Freundschaft...oder sowas Ähnliches von Vanillaspirit ================================================================================ Prolog: Freunde...? ------------------- Ein kleiner Vogel flog aufgeschreckt auf, als zwei muskulöse Beine dumpf auf dem Waldboden landeten. Weiße Augen rollten genervt in den Augenhöhlen. Wie konnte ein einzelner Mensch nur ständig so aufgekratzt sein? Plötzlich hielten die Beine an und der dazugehörige Körper straffte sich in dem dunkelgrünen Einteiler. Feuer brannte in den merkwürdig starren, schwarzen Augen, als der Junge mit dem Topfschnitt seine Faust ballte und heroisch seine Stimme durch den Wald hallen ließ. "Ich, Rock Lee habe es mal wieder geschafft. Niemand kann das schöne Biest von Konoha besiegen." Mit düsterem Blick drehte Lee seinen Kopf über die Schulter und blieb an pupillenlosen, schneeweißen Augen hängen. "Der Nächste bist du", prophezeite er dem Besitzer der merkwürdigen Augen. Schweigen trat ein, das schließlich von einem leisen Seufzer unterbrochen wurde. "Du nervst." Demonstrativ gelassen passierte Neji Hyuga den hyperaktiven Jungen mit den schwarzen Haaren. Ihm folgte schweigend der dritte Ge-nin des Teams: Ten Ten. Lee zögerte einen Moment, bevor er sich nachdenklich am Kinn kratzte. Seit er die beiden kannte, war Ten Ten immer auf Nejis Seite gewesen und hatte zu jeder seiner verbalen oder körperlichen Attacken auf ihn mindestens ein, noch viel spitzeres, Kommentar abgegeben, aber nun war sie still. Das Mädchen mit den zwei Dutts schwieg bedrückend. Vielleicht war sie nur müde von der beendeten Mission, allerdings war die nicht sonderlich schwer gewesen und die junge Kunoichi hatte sich zurückhalten können. "Ten Ten, geht es dir gut?" Die Angesprochene blieb stehen und wandte ihre Augen von den Zweigen auf dem Waldboden hoch, zu ihrem Sensei, der die Truppe anführte. "Ja!" Ihre Stimme war viel dunkler und schroffer als gewöhnlich und deutete an, besser Abstand zu ihr zu halten. Stirnrunzelnd drehte sich nun auch Neji um und musterte seine Kameradin. Einsilbigkeit und Kälte waren etwas, was er noch nie an dem sonst fröhlichen, aufgeweckten Mädchen gesehen hatte. Betrübt senkte sie wieder ihren Blick und setzte ihren Weg fort, um schließlich von ihrem Sensei gestoppt zu werden. Gai legte eine Hand auf ihre Schulter und zwang sie, stehen zu bleiben. "Es schmerzt, dich so betrübt sehen", meinte er übermäßig dramatisierend. Das Mädchen rollte mit den Augen. Sie hatte keine Lust ihrem extrovertierten Lehrer ihr Leid auszuschütten. Es war so schon schwer genug. Genervt wischte sie die große Hand weg. "Lasst. mich. in. Ruhe!" zischte sie mit Nachdruck. Ohne auf die anderen zu achten, ging sie voraus nach Konoha. Fragend blickte Lee zu dem Mann, der ihm in jeder Hinsicht als Vorbild diente, auf. "Was hat sie denn?" Das Grinsen in Gais Gesicht war gefroren. Niemals, in nicht all den Monaten, in denen er diese Kinder ausbildete, hatte er eine derartig negative Energie bei Ten Ten gespürt. Sie musste mehr als wütend sein, aber warum nur? Ihm fiel nur ein Grund ein. "Das ist ne Frauensache, Lee-kun. Besser, wir lassen sie in Ruhe." Neji verschränkte die Arme vor der Brust und rollte erneut mit seinen weißen Augen. Was wussten die schon? Von allen im Team, hatte er am meisten mit Ten Ten zu tun und ihre derzeitige Stimmung hing garantiert nicht mit Menstruationsproblemen zusammen. Hyperaktiv wie immer, bearbeitete Rock Lee einen hölzernen Mann, was nichts anderes war, als ein mannshoher Stamm, der mit vielen waagerechten Stöcken bespickt war. Sein Teamkamerad Neji Hyuga ließ sich von dem Lärm nicht weiter stören, auch nicht von den selbstgefälligen Blicken, die der agile Junge ihm dann und wann zuwarf. Entspannt saß der Junge mit dem Byagukan und den langen, zu einem Zopf gebundenen Haaren im Lotussitz und meditierte. Es war nicht nötig für ihn, so hart wie Lee zu trainieren, immerhin hatte er Zugriff auf Chakra und sogar