Fragments von Ixana (Fragmente der Vergangenheit) ================================================================================ Stand up straight ----------------- Bilder längst vergangener Tage von einem jungen, schmächtigen Burschen im Turkanzug, der wieder einmal im Büro des 'Bosses' stand, sich verstohlen und in leicht gebeugter Haltung umschaute... Er mochte vielleicht dreizehn Jahre alt sein, die schwarzen Haare hingen ihm teilweise verfranst ins Gesicht, verdeckten das Bindi auf der Stirn und ließen einen genauen Blick in die dunklen, mandelförmigen augen nur selten zu, auch wenn man ihn anders gedrillt hatte. Aufrecht dastehen, Gesicht gerade, Schultern zurück. All das vermisste man hier...und ein gewisser Turkchef war überhaupt nicht erbaut davon, wie der junge Wutainese gerade vor ihm stand. „Schläfst du etwa noch? Wach auf, Kiddo! Haltung, das hier ist nicht die verdammte Gosse!“ Die Stimme Verdots direkt vor ihm klang wie ein Peitschenhieb nach, die schallende Ohrfeige ebenso. Der Departmentleiter, der diesen Wutai-Jungen aus der Gosse gezogen hatte, war hart und unerbittlich mit dem Burschen, was seine Ausbildung anging. Und auch dieses Mal gehorchte Tseng aufs Wort, war auf Kommando hellwach und stand kerzengerade da, die schmächtigen Arme hinter dem Rücken verschränkt, das Gesicht geradeaus gerichtet. Er wagte nicht einmal, seine Augen zu bewegen, starrte nur nach vorne. Der Alte würde es sofort sehen, merken. Und ihm wieder einbläuen, dass er stillzuhalten hatte, wenn der Chef sprach. „Also, wo waren wir? Du hast wieder einmal Scheiße gebaut, Tseng. Das geht so nicht, lerne es endlich!“ Ja, richtig. Er, der Wutai-Boy, hatte einen der älteren Turks durch sein dickköpfiges Handeln fahrlässig in Gefahr gebracht, sie beinahe beide in ihr vorzeitiges Ende manövriert. Dass Verdot es mitbekommen würde, sobald er den Bericht vorliegen hatte, sollte klar sein. „Jawoll...Sir.“ Der schmächtige Junge im Anzug blieb ruhig stehen, doch etwas schien dem alten Turkchef schon wieder nicht zu passen, denn er schnappte sich Tseng am Kragen, starrte in die dunklen Augen. „Und sprich anständig, wenn ich mit dir rede. Gewöhne dir endlich diesen Wutai-Dialekt ab, oder...“ Don't disagree with your superior --------------------------------- „Du bist immer noch zu weich, Kiddo.“ Verdot sah auf den Wutai-Burschen neben sich hinunter, auf das was aus ihm geworden war. Mittlerweile sah das Kind...der Teenager nicht mehr aus, als wäre es frisch der Gosse entstiegen. Die länger werdenden schwarzen Haare waren zu einem akkuraten Zopf gebunden, der Anzug saß perfekt. Die Haltung war einwandfrei. Dennoch schaffte es der Alte, mit dieser simplen Aussage etwas auszulösen, das Tseng zutiefst irritierte...und eine weitere 'Lehrstunde' einläutete. Eine von vielen, die der 'Wutai-Boy' längst verinnerlich hatte – wie zum Beispiel, seine Sprache an den hiesigen Dialekt anzupassen. „Wie meinen Sie, Sir? Ich bin nicht weich.“ Keine Spur von Verunsicherung war herauszuhören, kein Einschlag irgendeines Dialekts als dem aus Midgar. „Falsche Antwort.“ konstatierte der alte Turk kalt, ohne seinen Schüler anzusehen. „Was habe ich dir beigebracht? Keine Einwände oder Widersprüche gegenüber einem Vorgesetzten. Müssen wir das noch einmal wiederholen?“ „Nein, Sir. Ich habe verstanden und werde an mir arbeiten.“ Rosalinde - Introduction ------------------------ Die junge Frau, die dem Wutainesen gegenüberstand...sie wirkte ganz anders als die meisten weiblichen Mitglieder des Departments. Ernster, konzentrierter. Vielleicht lag es auch an den blauen Augen, die ihn unverwandt anstarrten, genau zu deuten vermochte Tseng es nicht. Ein nicht deutbarer Blick aus den grauen Augen taxierte nun auch seinen Mentor, der einfach nur neben den beiden stand und mit ernster Miene nickte. „Tseng, das ist Rosalinde. Ihr werdet ab heute zusammenarbeiten.“ Der Blick ging wieder zurück zu der Blondine mit dem Kurzhaarschnitt, ließ ihr ein neutrales Nicken zuteil werden. „Erfreut.“ Ein Handschlag wurde mit dieser Höflichkeitsfloskel ausgetauscht, doch viel Zeit blieb nicht. Verdot funkte erneut dazwischen, denn es gab ja immer noch Arbeit zu erledigen. „Also dann... Ihr kennt euren Auftrag, ab mit euch nach Junon.“ Tseng zog seine Krawatte zurecht und verließ gefolgt von Rosalinde das Büro des Turkchefs. Junon...die militärisch geprägte Hafenstadt. Eigentlich kein Pflaster auf dem der Turk sich gern bewegte, doch er beklagte sich nicht. Die Blondine, die nun neben ihm ging auch nicht. Im Gegenteil, sie versprühte einen Eifer und gleichzeitig eine Ernsthaftigkeit, die ihresgleichen suchte. Rosalinde - Orders are absolute ------------------------------- „Muss das sein?“ fragte die kühle Blondine ihren Partner. Es waren gut und gerne ein paar Monate ins Land gegangen, seit die beiden begonnen hatten, zusammen zu arbeiten. Hier und heute aber schien es so, als würde Rosalinde dem 'Wutai-Boy' gleich ins Gesicht springen für das, was er hier von ihr verlangte. Sie sollte sich als Nutte ausgeben...SIE! Das war wohl nicht Verdots Ernst, als er die beiden in die Slums von Sektor 5 geschickt hatte. Unter der Platte, wo allenfalls diffuses Dämmerlicht und Straßenbeleuchtung dafür sorgten, dass man etwas sehen konnte... Ausgerechnet hier, wo ohnehin schon jeder seinen Körper für Geld verkaufte. „Muss es. Ich weiß nicht, was du hast. Oder möchtest du lieber mit Cissnei tauschen?“ Die Stimme des Schwarzhaarigen, des perfekt dressierten Turks ihr gegenüber, klang so neutral, als würde er über das Wetter reden, während er sie musterte. Ein knappes, figurbetontes rotes Kleid mit tiefem Ausschnitt, eine Jacke mit Pelzkragen, Lederstiefel mit Absätzen, keine Waffe...das war fast eine Demütigung, eine Beleidigung für ihren Job. Doch es musste wohl oder übel sein. „Eindeutig, beim nächsten Mal frage ich Cissnei.“ Offenbar hatte der Wutainese seine Begutachtung beendet...und das Urteil war ziemlich vernichtend – auch wenn sich der Tonfall Tsengs nicht wirklich geändert hatte. Nicht ein Mü. Eine Augenbraue der sonst so beherrschten, vorbildlichen Blondine zuckte gefährlich. „Cissnei ist ein verfluchtes Balg, Tseng.“ kam es betont ruhig von Rosalinde. Es war keine gute Idee, jetzt zu streiten, dieser komische Kauz würde sich eh nicht reizen lassen. „Und weiter? Das spielt hier kaum eine Rolle.