmal ganz kurz und kräftig an der linken Schulter. „Nier!“ Sprach er dabei laut und schaffte es mit dieser Kombination wirklich den Jungen aus seiner Trance zu holen und der sah ihn erschrocken und wie aus dem Schlaf gerissen an. Sein Kopf hämmerte noch immer und er fasste sich erneut weiter an die linke Schläfe, aber er war wieder ansprechbar. Er sah auch wie dicht ihm Caim gekommen war und sah zu ihm auf. Ihm wurde auch bewusst dass er seinen Namen gesagt hatte. Normalerweise nannte er ihn ja nicht bei seinem Namen. Wenn er das tat…dann war es aufrichtig und in ernsten Situationen. Dann sah er sich kurz etwas orientierungslos um, was seinem Gegenüber nicht entgangen war und er fragte: „Was ist los? Reiß dich gefälligst zusammen!“ Und da sah ihn der Weißhaarige wieder an und sprach fast atemlos: „Sie sind hier.“ Inuart und Caim sahen sich verwirrt an und dann wieder zu Nier. Sie sind hier? Inuart fragte sichtlich angespannt: „Wer ist hier?“ Er dachte an Legion oder andere Menschen. Alles ging ihm durch den Kopf. Und Nier sah zu ihm, wirkte schrecklich erschrocken und verängstigt von ein auf die andere Sekunde. Etwas stimmte nicht. Etwas stimmte so überhaupt nicht und das besorgte Caim. Dieser Junge wusste mehr als sie. Das war offensichtlich. Sie sollten sofort verschwinden. Und dann sprach Nier: „Ich weis nicht…Aber ich kann sie hören. In meinem Kopf…Sie sind so wütend, verwirrt und zornig…So viel Hass. Ich spüre welchen Hass sie in sich haben. Es sind so viele…Stimmen in meinem Kopf.“ Er schien plötzlich etwas zu wanken und Inuart hatte Sorge er müsste ihn auffangen. Caim ließ sich aber davon nicht abbringen und harkte aufgebracht und besorgt nach. Er sprach laut: „Von wem sprichst du?! Nier es ist wichtig da du dich jetzt…!“ Er wollte sagen: dass er sich zusammen reißen soll. Aber dazu kam er nicht denn etwas schnitt ihm die Worte ab. Brachte ihn dazu die Worte in seinem Hals stecken zu lassen und sich fast daran zu verschlucken. Er sah entsetzt den Jungen vor sich an, der ebenfalls erstarrt da stand und mit Schrecken in den Augen. Und sogar Inuart lief kreidebleich an…als sie alle das Geräusch hörten das durch die komplette untere Ebene des Krankenhauses fegte. Wie ein Donnern und Grollen. Dieses Geräusch, welches ein markerschütternder Schrei gewesen war. Er war erst sehr hoch. Es könnte eine Frau gewesen sein. Aber je länger dieser Schrei war umso tiefer und verzerrter wurde er und hörte sich nicht mehr nach einer Frau an. Es war so laut und unmenschlich, dass es sich anhörte als würde ein Monster an diesem Ort lauern. Als wären sie in die Höhle eines Drachen gelaufen. So erbarmungslos und laut dass sogar die Menschen konnten hören wie es voller Zorn hallte. Blutrünstig und bestialisch. Und kurz darauf Stille. Kalte und schneidende Stille. Worauf Caim an Nier vorbei sah. Sah über ihn hinweg und den langen und dunklen Gang hinab, der sich vor ihnen ausbreitete wie ein tiefer Schlund. Inuart sah auch dort hin, schlotterte…nur Nier traute sich nicht. Er hielt sich nicht mehr den Kopf. Die Schmerzen waren schlagartig verschwunden und es tat so gut. Es war gut wenn der Schmerz nachließ. Und dennoch fühlte er sich nicht besser. Dann konnten sie alle etwas hören. Es war das Geräusch von Metall das Riss und schrie, Beton der bröckelte als würde sich eine gewaltige Masse auf sie zu bewegen. Und Caim hob endlich die Taschenlampe und leuchtete den Gang hinab. Zuerst konnte niemand was sehen. Es war nur dieses schreckliche Geräusch, als würde sich der Teufel persönlich nähern. Es versetzte sie alle in Unruhe und Angst. Und es war nicht gelogen: Caim hatte Angst. Er hatte vor nichts Angst. Aber was auch immer da auf sie zukam…jagte ihm eine scheiß Angst ein. Noch nie hatte er etwas Ähnliches gehört. Es war ein Geräusch wie nicht von dieser Welt. Sein Herz schlug voller Aufregung und Adrenalin fing an ihn für den Sprung bereit zu halten. Inuart kam derweil leise und näher an Caim ran, flüsterte, noch immer den Blick erstarrt den Gang hinunter gebannt, zu ihm: „Was zum Teufel ist das…?