Weiß Kreuz von abgemeldet (Unschuld und Sünde) ================================================================================ Kapitel 1: Verkannte Gefühle ---------------------------- Schwarze lange Haare, mit einem leichten blau Schimmer versetzt, der durch die fehlenden Rotpigmente zustande kamen, waren geflochten zu zwei langen Zöpfe, die nach vorne über die Schultern fielen. Das Gesicht, ein bisschen blass, mit weichen Gesichtszügen, einer Stupsnase, vollen weichen Lippen und großen Augen, wirkte wie aus einer anderen Welt. Die großen Augen, dunkel und tief, hatten lange Zeit nichts gesehen als Dunkelheit. Dunkelheit mit verworrenen Träumen, zu denen häufig nur eine Stimme vordrang. Der schlanke zierliche Körper, gekleidet in eine kurze Sporthose, ein enges Shirt, weiße Söckchen und Turnschuhe, lehnte an der Küchenanrichte. Das Knie, während eins von einem Kniestulpen verdeckt wurde, blutete. Der zweite Stulpen, der unten um die schlanke Fessel hing, färbte sich langsam rot. Abgeschürfte Haut hing von der Wunde herab. Die Hand, klein und schmal, hielt ein Glas, das die vollen weichen Lippen berührte. Ein Wassertropfen lief an dem leicht spitzen Kinn hinab. Das junge Mädchen, Aya Fujimiya, schaute gelangweilt durch die Küche des großen Hauses, in dem sie nun wohnte. Nach dem Training war sie sofort nach Hause gekommen, ohne sich umzuziehen und auf ihre Mitschülerinnen und Teamkolleginnen zu warten. Danach war ihr heute nicht. Sie wollte alleine sein. Sie stellte das Glas ab und ging auf das unverletzte Knie hinab, betastete vorsichtig die Wunde, die nun ihr rechtes Knie zierte. Es war nicht beim Volleyball spielen passiert. Sie war kurz vor der Haustür gestolpert. Deswegen war die Wunde nun auch dreckig. Sie seufzte erschlagen, stand wieder auf und ging langsam die Treppe in den nächsten Stock hinauf. Sie lauschte und verzog genervt das Gesicht. Aus einem der Zimmer drang, wie so häufig Gehechel, Gestöhne und was auch immer. Sie blickte auf die Uhr... "Wen hat der denn jetzt schon aufgerissen?" Sie murrte leise. Doch eigentlich krampfte sich ihr Herz leicht bei dem Gedanken zusammen, wer da an diesen Geräuschen beteiligt war. Aya seufzte erschlagen und ging ins Badezimmer. Sie zog ihren Sportschuh aus und setzte sich auf die geschlossene Toilette. Sie legte das Bein auf den Badewannenrand und neigte sich tief über die klaffende Wunde. Sie versuchte, den gröbsten Schmutz mit den Fingerspitzen herauszuholen, doch gab sie es schließlich auf. Aya erhob sich und trat an das Badezimmerschränkchen. Sie öffnete es und wühlte drin herum, bis sie eine Pinzette und Jod gefunden hatte. Zusätzlich nahm sie noch ein großes Pflaster heraus und setzte sich wieder auf die Toilette. Den Fuß stemmte sie am Wannenrand ab und machte sich daran, den Dreck aus der Wunde zu suchen. Sie verzog schmerzlich das Gesicht, als sie mit der Pinzette zu tief in die Wunde eindrang. "Verdammt..." Tränen stiegen in ihre Augen. Dennoch pulte sie mutig weiter. "Aya-chan?" Yoji schaute ins Bad hinein und erblickte Rans jüngere Schwester. Sie saß auf der Toilette und pulte mit einer Pinzette in ihrem Bein herum. Aya sah auf und erblickt Yoji. Dieser lehnte nur in schwarze Boxershorts gekleidet am Türrahmen. Sie sah sofort wieder weg und wendete sich wieder ihrem Bein zu. "Was ist denn passiert?" Yoji trat ins Bad und kniete sich neben ihr auf den Boden. Er schob ihre Hand zur Seite und betrachtete die immer noch blutende Wunde. Er nahm das feuchte Tuch, das auf dem Rand der Badewanne lag, in die Hand und tupfte vorsichtig das Blut von Ayas Bein. Sie sah wie gebannt auf seine Hände, wagte allerdings