Lasst die Toten ruhn von Hotepneith (Der 31. Fall Lord Sesshoumarus) ================================================================================ Kapitel 7: Der Bericht des Wächters ----------------------------------- Mit diese guten Einfall drehte sich der Hundeprinz um, als er Sato kommen hörte – Sato, und mit wem zum Kuckuck denn jetzt schon wieder. Es handelte sich um einen Mann mittleren Alters, dessen Uniform und Bewaffnung verriet, dass er zu der kaiserlichen Wache gehörte. Ach du je. Ja, er hatte diesem Leutnant ja selbst gesagt, er wolle mit jemandem der Wachen reden – musste der Narr denn alles wörtlich nehmen? Na schön, jetzt noch diese Unterhaltung, dann war Sato mal dran. „Das ist Honda,“ erklärte der Leutnant behutsam, der den flüchtigen Unmut durchaus wahrgenommen hatte, und verneigte sich lieber deutlich höflich. Sein Leben war übermorgen beendet, wenn Seine Eisigkeit versagte oder sich schlicht entschloss, das gehe ihn hier alles nichts an. „Er stand am Nachmittag des Tages vor Fürst Watabes Tod am Tor des Daimyo.“ Sesshoumaru bemerkte mit gewisser Genugtuung, dass ihn dieser Mann, als er niederkniete, mit der gleichen militärischen Art grüßte wie Vaters Krieger – den rechten Arm an die Brust gelegt. „Du hast folgerichtig gesehen, wie sich Fürst Watabe und sein Bruder dem Schloss des Daimyou näherten.“ Honda neigte den Kopf. „Ja, Lord Sesshoumaru. Wir stehen zumeist im Tor, zum Einen, um doch gewissen Schatten zu haben, zum Anderen, weil wir so sowohl den Hof als auch den Platz davor überblicken können.“ Ja, das war militärische Ausbildung. „Auf dem Platz vor dem Hof und im Hof – waren da jeweils viele Personen?“ „Im Hof einige, Diener, die bereits Wasser holten und in das Bad schleppten. Ich weiß nicht, ich meine, Eure Lordschaft wird wissen, dass Abends sehr viel heißes Wasser benötigt wird, um die Bäder der vornehmen Herrn anzuheizen. Auch sonst einige Diener, alle männlich. Die Damen der Familie und damit auch das weibliche Personal befindet sich im mittleren Schloss des Daimyo.“ Das nicht der Repräsentation diente und so familiärer gehalten wurde. Das waren ja mal geradezu entzückend klare Aussagen für einen Menschen. Dadurch deutlich beruhigter fragte Sesshoumaru weiter: „Und im Hof davor?“ „Einige Beamte mit Sekretären, das Übliche. Jeder hat seine Aufgabe und seinen Weg. Es war durchaus erstaunlich, dass Fürst Watabe bereits so früh zurück kam. Der Arbeitstag im Palast beginnt gegen zehn, obwohl der göttliche Kaiser natürlich sich bei Sonnenaufgang erhebt.“ Aber da gab es auch viele Gebete und Rituale, die zu beachten waren, das wusste Honda. „Die Brüder haben mit niemandem gesprochen?“ „Nein, nicht einmal miteinander, auch nicht, als sie an uns vorbeikamen. Wir achteten dann eigentlich auch nicht mehr auf sie, erst, als Lord Takeru so unerwartet laut auflachte. Aber ich vermute, da sahen ihn alle an. Er strahlte förmlich über das ganze Gesicht und schlug dem Fürsten auf die Schulter, der darüber nicht sonderlich erfreut schien, sondern, wenngleich auch in gedämpftem Ton, seinem Bruder energische Vorhaltungen zu machen schien. Das konnten wir nicht hören.“ „Lord Takeru entschuldigte sich für sein schlechtes Benehmen?“ „Das konnte man seinen Gesten und Verneigungen entnehmen, ja, Euer Lordschaft. Er begleitete dann seinen Bruder zu dessen Zimmer und schob ihm die Tür beiseite, ließ ihn eintreten, dabei entschuldigte er sich nochmals, verneigte sich noch einmal. Durch das Aufsehen, das sie auf sich gelenkt hatten, bin ich mir, wie ich schon Leutnant Sato berichtete, ganz sicher, dass der Fürst lebendig den Raum betrat. Als dann Lord Takeru zurückwich, sah ich deutlich, wie der Fürst die Tür schloss. Sehr nachdrücklich. Lord Takeru wandte sich sichtlich irritiert ab und zog sich in seinen Raum zurück.