“ Und Caim sprach ebenso zurück: „Wir hätten nie hier her kommen sollen…“ Er hätte sagen können: Ich habe es ja gesagt, aber was brachte das noch? Sie waren in der Scheiße drin und nun mussten sie lebendig da raus finden. Und was immer da auch in der Dunkelheit auf sie zukam…es hatte nicht Gutes im Sinn. Es konnte nichts Gutes im Sinn haben denn hörte sich genauso an. Und endlich traute sich Nier sich umzudrehen und alle starrten den Gang hinab. Und kurz bevor Caim vorschlagen wollte endlich zu verschwinden, tauchte auch schon etwas in ihre Sicht ein. Es kam am Ende des Gangs rechts um eine Ecke. Zuerst konnten sie es nicht deuten, da der Strahl von der Taschenlampe nicht sehr weit reichte und nach hinten hin schwächer wurde. Es nicht genug beleuchtete. Doch es war gewaltig. Das was um die Ecke lugte war gewaltig, zumindest nur dieser Teil. Es hing etwas über den Boden und sah auf die Entfernung aus wie ein Kopf. Ein länglicher Kopf, wie die Schnauze eines Krokodils. Im Schatten sah es so aus und lange Zähne waren zu sehen im offenen Maul. Doch als es sich dann zu ihnen wand. Noch ein Stück um die Ecke gekrochen kam…da sah die Lage ganz anders aus. Es rammte seine rechte, vordere Klaue in die Wand neben sich und zog sich teils um die Ecke. Es riss das Maul auf und zischte. Es klang wie ein tiefes Zischen einer Schlange. Und jede Atmung hörte sich auch so an. Bis die Taschenlampe es enthüllte, in all seiner grotesken Pracht. Das war kein Krokodil das man ausgesetzt hatte und es zu groß wurde, wie das in Amerika gern der Fall war…dass waren Menschen. Dieses Ding…Es hatte die Form eines Krokodilkopfes angenommen, aber er bestand aus Menschen. Menschen die eine Masse geformt hatten und man noch Teile von ihren Köpfen, Armen und anderen Gliedmaßen sehen konnte. Die Zähne waren Knochen, Rippenknochen der Menschen aus denen es entstanden war. Gott es mussten Unmengen in dem Geschwür stecken, die dieses Monster formten. Unmengen von geistlosen Kadavern die leise aus den Köpfen jammerten und sogar noch vereinzelt zuckten. Alles an dieser Kreatur war versschmolzen aus Menschen. Auch die Vorderbeine mit den Klauen. Es bestand nur aus Fasern, Muskeln und Knochen. Es hatte keine Augen und keine Nasenlöcher. Und dennoch gab es ihnen das Gefühl als könnte es sie genau sehen riechen. Und während sie noch immer einfach da standen, ihre Köpfe versuchten zu erkennen was sie da sahen, dachte Inuart wirklich er wäre in die Höhle eines Drachen gestolpert. Dieses Monsters vor ihnen, was man als Drachen sehen konnte mit viel Fantasie, kam immer näher. Und als es ihren Gang endlich komplett betreten hatte mit seiner Masse, einen schrecklichen Laut von sich gab als würden 100 Menschen aufschreien und daraus ein tiefes Heulen entstand, da wussten sie das sie die Beine in die Hand nehmen mussten und rennen! Und das tat Caim auch. Er war der Erste der sich losreißen konnte. Der dazu die Kraft hatte, im Gegensatz zu den Anderen. Er schubste Nier an und rief: „LAUFT!