Weiß Kreuz von abgemeldet (Unschuld und Sünde) ================================================================================ Kapitel 20: Ende gut? Oder doch nicht?! --------------------------------------- Aya saß auf einem der Umzugkartons, die sich vor ihrem Zimmer stapelten. In den Kisten befanden sich Yojis Sachen, welche aus seinem Zimmer in das ihre geräumt werden sollten. Zurzeit hockte sie auf einer Kiste, die mit CDs und DVDs gefüllt war. Auch dem ein oder anderen Porno, wie sie beim einpacken hatte feststellen müssen. Natürlich hatte Yoji ihr allerdings geschworen, dass es damit nichts auf sich hätte und dass diese Dinger nur ein Relikt seiner Vergangenheit wären. Als sie aber gefordert hatte, dass er sie wegwarf, hatte er abgewunken und mit einem Zwinkern gemeint, dass die Filme gar nicht so schlecht wären und sie ihr sicherlich auch gefallen würden... Allerdings bezweifelte die junge Frau das sehr stark. Mit einem kurzen Blick auf Omi, der gerade eine Schrankwand an ihr vorbei trug, rappelte sie sich auf und ging zu Yojis Zimmer, welches nun ausgeräumt und anschließend zum Kinderzimmer umgebaut werden sollte, sobald ihr gemeinsames Zimmer in ihrem Refugium fertig wäre. Yoji hockte zwischen den Teilen seines Schrankes und drehte Schrauben aus den Wänden. Ran warf diese in einen kleinen Becher, sobald Yoji sie rücksichtslos auf den Boden schmiss. Ken war derweilen damit beschäftigt, Yojis Schreibtisch, den er eigentlich nie gebraucht hatte, auseinander zu nehmen. "Und ich kann euch wirklich nicht helfen?" Aya blickte zwischen den Dreien hin und her. Die Untätigkeit nagte an ihr, aber Yoji hatte ihr beinah schon strikt untersagt, beim Umzug zu helfen, da es ihr seit dem frühen Morgen nicht gut ging. Die Schule hatte sie aus diesem Grund auch vorzeitig verlassen müssen. "Schon gut, Süße. Wir sind bald fertig." Yoji blickte über die Schulter zu seiner Freundin, unter deren Shirt sich ein kleiner Bauch wölbte. Seit ihrem Geständnis Ran gegenüber waren zwei Monate vergangen und nun war es endlich soweit, dass jeder sehen konnte, dass sie außer Liebe auch noch ein Kind verband. Ihr gemeinsames Kind. Stolz hing der Blick des werdenden Vaters auf Ayas Bauch. Erst als Ran ihm mit der Fußspitze in die Rippen trat, zuckte er zusammen und blickte zu Ayas Bruder auf. Dieser wirkte beinah wütend, riss sich aber sichtlich am Riemen. "Kannst du dich jetzt bitte mal beeilen? In dem Tempo sind wir bis zur Geburt nicht fertig." Murrend und mit einem lapidaren "Jaja" auf den Lippen begann Yoji wieder zu schrauben und Ran sammelte weiter die jetzt noch liebloser auf den Boden geknallten Schrauben auf. Seine Schwester wurde unterdes von Omi zur Seite geschoben, welcher sich das nächste Schrankteil schnappte und hinüber in Ayas Zimmer trug. Die junge Frau kam sich immer nutzloser vor, folgte dann Omi und kniete sich vor ihren eigenen Kleiderschrank, um diesen zu Ende auszuräumen, da er Yojis Kleiderschrank, der erheblich großer war, weichen sollte. "Aya-chan?" Omi lehnte die Schrankwand gegen die Wand in Ayas Zimmer und schaute dann zu der jungen Frau hinüber, welche nicht sonderlich glücklich aussah. "Hast du was?" Nur ganz langsam begann sie zu nicken. "Ich fühle mich so nutzlos. Ich bin doch nur schwanger und nicht krank. Aber ihr behandelt mich alle wie