Ich, du, wir von Alaiya (Mimi X Miyako) ================================================================================ Erstens: Suche -------------- „Digital Gate Open!“, rief Miyako aus und hielt ihr D-3 Digivice vor den Bildschirm ihres Laptops. Einen Augenblick später spürte sie den bekannten Sog der digitalen Welt, der sie, Mimi und ihre beiden Digimon in die digitale Welt transportierte. Ein wenig seltsam erschien es ihr schon, wie einfach ihre Körper digitalisiert wurden. Als sie noch in der Grundschule gewesen war, hatte sie darüber nie nachgedacht, doch mittlerweile erschien es ihr doch als etwas seltsam. Manchmal fragte sie sich – und diskutierte dann stundenlang mit Ken und Koushiro darüber – wie digital die digitale Welt nun wirklich war. Alles, was sie sicher wussten, war, dass die digitale Welt irgendwie mit dem Internet verbunden war. Nun, als sie nur wenige Sekunden später in der digitalen Welt ankamen, fühlte sich diese zumindest sehr echt an. Sie standen am Rand eines tropischen Dschungels. Anders als in der realen Welt fing dieser Urwald ohne irgendeine Übergangszone einfach an. An einer Stelle war ein flaches Grasland, einen Schritt weiter wuchsen riesige Bäume in die Höhe. „Und du bist dir sicher, dass es hier war?“, meinte Mimi mit neckendem Ton in der Stimme. „Für wen hältst du mich?“, erwiderte Miyako grinsend. „Natürlich bin ich mir sicher.“ „Wie oft warst du schon hier?“, fragte Mimi mit einem Seufzen. „Uhm...“ Miyako zögerte mit ihrer Antwort. „Soweit ich mich erinnern konnte“, meinte Hawkmon altklug, „waren wir bisher zwölf Mal hier. Und haben nichts gefunden.“ „Ach, jetzt seid nicht so“, protestierte Miyako. „Und wenn wir nichts finden, dann ist es doch immer noch nostalgisch! Ich meine, Hawkmon, jetzt komm schon: Hier haben wir uns das erste Mal getroffen! Acht Jahre!“ „Hier irgendwo“, murmelte Hawkmon nur. Mimi lachte und klopfte ihrer Freundin auf die Schulter. „Nun, dann lass uns schauen, ob wir dieses Mal den Tempel finden. Und wenn nicht haben wir halt einfach ein kleines Dschungelabenteuer!“ „Jawohl!“, rief Miyako aus und griff nach Mimis Hand. Es war schwer zu glauben, dass es acht Jahre her war, dass sie und Hawkmon einander das erste Mal getroffen hatten. Sie konnte sich noch genau daran erinnern, wie chaotisch auf einmal alles geworden war. Auf einmal war das D-3 Digivice in ihrer Hand gewesen und am nächsten Tag waren sie hier und hatten diesen seltsamen aztekisch wirkenden Tempel gefunden mit den beiden Digimentals. So hatte sie damals Hawkmon getroffen und so hatte ihr Abenteuer begonnen. Seither hatte sich einiges geändert. Sie hatte die Schule abgeschlossen, war nach Amerika und mit Mimi zusammengezogen. Selbst in der digitalen Welt hatte sich ihr Outfit geändert: Statt der Pilotenkleidung, in der sie sich mit elf, zwölf Jahren in der digitalen Welt gefunden hatte, trug sie nun eine Bluse mit einer dunklen Nadelstreifenweste und einer Jeanshose. Und es war nicht das erste Mal, dass sich ihre Kleidung entsprechend verändert hatte. Ganz offenbar galt es für sie, dass sich die Kleidung in der digitalen Welt immer ihrem aktuellen Geschmack anpasste. Eigentlich seltsam, dass die digitale Welt ihr nie Kontaktlinsen gegeben hatte... Dankbarer Weise war es in diesem Urwald nur angenehm warm und bei weitem nicht so feucht, wie es in der realen Welt gewesen wäre. Allerdings bedeutete das nicht, dass sie weniger Probleme mit anderen Hindernissen hatten. „Warte mal“, meinte Mimi und versuchte ihre Jacke von einer überdimensionierten Dornenranke zu lösen. „Halt still!