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~Broken Wings~

von

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Back then, 1862

Die blauen Augen des Engels musterten Crowley skeptisch. Er hatte das Papier langsam auseinander gefaltet und schauten den Dämon nun schon fast erschrocken von der Seite an.

"Ausgeschlossen!"

"Warum nicht?"

"Weil es dich zerstören würde! Ich bringe dir keine Selbstmordpille, Crowley!"

"Dafür will ich es doch gar nicht haben, nur als Absicherung!"

Noch einmal las der Engel die Zeilen durch, die fast unleserlich auf dem Stück Papier gekritzelt waren bis sein Blick wieder auf Crowley fiel. Er wirkte besorgt, doch der Dämon würdigte ihn keines Blickes.

"Ich bin kein Idiot, Crowley! Was denkst du, was passieren wird wenn meine Leute da oben herausfinden, dass ich mich verbrüdert habe?"

Die gelben Schlangenaugen blickten weit aufgerissen und nun schon fassungslos zum Engel hinüber.

"VERBRÜDERN?"

"Oder wie auch immer du es nennen möchtest!"

"Ich habe genug Leute, mit denen ich mich verbrüdern könnte, Engel!"

"Natürlich hast du die!"

Erziraphael wandte sich schweren Herzens zum Gehen ab.

"Ich brauche dich nicht!"

Damit drehte sich der Engel erbost noch einmal zu Crowley rum bevor er das Stück Papier in den Fluss warf.

"Und das beruht auf Gegenseitigkeit! Offensichtlich!"

Schnellen Schrittes entfernte er sich. Crowley blieb zurück, seine Hände legten sich fester um den Griff seines Gehstocks. Einen Moment lang blieb er noch da stehen, dann folgte sein Blick der Richtung, in der Erziraphael geflüchtet war.

"Engel...es ist nicht so...wie du denkst. Bitte...komm zurück, ich...habe es nicht so gemeint. Ich brauche dich. Ich brauche dich mehr als alles andere."

Doch Erziraphael war bereits außer Reichweite. Vielleicht war es auch besser so, denn er wollte nicht, dass der Dämon seine Tränen sah.

Trail of Blood...

London, 1888
 

Die Nacht lag schon fast gespenstisch über London. Die Straßen lagen still da als Crowley sich seinen Weg durch die Innenstadt von London bahnte. Es war lange her gewesen seit er das letzte Mal durch die nebeligen Straßen gezogen war. Seit seiner Auseinandersetzung mit Erziraphael hatte es den Dämon mal hier und mal dahin verschlagen für diverse Aufträge, die er von seiner Zentrale erhalten hatte aber heute Nacht zog es ihn nach langer Zeit wieder in die Stadt des Nebels.

Sein Gehstock klackerte über die gepflasterten Steinwege, am Himmel machten sich trotz Dunkelheit schwere Gewitterwolken bemerkbar und die Nacht lag wie eine schwarze Decke über London. Im fiel der kalte Mond auf, der grell am Himmel stand.

"Wundervolle Nacht für einen Spaziergang."

Er rückte seinen Zylinder zurecht, ließ einen Kutscher die Straße passieren und setzte seinen Weg fort. Er war auf dem Weg zu einem Buchladen. Und zu einem Engel, dem dieser Buchladen gehörte.

Crowley hatte eigentlich schon viel früher vorgehabt, Erziraphael zur Eröffnung seines Buchladens in Soho zu gratulieren. Er erinnerte sich, dass es irgendwo in der Zeit zwischen Shakespeare und der französischen Revolution gewesen war. Er wollte den Engel mit Blumen und Pralinen überraschen, eigentlich der perfekte Augenblick, um Erziraphael seine bisher verschwiegene Zuneigung zu zeigen. Doch...leider kam es nie zu der Übergabe. Crowley bekam schnell mit, dass der Erzengel Gabriel Erziraphael in dem Himmel zurückpfeifen wollte, da seine Pflichten auf der Erde erledigt seinen. So fasste Crowley einen Entschluss. Er zog sich zurück und stellte etwas an, damit die Hilfe des Engels noch auf der Erde benötigt wird. So brauchte Erziraphael seinerzeit die Erde, die er so liebt nicht verlassen und...Crowley musste sich nicht von seinem Engel trennen.

Der Dämon rückte seine Sonnenbrille zurecht als er an damals zurückdachte, ein sanftes Lächeln umspielte seine Lippen.

"Vielleicht...vielleicht ist es an der Zeit, die Wogen wieder zu glätten."

26 Jahre waren seit dem Vorfall im St. James Park vergangen und Crowley hatte seit jenem Tag kein Wort mehr mit dem Engel gesprochen. Er war sich durchaus bewusst, dass er den Engel eindeutig verletzt hatte mit seinen Worten. Sie gingen ihm einfach so über die Lippen und wie immer hatte er nicht nachgedacht.
 

~"Ich brauche dich nicht!"~
 

Crowley bereute es. Seine Art und Weise. Er hatte den Engel nur um einen Gefallen gebeten und letzten Endes waren dessen Sorgen durchaus berechtigt gewesen aber wieso musste Crowley so unausstehlich zu ihm deswegen direkt sein?

Er bemerkte, dass am Anfang von Soho noch ein kleiner Blumenladen seine Türen geöffnet hatte. Er wunderte sich schnell ein wenig Geld und kaufte den schönsten Strauß, den er zu Gesicht bekam. Langsam und mit einem bedrückenden Gefühl in der Brust setzte er seinen Weg zum Buchladen fort, den er allerdings als er dort ankam leer vorfand. Seine Miene verfinsterte sich und er ließ den Strauß Blumen sinken.

"Er scheint gar nicht da zu sein. Wo bist du, Erziraphael?"

Vorsichtig legte er die Blumen vor die Türe. Er drehte sich nicht um als er den Rückweg antritt.
 

*~*
 

Es war ziemlich spät geworden wie Erziraphael auf seinem Rückweg zum Buchladen feststellen musste. Er sah davon ab eine Kutsche zu nehmen, denn er genoss den frischen Wind, der durch die Straßen zog und ganz besonders wenn er sich ein oder zwei Gläser genehmigt hatte. Er hatte ich es auch an diesem Abend nicht nehmen lassen, einen Gentlemen's Club zu besuchen, um ein wenig Spaß zu haben. Aber im Laufe der Zeit stellte er immer mehr feste, dass es nicht dasselbe war. Jemand fehlte. Ein gewisser Dämon, den er jetzt schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen hatte.

Erziraphael gab es nicht gerne zu aber der Dämon fehlte ihm. Er hatte die letzten 26 Jahre damit verbracht, seinen Buchladen in London populär zu machen und kleinere Wunder zu bewirken, die er durch Aufträge von oben erfüllen musste. Dabei geriet Crowley bei ihm mit der Zeit in Vergessenheit. Naja, irgendwie nie so ganz. Es tat weh an ihn zu denken. Vielleicht war Erziraphael seinerzeit ein wenig zu grob gewesen aber er hatte sich doch nur Sorgen um Crowley gemacht. Trotzdem konnte er seine letzten Worte nicht vergessen.
 

~"Ich brauche dich nicht!"~
 

Erziraphael hatte es sich nicht anmerken lassen aber als er im Anschluss die Flucht ergriff und weit genug von Crowley entfernt gewesen war, konnte er die Tränen nicht mehr zurückhalten und gerade in solchen Momenten, wo er wie jetzt leicht beschwipst vom Alkohol war, fühlte er den Schmerz in seiner Brust ganz besonders.

"Ich...ich wünschte, ich könnte ihn einfach vergessen! Wieso...wieso tut es so weh?"

Er stützte sich auf seinem Gehstock ab, atmete tief ein und wieder aus. Sein Blick streifte unruhig über die dunklen Gewässer der Themse, die im Schein des kalten Mondes noch gespenstischer wirkte.

"Ich bin ein Engel! Crowley...bedeutet mir nichts. Kein bisschen..."
 

"AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAHHHHHHH! NEEEEEEEEEEEEEEEEIIIIIIIIIIIIIIIN!"
 

Der Engel riss seine Augen auf als ihn der ohrenbetäubende Lärm aus den Gedanken riss. Eine Frau. Und sie schien unerträgliche Schmerzen zu haben. Wäre Erziraphael ein Mensch gewesen, hätte sich der Schrei durch Erziraphael's Eingeweide geschnitten. Auf einmal war er hellwach und folgte von seinen himmlischen Instinkten getrieben den Schreien der Frau.

"Lieber Himmel, das klingt...als ob jemand umgebracht wird! Ich hoffe, ich komme nicht zu spät! Lieber Gott, bitte verschone das Leben dieser armen Frau!"

Die Schreie drangen näher an sein Ohr und doch wirkten sie so weit entfernt. Der Weg war weiter weg als gedacht. Die kalte Nachtluft brannte in Erziraphael's Lungen, beinahe wäre ihm der weiße Zylinder vom Kopf geflogen, so schnell rannte er.

Dann...von einer auf die andere Sekunde verstummten die Schreie und die Nacht lag Erziraphael wieder schweigend im Ohr als ob nie etwas passiert wäre. Er bog durch mehrere Gassen, seine Schritte hallten an den kalten Wänden der Gebäude wider. Noch eine Abbiegung und...

"Nein...Grundgütiger..."

Der Engel konnte und wollte sein Gesicht nicht abwenden. Geistesabwesend bewegte er sich auf den Leichnam der Frau zu, der regungslos am Boden lag. Der Anblick war kaum zu ertragen. Er hatte die Stiche nicht gezählt aber wer auch immer das Leben aus der Frau getrieben hatte, er musste eine unglaubliche Wut in sich getragen haben. Aus unzähligen Löchern floss Blut und vermischte sich am Boden mit dem Regen, der sich in den Rinnen des Weges sammelte. Der Engel war den Tränen nah und zitterte am ganz Körper.

"IST DA JEMAND? WIR BRAUCHEN HILFE! BITTE!"

Es dauerte nicht lange bis die Polizei eintraf. Der Engel hatte sich seitdem nicht mehr vom Fleck bewegt und blieb starr bei der Leiche der jungen Frau sitzen. Es war ihm egal, ob sein weißer Anzug völlig durchnässt vom aufkommenden Regen war oder dass seine Handschuhe voller Blut waren als er versucht hatte einen Puls bei der Frau festzustellen. Er machte sich Vorwürfe, dass er nicht schnell genug gehandelt und zu spät gekommen war. Fast geistesabwesend antwortete er als der Polizist begann Erziraphael auszufragen.

"Kannten Sie die Frau?"

"Nein! Ich hörte nur...ihre Schreie. Ich wollte ihr...zur Hilfe eilen."

"Wir bräuchten auf der Wache noch dringend ihre Zeugenaussage."

"Natürlich."

Erziraphael erhob sich. Er nahm gar nicht mehr wahr, wie sein Körper zitterte. Er hatte in den letzten tausenden von Jahren viel gesehen, Krieg, Zerstörung und Leid, war immer gefasst gewesen aber diesmal...

"Erziraphael?"

Eine ihm wohl bekannte Stimme drang an sein Ohr und langsam hob der Engel hoffnungsvoll den Kopf.

"Crowley..."

Der Dämon sah die Tränen in den Augen des Engels und reichte ihm die Hand.

Wings & Feathers...

"Hier, bitte sehr. Das wärmt dich wieder auf."

Der Engel schaute zu Crowley hoch als dieser ihm die Tasse mit warmen Kakao reichte. Nachdem sie die Wache wieder verlassen durften, hatte Crowley den Engel zum Buchladen begleitet. Nun saßen sie seit einer gefühlten Ewigkeit im Hinterzimmer und der Dämon ließ den immer noch aufgebrachten Engel nicht aus den Augen. Dankbar nahm Erziraphael die Tasse entgegen und fühlte sich direkt etwas besser als er die Wärme an seinen Händen fühlte.

"Dank dir."

Crowley nahm gegenüber vom Engel Platz, Erziraphael hatte eine Decke um sich gelegt und nahm einen tiefen Schluck aus seiner Tasse.

"Eigentlich hatte ich eine andere Vorstellung davon gehabt dich nach so langer Zeit wiederzusehen."

"Ich...hatte nicht damit gerechnet dich wiederzusehen, Crowley.

"Und ein weiteres Mal, wo ich froh bin gerade in der Nähe gewesen zu sein."

Er entlockte dem Engel ein fast unscheinbares Lächeln.

"Wie hast du dich wieder in diese Situation gebracht, Engel? Mir kommt es mittlerweile so vor, als ob du vom Unglück regelrecht angezogen wirst."