“ Der Blick, mit dem der Turk sie bei seinen Worten taxierte, ließ aufgrund der Ausdruckslosigkeit alle möglichen und unmöglichen Interpretationen zu. Auf eine gewisse Art und Weise schien er fragen zu wollen, ob sie tatsächlich widersprechen, sich der Order widersetzen wollte. Doch das würde sie in hundert Jahren nicht wagen, kannte sie doch die Konsequenz dessen. „...ich gebe auf. Lass uns arbeiten.“ Aeris - Rejection ----------------- Es hätte so ein schöner Tag werden können. So ein schöner, freier Tag im Gold Saucer. Eine schöne, lange Fahrt auf dem Riesenrad, nur sie und er. Und dann hätte Tseng ihr endlich alles gestehen können, was sich die letzten Monate aufgestaut hatte. Seine Gefühle, was er für Aeris empfand. Konnte man das schon als Verliebtheit bezeichnen? Der Turk würde es wohl niemals herausfinden, denn sie war zu diesem SOLDIER in den Transporter gestiegen – für Fahrstunden wie Zack Fair es nannte. Der selbe Zack Fair, mit dem er eigentlich so etwas wie befreundet zu sein glaubte, schnappte ihm eine der wenigen Gelegenheiten vor der Nase weg, ein normaler Mensch zu sein, und sei es nur für einen verfluchten Tag seiner Existenz. Die saloppe Entschuldigung der Brünetten, ihre Aussage von wegen Tseng müsse doch jemand anderen fragen, ob man ihn begleiten wollte... Ihre Worte fühlten sich an wie Messerstiche, selbst als sie mit Fair davonbrauste und ihn stehenließ, tat es weh. Die Tickets waren zerknittert, kaum dass er die Hände zu Fäusten ballte. Segelten dann achtlos in den Dreck, wurden von seinen Schuhen zertreten. Es war der Versuch, ein normaler Mensch zu sein, aus dem Käfig in den Verdot ihn gesteckt hatte, für diesen einen Tag auszubrechen. Ein missglückter Versuch, und der letzte, als er die Enttäuschung über die Zurückweisung der Cetra herunterschluckte, seine Krawatte zurechtrückte. „Danke für diese Erkenntnis, Aeris.“ Mit diesen heiser geflüsterten Worten wandte der Wutainese sich ab, trat den Weg zurück zum Tower an, um sich in Arbeit zu vergraben und sich Rosalindes ewige Tadelei anzuhören, wenn er wieder einmal einen seiner seltenen Fehler machte. Rosalinde - Idiocy ------------------ „Hier steckst du.“ Das gemeinsame Büro von Tseng und Rosalinde war an diesem Abend nur spärlich erleuchtet, lediglich die Schreibtischlampe brannte – vom Tisch abgewandt, die Jalousie des einzigen Fensters war heruntergelassen. Das Licht der Lampe warf verzerrte Schatten von Akten und Stiften an die kahle Wand. Hier drin gab es nichts Persönliches. Sie brauchten so etwas nicht. Doch als keine Antwort kam, trat Rosalinde noch ein Stück näher, um über den aufgeklappten Laptop sehen zu können. Ihr Partner war ja aufgrund seiner Herkunft schon nicht der Größte des Departments, doch ihn so vorzufinden – offenbar schlafend – war etwas mit Seltenheitswert. Die Arme auf dem Tisch verschränkt, den Kopf darauf gelegt...und es deutete nichts auf eine Falle hin. Kein unerwarteter Test. „Tseng...“ Die blonde Turk marschierte um die zusammengeschobenen Schreibtische herum, sah prüfend auf den Wutainesen herunter. Erst jetzt fiel Rosalinde auf, dass er im Schneidersitz auf dem Stuhl saß, die Schuhe akkurat unter den Tisch gestellt waren. Ein kurzer Blick auf den Laptop offenbarte den fertigen Bericht des letzten Auftrages, neben sich hatte der Turk einen Rotstift und einen Stapel Akten liegen. „Geh nachhause und schlaf dort, Verdot hat uns für morgen nach Modeoheim geschickt. Sonderflug für ein paar SOLDIER.“ Keine Reaktion...was hatte sie sich hier eigentlich erhofft? Der wutainesische Turk war ein dressiertes, konditioniertes Hündchen, das nur auf Befehle reagierte und wenn er unbedingt hier schlafen wollte, so war das alleine sein Problem. Stumm seufzend ging die Blondine zu einem Schrank, zog eine Decke daraus hervor. „Idiot. Bis morgen früh“, war ihr einziger Kommentar, als sie die Decke über den Schwarzhaarigen legte, das Licht löschte und den Raum verließ. Rosalinde - Coffee and catnip ----------------------------- „Was?“, fauchte eine gewisse Blondine dezent gereizt. Es war wieder einmal diese besondere Zeit einmal im Monat, da jede Frau hormonellen Schwankungen unterlag. Dass jedoch ausgerechnet Rosalinde mit einer Wärmflasche im Chocobo-Design auf dem Bauch dasaß...nun, das war schon erstaunlich. Sonst war sie auch nicht so, doch heute war Rosie besonders launisch, schien es. Tseng verstand diese Frauenprobleme ohnehin nicht, und wollte sich damit auch nicht weiter auseinandersetzen – eigentlich. Wäre da nicht die Tatsache, dass die Blondine und er Partner waren. „Nichts. Ich habe dir nur deine Arbeit hingelegt.“ Der Wutainese wirkte so abgeklärt, neutral und unbeteiligt wie üblich und gerade in diesem Zustand wollte Rosalinde eigentlich gerade diesen Eisklotz nicht um sich haben, es trieb sie beinahe in den Wahnsinn – aus vielerlei Gründen, die garantiert nur etwas mit ihren Hormonschwankungen zu tun hatten. Wer bei Ifrits Eiern hatte die Periode der Frau überhaupt zu verantworten? Es war jeden Monat der gleiche Scheiß, konnte man das nicht abstellen? „Gut, verkriech dich wieder hinter deinen dummen Laptop und lass mich zufrieden.“ Wieder wurde der Wutainese angefaucht, sodass Tseng sich für einen Moment wohl fragte, ob er vielleicht Katzenminze besorgen sollte, statt einer Tasse Kaffee für die Blondine. Die im Übrigen gerade wieder die Wärmflasche hochzog und sich dann eine der Akten griff, die ihr Partner ihr hingelegt hatte. Schreibtischarbeit, eine lästige Aufgabe, aber auch das gehörte dazu. „Nachdem ich meinen Kaffee geholt habe“, antwortete Tseng nüchtern, wandte sich ab und war daraufhin aus dem gemeinsamen Büro verschwunden, um den eben angesprochenen Kaffee zu holen. ~Und Katzenminze. Definitiv.~ Reno & Rosalinde - Listening in ------------------------------- Er hörte sie reden. Auf dem Flur. Konnte man das nicht auch in die Kaffeeküche verlegen? Es war wirklich extrem störend, wenn man sich konzentrieren musste. Natürlich, er hätte auch aufstehen und die Tür schließen können, aber das war gerade keine gute Idee, nicht wenn das angesprochene Thema ihn selbst betraf. Tseng hatte hier eigentlich Arbeit zu erledigen und Reno scheinbar, wie üblich, nichts besseres zu tun, als sich vor eben jener Arbeit zu drücken. Da half es auch nichts, wenn Verdot sich den Chaosturk zur Brust nahm. Der Rotschopf hatte seinen eigenen Kopf, seine eigenen Regeln nach denen er sich hier einfügte. Der Wutainese versuchte weiterhin erfolglos, das Gespräch auszublenden. „Is' nich wahr...erzähl mehr, Rosie.