einen Invaliden." Sie faltete, ohne den Blick von dem Kleidungsstück zu heben, einen ihrer Pyjamas. Der jüngste Weiß trat neben die gute Freundin und ging neben ihr auf die Knie hinab. Eine seiner Hände legten sich auf eine ihrer Hände und drückte diese. "Wir wissen, dass du nicht krank bist, aber wir sorgen uns alle um dich und dein Baby." "Das weiß ich doch auch zu schätzen, aber mir war schon öfter schlecht und es hat keinen interessiert." Sie rieb sich leicht über das Näschen. Eine Handlung, die sie scheinbar nicht unterlassen konnte, wie Omi feststellte, als er sich an die gemeinsame Zeit mit Aya, seitdem sie in einem Haus lebten, erinnerte. "Aber heute war es doch wirklich schlimm. Du hattest richtige Schmerzen. Die haben ja sogar mich aus dem Unterricht geholt." Ayas dunkle Augen glitten zur Seite und verharrten auf etwas, das Omi nicht sehen konnte. "Ja, schon, aber ich kann doch trotzdem helfen. Wenn es nach Yoji ginge, würde ich gar nichts mehr machen. Naja, außer..." Ihre Nase rötete sich abrupt und sie hielt inne. Auch Omis Gesicht nahm einen etwas dunkleren, zum Rot hin tendierenden Ton an. Wovon sie sprach, war mehr als nur klar, bedachte man, was für Geräusche alltäglich aus einem der Zimmer der beiden erklangen. "Aya, also, ich denke nicht, dass Yoji das so sieht. Aber du musst ihn auch irgendwo verstehen. Er liebt dich und wenn er sieht, dass es dir schlecht geht, dann macht er sich Sorgen um dich und euer Baby. Er freut sich doch schon so auf das Würmchen." "Macht er das?" Davon hatte Aya noch gar nicht so viel mitbekommen. Ihrem Bauch schenkte er eigentlich nur Beachtung, wenn es darum ging, ihn nicht einzudrücken, während sie sich liebten. Ansonsten redete er eher selten über das Kind, dass in ihr heranwuchs. Manchmal fragte sie sich, ob er das Baby überhaupt wollte. Omi begann zu lächeln und nickte. "Nachdem ihr vom Ultraschall gekommen seid, hat er eine Kopie des Bildes gemacht und es an die Pinwand gesteckt. Seitdem erzählt er jedem, der es wissen und auch nicht wissen will, dass das sein Kind wäre." Seine Hand schob sich um ihren Rücken und drückte ihre Schulter. "Keine Sorge, er freut sich wirklich. Aber du kennst ihn doch. Manchmal fällt es ihm nicht so leicht, seine Freude zu zeigen." Nachdenkliche Augen richteten sich auf Omi und betrachteten sein Gesicht. Vorsichtig schob sich Ayas Hand auf seine und drückte diese. "Danke Omi. Vielen Dank." "Hey... Bonsai, Pfoten weg von meiner Frau. Sonst klatscht es." Yojis Stimme, geschwängert von einem Ton des leichten Missfallens, erhob sich hinter den beiden, die sich sofort zu ihm umdrehte, während Omis Hand augenblicklich von Ayas Schultern rutschte. Yoji kam sofort zu den beiden und kniete sich hinter Aya. Aus dem Augenwinkel blickte er Omi mit ein wenig Triumph in den Augen an und schob die Arme an Ayas Seite nach vorne um ihren Körper. Eine seiner Hände strich dabei leicht über ihren sacht gewölbten Leib. "Wie geht es euch beiden?" Aya begann augenblicklich wohlig zu schnurren und lehnte sich gegen ihn. "Viel besser als heute Mittag. Und Bauchschmerzen habe ich auch keine mehr." "Das ist gut, Süße." Seine Finger glitten leicht über ihren Bauch und umkreisten ihren Bauchnabel. "Und dass es dir gut geht, Baby, finde ich auch sehr schön." Ran, der gerade mit einem Teil des Schrankes