"Es war nicht meine Schuld! Ich...war eigentlich gerade auf dem Weg nach Hause gewesen als ich...die Frau schreien hörte..."

"Die Polizei war immer noch verwundert, dass du sie aus der Entfernung überhaupt gehört hast."

"Ich bin ein Engel, Crowley. Ich kriege es durchaus mit wenn Menschen leiden. Selbst...auf so eine Entfernung."

"Und dein Verstand sagte dir natürlich wieder, dass du helfen müsstest."

"Was hätte ich denn sonst tun sollen? Sie einfach ihrem Schicksal zu überlassen?"

"Naja, wenn sie uns nicht im Nachhinein gesagt hätten, um welchen Serienkiller es sich hierbei handelt, hätten sie dich ins Kreuzfeuer genommen."

"Offensichtlich. Da hatte ich wahrscheinlich wieder einmal Glück."

"Wie immer, Engel."

"Du hättest ihr ganz sicher nicht geholfen, Crowley!"

"Wieso auch? Es sind Menschen und Menschen töten sich gegenseitig jeden Tag an jedem Ort! Das liegt in ihrer Natur! Wir sollten uns da nicht einmischen."

"Aber ich weiß, was ich gesehen habe, Crowley."

"Und? Was willst du jetzt tun? Erziraphael, bei allem guten Wollen aber das Jagen von Menschen sollten wir den Menschen und insbesondere der Polizei überlassen!"

Der Engel stellte betreten seine Tasse ab und schaute dem Dämon tief in die gelben Schlangenaugen.

"Jack the Ripper. Er hält London nun schon seit Monaten in Atem. Die Polizei war bisher machtlos weil er nie irgendwelche Beweise hinterlassen hat und seine Opfer waren bisher alles Prostituierte gewesen."

"Diese Frau ebenfalls. Und? Was kümmert es dich?"

"Ein Mörder läuft frei rum, Crowley!"

"Tss, du hast in den tausenden von Jahren, in denen wir uns kennen so viel Tod und Leid gesehen, hast es hingenommen weil es anscheinend zu Gottes großen, oder wie du es so gerne ausdrückst unergründlichen Plan gehört und jetzt spielst du dich wie der barmherzige Samariter auf? Komm schon, Engel!"

Erziraphael erhob sich und ging zur Türe. Er öffnete sie mit einem Ruck.

"Wenn du nur hierhergekommen bist, um mich zu verspotten, kannst du auch direkt wieder gehen, Crowley! Ich habe dir sowieso nichts zu sagen! Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass du diesen Mann dazu verführt hast all diese Morde zu begehen!"

Dem Dämon entging der kalte Blick des Engels nicht. Er ging langsam auf Erziraphael zu und schloss die Türe wieder. Sein Blick wirkte fast hypnotisierend als er dem Engel tief in die blauen Augen sah.

"Habe ich dich jemals verspottet, Erziraphael? Wie kommst du darauf, dass ich sowas tun würde?"

"Du bist ein Dämon, du tust andauernd so etwas!"

"Wenn ich dich verspotten wolle, hätte ich dich damals getan als du dein Flammenschwert weggegeben hast oder als du als Aristokrat verkleidet in der Bastille sahst, nur weil du Lust auf deine verdammten französischen Crepés hattest! Aber nein, das habe ich nicht! Ich empfand deine Hilfe zu den beiden Menschen sogar als sehr selbstlos und ich habe dir sogar geholfen aus der Bastille zu kommen! Aber ja, ich verspotte dich!"

Nun fühlte Erziraphael sich schlecht. Der Dämon hatte ja recht. Eigentlich...war es doch Erziraphael, der nicht ehrlich zu ihm und zu sich selbst war aber wie konnte er auch? Er war an seine Pflichten als Engel gebunden und seine Gefühle zu dem Dämon standen ihm nur im Weg. Wenn seine Zentrale dahinterkommen würde, wäre es nicht nur für den Engel sondern auch für Crowley zu Ende. Er konnte es nicht riskieren. Er wollte es nicht und trotzdem...

Crowley griff Zylinder und Gehstock und richtete seine Sonnenbrille. Sein Blick war kalt und abwertend.

"Da ich anscheinend nicht erwünscht bin, werde ich dir den Gefallen tun und verschwinden! Und damit eins klar ist, Engel, ich habe mit alldem nichts zu tun! Vielleicht würdest du gerne von mir hören, dass ich es war, der Jack the Ripper auf die Menschheit losgelassen hatte aber das war ich nicht!"

Er öffnete die Türe und wollte den Buchladen verlassen als ihm jemand am Ärmel festhielt.

"Nein! Warte, Crowley! Ich...es tut mir leid."

"Jetzt auf einmal?"

"Bitte...geh nicht weg."

Crowley wollte sich nicht umdrehen. Er hätte einfach gehen sollen aber er tat den Fehler und drehte sich um und sah die Angst in den Augen des Engels. Er war tatsächlich traumatisiert. Vielleicht war es auch schon viele Jahre zuvor so gewesen und Crowley hatte es nie gemerkt weil der Engel immer so stark und pflichtbewusst tat. Er sagte kein Wort als er den Engel anblickte, sein Blick wirkte schon fast monoton, doch dann legte er den Gehstock beiseite und nahm Erziraphael in den Arm.

"Du dummer Engel."

"Es...es tut mir so leid."

"Pscht, kein Wort mehr."

So sehr wie Erziraphael es auch unterdrücken wollte, er konnte die Tränen nicht zurückhalten und krallte sich unbewusst in Crowley's Mantel. Dieser nahm die Reaktion des Engels schweigend hin und ließ diesen weinen bis er sich beruhigt hatte und sie beiden stellten in dem Moment ein weiteres Mal feste, wie sehr sie einander brauchten. Auch wenn es keiner von beiden aussprechen konnte.
 

*~*
 

Sie hatten wieder auf dem Sofa Platz genommen, Erziraphael schaute erschöpft in seinen Tasse bevor er das Wort an Crowley richtete.

"Wie ist es dir die letzten Jahre ergangen?"

"Wie immer eigentlich. Hier eine Versuchung, da ein kleines Wunder."

Ein Lächeln huschte über das Gesicht des Engels.

"Ich...bin froh, dass du da bist."

"Halt die Klappe!"

"Nun, ich meine es ernst."

"Behalt es besser für dich, Engel."

Einen Moment lang verfielen sie in Schweigen.

"Bist du...immer noch sauer auf mich wegen..."

"Sprechen wir das Thema nicht mehr an, in Ordnung? Ich möchte jetzt nicht weiter darüber reden."

Erziraphael entging nicht, wie der Dämon zur Seite schaute als er die Geschichte mit dem Weihwasser ansprechen wollte. Eigentlich war es Erziraphael, der wegen seiner Worte von damals sauer sein sollte aber irgendwie konnte der Engel es auf einmal nicht mehr. Innerlich war er mehr als froh, dass Crowley hier bei ihm war.

"Und? Wie hattest du dir denn vorgestellt, wie wir den Mörder dingfest machen?"

Die Augen des Engels weiteten sich, die Frage kam mehr als unerwartet.

"Ehm...nunja...die Polizei meinte, dass der Möder bisher keine Spuren am Tatort hinterlassen hatte. Vielleicht können wir unsere eigenen Fährten aufnehmen, um den Mörder zu finden."

"Und wie sollen wir das anstellen?"

"Ehm...daran arbeite ich noch."

Der Dämon grinste.

"Ich will dich ja nicht entmutigen aber ich sehe schwarz bei deinem Vorhaben. Die Polizeit sagte, dass es sich mittlerweile um fünf Opfer handelte, dies hier war Opfer Nummer fünf und bisher gab es keine Beweise, die zum Täter führten.

"Wir...könnten es zumindest versuchen."

"Ich frage mich allerdings immer noch, warum dir das so wichtig ist."

"Weil ich diese Stadt liebe."

Crowley blickte den Engel an, als ob er gerade nicht richtig verstanden hätte, was der Engel da gesagt hatte aber in Wirklichkeit fand er die Reaktion des Engels niedlich. Er atmete tief ein und wieder aus.

"Nun gut, ich helfe dir. Aber geb dich keinen großartigen Hoffnungen hin. Die Menschen selbst haben es bisher nicht geschafft, den Mörder zu fassen, da werden wir wohl nicht mehr Glück haben."

"Wirklich? Du würdest mir helfen?"

Dem Dämon entging nicht das überglückliche Lächeln Erziraphael's. Wenn der Engel so lächelte, kamen Crowley alle Dinge in den Sinn aber nur die, wo sein Verstand ausschaltete.

"Hör auf mich so anzuschauen! Das machst du jedes Mal!"

"Danke...Crowley!"

"Und hör auf dich zu bedanken, Engel! Hast du einen Brandy oder Scotch oder ähnliches da?"

Mit einem Lächeln auf den Lippen ging Erziraphael in den hinteren Bereich und begann eine Flasche Brandy zu öffnen. Dabei blieb er einen Moment stehen und atmete schwer. War es nur die Luft, die so schwer auf seinen Lungen lastete und der furchtbare Druck, der auf seiner Brust lag wenn er in Crowley's Nähe war?

"Engel? Alles in Ordnung?"

"Ja, alles in bester Ordnung!"

Er kam mit zwei Gläsern zurück und setzte sich wieder auf den Sessel.

"Ich...bin froh, dass du da bist...Crowley."

Er entlockte dem Dämon ein Lächeln als sie anstießen.

"Ich bin auch froh hier zu sein, Engel."

"Sag...weißt du eigentlich, wer den Strauß Blumen vor meiner Türe abgelegt hatte?"

Unwissend schüttelte Crowley den Kopf und nahm einen tiefen Schluck aus seinem Glas. Eine leichte Röte lag auf seinen Wangen.

"Keine Ahnung! Blumenstrauß? Ich weiß nicht, wovon du redest!"

Der Engel blickte den Dämon stutzig an aber er hinterfragte auch nicht weiter, denn irgendwie konnte er sich schon anhand Crowley's Reaktion denken, von wem der Strauß herrührte.

Follow the Evidence...

Der Zeitungsjunge hatte bereits die morgentliche Zeitung vor die Türe gelegt und Erziraphael, bereits in voller Montur ließ es sich wie jeden Morgen nicht nehmen erst einmal einen Blick durch die Seiten zu werfen. Seine Lesebrille lag gemächlich auf seiner Nase während seine Augen über die Zeilen huschten. Er suchte nach Anzeichen, Hinweisen, irgendwas, um Jack the Killer auf die Spur zu kommen aber Fehlanzeige. Er leckte die Zeitung auf den kleinen Beistelltisch neben sich und blickte rüber zum Sessel, wo Crowley letzte Nacht seelenruhig entschlafen war.

Der Engel erhob sich und trat näher. Die Decke, die er dem Dämon übergelegt hatte war ein Stück runtergerutscht und gab Blick auf dessen Haut Preis. Immerhin hatte er es trotz des Alkoholkonums letzte Nacht nicht nehmen lassen, sich zumindest seines Mantels und seiner Jacke zu entledigen.

Einen Moment lang starrte der Engel den Dämon unentwegt an und für einen Moment überkam ihn das Verlangen, den Dämon zu berühren. Seine Hand fuhr nur zaghaft über die Wange des Dämons. Erziraphael stellte fest, dass seine Haut nahezu makellos war und zudem roch der Dämon von Natur aus sehr angenehm.

"Ob ich...nein, das sollte ich nicht tun."

Erziraphael bemerkte, wie Crowley das Gesicht in seine Richtung drehte. Seine Lippen waren leicht geöffnet und wirkten auf einmal zu verlockend. Vorsichtig beugte sich Erziraphael hinunter und schloss die Augen. Wenn er ein Herz gehabt hätte, hätte es jetzt sicher bis zum Anschlag geschlagen.

"Ich...kann nicht. Ich...darf nicht..."

Ihre Lippen waren nur noch wenige Millimeter voneinander entfernt, da klopfte es an der Türe des Buchladens und Erziraphael sowie auch Crowley schreckten so hoch, dass sie mit den Köpfen zusammenschlugen.

"AUTSCH!"

"Aua! Gott, das tat weh!"

"Engel! Was machst du denn?"

"Ich? Ich habe gar nichts...ich muss erst mal die Türe aufmachen!"

Schlaftrunken erhob sich der Dämon, schnippte einmal mit dem Finger um die Gerüche von Alkohol loszuwerden und nun auch wie gestriegelt und frischer Kleidung den unangekündigten Besuch zu erwarten.

Wie sich herausstellte, waren es die Wachen, die den Engel letzte Nacht zu dem Vorfall mit der Prostituierten verhört hatten.