sehr viel davon. Murrend erhob sich Ten Ten einige Meter entfernt, wo sie bis eben ihre dutzend Waffen sortiert, gereinigt und sorgsam wieder an ihrem eher zierlichen Körper versteckt hatte. Wie so oft in letzter Zeit runzelte Neji seine Stirn unter dem breiten Stirnband. Allmählich begann er doch sich Gedanken um seine Kameradin zu machen. Das dunkelhaarige Mädchen war seit der letzten Mission nicht mehr die Selbe. Sie lächelte nicht mehr, ihre Augen strahlten nicht mehr und sie war auch sonst stets schlecht gelaunt und kaum noch ansprechbar. Eigentlich waren ihm die Probleme und Gefühle seiner Teamkameraden egal, aber Ten Tens Laune drohte nun sogar schon die Missionen zu bedrohen. Neji musste sich in solchen Situationen auf das Team verlassen können und konnte keine Rücksicht auf eine überempfindliche Kunoichi nehmen. "Wo willst du hin?" Der hübsche Schwarzhaarige hatte ein Auge geöffnet und blinzelte Ten Ten erwartungsvoll an, als diese, an ihm vorbei, in den Wald verschwinden wollte. Wütend blitzte sie ihn an. "Als ob dich das wirklich interessieren würde." Ärgerlich drehte sie sich weg, als sein Gesichtsausdruck ins Zornige überglitt. Er hasste Widerspruch. Vor allem, wenn er aus dem Team kam. Knurrend beschleunigte Ten Ten ihre Schritte und verschwand schon bald im Dickicht der Bäume und Sträucher. "Wie lange hat sie dieses Frauenproblem denn noch?" Irritiert hatte Lee mit seinem Training aufgehört und schaute dem Mädchen hinterher. Neji seufzte resignierend. Dieser Typ verstand manchmal einfach gar nichts. "Glaubst du nicht, dass du mal mit ihr reden solltest?" Fragend fixierte Lee den Jungen mit dem bandagierten Arm. "Sie hat schon immer zu dir aufgesehen, sicher kannst du sie zur Vernunft bringen." Neji öffnete den Mund und wollte schon etwas darauf antworten, ließ er es dann aber dennoch bleiben. Lee den Mund zu verbieten würde ja doch nichts bringen und außerdem... Widerwillig erhob sich der Hyugaabkömmling. "Stimmt", war sein einziger Kommentar, bevor auch er im Wald verschwand. Sie war wütend und voller Hass, auf alles und jeden, ihren Sensei, ihr Team und vor allem auf sich selbst. Mit einem markerschütternden Schrei warf die junge Kunoichi einen weiteren Schwarm Shuriken auf die Strohpuppe, die bereits mit einer halben Waffenkammer gespickt war. Hart wischte Ten Ten mit ihrem Handrücken den Schweiß aus ihrem Gesicht und blickte aufgewühlt zur Puppe, die nun endgültig in ihre Bestandteile zerfiel. Klirrend fiel der Schwung Waffen auf den Boden und wurde mit braungewordenem Stroh bedeckt. "Wie lange willst du mich noch beobachten?" Für einen Moment zogen sich schwarze Augenbrauen über weißen Augen zusammen. Ihre Sinne waren schärfer geworden und er hatte es nicht einmal bemerkt. Ten Ten drehte sich zu den Büschen um und wartete darauf, dass der Ankömmling endlich hervortrat. Mit einer Gelassenheit und Ruhe, die schon fast an Beleidigung grenzte, trat Neji schließlich hervor. Kurz funkelten seine Augen auf, als er sich auf der Lichtung umschaute. Überall an den Ästen der Bäume hingen mehr oder weniger lädierte Strohpuppen und in den Stämmen steckte, sehr tief, das ein oder andere Shuriken. Es war der Ort, an dem Ten Ten früher ihre Waffenkunst geübt hatte, weit ab vom Rest des Teams, um niemanden versehentlich zu verletzen. "Du bist lang nicht mehr hier gewesen", kommentierte er trocken. "Was willst du?" Der Junge hob eine Braue, während er sie im Profil beobachtete, wie sie ihre Waffen aufsammelte. Sie wollte also schnell zum Punkt kommen. "Ich will, dass du aufhörst, dass Team zu gefährden." Team? Das Mädchen gab einen spöttischen Laut von sich. "Welches Team, es gibt doch nur dich und Lee." Erneut hob Neji irritiert eine Braue. "Darum geht es, du fühlst dich zurückgesetzt." Verächtlich und sauer stieß sie ihren Atem aus. "Wie immer weißt du alles besser." Mit funkelnden Augen drehte sie sich zu ihm um und suchte seinen Blick. "Du hast doch überhaupt keine