My Heartbeat 2.0 von BexChan ================================================================================ Kapitel 14: Xiala - Bericht II ------------------------------ Der Füller zittert in meiner Hand während ich diese Zeilen auf das Papier schreibe. Das Wandern durch die Dunkelheit...es fühlt sich wie sterben an. Nicht, dass die menschliche Hülle zerfällt. Es sind die Gedanken, die ganzen Erinnerungen. Nach meinem Wiedersehen mit...es fühlt sich falsch an den Namen eines Fremden zu nennen. Nicht Xigbar...ja, nach meinem Wiedersehen mit Braig wurde mir nach und nach bewusst, dass ich mit dem Einbruch der Dunkelheit die Menschen verloren hatte, die ich einst so geliebt habe. Ich wanderte lange durch die Welt, die niemals war, bis ich ein Tor erschuf, um in andere Welten zu gelangen. Ich gelangte in eine Welt, die einst ein wunderschönes Schloß sein sollte, umgeben von einem traumhaften Wald mit einem kleinen Dorf. Falls dies einst mal eine wunderschöne Märchenwelt gewesen war, war diese nur noch ein Bruchstück von Erinnerungen. Als ich den Pfad in Richtung Schloß bestritt, fühlte ich eine unendliche Leere in mir. Der Moment, wenn einem bewusst wird, dass man die Menschen, die einst einem so wichtig waren, für immer fort waren und nichts mehr so war, wie es einst war. Ja, es fühlte sich wie sterben an. Der einzige Weg, mit dem ich verhinderte, in dieser Dunkelheit den Verstand zu verlieren, waren die Erinnerungen an meine Liebsten, an die ich mich klammerte. Die einzigen Menschen, die mir je etwas bedeutet hatten. Meine Familie. Abwesend setzte ich einen Fuß vor dem anderen, die Gedanken an diesen einen Faden der Erinnerung klammernt, um nicht den Verstand zu verlieren. Mir wurde bewusst, dass ich mich getäuscht hatte. Die Dunkelheit hatte Risse in meinem Herzen gefunden, einen wunden Punkt, den sich die Schatten nun zu nutze machten, um mich irgendwann selbst in den Abgrund zu reißen. Dieser eine Moment, in dem ich Braig begegnet war, hatte mir bereits gezeigt, dass ich lange zu spät war. Könnte ich überhaupt etwas verändern? War ich überhaupt in der Lage etwas zu verändern? Als ich den Fuß der Treppe hinauf zum Schloß erreichte, ließ ich mich dort nieder und betrachtete das brüchige Firmament, was fragmentartig über dem zerstörten Dorf dieser Welt lag. Ich war nie ein Mensch gewesen, der ans Aufgeben gedacht hat. Ich hatte nie große Vorlieben außer für das Lesen von Büchern oder das Training oder einem guten Tee gehabt. An erster Stelle war immer meine Familie gewesen. Die Menschen, für die ich bereit gewesen wäre, mein Leben komplett aufzugeben, würde ich sie damit retten. Ich war immer selbstlos, ich war froh ein kleiner Teil von etwas ganz Großem zu sein. Ich lebte. Ich liebte. Und mit einem Augenblick wurde mir dies alles genommen. Ich spürte, wie mich mein Mut verließ. Ich versuchte mich an meinen ersten Kuss zu erinnern. An die ganzen schönen Momente, die ich mit Braig verbrachte, auch wenn sie geheim waren. Die Momente, die nur uns gehörten. Wo er mir gehörte. Er war kein guter Mensch am Ende. Aber war es seine Schuld? Nein! Ich hätte so viel verhindern können. Wäre ich nur ehrlich zu meinem Bruder gewesen. Wäre ich nur mutig gewesen...hätte ich mich den dunklen Kräften entgegengestellt. Vielleicht wäre ich gestorben. Wenn ich dafür meine Familie hätte retten können...wenn ich Braig hätte retten können... Selbstmitleid. Es ist so jämmerlich. Aber ich konnte es nicht verhindern. Diese Risse in meinem Herzen...sie hatten ihre Spuren hinterlassen und ich weinte. Weinte in die unendliche Stille der Dunkelheit meinen Schmerz heraus. Ich vermisste sie. Sie alle. Und ich sagte mir „Warum noch kämpfen? Wenn du jetzt aufgibst und dich der Dunkelheit hingibst, vergeht der Schmerz. Dann ist alles vorbei und du musst nie mehr weinen und diese Schmerzen fühlen.