Burlesque von Bara-sama ================================================================================ Kapitel 1: Oneshot ------------------ Unsicher sehe ich zu dem großen Gebäude auf der anderen Straßenseite herüber, welches rege besucht wird. Besonders um diese Uhrzeit. Beinahe im Sekundentakt tauchen Männer und überraschenderweise auch Frauen auf und betreten das Gebäude tuschelnd und lachend, was mich leicht stutzig macht. Ich habe immer gedacht, dass diese Art von Unterhaltung, die einem in diesem Bezirk geboten wird, von Frauen eher gemieden wird. Aber anscheinend sollte ich mich irren. Leicht fröstelnd, da es ziemlich windig ist, drücke ich mich weiter gegen die klamme Häuserwand in meinem Rücken und stiere beinahe schon ehrfürchtig an dem Gebäude hoch, um die glitzernden und leuchtenden Lettern nachzulesen. “Burlesque“ steht dort über der breiten Tür. Die kunstvollen Lettern verbreiten eine beinahe mysteriöse und gleichzeitig anziehende Aura, und besonders in der Nacht ist das Leuchten mehr als anziehend. Ich fühle mich wie eine Motte, die vom Licht gelockt wird. Selbst die beduselnde Musik dringt leise aber gut hörbar an meine Ohren und versetzt mich unbemerkt in eine Art Trance. Ohne es zu bemerken wankt mein Kopf im Takt leicht von links nach rechts, passend zur Musik. Mein mittellanges Haar weht mir ins Gesicht, und ich wische mir die vereinzelten Strähnen in einer hastigen Geste wieder hinters Ohr. Mit dem Gedanken, dass ich gleich dort hineingehen werde immer besser klarkommend, straffe ich die Schultern, recke leicht die Nase gen Himmel und trete entschlossen aus meinem sicheren, dunklen Schlupfloch, um die Straße zu überqueren, und ich werde auch von niemandem beachtet, was mir nur recht ist. Doch je näher ich den bunt blinkenden Lichtern komme und die betörende Musik deutlicher wahrnehme, wird mir immer mulmiger. Wie tief bin ich eigentlich gesunken, dass ich mich in diesem Bezirk herumtreibe? Plötzlich bin ich mir meiner Sache nicht mehr so sicher, wie vor einigen Sekunden, und bleibe mitten auf der Straße stehen. Einige Passanten gehen an mir vorbei und sehen mich dabei fragend an. Ich jedoch nehme dies gar nicht erst zur Kenntnis. Was, wenn ich dort drinnen von irgendjemandem erkannt werde? Wenn ich zum Beispiel irgendeinen Arbeitskollegen treffe, oder einen Nachbarn? Die Welt ist voll von Zufällen, man kann immerhin nie wissen. Wenn dies passieren sollte, würde ich aber ziemlich in der Klemme stecken. Das ist doch peinlich! Aber ich kann doch auch nichts dafür. Ich habe eben Pech mit diesen seltsamen Geschöpfen, die sich Frauen schimpfen. Besonders in letzter Zeit läuft immer alles schief. Sei es bei irgendwelchen Dates oder einfach nur beim Smalltalk mitten auf der Straße. Jedes Mal verhalte ich mich irgendwie falsch und verschrecke die Frauen somit, und ich kann mein Verhalten ja nicht einmal verbessern, da ich verdammt noch mal nicht weiß, was ich denn falsch mache! Da kann ich eben nicht anders, als auf diese erbärmliche Option zurückzugreifen. Es ist ja auch nicht so, dass ich dort gleich reingehe, um irgendwelche Frauen dafür zu bezahlen, damit diese mir stundenlangen Beischlaf leisten. Ich will sie mir nur ein wenig.. ansehen. Erneut setze ich mich in Bewegung, folge der leisen Musik, die sofort deutlicher zu hören ist, nachdem ich die massive Tür hinter mir gelassen habe, die wie eine trennende Grenze zu der „normalen Welt“ wirkt. Augenblicklich wird mir leicht schwindlig, als ich den langen, schmalen Flur betrete, der in einem schwummrigen Dunkelrot gehalten ist. Die kleinen Duftkerzen und rot gedämmten Lampen, die an den Wänden angebracht sind, tragen nicht wirklich dazu bei, dass ich alles um mich herum tadellos erkenne. Mich an der Wand abstützend, da mir wirklich schwindlig ist, gehe ich den Flur tastend entlang und erklimme vorsichtig die knarrenden Treppen nach oben. Schritt um Schritt. Ich muss die Augen leicht zusammenkneifen, um besser fokussieren und alles um mich herum somit erkennen zu können. Das macht