nicht, ihm ins Gesicht zu sehen. "Ich kann das auch selber machen. Ist nicht so schlimm." "Die Wunde ist ziemlich tief. Meinst du nicht, du solltest das nähen lassen?" Er blickte sie an und blies sich dann eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Aya schüttelte leicht den Kopf. "Im schlimmsten Fall wird es eine winzige Narbe. Das entstellt ja nun nicht." Sie griff nach dem Tuch, das Yoji immer noch in seinen Händen hielt, und wollte es ihm wegnehmen. Dabei streiften ihre Finger seine Hand. Aya zuckte zurück und sah wieder stoisch auf ihr Bein. "Hey, was ist denn?" Yoji musterte Rans kleine Schwester. Sie sah aus, als wäre ihr gerade irgendetwas sehr unangenehm. Allerdings leitete er das auf die wohl schmerzende Wunde ab und nicht auf sich selbst. "Hast du schon Jod aus dem Schrank geholt?" Er schaute sie wieder an, und entdeckt im nächsten Augenblick die kleine grüne Flasche. Ein Grinsen zierte sein Gesicht. "Ah, sehr gut." "Tja, ich denke mit." Aya beugte sich tiefer über die Wunde. Yojis Nähe war ihr einfach nur unangenehm. Vor allen Dingen deshalb, weil sie ihn wenige Minuten zuvor noch tüchtig mit einer anderen Frau zu Gange gehört hatte. Und jetzt hockte er neben ihr und versorgte ihre Wunde... weil sie Rans kleine Schwester war. Als er nun ein sauberes Tuch mit dem Jod betropfte und es vorsichtig auf ihr Bein tupfte, verzog sie schmerzlich das Gesicht. "Das brennt." "Aber wenigstens entzündet es sich dann nicht." Er schaut sie an, sah, dass ihr eine Träne aus dem Augenwinkel kullerte. Er legte ihr die Hand beruhigend auf die Wange und wischte das salzige Überbleibsel des kurzen brennenden Schmerzes weg. "So schlimm war es doch gar nicht." "War es doch." Aya murrte ungehalten und schob seinen Arm weg, damit er seine Hand von ihrem Gesicht nehmen musste. Dann nahm sie das große Pflaster vom Wannenrand und wollte es sich auf ihr Bein kleben. Doch Yoji kam ihr zuvor und nahm ihr das Pflaster ab. Er klebte es vorsichtig über die Wunde und strich die Ränder behutsam glatt. "Siehst du, schon fertig." Er hauchte noch einen Kuss auf seine Finger und drückte diese leicht auf die Wunde. Dann sah er sie grinsend an. "Jetzt kann die kleine Aya wieder spielen gehen." Er lachte leise. Ayas Kopf fuhr zu ihm herum. Sie sah ihn geradezu wütend an, während sie einige Sekunden zuvor am liebsten vor Glück zerschmolzen wäre. "Die kleine Aya?" Sie zog ihre linke Braue steil nach oben. "Die kleine Aya...?" Ihre Stimme wurde immer lauter und geradezu schrill. "Du..." Sie stieß ihn unsanft an, so dass er nach hinten wegkippte. Yoji knallte geradezu auf den Hintern und verzog das Gesicht. "Was ist denn jetzt los? Was habe ich denn gesagt?" Er sah sie hilflos an. "Das fragst du mich nicht wirklich, oder?" Aya erhob sich und stand einer Rachegöttin gleich über ihm. Yoji blickte zu ihr auf. Ihre dunklen Augen schienen wahre Flammen zu schlagen. "Was habe ich denn nun gemacht?" "Du bist das letzte, Yohji Kudo. Das Allerletzte..." Aya trat über ihn weg und verließ das Bad in Richtung ihres Zimmers. Sie öffnete die Tür, trat ins Zimmer und schlug die Tür mit voller Wucht wieder ins Schloss. Dann gab sie einen genervten Schrei von sich. Yoji rappelte sich unterdessen vom Boden auf und lauschte dem Schrei, der aus Ayas Zimmer kam. Er ging langsam zurück in sein Zimmer und schloss erschlagen die Tür. Aya war schon eine Nummer... Im ersten Moment scheu und zuckersüß und im nächsten Moment geradezu ein Drachen. Aber dieser Drache zeigte sich häufig nur in seiner Gegenwart. Und immer dann, wenn er eine Frau anschleppte. Yoji runzelte nachdenklich die Stirn und sah dann zu seiner