Flirtparadies von Raija ================================================================================ Kapitel 1: Flirtparadies ------------------------ • ● Flirtparadies ● • Mit der wahren Liebe verhält es sich wie mit Geistererscheinungen: alle Welt redet davon, aber nur wenige haben sie gesehen. - François de La Rochefoucauld Unschlüssig stand Kakashi vor den Bücherregalen in einer Buchhandlung. Zum Geburtstag hatte er einen Gutschein von seinem Team geschenkt bekommen, da dieses meinte, er solle nicht immer das gleiche Buch lesen. Dabei machte es ihm gar nichts aus. Er liebte das Flirtparadies. Dennoch wollte er Naruto, Sakura und Sasuke den Gefallen tun und sich ein neues Buch zulegen. Allerdings gestaltete es sich schwieriger als gedacht. Bei der großen Auswahl verlor er den Überblick und es viel ihm schwer eine Entscheidung zu treffen. Fantasy und historische Romane waren nichts für ihn, also ging er einfach an den Regalen vorbei. Ein Krimi konnte zwischendurch mal ganz nett sein, aber ihm war einfach nicht danach. Eigentlich wollte er doch nur sein Flirtparadies lesen. „Kann ich Ihnen weiterhelfen?“ Kakashi schreckte aus seinen Gedanken hoch. Augenblicklich wandte er sich um und erkannte eine junge Frau, die ihn anscheinend angesprochen hatte. Ihre dunkelgrauen Augen sahen ihn fragend über den Rand ihrer Brille hinweg an. Für einen Moment musterte Kakashi das schmale Gesicht mit den geschwungenen Lippen. Ihr braunes Haar war locker hochgesteckt, wodurch einige Strähnen aus der Frisur heraus fielen. Die hellblaue Bluse betonte ihre zarte Figur, während ein knielanger Rock ihre Beine umschmeichelte. Seine Blicke und das Schweigen schienen sie zu verunsichern, denn sie errötete und begann mit den Fingern zu spielen. Natürlich bemerkte er es sofort, weshalb er sich räusperte, ehe er sprach. „Ja, ich suche nach einem Buch.“ Sobald er endete, merkte er wie albern seine Aussage doch klang. Er lachte kurz auf, um das peinliche Gefühl zu kaschieren. Immerhin schien er das Eis damit gebrochen zu haben, denn die junge Frau lächelte. „Da sind Sie hier schon mal richtig“, sagte sie und Kakashi registrierte, wie sie die Schultern etwas lockerte. „Soll es denn ein bestimmtes Buch sein?“ „Nein“, sagte er, obwohl es nur ein Buch gab, das er lesen wollte. „Ich lasse mich gerne von Ihnen beraten.“ Verlegen wich sie seinem Blick aus und nestelte weiter an ihren Fingern. „Was haben Sie denn für Vorlieben? Haben Sie gewisse Vorstellungen?“ Kakashi erzählte von seinen Vorstellungen über die er sich zuvor schon den Kopf zerbrochen hatte. Das Flirtparadies erwähnte er vorerst nicht. Unauffällig lugte er auf das Namensschild an ihrer Bluse, das sie als Usui Mina auswies. Nachdenklich ließ sie den Blick über die Regale schweifen. Dabei tippte sie immer wieder mit dem Zeigefinger auf ihre Unterlippe. Eine niedliche Geste, wie Kakashi empfand. „Also soll es eher ein Roman werden“, nuschelte sie, während sie weiterhin die Buchrücken betrachtete. „Wie wäre es mit einer Romanze?“ Erwartungsvoll sah sie zu Kakashi auf. Dieser zuckte unentschieden mit den Schultern. Er konnte nicht erklären, wieso er so zauderte. Wieso er sich innerlich so gegen ein neues Buch wehrte. Aber ihm war bewusst, dass er es Mina nicht einfach machte. Doch gab sie nicht auf. „Was lesen Sie denn sonst?