definitiv das Alter. Immerhin habe ich nun schon einige Jahre mehr auf dem Buckel, da ist die Sicht irgendwann auch nicht mehr das, was sie mal war. Ich merke, dass mir einige Besucher folgen. Sie gehen laut schwatzend an mir vorbei, lachen und flüstern sich gegenseitig irgendetwas ins Ohr. Als ich oben ankomme, verschnaufe ich erst einmal und befinde mich vor einer weiteren mit Perlenketten und Pfauenfedern dekorierten Tür, die mich von dem eigentlichen bunten Treiben dieses Hauses trennt. Bevor ich jedoch gänzlich eintreten kann, nimmt mir eine Frau in einer höflichen Geste und mit einem reizenden Lächeln den Mantel ab, aus dessen Innentasche ich vorher noch mein Portemonnaie, Schlüsselbund und mein Handy herauskrame, und hängt ihn in die voll ausgelastete Garderobe. Gleich danach wird mir die Schwingtür netterweise aufgehalten und ich trete ein. Ich versuche, mich nicht einmal um mich selbst zu drehen vor lauter Bewunderung. Ich war vorher noch nie in so einem Laden, und der erste Eindruck macht mich wirklich baff. Mit leicht geöffnetem Mund sehe ich mich um. Auch hier drinnen ist die Beleuchtung nicht wirklich das Wahre. Jedoch muss ich zugeben, dass diese dämmrige Atmosphäre einen dazu verleitet, seiner Sitznachbarin das Händchen unters Röckchen zu schieben. Halt, Aoi, deswegen bist du nicht hier! Ich fasse mich wieder und gehe im Slalom zwischen den Sitzecken hindurch, die überall aufgestellt sind. Auf den niedrigen Tischen stehen kleine Kerzen, die angenehm flackern. Die großen schwarzen Sessel, die überall herumstehen, sehen einfach nur gemütlich aus. Und die Bar, die sich weit rechts von der riesigen, fantasievoll geschmückten Bühne befindet, lockt ebenfalls mit kleinen Lichtern, die in warmen Farben gehalten sind. Mehrere Besucher haben sich auf den unzähligen Barhockern niedergelassen. Männliche, sowie Weibliche. Zielstrebig gehe ich Richtung Bühne, weil ich einen freien Tisch entdeckt habe. Während ich in Gedanken schon Platz nehme, verabschiedet sich eine hübsche, leicht bekleidete Dame von den Gästen, indem sie Luftküsse durch den Raum schickt und hie und da noch einmal zwinkert, was die Männer hier zum Grölen bringt. Und auch die Frauen, von denen es hier erschreckender Weise sehr viele gibt, applaudieren begeistert. Im nächsten Moment verschwindet die Frau hinter den samtenen Vorhängen und die Musik erstirbt. Danach ist die Bühne wieder leer. Nur die riesigen Vasen und geschmückten Säulen vermitteln einem das Gefühl von Fülle auf der Bühne. Ich lasse mich genau vor der Bühne auf dem Sessel nieder, habe somit wahrscheinlich den besten Ausblick hier. Ich bin allein am Tisch. Die Besucher befinden sich um mich herum, sitzen hinter oder neben mir, was mich jedoch wenig kümmert. In solchen Situationen bin ich gerne auf mich allein gestellt. Im nächsten Moment steht eine hübsche Kellnerin an meinem Tisch, die mich willkommen heißt und mir eine Karte reicht, und ich bestelle mir einen leicht alkoholischen Drink. Man will ja nicht übertreiben. Alkohol für mich nur in Maßen. Gerade als sie sich mit meiner Bestellung herumdreht, um meinen Drink zu holen, werden die Beleuchtungen auf der Bühne verändert. Das weiße Licht, welches eben noch für ein wenig Klar- und Helligkeit im Raum gesorgt hat, wechselt plötzlich zu einem dunklen Rot, wodurch alles nur noch schummriger wird, und sofort erinnert mich die gesamte Atmosphäre hier unangenehm an ein Freudenhaus. Nicht, dass ich jemals dort drin gewesen bin! Man hört eben einiges darüber. Leicht schluckend sehe ich zur Bühne hoch, als alle um mich herum zu pfeifen und klatschen anfangen. Besonders die Frauen der Schöpfung klatschen begeistert, und ich laufe mit, schlage beide Handflächen wiederholend ineinander, dass sie bald schon anfangen wehzutun. Der Vorhang raschelt, wird leicht zur Seite gezogen, und alle geben ein freudiges Gekreische von sich, doch die Person lässt sich nicht blicken. Sie spielt mit uns. Ein Arm, der in eleganten Spitzenhandschuhen steckt, wird in schlangenähnlichen Bewegungen