Ahnung, wie es ist mit euch in einem Team zu sein. Es ist doch immer so, drei sind mindestens einer zuviel und das bin nun mal ich." Er reagierte nicht. Nicht einmal der Glanz in seinen Augen änderte sich. "Versteh mich recht Ten Ten. Ich bin nicht hier, weil deine Gefühle oder Probleme mich interessieren, sondern allein, um dich zu warnen." Für einen Moment herrschte Stille. Die Wut in dem Mädchen machte schmerzhafter Einsicht platz. Seine Worte und die Nüchternheit mit der er diese in ihr Gesicht sagen konnte, hatten sie verletzt. Die Dunkelhaarige ballte ihre Fäuste so stark zusammen, dass sie zitterten. Ihr verletzter, tränenverschleierter Blick blieb an Nejis Armen hängen, die er vor der Brust verschränkt hatte. Sein Brustkorb blähte sich auf, als er weitersprach. "Ich warne dich. Wenn du bei den Missionen versagst, wirst du die Konsequenzen zu spüren bekommen." Immer mehr krallten sich ihre Fingernägel in das weiche Fleisch ihrer Handflächen. Das war eine offene Drohung. Nie hätte Ten Ten gedacht, dass er so weit gehen würde. Schmerzhaft biss das Mädchen sich auf die Unterlippe, so stark, dass sie bereits nach kurzem ihr eigenes Blut schmecken konnte. Laut schluckte sie den metallisch-süßen Geschmack hinunter, bevor sie den Mut hatte aufzublicken. Tränen glitzerten am Rand ihrer tiefgründigen Augen. "Wenn du es sagst, Neji-san." Abschätzend sah der Jung auf sie hinab. Seine schönen Züge waren erstarrt und sein Blick eisig. Schwunghaft drehte er sich um und wandte ihr den Rücken zu. Es war nicht, weil er ihre offenbar gewordene Schwäche missbilligte, nur ihren Blick, so voller Trauer und Enttäuschung konnte er nicht länger ertragen. Angestrengt unterdrückte der eher introvertierte Shinobi einen Seufzer. "Lass uns zurückgehen, der Idiot und Gai-sensei warten." Ten Ten nickte verhalten. Bekümmert faltete sie ihre Hände vor ihrem Oberkörper und folgte dem Weißäugigen zurück zum Trainingsplatz. Missbilligend starrte Neji auf das zusammenkauernde Mädchen hinab. Überall an ihr klebte Blut, in den Haaren, auf der Kleidung, selbst im Gesicht waren rote, aufgespritzte Streifen. Ten Ten kniff die Augen zusammen. Sie wartete auf die angekündigten Konsequenzen. "Was hast du dir dabei nur gedacht?" Selbst Gai zuckte zusammen, als Nejis wutverzerrte Stimme den frischen Friedhof erbeben ließ. Das Mädchen presste die Lippen aufeinander und sagte kein Wort. Er hatte ja recht und hätte er nicht rechtzeitig eingegriffen, wäre die Mission gescheitert und sie wahrscheinlich tot. Peinlich berührt knetete sie ihre Hände im Schoss. Noch nie hatte Neji sich derartig aufgeregt, nicht mal, wenn Lee ihn mit seinen ständigen Herausforderungen fast zu Tode genervt hatte. Es war schon schlimm, ihn als Freund zu haben, aber als Feind war er eine tödliche Heimsuchung. Freund? Innerlich schüttelte sie den Kopf. Nein, als Freundschaft konnte sie das Verhältnis zu ihm nicht bezeichnen, sie war für ihn doch nicht mehr, als ein Klotz am Bein. Neji hatte sich beruhigt und kümmerte sich nun wieder um den einzigen Menschen, der ihm etwas bedeutete: um sich. "Lasst uns gehen!" Gai warf die letzten Blätter auf das Grab der Räuber, um es vor neugierigen Blicken zu verstecken, bevor er seine Schüler zum Weitergehen ermahnte. Lee zögerte einen Moment und ließ seinen Blick zwischen der fast weinenden Ten Ten und dem knurrenden Neji umherschweifen. Schließlich siegte der Drang, in der Nähe seines Meisters zu bleiben und er folgte dem bizarr wirkendem Jou-nin. Ten Ten verharrte noch einen Moment in ihrer kauernden Position. Ihre Seite schmerzte. Vorsichtig legte sie eine Hand auf ihre unteren Rippen. Warme Flüssigkeit quoll zwischen ihre blassen Finger. Er hatte sie doch erwischt, dieser verdammte Mistkerl von drittklassigem Räuber hatte sie wirklich getroffen mit seinen Spielzeugmessern. Überfordert erstarrte die junge Kunoichi in ihrer Position. Kalter Schweiß stand auf ihrer Stirn. So hatte sie sich noch