"Leider stehen wir auch wieder einmal ohne Beweise da aber wir wissen, dass der Mörder es speziell auf Prostituierte und Huren abgesehen hat. Vielleicht hilft uns das ihn vor seinem nächsten Vergehen auf die Schliche zu kommen."

"Nun, wenn die Herren gestatten, mein...Freund und ich würden uns gerne an den Ermittlungen beteildigen wenn es Ihnen recht wäre."

Die beide Wachen wechselten irritierte Blicke zwischen Erziraphael und Crowley hin und her aber leider war der Engel entgegen dem Dämon wieder zu naiv um zu bemerken, was er da gerade gesagt hatte.

"Nun, jeder Hinweis wäre eine große Hilfe! Eigentlich würden wir ungerne Zivilisten mit in diese Angelegenheit ziehen, es sind bereits zu viele Menschen ums Leben gekommen und wir können kein Risiko eingehen aber ich denke, dass harte Zeiten auch harte Maßnahmen bedeuten. Das Opfer wurde mit genau 38 Stichen eines Messers getötet. Wir gehen davon aus, dass bereits die ersten Stiche ihr das Leben nahmen und sie die weiteren gar nicht mehr mitbekommen hat."

Diese Aussage beruhigte den Engel keinesfalls, dies fiel auch Crowley auf. Der andere Polizist schüttelte nur den Kopf.

"Tss, auch wenn es schon sein fünftes Opfer war, es waren Huren, die niemand vermisst."

Erbost erhob Erziraphael seine Stimme.

"Entschuldigen Sie mal bitte! Bei allem Respekt, ich verbitte mir, dass Sie in diesem Ton über das Opfer reden! Dieses Mädchen...vielleicht hatte sie irgendwo Familie..."

Der Engel erntete nur einen mahnenden Blick von dem angesprochenen Polizisten, der andere hingegen versuchte die Situation zu entschärfen.

"Ich verstehe durchaus Ihre Wut und es tut mir sehr leid, dass Sie das gestern mitansehen mussten. Wenn Sie uns immer noch mit Ihrer Hilfe zur Verfügung stehen würden, dann wären wir Ihnen sehr dankbar!"

Crowley mischte sich ein.

"Natürlich werden wir das! Mein Freund und ich stehen Ihnen mit Rat und Tat zur Seite und wenn uns was auffallen sollte, so werden wir Sie umgehend informieren! Wir sind doch anständige Bürger!"
 

*~*
 

Dem Engel entglitt ein langer Seufzer als die Polizisten den Buchladen wieder verlassen hatten. Er wandte sich dem Dämon zu, der bereits seinen Gehstock in der Hand hielt und bereit war, Ermittlungen aufzunehmen.

"Hast du das mit Absicht gemacht?"

"Was meinst du, Engel?"

"Naja, ihnen zu sagen, dass ich dein Freund bin?"

Crowley konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

"Kommt drauf an, wie du es auffasst!"

"Ehm...wie meinst du das?"

"Komm, Engel! Wir haben zu tun! Von alleine lässt sich der Mörder nicht schnappen!"

Mit geröteten Wangen setzte Erziraphael seinen Zylinder auf, ergriff ebenfalls seinen Gehstock und folgte Crowley auf die Straße.

"Ich habe mir überlegt, dass wir uns die örtlichen Bordelle vorknüpfen. Vielleicht auch die Damen oder Angehörige befragen, die wir ausfindig machen können. Ansonsten würde ich vorschlagen, dass wir uns bei Nacht die Bordelle vornehmen, die der Mörder noch nicht angegriffen hat. Es gibt genug solcher Etablissements in London, die Auswahl ist also groß genug."

Erziraphael war erstaunt über Crowley's Aussagen.

"Wie bereitwillig du mir nun doch hilfst."

"Ich konnte doch nicht mitansehen, wie du vor den beiden Polizisten beschämt wirst."

"Ach, darum geht es dir nur?"

"Ach quatsch, Engel! Du nimmst immer alles direkt so ernst!"

"Ernst? Die Sache ist ernst, Crowley! Ich habe nur das Gefühl, dass du mich nicht ernst nimmst."

"Nach der Sache von heute Morgen glaube ich das schon fast."

"W-was meinst du?"

Der Dämon machte kehrt und ging auf den Engel zu.

"Denkst du, ich habe nicht mitbekommen, wie du mich angeschaut hast? Wie du mir näher kamst?"

Ihm entging nicht die plötzliche Röte, die dem Engel ins Gesicht stieg. Erziraphael schaute verlegen weg.

"Ich frage mich manchmal, was es ist, was du möchtest, Erziraphael. So wie du dich verhälst ist es kein Wunder, dass die Polizei dich nicht ernst genommen hat."

"Wie meinen?"

"Naja, du sagtest, dass ich dein Freund sei!"

"Nun...du...bist ja auch mein Freund. Was ist so falsch daran?"

Ein Grinsen huschte über Crowley's Lippen.

"Engel...du bist so naiv."

"Hör auf! Was willst du eigentlich von mir?"

"Wie schon gesagt, Engel. Die Frage ist eher, was du willst."

Bis sie das nächste Bordell erreichten sprachen sie kein Wort mehr miteinander. Die Zeugenaussagen der dort lebenden Prostituierten half den beiden nicht viel weiter. Angeblich hatte keiner etwas gesehen, einige verfielen in lautes Schluchzen als sie auf die Opfer angesprochen wurden, einige in blanke Panik. Sowohl Dämon als auch Engel konnten es den Frauen nicht verübeln, schließlich kannten sich die Damen untereinander. Crowley bemerkte, wie es dem Engel anfangs sichtlich unwohl war die freizügigen Damen zu interviewen. Ein gewisses Schamgefühl hatte er im Laufe der Zeit dann doch schon entwickelt und sie beide mussten feststellen, dass die Frauen alle nicht gerade unattraktiv wirkten.

In den späten Abendstunden zogen sich die beiden in einen Pub zurück, wo sie die Ereignisse des Tages Revue passierten und während Crowley sich ein Bier genehmigte, entschloss sich Erziraphael für einen schwarzen Tee mit einem Schuß Milch.

"Letzten Endes sind wir kein bisschen schlauer als vorher. Aber ich glaube auch, dass uns die Damen nicht ganz die Wahrheit sagen."

"Was hast du erwartet, Crowley? Ich denke, dass sie alle furchtbare Angst haben."

"Nichtsdestotrotz ließen sich einige nicht entmutigen, dich anzuschmachten."

"Mich? Hör auf!"

"Hast du es nicht bemerkt, wie die eine Dame mit den blonden Haaren dich gemustert hatte? Ich glaube, sie hätte dir sicher mehr erzählt wenn du..."

"Sei still! Sowas würde ich nie tun! Vielleicht ist das deine Masche aber ich...ich tue sowas nicht!"

"Nein, du bist ja ein Engel und frei von jeglicher Sünde!"

"Und du als Dämon scheust dich überhaupt nicht sowas zu tun!"

"Wer weiß."

Crowley erntete einen wütenden Blick von Seiten des Engels, dieser nahm daraufhin einen tiefen Schluck seines Tees. Crowley versuchte die Situation zu retten.

"Aber nett von dir, dass du den Damen ein wenig Geld zugesteckt hast. Auch ohne derartige Geschäfte."

"Sie...sahen alle so unterernährt aus und bei der schmutzigen Arbeit...sollten sie dennoch bei Kräften bleiben."

Und das war es, warum der Dämon Erziraphael so sehr mochte und schätzte. Er dachte zuerst immer an andere als an sich selbst und vergaß dabei oft sein eigenes Wohl.

"Du bist ein guter Engel, Erziraphael."

"Manchmal bezweifele ich das sehr aber danke."

"Ich würde es nicht sagen wenn es nicht so wäre."

Er sah, wie sich die Miene des Engels etwas aufhellte.

"Ich denke, ich werde gleich noch einmal die örtlichen Freudenhäuser in der Gegend in Augenschein nehmen. Es kann nicht schaden noch einmal an die Orte zurückzukehren, wo der Mörder bereits zugeschlagen hat. Vielleicht...kommt er nochmal zurück."

"Das bezweifele ich, Engel. Mörder kommen meist nie an ein und denselben Ort zurück weil sie davon ausgehen, dass man dort schon auf sie wartet. Außerdem will ich nicht, dass du alleine gehst."

"Ich bin Jahr und Tag alleine durch die Straßen Londons gezogen, ich brauche keinen Beschützer, Crowley!"

"Nein, brauchst du nicht!"

"Wieso...wieso nimmst du mich nie ernst?"

"Ich nehme dich durchaus ernst! Aber vielleicht solltest du etwas ehrlicher zu dir selbst sein!"

"Das bin ich!"

"Nein...bist du nicht! Denn ich weiß ganz genau, wie du da saßt und gezittert hast als ich dich bei der Frauenleiche sah."

Schweigen legte sich zwischen die beiden und Crowley musterte den Engel einerseits mit ernstem aber auch mit besorgtem Blick. Der Engel legte ein paar Pfund auf den Tisch und erhob sich.

"Wir sehen uns morgen, Crowley!"

"Ja...wie du meinst."
 

*~*
 

Crowley hatte nicht Unrecht gehabt und Erziraphael hätte sich dafür ohrfeigen können, dass er diese Verantwortung wieder alleine auf sich nahm. So zog er schweigend und mit bedrückendem Gefühl in der Brust durch die Straßen Londons, in der Hoffnung eine Spur zu finden. Er war ja auch nicht gerade unauffällig in seinem weißen Anzug und dem gleichfarbigen Zylinder und gerade im Schein der Straßenlaternen fiel er natürlich direkt auf.

Er beschloss gerade den Rückweg zum Buchladen anzutreten als er aus der Ferne einen Schrei vernahm.

"NEIN, BITTE NICHT! STOPP!"

Sofort rannte Erziraphael in die Richtung, aus dem der Schrei kam. Es war diesmal nicht weit entfernt von ihm aber als er ankam, war es bereits zu spät. Er erblickte eine dunkle Gestalt, deren Gesicht er nicht erkennen konnte. In ihrer Hand eine Klinge voller Blut und am Boden ein weiteres Opfer, was die Klinge gefordert hatte. Erziraphael war so starr vor Schreck, dass er nicht mitbekam, wie die Gestalt auf ihn zukam und den Engel gegen die Mauer hinter sich drückte. Er konnte das Gesicht des Mannes nicht erkennen, welches von einer Art Maske verdeckt wurde und er war zu perplex, um in jenem Moment die Zeit anzuhalten und so machte sich Panik auf seinem Gesicht breit als er die Klinge spürte, die der maskierte Unbekannte ihm kurzerhand in die Hüfte rammte. Ein weiteres Mal schaffte er nicht, denn der Engel schaffte es mit letzter Kraft die Klinge mit der Hand abzuwehren, wobei sie tief in seine Handfläche schnitt. Das war es also, was Menschen dazu antrieb Schmerzen zu erleiden wenn sie in Paniksituationen waren. Adrenalin pumpte durch Erziraphael's Körper, er war der Ohnmacht nahe aber er gab nicht nach, bis aus der Ferne eine vertraute Stimme ertöhnte und den Unbekannten in die Flucht schlug.

"ERZIRAPHAEL! ERZIRAPHEL! OH...oh Gott!"

Der Engel brach zusammen. Er bemerkte nicht, wie Crowley ihn auffing, der Schmerz war zu groß. Das Letzte, woran Erziraphael dachte, bevor seine Welt schwarz wurde war, wie stark die Menschen doch waren und dass er wieder einmal feststellen musste, wie sehr er diese für ihren Mut, selbst in Stunden ihrer Angst bewunderte und respektierte.

Darling...

"Erziraphael...Erziraphael, bitte wach auf."

Langsam öffneten sich die Augen des Engels. Ihm war immer noch etwas schwummrig und sein Blick trüb aber er erkannte die Umgebung nur zu gut. Er vernahm den Geruch von frischen Kakao und...war das Crowley's Hand, die seine festhielt?

"Erziraphael?"

"C-Crowley...was...was ist geschehen?"

Etwas tropfte auf seine Wange. Durch seine eingeschränkte Sicht konnte er es nicht sehen aber er ahnte, dass Crowley weinte.

"Du dummer Engel! Ich habe dir doch gesagt, dass du nicht alleine losziehen solltest!"

Seine Hand legte sich fester um die des Engels. Langsam begann Erziraphael sich zu erheben und bemerkte, dass die Wunden an Hüfte und Hand verheilt waren.

"Die Wunden..."

"Ich habe sie versorgt als du ohnmächtig warst. Du selbst konnte es ja nicht mehr!"

"D-danke!"