“, fragte sie noch immer freundlich. „Das Flirtparadies.“ Minas Lippen formten ein stummes O, während ihr Gesicht erneut aufglühte. Befangen kratze Kakashi sich am Hinterkopf. Eine kurze Weile verstrich, in der sich Minas Gesichtsfarbe normalisierte. Sie ging an weiteren Regalen vorbei, Kakashi folgte ihr. Als sie stehen blieb und nach dem passenden Buch Ausschau hielt, fuhr sie mit dem Zeigefinger über die Buchrücken. Dabei zog sie konzentriert den Mund zu einer schmalen Linie, wobei sich Grübchen auf ihren Wangen bildeten. Ein Anblick, der Kakashi verzauberte. Er verspürte das dringende Bedürfnis ihr in die Wange zu kneifen. Damit er diesem Verlangen nicht nachgeben konnte, steckte er die Hände in die Hosentaschen. In der Zwischenzeit zog Mina ein Buch aus der Reihe und hielt es ihm entgegen. Es trug den Titel Ein Sommer voller Leidenschaft. Kakashi musterte den einfachen Einband. „Es ähnelt dem Flirtparadies ein wenig. Es ist mit viel Liebe zum Detail geschrieben. Neben viel Romantik und einem Hauch Drama gibt es die ein oder andere aufregende Szene“, erklärte sie, während sie erneut seinem Blick auswich. Er nahm das Buch entgegen, um den Klappentext durchzulesen. Zufällig berührten sich ihre Finger dabei. Ein angenehmes Kribbeln durchzuckte seinen Körper. Beide hielten einen Moment inne und sahen sich an. Dann zog Mina ihre Hand zurück. Verlegen lächelte sie ihn an. Ohne nochmals auf den Klappentext zu schauen kaufte er das Buch. Er verließ die Buchhandlung und blätterte durch die neue Errungenschaft, während er durch die Straßen Konohas ging. Seine Gedanken jedoch kreisten um Mina und die Grübchen auf ihren Wangen. ✘ ✗ ✘ Einige Zeit später betrat Kakashi erneut die Buchhandlung. Krampfhaft unauffällig platzierte er sich in Minas Nähe, um möglichst bald von ihr angesprochen zu werden. Sein Plan ging auf. Sogar erkannte sie ihn und fragte nach seiner Meinung zu dem Buch, dass sie ihm empfohlen hatte. Sie unterhielten sich eine Weile und Kakashi bekam wieder ihre kleinen Grübchen zu sehen. Etwas, was ihm seit ihrer letzten Begegnung im Kopf umhergeschwirrt war. So kam es, dass er zuerst in unregelmäßigen Abständen immer wieder die Buchhandlung aufsuchte, um Mina zu sehen. Ihre milde und verlegende Art zog ihn immer mehr in den Bann. Gerne ließ er sich von ihr beraten und kaufte jedes Buch, das sie ihm in die Hand drückte. Zu Hause stellte er sie alle ungelesen in das Regal. Hauptsache sie redete mit ihm und sie verbrachten Zeit miteinander. Seine Besuche wurden häufiger und mit jedem Mal wurde ihr Plausch länger. Es kam vor, dass sie zu zweit in einer für Kunden bereitgestellten Leseecke platz nahmen und dort beinahe den gesamten Tag miteinander verbrachten. Allmählich lernten sie sich kennen und Kakashi konnte Mina kaum noch aus seinen Gedanken verbannen. Selbst auf Missonen dachte er an ihr zartes Lächeln und wie sie errötete, wenn er ihr ein Kompliment machte. Außerdem spürte er, dass sie ihm ebenso wenig abgeneigt war. Immer wenn er die Buchhandlung betrat, hellte sich ihre Miene auf und sie strahlte von innen heraus. Immer wieder berührten sie sich wie zufällig, wobei sie