“ Und dann rannte er los. Riss alle mit seinen Worten aus ihrer Starre. Inuart rannte auch sofort los, zusammen mit Nier der sich ebenfalls endlich mit seinem Blick losreißen konnte. Aber er fühlte sich nicht wohl. Es ging ihm furchtbar und er hatte das Gefühl zu verbrennen. Er glühte innerlich. Aber es war anders. Es fühlte sich anders an als sonst. Die Schmerzen im Kopf waren wieder da. Caim wollte nicht wissen was das für ein Ding war. Alles was wichtig war war zu entkommen. Und so kam er als erster an der Schleuse nach draußen an und sah zu den Anderen. Er hielt das Gummi der Schleusentür auf und sprach: „Raus hier!“ Inuart bremste neben Caim ab. Doch anstatt raus zu rennen hielt er die rechte Schulter seines Freundes fest und sprach aufgebracht: „Wir können nicht einfach gehen!“ Caim kam sich vor wie im falschen Film. Er sah ihn an, als hätte ihn eine Schlange in den Hintern gebissen. Er sah ihn ungläubig an und fauchte: „Was?! Schwing deinen Arsch hier raus, oder ich helfe nach!“ Aber Inuart schüttelte den Kopf. Er hatte Angst, keine Frage, aber er konnte nicht einfach gehen. Es gab einen Grund dafür. Er zeigte hinter sich, ohne hinzusehen und sprach: „Wir können dieses Ding nicht einfach hierlassen!“ „WAS?! Bist du bescheuert?!“ „Caim ich meine es ernst! Wenn wir jetzt verschwinden sieht es genau wo wir hingehen! Es wird uns folgen und kommt dann raus an die Oberfläche! Wir lassen dieses Monster dann auf die Welt los!“ Auf die Welt los lassen?! Warum musste der Kerl immer so viel denken?! Caim fauchte zurück: „Ja und?! Ist das mein Problem?!“ „Es ist unser aller Problem!! Was ist wenn es eine Krankheit mit sich schlepp?! Ich meine sieh es dir doch an! Wer weis was es mit sich trägt!“ Caim musste kurz verzweifelt lachen bei der Aussage und wurde dann wieder ernst: „Heh, wovor hast du angst? Das es die Menschen verseuchen könnte?! Ich denke das ist in unserer aktuellen Lage der Menschheit nun auch scheiß egal!!“ Aber das war es nicht. Zumindest nicht nach dem was sich Inuart zusammengesponnen hatte. „Was ist wenn es ins Meer gerät?! Oder wenn es die Pflanzen und Tiere verseucht?! Es könnte unsere Nahrungsquellen vernichten! Wenn es unser ökologisches System bedroht haben wir ALLE ein Problem!!“ „Das kannst du nicht wissen!!“ „Ich will es aber auch nicht riskieren Caim!! Das könnte ne verdammte Biowaffe sein!!“ Und er hatte leider recht, so schwer es dem Braunhaarigen auch fiel das zu akzeptieren. Sie hatten etwas aufgeweckt was lieber im Tiefschlaf hätte bleiben sollen. Und er hätte normalerweise einfach alles überdacht und dann entschieden was für ihn das Beste wäre. Aber in der kurzen Zeit, in der das Monster immer näher kam und sich durch den Gang hinter ihnen zerrte, hatte er dafür einfach keine Zeit mehr. Er wusste wie schlimm das werden könnte wenn Inuart recht hatte. Wenn es die Erde verseuchte, dann waren die Legion das geringste Problem. Legion konnte man umgehen oder töten, eine verseuchte Erde oder einen Ozean mit Fischen nicht. Die Erde war ein verdammter Kreislauf und alles kam wieder, früher oder später, bei ihnen an. Also was hatte er für eine Wahl? Er spielte nicht gerne russisches Roulette mit seinem Leben. Und das tat er wenn er das Ding entkommen ließ. Aber wie sollten sie es töten?! Das Ding war fast so groß wie der verdammte Gang durch den es seinen Kadaver zerrte! Und es sah nicht nach einem normalen Lebewesen aus bei dem man das Herz oder die Lunge zerstörte und das Ding wäre gegessen! Verdammt hatte es überhaupt Organe?! Er wusste es nicht! Und so zögerte er kurz und sah hinter. Sah zu dem Wesen und dann wieder zu Inuart. Es fiel ihm schwer und er seufzte…Und schließlich nickte er. Und Inuart war froh darüber. So froh man sein konnte wenn man gegen ein Monster kämpfen musste das einen mit einem Happs verschlingen könnte. Er schloss die Schleuse schnell vor ihnen. Zog den Reißverschluss zu und sprach zu Caim: „Ich danke dir mein Freund.