Let us not curse the darkness. Let us kindle little lights. von Laura_Glanz ================================================================================ Kapitel 4: Fear, love and security ---------------------------------- „Wollt ihr mir jetzt endlich erzählen was passiert ist.“ Stöhnend fuhr sich Helia durch das Haar. Seit wir Ascathron vor drei Tagen fluchtartig verlassen hatten fragte er mich bei jeder Gelegenheit nach meinem Wohlbefinden. Er war Verwirrt gewesen, irritiert über den übereilten Aufbruch, doch ich hätte es keine weitere Nacht dort ausgehalten, weshalb wir unverzüglich unsere Pferde gesattelt hatten und uns auf den nach Nachhauseweg machten. Selbst das prachtvolle Ballkleid trug ich noch am Leibe. Am Rockende war es vollkommen verdreckt und ein großer Riss teilte den Stoff an meinem rechten Bein, was mir im Moment total egal war. Ich wollte nur eins... endlich nach Hause. Hinter den sicheren Mauern von Iliora. So weit hätte es nicht kommen dürfen, was hatte ich mir nur dabei gedacht meine Heimat zu verlassen und Helia auf solch einer Reise zu begleiten. Ich hätte diese Einladung zum Ball niemals annehmen dürfen geschweige denn mich zu diesem Tanz mit dem König der Vampire hinreißen zu lassen. Töricht Ich seufzte und ließ den Kopf hängen. „Er hat mir nur ein bisschen Angst eingejagt“, gestand ich kleinlaut. Ich bereute es zutiefst Iliora verlassen zu haben, aber das würde ich weder Helia, noch meinen Vater auf die Nase binden. „Ich hasse diese Vampire“, zischte er zwischen den Zähnen und starrte stur geradeaus. Die Hände, die die Zügel seines Pferdes hielten ballten sich zu Fäusten, doch ich ging nicht weiter drauf ein. Alles was ich wollte war endlich wieder nach Hause zu kommen und dann nicht mehr an die vergangenen Tage denken zu müssen. Den restlichen Weg unserer Reise bestritten wir stillschweigend. Helia schien noch immer wütend zu sein. Ich wusste nicht was ihm mehr belastete, das der Vampir mir so nah kommen konnte, oder das er selbst -seiner Meinung nach- in seiner Rolle als Leibwächter versagt hatte. Natürlich gab ich Helia nicht die Schuld daran, was hätte es auch gebracht? Ich wusste, dass ich selbst dafür verantwortlich war aber mir ging es gut, ich war unverletzt und auf dem Weg nach Hause. Helia hatte also seine Aufgabe erfüllt und den Brief übergeben. Und dennoch zog sich auch durch meine Knochen noch eine gewissen Anspannung, die mir erst von den Schultern fiel als ich einen Tag später die hohen Mauern Ilioras erblickte. ~ 🌸 ~ Die Tage verstrichen und auch in meinem Innersten kehrte die altbekannte Ruhe zurück. Helia hatte meinem Vater nach unserer Ankunft aus Ascathron Bericht erstattet, jedoch ohne die Unannehmlichkeiten zu erwähnen, wofür ich ihm sehr Dankbar war. Mein Vater erzählte ich nur, dass die Welt da draußen doch anders war als erwartet, nicht wie ich es mir erträumt hatte. Er quittierte es mit einem schwachen Lächeln und strich mir einmal kurz über das rosa Haar. Das vollkommen verdreckte Kleid an meinem Körper hatte er ohne weitere Fragen ignoriert. Mein Vater war vielleicht Naiv -so wie ich- aber er war nicht dumm. Doch ich dankte ihm, dass er mich nicht mit einer Predig oder seinen Fragen quälte. Mit Helia hatte ich seit der Rückkehr nicht mehr gesprochen, um so erschrockener war ich als ich plötzlich seine Stimme hinter mir vernahm. „Ein wunderschöner Morgen nicht wahr?