bewaffnet ins Zimmer trat, verdrehte die Augen. "Könnt ihr nicht einmal die Pfoten voneinander lassen? Und jetzt fangt ihr schon an, während Omi daneben sitzt. Ihr seid Schweine. Und außerdem..." Seine Augen blitzten heimtückisch auf. "Ihr wisst hoffentlich, dass der kleine Wurm da alsbald ein Bewusstsein hat und mitkriegt, wenn sein Vater zu besuch vorbei schaut." Augenblicklich schlief Yojis Gesicht ein und jeglicher Gedanke an Sex mit Aya für diesen Abend war wie zerschlagen. Die Vorstellung, dass sein Sohn oder seine Tochter zuerst sein bestes Stück von ihm zu sehen bekamen, war schlichtweg... abartig. "Ran, musste das jetzt sein?" Aya blickte an Yoji vorbei zu ihrem Bruder, dem ein breites Grinsen ins Gesicht stand, da er es geschafft hatte, den Blonden zumindest eine Nacht von seiner Schwester fernzuhalten. "Ja, musste sein. Das ist mein Recht als großer Bruder. Außerdem solltet ihr das sowieso lassen, wenn es dir nicht gut geht." Und generell auch, weil es nach wie vor etwas war, dass er gerne als Schwesternschändung bezeichnete. Vornehmlich deshalb, da Yoji ihn gerade heute Morgen im Laden wieder ziemlich geärgert hatte. Und das dann auch noch mit schlüpfrigen Details aus seinem und Ayas Liebesleben. Etwas, dass der Rothaarige ganz sicher nicht hören wollte. Es war schon schlimm genug, dass man Aya ansah, was die beiden miteinander trieben. Und noch viel schlimmer war, dass Aya dabei die Pille und Yoji das Kondom vergessen hatte. "Yoji..." Aya funkelte ihren Bruder noch einmal giftig an, bevor sie sich ihrem Verlobten zuwendete, der wie paralysiert dasaß und in dessen Kopf eindeutig Dinge abliefen, an die er besser nicht denken wollte. "Hör auf, daran zu denken. Es gibt keine Kinder, die sich daran erinnern, dass ihre Eltern Sex während der Schwangerschaft gehabt haben. Ran ärgert dich nur. Unser Baby wird sich an so etwas niemals erinnern können. Das geht einfach nicht." Der Blonde drehte ihr langsam den Kopf zu, glitt mit den Augen über ihr Gesicht und anschließend zu ihrem leicht gewölbten Leib. "Und wenn doch? Es ist sicherlich nicht erquickend, zuerst mein bestes Stück zu sehen." Bezüglich dieser Bemerkung entrang sich Ran ein leises und überaus gehässiges Lachen, welches er allerdings im Keim erstickte, als Aya ihn wütend anfunkelte. "Ist ja schon gut. Ich bin wieder nebenan und baue die restlichen Möbel auseinander." Damit verschwand er. Omi blieb seinerseits immer noch auf dem Boden sitzen und lauschte zugleich angewidert und interessiert Yojis und Ayas Unterhaltung. Ken für seinen Teil bekam von all dem gar nichts mit. Sogar trotz seiner Anwesenheit im Raum nicht. Zu sehr beschäftigte er sich mit dem Aufbau des Kleiderschrankes. Aya neigte sich zu ihrem Freund hinüber und hauchte einen Kuss auf seine Wange. "Lass uns später darüber reden. Jetzt müssen wir erst mal das Zimmer einrichten, damit wir heute Abend endlich zusammen hier wohnen." "Du hast ja recht, Süße. Heute Abend ist auch noch Zeit." Er zog sie langsam an sich und drückten ihren Körper vorsichtig an den seinen, immer darauf bedacht, dem kleinen Leben in ihrem Bauch genügend Raum zum wachsen zu lassen. "Schwanger also..." Brad spähte über den Bildschirm seines Laptops hinweg und runzelte kurz die Stirn. Seine Hand glitt zu seiner Brille und entfernte diese von seinen