Anlage, die immer noch an war. Er öffnete das CD-Fach und holte die silberne Scheibe heraus. "Verdammt..." Er haute sich unsanft mit der Hand vor den Kopf. Die CD hatte Birman vorbeigebracht. Weil Ran, Ken und Omi Auslieferungen machten, und er einfach keine Lust hatte, den Laden zu beaufsichtigen, hatte er sich in sein Zimmer zurückgezogen und sich die CDs angehört. Birman hatte ihn schon gewarnt, was sich auf der CD befand und zudem gefordert, dass Weiß sich die ganze Scheibe anhören sollten, um eventuell etwas Zweckdienliches herauszufinden. Nur war nichts Zweckdienliches auf die CD gepresst. Es war nur das Gestöhne eines Mannes und einer Frau gewesen. Und genau das hatte Aya-chan wohl gehört. Er sah in die Richtung, in der Ayas Zimmer lag. Kurz überlegte er, ob er vielleicht zu ihr gehen sollte, um ihr irgendeine seltsame Erklärung zu geben. Aber warum sollte er das eigentlich machen? Es ging sie nichts an, was und mit wem er was trieb. Aber trotzdem... sie war Aya, Rans kleine Schwester und außerdem... Yoji seufzte genervt. Und außerdem war sie in letzter Zeit irgendwie mehr für ihn geworden. Zu Anfang, als sie aus dem Koma erwacht war, hatte er sie gar nicht wirklich wahrgenommen. Sie war einfach nur Rans kleine Schwester gewesen. Nicht mehr und nicht weniger. Aber mit der Zeit, während sie sich endgültig von ihrem langen Martyrium erholte, bemerkte er, was sie für eine Frau war. Sie war wunderschön mit den langen schwarzen Haaren, die in der Sonne blau schimmerten und den tiefen großen dunklen Augen. Die blasse Haut, entweder ein Überbleibsel des langen Komas oder genetisch bedingt, bildete einen unwiderstehlichen Kontrast zu den langen dunklen Haaren. Und dann diese Beine... Obwohl Aya nicht wirklich groß war, schienen ihre Beine unwahrscheinlich lang und anmutig. Und sie bewegte sich mit solch einer Grazie auf ihnen, dass es ihm von Zeit zu Zeit geradezu schwindelig wurde. "Kleine süße Aya..." Yoji sah immer noch in die Richtung, in der ihr Zimmer lag. Doch dann sammelte er sich wieder und legte die CD zurück in ihre Hülle. Er setzte sich auf sein Bett und lehnte sich an die Wand. Aya lief wie ein eingesperrter Tiger, der durch seine Zelle streifte, durch ihr Zimmer. Ihr Kopf brummte, und sie spürte kochende Wut in ihrem Inneren. Warum musste Yoji immer dann, wenn er so lieb und zuckersüß zu ihr war, danach irgendetwas machen, das das alles wieder kaputt machte? Das tat er jedes Mal. Jedes verdammte Mal. Einmal, als sie nach der Schule im Laden aushalf, da waren nur sie zwei da, weil Ran, Ken und Omi Auslieferungen machten. Yoji hatte einige der ladeneigenen Groupies vertröstet und ihnen versichert, dass die drei Anderen zu einem späteren Zeitpunkt wieder zugegen sein würden. Doch eins seiner eigenen Groupies ließ nicht locker und wollte die ganze Zeit wissen, ob er sie denn hübsch fand. Aya hatte das die ganze Zeit beobachtet, während sie hinter der Theke Blumensträuße band. Sie hatte nur ein Gefühl gekannt. Sie hätte das Mädchen am liebsten ungespitzt in den Boden gerammt. Und während sie so vor sich hingärte, hatte Yoji sich plötzlich von dem Mädchen abgewandt, hatte eine rote Rose aus einer der Vasen gezogen und war zu ihr herübergekommen. Er hatte sich tief vor ihr verneigt und ihr die Rose galant offeriert. "Es gibt nur eine wirklich hübsche Frau in diesem Laden." Er hatte sie angelächelt, und Aya wäre am liebsten unter seinem Blick zerschmolzen, als sie bemerkte, dass er sie meinte. Yoji hatte sie aus seinen wunderschönen grünen Augen angesehen. Er hatte sie angelächelt, angelächelt auf diese wirklich zuckersüße Art und Weise, wie nur er es tat. Ayas