ein Grinsen nur schwer verkneifen konnte. Sie verwies andere Kunden sogar auf ihre Kollegen, nur damit sie sich mit ihm unterhalten konnte, sei es auch nur über etwas banales wie das Wetter draußen. An diesem Tag wollte er sie noch einmal besuchen, wie jedes Mal, ehe er zu seiner nächsten Mission aufbrach. Er betrat die Buchhandlung nur um festzustellen, dass Mina nicht da war. „Die hat heute frei“, informierte ihn einer ihrer Kolleginnen schlecht gelaunt. Also ging er wieder hinaus, wo er ratlos die Straße herauf und hinunter blickte. Das Treffen hatte er sich anders vorgestellt. Er ließ die Schultern hängen. Trübsinnig setzte er einen Fuß vor den anderen ohne ein wirkliches Ziel zu haben. ✘ ✗ ✘ Mina spazierte durch die Straßen Konohas. Sie saß Dangos, während sie in die Schaufenster verschiedener Läden schaute. Es war der erste kühle Herbsttag des Jahres, weshalb sie einen Schal um den Hals trug. Bald, wenn die Tage kürzer und es draußen ungemütlicher wurde, begann ihre Lieblingszeit im Jahr. Dann konnte sie sich ohne schlechtes Gewissen zu Hause vor den Kamin setzen und die Nase in ein Buch stecken. Ihre Freude auf die heimische Gemütlichkeit war groß. Am Blumenladen der Yamakas blieb sie stehen und bestaunte die wunderbare Herbstpracht. Hortensien, Dahlien und Chrysanthemen blühten in großer Farbvielfalt um die Wette. Sie überlegte einen Strauß für ihre Wohnung zu kaufen, als sie plötzlich eine Präsenz neben sich spürte. Ehe sie sich überhaupt umdrehen konnte, wurde ihr eine violette Aster vor die Nase gehalten. Überrascht machte sie einen Schritt zurück. Als sie aufblickte, erkannte sie Kakashi. Augenblicklich stieg ihr die Wärme in den Kopf. „Mit dir hatte ich am wenigsten gerechnet“, sagte sie kleinlaut. „Wieso? Schenkt dir noch wer anders Blumen?“ Sie schüttelte den Kopf, wobei das Rot ihrer Wangen deutlicher. „Nein, niemand.“ Erstaunt zog Kakashi die Augenbrauen hoch und reichte ihr die Blume. Lächelnd nahm sie die Aster entgegen und drehte sie zwischen den Fingern. „Danke.“ Kakashi erkundigte sich nach Minas Tag bisher. Sie erzählte von einem Treffen mit einer Freundin und wie sie schlussendlich allein durch Konoha gebummelt war. „Woher weißt du, dass ich frei habe?“, fragte sie schließlich. „Ich war im Laden und habe nach dir gefragt.“ „Oh.“ Ein scheues Lächeln bildete sich auf ihren Lippen. Erneut tauchten die kleinen Grübchen auf. „Sag bloß, du brauchst wieder etwas zu lesen.“ Schulterzuckend gab er ein nichtssagendes Geräusch von sich. Dass er all die Bücher, die sie ihm verkauft hatte, ungelesen in sein Bücherregal stellte, erwähnte er nicht. „Was hast du denn noch vor?“, wollte er wissen. Als sie ihn nur fragend ansah, fügte er hinzu: „Möchtest du ein Stück spazieren gehen?“ Nickend stimmte Mina zu. Zusammen schlenderten sie umher, bis sie schließlich das Dorf verließen und in den Wald gingen. Indes erzählte Kakashi von dem Training mit seinem Team und von den Fortschritten seiner Schüler. „Es gibt wirklich eine Unterrichtsstunde, wie man auf Bäume klettert?“, hakte Mina belustigt nach. Für sie klang es absurd so etwas lernen zu müssen. Dabei war sie nicht einmal in der Lage Chakra zu bündeln, um so etwas zu bewerkstelligen. Generell klang beinahe alles was Kakashi erzählte eher nach einer Abenteuergeschichte, als nach dem wahren Leben. Sie bewunderte ihn dafür. „Ja und gleich danach kommt die Stunde Wie gehe ich über das Wasser.