“ Palmon nutzte seine Efeuranken um die Dornen abzubrechen. Mimi seufzte und pflückte ein paar Dornen aus der Jacke heraus. „Sag einmal, Miya-chan“, sagte sie dann, „kannst du mir sagen, warum wir überhaupt laufen?“ „Weil ich hoffe, den Weg, den wir damals genommen haben, wiederzufinden“, seufzte Miyako und sah sich um. Im Moment war nicht einmal irgendein Weg zu erkennen – weder ein bekannter, noch ein ihr unbekannter. „Wir haben es außerdem schon aus der Luft probiert...“ „Da hattest du aber nicht deine liebe Mimi dabei“, erwiderte die ältere grinsend. „Jetzt komm schon.“ Ihre Stimme klang ein wenig jammernder. „Lass es uns noch einmal versuchen.“ „Ich denke, es ist noch einen Versuch wert“, meinte Hawkmon, das gute drei Meter über ihnen flog. „Lass es uns versuchen.“ Miyako überlegte einen Moment. Was sie gesagt hatte, stimmte: Sie war schon häufiger hier gewesen, um nach dem Tempel zu suchen. Das erste Mal schon vor sieben Jahren, zu ihrem ersten „Jubiläum“. Damals hatten Hikari, Iori und Sora sie begleitet. Aber auch, wenn sie aus der Luft Auschau gehalten hatten, hatten sie den Tempel nicht gefunden. Vielleicht war er verschwunden? So seltsam wie die digitale Welt manchmal war... Ach, verdammt, sie wollte doch nur noch einmal diesen Ort wieder sehen. „In Ordnung“, stimmte sie schließlich zu und holte ihr D-Terminal heraus. „Digimental Up!“, rief sie dann. Ein Lichtstrahl schoss aus dem D-Terminal in ihr Digivice und von da aus weiter zu Hawkmon. „Hawkmon – Armor Shinkaa! Horusmon!“ Das Licht umgab Hawkmon für einen Moment, ehe es langsam verblasste und Horusmon zurückließ, das nun vor ihnen landete. „Also, auf geht’s!“, meinte Mimi und schob Miyako zu dem Digimon hinüber, sie auffordernd, aufzusteigen. Miyako seufzte. „Auf geht’s!“, echote sie halbherzig. Eine knappe Stunde später und sie hatten nichts gefunden. Tatsächlich schien der Urwald, der beinahe komplett quadratisch war mit einem Durchmesser von knappen zehn Kilometern, aus der Luft beinahe wie eine glatte Fläche aus Blättern. „Bist du dir wirklich sicher, dass es hier war?“, fragte Mimi, die ihre Arme um Miyakos Hüfte geschlungen hatte, um sich festzuhalten. „Ja“, erwiderte Miyako mit einem seufzen. „Es ist definitiv dasselbe Gebiet.“ „Vielleicht ist der Tempel ja wirklich verschwunden“, sagte Horusmon vorsichtig. „Es ist die digitale Welt, manchmal...“ „Ich weiß, ich weiß“, grummelte Miyako missmutig und seufzte. „Ach komm, nimm es dir nicht zu Herzen“, meinte Mimi und lehnte ihren Kopf gegen ihre Schulter. Sie war ruhig für einen Moment, während der Gegenwind ihnen durch die Haare fegte. „Wir könnten andere Digimon fragen“, schlug Palmon vor. Miyako spürte, wie sich ein Lächeln auf Mimis Gesicht ausbreitete. „Ja, lass uns das machen!“, rief sie aus. „Außerdem sollten wir den Tag nicht deprimiert verbringen!“ „Ich bin nicht deprimiert“, erwiderte Miyako mit einem matten Lächeln. „Ich wünschte mir nur, ich würde verstehen, was damit passiert ist.“ „Irgendwann wirst du das schon!“, meinte Mimi. „Also los, Landeanflug. Ich spüre meinen Hintern schon nicht mehr!“ „Und ich könnte eine Pause gebrauchen“, fügte Horusmon hinzu. „Ohne mich beschweren zu wollen.“ „Ist ja gut.