herausgestreckt, aber der Rest der Person fehlt. Doch im nächsten Moment werden die Vorhänge zu beiden Seiten aufgerissen, und mir klappt der Mund leicht auf. Rotes Licht gemischt mit weißem strahlt plötzlich umher, und die Frau auf der Bühne tänzelt zur leicht jazzigen Musik über die Bühne, schickt uns allen Luftküsse und lächelt anziehend. Als ich ihr Gesicht besser erkenne, lecke ich mir unbewusst über die Lippen. Eine wahre Schönheit! Zwar hat sie dunkel geschminkte Augen, knallrote Lippen und rosige Wangen, doch ich denke, auch ohne das ganze Make-up sieht sie bezaubernd aus. Ihr blondes Haar hat sie kunstvoll hochgesteckt, einige glitzernde Kettchen baumeln an ihrem Hinterkopf hinab. Eine lange, hellblonde Strähne hat sich in ihrem nicht ganz erkennbaren Dekolleté verirrt, und mein Blick bleibt für einige Sekunden daran hängen. Während fast jeder um mich herum pfeift und johlt, sehe ich nur wie gebannt zur Bühne rauf und bemerke auch nicht, dass mir mein Drink gebracht wird. Die Frau hat so eine derbe Ausstrahlung, dass ich wirklich vergesse zu schlucken. Ich sabbere ja beinahe! Schluckend und mich wieder aufs Atmen konzentrierend folge ich jeder grazilen Bewegung, die diese Schönheit dort oben ausführt. Sie spielt an den Verschlüssen ihrer dicken schwarzen Pelzimitatjacke, das glitzernde, rote Kleid, welches bis zum Boden hinreicht, bildet einen extremen Kontrast. Jede ihrer Bewegungen zieht magisch an und sie weiß es. Sie weiß, welche Wirkung sie auf alle hier in diesem Raum hat. Mit einem breiten, bezaubernden Lächeln lacht sie und präsentiert uns dabei selbstbewusst ihre strahlenden Zähne. In fließenden Bewegungen, die der Eleganz einer Schlange ähneln, umspielt sie mit ihren Fingern ihren hellen Hals und Nacken, öffnet danach langsam ihre Jacke und macht dabei ein gespielt schüchternes Gesicht, und allein bei dem Anblick verschnellt sich mein Herzschlag ums Tausendfache. Ja, ich lebe seit längerem in Abstinenz – ungewollt. Die Jacke fällt zu Boden und somit auch erneut mein Unterkiefer. Da sind ja gar keine Brüste! Erschüttert stiere ich auf die flache Brust und zweifle für einen Moment an der Beleuchtung hier. Okay, es gibt Frauen, die haben eben weniger, was mich auch kein wenig stört, aber ich habe in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen, dass eine Frau eine so dermaßen flache Brust hat! Ich bemerke selbst nicht, wie ich mich im Sitzen nach vorne lehne und die Augen weiter zusammenkneife, um besser erkennen zu können. Sieht sicher ziemlich albern aus. Während sich die Schönheit mit dem Rücken zu uns dreht und ihre filigranen Arme fließend von sich streckt, um ihren Körper beinahe wie in Wellenlinien zu bewegen und dabei anziehend mit dem runden Hintern zu wackeln und zu kreisen, rasten die Leute hier beinahe schon aus. Ich jedoch entspanne mich wieder, lehne mich zurück und genieße die Aussicht. Sie hat sich weit und mit gespreizten Beinen vorgebeugt, ihr Hintern präsentiert sich mir prall und rund, was mich sogar leicht lächeln lässt. Also, dieser Hintern macht die Nichtexistenz der Brüste wieder wett. Im nächsten Augenblick ist sie um einige Stoffe leichter. Das glitzernde Kleid gleitet wie von Zauberhand geführt zu Boden, sie kickt es leicht mit ihren Füßen von sich und präsentiert sich in einer knappen, engen Hotpants, einer Corsage und Strapse. Die ellenlangen Beine sind von feinen Netzstrümpfen umschlungen und an ihrem linken Oberschenkel befindet sich ein spitzenbesetztes Strapsband, an dem ein kleiner Kristall funkelt. Wie gebannt verfolge ich jede einzige Bewegung von ihr, doch erneut wird das Bild irgendwie getrübt, als sie sich umdreht und mir ein Defizit in ihrer Corsage auffällt. Ihre schlanke Figur, die filigrane Silhouette die sie auf den Vorhang hinter sich wirft, erweckt in mir eine Art Beschützerinstinkt. Ich möchte sie am liebsten in die Arme schließen und vor allen Gefahren dieser unberechenbaren Welt beschützen. Breit lächelnd, sogar leicht schäkernd stemmt sie die Hände in die Hüften und stellt sich von