Augen. Langsam lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und begann mit einem weichen Tuch die Brillengläser zu reinigen. Schuldig beobachtete die Zeremonie gelangweilt bis fasziniert, da Brad es immer wieder schaffte, einen beinah feierlichen Akt aus dem Reinigen seiner Gläser zu machen. Erst als der Amerikaner die Brille wieder aufgesetzt hatte, erhob der Deutsche deine Stimme. "Sie ist mittlerweile sicherlich im dritten oder vierten Monat. Das konnte ich nicht rauskriegen. Aber es ist der Balg des läufigen Rüden." "Und ihr Bruder?" Dunkelbraune Augen hefteten sich auf das Gesicht des Deutschen. Schuldig zuckte gelangweilt mit den Schultern und strich sich den weißen Anzug langsam glatt. "Er hat der Verlobung und einer Heirat der beiden zugestimmt, allerdings ist mehr als nur absehbar, dass er es nicht aus Freundlichkeit gemacht hat. Er will seine Schwester vor einem Skandal schützen und ihre weiße Weste soweit wie möglich aufrechterhalten. Soweit das möglich ist, wenn man mit Balinese eine Beziehung führt." Brads Blick glitt auf den Computerbildschirm. Kurzfristig schloss er die Augen, spähte anschließend aber wieder zu dem rothaarigen Europäer hinüber. "Also hat er sich mit der Situation nach wie vor nicht abgefunden und verflucht seinen zukünftigen Schwager. Gleichzeitig fürchtet er um das Ansehen seiner Schwester... Das könnte..." "Sie nennen sie in ihrer Schule bereits hinter vorgehaltener Hand Schlampe, Flittchen, Nutte und dergleichen. Zwar kommt Bombay ihr immer zur Hilfe, aber wir wissen ja alle, wie gemein Kinder und Teenager sein können." Schuldigs Augen hefteten sich kurz auf Nagi, der im selben Raum auf der Couch saß und auf die Tasten seines eigenen Laptops einhämmerte. "Wie dem auch sei, sowohl Abyssinian als auch Balinese wissen nichts von den Beschimpfungen. Nur Bombay ist eingeweiht und der hält dicht, weil er der kleinen Aya ja so viel abgewinnen kann. Einen Wunsch kann er ihr ebenso wenig abschlagen, wie jeden anderen Gefallen auch." "Abyssinian würde toben, fände er heraus, was hinter dem Rücken seiner Schwester gesagt würde. Von den Kunden im Blumenladen ist nichts anderes zu erwarten, allerdings sieht das anders aus, wenn es nun schon auf dem Schulhof die Runde macht." Der Amerikaner beugte sich wieder etwas vor und begann erneut, auf seinen Laptop einzutippen. "Das Kind ist das Beste, das uns jemals passieren konnte. Nicht nur, dass seine Mutter der von Weiß gehütete Schatz ist, nein, ihr Balg schlägt auch noch die Breche zwischen Leader und Playboy und macht somit aus der ganzen Konstellation eine riesige Familie. So, wie die kleine Fujimiya gepolt ist, wird sie nämlich selbst Siberian und Bombay als Onkel des Kindes bezeichnen." "Es wird leiden." Farfarellos Stimme erhob sich irgendwo hinter Schuldig und damit aus dem Flur. Lauschte man ganz leise in seine vermeintliche Richtung, hörte man das Geräusch, welches Haut machte, wenn diese mit einem Messer zerteilt wurde. Schuldig lief eine leichte Gänsehaut über den Rücken. Zuweilen war Farfarello sogar ihm zu gestört. Natürlich ließ er sich dies nicht anmerken. "Handeln wir jetzt oder wenn der Welpe geboren wurde?" "Gönn ihnen etwas Frieden und wiege sie in ihm. Dann wird der Schock umso größer, wenn wir zuschlagen. Und wir werden zuschlagen. Das ist gewiss." Brad