“ „Er hat sich angeblich einen Tag frei genommen und Tickets gekauft...wofür, keine Ahnung. Ist dann aber stattdessen hier aufgekreuzt und hat den ganzen Tag kein Wort mehr gesprochen. Selbst Schuld, er hätte sich mehr auf seinen Job konzentrieren sollen, statt der Illusion von Normalität nachzujagen.“ Die Worte der kühlen Blondine klangen kalt, hart, unnachgiebig...und eine Spur höhnisch nach. Fast so als wäre sie froh darüber, dass es so gelaufen war. War sie das? Schwer zu sagen. Es war doch auch egal, nicht? Normalität war als Turk etwas, das man nie haben würde. Das war ein verdammtes Naturgesetz. „Ey, sei nich' so! Biste neidisch oda was?“, brauste Reno vor der Tür auf. Doch Rosie hatte Recht, dachte Tseng bei sich, während der Stift in seiner Hand unter zu großem Druck entzweibrach, ohne dass er es realisierte. Etwas abwesend griff er nach einem neuen, fing an den ersten Fehler zu markieren. Dann den nächsten. „Neidisch?“, sprach Rosalinde feixend. „Mach dich nicht lächerlich, Karotte.“ „Nenn mich nich so verflucht nochma! 'ch hab 'n Namn! Un' sei nich son Arsch verflucht, Tseng hat au Gefühle!“, gab Reno erbost zurück, rutschte dabei immer tiefer in den SubPlate-Dialekt ab. „Er hat keine, Karotte. Das ist allgemein bekannt. Er ist Turk durch und durch, und jetzt lass mich in Ruhe, ich habe schon wieder genug Zeit mit dir vergeudet.“ Der frostige Tonfall der Blondine...ja, sie hatte Recht. Aeris' Zurückweisung hatte das nur wieder einmal bestätigt, was längst alle wussten. Und es war gut so, dachte Tseng bei sich, als er Rosalindes Gestalt erblickte, die schnaubend das Büro betrat und die Tür zuknallte. „Ignoriere Reno einfach“, gab der Schwarzhaarige nüchtern von sich und widmete sich wieder dem Bericht eben jenes Chaosturks, den er zur Korrektur bekommen hatte. Der nächste Fehler wurde angestrichen und korrigiert daneben geschrieben. Routine. Reno würde es nie lernen, er machte immer wieder die gleichen Fehler. Die Blondine indes hielt einen Moment inne...hatte ihr Partner etwa zugehört? Nein, unwahrscheinlich...oder? „Gar nicht so leicht, aber ich versuche es. Er ist nur leider meist nicht zu überhören.“ Painful reminder ---------------- „Tseng, in mein Büro!“, donnerte es spätabends über den Flur des Departments, in dem ansonsten nur arbeitsames Schweigen herrschte. Die meisten anderen Turks waren entweder erst zur Frühschicht wieder anwesend oder auswärts unterwegs. Rosalinde blickte von ihrer Akte auf, hob eine Augenbraue. „Verdot klingt sauer, was hast du angestellt?“, fragte sie ihren wutainesischen Partner, der sogleich aufgestanden war, um sich auf den Weg zu machen. Doch der Schwarzhaarige schüttelte nur den Kopf, zog die angelehnte Tür auf. „Ich habe nichts angestellt“, lautete die nüchterne Antwort. Dass das nicht ganz stimmte, musste Rosalinde ja nicht wissen. Es hatte, so Tsengs logische Überlegung, sicher mit der Aeris-Sache zu tun. Den Fauxpas den er sich da erlaubt hatte: Gefühle ins Spiel bringen. Ob der Alte den Flurfunk zwischen Reno und Rosie mitbekommen hatte? Sicher hatte er das. Todsicher. Also machte Tseng, dass er der Aufforderung nachkam, und suchte das Büro seines Mentors auf. „Türe zu. Abschließen.“ Es war dieser Tonfall, der den jungen Mann dazu brachte, einfach nur stumm dem zu gehorchen was der alte Turk anschaffte, der dort mit hinter dem Rücken verschränkten Armen nahe eines Schrankes herumstand. Der Blick des Älteren schien sich in Tseng zu bohren. Dem 'Boss' widersprach man nicht, das hatte der Wutainese auf die harte Tour gelernt. Wann hatte er diesen Tonfall eigentlich zuletzt gehört? Spielte das überhaupt eine Rolle? Nein. Die grauen, mandelförmigen Augen suchten Verdots Gegenstücke, die heute...überraschenderweise anders wirkten als sonst. Wütend. Das konnte nicht gut sein, doch er musste gehorchen. Alleine der Tonfall zwang ihn schon dazu. Die Konditionierung griff. Die Konsequenz, welche bei Ungehorsam drohte, war wesentlich schlimmer. „Vor meinen Schreibtisch. Anzug aus.“ Der junge Mann tat, wie geheißen. Mit fast schon neurotisch anmutender Akkuratheit öffnete er das Jackett, streifte es von den Schultern und legte das gute Stück sauber gefaltet neben sich auf den Linoleumboden. Die schlanken Finger lockerten die Krawatte, sie folgte mit der gleichen Präzision als nächstes, danach das Hemd und zum Schluss die schwarzen Hosen samt Gürtel. Die Schuhe wurden ebenso von den Füßen gestreift und ordentlich auf die andere Seite gestellt, die weißen Socken abgestreift. Allein die kühle Atmosphäre in diesem großen Raum schickte Tseng einen Schauer über den Rücken. Mit hinter dem Rücken verschränkten Armen blieb der Turk schließlich, nur noch mit schwarzen Boxershorts bekleidet, in gerader Haltung stehen, hob fragend eine Augenbraue und wunderte sich, wo sein Mentor genau stand. Vor ihm jedenfalls nicht mehr. „Sir?“ Es dauerte keine zehn Sekunden, da spürte er bereits einen nicht unbedingt laschen Schlag auf den linken Oberarm, wagte es jedoch weder zu zucken, noch einen Laut von sich zu geben oder den Blick in diese Richtung zu wenden. Er benutzte wieder einmal die Reitgerte, um ihn zu züchtigen. Fast hätte der Wutainese gelacht, wenn er jemand anderes gewesen wäre. „Was habe ich dir über Aufträge erklärt, Tseng? Anscheinend hast du das vergessen.“ Ein weiterer Schlag mit der ledernen Gerte von der linken Seite, dieses Mal auf den Oberschenkel – und kräftiger als der vorige. Als der Schwarzhaarige nicht sofort antwortete, folgten etliche weitere Schläge gegen Oberkörper, Arme und Beine. Jeder kraftvoller als der vorige, mit mehr Nachdruck. Als wollte man eine Antwort aus ihm herausprügeln. Und der junge Mann wagte nicht einmal zu zucken oder einen anderen Laut von sich zu geben als die Antwort, die man offenbar von ihm erwartete zu hören. „Der Auftrag hat oberste Priorität. Befehle sind zu befolgen, Objektivität ist zu wahren, Emotionen sind zurückzustellen“, gab er schließlich nüchtern und abgeklärt wirkend von sich. Ohne einen Funken Trotz oder sonstige Emotionen in die Stimme zu legen. Die grauen Augen waren weiter starr geradeaus gerichtet, selbst als der Turkchef direkt neben ihm zum Stehen kam. „Dann erkläre mir den Grund für deinen Regelbruch“, forderte Verdot kalt, ließ die Gerte unnachgiebig gegen Tsengs Oberkörper knallen. „Sofort.