“ Sie kicherte. Ein heller, warmer Klang, der sich in Kakashis Ohren einnistete und in seinem Herzen wiederhallte. „Das glaube ich dir nicht!“ „Na gut, dann zeige ich es dir.“ Noch ehe Mina in irgendeiner Weise widersprechen oder nachfragen konnte, nahm er sie huckepack. Ein ersticktes Geräusch verließ ihre Kehle, als er sich in Bewegung setzte. Kraftvoll stieß er sich vom Erdboden ab und landete auf einem Ast einige Meter weiter oben. Erneut machte er einen Satz, bis er auf dem nächstgelegenen Baum landete. Er spürte Minas Finger, die sie in seine Schulterpolster krallte. Daher wagte er einen Blick über die Schulter. Ängstlich hatte sie die Augen geschlossen und ihr Gesicht im Schal vergaben. „Mach die Augen auf. Du verpasst das beste“, sagte er ein wenig amüsiert über ihre Furcht. Zögernd öffnete sie ein Auge nach dem anderen. Sie musterte ihren Standort, wobei ihr Blick an der Tiefe vor seinen Füßen hängen blieb. „Ohje Kakashi, ich befürchte, ich bin nicht ganz schwindelfrei.“ „Halte dich einfach gut fest. Dir wird schon nichts passieren, ich passe auf dich auf.“ Ihr schien immer noch nicht ganz wohl dabei zu sein, dennoch nickte sie zaghaft. Also setzte Kakashi den Weg durch das Blätterdach fort. Er hätte erwartet, dass sie vor Schreck aufschreien würde, doch kein Ton drang über ihre Lippen. Er spürte lediglich das Gewicht ihres zierlichen Körpers auf seinem Rücken und ihre Hände auf seinen Schultern. Schlussendlich landete er auf der Wasseroberfläche eines Waldteiches. Erneut wandte er ihr den Kopf zu. Ihre Wangen waren gerötet, die Augen vor Erstaunen geweitet. Baff sah sie ihn an. „Das war unglaublich“, brachte sie sprachlos hervor. Mit dem Zeigefinger richtete sie ihre Brille. Ihr Atem ging vor Aufregung stoßweise. „Und du kannst tatsächlich übers Wasser gehen.“ Sie blickte über seine Schulter in das klare Wasser, das ihr Abbild spiegelte. Einige Meter unter ihnen konnte sie den steinigen Grund ausfindig machen. Allmählich entspannte sich ihr vor Furcht steifer Körper. Ihr Blick huschte in der Umgebung umher. Vom Wasser hinauf zu den bunt gefärbten Blätter der Bäume. Meisen und Finken sangen vom bald einkehrenden Winter. Im Wald war es frisch, weshalb ihr Atem kleine Wölkchen in die Luft malte. Mina lehnte die Wange an Kakashis Hinterkopf. „Es ist wunderschön hier.“ Sein Herz schlug ein wenig höher. „Ja, besonders mit der richtigen Begleitung.“ Auch wenn er ihr Gesicht nicht sah, konnte er sich vorstellen, wie sie errötete. Vor seinem inneren Auge sah er ihr scheues Lächeln und die Grübchen auf ihren Wangen. „Wollen wir nach Hause gehen?