“ Ja ja so wie immer. „Danken kannst du mir wenn wir nicht sterben bei deiner bescheuerten Aktion!“ Sprach Caim und er sah sich um. Suchte nach einem anderen Weg. „Wir brauchen erst mal etwas Luft und einen Plan!“ Inuart zeigte schlagartig rechts von Caim den Gang entlang und sprach: „Da lang! Suchen wir einen Raum in dem wir uns verstecken können!“ Es war das Beste was sie erst mal tun konnten. Und so rannte der Orangehaarige auch schon los. Aber Caim blieb stehen kurz nach dem er losgesprintet war. Ihm fiel etwas auf…Wo war Nier? Und so drehte er sich um und sah hinter sich. Sah zu dem Gang wo sich noch immer das Monster durch zerrte und bedrohlich näher kam, wenn auch langsam. Es hatte offenbar keine Hinterbeine, deswegen zerrte es sich voran. Doch was ihn mehr schockierte war…das Nier einfach nur da stand. Er stand wenige Meter vor dem Gang und hinter ihm das Monster und starrte einfach nur geradeaus. Er starrte ins Nichts und regte sich nicht mehr. Caim sah ihn erschrocken an. Und war dann auch wieder sichtlich genervt. Nicht schon wieder! Nur ein verdammtes Mal! Er rannte zu dem Jungen hin und der stand einfach weiter da fühlte Feuer in sich. Nier brannte innerlich. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und er hatte das Gefühl er würde ertrinken. Er bekam schlechter Luft und klappte dann auf die Knie. Fasste sich mit beiden Händen an den Kopf und verzog das Gesicht schmerzhaft. Krümmte sich zusammen vor Schmerz. Sein Kopf tat so weh. Er schmerzte so schrecklich. Diese Stimmen waren überall. Er konnte so viele Stimmen in seinem Kopf hören. Er hörte sie weinen und jammern, brüllen und fluchen, lachen und jubeln, es machte ihn wahnsinnig. Und sie kamen alle über ihn. Sie überrannten ihn wie eine Flutwelle und er drohte darin zu ertrinken. Und er wusste woher sie kamen…Sie kamen alle von dem Monster. Sie waren alle da drin. Er konnte jeden Menschen in dieser Masse hören. Jeden der dem zum Opfer fiel. Und es wurde ihm einfach zu viel. Seine Sicht fing an zu verschwimmen. Und noch bevor Caim bei ihm ankam brüllte er vor Schmerz und ließ sich kurz darauf erschöpft zu Seite fallen. Er brach zusammen. Seine Welt wurde schwarz und er verlor das Bewusstsein. Caim kam bei ihm an und ließ sich neben ihm auf die Knie fallen. Er fasste ihn und hob ich leicht an. Sah dass der Junge das Bewusstsein verloren hatte und rief darauf laut: „Nier! Nier!!“ Rüttelte ihn dabei, aber es war vergebens. Doch dann passierte etwas. Für den Bruchteil einer Sekunde, änderte sich das Bild vor seinen Augen. Das was er vor sich sah wurde ausgetauscht gegen etwas was er längst vergessen hatte. Etwas was er verdrängt hatte. Er sah Nier tot und blutig in seinen Armen liegen. Auf der grauen Straße draußen und dann war er wieder im Hier und Jetzt. Er blinzelte, schüttelte kurz den Kopf und er erinnerte sich. Das war wie in seinem Traum. Dieser Traum den er vor Tagen hatte. Dachte ihn bereits vergessen zu haben. Doch dafür war nun keine Zeit. Er riss sich zusammen und sah auf. Sah wie das Monster fast bei ihnen war und schon nach ihnen schnappte. Ein übler Gestank von Ammoniak und süßlicher Verwesung kam ihm entgegen. So packte er Nier und hob ihn auf die Arme. Kam danach hoch und rannte weg. Gerade noch rechtzeitig dass dieses Monster daneben schnappte. Wütend brüllte es hinter ihm her, als er ihm durch die Lappen ging. Doch Caim ließ sich nicht beirren und rannte weiter. Er bog in den Gang in den Inuart verschwunden war und sah diesen auch ganz weit hinten am Ende in Türen sehen. Er schien was gefunden zu haben und winkte ihn herbei. Rief: „Hier hinten! Ich hab was!