“ „Ich bin dem Irrglauben anheimgefallen, verliebt zu sein, Sir. Doch das ist vorbei, ich weiß es nun besser“, kam die prompte Antwort des jungen Mannes...Turks. Danach schien es wohl vorbei zu sein, denn er durfte sich wieder ankleiden und gehen. Kein Wort wurde darüber verloren, was in den Räumlichkeiten des Alten passiert war. Tseng hatte seine Lektion schon viel früher gelernt, als Aeris mit Fair davongebraust war. Das hier war nur eine Erinnerung an die Regeln. Eine Erinnerung an das, was er war: Turk, nichts sonst. Dahlia - Beginning of the end ----------------------------- „Urlaub? Zu so einer Zeit? Sie belieben zu scherzen, Sir.“ Dahlia war für ihren Arbeitseifer innerhalb des Departments bekannt, aber auch ihren Hang zu depressiven Verstimmungen, die sie jedoch mit den Jahren gelernt hatte zu überspielen. Daher wunderte sie sich auch über die Anordnung eines gewissen Wutainesen, sich ein paar Tage Urlaub zu nehmen. Was die Messerkämpferin nicht ahnte, war die Tatsache, dass sie die erste sein würde, die es 'erwischte'. Die erste von vielen, die würden 'gehen' müssen. Und die erste, für die sich der junge Mann nichts anderes einfallen lassen konnte, als sie nach Feierabend zu sich in seine neues Büro zu zitieren, um sie die nächsten paar Tage aus dem Gebäude zu schicken. Doch das stellte sich als nicht ganz so einfach heraus. „Ich scherze nicht. Nehme dir ein paar Tage frei, Dahlia, wir kommen hier gut zurecht. Cissnei und Rosalinde werden deine Arbeiten mit übernehmen.“ „Tseng, Sir, ich-“ „Dahlia“, wiederholte der Angesproche eindringlich, die Hände ruhig auf dem Tisch liegend, ineinenader gefaltet. Die Anordnung auf drei Tage Urlaub hatte er der Schwarzhaarigen bereits zugeschoben, sie trug seine Signatur und einen hübschen, hochoffiziellen Firmenstempel der Company. „Keine Widerrede. Ich möchte dich erst in drei Tagen wieder hier sehen. Zur Frühschicht, wie üblich.“ Der Befehlston verfehlte seine Wirkung nicht, wie hypnotisiert griff die Messerkämpferin nach dem Blatt Papier, faltete es akkurat und steckte es in die Innentasche ihres Jacketts. Widerspruch wurde nicht geduldet, man widersprach dem Boss nicht. Auch wenn sich noch keiner daran gewöhnt hatte, dass Tseng seit einigen Tagen die Rolle eben dieses Bosses innehatte. Der 'Wutai-Boy'. „Vielen Dank, Sir. Wie sehen uns dann...in...drei Tagen.“ Mit einer steifen Verbeugung verabschiedete sich die Schwarzhaarige aus Corel und verließ den Tower in Richtung Sektor fünf, zu ihrem kleinen, düster anmutenden Appartement. Einem Appartement mit einer Fensterbank voller kleiner Kakteen. So ziemlich die einzigen Pflanzen, die man hier in Midgar überhaupt noch heranziehen konnte, ohne gleich ein Vermögen dafür hergeben zu müssen. Am nächsten Morgen wartete dann jedoch eine böse Überraschung auf die Turk. Tseng stand in ihrer kleinen, offenen Küche, kochte in aller Seelenruhe Kaffee. Die Frage, wie er überhaupt hier hineingekommen war, sparte sich die nur geringfügig Ältere. Eine Antwort würde Dahlia wahrscheinlich ohnehin nicht bekommen. „Kaffee?“, fragte Tseng monoton, langte zielsicher nach zwei Tassen und füllte beide mit dem tiefschwarzen, dampfenden Gebräu. „Gerne, Sir. Was...machen Sie eigentlich hier? Ich dachte, wir sehen uns...erst in drei Tagen.“ Sie hatte wohl schon eine ungefähre Ahnung, immerhin hatte sie seit dem gestrigen Tag Zeit gehabt nachzudenken. Der Blick den sie Tseng zuwarf, sagte mehr als tausend Worte. Kaum hatte die junge Frau aus dem Bergarbeiterstädtchen Corel ihre Frage ausgesprochen und kurz darauf einen Schluck Kaffee zu sich genommen, konnte sie das raubtierhafte Grinsen im Gesicht des Wutainesen erkennen. Er hatte sich, äußerlich völlig entspannt, gegen die Arbeitsfläche gelehnt und trank erst selbst einige Schlucke des allmorgendlichen Wachmachers. Sein Grinsen jedoch blieb dabei die ganze Zeit bestehen. „Du weißt sicher schon, warum ich hier bin. Deine Augen verraten es. Wenn ich doch falsch liege...“ Der junge Mann ihr gegenüber verstummte plötzlich, stellte die Tasse hinter sich ab und begann mit einigen simplen Handzeichen. Zeichen, die auch Dahlia gelernt hatte...und sie verstand, worum es hier wirklich ging. Ihre Vorahnung hatte sich bewahrheitet. Das Department musste sterben, langsam aber sicher. Der Vorfall im Zusammenhang mit AVALANCHE hatte Zweifel an der Loyalität der Turks laut werden lassen und selbst Rufus Shinra hatte nicht viel ausrichten können. Und sie, Dahlia, wäre die erste, die es erwischte. Doch Tseng teilte ihr auch stumm mit, dass sie keine Angst haben sollte. Er würde sie nicht töten. Sie musste nur untertauchen, von der Bildfläche verschwinden. „Ich habe bereits alles vorbereitet. Du hast zehn Minuten Zeit, bevor eine Bombe explodiert. Man wird eine entstellte Frauenleiche finden. Deine Leiche.“ Tseng ging völlig ruhig zum Spülbecken, wusch seine Tasse ab, trocknete diese und räumte sie akkurat wieder dorthin zurück, wo er sie herausgezogen hatte. Dann ging er an Dahlia vorbei, legte ihr stumm eine Hand auf die Schulter und verließ das Appartement. Nur fünf Minuten darauf war die junge Frau aus Corel bereits über die schon etwas marode Feuerleiter geflüchtet, gut vermummt und von den Leuten ungesehen verschwunden. Mit ungerührter Miene folgte Tseng ihren Bewegungen, bis er sie nicht mehr sehen konnte. Und exakt zehn Minuten, nachdem er Dahlias Appartement verlassen hatte, riss ein ohrenbetäubender Knall die Tür aus den Angeln, brachte das Fensterglas zum Splittern und dichter Rauch drang aus der Wohnung. Einige, wenn nicht alle Kakteen, die die Schwarzhaarige immer so rührend hegte und pflegte, hatte es auf die Straße geschleudert und Tseng...ja, der schritt ungerührt von dannen, verschmolz mit dem Schatten einer Seitenstraße. Es hatte begonnen. Cissnei & Rod - Lost in Action ------------------------------ Cissnei und Rod waren die nächsten auf der Liste. Die beiden, die jahrelang als Team agiert hatten. Die Hälfte des ursprünglichen Departments war in den vergangenen drei Wochen bereits entweder 'hingerichtet' worden, bei Unfällen 'umgekommen' oder von Aufträgen nicht zurückgekehrt. Lost In Action lautete die lapidare Formulierung auf der Personalakte. Die 'Unfalltoten' waren mit einem simplen Deceased auf dem Aktendeckel und dem Personalbogen versehen. Tseng schloss die Schublade mit der AVALANCHE-Akte und den Bögen darin ab und blickte auf. Da waren sie schon, warteten im Türrahmen des Büros auf ihn. Die eine locker gegen den Rahmen gelehnt und mit einer karottenroten Haarsträhne auf den Finger gewickelt, der andere Rotschopf erwartungvoll in seine Richtung schauend, den namensgebenden Schlagstock locker in der Hand liegend. „Unser Ziel ist Junon, brechen wir auf.