“ Miyako strich leise lachend durch das Gefieder des Digimon und sah sich nach einem guten Landeplatz um, da sie nicht besonders begeistert von der Vorstellung war, zwischen dem Geäst zu landen. „Da!“, rief sie schließlich aus und zeigte auf eine kleine Unterbrechung, die in der Ebene der Baumkronen auffiel. „Sehr gut gesehen!“, lobte Mimi. „Für einen Blindfisch.“ „Haha“, erwiderte Miyako zynisch und konnte sich ein weiteres Lachen nicht verkneifen, als Horusmon in einen steilen Landeanflug überging, der Mimi einen überraschten Aufschrei entlockte. Deutlich erleichtert ließ sich Mimi einige Sekunden später auf den Boden gleiten. „Lach nicht“, beschwerte sie sich, während sie sich einen einzelnen dünnen Zweig aus den Haaren zog. Offenbar hatte sie ihn sich eingefangen, als sie losgeflogen waren. „Sorry“, erwiderte Miyako. Mimi ließ ein Seufzen hören. „Du weißt, dass ich nur wegen dir hier bin, meine Liebe, ja?“ „Ich weiß.“ Miyako nahm ihre Hand. „Und ich bin sehr dankbar dafür.“ „Das solltest du auch“, entgegnete Mimi in einem vollkommen übertriebenen Tonfall und deutlich bemüht ernst zu bleiben. „Ich meine, bei all den wunderbaren Gegenden der digitalen Welt setzt du mich mitten in einem Dschungel ab. Was für ein Date ist das?“ „Gar kein Date“, erwiderte Miyako unbeeindruckt. „Ein Abenteuer.“ Mimi kicherte. „Und man sollte meinen, davon hätten wir schon genug gehabt.“ Ein weiteres Leuchten war kurz neben ihnen zu sehen, ehe sich Horusmon wieder in Hawkmon zurückverwandelt hatte. Dieses räusperte sich nun. „Ich will ja nicht stören, aber wollt ihr weiter flirten oder euch vielleicht umsehen.“ „Oder wir könnten hier Picknicken“, schlug Palmon vor. Immerhin hatte Miyako eine Tasche mit einigen Sandwiches, Süßigkeiten und Getränken mitgenommen. Seufzend sah Miyako sich um. Sie standen auf einer relativ sandigen Lichtung mitten in dem seltsamen Dschungel, in dem sich bei genauerem Hinsehen immer wieder kleine Seltsamkeiten erkennen ließen, die in der realen Welt fehl am Platz gewesen wären. Angefangen von dem beinahe weißen Sand unter ihren Füßen, über die überdimensionierten Blüten, die in einigen Bäumen hingen, hin zu dem leichten Flackern, das die Lianen durchlief. Eigentlich waren sie vor kaum mehr als vielleicht eineinhalb Stunden aufgebrochen, doch an sich konnten sie genau so gut jetzt Pause machen. Immerhin konnten sie sich hier vernünftig setzen. „Na, von mir aus“, meinte sie und ließ die Tasche zu Boden sinken. „Okay.“ Mimi half ihr die Decke auszupacken, die sie mitgenommen hatten. „Und danach schauen wir, ob wir ein nettes Digimon finden, das uns helfen kann.“ „Klingt gut“, erwiderte Miyako. „Mal sehen. Von allem was wir wissen, kann der Tempel wahrscheinlich auch Plätze getauscht haben.“ „Oder er war nur da, um die Digimentals zu beschützen“, meinte Hawkmon – natürlich nicht zum ersten Mal. „Oder das, ja“, murmelte Miyako. Sie setzte sich auf die Decke und begann die Sandwiches und Getränke auszupacken – zugegebener Maßen zumindest etwas dankbar, sie danach nicht länger tragen zu müssen. Kurz darauf biss sie in eins der Chicken Sandwiches, die Mimi vorbereitet hatte. „Ich frage mich nur noch immer... Wer hat die Digimentals dahin gebracht? Und euch dort... Ich meine...“ „Wer weiß das schon“, erwiderte Hawkmon, das ein vegetarisches Sandwich bevorzugte. „Wie gesagt: Ich erinnere mich an nichts mehr.“ „Ich weiß“, seufzte Miyako. „Aber... Es wäre doch einfach...