“ „Lord Takeru stand also kurz vor der Tür und wich dann beiseite um den Fürsten eintreten zu lassen. Danach verneigte er sich in den Raum – und dann sahst du den Fürsten noch lebendig.“ „Ja, genau das ist der Ablauf.“ „Natürlich sahst du nicht, ob er den Riegel vorlegte.“ „Nein, Lord Sesshoumaru, aber ich vermutete es, denn als ein Diener kam, um ihm heißes Wasser für die Wanne anzukündigen, gelangte er weder in den Raum noch erhielt eine Antwort.“ Das hatte er rein zufällig bemerkt, aber es war wohl besser stete Aufmerksamkeit und Wachsamkeit anzugeben. Immerhin war das ein Gast des göttlichen Kaisers und hatte gewiss dessen Ohr, wenn er hier im Studierzimmer übernachtete, zum Anderen war da auch ein Leutnant der Wachen im besonderen Auftrag des Kaisers … Honda wusste, wann er vorsichtig zu werden hatte.   Das musste der Diener sein, mit dem Seiichi auch gesprochen hatte. Alles passte – nur, wieso war der Kerl erstochen worden? Von hinten? Wie? Das Wie, nicht das Warum, ermahnte Sesshoumaru sich. Bei dem Temperament des Opfers hatten vermutlich alle Menschen um ihn und auch sonst noch einige Leute Grund dafür ihn lieber tot zu sehen. Hm. Auch der Daimyo? Immerhin hatte der liebe Isamu Watabe die Familie der Kaiserinmutter umgebracht, nun gut, einen Zweig davon. Aber ein Risiko bliebe durchaus auch für Kumamoto. Das konnte nicht nur gegen die Familie Watabe gehen, sondern auch auf den Mann, der für sie zuständig war. Und es gab sicher einige andere Leute, die gern Daimyo werden wollten. Das würde natürlich auch erklären, warum niemandem ein zusätzlicher Diener auffiel, der den Riegel lösen konnte. Dieser Seiichi hatte ja erwähnt, dass Isamu Watabe, wenn er unter Schmerzen einschlafen konnte, so tief schlief, dass er auf Ansprache nicht reagierte. Schlich sich der Mörder dann hinein? Den Riegel beiseite zu schieben mochte für Takeru mit einem Brieföffner nicht möglich gewesen sein, aber bei einem Diener des Daimyo mit gesondertem Auftrag, kurz, Mordauftrag, der sicher die Riegel und deren Distanzen kannte, war es immerhin denkbar. Abgesehen davon: die Tatsache, dass Takeru gleich die Tür einriss, wenn sie sich nicht öffnete, sprach für eine gewisse Familienähnlichkeit mit dem Opfer. Die Watabes waren wohl allgemein sehr direkt. Hm. Hatte Fürst Isamu sich mit seinem Massaker an den Fusudos ein gutes Image verschaffen wollen, um höher hinaus zu gelangen, und sich dabei nur in der Person des neuen Kaisers, besser, dessen Mutter, verschätzt? Und hatte der Daimyo als sein Vorgesetzter das nicht sonderlich gern gesehen? Gleich. Jetzt sollte er erst einmal mit dem Wächter hier fertig werden. „Fiel Takeru Watabe bereits zuvor durch solches Benehmen auf?“ „Nicht, dass ich wüsste, Lord Sesshoumaru.“ „Und Isamu Watabe?“ „Auch nicht. Beide Herren waren für jemanden wie mich praktisch … unsichtbar, auch, wenn ich als Kommandeur dieses Hofes natürlich wusste, wer sie waren und wo sie wohnen.“ Da brachte jemand wohl die Zeiten etwas durcheinander, kommentierte Seine Eisigkeit prompt. Nun ja, ein Kommandeur der Wachen sollte kämpfen und denken, nicht schreiben können. Es gab natürlich auch Leute wie seinen verehrten Vater, die beides beherrschten. Aber er konnte einen Dämonenfürsten solchen Ranges ja auch nicht mit so etwas vergleichen. „Kennst du auch Seiichi?