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Gnädiges Gift

von

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Kooperation

„Das werden wir ja noch sehen. Ihr wisst nicht, mit wem ihr euch angelegt habt. Ich bin Shinichi Kudo, ein Detektiv.“

Die Worte halten in ihrem Kopf nach und doch wusste sie, dass es keine Hoffnung mehr gab. Ihr Leben war verwirkt und die Organisation traf alle notwendigen Entscheidungen. Sie würde ihnen nie entkommen und sie würden auch nicht zu lassen, dass ihnen ein Oberschüler wie Shinichi auf der Nase herum tanzte. Es war schlimm genug, dass sie mit Shuichi Akai und Jodie Starling in den Staaten ehemalige Mitglieder hatten, die ihnen auf den Fersen waren. Shiho schüttelte beinahe mitleidig den Kopf. „Es stimmt also was ich über dich gelesen habe…“

Der Detektiv wurde hellhörig und richtete sich vorsichtig auf. „Was hast du über mich gelesen?“, wollte er wissen. „Habt ihr mich ausspioniert?“

„Glaubst du tatsächlich, wir beobachten dich mehrere Monate ohne über deinen Hintergrund zu recherchieren?“ Sie schmunzelte. „Dein Name ist Shinichi Kudo, du bist 16 Jahre alt und besuchst die Teitan-Oberschule. Du hast am 4. Mai Geburtstag und vergisst ihn aber ständig, genau wie die Adresse deines Nachbarn. Aufgrund deiner Intelligenz wirst du in den Zeitungen oft mit Sherlock Holmes verglichen und trägst die Titel Detektiv des Ostens sowie Holmes der Neuzeit. Bei deinen Spielereien – Entschuldigung, ich meinte Ermittlungen – konzentrierst du dich auf jedes Detail und ein Standardsatz von dir, welcher oft zitiert wurde, ist: Es gibt immer nur eine Wahrheit und ich finde sie. Zudem bist du ein großer Sherlock Holmes Fan und dein Lieblingswerk ist das Buch Das Zeichen der Vier. Ich muss sagen, dass ich die Bibliothek in eurer Villa sehr beeindruckend fand. Was weiß ich noch über dich? Ach ja, du bist ein schlechter Sänger und triffst keinen Ton, besitzt aber das absolute Gehör. Deine Eltern sind die Schauspielerin Yukiko Kudo und der Kriminalbuchautor Yusaku Kudo. Du hast bereits in deiner Kindheit gern gerätselt und dich in Sachen eingemischt, die dich nichts angingen. Das Aussehen von Leichen macht dir nichts aus. Ich nehme an, weil dich dein Vater hin und wieder an Tatorte mitgenommen hat, als er selbst noch für die Polizei als Berater tätig war. Für einen Japaner sprichst du fließend Englisch, du kannst Geige spielen, magst Fußball und isst gerne Zitronenkuchen. Deine Lieblingsfarbe ist rot und wenn du nicht gerade in der Schule oder an einem Tatort bist, liest du gerne oder triffst dich mit deiner Kindheitsfreundin Ran. Wenn du in einer anderen Stadt bist, mischt du dich ebenfalls in Fälle ein, die dich nichts angehen. Es scheint, als würdest du von der Polizei oder anderen Detektiven – selbst wenn sie in deinem Alter sind – nichts halten. Du kannst es einfach nicht lassen und steckst deine Nase überall rein. Am Abend als du das Gift verabreicht bekommen hast, warst du mit deiner Freundin im Tropical Land und bist vorher Achterbahn gefahren. Dort kam es zu einem Unglück, welches du aufklären konntest. Dabei sind dir Gin und Wodka aufgefallen, denen du hinterher schnüffeln musstest. Du warst so vertieft in das Geschehen, dass du dich nur auf eine Person konzentrierst hast. Man könnte auch meinen, dass du dir deiner Sache zu sicher warst. Na, wie mach ich mich bisher? Soll ich dir noch genaueres über die Villa erzählen oder mit deiner Freundin weiter machen?“

Shinichi schluckte. „Ihr habt…“

„Ja, wir haben dein komplettes Leben auf den Kopf gestellt und uns alle Informationen besorgt die wir brauchten um zu verstehen, warum diese Nebenwirkung bei dir auftrat. Dafür waren wir mehrmals bei dir zu Hause, aber keine Angst, deine Eltern waren nie da. Nur einmal hätten wir fast deine Freundin Ran getroffen, aber sie ahnt weiterhin nichts. Selbstverständlich mussten wir auch das Leben derer, die dir Nahe stehen durchleuchten. Aber mach dir keine Sorgen, ihnen allen geht es gut. Und das bleibt auch solange wie du mit uns kooperierst.“

„Und wenn ich das nicht tue? Du hast selbst gesagt, ich sei überheblich.“

„Das stimmt“, fing sie an. Aber ich glaube nicht, dass du deine Liebsten deswegen in Gefahr bringst. Und ich denke auch nicht, dass ich dir erklären muss, was passiert, wenn du nicht mit uns kooperierst“, fügte sie hinzu.