“ „Faszinierend“, ergänzten Mimi und die beiden Digimon beinahe gleichzeitig, da sie schon so oft über das Thema gesprochen hatten. Miyako lachte verlegen. „Irgendwann wirst du sicher eine Antwort finden“, meinte Mimi und rückte ein wenig näher zu ihr. „Und bis dahin... Genießen wir unser Abenteuer.“ Sie lachte leise. „Und freuen uns, dass wir am Ende jeder Zeit nach Hause zurückkehren können.“ „Jap“, stimmte Miyako zu. „Und das es keine bösen Digimon gibt, die versuchen uns umzubringen.“ „Genau.“ Beide lachten und die Digimon stimmten mit ein. Doch was sie dabei vergaßen, wie Miyako später feststellte, selbst wenn es vielleicht nicht ganz zutreffend war, war, dass es so etwas wie „Murphy's Law“ oder was auch immer für ein Gesetz gab, denn natürlich sprang im nächsten Moment ein kleines, grünes Digimon keuleschwingend aus dem Gebüsch auf sie zu. Zweitens: Kampf --------------- Mit einem hohlen Laut schlug die hölzerne Keule mitten auf die Picknickdecke. Das kleine, humanoide Digimon – nicht viel größer als ein Kind – holte erneut mit der Keule aus, während Miyako und Mimi ganz automatisch zur Seite sprangen. Als nächstes traf die Keule die Limo-Flasche, die obwohl sie aus Plastik war prompt in einer Fountaine Zuckerwassers. Während das Digimon erneut herumfuhr und mit gemein funkelnden Augen sich nun ihnen zuwandte, schaffte es Miyako auf die Beine zu kommen und sah das Digimon wütend an. Sie hatte keine Ahnung, was gerade vor sich ging, sie hatte auch keine Ahnung, warum das Digimon sie auf einmal angriff, doch eine Sache wusste sie: Es machte sie sauer. Immerhin hatten sie dem Digimon nichts getan. Sie hatten es nicht belästigt und hatten auch ansonsten nichts getan, was es hätte verärgern können. Sprich: Die Attacke, war vollkommen ungerechtfertigt! „Was zur...“, begann sie also wütend, als das Digimon auf sie zusprang. „Miya!“, rief Mimi aus und zog sie schon wieder zu Boden, während nun ihre Digimonpartner eingriffen: „Poison Ivy!“ Die violetten Ranken Palmons wickelten sich noch in der Luft um den Körper des Digimon und zogen es zurück. Ein paar Mal schleuderte das Pflanzendigimon die ogerartige Kreatur durch die Luft, ehe es losließ und den Angreifer gegen einen der umstehenden Urwaldriesen fliegen ließ. Das war Hawkmons Moment: „...“ Federn flogen auf das Digimon und nagelten es an der Rinde des Baums fest, während eine Feder den orangeroten Hirokesen auf dem Kopf des kleinen Digimon in zwei teilte. Noch immer lag Mimis Arm umd Miyakos Hüfte, während sie sich langsam beruhigte. Das wäre knapp gewesen, stellte sie erst langsam fest. Denn auch wenn das Digimon auf dem Child-Level zu sein schien, war es sicher nicht ratsam für ihren Kopf, Bekanntschaft mit der Holzkeule, die nun zu Boden fiel, zu machen. Sie holte tief Luft. „Danke“, flüsterte sie dann zu Mimi gewandt, stand auf und streckte dann die Hand aus, um auch Mimi aufzuhelfen. Diese nickte, lächelnd. „No problem!“ „Seid ihr in Ordnung?“, fragte Hawkmon nun und wandte sich den beiden jungen Frauen zu, welche nur nickten. „Danke, Palmon, Hawkmon!“ Mimi grinste sie an und zeigte mit dem Daumen nach oben. Miyako hatte derweil allerdings andere Dinge im Kopf. Sie wandte sich dem fremden Digimon zu, presste die Hände in ihre Seite und sah es wütend an. „Was fällt dir eigentlich ein, uns einfach anzugreifen?!“, empörte sie sich. „Wir haben dir nichts getan!“ „Das is Goblimon“, sagte Palmon schnell. „Wie auch immer“, grummelte Miyako. Der Name des Digimon war ihr eigentlich gerade egal. „Also, Goblimon: Erklär dich!