“ In einer flüssigen Bewegung erhob sich der Wutainese von seinem Stuhl, zog sein Jackett zurecht und blieb einen Moment stehen. Ein Fingerschnippen reichte, um auch Cissneis Blick auf sich zu ziehen, Rod hatte ihn ja schon die ganze Zeit über beobachtet. Auch ihnen teilte er mittels der ihnen bekannten Handzeichen mit, dass sie nicht von diesem Auftrag zurückkehren würden. Nicht dieses Mal. Auch sie mussten eigentlich liquidiert werden, doch Verdot hatte andere Pläne – was immer diese sein mochten. Ob es wirklich nur darum ging, seine 'Familie', die Turks, von ihrer Bürde zu befreien? War der Alte wirklich so selbstlos? Wohl kaum...oder? Schwer zu sagen und eigentlich wollte der junge Wutainese, der erst vor Kurzem gerade einmal 22 Jahre alt geworden war, nicht mehr daran denken. Auch nicht an das, was sein Ex-Mentor noch ein Jahr zuvor mit ihm gemacht hatte. Alleine beim Gedanken daran brannten die nicht wenigen vernarbten Striemen auf seiner Haut wie Feuer. Er durfte sich nicht wieder von Emotionen übermannen lassen, die man ihm ausgetrieben hatte. Die er nicht zu haben hatte. Nein. Nie wieder. Cissnei und Rod teilte er weiter mit, dass sie nahe Junon untertauchen und sich sobald möglich absetzen sollten. Alles lautlos, via Zeichensprache, da die Wände hier drin gefühlt wohl Ohren hatten. Fragen ignorierte Tseng dabei einfach, ließ diese gar nicht erst zu, allein die kalte Miene des jungen Mannes sagte den zweien ihm gegenüber, dass sie keine Fragen zu stellen hatten. Offiziell würde es darum gehen, einen Waffenschmuggler hochzunehmen, der einer Splittergruppe von AVALANCHE noch Waffen zukommen ließ. Offiziell gab es diesen Schmuggler noch, inoffiziell war es bereits eine Woche her, seit man sich im Stillen, hinter verschlossenen Türen, darum gekümmert hatte, dass dieser Mann nie wieder gegen ShinRa arbeiten würde. Unweit der militärisch geprägten Hafenstadt landete der Helikopter, den die drei Turks genommen hatten. „Tseng...du musst das nicht tun, das-“ „Ich muss, Cissnei.“ Keine Emotionen waren in irgendeiner Art und Weise zu hören, die beiden Turks hätten auch über das Wetter sprechen können. „Ciss, willst du etwa widersprechen?“, funkte Rod ungewöhnlich ruhig dazwischen, während sie im Laderaum des Helikopters beieinander saßen. Die letzten Augenblicke Ruhe vor dem Sturm. „Natürlich nicht.“ Die junge Frau senkte den Blick einen Moment, blickte dann wieder auf und lächelte. „Schade, ich hatte Zack eigentlich noch was versprochen. Naja...gut, bringen wirs hinter uns.“ Nur wenig später sprangen zwei Turks aus dem Helikopter, rannten als ginge es um ihr Leben – rannten davon vor ihrem eigenen, neuen Chef, der mit einer nicht registrierten Waffe auf sie zielte und schoss, mehrmals. Es war eine verfluchte 'Hinrichtung', nicht mehr und nicht weniger. Die Materia, die die beiden dabei hatten, würde ihnen helfen die Verletzungen zu heilen, die man ihnen beibrachte. Cissnei und Rod...die beiden würden es schon schaffen. Auch ohne ihn. Ohne denjenigen, der sie eigentlich umbringen sollte. Denjenigen, der mit seinen Lippen nur stumm ein 'Es tut mir Leid' formulierte, während er erneut abdrückte, sah wie die junge Frau in einiger Entfernung zu Boden ging. Der Zerfall war fast vorbei. Viele waren nicht mehr übrig. Hoffentlich waren der alte Shinra, wie auch Heidegger, endlich zufrieden wenn dieses Massaker ein Ende hatte. Eine vage Hoffnung, die ein Turk nicht zu haben hatte. Rosalinde - Into the shadows ---------------------------- „Was hat diese Scheiße zu bedeuten, Tseng? Waffe runter! Ich weigere mich, dich zu erschießen, nur weil du mich abknallen willst.“ Auge in Auge standen sich die beiden gegenüber, der Chief des Departments und seine blonde Partnerin, funkelten sich gegenseitig an. Und hatten beide die Pistolen auf den jeweils anderen gerichtet. Der erste Schuss war ein Warnschuss aus Tsengs Waffe, der nur knapp an Rosalindes Kopf vorbeiging. Es hatte das Duo zu den Überresten des Mako-Reaktors von Corel, sowie in die Minen verschlagen, um dort verdächtige Aktivitäten zu untersuchen. Natürlich weit von den verseuchten Bereichen weg, da man sich für Schutzkleidung wohl zu schade gewesen war und SOLDIER sich hier nicht einmischen würde, nicht einmischen durfte. Das ging sie nichts an. Auch wenn diese ehrenhaften Krieger mit der Makoverstrahlung aufgrund entsprechender Behandlungen mit eben dieser Substanz noch am Besten klargekommen wären. So also war es gekommen, dass man Tseng und Rosalinde ausgesandt hatte. Am Ende waren es ein paar Raben, die sie eliminieren mussten, um eine eventuelle Regruppierung zu verhindern. Hatten diese Möchtegern-Weltverbesserer von AVALANCHE etwa noch nichts gelernt? Offenbar nicht, also mussten die Turks auf Turk-Art nachhelfen und konnten am Ende einige wichtige Datenträger sicherstellen, die in den falschen Händen nur für unnötige Scherereien gesorgt hätten: Waffendaten der Company, als geheim klassifiziert. Doch der Wutainese hatte für diesen einen Auftrag noch eine weitere Mission...Rosie eliminieren, laut Befehl des Präsidenten persönlich. Am Besten nach dem eigentlichen Auftrag, um unnötige Probleme zu verhindern. Und jetzt war es soweit, da sie gerade durch einen Tunnel aus der Mine zurück in Richtung Helikopter marschierten. Tseng hatte unvermittelt seine Waffe gezogen und seine jahrelange Partnerin nicht unbedingt freundlich aufgefordert sich umzudrehen. Fünf Jahre...fünf lange Jahre sollten einfach so mit einer Pistolenkugel ausradiert werden. Jedoch konnte die Blondine das nicht ohne Weiteres auf sich sitzenlassen, sie wollte einen Grund für dieses abartige Spielchen. Einen Grund...den Tseng ihr nur zu gern verriet, denn er hatte einen Ausweg gefunden, wie schon für die anderen. „Die Waffe bleibt, wo sie ist“, erwiderte der Schwarzhaarige kalt, festigte den Griff um seine Pistole, dass das Leder seiner schwarzen Handschuhe knirschte. „Seit der Sache mit AVALANCHE sind Zweifel an unserer Loyalität der Company gegenüber laut geworden...auch an dir. Daher wurde ich damit betraut...euch aus dem Verkehr zu ziehen, egal mit welchen Mitteln.