betätigte eine Taste auf der Tastatur des Laptops. Leise begann der Drucker einige Blätter auszudrucken, welche er schließlich in die Hand nahm und Schuldig hinhielt. "Der nächste Auftrag für dich. Ich verlange Präzision und Schnelligkeit." Grüne Augen glitten über das Papier, flinke Hände zerknüllten es und warfen es über die Schulter in den Flur hinein. "Kein Problem. Wird erledigt. Heute Nacht hast du, was du brauchst." Damit drehte er sich auf dem Absatz um und verschwand aus Brads Büro. Nagi hob erst jetzt den Kopf und schaute dem rothaarigen Europäer nach. "Die Aussicht darauf, seinen Intimfeind zu quälen, beschwingt ihn ohne gleichen." "Es gibt nichts Erbauenderes, als eine Familie zu zerstören, die sich gerade gefunden hat." Der Amerikaner machte sich erneut an die Arbeit und bearbeitete Aufträge und Akten, ohne noch einmal von ihnen abzulassen. Der junge Japaner, das Wunderkind, blickte ihn noch eine Weile nachdenklich an, erhob sich dann und verließ mit seinem Laptop das Zimmer. Ohne es zu merken, schritt er an Farfarello vorbei, dessen Blick in andere Sphären gerichtet war. Ganz leise und kaum zu vernehmen, murmelte er einen alten irischen Kinderreim vor sich hin. Einen Reim, den er beinah vergessen hatte und welcher nun in sein Gedächtnis zurückkam, als die Rede von einem Kind war, welches er weder kannte noch gut heißen konnte. Das lag nicht nur daran, dass es Balinese Kind war, es lag auch noch an einem anderen Grund. An einem, der tief in dem Iren verborgen lag, welcher als kleines Kind seine Familie verloren hatten. "Das wird noch eine Weile dauern, bis es hier wieder ordentlich aussieht." Yoji trat hinter Aya, welche auf dem Fußboden kniete und seine Sachen ordentlich zusammenlegte, um sie endlich in den Kleiderschrank zu räumen. Sein Blick heftete sich auf ihren Hinterkopf und glitt über ihre schlanke Statur, die nur vorne am Bauch eine leichte Wölbung zeigte. Aya blickte überhaupt nicht von ihrer Arbeit aus, wies aber mit einer Hand in Richtung eines Kartons, in dem seine Anzüge transportiert worden waren. "Kannst du dich schon wieder auf Bügel hängen? Dann geht es schneller." Der Blonde nickte und trat an den Karton. Einen Anzug nach dem anderen entnahm er dem Karton und hing sie fein säuberlich auf Bügel, welche er abschließend auf die Kleiderstange im Schrank hängte. "Hast du deine Sachen auch schon eingeräumt?" "Nein, noch nicht ganz. Ich habe noch zwei Kartons. Sind aber sowieso Sachen, die ich in nächster Zeit nicht mehr anziehen kann." Die junge Frau zuckte knapp mit den Schultern und nahm sich dem nächsten Pullover ihres Freundes an. "Willst du nicht erst mal eine Pause machen? Du machst das schon viel zu lange. Du bist doch bestimmt sehr müde." Die Sorge um sie, die sich seit dem Morgen in ihm breit gemacht hatte, suchte sich abermals einen Weg in die Freiheit. Aya schüttelte allerdings den Kopf. "Mir geht es gut. Und unser Baby beschwert sich auch nicht." Erst jetzt blickte sie ihn über die Schulter an und lächelte völlig im Einklang mit sich selbst. "Uns geht es wirklich gut. Glaub mir. Ich weiß, wovon ich rede." Gerade das bezweifelte Yoji aber. Aya zeichnete sich gerade seit wenigen Wochen dadurch aus, dass sie es verschwieg, wenn es ihr schlecht ging. Sie machte immer gute Miene zum bösen Spiel, weil sie gerade ihrem