dem einen aufs andere Bein, wackelt leicht mit den Hüften und deutet dann keck auf einen männlichen Gast weiter rechts von mir, der beinahe schon lechzend Kussgesten in ihre Richtung macht. Die Schönheit hebt nur gespielt drohend den Zeigefinger und ermahnt den Mann, dem dies anscheinend noch mehr gefällt. Gleich darauf wird wieder dieses wunderschöne Lächeln in die Runde geworfen. Die Musik, zu der sich die Frau rhythmisch bewegt, nehme ich gar nicht mehr wahr. Auch die Geräusche der Besucher um mich herum sind wie ausgeblendet. Ich bemerke, wie ich plötzlich einen Tunnelblick bekomme. Meine Ohren machen dicht, meine Gedanken laufen auf Hochtouren. Die Frau hat sich hüfteschwingend auf die Chaiselounge, die leicht mittig auf der Bühne steht, zubewegt und gelegt. Ihre langen Beine streckt sie abwechselnd hoch in die Luft, und ich spinne mir meine eigene Fantasie. Ich zwischen ihren wunderschönen Beinen, sie unter mir, über mir, einfach überall. Ah, hatte ich diese Gedanken nicht vermeiden wollen?! Sie schwingt ihre Beine hin und her, wirft den Kopf in den Nacken und ich bin mir sicher, dass sie laut lacht. Jedenfalls sieht es so aus. In der nächsten Sekunde stemmt sie sich wieder auf, kniet sich auf den roten Samt und fängt an, extrem lasziv ihre Handschuhe von ihren Armen abzustreifen. Ihr Blick macht mich beinahe verrückt. Das ist der erotischste Schlafzimmerblick, den ich je gesehen habe! Ich habe nie gewusst, dass diese einzige unscheinbare Geste so erotisch ausgeführt werden konnte. Wie gebannt folgen meine Augen dem löchrigen Stoff, der zu Boden segelt und unschuldig dort liegen bleibt. Der zweite Handschuh folgt gleich darauf. Sie wiederum stemmt sich diesmal auf alle Viere, ihren Kopf hat sie leicht hängen lassen und gleichzeitig zum Publikum gedreht. Der Rücken ist zu einem Hohlkreuz gebogen. Ihren wohlgeformten Hintern wiederum streckt sie förmlich in die Luft, als wolle sie sagen, “Schaut her! Habe ich nicht ein tolles Gesäß?“ Plötzlich durchfährt mich ein prickelndes und aufregendes Gefühl, als ich merke, dass sie mir direkt in die Augen starrt. Ich starre zurück, bin wie gelähmt. Die Beleuchtung hier behindert ab und an unseren Blickkontakt. Mein Herz macht mehrere Saltos, als sie mir einen verführerischen Luftkuss schickt und dabei zwinkert, dann wieder ihren Kopf nach hinten wirft, dass die dünnen Kettchen in ihrem Haar nur so hin und her fliegen, und eindeutige Bewegungen mit ihrem sinnlichen Körper vollführt. Ich weiß, ihre Gesten dienen nur dazu, uns allen einzuheizen, aber ich befinde mich gerade persönlich trotzdem im Glück. Sie hat mich angesehen, mich! Das war ja beinahe schon wie ein Beweis für mich. Ich muss sie ansprechen, irgendwie! Wie, das ist mir egal, aber ich muss unbedingt! Ihr Akt geht so langsam zu Ende. Sie setzt sich wieder auf, lehnt sich gegen die Stütze der Chaiselounge, legt die Beine elegant übereinander und fährt ihre eigene schlanke Körperlinie noch einmal mit Zeige- und Mittelfinger nach. Angefangen von Hals, bis hin zu den Oberschenkeln. Dabei lässt sie die Lider leicht sinken und öffnet verführerisch den Mund. Ihre rot geschminkten Lippen glänzen delikat in dem ominösen Licht. Jede ihrer Gesten und Bewegungen lassen die Hitze in mir langsam aber sicher aufsteigen. Automatisch mitklatschend beobachte ich sie dabei, wie sie sich wieder richtig aufsetzt, die langen Beine einmal übereinander schlägt und ihre Arme in unser aller Richtung ausstreckt, als wollte sie uns alle auf einmal umarmen. Als sie sich erhebt und uns noch einmal ihren hübschen Hintern präsentiert – mit Stoff, wohlgemerkt – wird mir klar, dass sie gleich die Bühne verlässt. Ich will aber noch nicht, dass sie geht! Das ist doch noch zu früh. Mir sind es wie nur zwei Minuten vorgekommen, seit sie die Bühne für sich beansprucht hat. Während ich mit gesenktem Kopf leicht Trübsal blase, bemerke ich, wie mir plötzlich etwas entgegen geworfen wird. Überrascht sehe ich auf meinen Schoß hinunter und nehme das wenige Stück Stoff in die Hand, halte es