"Bedank dich nicht! Ich...bin fast wahnsinnig vor Sorge gewesen! Du hast mir einen furchtbaren Schrecken eingejagt! Ich kann dich einfach nicht alleine lassen, du...du..."

Doch da legte der Engel seine Arme um Crowley.

"Danke...ich danke dir vielmals. Dass du mir...das Leben gerettet hast."

Vorsichtig legte nun auch der Dämon seine Arme un den Engel. Er zitterte am ganzen Körper aber Erziraphael sorgte dafür, dass das Zittern langsam nachließ.
 

~"Mein Engel, ich würde...dich immer und immer und immer wieder retten. Weil ich...weil ich dich..."~
 

Crowley dachte seine Gedanken nicht zu Ende, stattdessen blickte er den Engel erleichtert an.

"Gott sei Dank war ich noch rechtzeitig da!"

"Das warst du allerdings! Was ist mit dem Mädchen? Hat sie..."

Doch der Dämon schüttelte den Kopf.

"Leider nicht, Engel. Sie starb an Ort und Stelle. Ich habe die Polizei verständigt, sie haben sich dem Fall angenommen."

"Ich war...also wieder zu spät."

"Es ist nicht deine Schuld, Erziraphael!"

"Aber ich war fast bei ihr! Ich hätte etwas tun können!"

"Du konntest es aber nicht. Und jetzt beruhige dich bitte. Ich habe deine Wunden geheilt, bevor die Polizei eintraf. Ich habe ihnen gesagt, dass du mit dem Mörder in einen Kampf geraten bist und er dich ohnmächtig geschlagen hat. Sie sollten nicht zu viele Fragen stellen."

"Danke."

"Bitte, Erziraphael. Die Sache ist sehr gefährlich. Ich weiß, dass du es gut meinst aber wie oft wärst du beinahe entkörpert worden wenn ich dich nicht gerettet hätte?"

"Ich verstehe dich, Crowley. Nur..."

"Nur was?"

"Weißt du, ich war nie in Kämpfe oder ähnliches involviert, außer vielleicht als ich Ritter der Tafelrunde in Wessex war aber selbst da habe ich nie jemanden getötet. Aber diese Frauen sterben zu sehen und nichts getan zu haben...ich fühle mich schuldig weil ich ihnen nicht geholfen habe."

"Dann müsstest du dich aber für jede verlorene Seele schlecht fühlen, die du nicht retten konntest. War es nicht auch so zur Zeit der Schreckensherrschaft?"

"Ja...schon irgendwie...viele Unschuldige sind gestorben."

"Und du wirst es nach wie vor nicht verhindern können, Engel. Die Menschen...sie sind halt so. Menschlich halt."

Der Engel nickte kaum merklich aber stimmte dem Dämon zu.

"Ja...du hast wohl recht. Weißt du...im Angesicht des Todes hatte ich daran gedacht, wieviel Hochachtung ich doch von den Menschen habe, denn selbst wenn sie dem Tod ins Auge sehen, schöpfen sie selbst in den Stunden der Hoffnungslosigkeit Kraft und Mut, der ihnen hilft weiter zu kämpfen."

"Engel..."

"Ich denke, ich sollte mich nochmal eine Weile hinlegen."

"Gut. Ich werde mich solange nochmal in der Stadt umsehen. Vielleicht hat ja jemand etwas mitbekommen oder doch noch was gesehen."

"Ich dachte, du wolltest die Sache auf sich beruhen lassen, Crowley."

"Es schadet ja nichts nochmal die Augen und die Ohren aufzuhalten und zur Not...benachrichtige ich die Polizei. Ruh du dich bitte aus."

Crowley verließ den Buchladen und dem Engel huschte ein Lächeln über die Lippen. Kurz darauf fiel er in einen tiefen Schlaf.
 

*~*
 

Sein Atem ging schwer, er fühlte Hände auf seiner Brust, die tiefer zu seinen Hüften fuhren und seine Oberschenkel streichelten. Um ihn herum war alles weiß, der Engel krallte sich in die weißen Laken und biss sich auf die Unterlippe.

"Keine Sorge, Engel. Du wirst es genießen."

"C-Crowley..."

Er spürte die nackte Haut, die sich gegen ihn presste und dem Engel wurde heiß. Die Zunge des Dämons glitt sanft über seinen Hals und seine Nackenbeuge, liebkosten die makellose Haut des Engels und ließen diesen erregt aufstöhnen. Die Küsse des Dämons brannten wie Feuer auf seinen Lippen und drohten den Engel beinahe zu verbrennen. Langsam bahnte sich die Zunge des Dämons ihren Weg zu Erziraphael's Brust, leckte nekisch über seine Brustwarzen, saugten und dann biss er sanft zu.

"Ah! Crowley!"

Waren das seine Lustschreie? Wieso empfand der Engel so? Ihm wurde ganz anders, wieso erregten ihn diese Berührungen so sehr?

"Erziraphael, mein Engel. Ich will dich! Ich will dich so sehr! Ich liebe es wie du riechst, wie du schmeckst..."

"N-nein, Crowley! Nicht! AAAHHH!"

Er konnte es nicht verhindern als der Dämon seine Beine auseinanderpresste und sein Kopf zwischen Erziraphael's Schenkel verschwand. Er spürte nur die aufkommende Hitze, die sich in seinen Lenden breit machte als der Dämon seine Erregung in den Mund nahm. Lautes Liebesstöhnen erfüllte den Raum, Erziraphael konnte es nicht zurückhalten. Sein Körper bebte, seine Hände krallten sich in das rote Haar des Dämons während er die intimen Berührungen der Zunge Crowley's genoss. Dieser liebkoste sanft die Spitze, bekam die ersten Lusttropfen des Engels zu schmecken.

"Ah! Crowley! Ich...kann nicht! Ich...bin doch ein Engel!"

"Und? Ich sehe doch, wie sehr du dich quälst. Wieso gibst du dich nicht deinem Verlangen hin?"

"Hmmm...nein..."

Crowley's Hände wanderten zu Erziraphael's Brustwarzen, seine Fingerspitzen rieben ganz sachte über die rosefarbenen Stellen und verschafften dem Engel einen Schauer am ganzen Körper. Wie er sich unter den Berührungen des Dämons wandt, seine Stimme hob und senkte sich in unregelmäßigen Abständen. Er spreizte die Beine, ließ die Berührungen des Dämons an seiner Länge zu und gab sich ihm hin. Er spürte, wie etwas gegen seinen Eingang drückte und ihn aufstöhnen ließ als der Dämon einen Finger in Erziraphael versenkte und mit sanften, stoßenden Bewegungen den Engel zum schreien brachte.

"Ja! Hmmm...das...fühlt sich...so gut an!"

Vorsichtig kam Crowley zu seinem Engel hoch, lächelte ihn an. Seine Hand streichelte sanft die Wange des Engels, seinen Lippen lockten für einen weiteren Kuss.

"Erziraphael...sag mir, was du möchtest. Sag mir, wonach es dich verlangt."

"Ich..."

Und dann zog der Engel Crowley auf sich drauf und küsste ihn, bevor seine Stimme nah an das Ohr des Dämons drang und diesem zuflüsterte.

"Ich will dich, Crowley!"

Dann war da Hitze! Gefühle, die Erziraphael nicht mit Worten beschreiben vermochte. Wie eine Explosion, die seinen Körper gefangen nahm als der Dämon in ihn eindrang und sein Innerstes ausfüllte. Und dann stieß Crowley zu, rhythmisch und lauschte der erregten Stimme des Engels, der sich unter dem Dämon wandt und sich in dessen Rücken krallte und dort seine Spuren hinterließ.

"Crowley! Ich...ich liebe dich! Ich liebe dich...so sehr!"

"Mein Engel! Mein Engel Erziraphael!"

"Lass mich nie wieder los! Bitte! Ah!"

"Nein, mein Engel! Ich lasse dich...nie wieder los!"

Ihre Körper waren eins. Noch nie hatte sich Erziraphael befreiter gefühlt. Tränen der Lust und vor Wonne liefen über seine Wangen, er verschränkte mit dem Dämon die Finger. Er fühlte die heiße Zunge des Dämons an seinem Hals bis sie wieder in seinen Mund drang und ihre Zungen wild miteinander spielten. Der Dämon drückte seine Beine nach vorne, ergriff die Länge des Engels und beobachtete, wie die ersten Tropfen seiner Lust sich auf dessen Bauch ergossen. Erziraphael biss sich auf die Unterlippe und krallte sich fester an den Dämon. Alles in ihm war so heiß, sein Körper glühte, in ihm pulsierte der Dämon.

"Crowley! Ich...ich komme gleich! Ich...ich komme!"

"Ja, Erziraphael! Lass uns...zusammen kommen, mein Engel!"

"CROWLEY, ICH..."
 

*~*
 

"Hmmmm...Crowley..."

Langsam öffnete der Engel seine Augen. Als er sich im Raum umschaute, war er alleine. Mit einem Mal saß er aufrecht und schaute sich erschrocken im Buchladen um.

"Oh...Gott...was war...denn das für ein Traum?"

Vorsichtig berührte er mit den Fingern seine eigenen Lippen.

"Ich kann...seinen Kuss immer noch fühlen...seine Lippen...seine Zunge schmecken."

Dann schlug er sich mit der flachen Hand gegen die Wange.

"Bin ich eigentlich von allen guten Geistern verlassen?"

Er raffte sich auf und schaute an sich herunter. Gott sei Dank keine Spuren von irgendwelchen Gelüsten. Er bemerkte allerdings nicht, dass sich bereits jemand im Raum befand, der sich vorsorglich hinter eines der Bücherregale gestellt hatte und sich den Mund zuhielt. Crowley war zwischenzeitlich zurückgekehrt, hatte den Engel aber schlafen lassen bis dieser anfing lüsterne Geräusche von sich zu geben und beinahe hätte sich der Dämon dazu verleiten lassen, den Engel im Schlaf zu berühren. Seine Wangen waren erhitzt, nachdem er dem Stöhnen, welches der Engel im Schlaf von sich gegeben hatte lauschte. Er leckte sich verspielt um die Finger und blickte in die Richtung des Engels.

"Wie gerne...wie gerne würde ich...meinem Verlangen nachgeben. Weißt du eigentlich, wieviele Jahre ich mich schon nach dir verzehre? Engel, du weißt nicht, wie sehr es mich nach dir verlangt."

Wrong Track...

Crowley schaute verlegen zur Seite als er bemerkte, wie der süße Saft des Apfels, den Erziraphael gerade verzehrte an dessen Mundwinkel entlanglief. Schnell leckte der Engel diesen sauber und der Dämon atmete erleichtert auf. Er hatte, nachdem Erziraphael aus seinem abenteuerlichen Traum aufgewacht war sich so lange versteckt, bis er die Gelegenheit nutzen konnte, um so zu tun als ob er den Buchladen gerade erst betreten hatte. Ansonsten wäre die ganze Situation wohl recht peinlich für beide geworden.

Sie waren sodann auf den Markt gegangen, um eventuell Gespräche aufzufangen, die ihnen vielleicht auf ihrer Suche nach dem Mörder von nutzen sein konnten.

"Glaubst du wirklich, dass wir hier fündig werden?"

"Menschenmengen sind die beste Möglichkeit, um eventuell an Spuren zu gelangen."

"Warst du denn nicht schon heute morgen in der Stadt, Crowley?"

"Hmm...ja, schon aber irgendwie kam dabei nicht wirklich was rum."

"Wieso bist du so rot im Gesicht? Geht es dir nicht gut?"

"Mit mir ist alles in Ordnung, Engel!"

Irgendwie nahm Erziraphael das Crowley nicht ab aber hinterfragte auch nicht weiter. Ihr Weg führte sie schließlich zum Bahnhof, wo Erziraphael mit Bewunderung die Lokomotiven begutachtete.

"Ist die Industrialisierung nicht bemerkenswert? Die Menschheit ist zu so vielen großartigen Dingen fähig! Ich finde diese Art der Fortbewegung sollten wir vielleicht eines Tages auch mal nutzen!"

Crowley sah das Leuchten in den Augen des Engels und war erleichtert. Es war ihm lieber seinen Engel strahlen zu sehen als ihn nochmal fast sterbend in den Armen zu halten.

"Es ist schön dich wieder lachen zu sehen, Engel. Wenn du möchtest können wir, wenn das alles hier vorbei ist mal einen Trip auf einem der neusten Züge wagen!"

"Sehr gerne!"

"Ich...ich denke, dass wir hier heute nicht mehr fündig werden. Wir sollten zurück zum Laden gehen."