Bruder beweisen wollte, dass die Entscheidung für das Baby kein Fehler gewesen war. "Ich mache dir einen Vorschlag, wir essen jetzt erst mal etwas und dann packen wir nachher weiter aus." Augenblicklich war der Gedanke an das Auspacken verschwunden. Aya nickte hektisch und sprang vom Boden auf. "Essen klingt gut. Was machen wir denn? Wie wäre es dann auch mit Nachtisch?" Mit einem gequält anmutenden Gesicht dachte Yoji an den Inhalt seines Portemonnaies, der merklich schrumpfen würde, wenn er nun mit Aya essen gehen würde. Immerhin stopfte sie sich zurzeit alles in den Mund, das man essen konnte. Sogar Sachen, die sie eigentlich hasste wie Fisch und Broccoli. Allerdings nahm er es andererseits gerne auf sich, wenn er ihr damit einen Freude machen konnte. Und Freude hatte sie, das sah er bereits jetzt an ihrem merklich fülligeren Gesicht. "Mexikaner, Chinese, Italiener oder Sushi?" "Mexikanisch? Ich brauche irgendwas Scharfes." Die junge Frau rieb den leicht gewölbten Leib und begann beinah umgehend, sich aus ihrer bequemen Hose zu pellen. Mit einem glasigen Blick verfolgte Yoji die kleine Stripeinlage seiner Freundin und dachte darüber nach, was noch alles scharf wäre. Allerdings rief Aya, welche ihm leise ins Ohr hauchte, in wieder in die Realität zurück. "Was hast du gesagt?" "Dass ich es gleich wieder gut mache. Oder willst du nicht?" Ihre schwarze Braue hob sich über einem der dunkelblauen Augen, welche ihn suchend ansahen. "Dooooch, natürlich." Sofort nickte er einer Wachtel gleich und begann trotz des finanziellen Verlustes breit zu strahlen. Rans Bemerkung vom Nachmittag hatte er erfolgreich durch einen Anruf bei Ayas Frauenarzt verdrängt. Ganz zu seiner Freude, denn Aya sah seit ihrer Schwangerschaft in seinen Augen mindestens doppelt so verführerisch aus, wie sie es sowieso schon tat. Die junge Frau nickte mit einem amüsierten Lächeln auf dem Gesicht, ergriff seine Hand und zog ihn hinter sich her. "Zu welchem gehen wir denn? Können wir zu meinem Lieblingsmexikaner gehen? Bitte." "Natürlich, Süße. Alles, was du willst." Der werdende Vater nickte zustimmend und folgte seiner Freundin in die Garage. "Was ist passiert?" Ran starrte Omi fassungslos an. Immer noch konnte er nicht glauben, was er soeben gehört hatte. Immer noch entzog es sich seiner Kenntnis, warum Aya ihm nicht die Wahrheit sagte. Der jüngste Weiß nickte betreten und war in Gedanken kurz bei Aya-chan, die ihm das niemals verzeihen würde. Allerdings wäre es letztendlich zu ihrem und zum Wohle des Kindes, das sie in sich trug. "Ich denke wirklich, dass es an dem ganzen Streß liegt, dem sie in der Schule ausgesetzt ist. Es sind nicht alle Schüler, aber genug von ihnen. Auch die Lehrer. Von den Eltern will ich gar nicht sprechen. Das Harmloseste war wirklich, dass sie meinten, sie würde nur versuchen, Yoji damit zu halten. Auf diesen Kommentar hat sie nicht wirklich viel gegeben, aber es hat sie verletzt. Solche Dinge wie Hure, Flittchen, Schlampe sind dann aber Sachen, bei denen sie nur tapfer zu sein versucht, anschließend aber immer weint. Ich habe sie schon so oft in irgendeiner Ecke in der Schule gefunden, in Tränen aufgelöst und mit unerträglichen Schmerzen. Sie machen sie allmählich fertig. Und das, was sie über Yoji sagen, macht es auch nicht besser. Das nimmt sie sich