leicht gegen das Dämmerlicht und kann nichts gegen das debile Grinsen, welches sofort auf meinen Lippen erscheint. Sie hat mir ihr Strapsband zugeworfen! Hoffnungsvoll sehe ich noch einmal auf und kann nicht anders als leicht zu winken, als sie mir erneut zuzwinkert und mir ein abschließendes Lächeln zum Dahinschmelzen schenkt. Danach verbeugt sie sich, macht gleich danach noch einen leichten Knicks, was mit der engen Corsage nicht sehr angenehm und leicht auszuführen aussieht, und dreht sich elegant herum, was dazu führt, dass plötzlich die gesamte Belegschaft hier anfängt, vor Enttäuschung zu johlen. Einige Augenblicke geht es noch so weiter, ehe plötzlich jeder hier im Chor, immer und immer wieder, “Uruha!“, ruft. Was soll denn das nun? Ist das eine Art Geheimcode, den sie hier benutzen? Sofort fühle ich mich unwohl, weil ich nicht zu dem Rest gehöre. Der herausstechende Außenseiter. Ich bin mit aller Wahrscheinlichkeit wirklich der Einzige hier, der gerade nichts von sich gibt. Bevor die Sache noch peinlich wird, erhebe ich mich einfach und lasse dabei das Band in meiner Hosentasche verschwinden. Wenigstens ein Andenken bleibt mir.. Dass ich meinen Drink nicht einmal angerührt habe, interessiert mich nicht. Zu allererst muss ich mal die Toiletten hier finden, um mir das Gesicht zu waschen und wieder etwas klar im Kopf zu werden. Vor lauter Begeisterung habe ich gar nicht bemerkt, dass mein Herz noch immer wie wild schlägt. Ich gehe in Richtung Bar und sehe eine Tür zur Linken, die etwas abgelegener ist. Also, rein da! Ohne viel zu überlegen reiße ich sie auf und werde auch nicht vom Personal aufgehalten. Für einen Augenblick kommt es mir so vor, als bin ich erblindet. Dann jedoch fangen meine Augen abrupt zu brennen und zu tränen an. Das gleißende Licht in dem Flur hier ist ja nicht auszuhalten! Ich halte mir eine Hand über die Augen und torkle leicht, als wäre ich betrunken. Dann gewöhne ich mich jedoch langsam an die Lichtquelle. Hm, wo bin ich denn hier? Ein langer Flur, mehrere Türen zu jeder Seite, aber alle sind unbeschildert. Also versuche ich mein Glück und versuche eben, alle aufzumachen. Wie ich jedoch merke, sind die meisten Türen hier abgeschlossen. Doch plötzlich höre ich mehrere Stimmen. Das zeugt doch nur davon, dass hier irgendeine Tür auch aufgeschlossen sein muss. Je weiter ich den Flur entlanggehe, umso lauter wird das Gebrabbel. Als ich mir sicher bin, dass die Stimmen von der fünften Tür zu meiner Linken kommen, öffne ich diese einfach und werde sofort von Gekreische empfangen. Hups, die Umkleidekabine! Mehrere Frauen, die in Dessous durch das leicht dunkle Zimmer traben und dabei anscheinend ihre Kostüme zusammensuchen, sehen mich teils perplex, teils belustigt und teils erschrocken an. Dann laufen beinahe fünf halbnackte Schönheiten auf mich zu und drängen mich lachend zurück in den Flur – und Schwupps knallt die Tür auch wieder vor meiner Nase zu. Okay, das ist jetzt ziemlich amüsant gewesen. Meinereiner hätte nichts dagegen gehabt, wenn mich die Frauen hereingebeten hätten. Ich meine.. wir hätten uns alle nett miteinander unterhalten können.. oder so.. ? Mir ein Seufzen verkneifend will ich mich schon wieder herumdrehen, da ich nun wirklich keine Lust mehr auf Gesichtwaschen habe und nur noch nach Hause will, als ich plötzlich ein Geräusch hinter mir vernehme. Ein Türschloss klickt, und als ich mich schnell herumdrehe, öffnet sich die letzte Tür auf der Stirnseite des Flures. Als ich die Person erblicke, die gedankenversunken in das helle Licht tritt, verschlägt es mir augenblicklich den Atem. Welch ein Zufall. Das ist sie! “Du!“, rutscht es mir nicht gerade helle und ziemlich unhöflich heraus, und die schöne Frau hebt sofort den Kopf, ein beinahe ängstlicher Blick ist aus ihren dunklen Augen herauszulesen. Ich habe sie erschreckt. “Oh..