"Wir haben uns doch noch gar nicht richtig umgeschaut. Geht es dir vielleicht doch nicht gut, Crowley?"

Ihm ging es durchaus nicht gut, das lag aber weniger daran, dess es ihm schlecht ging, sondern an der Tatsache, dass er seit der pikanten Situation im Buchladen ziemlich heiß war und sie zusammenreißen musste, um nicht über den Engel herzufallen.

"Ich denke, du solltest heute besser alleine zum Buchladen gehen, Erziraphael."

"Was? Nachdem, was gestern passiert ist?"

"Ich denke, dir geht es soweit gut."

"Wo...wo willst du denn hin?"

"Ich schau mal, was ich finde."

"Hast du denn einen Ort, wo du übernachten kannst?"

"Natürlich, jede Menge!"

"Du...kannst auch bei mir bleiben."

Crowley rückte sich die dunkle Sonnenbrille und den Zylinder zurecht. Er musste sich räuspern, er hatte plötzlich das Gefühl einen furchtbaren Kloß im Hals zu haben.

"Erziraphael, ich denke...das wäre keine gute Idee."

Er bemerkte durchaus, wie der Engel rot um die Nase wurde. Bevor allerdings noch einer der beiden was sagen konnte, pfiff einer der Züge laut und setzte sich in Bewegung. Dabei erschrak der Engel so sehr, dass ihm beinahe der Zylinder vom Kopf flog.

"Oje! Nun gut, dann...mache ich mich mal auf den Weg. Gute Nacht...Crowley."

Der Dämon tippte zum Abschied seinen Hut an und sah dem Engel so lange hinterher, bis dieser außer Sichtweite war. Er blickte zum Himmel und bemerkte, dass es langsam dunkel wurde. Vielleicht...sollte er den Engel doch nicht alleine gehen lassen.

"Ich...bin so dumm."
 

*~*
 

Statt den direkten Weg nach Hause zu nehmen bahnte sich Erziraphael seinen Weg an den neu gebauten Gleisen vorbei. Die Sonne drang nur noch schwerlich durch die dicht beieinanderstehenden Gebäude und der dunkle Rauch, der aus den hiesigen Schornsteinen diverser Fabriken drang machte es dem Engel unmöglich klare Sicht zu fassen.

Er schaffte es sich den Weg bis zum Ende der Gleise zu arbeiten, wo eine Abzweigung weiter durch den Bahnhof und einmal in Richtung Stadt führte. Beim Heraustreten bemerkte er nicht, wie jemand sich von hinten anschlich und ihm folgte. Erst als er in eine Gegend mit mehreren dunklen Gassen geriet vernahm er die Schritte hinter sich. Erziraphael versuchte unbeirrt seinen Weg fortzusetzen, spürte aber in jenem Augenblick einen furchtbaren Druck auf der Brust. Dann nahm sein Verfolger die Spur des Engels auf und begann diesen durch endlose Gassen zu hetzen. Nunmehr ärgerte sich Erziraphael noch mehr, dass er immer weiße Kleidung trug, denn damit war er mehr als auffällig gekleidet und es fiel ihm schwieriger seinem Häscher zu entkommen.

Er war außer Atem und mahnte sich innerlich einmal mehr, dass er so schlecht in Form war. In jenem Moment wurde er am Arm gepackt und in eine Gasse gezogen. Beinahe hätte er geschrien, hätte er in jenem Moment nicht die gelben Schlangenaugen hinter der dunklen Sonnenbrille erkannt.

"C-Crowley?"

"Pssst, sei jetzt still! Du wirst schon die ganze Zeit verfolgt!"

Der Dämon drückte sich schützend an den Engel, damit er in der Gasse nicht zu erkennen war und spürte im selben Zuge, wie Erziraphael panisch zitterte. Vorsichtig legte der Dämon dem Engel einen Finger auf die Lippen.

"Pscht, ganz ruhig. Ich bin da, du brauchst dich nicht zu fürchten."

Es wäre die perfekte Gelegenheit gewesen. Der Engel schaute mit leuchtenden Augen zu Crowley hoch und dieser war für einen Moment wirklich verleitet, den Engel um einen Kuss zu berauben. Ihr Verfolger war ganz nah und Erziraphael vernahm nur das schwere Atmen des Dämons, der sich immer enger gegen den Engel presste.

"Crowley...was..."

"Sei...still..."

Es war zu dunkel um überhaupt etwas zu sehen, so bemerkte Erziraphael kaum, wie Crowley's Lippen nur zaghaft seine Lippen streiften und trotzdem wurde ihm ganz anders. Er merkte, wie sich die Hände des Dämons auf seine Hüften legten und Erziraphael's Atem schwerer ging. Wenn Crowley ihm gerade in die Augen sah, konnte der Engel es nicht sehen, da es schon zu dunkel war aber er konnte es erahnen.

"Crowley..."

"Engel..."

Und dann sauste eine Klinge hinab und prallte gegen Crowley's Gehstock, den er instinktiv hochriss. Der Engel wurde zur Seite gedrängt, doch er fasste sich in jenem Moment, um mit einem Fingerschnippen die Gasse in schummriges Licht zu hüllen. Er konnte es nicht genau sehen aber es schien, als ob Crowley seinen Verfolger in ein Duell verwickelt hatte. Im nächsten Augenblick begann zwischen ihm und dem Unbekannten eine Verfolgungsjagd durch die Gassen und Erziraphael raffte sich schnellstens auf, um an den beiden dranzubleiben.

Ihr Weg brachte sie zurück zum Bahnhof, Crowley war um weiten schneller als der Engel, dennoch versuchte er das Tempo beizubehalten und die beiden nicht aus den Augen zu verlieren.

Als sie den Bahnhof erreichten, stellten sie feste, dass der Unbekannte auf eine Lok aufsprung, die sich sogleich in Bewegung setzte. Der Lokführer bekam es nicht mit, viel schockierender für Erziraphael war die Tatsache, als er feststellte, dass Crowley seinem Häscher gefolgt und ebenfalls auf den Zug aufgesprungen war und dieser fuhr nun mit gleichmäßiger aber schneller Geschwindigkeit aus dem Bahnhof hinaus. Der Engel schaffte es gerade so noch den letzten Waggon zu erwischen, dabei wurde ihm beinahe der Zylinder vom Kopf geweht aber er konnte es nicht verantworten, sollte Crowley etwas zustoßen.

Auf dem Zug selber hatte Crowley bereits die Verfolgung aufgenommen, der starke Wind, der durch die Fahrt erzeugt wurde hatte ihm bereits dem Zylinder vom Kopf geweht und der geheimnisvolle Unbekannte stand nun vor ihm, bereit den Dämon in ein Gefecht Mann gegen Mann zu verwickeln. Crowley versuchte zu vermeiden, seine Kräfte zu nutzen, das wäre selbst für die Hölle zu auffällig gewesen, also blieb nur der Ausweg kämpfen! So wendete er seinen Gehstock immer wieder geschickt gegen die herabsausende Klinge und er stellte nicht minder feste, dass der Unbekannte sehr flink sowie auch sehr geschickt die Klinge führte. Zweimal erwischte er den Dämon auf der Wange, ein Schnitt bahnte sich durch die Kleidung an seiner Brust und hinterließ einen sauberen Schnitt.

Crowley fiel auf, dass sich die Lok auf den Weg zu einem anderen Bahnhof befand, allerdings in der Richtung auch eine unfertige Eisenbahnstrecke wartete. Er musste den geheimnisvollen Unbekannten schnell überwältigen, sonst hätten sie vielleicht ein riesiges Problem. Doch bevor Crowley weiter reagieren konnte, verpasste der Unbekannte, der beim Nähertreten eine Maske trug ihm einen harte Schlag ins Gesicht und Crowley taumelte nach hinten. Er fiel und geriet zwischen zwei Waggons, wo er sich gerade so an der Brüstung festhalten konnte. Erzirphael, der das Szenario gerade so mitbekam als er auf den letzten Waggon kleckerte sah nur noch mit Schrecken zu, wie Crowley zwischen den Wagen verschwand und nicht mehr auftauchte. Er rannte los, seine Brust drohte zu zerbersten.

"Um Himmels Willen, Crowley!"

Er kam näher und sah nur noch, wie der Fremde an einer gewissen Stelle Anlauf nahm und vom Wagen ansprang. Dabei erfasste er einen Hebel und...mit Schrecken stellte Erziraphael feste, dass der Zug plötzlich umgeleitet wurde. Kaum zu fassen, dass dieser Kerl es überhaupt geschafft hatte lebend von einem fahrenden Zug zu springen, jetzt musste Erziraphael alle "Hebel in Bewegung setzen", damit sie nicht an der unfertigen Eisenbahnstrecke in den Tod stürzten oder besser gesagt entkörpert wurden. Er hätte keine Ahnung, wie er dieses Vorkommnis seiner Zentrale erklären sollte aber nun war es wichtiger Crowley zu befreien.

Als er den Waggon erreichte, sah er, wie der Dämon krampfhaft versuchte sich hochzuziehen. Blut floss über seine Wange. Erziraphael war eigentlich nicht lebensmüde, in jenem Moment war es ihm aber egal, was mit ihm passierte, ihm war wichtig, dass er Crowley rettete und dieser hatte nun schon unzählige Male den Engel aus unagenehmen Situationen befreit.

"CROWLEY, NIMM MEINE HAND! SCHNELL!"

Der Dämon reckte sich nach oben und in jenem Moment, wo er die Hand des Engels packte raste der Zug gegen das Schild, das eigentlich einen Zug- oder Lokführer davon abhalten sollte die Strecke zu befahren und Crowley's andere Hand verlor den Halt an der Brüstung. Nun taumelte er gefährlich zwischen den beiden Wagen und beinahe schien es, als ob Erziraphael ihn nicht halten könnte, doch er brachte all seine Kraft auf und zog den Dämon auf den Wagen, wo dieser prompt auf den Engel fiel.

"Wow, danke für die Rettung, Engel."

"Bedank dich nicht zu früh, Crowley! Noch sind wir nicht sicher!"

"Wieso? Was meinst...OH MEIN GO...SATAN!"

Mit Schrecken sahen sie, wie der Zug geradewegs auf die unfertige Strecke zusteuerte, die unter anderem eine unfertige Brücke mit einschloss und der Abgrund war erschreckend tief. Erziraphael schnipste mit dem Finger und brachte so den Lokführer dazu aus dem der Lok zu springen, bevor sie den Abgrund erreichten.

"Wenigstens kann er sich so retten!"

"Sehr gutmütig, Engel aber jetzt sollten wir unsere eigene Haut retten!"

"Ich denke, es nützt nichts die Zeit anzuhalten, oder?"

"Nein, der Zug wird so oder so abstürzen, mit oder ohne uns!"

"Springen wir?"

"Natürlich springen wir! Und wie ich immer sage, wenn du gehen musst, dann tu es mit Stil!"

Der Engel verdrehte die Augen, es war nicht zu übersehen, dass Crowley irgendwo Spaß an der Sache hatte. Der Dämon ergriff die Hand des Engels, nahm Anlauf und bevor der Zug sie mit in die Tiefe reißen konnte fielen sie auf steinernen Boden, allerdings zog der Dämon den Engel auf sich, damit dieser nicht allzu sehr verletzt wurde nahm dabei in Kauf, dass seine Verletzung weiter aufriss. Erziraphael verbarg das Gesicht an Crowley's Brust als er den Aufprall des Zuges in der Tiefe und die anschließende Explosion vernahm, die wie ein ohrenbetäubendes Brüllen voller Hitze zu ihnen hinaufdrang. Dann kehrte Stille ein und das einzige, was sie noch hörten war ihr eigenes schweres Atmen.

"Erziraphael? Alles in Ordnung?"

Doch der Engel antwortete nicht. Er sah das Blut an Crowley's Kleidung und riss dessen Hemd auf.

"Crowley! Um Himmels...komm, ich bringe dich nach Hause!"

"Es geht mir gu..."

Er hatte seine Kräfte wohl überschätzt, denn als er den Schmerz auf seiner Brust richtig registrierte, fiel der Dämon schneller in Ohnmacht als er dachte. Erziraphael erlaubte sich eine Abkürzung, keiner sah hin also schnippte er mit dem Finger und sie befanden sich im Buchladen. Dort legte er den verwundeten Crowley auf sein Sofa.

"Keine Sorge. Ich kümmere mich um dich. Das bin ich dir schuldig. Du hast mich so oft gerettet, nun bin ich an der Reihe dich zu retten."

Bittersweet Temptation...