“ „Bitte?! Nur weil wir dem Alten geholfen haben?“ Die kühle Blondine schien es, rein ihrer unbewegten Mimik nach zu urteilen, mit Fassung zu tragen was sie hier zu hören bekam. Dass dem nicht so war, erledigte ihr eisiger Tonfall für Rosalinde. „Ja, weil wir uns gegen die Company gestellt und Verdot geholfen haben, Felicia zu retten. Aber...Rosie. Dir wird nichts passieren. Vertrau mir, du wirst...leben.“ So ausführlich sprach der Wutainese normalerweise nicht mit ihr, weil sie ja Partner waren und nicht viele Worte brauchten, sich blind verstanden. Es musste also wirklich ernst sein. Mit seiner freien Hand warf er der Blondine einen Beutel zu, den er schon die ganze Zeit über mit sich herumgetragen hatte. Seit sie diesen Auftrag begonnen hatten, wartete dieses Ding in der Innentasche von Tsengs Jackett darauf den Besitzer zu wechseln. Mit einer Hand fing Rosalinde den Beutel auf, zog ihn unter Zuhilfenahme der Zähne auf. Eine Potion und ein Materia-Armband mit Cure-Materia-Slot. „Anlegen“, befahl der Schwarzhaarige wieder kalt, bewegte seine Pistole dabei nicht einen Millimeter. Die Waffenhand war ruhig und kaum hatte die Blondine getan wie geheißen und den Beutel sicher verstaut, sowie das Armband angelegt, fiel der erste Schuss. Nicht in den Kopf, wie zunächst gedacht, sondern direkt in das linke Knie. Sie strauchelte nach vorne, starrte den Wutainesen überrascht an – etwas das man so sonst weniger sah. Ihre Pistole fiel klappernd aus der Hand und es grenzte an ein Wunder, dass sich nicht versehentlich ein Schuss löste. „Was...?“ „Kopfschüsse...wären nicht zielführend für dieses Vorhaben.“ Gleich einer Raubkatze legte der Chief des Departments die restliche Distanz zurück, um seine Partnerin abzufangen, einen Arm um sie zu legen und an sich zu drücken. Der kalte Stahl des Pistolenlaufs drückte sich an die rechte Seite des Unterbauchs seiner Partnerin. „Du wirst überleben, das wird keine tödliche Wunde... Versuche ihn zu kontaktieren. Lebe wohl...Rosie. Verzeih mir.“ Der zweite Schuss hallte an den Höhlenwänden wider, ein glatter Durchschuss, der weder lebenswichtige Organe noch Arterien getroffen hatte. Dennoch besudelte der schwarzhaarige Turk hier gerade seinen eigentlich sauberen Anzug, ließ die Blondine nun fallen wie einen Sack Kartoffeln. Dann zog er mit der freien Hand das PHS hervor, um in seinem üblichen, nüchternen Tonfall etwas aufzunehmen: „Rosalinde erfolgreich liquidiert, hat keine Gegenwehr geleistet.“ Währenddessen wanderte die Pistole zurück in sein Holster, er blieb über seiner 'toten' Partnerin stehen, die sich nach wie vor nicht rührte. War sie vielleicht bewusstlos? Schwer zu sagen, momentan war die Aufnahme auch wichtiger. Er durfte sich nicht verhaspeln, nicht zögern. Das konnte er sich nicht erlauben. Es würde sonst unglaubwürdig werden. „Leiche fiel unglücklich in einen alten Minenschacht. Bergung nicht möglich, Makoverstrahlung zu hoch.“ Die Aufnahme wurde gestoppt und das kleine Gerät wanderte zusammengeklappt zurück in sein Jackett. Ob ihm das was er dort 'auf Band' gesprochen hatte, jemand abkaufen würde, bliebe abzuwarten. Doch er hatte eigentlich alles vorbereitet, wie es sein sollte. Man würde die Leiche definitiv nicht suchen...nicht an diesem Ort. Jetzt musste er nur noch die schlechte Nachricht überbringen...alleine. Ohne Rosie, die offiziell tot war, Lost in Action, wie schon Cissnei und Rod, und noch einige andere, die nicht durch 'Unfälle' umkamen. Der Flug zurück nach Midgar war für den Schwarzhaarigen eigentlich Routine, doch es fühlte sich seltsam an, auf eine gewisse Art und Weise. Beschissen, in einem konkreten Wort. Das Massaker war endlich vorbei und doch fühlte er sich nicht besser, kein stückweit. Im Gegenteil. Seine Loyalität war unter Beweis gestellt, bei Reno und Rude war dies ebenso der Fall, doch...war es das wirklich wert gewesen, dafür das Department so derart zu zerpflücken, bis nur noch drei Personen übrig waren? Dem Grunde nach nicht. Er hatte die Leben dieser Leute zerstört, um sie zu retten und einem irrsinnigen Plan Verdots zu folgen, dessen genauen Inhalt er nicht kannte. Tseng sprach kein einziges Wort, wechselte nur die Kleidung als er wieder in den Tower zurückkehrte, und machte sich im Anschluss akkurat hergerichtet direkt auf den Weg zu Rosies Familie. Vater und Schwester, wie er noch im Kopf hatte. Elena war der Name der 'Kleinen', der 'Prinzessin', wie Rosie sie immer so abschätzig genannt hatte. Dass sie es war, die ihm um zehn Minuten vor Mitternacht die Tür auf sein Klingeln hin öffnete, wunderte ihn doch irgendwo in der hinterletzten Ecke seines Kopfes. „Ich muss deinen Vater sprechen, sofort. Ist er zuhause? Wenn ja, hole ihn.“ Doch der Herr des Hauses Ivoire hatte bereits mitbekommen, dass jemand um diese Zeit vorbeischneite, und trat ebenfalls an die Tür. Ohne Umschweife begann der Schwarzhaarige zu berichten, ohne seinen Blick abzuwenden. „Es tut mir Leid Ihnen das mitzuteilen, aber Rosalinde kam bei ihrem letzten Auftrag ums Leben und die Leiche kann nicht geborgen werden. Ich konnte ihr nicht helfen“, berichtete er in nüchternem Ton. Kurz überlegte Tseng, ob er sein Bedauern ausdrücken, sich entschuldigen sollte, dass er zu unfähig gewesen war, doch...er tat es nicht. Besonders dann nicht, als der Hausherr seine Jüngste so anherrschte, sie solle sich zusammenreißen. Dass das nicht wirklich half, sondern sie nur noch mehr zum Weinen brachte, war abzusehen. Elena und Rosie waren sich zwar nie sonderlich grün gewesen, aber sie waren immer noch Familie. Der tränenverhangene Blick der Schülerin war ihm nicht entgangen und doch konnte Tseng nicht mehr sagen als er bereits gesprochen hatte, ihm waren die Hände gebunden. Also ging der Wutainese nach Überbringen der Nachricht wieder, drehte sich nicht ein einziges Mal um. Nicht einmal eine Sekunde lang warf er einen Blick zurück. Die Vergangenheit war vorbei. ~Es tut mir Leid...