Herz hatte einen Freudensprung nach dem anderen vollführt, weil das einfach zu schön war. Doch dann kam sie... Groß, blond mit strahlend blauen Augen und langen... wirklich sehr langen Beinen. Und da war der Moment vorbei. Der Prinz verwandelte sich vor Ayas Augen wieder in einen Frosch, der aus großen Augen diese Frau anglubschte. Ayas Herz wollte in diesem Moment in tausend Teile zerspringen und Tränen waren in ihre Augen gestiegen. Aya ballte die Hand zur Faust. Damals hatte er sein Augenmerk direkt auf eine andere Frau gelenkt und heute... Heute hatte er wieder nur Rans kleine Schwester in ihr gesehen. "Jetzt kann die kleine Aya wieder spielen gehen." Aya murmelte die Worte vor sich hin, spürte sie geradezu wie Galle über ihre Zunge kommen. Wie konnte dieser ignorante Idiot nur so einen Mist von sich geben? War ihm eigentlich bewusst, dass sie bereits 16 Jahre war und schon lange aus dem Alter heraus, in dem man noch mit Puppen spielte? War ihm das eigentlich bewusst? Aya raufte sich die Haare. Warum konnte er nicht endlich sehen, dass sie noch mehr war als Rans kleine Schwester? Warum sah er nicht endlich die Frau, die sie war? War das wirklich zuviel von ihm verlangt? Aya ließ sich seufzend auf ihr Bett fallen. Sie zog die Beine an und umfing diese mit ihren Armen. Sie schloss die Augen und verdrängte die Tränen, die in ihr aufstiegen, um sich ihren Weg in die Freiheit zu suchen. Sie wollte nicht wegen Yoji weinen. Nicht wegen ihm. Sie war ihm schließlich egal, zumindest als das, was sie war. Als Frau, die Gefühle in sich trug. Gefühle für ihn. Er sah nicht mehr in ihr als Rans kleine Schwester. Immer nur Rans kleine Schwester, die vor jedem Schmerz und Leid auf dieser Welt bewahrt werden musste, damit ihr Dinge wie ihr langes Koma in Zukunft erspart blieben. Sie schluchzte leise, entließ ihre Beine aus ihrer Umklammerung, um sich auf den Bauch zu drehen und die Tränen in ihrem Kissen zu ersticken. Yoji lag immer noch auf seinem Bett und starrte Löcher in die Luft. Die Arme hatte er hinter dem Kopf verschränkt, während seine Beine leicht angewinkelt auf dem Bett lagen. Und er dachte immer noch über Aya nach. Was konnte sie nur so aus der Fassung gebracht habe? Hatte er irgendetwas Falsches gesagt? Er konnte sich nicht vorstellen, was es gewesen sein sollte. Er stöhnte genervt und setzte sich in seinem Bett auf. Aya raubte ihm den letzten Nerv. Manchmal hatte er wirklich das Gefühl, sie würde ihn hassen. So wie damals, als sie im Laden aushalf. Eins dieser kleinen Schulmädchen, vielleicht lächerliche vierzehn oder fünfzehn Jahre, hatte ihn die ganze Zeit mit der Frage belagert, ob er sie denn hübsch finden würde. Gut, er hatte sich eingestehen müssen, dass die Kleine sicherlich irgendwann ein gewisses Potential haben würde, aber zum einen war sie erheblich zu jung und zum anderen fing er nichts, aber auch wirklich nichts mit kleinen Schulmädchen an. Und da war noch Aya gewesen, die hinter der Theke gerade einen Blumenstrauß band. Sie hatte an diesem Tag einfach nur zum Anbeißen ausgesehen, so dass er seine Philosophie, nichts mit Schulmädchen anzufangen, allzu gerne über den Haufen geschmissen hätte. Sie hatte eins dieser raffinierten chinesischen Kleider getragen, die quer über den Busen zugeknöpft wurden und einen kleinen schmalen Stehkragen hatten. Das Kleid war blutrot gewesen und hatte silberne Applikationen gehabt. Er ging ihr nur knapp bis unter den wohlgeformten Po, was Ran zuvor zu der Bemerkung veranlasst hatte, dass ein breiter Gürtel kleidsamer gewesen wäre. Doch Yoji hatte dieses Kleid absolut kleidsam gefunden, zumal Aya ihre wunderschönen Beine