Der Engel hatte Crowley's Kopf auf seinem Schoß gebettet und seine Wunden mit wenigen kleinen Wundern geheilt. Trotzdem sorgte Erziraphael dafür, dass Crowley erst mal noch eine Weile schlief. Es schien, als ob der Dämon nach wie vor an Albträumen litt. Erziraphael hattes dies vor einigen Jahren mal in Erfahrung gebracht und schenkte ihm nunmehr angenehme Träume.

Als Crowley erwachte, war es mitten in der Nacht. Der Engel war eingeschlafen und sein Kopf war nach vorne auf seine Brust gesunken. Vorsichtig hob Crowley die Hand und streichelte den Engel sanft über die Wange.

"Erziraphael..."

Der Schreck fuhr dem Engel in die Glieder als er die zärtliche Berühung des Dämons spürte und war plötzlich hellwach.

"Ganz ruhig! Du musst dich nicht so erschrecken!"

"Crowley...Gott sei Dank, du bist wach! Wie geht es dir?"

"Dank deiner guten Pflege wieder alles bestens!"

"Das...freut mich sehr."

"Und du?"

"Hm?"

"Ist bei dir...alles in Ordnung? Du wirktest...so verängstigt als wir von dem Zug gesprungen sind."

Crowley bemerkte, dass Erziraphael etwas blass um die Nase war, doch dieser wich aus.

"Es geht mir gut. Wirklich."

Der Engel erhob sich und griff nach seiner sowie einer weiteren Tasse.

"Ich werde uns was warmes zu trinken kochen. Vielleicht hilft uns das ein wenig runterzukommen."

"Engel?"

"Ja?"

"Wäre es dir lieber wenn ich heute Nacht hierbleibe?"

Ein Moment des Schweigens verging, dann nickte der Engel kaum merklich. Er hatte durchaus Angst. Erziraphael kam schließlich wieder und hielt zwei Tassen mit heißem Kakao in den Händen. Crowley versuchte den Engel etwas zu ermutigen.

"Weißt du, was auf Kakao sehr gut kommt? Ein guter Schuss Amaretto!"
 

*~*
 

Hatte sich der Engel wirklich darauf eingelassen und nun mittlerweile seinen fünften Kakao mit Schuss aufgetrunken? Die Tasse lag nur noch schwer in seiner Hand und Crowley ging es nicht anders, doch entgegen des Engels bekam Crowley trotz der Trunkenheit noch alles mit aber dadurch, dass der Engel allgemein schon ziemlich mit den Nerven am Ende war zeigte der Alkohol eindeutig seine Wirkung.

"Ich...ich weiß auch nicht, mich...überkam es gerade einfach so. Wieso...verleitest du mich immer dazu so viel zu trinken, Crowley? Das...bin ich ja gar nicht mehr gewohnt."

"Dummer Engel. Vielleicht solltest du heute Nacht auf dem Sofa schlafen. Ich hol dir eine Decke."

Doch da griff Erziraphael Crowley am Hemd und zog ihn zu sich. Der Dämon blickte verwirrt zu dem Engel.

"Nein...bitte bleib!"

"Keine Sorge, Engel, ich gehe nicht weg."

"Bitte...bleib bei mir! Lass mich nicht...alleine! Ich...ich habe Angst!"

Crowley wusste, dass der Engel das niemals sagen würde, wäre er bei vollem Verstand gewesen. So drückte der Dämon ihn vorsichtig an sich und wog Erziraphael sanft im Arm.

"Crowley...bitte..."

"Ja, mein Engel?"

"Bleib...bleib für immer bei mir!"

Und dann tat Crowley einen Fehler, den er im Nachhinein bereuen sollte und schaute Erziraphael in die blauen Augen.

"Bitte...ich will, dass wir...zusammen bleiben, Crowley!"

Kein Wort fiel mehr, denn in jenem Augenblick pressten sich Crowley's Lippen auf die des Engels und schnitten ihm das Wort ab. Seine Hand wanderte in Erziraphael's Nacken und hielt ihn dort feste. Der Engel wusste nicht, wie ihm geschah, ließ sich aber auf den Kuss ein ohne sich zu wehren. Wie auch? Er war vollkommen betrunken.

"Erziraphael..."

"C-Crowley..."

"Halt mich doch zurück, Engel...sonst..."

Doch seine Lippen vergingen sich ein weiteres Mal an den Lippen des Engels und entlockten diesem leises Seufzen. Schwer atmete der Engel gegen Crowley's Lippen, bevor dieser den Engel sanft auf das Sofa drückte und seinen Mund mit der Zunge erforschte.

"Du...schmeckst so gut, Erziraphael!"

Es war zu verlockend. Zu einladend wie der Engel unter ihm lag und sich Crowley entgegenpresste. Der Dämon zitterte vor Entzückung versuchte sein Drängen im Zaum zu halten, doch Erziraphael legte seine Arme um Crowley und drückten diesen fester an sich. Eine ganze Weile verharrten sie in dieser Position und Crowley konnte nicht genug von Erziraphael's süßen Lippen bekommen.

"Mein Engel...soll mich doch die Hölle holen!"

Er hob Erziraphael's Arme über dessen Kopf und begann Weste und Hemd zu öffnen bis die zarte Haut des Engels darunter hervorkam und er einen Blick auf dessen Brust erhaschen konnte. Seine Zunge glitt über Erziraphael's Hals abwärts zu dessen Brust und begann dort zärtlich seine Brustwarzen zu umkreisen.

"Hmmm...Crowley..."

Seine Zungenspitze leckte nekisch über die harten Nippel, seine Lippen saugten, seine Zähne knabberten und er hörte den Engel erregt stöhnen. Langsam schob er sein Knie zwischen Erziraphael's Beine und spreizte diese vorsichtig. Dabei begann er sein Knie an des Engels Schritt zu reiben, was den Engel laut aufstöhnen ließ.

"AAAAHHHH!"

Wie schön seine Stimme klang. Wie ein himmlischer Chor. Ja, er wollte den Engel! Jetzt und hier! Dann zog Erziraphael den Dämon zu sich hoch und blickte ihm tief in die gelben Schlangenaugen.

"Bitte! Ich will dich, Crowley! Ich will dich so sehr! Bitte!"

Und Crowley erschauderte. Sein Atem ging schwer und die Lust war noch nicht abgeklungen, doch er kam wieder zu sich und ihm wurde klar, was er da gerade beinahe getan hätte. Er knüpfte Erziraphael's Hemd wieder anständig zu und verschloss die Weste bevor er mit dem Finger schnippte und den Engel in den Schlaf fallen ließ.

"Nein...so will ich das nicht. Nicht...wenn du nicht...du selbst bist, Engel. Ich weiß, du würdest es nie zugeben aber...ich weiß, dass du es auch nicht so wollen würdest. Tut mir leid, Erziraphael. Bitte verzeih mir. Morgen...wirst du dich hieran nicht mehr erinnern."

Vorsichtig legte Crowley dem Engel eine Decke rüber und setzte sich ihm gegenüber in den Sessel. Eine ganze Weile beobachtete er den Engel noch während dieser seelenruhig schlief und schämte sich für sein Verhalten.

"Ich...bin wirklich ein Monster. Es...tut mir so leid. Es tut mir so furchtbar leid...Erziraphael. Bitte...vergib mir. Ich muss...diese Gefühle für mich behalten. Wenn ich dir mein Verlangen offen zeige...was würde dann passieren? Würdest du dann fallen...genau wie ich? Nein, das kann und möchte ich nicht riskieren. Ich will, dass du deine Reinheit bewahrst. Es reicht, dass einer von uns gefallen ist. Aber wenn ich diese Gefühle nicht mehr im Zaum halten kann, was geschieht dann mit uns? Ich denke, ich muss mich damit abfinden, dass ich dich nur...aus der Ferne bewundern kann."

Carriage Chase...

"Kannst du mir sagen...was letzte Nacht passiert ist?"

"Ehm...du hast einen über den Durst getrunken und bist dann auf dem Sessel eingeschlafen."

"Oh...gut, dann bin ich beruhigt. Ich dachte schon, ich hätte es etwas ziemlich dummes getan."

Wie recht der Engel doch hatte, doch war es eher Crowley gewesen, der beinahe eine sehr dumme Entscheidung getroffen hätte. Zum Glück hatte er in jenem Moment seinen Verstand benutzt und rechtzeitig sein Verlangen stoppen können. Crowley vergaß, dass er seinen Zylinder bei der Zugfahrt verloren hatte und wunderte sich einen neuen nachdem er seine Haare richtete.

"Ich denke, ich hätte eventuell noch eine Anlaufstelle, wo wir Jack the Ripper aufspüren könnten. Die meisten Morde wurden im Stadtteil Whitechapel verübt, wenn wir da nochmal unsere Nachforschungen anstellen, haben wir vielleicht eine Möglichkeit den Mistkerl zu stellen!"

"Das klingt logisch! Wieso sind wir auf die Sache mit dem Stadtviertel nicht schon früber drauf gekommen?"

"Weil wir dumm sind?"

"Offensichtlich!"

"Naja, darüber hatte uns die Polizei nicht wirklich etwas erzählt, dabei wäre es sehr stark von Bedeutung gewesen."

"Wie hast du es herausgefunden?"

"Durch deine Zeitung. Steht dick und fett wieder heute drin."

Mit noch immer müden Augen griff der Engel die Zeitung und rückte vorher seine Lesebrille zurecht.

"Jack the Ripper hat wieder zugeschlagen. Wer ist der geheimnisvolle Mörder von Whitechapel?"

"Ich bin mittlerweile der Meinung, dass es für alle Bewohner von London eine Erleichterung wäre, wenn wir den Mörder endlich dingfest machen, Engel!"

"Crowley, ich bewundere deinen Ehrgeiz aber...wie kommst du jetzt so darauf? Ich dachte, du wolltest der Sache nicht weiter nachgehen."

Einen Moment sagte der Dämon kein Wort, seine Hände strichen unruhig über den Griff seines Gehstocks.

"Ich habe meine Meinung geändert. Vor allem...nachdem ich gestern miterlebt habe, was er dir beinahe angetan hätte. Ich habe Sorge, dass er dich jetzt ins Visier nimmt weil du als Zeuge durchgehst. Ich lasse jedenfalls nicht zu, dass er dein Leben nimmt."

Zum Glück bekam Crowley nicht mehr mit, wie Erziraphael die Röte ins Gesicht stieg aber innerlich freute sich der Engel. Sodann machte er sich frisch und folgte dem Dämon in die Stadt voller Tatendrang.
 

*~*
 

"Ich hatte soeben nochmal die Möglichkeit, mit dem Polizisten zu reden, der unsere Zeugenaussagen zu dem fünften Mordfall aufgenommen hatte. Es scheint, dass the Ripper des öfteren Briefe an die Polizei geschickt hatte, denen er unter anderem Körperteile von seinen Opfern beigelegt hatte. Die Handschriften wahren sich alle sehr ähnlich, wie jede andere in London oder sie unterschieden sich grob. Es könnte also sein, dass Jack the Ripper nicht nur eine Person ist, sondern vielmehr Personen hinter dieser Identität stecken."

Crowley schaute den Engel mit Bewunderung an.

"Nicht schlecht, Engel. Aber wieso könnten es auch mehrere sein?"

"Glaub mir, es gibt genug Frauenhasser und jene, die Prostituierte als...Gott, vergib mir, Dreck ansehen. In ihren Augen sind sie wertlos oder minderwertig."

"Sollen die meisten Männer froh sein, dass es solche Etablissements gibt, sonst wäre diese Stadt voll mit Kinderschändern und Vergewaltigern!"

"Ich denke, das ist sie allgemein schon, Crowley..."

"Das weiß ich aber du weißt, worauf ich hinausmöchte."

"Natürlich."

"Die Frage ist nur, wo wird Jack als nächstes zuschlagen? Wir haben keinerlei Anhaltspunkte und laufen ständig blind in dieselbe Richtung."

"Vielleicht müssen wir wirklich ausharren, Crowley. Eines der Freudenhäuser überwachen und Schmiere stehen, um dann im richtigen Moment zuzuschlagen. Es kann unmöglich so schwer sein, einen einzigen Mann zu überrumpeln."

"Du siehst es ja selbst, die Polizei hat es bisher nicht geschafft, Engel. Aber die Idee ist durchaus umsetzbar. Mehr Möglichkeiten haben wir nicht."

"Wenn wir das also durchziehen, werde ich als Lockvogel hinhalten!"

"Gut aber nur, wenn du keine weiße Kleidung trägst! Er kennt mittlerweile dein Gesicht und ich riskiere nicht nochmal dein Leben!"

"Keine Sorge, ich habe schon eine Idee!"
 