“ Das Heulen hinter Caim wurde immer wütender und lauter und peitschte ihn noch mehr an schneller zu rennen. Und so kam er in Rekordzeit mit Nier in den Armen bei Inuart an und rannte in den Raum, dessen Tür sein Freund offen hielt, rein. Und dann kam Inuart auch rein. Er schlug die Tür zu und verriegelte sie manuell von innen. Nutzte dafür das Codeschloss direkt rechts oben neben der Tür und gab eine vierstellige Kombination ein. Woher er die wusste? Keine Ahnung. Aber er hielt einen Zettel dabei in der Hand. Vielleicht hatte er diesen daneben gefunden. Caim hatte keine Zeit sich darüber Gedanken zu machen. Die elektrische Tür gab ein schließendes Geräusch und Caim sah verwirrt zu Inuart, fragte: „Wie ist das…?“ „Notfallgeneratoren im Operation- und Laborbereich sind normal. Auch wenn das Licht nicht mehr geht so sind alle anderen Dinge separat vom Hauptgenerator angeschlossen!“ Was stimmte. Wenn es einen Stromausfall gab sollte das so sein das alle Patienten noch versorgt werden können und Kühlschränke mit Blutspenden und anderen Dinge auch weiter gekühlt bleiben. Also funktionierten auch noch die Türen, denn das gehörte auch zur Sicherheit. Clever. Inuart hatte das bedacht und wusste Bescheid. Er war in der Hinsicht sehr wertvoll. Hatte mal in einem Krankenhaus geholfen bevor alles den Bach runter ging. Daher wusste er solche Dinge. Inuart warf dann einen Operationstisch um und benutzte ihn als Versteck. Er war breit und sie konnten sich beide dahinter verstecken. So setzte er sich dahinter und nahm seinen Rucksack vor sich zwischen die Beine und Caim kam neben ihm mit Nier in den Armen ebenfalls in Deckung. Der Orangehaarige nahm dem Jungen den Rucksack ab, damit er besser liegen konnte. Dann drückte Caim den Jungen an sich. Er machte das instinktiv. Und sah dann nach hinten. Lauschte ob das Monster näher kam. Sie mussten nun absolut still sein. Sie wussten nichts über dieses Wesen. Konnte es riechen? Oder hören? Wie nahm es sie überhaupt wahr? Inuart sah dann zu Nier und fasste ihm besorgt an die Stirn. Wann war er zusammengebrochen? Der Junge atmete aber normal, doch war er unglaublich heiß. Er glühte. Das war überhaupt nicht gut. War er krank? So schlagartig? Das konnte er sich nicht vorstellen. Also was war los? So sah er zu Caim, der den Jungen noch immer an sich gedrückt hatte und fragte: „Warum ist er…?“ Aber Caim zischte ihn an, als Geste still zu bleiben und sie lauschten beide. Sie konnten es nicht sehen, weil sie in Deckung waren, aber sie konnten es hören. Konnten hören wie sich das Monster immer weiter von ihnen entfernte und es leiser wurde. Es war egal wohin, aber Hauptsache erst mal weg. Und als nichts mehr zu hören war entspannten sie sich auch alle etwas und Inuart kam vor Caim. Er kniete und fühlte Nier seinen Puls. Checkte ihn ab. „Sein Puls ist okay. Aber seine Körpertemperatur ist erhöht.“ Caim sah ihn an. „Liegt vielleicht daran dass er ein Drache ist und Feuer spucken kann.“ „Ja vielleicht…Was ist passiert?“ Caim zuckte mit den Schultern. „Ich hab keine Ahnung. Als du losgerannt bist stand er einfach nur da und starrte ins Nichts. Er wirkte als hätte ihn der Schlag getroffen und dann klappte er auch schon auf die Knie und hielt sich erneut den Kopf. Kurz darauf war er auch schon bewusstlos.