“, fragte er, nachdem sie eine Weile nichts gesprochen hatten. Er wollte nicht, dass sie ihm eine Antwort gab, die sie nicht so meinte. Dass sie das Herz nicht auf der Zunge trug war ihm bewusst. Dennoch mochte er ihre verhaltene Art. „Ja“, sagte sie schließlich und er schlug den Rückweg ein. Dabei trug er sie weiterhin auf dem Rücken, ließ sich jedoch etwas mehr Zeit. Ihre Arme legte sie um seinen Hals und schmiegte ihren Körper näher an den seinen. Das war ihm Antwort genug und er wusste, dass sie seine Gesellschaft als genauso angenehm empfand. ✘ ✗ ✘ Der Winter legte sich wie ein weißes Kleid über das Land. Die Kälte brachte die Menschen dazu näher zusammen zu rücken und die allgemeine Stimmung wurde ruhiger und ausgelassen. Doch verfiel das Dorf keineswegs den Winterschlaf. In den Straßen hingen bunte Lampions und Lichterketten, die die Dunkelheit vertrieben. Mina trat von einem Fuß auf den anderen. Dabei zog sie ihren Mantel enger um ihren zitternden Leib. Seit geraumer Zeit wartete sie vor der Buchhandlung und fror. Allmählich spielte sie mit dem Gedanken nach Hause zu gehen. Doch war ihr noch nicht kalt genug, um den Entschluss endgültig zu fassen. Dafür hoffte sie noch zu sehr. Flehend sah sie in den dunklen Himmel. Just in diesem Moment tauchte eine graue Rauchwolke vor ihr auf, aus der Kakashi heraus trat. „Entschuldige, ich habe die Tür vom Adventskalender nicht gefunden.“ Lächelnd schüttelte sie den Kopf. „Ich dachte schon, du versetzt mich“, überging sie die unglaubhafte Entschuldigung seinerseits. „Aber regelmäßiges Zuspätkommen ist ja auch eine Art von Zuverlässigkeit.“ Verlegen kratze Kakashi sich am Hinterkopf. „So hat das bisher noch niemand gesehen.“ Gemeinsam gingen sie los. Sie folgten dem Strom an Menschen Richtung Zentrum, wo jedes Jahr der Wintermarkt um den Hokageturm stattfand. Die bunten Lichter tauchten den Platz in ein romantisches Licht. Der Geruch von warmen Getränken, Lebkuchen und Zimt hing in der Luft. Heitere Musik erklang aus allen Ecken. Die Ausgelassenheit der Besucher war ansteckend und beinahe greifbar. Sie schlenderten zu seinem Stand, an dem heiße Getränke ausgeteilt wurden. Mina bestellte einen Tee mit Milch. „Frierst du denn gar nicht?“, fragte Mina, während sie warteten. Dabei musterte sie Kakashi. Er trug neben seiner üblichen Kleidung lediglich einen Schal. Sie hingegen trug im Winter gefühlt zehn Schichten mehr als sonst und fror dennoch. „Nein, mein Körper produziert von sich aus genügend Wärme.“ Er zuckte mit den Schultern, als wäre es das Normalste der Welt. Mina hingegen bibberte beinahe vor Kälte. In ihrem Kopf entstand das Bild, wie Kakashi sie in die Arme nehmen würde, um sie zu wärmen. Natürlich ohne jegliche Kleidung, sonst würde die Wärme nicht bei ihr ankommen. Augenblicklich stieg ihr die Röte ins Gesicht und ein dämliches Grinsen verzog ihre Lippen. Schüchtern senkte sie den Blick. „Alles in Ordnung?“ Seine Frage ließ sie noch mehr erröten. Keineswegs wollte sie ihre Phantasie ihm mitteilen. Doch konnte sie auch nicht lügen. Ihr Getränk wurde ihr gereicht. Dankbar für die Ablenkung nahm sie es entgegen. Mit beiden Händen umklammerte sie die Tasse. „Wollen wir uns noch ein wenig umschauen?“, schlug sie schließlich vor. Zustimmend nickte Kakashi, obwohl ihm nicht entging, dass sie ihm auswich. Jedoch machte er sich keine weiteren Gedanken darüber. Gemeinsam bahnten sie sich einen Weg durch die Menschenmassen. Immer mehr Menschen drängen sich auf den Platz, weshalb alle ein wenig näher rücken mussten. Gelegentlich berührte Kakashis Hand die ihre und jedes Mal durchzuckte sie es wie ein Stromschlag. Um ihn nicht ständig anzustupsen und vermutlich zu nerven, wollte sie ihre Hand in die Manteltasche schieben. Doch Kakashi hielt sie auf. Er kreuzte seine Finger mit den ihren. Erstaunt schaute sie auf ihre verschränkten Hände, dann zu ihm hinauf. Er zwinkerte ihr zu. „Ich will dich hier schließlich nicht verlieren.