*~*
 

Es kam selten vor, dass Erziraphael statt weißer oder cremefarbener Kleidung dunkle Töne bevorzugte, dennoch zog er an jenem Abend einen schwarzen Umhang mit gleichfarbigen Zylinder an. Er hatte sich in der Nähe eines der Freudenhäuser positioniert, wo Jack the Ripper amm häufigsten bisher zugeschlagen hatte und stand sich nun schon seit knapp die zwei Stunden die Beine in den Bauch. Es war mittlerweile tiefste Nacht über London, dennoch war die Innenstadt noch schwer belebt. Der Plan war, dass Erziraphael so lange stillhielt bis sich eine Möglichkeit bot den Mörder zu überwältigen. Jetzt wünschte sich der Engel sein Flammenschwert herbei. Mit diesem hätte er dem Killer eine verpasst, die sich gewaschen hätte. Gleichzeitig fragte er sich, wo Crowley wohl steckte, denn dieser hatte sich seit einer gewissen Zeit nicht mehr blicken lassen.

Da! Eine Bewegung an der Ecke! Der Engel hielt sich ganz still und zog sich in die Schatten hinter sich zurück. Die dunkle Gestalt blieb ebenfalls eine Weile im Dunkeln stehen bis ihre Augen auf die junge Frau fielen, die gerade ihren Weg zurück zum Bordell antrat. Anscheinend hatte sie gerade rege Kundschaft genossen, denn sie zählte einen ganzen Bündel Scheine in der Hand ab. Ein paar Schritte weiter und die Gestalt sprang aus den Schatten hervor und wirbelte die junge Frau zu sich herum, bevor diese in Panik laut anfing zu schreien. Erziraphael packte die Gelegenheit beim Schopfe und sprang wagemutig aus den Schatten hervor, bevor er die Arme des Mörders packte und diese nach hinten zog.

"LAUFEN SIE, JUNGE FRAU! LAUFEN SIE UM IHR LEBEN!"

Damit verschwand diese wie auf's Wort in der Menge und für einen kurzen Moment schien der Mörder einen Vorteil gegenüber dem Engel zu haben, denn er verpasste Erziraphael mit seinem Ellbogen einen Schlag ins Gesicht, auf den ein Hieb mit dem Messer folgte. Zweiteres ging Gott sei Dank danaben als Crowley's plötzliches Auftauchen mit einer Kutsche erfolgte, die von zwei Pferden gezogen wurde.

"WO WILLST DU HIN, JACK THE RIPPER?"

Seiner Stimme entwich ein langgezogenes Zischen, welches den Mörder in die Flucht schlug, doch es dauerte nicht lange und Jack the Ripper ergriff die Chance und stahl sich eines der Polizeipferde! Im Eiltempo raste er durch die belebten Straßen Londons.

"STEIG AUF, ENGEL UND HALT DICH BLOSS GUT FESTE!"

Mit den Worten ergriff Crowley feste die Zügel und und die Kutsche setzte sich in Bewegung. Es fiel dem Dämon nicht schwer die Pferde zu manövrieren, sie waren schnell und wendig, allerdings musste er umso mehr aufpassen, keine Passanten über den Haufen zu rennen beziehungsweise zu fahren. Erziraphael hielt panisch seinen Zylinder feste.

"WO HAST DU DENN DIE KUTSCHE HER?"

"FRAG MAL!"

"TU ICH DOCH GERADE! ACH, VERGISS ES!"

"KEINE SORGE, NOCHMAL ENTKOMMT UNS THE RIPPER NICHT!"

"BIST DU DIR SICHER?"

Der Engel sah nur noch das breite Grinsen, das die Lippen des Dämons umspielte und anscheinend war Crowley genau in seinem Element. Die Räder der Kutsche rasten auf dem steinernen Boden, die Hufen der Pferde donnerten laut die Straße entlang. Selbst durch schmale Gassen schaffte Crowley sie alle hindurch als the Ripper versuchte sie in diesen abzuhängen.

"ES GIBT KEIN ENTKOMMEN, DU MÖRDER!"

Tatsächlich versuchte the Ripper sie mehrmals abzuhängen, doch Crowley heftete sich immer wieder an seine Fersen. Irgendwann trieben sie ihn in die Enge, doch gerade als sie dachten, sie hätten ihn gefangen, sprang er vom Pferd und kletterte wendig über die vor ihm liegende Mauer. Crowley machte kehrt und ihr Weg bahnte sich durch einige weitere Straßen, die allerdings holppriger wurdne und Erziraphael bemerkte, wie eines der Räder der Kutsche nachgab.

"CROWLEY, ICH GLAUBE, DIE KUTSCHE WIRD DAS TEMPO NICHT MEHR LANGE DURCHHALTEN!"

"SIE MUSS WEIL ICH ES SO WILL! SIE SOLL GAR NICHT WAGEN AUSEINANDERZUFALLEN! NICHT SOLANGE ICH DIE ZÜGEL IN DER HAND HALTE!"

Erziraphael sah den Glanz in Crowley's Augen. Anscheinend versuchte er jegliche Vorstellung zusammenzuhalten, damit die Kutsche nicht auseinanderbrach. Er stellte sich einfach nur vor, dass mit ihm als auch mit der Kutsche alles in Ordnung sei und so war es meist auch, auch wenn man bedachte, dass von einem der Räder bereits die Hälfte abgesplittert war. Trotzdem fuhr die Kutsche. Diese Fähigkeit kostete den Dämon jedes Mal eine Menge Kraft aber es zahlte sich aus, denn als sie gerade wieder Hauptstraße erreichten fuhren sie genau vor den Mann, den sie so gerade durch gefühlt halb Whiteschapel gescheucht hatten und kamen vor ihm zum stehen. Der Mörder blickte die beiden Männer unbeeindruckt an.

"Gib auf, Jack the Ripper! Es ist aus!"

Doch auch wenn man es hinter der Maske nicht sah, Crowley war sich sicher ein Grinsen zu erkennen und so zog the Ripper ein paar Stangen Dynamit aus seinem Mantel und entzündete die Lunten, bevor er jegliches Dynamit auf die Kutsche zuschleuderte und Crowley den Engel nur noch von der Kutsche stoßen konnte, um sich und ihn von der der Explosion zu retten. Er hörte das panische Wiehern der Pferde, die aufgebracht hochsprange und sich blind in Bewegung setzten. Hinter ihnen zogen sie die entflammte Kutsche hinter sich her. Am liebsten wäre Crowley ihnen gefolgt, doch jemand anderes hatte gerade mehr Aufmerksamkeit verdient und dieser Jemand rannte geradewegs auf Big Ben zu.

"Dieser Mistkerl! Na warte! Das war das letzte Mal, dass du einem Mädchen auch nur zu nahe gekommen bist, Jack the Ripper! Heute endet das Töten! Dafür sorge ich!"

Er hielt dem Engel die Hand hin, dessen Ohren von der Explosion immer noch klingelten.

"Alles in Ordnung, Engel?"

"J-ja. Danke. Wo ist er hin?"

"Auf dem Weg zum Big Ben! Komm, wir müssen uns beeilen!"

Und so schlugen sie sich ihren Weg bis von Westminster Abbey bis zum Big Ben durch. Es begann in Strömen zu regnen als sie den hiesigen Uhrenturm erreichten und als sie the Ripper aus den Augen verloren hatten, blieb ihnen nur eine Möglichkeit. Der Dämon fixierte die Turmuhr und nahm eine starke dunkle Präsenz wahr.

"Er ist da drin! Folg mir, Engel! Ich weiß, wo wir the Ripper finden werden!"

"Ich vertraue dir, Crowley. Und ich bleibe bei dir bis zum Ende!"

"Ich weiß, Engel. Ich weiß."

Etwas besorgt blickte Crowley zu Erziraphael, doch dann wandte er seiner Aufmerksamkeit dem Glockenturm zu und richtete mit einem verschmitzten Grinsen seine Sonnenbrille sowie seinen Zylinder.

"Showtime! Jack the Ripper mochte seine großen Auftritte, also warum ihm nicht einen Abgang mit Stil bescheren? Auf gehts, machen wir das Dreckschwein alle!"

Bloody Hell...

Als sie den obersten Teil des Uhrenturms unbemerkt erreichten, versuchten sie weitesgehend still zu sein. Sie wussten nicht, wohin genau der Mörder geflüchtet war und da die gewaltigen Glocken im Uhrenturm sehr dicht beieinander hingen, war es schwer zu erkennen, wo er sich gerade aufhielt. Er könnte sich irgendwo in der gemeinsten Ecke versteckt haben und Erziraphael und Crowley sind bestimmt schon an ihm vorbeigelaufen. Crowley ging vor dem Engel, er wollte nicht riskieren, dass dieser nochmal ins Kreuzfeuer geriet.

Sie erreichten die größten aller Glocken im Glockenturm und während Crowley die linke Seite in Augenschein nahm, ging Erziraphael rechts herum. Ein Fehler, den er direkt wieder bereute denn in der matten Reflexion der Glocke bemerkte er, wie jemand auf ihn zustürmte und mit dem Messer nach ihm hieb.

"OH GOTT!"

Er hatte viel Mühe, den schnellen Hieben des Mörders auszuweichen, war aber selbst vor Angst fast wie gelähmt als er die Augen voller Hass und Wut hinter der dunklen Maske zu sehen bekam. Es schien ihm beinahe, als ob Jack the Ripper von einer mystischen Kraft umgeben war, die von ihm Besitz ergriffen hatte und aus Erziraphael's Sicht sah dieser rot glühende Augen. Augen aus Blut, die nach Rache dürsteten, weil der Engel die Pläne des Mörders vereitelt hatte. So schlug Jack ein weiteres Mal nach Erziraphael und erwischte diesen am Arm. Ein Aufschrei und Crowley fuhr es durch Mark und Bein. Er wirbelte von links auf die andere Seite und konnte gerade noch so Jack davon abhalten, ein weiteres Mal auf Erziraphael einzuschlagen indem er diesen mit seinem Gehstock in Schach hielt und die flinken Schläge Jack's parierte, doch auch Crowley hatte seine Probleme. Es kam ihm so vor, als ob der Mörder an Schnelligkeit zugelegt hatte und es fiel dem Dämon im Gegensatz zu ihrem letzten Gefecht auf den Zug durchaus schwerer den Hieben des Mörders auszuweichen.

"WIESO...IST DIESER MISTKERL SO VERDAMMT STARK? IST ER ÜBERHAUPT NOCH MENSCHLICH?"

Erziraphael hatte Probleme seine Wunde zu heilen, sie blutete arg stark und er war durch den plötzlichen Hieb so überrumpelt worden, dass er sich zu sehr auf den Schmerz konzentrierte. Als er merkte, wie Crowley ebenfalls seine Probleme mit Jack hatte, raffte sich der Engel unter Schmerzen auf und warf sich von hinten gegen Jack bevor dieser ein weiteres Mal nach Crowley schlagen konnte. Er nahm den Mörder in den Schwitzkasten, versuchte ihn zu Boden zu ringen, doch Jack holte aus und rammte dem Engel seinen Ellbogen gegen die an sich schon schmerzende Schulter und Blitze zuckten vor Erziraphael's innerem Auge bevor er unter Schmerzen zu Boden ging.

Crowley hatte sich indessen wieder aufgerappelt und versuchte nun zu tricksen, indem er die Zeit anhielt. Keine Chance. Was war dieser Mann? Sowas wie ein übermenschliches Wesen? Nein, das konnte nicht sein aber er vernahm eine dunkle Aura, die von ihm ausging. Ob es...ob er vielleicht doch eine dunkle Kreation aus Crowley's tiefsten Unterbewusstsein war? Er hatte schon viele Wunder bewirkt und viele dämonische Übel kreirt aber...vielleicht hatte er den falschen Mann in Versuchung geführt.

Der Schock glitt ihm in die Glieder, doch er kam nicht dazu seinen Gedanken zu Ende zu denken, denn in jenem Moment verpasste Jack ihm einen Schlag ins Gesicht und Erziraphael musste mit ansehen, wie der Killer Crowley mit seinem Messer durchbohrte. Es drang tief in seinen Rücken, ein schneidendes Geräusch war zu hören gefolgt von einem schmerzerfüllten Aufstöhnen des Dämons, der in nächsten Moment zusammenbrach.

"CROWLEY!"