“, kommt es gleich danach sehr leise von der Frau, die wohl nicht wirklich weiß, was sie sagen soll. Doch auch ich habe gerade besseres zu tun, als zu reden. Meine Augen sind wie von alleine an ihrem, noch immer knapp bekleideten Körper hinuntergerutscht und verehren gerade stumm ihre langen, makellosen Beine. Anscheinend war sie gerade auch auf dem Weg in die Umkleidekabine. Ihr „Kostüm“ trägt sie nämlich noch immer. Ich höre es leise klimpern, da bei jeder kleinen Bewegung, die sie macht, die kleinen münzartigen Anhänger an dem Kettengürtel, der um ihre Hüfte gelegt ist, zusammenprallen. Doch da ich von ihren Beinen so abgelenkt bin, fällt mir eine gravierende Tatsache nicht auf, was mich gleich noch schocken wird. “Der Zutritt ist Unbefugten nicht gestattet!“, erschallt plötzlich eine extrem tiefe Stimme, die mich zusammenzucken lässt. Klingt ganz Bodyguard-typisch. Oh, oh! Fragend drehe ich mich herum, um zu sehen, wer mich anspricht, doch ist dort keiner. Wer hat jetzt bitte gesprochen!? “Hey Sie, hören Sie mir zu? Sie dürfen sich hier nicht aufhalten!“ Oh, halt. Einen Augenblick mal! Mit aufgerissenen Augen drehe ich mich wieder herum und schaue der schönen „Frau“ perplex ins Gesicht. Bitte Gott, sage nicht, dass sie gerade gesprochen hat. Ich kann es nicht verhindern, dass meine Augen erneut hinabwandern, und zwischen „ihren“ Beinen bleibt mein Blick hängen. Gütiger! Das ist ja ein Mann! Mit aufgeklapptem Mund und wirren Gedanken stehe ich nur hier herum und gebe nichts von mir. Ich bin verwirrt. Sehr sogar. Das kann doch kein Mann sein! Wieso ist mir das nicht schon auf der Bühne aufgefallen?! Okay, das erklärt auch die nicht existierenden Brüste. Aber.. oh, ich bin verwirrt. Nach gefühlten Stunden, so kommt es mir vor, schaffe ich es, meinen Blick wieder zu heben, und erneut sehe ich dieses bezaubernde, selbstbewusste, ja sogar leicht schadenfreudige Lächeln auf den sündigen Lippen, die vom Nahen sogar noch verlockender aussehen. So schön füllig und weich.. Halt, das ist immer noch ein Mann! “Verwirrt?“, schäkert er nur und zwinkert erneut, was mir das Blut abrupt in den Kopf schießen lässt. Seit wann reagiere ich bitte so? Ich komme wirklich nicht damit klar, dass ich bis vor einigen Minuten gedanklich einen Mann angehimmelt habe – einen extrem hübschen, besonders reizenden und eher weiblich wirkenden Mann. Bin ich denn nun völlig durch den Wind?! Er kommt plötzlich auf mich zu, und das Geklimper erscheint unerträglich in meinen Ohren. Ich muss hier raus! “Hey, ich beiße nicht. Keine Angst“, zieht er mich schadenfreudig auf, was mich sofort wütend werden lässt. Was denkt er wer er ist? Der Mann, der körperlich größer ist als ich, kommt beinahe in Zeitlupe auf mich zu, und ich versuche standfest zu bleiben und nicht zu weichen. Ich möchte ja immerhin nicht als Weichling abgestempelt werden. Mit der Situation komme ich schon klar! Na ja.. Als unsere Gesichter nur noch einige Millimeter voneinander entfernt sind, breche ich vor lauter Panik in Schweiß aus, was er natürlich bemerkt. Sein Lächeln wird plötzlich sanfter, seine Augen fangen an zu leuchten. So schöne Augen.. Wie gebannt starre ich in die bernsteinfarbenen Augen, die meine Gesichtszüge anscheinend interessiert studieren. Ich mache es ihm einfach mal gleich und betrachte ihn. Diese Nähe macht mich trotzdem nervös. Als ich leicht zurücktreten will, macht er einen Schritt nach vorne, und erneut stehen wir dicht voreinander. Na ja, was soll’s! Mein Körper spielt verrückt, ebenso meine Gedanken. Ich stelle mir unerklärlicherweise vor, diese schönen Lippen zu küssen, einfach mal von ihnen zu nippen. Dabei blende ich die Tatsache aus, dass die Person vor mir gleichen Geschlechts ist. Nicht einmal im Traum hätte ich an so etwas gedacht! Bilde ich es mir ein, oder stiert er schon die ganze Zeit auf meine Lippen? Als ich bemerke, wie sein Gesicht tatsächlich noch näher rückt, finde ich mich mit dem Gedanken ab, dass ich gleich das erste Mal von einem Mann geküsst werde, als plötzlich die Musik für einige Sekunden aus dem Saal deutlicher in den Flur dringt. Oh, ein ungebetener Gast! “Was ist hier los?