doppelt so sehr zu Herzen." Was sie über seinen zukünftigen Schwager sagten, konnte Ran sich nur zu gut vorstellen. Es waren sicherlich Dinge, die von Schändung sprachen, vom Ausnutzen eines jungen Schulmädchens und das er nur mit ihr spielen würde. Zwar waren das alles Sachen, die Ran gerne mit seinem Namen unterschrieb, aber sie waren nur legitim, wenn sie eben von ihm kamen. Es war keinesfalls vertretbar, dass fremde Menschen seine Schwester derart verletzten. Zumal diese Leute Yoji nicht einmal auch nur im Ansatz kannten. "Was sagen sie denn?" "Aya fällt nicht mehr unter die Bezeichnung Kind, aber durch das lange Koma führt sie sich von Zeit zu Zeit wie eins auf. Das schlimmste war bisher, dass sie ihn Kinderschänder nannten und meinten, er müsse pädophil sein, wenn er sich auf solch ein junges Ding einließe. Dabei ist er das ganz gewiss nicht." Omi schaute Ayas Bruder um Verständnis heischend an. Und zugleich betete er, dass er Yoji nicht wieder einen Strick daraus drehen würde. Denn das tat Ran mit Inbrunst und viel zu gerne. "Schlimm ist auch die Behauptung, er wäre nur mit ihr zusammen und hätte ihr das Kind angedreht, damit du dich ärgerst. Aya erträgt das nicht und weint so oft. Und doch hören sie nie auf damit." Rans Blick, eiskalt und beinah abgebrüht, ruhte auf dem jüngsten Weiß. Seine Augen schienen ihm tief in die Seele zu blicken und dennoch lag in ihnen etwas, das Omi nicht definieren konnte. "Manchmal glaube ich, es ist die gerechte Strafe für die beiden, dass sie so Leiden müssen. Nur andererseits ist es vornehmlich Aya und das tut mir so leid. Ich kann nach wie vor nicht sagen, dass ich mit der Wahl ihres Freundes einverstanden bin, aber ich kann es akzeptieren. Um ihretwillen und auch wegen des Babys, das sie von ihm erwartet." Der Rothaarige ließ den Blick aus dem Fenster gleiten und starrte wie gebannt auf die Straße. Wenn Yoji und Aya nach Hause kommen würden, würde er Yoji beiseite nehmen und mit ihm sprechen. Versucht beherrscht, hieß das. Auch wenn ihm dies sehr schwer fallen würde. Nur musste es sein, denn jede Aufregung gefährdete Aya-chan. Omi musterte seinen Kollegen noch eine Weile und erhob sich dann. "Ran, ich werde noch ein wenig im Kinderzimmer rumwerkeln. Aya wollte ein paar Farbmuster an den Wänden und außerdem muss noch die Babykommode zusammengebaut werden. Wenn Yoji das macht, wird das arme kleine Würmchen ziemlich hart auf den Boden fallen." Ein knappes Nicken war die einzige Antwort des Onkels Widerwillen. Erst als Omi aus dem Raum verschwunden war, ließ Ran seinen Blick zurück ins Zimmer gleiten und verschränkte auf der Tischplatte die Finger beider Hände., auf welche er sogleich wieder hinunter sah. Er würde dem Baby ein guter Onkel sein und Aya immer ein guter Bruder, nur was sein Verhältnis zu Yoji anging... Das würde sich noch zeigen, auch wenn er keine großen Hoffnungen hatte, dass er ihn irgendwann tatsächlich und ohne Bedenken als den Mann an der Seite seiner Schwester akzeptieren würde. Aya lag zusammengerollt auf dem großen Bett im Schlafzimmer. Sie hatte sich die Decke bis zum Kinn hochgezogen und schlief firedlich auf der Seite. Als Yoji nach seiner Unterredung mit Ran ins Zimmer trat, entlockte ihm der Anblick ein zärtliches Lächeln, in welchem ein Hauch von Schwermut lag. Abermals machte er sich