Erziraphael dachte nicht nach. Er war ein Engel, dessen war er sich bewusst aber...er sah seinen besten Freund am Boden...und spürte eine noch nie gekannte Wut in sich. Mit einem Mal stürmte er auf Jack the Ripper zu packte ihn und im nächten Moment...zersplitterte ein Teil des Zifferblattes von Big Ben und die beiden fanden sich hängend an einer der großen Zeiger wieder. Erziraphael bereute seine Entscheidung direkt, der starke Wind riss ihm den Zylinder vom Kopf und der Regen nahm ihm die Sicht. Er spürte, dass Jack the Ripper sich an seinem Bein festgekrallt hatte, der Engel versuchte verzweifelt diesen abzuschütteln. Als Jack ihm allerdings die Klinge ins Bein rammte, schrie der Engel ein weiteres Mal unter Schmerzen auf. Wenn das so weitergehen würde, blieb ihm keine andere Möglichkeit mehr als sich fallen zu lassen. Der Aufprall würde zwar für Jack's Tod sorgen aber auch für Erziraphael's Entkörperung. Doch was war ihm lieber? Er wusste nicht, ob Crowley tot oder lebendig war, er hoffte inständig ersteres aber ihm fehlte die Kraft sich hochzuziehen. Seine Hände rutschten langsam von dem Zeiger ab, der Regen sorgte dafür, dass die Oberfläche der Zeiger rutschig wurde und Erziraphael hatte durchaus Probleme sich festzuhalten. Er weinte und hasste sich in jenem Moment.

"Crowley...es tut mir so leid! Ich wollte nicht, dass du dein Leben für mich lässt! Aber...immerhin kann ich versuchen, Jack zu vernichten. Auch wenn es mich mein Leben und meinen Körper kostet. Verzeih mir, Crowley."

Doch in jenem Moment, wo der Engel den Zeiger losließ griff eine Hand nach ihm und zog den Engel langsam in die Höhe.

"ENGEL, HALT DICH FESTE!"

"CROWLEY?"

Ein Lächeln umspielte die Lippen des Engels und Crowley war mehr als erleichtert als er Erziraphael zu fassen bekam, dennoch wirkte er schwer erschöpft und auf seiner Brut klaffte eine riesige Wunde, die von dem Hieb in seinem Rücken herrührte. Anscheinend war die Klinge so mächtig, dass sie vorne wiedr ausgedrungen ist und Erziraphael war erstaunt, dass sich der Dämon unter den Bedingungen noch auf den Beinen halten konnte.

"IHR WERDET MIR NICHT ENTKOMMEN! WENN ICH STERBE, WERDE ICH EUCH BEIDE MITNEHMEN! MICH ZU TÖTEN WIRD EUCH NICHTS NÜTZEN! ICH BIN VIELE! WIR SIND VIELE! WIR SIND ALLE JACK THE RIPPER!"

Die Stimme Jack's klang wie ein tiefes dunkles Grollen, das an die Oberfläche drang. Wie die Stimme eines sehr wütenden Dämons, den es nach Blut und Vergeltung dürstete. Doch Crowley's Blick blieb ernst. Er blickte zuerst Jack, dann den Engel an.

"Schließ deine Augen, Erziraphael!"

Der Engel tat wie ihm geheißen, schloss die Augen und spürte nur noch, wie der Dämon ihn eng an sich presste.

"JACK! ICH DENKE, ES WIRD ZEIT, DASS DU DICH VON DIESER WELT VERABSCHIEDEST! SIEH ES ALS RACHE FÜR ALL DIE UNSCHULDIGEN SEELEN AN, DIE DU GENOMMEN HAST!"

Und in dem Moment verzog sich Crowley's Gesicht zu einer riesigen mit scharfen Zähnen besetzte Fratze, die wirklich seine dämonische Art widerspiegelte. Seine gelben Augen leuchteten grell in die Dunkelheit und in jenem Moment gab er ein so lautes und bedrohliches Zischen von sich, dass sein Schrei an den Glocken Big Ben's widerhallte und den Turm so erschütterte, dass Jack the Ripper das Gleichgewicht verlor.

Seine Hand löste sich von Erziraphael's Hosenbein und er stürzte in die Tiefe. Crowley vernahm nur noch den dumpfen Aufprall des Körpers von Jack the Ripper gefolgt von brechenden Knochen, die am Boden zerschellten. Der Dämon selbst nahm wieder seine menschliche Form an und zog den Engel an sich, der die ganze Zeit die Augen geschlossen gehalten hatte.

"Es ist vorbei, Engel."

"Crowley..."

"Keine Angst...du kannst die Augen wieder aufmachen."

Doch als Erziraphael die Augen öffnete, waren sie voller Tränen, die ihm schließlich über die Wangen liefen.

"Engel...bitte weine nicht."

Aus Reflex drückte sich Erziraphael an Crowley, er konnte nicht anders. Beinahe hätte er den Dämon verloren.

"Ich bin so froh...dass du lebst."

Nun legte auch Crowely seine Arme um den Engel.

"Und ich bin so froh...dass du da bist, Engel."

Ever after, 1888

"Deine Wunden sind schnell verheilt."

"Dank deiner guten Pflege, Engel. Wie geht es deiner Schulter?"

"Besser auf jeden Fall."

"Ich denke, ich habe für's Erste genug von solchen Abenteuern. Bist du denn jetzt erleichtert, dass wir Jack the Ripper erledigt haben?"

"Ja...durchaus! Auch die Polizei war uns sehr dankbar. Ich denke, sie werden es uns nicht übel nehmen, dass Jack tot ist. Sie werden denken, dass er gestolpert und aus dem Uhrenturm gestürzt ist."

"Gut, so müssen wir uns wenigstens nicht weiter verantworten."

Der Engel hielt eine Tasse warmen Kakaos in der Hand während Crowley sich einen Brandy genehmigte.

"Mir gehen nur Jack's Worte nicht aus dem Kopf. Glaubst du immer noch, dass die Möglichkeit bestünde, dass es mehrere Mörder gibt, Engel?"

"Die Möglichkeit besteht durchaus. Ich schließe es jedenfalls nicht aus."

"Ich hatte am Ende das Gefühl, dass Jack schon gar nicht mehr menschlich war. Und das Schlimme ist, dass ich mittlerweile glaube, dass ich dafür verantwortlich bin, dass er so geworden ist, wie er am Ende war."

"Wie kommst du darauf, Crowley?"

"Ich spürte eine dämonische Kraft, die von ihm ausging. Eine Kraft, die selbst die alten Herrscher, die ich zu Kriegen angestiftet und verführt habe überstieg. Bin ich...wirklich...so durchtrieben bösartig?"

Erziraphael sah genau, wie diese Frage Crowley quälte. Er wünschte, er hätte etwas sagen können, dass den Dämon beruhigt.

"Du bist ein Dämon, Crowley. Es liegt in deiner Natur."

"Ja...so wird es wohl so sein. Am Ende...klebt das Blut der ganzen Frauen, die Jack getötet hatte auch an meinen Händen."

Er leerte sein Glas, erhob sich und setzte seinen Zylinder auf. Er warf einen letzten traurigen Blick auf den Engel.

"Weißt du, mittlerweile kann ich verstehen, warum du mir meine Bitte mit dem geweihten Wasser verwehrt hast. Wer weiß, was ich damit anstellen könnte."

"Crowley..."

"Nun denn, die Pflicht ruft. Ich werde dann mal weiterziehen."

Doch Erziraphael erhob sich.

"Warte! Wo willst du denn hin? Willst du dich nicht erst mal richtig erholen? Wir haben viel durchgemacht und...meinetwegen...wärst du beinahe..."

Der Engel brachte den Satz nicht zu Ende, es war zu schmerzhaft die Worte auszusprechen, doch Crowley schüttelte den Kopf.

"Ich habe weitere Aufträge von meiner Zentrale erhalten, ich sollte diesen besser nachgehen, bevor sie Verdacht schöpfen. Ich bin einfach nur erleichtert, dass dir nichts weiter passiert ist."

In Erziraphael's Brust tobte es. Es gab so vieles, was er dem Dämon sagen wollte. Dinge, die er aussprechen wollte aber nicht konnte.

"Crowley...nur, damit du es weißt...ich bin immer noch der Meinung, dass du nicht böse bist aber...verstehe mich doch, warum ich dir deine Bitte nicht erfüllen kann. Ich..."
 

~"Ich liebe dich. Ich habe Angst um dich. Ich will dich nicht verlieren. Es würde dich zerstören. Bitte...verstehe mich doch! Hörst du nicht, wie alles in mir nach dir schreit?"~
 

Doch Crowley wandte sich noch einmal um und gab dem Engel einen ermutigenden Klaps auf die Schulter. Ein sanftes Lächeln huschte über seine Lippen.

"Auf dann, Engel. Vielleicht sehen wir uns eines Tages wieder!"

"Du...kannst immer hierher zurückkommen...wenn du möchtest. Jederzeit...Crowley."

Der Dämon antwortete mit einem Lächeln und tippte ein letztes Mal seinen Zylinder an bevor er den Buchladen verließ und sich mit der Menge vermischte. Der Engel blieb zurück. Er hatte gehofft, dass mit Crowley's Wiederkehr die Leere aus seiner Brust verschwinden würde. Nun war sie wieder da und die Lücke, die der Dämon nun hinterließ klaffte tief auf Erziraphael's Brust. Aber war das nicht ihr Los?

"Ich...bin ein Engel. Ich muss meine Pflicht als Engel erfüllen und muss gehorchen. Aber...alles in mir schreit nach dir. Bitte, lass sie es nicht sehen. Lass sie es nicht sehen! Getrennt für die Ewigkeit und vereint im Leid...so will ich diese Gefühle für immer wegsperren...bis zu jenem Tag, an dem wir frei sein werden."
 

*~ Fin ~*



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Kommentare zu dieser Fanfic (7)

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Von:  KiraNear
2019-08-05T14:05:24+00:00 05.08.2019 16:05
Argh, mein armes Herz ;_;
Ich mein, klar, früher oder später wird ja was aus den beiden und trotzdem blutet mir das Herz beim Lesen ;_;
Das mit der dämonischen Aura oder was das war klingt schon ziemlich beunruhigend ... aber ich denke nicht, dass es Crowleys Schuld ist. Ich meine, er ist ja nicht der einzige Dämon im Außendienst XDD
Antwort von:  BexChan
05.08.2019 16:08
True Story XD und Erzi weiß natürlich wieder genau, wie er Salz in die Wunde streuen kann :3 Bastard Engel <3
Antwort von:  KiraNear
05.08.2019 16:11
Ja, aber echt ey T_T
Von:  KiraNear
2019-08-05T14:00:44+00:00 05.08.2019 16:00
OMG, war das spannend. Ich saß grad echt davor wie vor nem Thriller und dachte mir nur: Jungs, ihr müsst es schaffen >_<
Dann hatten sie wohl recht mit dem Verdacht, dass es nicht nur einen Jack gibt, sondern eine Gruppe an Jacks. Uff, hoffentlich heilen ihre Verletzungen schnell X_X
Antwort von:  BexChan
05.08.2019 16:06
Bevor ich die Kapitel geschrieben habe, habe ich grob ein paar Dokumentationen über JTR auf YT geschaut, die Wahrscheinlichkeit, dass es mehrere Personen sein könnten besteht durchaus aber am Ende wurde JTR nie gefasst ._.
Antwort von:  KiraNear
05.08.2019 16:11
Das würde es auch erklären, warum sie ihn bzw sie nie bekommen haben. Magst du mir zufällig die Links zu den Dokus raussuchen, würden mich auch gerne mal interessieren :-)
Von:  KiraNear
2019-08-05T02:24:22+00:00 05.08.2019 04:24
Mist, ich dachte, sie würden ihn jetzt schon bekommen, aber der Kerl ist wohl einfach zu gerissen dafür >_<
Wie Erzi wohl mit dunkler Kleidung aussieht? Wäre echt mal interessant zu sehen XD
Von:  KiraNear
2019-08-04T22:07:03+00:00 05.08.2019 00:07
Argh, das war direkt ein Schuss ins Herz - nein, nicht in den Ofen, sondern in Herz X_X
Ich finde die Idee mit dem alten London und den Fällen rund um Jack the Rapper echt saugut, ist echt eine tolle Alternative :-)
Auch, wie die beiden langsam aber sicher zueinanderfinden, nachdem sie ja so unschön auseinander gegangen sind wegen der Weihwasser-Sache :/
Hab grad die ganzen Kapitel in einem verschlungen und freue mich schon auf den Rest :3
Antwort von:  BexChan
05.08.2019 00:09
Krass, du Suchti *______* Miii~ aber freut mich, dass sie dir so gefallen <3 Ich schreibe schnell weiter X3
Antwort von:  KiraNear
05.08.2019 01:31
Das ist die Kombination aus Serienjunkie und Bücherwurm, die das bei mir ausmacht ;3


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