“, erschallt es, und als ich mich erschrocken herumdrehe, sehe ich tatsächlich einen breiten Türsteher hinter uns, was mich sofort blasser werden lässt. “Es ist alles in Ordnung!“, spricht die Schönheit vor mir sofort mit angenehm kribbelnder Stimme, um den Schrank dort hinten zu besänftigen – angenehm kribbelnd?! Was zum?! – woraufhin der breite Kerl mich erst misstrauisch beäugt, dann knapp nickt und mich trotzdem auffordert, den Flur zu verlassen, da ich mich hier nicht aufhalten darf. Ach, verdammt! ・ Ich habe so schnell wie möglich die Flucht ergriffen. Nachdem ich mir meinen Mantel geholt habe, habe ich mich aus dem Lokal begeben, und nun stehe ich hinter dem großen Gebäude in einer verdreckten Gasse und warte. Worauf ich warte? Das weiß ich selbst nicht so genau. Irgendwie habe ich die Hoffnung, dass gleich diese Schönheit aus der Hintertür tritt. Meist ist das doch in irgendwelchen Klischee-Filmen so, dass die Person, die man begehrt, plötzlich auftaucht. Und seit wann begehre ich eigentlich einen Mann?! Jetzt wo ich Zeit zum Überlegen habe, bekomme ich plötzlich Panik. Was, wenn ich die gesamte Zeit nur Pech bei den Frauen hatte, weil ich eben nicht auf Frauen stand? Aber ich stehe doch auf Frauen! Frauen sind toll, man kann mit ihnen so schön kuscheln, shoppen, reden und.. Oh, einen Augenblick mal.. Das klingt ja total schwul. Wieso hab ich denn nicht vorher schon etwas intensiver darüber nachgedacht?! Wie kann man auch so blöd sein? Ich hatte noch nie, wirklich noch nie Glück mit den Frauen gehabt, und erst jetzt fällt mir auf, wieso das so gewesen ist. Aber einsehen werd’ ich das nicht. Immerhin habe ich keinen Beweis, dass ich.. also, dass ich schwul bin. Ich wette, jeder normale Mann hat schon einmal den Gedanken gehabt, einen anderen Mann zu küssen. Nur aus reiner Neugier! Wobei das eben bei mir schon keine Neugier mehr gewesen ist.. Oh, verdammt. Meine Schultern immer weiter anziehend, da es verdammt kalt geworden ist, lehne ich noch immer an der dreckigen Hauswand, als ich plötzlich Schritte höre, die von der anderen Seite der Gasse kommen. Ich sehe eine Silhouette im Dunkeln, ganz offensichtlich ist das dort drüben ein Mann. Vom Körperbau her wirkt er schon etwas größer und stämmiger als ich. Ich selbst stehe im Schatten, während der andere sich genau vor die wenigen Stufen stellt, neben denen eine Laterne steht, damit man nicht im Dunkeln stolpert und sich das Genick bricht, wenn man aus der Hintertür herauskommt. Auch er scheint zu warten. Einige Minuten bleibt alles so wie es ist. Man hört Stimmengewirr, welches von der Hauptstraße zu mir herüberweht, und man hört den Wind, der durch die Seitengassen bläst. Plötzlich ertönt ein Quietschen und die massive Tür schwingt auf. Und ehe meine Augen richtig sehen und ich reagieren kann, höre ich ein lautes Aufatmen und gleichzeitig ein freudiges Grunzen. Dort steht er ja! “Was willst du schon wieder?!“ Als ich die Stimme vernehme, bekomme ich Gänsehaut. Er klingt ziemlich gereizt, aber irgendwie auch ängstlich. Das ist die Schönheit, keine Frage. Nur weiß ich noch immer nicht, wie er heißt. Ich kneife die Augen etwas weiter zusammen und kann schockiert beobachten, wie der Typ, den ich eben noch nicht erkannt habe, den anderen immer weiter gegen die Tür drängt und ihn dabei betatscht. Das ist doch der Typ, der sich beinahe auf die Bühne geworfen hat vor lauter Begeisterung! “Du weißt doch was ich will, Uruha..“, säuselt der Typ, und ich bekomme vor lauter Ekel Gänsehaut. So einer ist die Schönheit doch sicher nicht, oder? Habe ich mich etwa verschätzt, was ihn betrifft? Verunsichert stiere ich zu dem Geschehen rüber und überlege einzugreifen, als der Mann, der offensichtlich Uruha heißt, “Wie oft muss ich dir das noch sagen?! Ich bin Burlesque-Tänzer, kein Prostituierter! Wenn du Befriedigung brauchst, dann begib dich in die Lokale, die deinem Niveau entsprechen. Bei mir bist du verdammt noch mal falsch!