“ Inuart sah fragend zu Nier runter. „Er hielt sich wieder den Kopf? Dann hat das vielleicht was mit dem zu tun was er vorhin gesagt hatte. Also das er meinte Stimmen hören zu können…Meinst du er konnte die Menschen in dem Monster hören?“ Es war nur ein Verdacht von Inuart, mit dem er aber voll ins Schwarze getroffen hatte. Es aber zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste. Caim zuckte darauf nur. „Und selbst wenn er den Allmächtigen selbst in dem Ding gehört hat, es ist mir scheiß egal! Wenn ich ihm nicht mal wieder geholfen hätte wäre er jetzt tot! Sieh also zu das du ihm hilfst damit er nicht noch mal so ne Scheiße abzieht!“ Sieh also zu das du ihm hilfst…Inuart sah ihn muffig an. „Entschuldige mal ich bin kein Hexer! Und ich bin auch kein Arzt! Und erst recht nicht ein Drachenarzt! Ich habe keine Ahnung wie sein Körper überhaupt funktioniert! Wenn ich ihm Tabletten gebe weis ich nicht wie er darauf reagiert! Vielleicht töten sie einen Menschen nicht, aber ich habe keine Ahnung wie sie auf ihn wirken könnten! Das ist nicht so einfach!“ Caim schüttelte sichtlich genervt den Kopf. Sowas hörte er überhaupt nicht gern. „Meine Güte dann schmier ihm halt Wick VapoRub oder so auf die Brust, aber tu was!“ Inuart verzog die eine Augenbraue genervt hoch und sprach: „Wirklich? Man merkt das du keine Ahnung von Medizin hast.“ Und es war Caim auch sonderlich egal. Er war der Mann fürs Kämpfen und nicht die Krankenschwester. Dafür war sein Freund zuständig. Und während Inuart erneut Nier seine Stirn berührte, um die Temperatur abzuschätzen, sah Caim wieder hinter sich zu dem umgefallenen Tisch und sprach: „Was verdammt noch mal war das gewesen?“ Inuart zog die Hand von Nier und kramte dann einen Lappen aus seinem Rucksack. Er machte ihn mit Wasser aus seiner Trinkflasche nass und legte ihn auf die Stirn des Jungen. Kühlte sie damit. Dann sprach er in Gedanken: „Keine Ahnung…Auf den ersten Blick würde ich sagen es sah wie ein Amalgam aus.“ Caim sah zu ihm und fragte: „Und jetzt bitte noch mal dass ich es verstehe. Ein was?“ Inuart sah wieder zu ihm und von Nier weg. Er seufzte. „Du hast echt gepennt in der Schule, was? Als Amalgam werden im weiteren Sinne nicht umkehrbare Vermischungen anderer Stoffe bezeichnet. Meist die Legierung mehrerer Metalle. Im übertragenen Sinne werden als Amalgam auch Mischungen unterschiedlicher Begriffe, Ideen, Kulturen oder Traditionen bezeichnet. Also wenn sich etwas vermischt was dann nicht mehr zu trennen ist. Das kann man hier auch ganz gut auf dieses Wesen übertragen.“ Also eine Mischung aus mehreren Menschen die nicht mehr zu trennen waren. Caim schüttelte den Kopf. „Du bist ein wandelndes Lexikon der Merkwürdigkeiten.“ „Nein, ich habe einfach nur in Chemie aufgepasst…Das war auf jeden Fall das Erste was ich sah, als dieses Ding um die Ecke kam und deine Taschenlampe es enthüllte. Es wirkte als wären mehrere Menschen darin verwachsen. Als hätte ihre Mischung ein neues Wesen geformt…“ Ja kein Scheiß. „Wie ist sowas möglich Inuart? Das Ding ist definitiv kein Legion.“ „Nein ist es nicht. Ich habe keine Ahnung wie sowas sein kann. Aber jetzt erklärt sich auch der Ammoniakgeruch hier unten und warum er so stark ausgeprägt ist. Dieses Ding ist ein Lebewesen Caim.“ „Heh, ja so will es sich gern nennen.