Vorwürfe, weil er sie geschwängert hatte. Allerdings nicht, weil er es bereute, dass sie ein Kind von ihm bekam, sondern weil die engstirnigen Lehrer, Eltern und Schüler ihr das Leben zur Hölle machten. Wäre das Kind nur gut ein Jahr später gekommen, wäre alles gut gewesen. Er hätte sie sofort geheiratet und zumindest die Sprüche über den Bastard, denn sie von ihm empfing, wären somit im Nirgendwo verschwunden. Und jetzt... Tagtäglich quälte man sie mit Worten und so wie eh und je schluckte sie die Gemeinheiten, um ihn nicht zu belasten. Dabei belastete sie sich so schwer, dass ihre Gesundheit unter dem permanenten Druck litt. Und damit wurde auch die Schwangerschaft gefährdet. In den vergangenen Monaten hatte sie bereits wieder und wieder Blutungen gehabt. Jedes Mal folgte eine Woche strikte Bettruhe und danach war alles wieder in Ordnung. Doch wenn das so weiter ging... Yoji wollte sich gar nicht ausmalen, was geschah, wenn Aya das Kind verlieren sollte. Er mochte nicht einmal daran denken, wie er sich dann fühlen würde. Wie würde es ihr dann gehen? Er zweifelte keinesfalls daran, dass sie zerbrechen würde. Und ob dieser Bruch jemals wieder gekittet werden könnte, war auch mehr als fraglich, denn sie freute sich mit Leib und Seele auf ihr erstes gemeinsames Baby. Vorsichtig ließ sich der werdende Vater neben seiner Freundin auf die Bettkante hinab. Behutsam zog er die Decke über ihr zurecht und strich mit vorsichtigen Fingern über den gewölbten Leib unter der Decke. Seine Augen fixierten ihr Gesicht und suchten nach Schmerz und Trauer, aber er fand nur unendlich Freude. Selbst im Schlaf wahrte sie den Schein, dass alles in Ordnung war. Dabei war gar nichts in Ordnung. Allerdings würde er dafür sorgen, dass alles wieder in Ordnung kam. Er würde nicht zulassen, dass ignorante Querdenker seine Familie zerstörten. Und wenn das hieß, dass er gegen jeden Sturkopf einzeln antreten musste, dann war es ihm auch recht. Er neigte den Kopf nach vorne und hauchte einen Kuss auf Ayas Schläfe. Sofort malte sich auf ihren Zügen ein zufriedenes Lächeln ab, das ihn bis tief in die Seele berührte. Langsam erhob er sich und entledigte sich seiner Kleidung. Da er bereits im Bad gewesen war, nachdem Ran mit ihm gesprochen hatte, kroch er nackt hinter Aya ins Bett und zog ihren Körper behutsam an sich, wobei sie ihm entgegenkam und sich dicht an sich schmiegte. In der Sicherheit seiner Arme wirkte ihr Gesicht noch entspannter und als er sanft seine Hand auf ihren Bauch legte, schien sie zu dem himmlischen Geschöpf zu werden, welches sie schon immer für ihn war. Auf ihrem Gesicht breitete sich ein Frieden aus, der seinesgleichen suchte. Und Yoji nahm sich vor, bereits am nächsten Tag dafür zu sorgen, dass ab sofort jeder Tag für sie so friedvoll ablaufen würde, wie sie nun ihren Schlaf in seinen Armen empfand. Bevor er die Augen schloss flüsterte er leise in die Richtung ihres Bauches. "Kleiner Spatz, ich habe dich sehr lieb. Schlaf gut und es ist wirklich schön, dass es dich gibt." Anschließend richtete er seinen Blick auf Ayas Ohr, welches er zärtlich küsste. "Ich liebe dich, Süße. Und das werde ich dir jeden Tag in unserem gemeinsamen Leben beweisen." ------------------------------------ © by Merenwen/Sandra Wronna Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)