“ Es begann zu schneien. Dicke Flocken schwebten gen Erde. Nach einiger Zeit sah es so aus, als würde Mina eine Krone aus Schneeflocken tragen. Sie witzelten darüber, während die Besucher nach und nach den Platz verließen. Auch Mina und Kakashi machten sich auf den Heimweg. Unterwegs bauten sie einen kleinen Schneemann, bis sie schließlich handgeformte Schneebälle einander zuwarfen. Dass Mina Kakashi kein einziges Mal traf, frustrierte sie. Dennoch lachte sie unentwegt, laut und frei. Bei all der Albernheit fühlte sich Kakashi in eine Szene aus dem Flirtparadies versetzt. Ein absurder Gedanke, der ihn erheiterte. Schon so manches Mal hatte er sich in die Rolle des Protagonisten geträumt. Als sie letztendlich vor ihrer Haustür standen, erfüllte Wehmut Minas Herz. Für sie war der Abend bisher so schön gewesen. Sie wollte nicht, dass er endete. Daher nahm sie all ihren Mut beisammen und fragte: „Möchtest du mit rein kommen?“ Zuerst schien Kakashi überrascht von ihrem Angebot. Anscheinend hatte er nicht damit gerechnet. Doch ablehnen würde er auf keinen Fall. „Gerne“, sagte er und trat durch die Tür, die sie ihm aufhielt. Drinnen entledigten sie sich ihrer Schuhe und Jacken. Minas Brille beschlug und sie hatte Probleme etwas zu erkennen. Im Blindflug durchquerte sie den Flur und trat gefolgt von Kakashi ins Wohnzimmer. Der Platz an den Wänden dort, der nicht von breiten Fenstern in Anspruch genommen wurde, war mit Bücherregalen belegt. Die Farbe der Tapete war dahinter nicht auszumachen. Selbst auf dem Boden stapelten sich Berge von Büchern. Gegenüber der großen Fenster war ein offener Kamin in die Wand gemauert. Davor stand ein Zweisitzer. Lichterketten schmückten die Regale und Teppiche aus Kunstfell den Boden. Beeindruckt ließ Kakashi den Blick durch den Raum schweifen. „Sind das alles deine?“ Mina wandte sich zu ihm um. Noch immer verdeckte der Belag auf ihren Brillengläsern ihre Augen.„Ja und ich habe sie alle gelesen.“ Sie wollte noch etwas hinzufügen, stolperte jedoch rückwärts über einen Bücherstapel. Sie verlor das Gleichgewicht und drohte hinzufallen. Ehe sie stützte fing Kakashi sie auf. Er schloss sie in seine Arme, damit ihr nichts passieren konnte. „Mir wäre ganz lieb, wenn du sehen könntest, wohin du trittst“, sagte er nach einer Weile und atmete auf. Sie hatte ihm einen furchtbaren Schrecken eingejagt. Er war froh, dass es nur beim Schrecken geblieben war. Mina, die sich wegen der plötzlichen Nähe versteifte, stand regungslos da. Das Gefühl seiner Arme um ihren Körper raubte die Fähigkeit zu denken. Sie spürte seinen warmen Atem an ihrem Haar und wie er das Kinn auf ihrem Kopf ablegte. Ihr Herz donnerte in ihrer Brust und sie befürchtete, dass selbst er ihren Herzschlag fühlen konnte. Ihr schoss die Hitze in den Kopf. Sanft schob Kakashi sie von sich. „Bist du in Ordnung?