“ „Pah!“, erwiderte das kleine Digimon mit krächzender Stimme. „Ich schulde euch keine Erklärung, ihr Fieslinge!“ „Fieslinge?“, fragte Miyako schrill. „Wir sind Fieslinge! Du hättest mir fast den Kopf mit deiner blöden Keule eingeschlagen!“ Goblimon knurrte sie an. „Ihr seid Eindringlinge!“ Es zappelte ein wenig, offenbar im Versuch loszukommen. „Also haut besser ab!“ „Wir sollen abhauen?“ Miyako gab einen weiteren empörten Laut von sich. „Wir haben jedes Recht hier zu sein!“ „Beruhige dich, Miya-chan“, flüsterte Mimi und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „So kommen wir hier nicht weiter.“ Sie schenkte ihr ein Lächeln. „Also hol einmal tief Luft und lass Mimi-chan das ganze übernehmen.“ Sie gab ihr einen kurzen Kuss auf die Wange und trat dann vor, um selbst mit dem Digimon zu reden. „Hör zu, Goblimon“, sagte sie mit weitaus sanfterer Stimme, als Miyako zuvor, „wir hatten nicht vor dich zu verärgern. Wir suchen nur etwas hier im Wald, weißt du? Und wenn wir dabei in dein Territorium eingedrungen sind, dann tut uns das sehr Leid. Du musst uns glauben, dass es keine Absicht war.“ „Pah“, machte das Digimon nur erneut. „Ihr sucht etwas? Ja? Was sucht ihr denn und aus welchem Grund?“ Bildete Miyako sich das nur ein oder waren seine Augen auf einen Punkt hinter ihnen gerichtet? War da etwas? Sie sah sich um, die Augen auf das Unterholz im Wald am Rand der Lichtung gerichtet. „Wir suchen den Ort, an dem meine Freundin und ihr Partner sich getroffen haben“, meinte Mimi, weiterhin mit ihrer besten, zuckersüßen Stimme. „Du kennst den Ort nicht zufällig, oder? Ein Tempel. Großes Gebäude, viele Stufen...“ „Wusste ich's doch...“, knurrte Goblimon, ehe es seine Stimme anhob. „Brüder!“, rief es laut aus. „Was?“, fragten die beiden jungen Frauen und ihre Digimon beinahe gleichzeitig, als um sie herum aus mehreren Stellen des Dschugels lautes Gebrüll erklang. Ehe sie sich versahen, sprangen weitere Digimon aus dem Gebüsch hervor. „Oh, verflucht“, murmelte Miyako und sah sich um. Sie zählte acht Goblimon und zwei weitere Digimon, die den Goblimon ähnlich sahen, jedoch dunkelgrüne Haut hatten, anstelle von hellgrüner, während auch die Irokesen auf ihren Köpfen einen grünen Farbton hatten. „Eindringlinge!“, riefen einige. „Verbrecher!“ Ehe sie sich versahen, lief die Hälfte der Digimon mit erhobenen Keulen auf sie zu, während die andere Hälfte Feuerbälle in ihren Händen beschwor. „Runter, Mimi!“ Jetzt war es wiederum an Miyako, ihre Freundin zu Boden zu reißen, kurz bevor ein Feuerbald dort explodierte, wo noch einen Moment vorher Mimis Kopf gewesen war. „Was geht hier denn vor?“, murmelte Mimi verwirrt. „Normaler Weise greifen Digimon nicht einfach an...“ „Es sei denn, es sind ganz fiese Digimon“, erwiderte Miyako und griff nach dem D-Terminal in ihrer Tasche. „Hawkmon!“, rief sie dann und wandte den Kopf ihrem Partner zu, der es irgendwie schaffte, gleich den Angriffen von drei Goblimon zu entgehen, während es mit einem Flügelschlag schaffte, eins der Digimon zu Boden zu schicken. Als Miyako später über diese Situation nachdachte, sollte sie feststellen, dass ihr Handeln vielleicht nicht besonders intelligent gewesen war. Hätte sie nachgedacht, wäre sie einfach auf dem Rücken Horusmons oder Aquilamons zusammen mit Mimi entkommen, doch in dem Moment dachte sie nicht nach. Stattdessen war sie wütend und frustriert, dass ihr gemeinsamer Ausflug von diesen Digimon unterbrochen wurde. Was fiel ihnen denn überhaupt ein? Die digitale Welt war immerhin für alle da! Also dachte sie nicht an Horusmon, als sie nach ihrem D-Terminal griff. Immerhin hätte Horusmon auf der recht kleinen Lichtung einen deutlichen Nachteil – im Vergleich zu Shurimon. „Ich bin bereit!