~ Er wollte sich nicht wieder entschuldigen und derart von Gefühlen übermannen lassen, das passte nicht ins Lehrbuch, passte nicht zu seinem Image. In dieser Nacht war es selbst für Midgar-Verhältnisse ziemlich dunkel, nur das pulsierende Grün der Mako-Reaktoren und die Scheinwerfer der ShinRa-Company erhellten die Mega-City oberhalb der Platte. Nein, es war nicht dunkel. Tseng hatte sich nach dem Besuch bei den Ivoires in sein Appartement in Sektor Vier zurückgezogen, alles abgedunkelt...und fing an sich auf dem Küchenboden sitzend zu betrinken, versuchte zu vergessen was die letzten Wochen geschehen war und heute sein grausiges Ende gefunden hatte. Doch der Wodka brachte keine Erleichterung, nur einen unruhigen Schlaf, verfolgt von den Geistern derer, die er in die Schatten verbannt hatte und die doch nicht tot waren. So wie Rosie, deren Familie sie für tot hielt, die wohl eine Beerdigung abhalten würde. Reno - Pull yourself together ----------------------------- Er konnte nicht schlafen, wieder einmal. Hatte sich wie so oft in letzter Zeit nach Schichtende in das alte Büro zurückgezogen. Er fand keine Ruhe mehr, nicht seit er die großen braunen Augen gesehen hatte, die Tränen als Elena weinte, weil er die Todesnachricht überbracht hatte. Weil er ihre Schwester getötet hatte. Nun, letzterer Teil war eher etwas für den internen Bericht an den Präsidenten...aber das nur der Vollständigkeit halber. Einen Monat war das jetzt her. Ein Monat voll von Alpträumen, unruhigem Schlaf und viel zuviel Arbeit. Das Massaker war endlich vorbei, doch besser machte das bei weitem nichts. „Tseng? Mann, verkriech dich nich imma. Wia machn uns Sorgn.“ Reno steckte den Kopf durch den Türspalt, als Tseng sich gerade auf der Couch an der Wand niedergelassen hatte, zur Ruhe kommen wollte. Es war paradoxerweise der einzige Raum, in dem er ein bisschen Ruhe hatte. Ruhe, um nachzudenken. Das alte Büro von Rosie und ihm, Fluch und Segen zugleich. Die Gedanken sollten aufhören in seinem Kopf zu kreisen, ihn nicht weiter belästigen. Es sollte aufhören. Sofort, auf der Stelle. „Hey, nimm das Ding da weg! Mach kein'n Scheiß!“ Noch bevor er den Finger am Abzug hatte, hatte der Second in Command reagiert. Es war in diesem Moment gut, dass er das Büro doch betreten hatte. So konnte der Rotschopf Schlimmeres verhindern als ein angeknackstes Handgelenk seines wutainesischen Chefs, als er diesem die entsicherte Pistole aus der Hand riss, die gerade an seinen Kopf gewandert war. „Reiß dich zusammn Mann!“ Die schallende Ohrfeige des 'Chaoten' saß dennoch, die Worte echoten in Tsengs vollem Kopf ungewöhnlich hohl nach. Der junge Mann vor Reno auf der Couch sollte ja nicht denken, dass er sich einfach so aus der Verantwortung stehlen und das 'Problem' mit einer Kugel im Kopf lösen konnte. Das wäre viel zu einfach, und allem voran viel zu feige. „...“ Eine Antwort kam nicht, nur ein leerer Blick aus den grauen Augen. Und Reno erwartete auch keine, ließ sich nur neben ihn auf die Couch fallen und beobachtete den jungen Mann, der sich gerade wieder zu sammeln schien. Die Worte hatten wohl ihre Wirkung nicht verfehlt, die Backpfeife auch nicht. Zumindest für den Moment. „Maaann Tseng, mach sowas nie wieda. Ernsthaft, 'ch bring dich um.“ Wutai - Remnants of the past ---------------------------- Die zärtliche Geste erinnerte ihn an jemand anderen. Ein Gesicht mit vertrauten und doch fremden Zügen, seinem eigenen nicht unähnlich. Das besorgte Lächeln seiner Mutter, als sie ihn wieder einmal dabei erwischt hatte, wie er den älteren Männern aus dem Dorf hatte nachschleichen wollen, um zu sehen wohin sie gingen. Ihre liebevollen, ernsten Worte. An den genauen Wortlaut erinnerte er sich nicht. Lippenbewegungen, ohne dass er ein Wort verstand. „Aber...“ Seine eigenen Worte hingegen waren so klar präsent, als hätte er sie nie vergessen. „Mutter, ich wollte nur sehen, wohin sie gehen. Der Tempel in den Bergen ist nicht weit weg von hier, oder?“ Sie hatte ihn daraufhin nur wieder getadelt, dass er nicht so viele Fragen stellen, nicht so neugierig sein und ihr lieber helfen sollte, das Gemüse zu schneiden. Oder so ähnlich. Ablenkung von Dingen, für die er nach Meinung seiner werten Mama noch viel zu jung war. Dass Krieg herrschte, war damals noch nicht in seinem Dorf angekommen, doch das hatte sich schneller geändert als man denken konnte. Keine paar Tage dauerte es, bis diese komischen Männer an einem sonnigen Nachmittag zum ersten Mal auftauchten, in seiner fremden Sprache Dinge brüllten und die Leute zusammentrieben. Er erinnerte sich, dass er Angst hatte, seiner Mutter eigentlich nicht von der Seite weichen wollte als sie ihn wegschickte. Kinder nahm man nicht ernst, sie waren keine Gefahr für diese Männer. Damals hatte er den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden. Sie wollte ihn schützen, er war ja kein Dummkopf der nichts verstand. Kein dummer Analphabet, der keine Ahnung von garnichts hatte. In diesen Momenten jedoch, als er seiner Mutter den Rücken zudrehte und weglief, wollte er eigentlich bleiben, sie stellvertretend für den Vater schützen vor diesen fremden Leuten. Ein Übersetzer haspelte nervös etwas von Lebensmitteln, von Reis und Gemüse. Vorräte, die diese Männer brauchten, weil sie keine mehr hatten. Doch er wollte es nicht hören, wollte nicht wissen was diese Leute hier zu suchen hatten. Sie sollten seine Familie und sein Dorf in Ruhe lassen. In einem Versteck, kaum mehr als ein Bretterverschlag, harrte er aus, beobachtete alles – allein. Die anderen Kinder waren nicht hier...warum nicht? Fassungslos musste er eine Eskalation der Situation mit ansehen, als man den Forderungen dieser Männer wohl nicht nachkommen wollte. Er hörte wie Schüsse fielen, sah dass Blut spritzte und die Häuser in Brand gesteckt wurden. Sie sahen und fanden ihn nicht, diese fremden Männer, die gerade seine Heimat ausradierten. Die Vorräte zu ihren komischen Fahrzeugen wegtrugen als interessierte es sie nicht, dass sie hier Unschuldige abschlachteten, die ihnen nichts getan hatten und auch nie etwas tun würden. Dass seine Hand blutete, als er hineinbiss um seine eigenen Schreie zu unterdrücken, fiel ihm erst hinterher auf. Hinterher, als er den pochenden Schmerz spürte und aus seinem Versteck kletterte, um sich umzusehen. Dort roch er auch den beißenden Rauch, den er vorhin nicht wirklich wahrgenommen hatte. Gerade noch konnte er beobachten, dass eines der einfachen, roten Pagodendächer herunterkrachte, weil die stützenden Balken es nicht mehr tragen konnten. Das Feuer hatte die Struktur geschwächt, bis es schließlich nachgegeben hatte. Und die Flammen loderten teilweise immer noch, Rauchschwaden zogen über das hinweg, was heute morgen noch sein Zuhause gewesen war, neben Reisfeldern und dem alten Tempel in der Nähe die einzige Welt die er wirklich kannte. Wie lange war er bitte in diesem Verschlag gewesen? Tseng wusste es nicht, sein Zeitgefühl hatte er verloren und fing nun an, nach seiner Mutter zu suchen. Irgendwo hoffend, dass sie in Sicherheit war, diese Männer ihr nichts getan hatten. „Mutter?!