“ Unfähig zu sprechen nickte sie nur. In diesem Moment war sie froh durch die beschlagene Brille nicht sein Gesicht sehen zu können. Vermutlich würde sein besorgter Blick ihr den Rest geben. Unerwartet wurde ihr die Brille von der Nase genommen. Kakashi säuberte die Gläser und reichte sie ihr wieder. „Hier. So sollte es besser sein.“ „Danke.“ Beschämt griff Mina nach ihrer Brille. Dabei berührte sie erneut seine Finger. Im Gegensatz zu ihren fühlten sie sich warm an. Auch Kakashi bemerkte es, weshalb er vorschlug ein Feuer im Kamin anzuzünden. Nebeneinander knieten sie vor dem Kamin und schichteten Holzscheite. Mina versuchte ein Streichholz anzuzünden, doch mit den kalten Fingern gestaltete es sich als äußerst schwierig. Kakashi lachte amüsiert. Da sie sich wehrte Hilfe von ihm anzunehmen, formte ein paar Fingerzeichen und spie einen kleinen Feuerball auf das Holz. Fassungslos starrte Mina auf das Feuer im Kamin. „Das hast du jetzt nicht wirklich getan?“ Noch nie hatte sie gesehen, wie jemand Feuer spucken konnte. Sie konnte ihren Augen nicht trauen. „Angeber“, fügte sie hinzu und stupste Kakashi in die Seite. Dieser stupste zurück. „Nur weil du den Umgang mit Streichhölzern nicht beherrschst.“ Beleidigt schob sie die Unterlippe vor und blickte in die Flammen. Eine Weile saßen sie still da und beobachteten, wie sich das Feuer in die Holzscheite fraß. Alles in Mina schrie danach ihn zu berühren. Der Körperkontakt hatte sie hungrig gemacht und sie verzehrte sich nach mehr Nähe. Hier zu Hause fühlte sie sich sicherer, weshalb sie den Mut aufbrachte ihm ein weiteres Mal den Finger in die Rippen zu stechen. Natürlich ließ Kakashi dies nicht unerwidert. Es entwickelte sich ein spielerischer Kampf, bis sie lachend auf dem Boden endeten. Sie lagen nah beisammen, so dass sie die Wärme des jeweils anderen spüren konnten. Außer Atem sahen sie sich an, wobei Mina ein Lächeln nicht verkneifen konnte. Wie immer tauchten die kleinen Grübchen auf. Dieses Mal konnte Kakashi nicht widerstehen. Zärtlich legte er eine Hand auf ihre Wange und streichelte darüber. Mina schloss die Augen und schmiegte ihr Gesicht an seine Hand. Ein weiteres Mal dachte er an das Flirtparadies. Dieser Abend schien aus der Feder eines kitschliebenden Autors zu stammen. Als sie ihre Augen wieder öffnete, erkannte er, wie sehr sie nach seiner Zuneigung dürstete. Sein Blick huschte zu ihren leicht geöffneten Lippen. Das Bedürfnis sie zu küssen keimte in ihm auf. Doch hielt er inne. Zweifel nisteten in seinem Nacken. Als Ninja war er viel unterwegs und war oft großen Gefahren ausgesetzt. Es gab Missionen, bei denen nicht mal er vorhersagen konnte, ob er je wieder nach Hause kommen würde. Wollte er eine zarte Seele wie sie wirklich mit dieser Furcht leben lassen? Vermutlich war er schon zu weit gegangen, um sich darüber Gedanken zu machen. Dennoch konnte er ihr das Leid der Ungewissheit noch ersparen. Er würde ihrer beider Herzen brechen müssen, damit sie ohne Sorge um ihn weiterleben konnte. Kurzerhand setzte er sich räuspernd auf. Verwundert tat Mina es ihm gleich. „Ich sollte gehen. Morgen muss ich auf eine Mission, bei der ich einige Tage unterwegs sein werde. Da sollte ich ausgeruht sein“, erklärte er und sprang auf die Beine. Mina rappelte sich ebenfalls auf. Sie folgte ihm in den Flur. Sprachlos beobachtete sie, wie er die Weste anzog und den Schal umband. Als er in die Schuhe schlupfte, fand sie ihre Stimme wieder. „Ist alles in Ordnung?