wirklich nicht verstecken brauchte. Und während diese Kleine noch auf ihn einredete, war es einfach über ihn gekommen. Er hatte die schönste rote Rose, die es im Laden gab, aus der entsprechenden Vase gezogen, war auf Aya zugegangen und hatte sie ihr entgegengehalten, mit den Worten "Es gibt nur eine wirklich hübsche Frau in diesem Laden." Aya hatte ihn zuerst gar nicht wahrgenommen, weil sie so in ihre Arbeit vertieft gewesen war, doch dann hatte sie den Blick gehoben. Ihre dunklen Augen hatten ihn zuerst nur verständnislos gemustert, doch dann hatte sich ein strahlendes Lächeln auf ihrem Gesicht ausgebreitet. Und dann war sie gekommen... sein personifizierter Albtraum. Groß, blond, blauäugig und einfach nur anhänglich. Und dass, obwohl bereits seit Monaten nichts mehr zwischen ihnen gelaufen war. Er hatte sich einer dummen Gewohnheit nachfolgend nach dem Albtraum umgesehen, um sich zu überzeugen, dass sie es auch wirklich war, und er nicht unter Paranoia litt. Dem war nicht so, aber dafür war etwas anderes noch viel erschreckender als die Erkenntnis, dass dieses anhängliche Frauenzimmer nun im Laden war. Aya hatte die Rose, die sie von ihm entgegengenommen hatte, hinter der Theke zwischen den Blumenabfällen abgelegt und war dann klammheimlich aus dem Laden verschwunden. Und er blieb zurück mit Problem Nummer eins, der Blondine und einem noch viel größeren Problem Nummer zwei, welches Aya hieß und sich nun getreu ihrem Motto "Ich hasse Yoji" verkrümelt hatte, und dass, obwohl er doch nur nett hatte sein wollen. Nein, er schüttelte leicht den Kopf, er wollte damals nicht nur nett sein. Er hatte ihr etwas mit dieser Geste sagen wollen. Doch sie hatte wohl einiges missverstanden. Und nun lag die Rose auf seinem Schreibtisch, war getrocknet und wartete immer noch darauf, dass das Mädchen, das selbst die Schönheit dieser Rose übertraf, sie entgegennahm. Er fuhr sich durch seine kinnlangen Haare und murrte leise. Warum war sie die einzige Frau, die ihn nicht ausstehen konnte? Was hatte er verbrochen, um sich ihren Hass oder Zorn zuzuziehen? Aya verließ immer noch schlecht gelaunt ihr Zimmer und machte sich auf den Weg zum Badezimmer. Sie hatte sich ihre Wäsche, die sie nach dem Duschen anziehen wollte, bereits unter den Arm geklemmt. Doch auf dem Weg zum Bad kam sie unweigerlich an Yojis Zimmer vorbei. Und aus diesem war nun kein Geräusch zu hören. Rein gar nichts. Die Frau musste wohl bereits verschwunden sein. "Das ging aber schnell." Sie murmelte leise in ihren nicht vorhandenen Bart und setzte sich wieder in Richtung Bad in Bewegung. Doch plötzlich stutzte sie und ging rückwärts zurück zu Yojis Tür. Wenn die Frau immer noch bei ihm war, dann wollte sie ihre Nebenbuhlerin wenigstens einmal sehen. Immerhin konnte sie vielleicht aus ihr schlau werden, welche Ansprüche Yoji an eine Frau stellte. Aya holte mehrmals tief Luft und hob die Hand, um anzuklopfen. Doch der Mut verließ sie kurzfristig, als sie ein seltsames Stöhnen aus seinem Zimmer hörte. Allerdings spornte sie dies nun an. Wenn die Frau wirklich noch da war, dann würde er sie sowieso nicht rein bitten. Also konnte sie genauso gut klopfen. Und das tat sie nun auch. Es dauerte einen Moment, dann erklang Yojis Stimme. "Ja?" Aya holte noch einmal tief Luft und drückte dann die Klinke hinunter. Sie streckte den Kopf zur Tür herein und sah, dass er alleine war. Er saß auf seinem Bett und sah aus dem Fenster. Als er ihre Schritte vernahm, blickte er sich um und musterte sie kurz. "Was denn, Aya-chan?" Aya druckste hilflos rum. Warum musste er nur so verdammt niedlich sein? Das erschwerte alles so. Und vor allen