“ Keine Antwort. Natürlich nicht...Tote konnten nicht sprechen, auch wenn man ihm Geschichten erzählt hatte in denen es anders funktionierte. Märchen, Legenden. Dinge, die nur in wenigen Punkten der Realität entsprechen konnten. Die im Tode verzerrten Gesichter der Menschen aus seinem Dorf brannten sich in sein Gedächtnis, als er näher heranging um seine Mutter unter all diesen Leichen zu finden. Es stank unerträglich, nach Schießpulver und vertrocknetem Blut, Eingeweiden und verbranntem Fleisch, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Ihm kam das Frühstück wieder hoch, kurz nachdem er sich auf die Suche gemacht hatte, den Geruch zu lange einatmete. Es war zuviel. Irgendwo im Hinterkopf jedoch war da immer noch die Hoffnung – eine vage Hoffnung, dass seine Mutter noch lebte unter all diesem Gestank und den Toten. Sie musste einfach leben, er wollte sie doch beschützen. Doch Tseng fand sie nicht, der schmächtige Zehnjährige hatte keine Kraft mehr die Toten beiseite zu ziehen – Erwachsene und Kinder. Sie hatten wohl keinen Unterschied mehr gemacht, diese Männer. Und dann fiel ihm etwas ins Auge. Etwas, das er nicht sehen wollte. Seine Hoffnung, die Mutter lebend zu finden, war mit einem Mal fort. Er sah nur den Fetzen eines vormals hellen Kimonoärmels mit simplem Kirschblütenmuster. Ein Muster, braun gefärbt vom vertrockneten Blut. Wieder biss er sich in die Hand, wollte eigentlich laut schreien, weinen und nach dem Warum fragen. Warum das passiert war, warum diese Männer hier gewesen waren, warum er seine Mutter nicht hatte beschützen können. Doch Antworten, geschweige denn Trost oder Zuwendung sollte es hier nicht mehr geben – nicht für ihn, dem man an diesem Tag alles genommen hatte. Dessen Heimat in Trümmern lag. Das hatte er in dem Moment realisiert, als er den Ärmelfetzen sah. Also rannte der kleine, schmächtige Junge mit dem Bindi auf der Stirn und dem schwarzen Haar – fort in Richtung der Hauptstadt, von der er sich Sicherheit erhoffte, von der er irgendwann einmal gehört hatte wo sie ungefähr sein könnte. Tseng erhoffte sich in dieser ominösen Hauptstadt Sicherheit, die er hier nicht mehr hatte, wo die Fliegen sich auf den Leichen niedergelassen und die Krähen damit begonnen hatten an den toten Körpern zu picken, während gerade die Sonne unterging. Aeris - Faith ------------- Das brünette Mädchen war...wie beschrieb man es? Niedlich? Rein? Unschuldig? Alles zusammen schien zuzutreffen. Und doch hatte sie wütend reagiert, kaum dass Tseng gefragt hatte, ob sie Stimmen hörte, wenn sie alleine war. Worte, die ihm sein Mentor vorgegeben hatte zu fragen, während er direkt hinter dem Burschen stand. Aeris hatte Tseng, der kaum mehr war als ein Kind wie sie, ebenso wie dem älteren Verdot, an den Kopf geworfen dass sie ShinRa hasste, war dann an den Turks vorbei in ihr Zimmer gestürmt und hatte sich dort eingeschlossen. Doch er hatte sie nur angestarrt, wie gefangen von diesen schönen grünen Augen, selbst als sie gar nicht mehr vor ihm stand, die kleine Cetra. Die angeblich letzte dieses Alten Volkes, wie es auch genannt wurde. Nein, man konnte Aeris nicht einfach einfangen, zum Tower bringen und verhören. Konnte sie nicht einfach so dazu zwingen zu reden. Sie würde schneller brechen als ein Bleistift. Nein, ein dünnes Streichholz. Und man würde gar nichts lernen über das verheißene Land, zu dem sie angeblich den Schlüssel besaß – oder so ähnlich. Dinge, die Tseng nicht begreifen konnte oder wollte, weil der 'Wutai-Boy' nicht mehr an solchen Schwachsinn glaubte. „Auf Wiedersehen, Misses Gainsborough. Wir werden wiederkommen.“ Damit hatten Verdot und er sich von Elmyra, der Mutter des Mädchens, verabschiedet und waren gegangen. Und Tseng kam wieder – wie ein kleiner Schatten. Nicht immer nur in Begleitung seiner Mentors, der ja auch noch andere Dinge zu tun hatte, aber er tauchte immer wieder bei der kleinen Familie auf – niemals alleine. Wie genau er am Ende auf den abwegigen Gedanken gekommen war, das Vertrauen des Mädchens in die Company stärken zu wollen, hatte er damals nicht sagen können. Verdot hatte dem Burschen derartigen Unsinn eigentlich ausgetrieben. Turks waren nicht dazu da, um zu denken, und die ShinRa Company kein Wohltätigkeitsverein, der die Kinder aus den Slums in die Schule schickte. Bei der kleinen Brünetten mit den freundlichen, grün strahlenden Augen hatte man es getan. Ein Jahr lang. Ohne ein Ergebnis am Ende. Das Gebettel nach mehr Zeit hatte nichts genutzt, die Mittel waren wieder gestrichen worden, weil der Präsident nicht warten und ungeduldig Ergebnisse haben wollte. Und er, Tseng, hatte sich dafür einige Backpfeifen seines Mentors eingefangen, unter anderem. Für seine 'Dummheit', seine Torheit zu glauben es ginge auch anders als auf dem üblichen Weg. Anders als nach dem bekannten Schema, nicht nach Lehrbuch. Er war zu weich, hatte Verdot ihm damals an den Kopf geworfen, es sollte nicht das letzte Mal gewesen sein. Vielleicht war er das damals wirklich, zu weich. Ein dummer Junge, der es nicht besser wusste, sich auf so etwas wie sein 'Herz' verließ. Seitdem passte Tseng auf die junge Cetra auf, hatte – später auch ohne einen Begleiter – zugesehen wie sie aufwuchs, während er selbst älter wurde. Alles in der Hoffnung, sie würde der Company irgendwann doch noch vertrauen. Eine vergebliche Hoffnung, die er nicht zu haben hatte. Nicht in seiner Position. Die Gefühle für Aeris waren etwas, das er eigentlich ebenso wenig zu haben hatte, ihre Zurückweisung hatte ihm das nur zu deutlich gezeigt. Er war Turk, nichts sonst. Ein Wachhund, ein verlängerter Arm im Schatten der Company. Ein Schatten, der dafür bezahlt wurde Menschen zu foltern, zu beschatten, zu erpressen oder sie verschwinden zu lassen – und noch einiges mehr. Dort war für Trivialitäten wie Emotionen kein Platz. Dennoch, die Bindung zu dem Blumenmädchen würde wohl nie verschwinden, nicht abreißen. Nie. Dazu hatte er viel zuviel Zeit mit ihr verbracht – auch dann, wenn sie sich der Beobachtung nicht bewusst war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)