„Wenn ich kooperiere sind dann meine Familie und meine Freunde in Sicherheit?“, wollte der Detektiv wissen.

„Sofern sie nichts machen, was unsere Aufmerksamkeit erregt und du tatsächlich kooperierst und uns nicht nur hinhältst, selbstverständlich.“

Das sie intelligent war, hatte er nie in Frage gestellt. Dass sie ihn aber durchschaut hatte, stellte die Situation auf eine harte Probe. Würde sie ihn verraten und der Organisation ausliefern oder würde sie mitspielen und hoffen, dass er genug Zeit schinden konnte. Aber wie sollte er jemanden wie Gin gegenüber treten? Immerhin wusste er, dass der schwarz gekleidete Mann keine Gnade zeigen würde. „Gut…das reicht mir“, antwortete er, um keinen Zweifel aufkommen zu lassen.

„Ich hatte nicht gedacht, dass ich dich so schnell zur Kooperation bewegen kann, nachdem du vorhin so große Töne gespuckt hast“, gab Shiho von sich.

„Du tust so als hätte ich eine Wahl gehabt. Wenn ich nicht mit euch kooperiere, tut ihr meiner Familie oder meinen Freunden etwas an. Und wenn ihr diese erledigt habt, werde ich der Nächste sein…außer ihr lasst mich am Leben, um leiden zu sehen. Daher bleibt meine einzige Möglichkeit euch das zu geben, was ihr wollt. Auch wenn ich weiß, dass es für mein eigenes Leben nichts bringen wird, darf ich Andere nicht in Gefahr bringen. Wenn ihr eure Informationen erhalten habt und diese nachstellen konntet, ist mein Leben eh wertlos.“

Shiho musterte ihn. Gab er gerade tatsächlich auf oder war es einfach nur seine Taktik? Selbst wenn, würde sie ihm nichts bringen. Dennoch würde sie so tun, als wäre sie auf seiner Seite – eine Art Freundschaft oder zumindest Verbundenheit knüpfen, um an die Informationen heran zu kommen, die sie brauchte. Und das möglichst schnell und ohne weitere Komplikationen. „Ich kann dir nicht sagen, was mit dir passieren wird, wenn wir alle Informationen von dir haben um die Nebenwirkungen auszuschließen“, entgegnete Shiho.

„Wie kannst du nur so gefühlslos sein?“

Shiho zuckte mit den Schultern. „Das nennt man wohl Überleben.“

„Man kann es auch Angst nennen.“

Shiho verengte die Augen. „Glaub doch was du willst, am Ende spielt es keine Rolle mehr.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Wechseln wir das Thema. Du hast eben gesagt, dass du dich an einiges erinnerst, was ich dir vorgelesen habe.“

Shinichi nickte. Doch so schnell würde er ihr nicht alles erzählen, was sie brauchte. Der Oberschüler hatte den Zweifel in ihren Augen und das Beben ihrer Nasenflügel gesehen. Ein gutes Zeichen dafür, dass sie entweder unsicher, besorgt oder verängstigt war. Shinichi wurde klar, dass sie unter Druck gesetzt wurde und daher für die Organisation tätig sein musste. Möglicherweise war sie sogar in ihrem tiefsten Inneren mit ihrem Vorgehen nicht einverstanden, hatte aber keine andere Wahl. Irgendwann würde sie ihm bestimmt helfen, er musste nur den richtigen Zeitpunkt abpassen. Und bis es soweit war, würde er so tun als wollte er der Organisation helfen. In Wahrheit aber suchte er die ganze Zeit schon einen Ausweg und hatte sein Zimmer ausgiebig erkundet.

Shiho zog einen Stuhl zu sich heran und setzte sich. „Das ist wirklich erstaunlich. Ich wusste zwar, dass das Gehirn auch noch im Koma aktiv bleibt, aber dass man sich danach an alles erinnert, was im Raum besprochen wurde, ist sehr erstaunlich. Möglicherweise gehört dies auch zur Nebenwirkung.“

„Mhm…“, murmelte Shinichi nachdenklich. „Jetzt wo du das sagst…ich glaube, ich habe viel geträumt.“

„In wie fern?“

„Nachdem ich im Tropical Land niedergeschlagen wurde, hat mir der Mann, den du Gin genannt hast, dieses Gift verabreicht. Mein Körper brannte wie Feuer und ich wurde bewusstlos. Aber irgendwas ging in meinem Kopf vor. Es war alles komplett schwarz und als ich meine Augen öffnete, war ich ein kleiner Junge. Mich hat niemand erkannt und so bin ich anschließend zu mir nach Hause gelaufen. Danach habe ich mit Hilfe verschiedener Erfindungen vom Professor mehrere Fälle gelöst. Ein wenig später ist ein kleines Mädchen aufgetaucht. Sie brauchte meine Hilfe und erzählte, dass es dieses APTX 4869 entwickelt hatte und sich selbst verabreichte“, erzählte Shinichi ruhig.