“ Honda neigte sich eilig tiefer. „Ich erfuhr seinen Namen erst durch Leutnant Sato, allerdings kannte ich ihn vom Sehen wie alle privaten Diener in diesem Hof. Man sieht sie jeden Tag im Sommer, wenn Hofsaison ist. Allerdings sind es oft andere, jedes Jahr. Ich bitte Euer Lordschaft um Nachsicht, dass ich sie nie nach dem Namen frage.“ Diener waren namenlos, in aller Regel, ja. Ihn interessierte auch nicht, wer sein Bad eingoss, dachte der Hundeprinz. Wenn er es wollte, hatte es da zu sein. „Die Diener verlassen das Schloss des Daimyo nie?“ „Den ganzen Sommer nicht, nein, Euer Lordschaft.“ „Gab es in Bezug auf die Watabes Gerede?“ Fast ein wenig hoheitsvoll antwortete Honda: „An so etwas beteilige ich mich nie und würde auch jeden meiner Männer bestrafen, der sich dazu herablässt.“ „Du darfst gehen.“ Erleichtert, zumal auch der Leutnant sich erhob um ihn zu begleiten, gehorchte Honda, der zum ersten Mal in seinem Leben in einem der privaten Räume des Kaisers gewesen war. Davon könnte er noch seinen Enkeln erzählen. Natürlich auch davon, dass er mit einem leibhaftigen Dämon gesprochen hatte und unverletzt geblieben war. Der göttliche Kaiser verfügte anscheinend über ungeheures magisches Potential, denn nach der Kleidung des Monsters zu urteilen spielte dieser junge Dämon in einer sehr hochklassigen Liga.   „Sakura.“ Bitte nicht wieder Dämon-Mensch-Dolmetscher! Aber sie musste antworten, das war ihr klar. „Lord Sesshoumaru?“ „Wie lange dauert es, bis ein Mensch verblutet?“ Sie war erleichtert, dass es nur eine Fachfrage war. „Das … das hängt davon ab, wie groß die Wunde ist. Ein Mensch stirbt, wenn er eineinhalb bis zwei Liter Blut verloren hat.“ „Aber er kann nur verbluten, solange er lebt.“ Er hatte wieder einmal genau zugehört, dachte sie. „Ja, Lord Sesshoumaru.“ Das bedeutete, alles, was an Blut am Kimono des Opfers zu finden war, und nur da, war erfolgt, als Isamu Watabe noch lebte. Es gab nur eine logische Schlussfolgerung. „Er blutete also hauptsächlich nach innen.“ Er dachte wahrlich mit. „Ja. Es steht zu vermuten, dass das Herz getroffen wurde, aber sich, wie auch durchaus bei einer Verletzung des Armes oder Beines, ein Blutgerinnsel bildete, das die Wunde einigermaßen verstopfte.“ Hm. Selbst ein Mensch sollte mitbekommen, wenn er tödlich verletzt war oder am Verbluten. „Warum rief er nicht um Hilfe?“ Immerhin war sein Bruder im Zimmer nebenan und die Wände waren nicht gerade schalldicht, nicht einmal für die mindere Art. „Wenn Menschen viel Blut verlieren, werden sie sehr müde, Lord Sesshoumaru. Ich fürchte, er merkte zu spät, dass etwas anderes als seine gewöhnlichen Schmerzen vorlag.“ Und er hatte ins Bad gehen wollen, um sich mit kaltem Wasser zu erfrischen oder so etwas, als er feststellte, dass er ungewöhnlich müde wurde. „Wie viel Zeit kann maximal zwischen der eigentlich tödlichen Verletzung des Herzens und dem Verbluten liegen?“ Ach du je Das wurde heikel. Wenn sie sich irrte und er sich aufgrund ihres Fehlers blamierte … nein, daran durfte sie nicht einmal denken. „Das … das vermag ich nicht zu sagen, Lord Sesshoumaru,“ brachte sie hervor. „Keine Stunden, denke ich.“ Woraus Dämon lernen sollte: Menschen, die man umbringen wollte, sollte man den Kopf abreißen. Das wirkte schneller. Nun gut. Mal hören, was sich dieser Leutnant zusammen fabuliert hatte, und ob ihm selbst auch noch ein lästiges Gespräch mit diesem Daimyo bevor stand. Um den Kaiser würde er sowieso nicht herumkommen, da galt Vaters Anweisung der Diplomatie sicher. Er war schon ein armer Hund. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)