nie auf einer Mission gefühlt, so voller Angst. Was war nur los? Hatten Nejis Worte sie so verunsichert? Ein unsicheres Gefühl ließ sie zur Seite blicken. Erschrocken hielt sie die Luft an. Mehrer kleinere Wurfdolche schossen auf sie zu. Der Rest war wie in Zeitlupe. Ein stechender Schmerz breitete sich in ihrer Seite aus. Verbissen presste sie die Lippen aufeinander, um nicht schreien zu müssen. Etwas zerrte an ihrem Kragen und riss sie zu Boden. Verwirrt blickte sie auf, als auch schon ein Schwall Blut auf sie niederrieselte. Grob wurde sie nach oben gezogen. Ihr müder, verängstigter Blick fiel auf den teilweise zerfetzten Körper ihres Angreifers, bevor sie sich dem abschätzigen Blick aus weißen Augen gewahr wurde. "Und du willst eine Kunoichi sein?" Ten Ten wusste nicht, was mehr schmerzte. Ihre Wunde oder Nejis Spott. Langsam sah das Mädchen auf, als es über sich ein abfälliges Schnauben hörte. "Hat er dich erwischt- ja?" Eine Zeit lang starrte sie Neji, dessen Augen kälter wie Eis schienen, wortlos an. Schließlich drehte sie ihren Kopf weg. "Ich hab dir gesagt, du wirst die Konsequenzen tragen müssen. Sei froh, dass es diesmal nur ein Kratzer ist." Wie ein Fisch bewegte das Mädchen ihre Lippen, ohne auch nur einen Ton von sich zu geben. "Kommst du jetzt?" Um Nejis Ungeduld nicht noch weiter anzuheizen, erhob die Dunkelhaarige sich schließlich etwas wackelig. Immer noch spukte Ten Ten eine, für sie äußerst wichtige, Frage im Kopf herum. Nachdenklich betrachtete sie Nejis Zopf, der zwischen seinen Schulterblättern bei jedem Schritt leicht aufwippte. "Neji-kun?" Der Angesprochene drehte sich nicht zu ihr um, erklärte aber mit einem leisen Grummeln seine Aufmerksamkeit. Vorsichtig blickte Ten Ten hoch zu seinem Hinterkopf. Sie wusste, dass sein Blick auf sie gerichtet war. "Wieso hast du mich gerettet? Du hättest mich die Konsequenzen ausbaden lassen sollen." Wieder einmal schnaubte der Junge verächtlich. "Die Chu-nin Prüfungen beginnen bald und wie dir bekannt sein dürfte, dürfen nur vollständige Teams daran teilnehmen. Es würde zu lange dauern jemand Neues zu integrieren." Das Mädchen gab einen mehr als enttäuschten Laut von sich und schaffte es nun endlich, dass der Junge sie ansah. Er warf einen abschätzenden Blick über seine Schulter und blieb an ihren feuchten Augen hängen. Schon wieder hatte er etwas Falsches gesagt. Ein leiser Seufzer entfuhr Neji. "Außerdem macht man das doch so; man beschützt seine Freunde." Mit aufgerissenen Augen starrte das Mädchen ihren Kameraden an. "F-Freunde?" wiederholte sie leise. Der Anflug eines Lächelns ließ Nejis Mundwinkel nach oben zucken. "Zumindest so etwas Ähnliches." Ein komisches Gefühl machte sich in ihm breit, als er ihr Lächeln sah. Es war merkwürdig, er hatte nicht mal bemerkt, dass es ihm gefehlt hatte. Hastig drehte er sich wieder um und ging etwas schneller. "Was macht deine Verletzung?" Eilig versuchte Neji das Thema zu wechseln. "Nicht schlimm, tut nicht mal weh." Er wusste, dass es gelogen war, nickte aber trotzdem. Es war eben ihre Art. Nur selten sprach Ten Ten über sich, stellte sich nie in den Mittelpunkt und jammerte nicht einen Moment, ganz anders als Lee, obwohl sie mindestens genau so lebendig war, wie der junge Tai-jutsu-spezialist. "Gut", kommentierte der junge Ninja trocken, bevor er hinter sich griff und nach ihrer Hand angelte. Sie war feucht vom Blut, warm und, trotz Ten Tens ständigem Umgang mit Waffen, weich. Fast schon schmerzhaft fest drückte er ihre zarte Hand. "Wir sind schon zu weit zurück. Versuch dich anzupassen." Das Mädchen nickte, stieß aber dennoch einen überraschten Laut aus, als Neji in einen schnellen Lauf verfiel und sie mit sich riss. Gleichzeitig verwirrt und dennoch überglücklich blickte sie wieder zu Nejis Zopf, der nun wild auf und ab schwang. Ein leichtes Lächeln lag auf ihren roten Lippen. "Freunde", wiederholte sie leise. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)