Dingen dann, wenn seine Augen sie nun so ansehen wie gerade im Moment. Diese Augen... Aya seufzte leise, fasste sich aber sofort wieder, als ihr bewusst wurde, dass sie mitten in seinem Zimmer stand. Yoji unterdes ließ seinen Blick über Aya gleiten. Sie trug noch immer ihren knappen Volleyball-Dress, trug nun allerdings noch Wäsche unter dem Arm. Er machte ein Shirt aus und eine kurze Hose und... er wendete sich kurz ab. Ihr BH baumelte ungünstigerweise aus ihrem kleinen Bündel. Hellblaue Spitze mit einer weißen Schleife... Er spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht schoss und sah wieder angestrengt aus dem Fenster. "Was willst du denn nun?" "Ich... also, ich wollte mich..." Sie gab einen gequälten Ton von sich. "Ich wollte mich wegen eben entschuldigen. Ich hätte dich nicht anschreien sollen und schon gar nicht schubsen. Ich hoffe, ich habe dir nicht wehgetan." Yoji, welcher die Röte in seinem Gesicht wieder unter Kontrolle hatte, sah zu ihr und schüttelte den Kopf. "Nein, schon okay. Ist nix passiert." Er winkte locker ab. Aya nickte nur leicht, als sie das hörte, erntete dafür aber nun noch einen neugierigen Blick, weil sie nach einiger Zeit immer noch ohne ein weiteres Wort in seinem Zimmer stand. "Ist noch etwas, Aya-chan?" Yoji musterte sie fragend. Sie sah aus wie die Unschuld in Person. Wie eine zum Anbeißen niedliche Unschuld. Aya schüttelte leicht den Kopf. "Nein, das war es. Ich gehe dann wieder." Sie drehte sich zur Tür um und machte sich auf den Weg nach draußen. Doch Yoji sprang plötzlich auf und setzte ihr nach. Er legte ihr die Hand auf die Schulter und drückte diese leicht. "Wie geht es eigentlich deinem Knie?" Aya sah ihn über ihre Schulter an und schaute dann noch mal nach unten. Sie zuckte knapp mit den Schultern. "Es klopft noch ein bisschen und es ist durchgeblutet, ansonsten geht es dem Knie prächtig." Sie lachte leise. Dann schaute sie noch mal über ihre Schulter zu ihm. "Danke noch mal, dass du die Wunde versorgt hast." Yoji nickte knapp. "Für dich mache ich doch alles, Kleines." Er hob die Hand von ihrer Schulter und strich mit dem Handrücken leicht über ihre Wange. Aya wendete direkt wieder den Blick von ihm ab, weil ihr die Röte ins Gesicht stieg. "Na ja, gut zu wissen. Du willst nicht zufällig meine Hausaufgaben machen, oder?" "Hausaufgaben? Da bin ich wohl der Falsche, aber bei Biologie würde ich dir zu gerne helfen." Yoji zog ruckartig die Hand von ihrer Wange weg und biss sich betreten auf die Unterlippe. Aya drehte sich zu ihm um und sah ihn aus ihren naiven dunklen Augen an. "Warum bei Biologie?" Sie legte den Kopf schief und musterte ihn neugierig. "Öhm..." Yoji rieb sich über den Hinterkopf. "Ich war in Biologie immer gut...?" Er sah zur Decke hinauf, damit er nicht auf die Idee kam, sie anzusehen. Doch dann räusperte er sich leise. "Du solltest aber vielleicht doch lieber Ran fragen. Er hilft seiner kleinen Schwester doch sicherlich liebend gerne bei so was." Er grinste sie urplötzlich an. Was er allerdings sah, ließ sein Grinsen fast noch im Keim ersticken. Ayas Augen wurden von jetzt auf gleich von einem dunklen Schatten überzogen. Der naive Blick wich blanker Wut. "Ja, dann werde ich wohl meinen großen Bruder fragen. Hast recht, der weiß sicherlich besser bescheid als du." Sie fauchte ihn geradezu an, drehte sich dann um und dampfte aus seinem Zimmer ab. Yoji blieb verstört zurück und sah ihr fragend nach. Was war nur mit dieser Frau los? Aya lehnte sich im Flur an die Wand und sah starr an die gegenüberliegende Wand. Warum war er nur so ein Idiot? Warum? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)