“ Es kam mir so vor, als ob der dunkle Teil meines Bewusstseins seine kalte Hand auf meine Schulter legte und mich versuchte in die Versuchung zu führen, mich der Dunkelheit hinzugeben. Ich blickte in einen dunklen Spiegel und erkannte mich selbst. Aber etwas war anders. Da war kein Licht mehr in diesen Augen. Ich sah das breite Grinsen auf meinen eigenen Lippen, die fahle Hautfarbe und...diese Augen. Diese stechenden gelben Augen, die mich aus den tiefsten der Dunkelheit angrinsten. Das Phantom streckte mir seine Hand entgegen und für einen Moment war ich verleitet, zuzugreifen. „Nein. Nein, das bin ich nicht!“ Ich rannte nicht vor der Verantwortung davon! Ich war eine Kämpferin und schlug die Dunkelheit zurück und ihre kalte Hand, die verbissen nach mir griff. Ich sah in die Augen dieses Phantoms, sah den geschockten Ausdruck in diesen stechenden Augen. Doch dann legten sich die Lippen meiner gegenüber zu einem siegreichen Grinsen. „Hast du nicht schon alles verloren? Alle, die dir wichtig waren? Du warst immer so mutig, hast dich immer mehr für andere eingesetzt als für dich selbst. Aber du konntest es nicht verhindern, nicht wahr? So wie du es bei dem Jungen nicht verhindern konntest, oder? Du hast nur zugesehen und nichts getan!“ Warum? Warum riss die Dunkelheit diese alten Wunden auf und zeigte mir die Dinge, die schon lange Narben hinterlassen hatten? Ich wollte mich nicht erinnern. An diesen Tag. Als ich...als ich...Herrgott, ich war selbst noch ein Kind! Was hätte ich tun sollen? In den Gärten, als ich sah, wie dieser Junge...wie dieser Junge von den Unversierten geholt wurde. Ich stand nur da und war wie gelähmt. Ich wollte eigentlich auf die Wiese, um in Ruhe ein Buch zu lesen. Dann sah ich, wie dieser Junge, er konnte nicht älter als ich sein, von diesen Kreaturen davon rannte. Doch dann wurde er eingekreist und die Wesen kamen näher. Ich wollte zu ihm, wollte ihm helfen, denn um die eigentliche Hilfe wie meinen Bruder zu holen hätte zu lange gedauert. Stattdessen sah ich in die verängstigten Augen dieses Jungen, dessen Schicksal besiegelt war und er es genau wusste in dem Moment als sich die Unversierten auf ihn stürzten. Mein Körper war wie gelähmt. Ein kalter Schauer ging durch meinen Körper und ich konnte meine Augen nicht abwenden als sie ihn...ich hörte seine Schreie bis seine Stimme versagte und sich die Stille an seiner Stelle legte. Ich hatte nichts getan. Ich konnte den Jungen nicht beschützen. Vor lauter Panik und voller Scham rannte ich zum Schloß zurück und sperrte mich in meinem Zimmer ein. Ich hatte dies alles vergessen...bis zu diesem Tag. Die Schuld kroch zurück in meine Glieder, mein Körper zitterte vor lauter Angst. Ich hielt mir die Ohren zu als das Phantom zu mir sprach. „Du hast versagt, Laia! Du hast den Jungen im Stich gelassen, genauso wie du danach deine Familie im Stich gelassen hast! Du bist ein Nichts! Gerade jemand wie du sollte sich in der Dunkelheit verlieren! Du bist genauso grausam wie jeder andere Mensch! Alle Menschen tragen ein dunkles Geheimnis in ihren Herzen. Du bist da nicht anders! Du bist Schuld! Du hast es nicht verdient, ein Wesen des Lichts zu sein! Du verdammter Schwächling!