“ Ich zwang mich meinen Blick von den wunderschönen Kirschblüten abzuwenden und schenkte meinem besten Freund ein Lächeln, welches meine Augen allerdings nicht erreichte. Bei dem Anblick der rosa Blütenblätter stellten sich kaum merklich meine Nackenhaare auf. “Ihr habt eine besondere Wirkung auf meines Gleichens, Prinzessin“ hatte er gesagt, während seine Augen mich wie ein Raubtier taxiert hatten. “Vergleichbar mit einem Meer aus abertausenden süßen Kirschblüten. Selbst ich habe vorher noch nie etwas vergleichbares an einem Menschen gerochen.“ … Gerochen. Menschen waren in Deren Augen doch nur eine Mahlzeit! Er widerte mich an. Dennoch durfte ich keinen Gedanken mehr daran verschwenden. Es war vorbei. Ich war zu Hause, weit weg von diesen Monstern. Weit weg von ihm. „Ja du hast recht“, antwortete ich etwas verspätet auf die Bemerkung und sah in die traurigen violetten Augen meines Gegenübers. Verwirrt runzelte ich die Stirn. „Was ist los?“ Nur selten verblasste das Glitzern in seinen Augen, welches dieses Violett noch intensiver machte und dafür sorgte, dass ich diesen wunderschönen Augen jedes mal verfiel. Doch in diesem Moment sah er einfach nur müde aus. „Helia?“, fragte ich als er sich in Bewegung setzte und an mir vorbei ging. „Ich habe nachgedacht“, antwortete er endlich nachdem ich mich ebenfalls in Bewegung gesetzt hatte. Mit etwas Abstand folgte ich ihm durch den wunderschönen Schlossgarten. „Worüber?“, kam es mir über die Lippen, wobei ich ahnte um was es gehen würde. „Auf diesem Ball-“ Seufzend fuhr er sich durch das dunkelbraune Haar und setzte sich schließlich auf eine Bank, welche unter einem der vielen Kirschbäume stand. „Ich wäre nicht schnell genug gewesen“, sprach er weite und sah dabei auf seine ineinandergefalteten Hände, die er in den Schoß gelegt hatte. Verwirrt schüttelte ich den Kopf und ließ mich auf den Platz neben ihn nieder. „Was meinst du?“ „Hätte dieser Vampir dich angegriffen, wäre ich nicht schnell genug gewesen. Er hätte dich vor meinen Augen töten können und das macht mich fertig Prinzessin. Es ist mir erst später klar geworden aber ich habe euch in Lebensgefahr gebracht.“ Traurig hob er den Blick und sah mir endlich ins Gesicht. Ich erkannte die Vorwürfe und nun bemerkte ich auch die tiefen, dunklen Ringe unter seinen Augen. Wie konnte er sich dafür nur so bestrafen? Ich allein war für meine Taten verantwortlich. „Helia daran darfst du nicht denken. Du bist der stärkste und mutigste-“ „Sakura!“, unterbrach er mich und drehte sich nun vollends zu mir um. Seine starken Hände packten meine Schultern und sanft zog er mich an seine Brust. „Du bist das wichtigste in meinem Leben und ich würde dich mit allem beschützen was ich habe nur darin besteht mein Lebenssinn, hörst du? Ich würde es mir niemals verzeihen können wenn dir etwas in meiner Gegenwart passiert und dennoch hat dieser Vampir es geschafft dir Angst einzujagen! Ich habe versagt obwohl du die Liebe meines Lebens bist.“ Was? Erschrocken riss ich die Augen auf. Am Ende des Satzes war seine Stimme nur noch ein leises Flüstern gewesen während er sein Gesicht in meine Halsbeuge vergrub und ich dem lauten und viel zu schnell schlagende Herz in seiner Brust lauschte. Hatte ich ihn deswegen vielleicht falsch verstanden? Oder war ich wirklich immer so blind gewesen? Ich verkrampfte mich in seinen Armen und wollte ihn sanft von mir schieben, nur um mich zu vergewissern, doch er hielt mich fest in seiner Umarmung. „Helia.. wa- was hast du-“ Ich schaffte es einfach nicht meinen Gedanken in Worte zu fassen, doch er schien trotzdem zu verstehen, denn auf einmal zog ein leises Vibrieren durch seine Brust. Er lachte... Etwa über mich? „Das musst du doch all die Jahre über mitbekommen haben“, sprach er leise an meinem Ohr. Noch immer verharrten wir in dieser engen Umarmung. Was wenn mein Vater uns so sehen würde? Interessierte es mich? Nein. Endlich schaffte ich es meinen Blick zu heben und auch er richtete sich etwas auf. „Warum hast du nie etwas gesagt?