“ Und dann regte sich Nier plötzlich unter ihnen und beide sahen zu ihm. Er grummelte und verzog das Gesicht schmerzhaft. Und endlich öffnete er die Augen. Er musste einige Male blinzeln, bis er wieder klar sah, aber dann sah er auch schon in das Gesicht von zwei Männern die einfach die größten Idioten für ihn waren. Seit er sie kannte gab es nur Probleme. Inuart lächelte ihn aber auch gleich freundlich an und sprach: „Schön dass du wieder da bist. Geht es dir besser?“ Nier fasste sich mit der rechten Hand an die Stirn und nahm den nassen Lappen runter. „Besser“ war ein Wort das zu sehr an die große Glocke gehängt wurde. Er sprach etwas muffig und mit kurz geschlossenen Augen: „Ich fühle mich als hatte mich eine Herde Kühe überrannt.“ Das Dröhnen war aber besser geworden und er öffnete wieder die Augen. Sah zu Caim und bemerkte plötzlich…dass dieser ihn auf seinem Schoß und noch immer in den Armen hatte. Als hätte man ihm eine geknallt war er schlagartig wach und setzte sich schnell aufrecht. Drückte sich von Caim weg und sprach muffig und etwas beschämt: „Lass mich los!“ Caim ließ auch sofort ohne Kommentar los und Nier fiel neben ihm auf den kalten Boden mit einem Ruck. „Nichts lieber als das.“ Sprach er locker und kam endlich wieder auf die Beine. Nier sah ihn sauer an und rieb sich kurz am Hinterkopf, den er sich am Boden angehauen hatte wegen der Aktion und schwieg dann. Wie peinlich. Wie war er in seine Arme gelangt? Er hatte nach dem Flur einen Blackout gehabt und konnte sich an nichts mehr erinnern. Und während er da saß und sich den Hinterkopf rieb fiel ihm etwas auf…er roch nach ihm. Caim sein Geruch haftete plötzlich etwas an ihm. Was durch die Nähe entstanden war. Und zu seinem Entsetzten…roch er angenehm. Inuart sah von Caim zu Nier und fragte noch mal: „Geht es dir wirklich gut? Caim sagte du bist schlagartig zusammengebrochen. Willst du uns erklären was los ist?“ Nier sah zu ihm. Erklären…Was sollte er erklären? Er wusste selber nicht was los war. Mal wieder. Also sagte er einfach was er wusste: „Mir geht es viel besser. Aber je näher mir dieses Ding kam, umso mehr fühlte ich mich schlecht. Ich erinnere mich nur noch daran dass ich viele Stimmen hören konnte. Ich glaube…sie kamen aus diesem Ding. Aber ich konnte nicht genau hören was sie sagten. Es war alles so durcheinander und so viele. Einige wahnsinnig und andere traurig…Warum konnte ich sie hören? Habt ihr nichts gehört?“ Damit bestätigte sich schon einmal der Verdacht von Inuart. Also konnte Nier wirklich was hören. Aber wieso? Er schüttelte auf den letzten Satz des Jungen den Kopf. „Wir haben nichts gehört. Das ist interessant…“ Und während Inuart sich in interessanten Überlegungen verlor, stand für Caim nur eine Sache fest: dieses Ding war mehr als das was es zu sein scheint. Und es war gefährlich. Offensichtlich. Aber wenn Nier wirklich etwas darin hören konnte, dann stimmte etwas ganz gewaltig nicht. Vor allem da es keinen anderen in dem Raum betraf. Doch was konnte das nur sein? Und da sie sich jetzt dafür entschieden hatten das Ding zu töten, mussten sie nur noch herausfinden wie man es töten konnte. Mit ihren Waffen war das allerdings zum Scheitern verurteilt. Und während er so darüber nachdachte, sah Nier auf seine Hände vor sich. Er saß im Schneidersitz und starrte sie einfach nur an. Die ganzen Schreie und Worte, die er im Monster gehört hatte, hallten noch in seinem Schädel. Er konnte alles Mögliche hören. Durcheinander und verwirrt. Aber eines traf ihn ganz besonders. Etwas von dem er das Gefühl hatte ER wurde damit angesprochen. Das es ihm galt…Und das war das Wort:...MAMA. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)