“ Ich spürte, wie ich rückwärts taumelte und mein Atem schnell ging. Ich bekam Panik. „Nein! Nein, das ist nicht wahr! Hör auf mir das zu sagen! Ich bin nicht schwach! Es ist nicht meine Schuld!“ Ich kehrte meinem Phantom den Rücken zu und versuchte die Scheibe des Spiegels zu zerschlagen. Eine Hand packte mich grob an der Kapuze meines Mantels und schleuderte mich einmal quer durch den Raum, der wie aus Glas zu sein schien. Krachend landete ich am Boden und blieb dort liegen. Ich spürte, wie das Phantom näher kam und mir mit seinen Stiefeln in den Rücken trat. „Gib auf, Laia! Du hast versagt. Möchtest du nicht wieder bei deiner Familie sein? Du könntest dich ihnen anschließen und ein Teil etwas viel größerem sein! Kommt mit mir und du bist frei! Du musst nie wieder leiden!“ Ich schaute auf, die Augen voller Tränen. War ich wirklich so schwach? Wieso war Laia nur so schwach? Wenn ich nur stärker wäre... Erneut schlug ich ihre Hand beiseite. „Niemals! Auch wenn du mir meine schlimmsten Abgründe zeigen würdest, ich werde niemals, ich wiederhole, niemals ein Teil der Dunkelheit! Eher sterbe ich!“ Ich wusste, dass ich diesen Kampf nicht gewinnen konnte, trotzdem stellte ich mich meinem dunklen Ich entgegen und versuchte sie zu bekämpfen. Mit jedem Tritt, mit jedem Schlag hatte ich das Gefühl, dass das Grinsen auf ihrem Gesicht breiter werden würde, bis es sich zu einer zum Zerreissen angepannten Fratze verzerrt hatte. Sie ergriff mich und trat mich immer wieder in die verschiedensten Regionen meines Körpers bis ich erschöpft zu Boden ging. Mein Körper war schwach aber ich gab nicht klein bei. Sie sah zu, wie ich mich unter Schmerzen aufrichtete und wieder auf sie zuging. „Ich...bin nicht schwach! ICH BIN NICHT SCHWACH!“ „Bist du so verzweifelt? Keine Sorge, ich werde deinem Leben schnell ein Ende bereiten!“ Ich brachte meine letzten Kraftreserven auf und stieß mich so stark, wie ich konnte, vom Boden ab, nur um mit voller Wucht auf den Boden zu knallen und eine ungeheuerliche Schallwelle auszulösen, die selbst meinem Phantom den schrillen Klang in die Ohren trieb. Ich nutzte die Gelegenheit und holte zum Gegenschlag aus und trat so oft auf sie ein, bis sich ihr Körper in tausend dunkle Fragmente auflöste. Ein Moment der Ruhe legte sich in den kalten Raum und der Spiegel hinter mir zerbarst. Als ich wieder am Fuße der Treppe des Schloßes stand, wollte ich einfach nur noch zusammenbrechen. Ich warf mich zu Boden und fing bitterlich an zu weinen. Ich dachte an Dilan und Braig und wollte einfach nur zu ihnen. Ich vermisste sie so sehr und die Schmerzen machten es nicht besser. Ich wollte raus aus der Dunkelheit, wieder nach Twilight Town. Ich hatte solche Angst. Ich wollte mich nicht verlieren. Ich wollte ich bleiben. Ich wollte Laia bleiben. „Dilan, Braig! Es tut mir so leid! Es tut mir so leid, dass ich euch nicht beschützen konnte! Es tut mir leid, dass ich nichts getan habe! Bitte verzeiht mir! Ich liebe euch so sehr! Ich vermisse euch so sehr!