“ Kakashi winkte ab ohne sie anzusehen. Er hatte es plötzlich so eilig, was für ihn untypisch schien. Ihr Herz krampfte sich zusammen, denn sie begriff, dass sie der Grund für seinen hastigen Aufbruch war. „Wirst du morgen nicht eh zu spät kommen?“, fragte sie, als er sich zur Tür wandte. Er spürte die Verzweiflung in ihren Worten. Sie wollte ihn nicht gehen lassen. Noch einmal wandte er sich ihr zu. Er legte eine Hand in ihren Nacken und beugte sich vor. „Etwas anderes wäre ungewöhnlich“, sprach er gegen ihre Stirn, ehe er seine maskierten Lippen darauf legte. Wie erwartet erstarrte sie. Kakashi glaubte, dass er nun ohne Gegenwehr ihrerseits gehen konnte, doch hielt sie ihm am Ärmel fest. Tränen quollen aus ihren Augen und liefen ihren Wangen hinunter. Sie wirkte verletzt und zurückgestoßen, was sie tatsächlich auch war. „Dann lass mich der Grund für dein Zuspätkommen sein.“ Ihre Stimme war lediglich ein zittriges Flüstern. „Ich weiß nicht, warum du mich plötzlich von dir wegstößt. Aber ich bitte dich, Kakashi, geh nicht.“ Es brach ihm das Herz sie so weinen zu sehen. Gleichzeitig war er erstaunt über ihre Bitte. Er hätte nicht gedacht, dass sie ihm so entschlossen entgegentreten würde. Ein Seufzen entwich seiner Kehle. Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und trocknete mit den Daumen ihre Tränen. „Lass mich bitte nicht allein zurück“, schluchzte sie. Er machte ein Geräusch, das sie beruhigen sollte. Dabei lehnte er seine Stirn an die ihre. „Hör auf zu weinen! Ich bleibe bei dir. Hörst du?“ Seine Stimme klang warm und süß, wie Honig. Seine Worte lullten sie ein. Die Augen zusammenkneifend kämpfte sie gegen die letzten Tränen an. Mit einem Nicken versprach sie nicht länger zu weinen. Ihr Herz machte trotz allem Kummer einen Satz vor Freude. Unerwartet entfernte sich seine Stirn von ihr und auch seine Hände gaben ihr Gesicht frei. Gerade als sie die Augen öffnen und protestieren wollte, umschloss er wieder ihre Wangen und sie spürte seine weichen Lippen auf ihrem Mund. Ein elektrisierendes Gefühl, was ihre Beine weich werden ließ. Damit sie nicht umfiel, legte sie die Arme um seinen Hals. Ihr gesamter Körper wurde von einer wohligen Gänsehaut bedeckt, während ihr Herz nur so Purzelbäume schlug. Langsam löste er sich von ihr und sie öffnete die Augen. Überrascht stellte sie fest, dass er die Maske gar nicht mehr trug. Mit Verwunderung musterte sie sein freigelegtes Gesicht. Der Anblick seiner gleichmäßigen Züge und den wohlgeformten Lippen nahm ihr die Luft zum atmen. „Aber nicht, dass du nun jedes Mal so ein Theater machst, wenn ich gehe“, tadelte er sie, was sie erröten ließ. Schuldbewusst blickte sie zu ihm auf. „Dann solltest du mich nicht mehr einfach so sitzen lassen“, entgegnete sie und reckte das Kinn in gespielter Herausforderung vor. Kopfschüttelnd verdrehte Kakashi die Augen. Dann beugte er sich wieder zu ihr vor. Ihre Lippen schwebten einen Augenblick übereinander, bis er schließlich die letzte Distanz überbrückte. Er küsste sie voller Hingabe und küsste sie noch abertausende Male. 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