“, fragte ich Kopfschüttelnd und kämpfte gleichzeitig mit den Tränen, die sich ihren Weg bahnten. „Weil es nie eine Rolle spielte. Du bist eine Prinzessin und ich nur dein Leibwächter.“ Sprachlos saß ich da und blickte in seine wunderschönen Seelenspiegel. Wie konnte er so etwas sagen? Es verletzte mich und doch schlich sich ein kleines Lächeln auf meine Lippen. Sanfte berührte ich seine Wange, worauf hin er kaum merklich die Augen weitete. „Du bist so viel mehr Helia. Mein Bruder, mein bester Freund und manchmal meine Stimme der Vernunft. Du bist eine der wichtigsten Personen in meinem Leben, du warst immer da und du bist-“ Weiter kam ich nicht, den im nächsten Moment versiegelte er meine Lippen mit den seinen. Er küsste mich mit so viel Erleichterung und so viel... Liebe? Ein wohliges kribbeln machte sich in meinem Inneren breit, verscheuchte die dunklen Gedanken und hüllte mein Herz in einen warmen Schleier. Helia schenkte mir meinen ersten Kuss und in diesen Moment wurde mir klar, dass ich nie etwas anderes wollte. Es stimmte. Er war mein Leibwächter aber er war auch meine Vergangenheit und meine Gegenwart. Er war immer an meiner Seite und unterstützte mich. Er war meine Familie und auch wenn ich es eigentlich nicht durfte lehnte ich mich seufzend in den Kuss und erwiderte ihn. Was mit einem scheuen Kuss angefangen hatte verwandelte sich gerade in eine leidenschaftliche Geste der Zuneigung. Ich weiß es war egoistisch, weil es nicht sein durfte und dennoch blendete ich jeglichen Gedanken an die Folgen aus, ignorierte die Stimme in meinem Kopf die nach Vernunft schrie und legte die Arme um seinen Hals, zog ihn so noch näher zu mir. Mit einmal schien die Zeit wie in Zeitlupe zu vergehen. Ich sah weder die Kirschblüten noch den Garten um mich herum. Ich sah einzig und allein Helia. „Ich liebe dich Sakura. Das habe ich schon immer“, flüsterte er zwischen zwei Küssen und endlich kehrte das Glitzern in seine Augen zurück, welches ich so begehrte. Statt ihm zu antworten legte ich abermals die Lippen auf seine. Ich genoss den Moment und drohte in der Flut der Gefühle zu ertrinken. All diese Empfindungen, die bis vor ein paar Tagen immer vor mir abgeschirmt wurden. Die Angst gegenüber den Vampiren und dem Ungewissen. Die Sicherheit und Geborgenheit, welche ich nun hinter diesen Mauern spürte. Die Schuldgefühle gegenüber meiner Familie, Helia und mir selbst und die Liebe gegenüber meinem besten Freund. Eine Liebe derer ich mir vorher nie bewusst war. Vielleicht weil ich wusste, dass niemand sie dulden würde, was unausweichlich zur Folge hatte, dass mindestens ein Herz gebrochen werden würde. Doch das alles zählte in diesen Moment nicht. ~ 🌸 ~ Helia und ich verbrachten den Tag draußen im Garten. Wir redeten, alberten und küssten uns. Ich war glücklich doch hätte ich niemals ahnen können wie schnell mir dieses Glück, die Liebe und die Sicherheit wieder entrissen werden sollte. Dies hier war keine Bilderbuchgeschichte, in denen alle glücklich bis an ihr Lebensende leben sollten. Ich wusste noch nicht einmal ob diese Geschichte ein gutes Ende haben sollte. Nur eins wusste ich... Einen König vor all seinen Untertanen bloßzustellen, würde Konsequenzen mit sich ziehen. Folgen, dessen Ausmaßen ich mir noch nicht bewusst war. Wie auch? Ich war nur ein naives Mädchen. Eine Prinzessin eingehüllt in Watte, doch in dem strahlenden Licht der Unschuld hatte sich schon vor Tagen ein winzig kleiner Klecks Dunkelheit eingenistet und er würde wachsen, bis das Licht erstarb. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)