“ Eine ganze Weile lag ich da und weinte mir den Schmerz aus der Brust. Vielleicht war es gut so. Das zeigte mir, dass ich immer noch ein Mensch war. Dann...fühlte ich vorsichtig eine Hand auf meiner Schulter. „Ich habe dir doch gesagt, dass du die Dunkelheit nicht unterschätzen sollst. Du hast gut gekämpft, Sweetheart.“ Ich blickte vorsichtig auf, die Augen rot unterlaufen vor lauter Tränen. Ich wusste, dass er nicht der echte Braig war aber...in dem Moment war ich einfach nur unendlich froh, Xigbar zu sehen. „Xigbar...“ Tatsächlich sah ich den Hauch von einem Lächeln auf seinen Lippen und es war mir egal, ob es nur gespielt war. Er war hier und das war das Einzige, was gerade zählte. „Ach Sweetheart, immer muss ich dich beschützen.“ Ich drehte mich vorsichtig zu ihm und legte mich in seinen Arm. Ich wusste, dass es falsch war aber mir war das Herz so schwer. „Mir ist egal, ob du nichts fühlst weil du ein Niemand bist! Mir ist egal, ob du nicht existierst! Du bist hier!“ War es Schwäche weil ich ihm zeigte, dass ich ihn irgendwo immer noch liebte? Nein. Die Liebe zu ihm machte mich stark, auch wenn er nicht mehr auf der Seite des Lichts stand. Mein Herz hing so sehr an ihm. Ich weiß nicht, wie lange ich an seiner Brust weinte aber ich konnte und wollte ihn nicht loslassen. „Verstehst du jetzt, warum ich dich in das alles nicht reinziehen wollte? Du gehörst einfach nicht in diese Welt, Laia. Du bist ein Wesen des Lichts im Gegensatz zu mir. Ich hätte dich niemals so nah an mich ranlassen dürfen. Xemnas wird fragen, warum ich so lange fort war. Ich bringe dich zurück in die Welt des Lichts. Versprich mir, dass du mich nicht mehr suchen wirst. Vergiss mich, Laia.“ Ich wollte ihm so viel sagen. Wollte ihm sagen, dass ich ihn immer noch liebe und an ihn glaube aber meine Lippen blieben stumm. Er öffnete hinter mir ein Portal und begann mich in dessen Richtung zu schieben. Ich krallte mich an seinen Arm. „Nein! Ich glaube immer noch an dich! Bitte, Xigbar! Braig! Bitte komm mit mir! Lass mich nicht alleine!“ Er zog seine Waffen und richtete sie auf mich. „Geh, Laia! Und komm nie wieder!“ Ich spürte, wie sich das Tor schloss und meine Hand sich ein letztes Mal nach ihm ausstreckte. „Ich liebe dich, Braig! Ich liebe dich!“ Meine Schreie gingen im Korridor der Dunkelheit unter. Eine Weile taumelte ich mit der Ohnmacht kämpfend durch die Gänge, bis eine Stimme nach mir rief. „Bist du Laia? Ich habe dich gesucht.“ Vorsichtig wandte ich mich um und sah diesen Jungen mit den langen silbernen Haaren und dem schwarzen Band vor den Augen. Auch er trug einen Organisationsmantel. „Wer...wer bist du?“ Ich musterte ihn skeptisch, doch er griff nach meiner Hand. „Ein Freund von Ansem dem Weisen aber wir haben keine Zeit für Erklärungen! Bitte vertrau mir! Ich bringe dich zurück nach Twilight Town. Dort werde ich dir alles erklären!“ Ich zögerte, folgte dem jungen Mann dann aber bis wir ein weiteres Portal durchschritten und ich endlich wieder das Licht der Sonne auf meiner Haut spürte. Als ich nach oben schaute und den Glockenturm von Twilight Town erblickte, legte sich ein Lächeln auf meine Lippen bevor sich meine Augen schlossen, die Stimme des Jungen in weite Ferne rückte und ich unter Erschöpfung zusammenbrach. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)