“, ruft und den stämmigen Typen von sich wegzudrücken versucht. Doch schafft er das nicht, und als er diesmal brutal gegen die Tür geschupst wird und ich mit beobachte, wie der Typ ihm wirklich an die Wäsche geht, platzt mir sofort der Kragen, und ich rase aus meinem Versteck, um diesem Widerling von hinten auf den Nacken zu schlagen. Das war einfach eine spontane Reaktion von mir gewesen. Starr und auch über mich selbst erschrocken stiere ich zu dem Kerl runter, der vor meinen Füßen liegt und sich nicht regt. Der ist jetzt aber nicht tot, oder?! Ehe ich mich versehe, werde ich übereifrig an der Hand genommen und mit einem atemlosen, “Lauf!“, mitgezogen. Was habe ich da eben getan? So etwas passt doch nicht zu mir! Keuchend kommen wir beide einige Straßen weiter zum Stehen, und während ich mich zu sammeln und mein Handeln zu verstehen versuche, höre ich plötzlich ein zittriges Lachen, was irgendwie verzweifelt klingt. Verunsichert sehe ich auf, da ich mich bis eben noch auf meine Knie gestützt habe, und sehe, dass Uruha zittert. Es ist zwar dunkel um uns herum und auch die nächste Straßenlaterne ist einige Meter entfernt von uns, doch dieses kleine Detail erkenne ich tadellos. “Immer wieder dasselbe mit diesem Irren..“, haucht er und atmet sogleich lang gezogen und laut ein. Das ist also nicht das erste Mal passiert? Mit gehobenen Brauen frage ich, “Du weißt, dass er nach deinen Auftritten auf dich wartet, und gehst trotzdem zur Hintertür heraus?“, und bekomme sofort Antwort. “Er ist ziemlich kreativ, musst du wissen. Ich gehe geflissentlich verschiedene Wege und nehme immer wieder andere Ausgänge, aber komischerweise findet der mich jedes Mal“, kommt die bitter klingende Antwort. Oh, ein Stalker also. “Das geht schon seit einem halben Jahr so“, flüstert er weiter, doch verstummt er danach. Wir beide sagen nichts mehr. Er hängt anscheinend seinen Gedanken nach, und ich meinen. Wieso verspüre ich plötzlich den Drang, diese zerbrechliche Gestalt vor mir zu beschützen? Ist das normal? Ja, bin ich denn noch normal, um Gottes Willen?! Ohne es selbst zu steuern, gehe ich einfach auf den Größeren zu und nehme ihn in die Arme, was ihm ein verwundertes Aufatmen entlockt. Doch zu meinem Wunder spüre ich gleich danach die schwächlichen Arme, die sich um meinen Rücken legen. Wow.. fühlt sich an als würden wir das schon immer machen.. Groteske Situation, wie ich finde. Es ist drei Uhr in der Nacht, und ich stehe hier mit einem wildfremden Mann in einer Seitenstraße und umarme ihn. Wie seltsam kann das Leben eigentlich noch werden? “Danke“, flüstert er mir leise ins Ohr, was mir ein verdammtes Prickeln einflößt. Was zum Geier ist eigentlich mit mir los? Als ich mich darauf konzentriere, etwas zu erwidern und es gerade so klappt, lacht er leise und erwärmend, was mir die feinen Härchen auf den Armen zu Berge stehen lässt, und drückt mich leicht von sich. “Es ist schon sehr spät und ich bin ziemlich müde, was du sicher auch bist. Aber.. möchtest du vielleicht noch auf einen.. Kaffee zu mir kommen? Ich wohn’ gleich hier um die Ecke und-“ “Um diese Uhrzeit noch einen Kaffee?“, grinse ich plötzlich, kann mich einfach nicht zurückhalten. Mein nicht immer vorhandenes Selbstbewusstsein meldet sich gerade mit lauten Glockenschlägen. Ich sehe, er hat also Interesse an mir, haha! Bin ich gut oder was? Wäre es nicht so dunkel um uns herum. könnte ich jetzt seine roten Wangen und dieses bezaubernde Lächeln von ihm sehen. Mit gen Boden gesenktem Kopf und mit dem Fuß auf dem Boden scharrend nuschelt er beinahe wie ein kleiner Junge, der einen Tadel bekommen hat, “Na ja, ich dachte mir, dass du vielleicht noch etwas Warmes zu trinken willst, bevor du nach Hause gehst..“, und ich kann einfach nicht anders, als zu lächeln. Ich bin in diesem Moment unsagbar glücklich, und ich weiß nicht einmal wieso. Ich gehe mit ihm mit, und ich bin im Nachhinein ziemlich froh darüber, dass ich mich dazu entschieden habe, dieses ominöse Gebäude betreten zu haben. “Burlesque“ ist anscheinend mein Schicksal und zeitgleich meine Hilfe zur endgültigen Erkenntnis gewesen. Ich bin schwul, aber was soll’s. Uruha ist es auch! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)