„Warum sollte ich so etwas tun?“

„Das Mädchen hatte erzählt, dass ihre Schwester getötet wurde und sie unter den Umständen nicht mehr für die Organisation tätig sein wollte. Nachdem sie eingesperrt wurde, nutzte sie die Pille um sich umzubringen, allerdings wurde sie stattdessen nur jünger.“

„Mit Schrumpfen als Nebenwirkung hätte ich noch gerechnet“, murmelte Shiho. „Während du hier geschlafen hast, habe ich bestimmt das ein oder andere Mal davon gesprochen. Nicht zu vergessen, dass ich dir aus dem Buch vorgelesen habe. Möglicherweise hat sich die Geschichte bei dir anders manifestiert, damit du mit den Ereignissen klar kommst und sie besser verarbeitest.“

„Als ob Schrumpfen einen Mordversuch und eine Entführung besser aussehen lässt…“ Shinichi seufzte. „Aber es stimmt was in dem Buch steht, nicht wahr? Kennst du die Person, die es geschrieben hat? Hat sie auch für euch gearbeitet?“

„Dazu kann ich dir nichts sagen“, antwortete Shiho. „Es ist besser, wenn du das Buch vergisst…schlimm genug, dass dort ein Teil über die Organisation steht und sich keiner deswegen Sorgen zu machen scheint.“

Shinichi beobachtete sie. „Das heißt, die Person die es geschrieben hat, gehört nicht mehr zu euch.“

„Wie kommst du darauf?“

„Wäre es anders, hättest du mir sicher erzählt, dass ihr die Geschichte fingiert habt…vielleicht um an Geld zu kommen. Aber du erzählst nichts darüber. Das heißt, dass du die Person auch kennst oder deine Schwester und du hast Angst, dass ihr dadurch in Gefahr geratet.“

„Lass meine Schwester aus dem Spiel“, zischte Shiho.

„Ist sie der Hauptcharakter?“, wollte Shinichi wissen. „Hat sie sich auf einen FBI Agenten eingelassen? Könnte sie damit nicht…“

„Sie ist es nicht“, murmelte Shiho. Wahrscheinlich wäre ihre Schwester gern die Person im Buch gewesen, aber sie hatte keine Chance gegen das bestimmte Leben in der Organisation. „Meine Schwester spielt weder im Buch mit, noch hat sie es geschrieben.“

„Oh.“

„Und der FBI Agent wird uns nicht helfen. Das wäre sein Todesurteil…“

Shinichi sah sie fragend an. „Es gab also tatsächlich einen Spitzel bei euch?“

Die junge Wissenschaftlerin nickte seufzend. Kam es ihr nur so oder wurde gerade sie befragt? „Er wird seit Jahren gejagt und konnte bisher jedem Anschlag auf sein Leben entgehen. Würde er sich aus den Mitgliedern was machen, hätte er vielleicht schon längst versucht einige zu retten. Aber das Leben ist nun einmal hart…es kommt kein Retter auf weißem Ross daher und zerschlägt die Organisation.“

„Das kannst du doch nicht ernst meinen“, gab Shinichi von sich. „Willst du deiner Schwester nicht auch ein normales Leben ermöglichen? Das geht, glaub mir.“

Shiho verdrehte die Augen. „Ich hab schon gelesen, dass du relativ überheblich bist. Dann sag mir doch mal, was du machen willst, wenn du hier raus gekommen bist? Willst du jemanden in die Sache mit rein ziehen? Zum Beispiel deinen Freund den Professor? Deine Eltern? Ran? Rans Eltern? Hattori? Oder gehst du zu einem deiner Klassenkameraden?“

„Hattori? Warum sollte ich zu Hattori gehen?“

„Deine Schulfreundin hat sich Sorgen gemacht als du einfach so abgetaucht bist, um dich zu erholen. Weil sie dich nicht kontaktieren konnte, ihr Vater mal wieder Mist gebaut hat, hat sie Hattori mit der Suche beauftragt.“

Shinichi schluckte. „Hattori ist wie ich ein Schülerdetektiv. Habt ihr ihn…“

„Nein, wir haben ihm nichts angetan“, antwortete Shiho. „Zumindest weiß ich nichts davon. Aber wir können keinen zweiten Schnüffler gebrauchen. Du wirst dich hier also noch eine ganze Weile aufhalten.“

„Wir könnten meinen Tod vortäuschen.“

Shiho schüttelte den Kopf. „Du kannst es nicht sein lassen. Die Organisation hat Mittel und Wege um zu Überprüfen, ob dein Tod real war oder nicht. Sie kennen alle Tricks, sie werden dich finden und nicht zögern dich und all die, die du liebst zu töten.“

„Warum stellst du dich so quer?“, wollte der Schüler wissen. „Ich hab es doch herausgehört, du hasst die Organisation, du willst ihr entkommen. Warum hilfst du mir dann nicht? Deine Schwester bringen wir auch in Sicherheit.“

„Finde dich mit deinem Schicksal ab, Kudo, ansonsten wirst du es die nächste Zeit hier schwer haben.“

„Niemals!“

Shiho war überrascht über seine Energie. Und doch wusste sie, dass es nichts brachte. Die Organisation würde ihn einfach so entkommen lassen. „Du bist ja verrückt.“

„Mag sein“, fing Shinichi an. „Aber nur so komm ich hier raus.“



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