“, erwiderte Hawkmon, als Miyakos Digivice zu leuchten begann. „Digimental Up!“, rief sie und erneut war Hawkmon von Licht umgeben, ehe es in einer gänzlich neuen Gestalt auf dem Boden landete. „Hawkmon – Armor Shinka! Shurimon!“ Die spiralförmigen Beine des Mutantendigimon erlaubten es ihm, sich, noch bevor die Goblimon und ihre dunkleren Brüder es ganz verstanden hatten, vom Boden abzustoßen und in die Bäume zu hüpfen. Dort hielt es sich an einigen Ästen fest, um sich eine Übersicht verschaffen zu können. Dann mit einem Mal, war es hinter dem Stamm des Baumes verschwunden. „Tja, das war wohl nichts!“, meinte das Goblimon, das sie zuerst angegriffen hatte, mit Häme in der Stimme. Einer seiner Kumpel hatte es losgemacht, so dass es nun wieder mit Keule in der Hand am Rand der Lichtung sah und Miyako siegessicher angrinste. Sie konnte dieses Digimon nicht leiden! „Das glaubst du wohl“, erwiderte sie nur. „Shurimon!“ „Pah.“ Ganz offenbar glaubte Goblimon nicht daran, dass Shurimon zurückkommen würde. Hatte dieses Digimon denn noch nie von der Verbindung zwischen auserwähltem Kind und Digimonpartner gehört? Niemals würde ein Partner sein Kind allein lassen – schon gar nicht in so einer Situation! Doch zumindest war Goblimon so überrascht, als eine Ranke, an dessen Ende ein Shuriken hing, aus den Baumkronen hinabschoss und sich – ehe das Child-Digimon versah, um seinen Bauch wickelte. Ein überraschter Ausdruck machte sich auf seinem Gesicht breit, als Shurimons Arm sich wieder zusammenzog und es so in die Luft katapultierte. „Aniki!“, rief eins der anderen Goblimon, beschwor einen Feuerball und warf diesen in die Höhe, wo er jedoch nur ein paar überdimensionierte Baumblätter in Brand setzte. „So einfach kriegst du mich nicht“, erklang die Stimme Shurimons vom Rand der Lichtung, während der Schrei des wahrscheinlich irgendwo fallenden Goblimons noch immer aus dem Blattwerk zu hören war. Das andere angriffslustige Digimon sah sich um, doch auch es, sah die Attacke nicht kommen. Wieder kam ein Arm Shurimons aus den Schatten geschossen, wickelte sich um das Goblimon und zog es mit sich. Miyako wusste, dass Hawkmon die Schnelligkeit, die es als Shurimon hatte, oftmals genoss. Und zugegebener Maßen: Shurimon war schon ziemlich cool – und das nicht nur, weil das Digimental der Reinheit sie mit Mimi verband. „Wo bist du?“, riefen die Goblimon nun und traten aneinander. „Feigling!“ Die beiden Mädchen und Palmon schienen sie schon vergessen zu haben, als Shurimon auf einem niedrigen Ast erschien. „Na, hier bin ich doch!“, meinte es und verschwand, als gleich drei Feuerbälle in seine Richtung flogen. Es erschien ein paar Bäume weiter nun am Boden. „Na, da müsst ihr schon früher aufstehen, wenn ihr mich so erwischen wollt.“ Eins der dunklen Goblimon-Brüder hob seine Keule, wedelte sie über seinen Kopf und beschwor damit einen größeren Feuerball. „Shama Strike!“, rief es und feuerte den Ball auf Shurimon ab, doch erneut hinterließ der Feuerball nur einen Brandfleck auf dem Baum. „Fangt mich doch!“, erklang Shurimons Stimme aus dem Wald. „Wenn ihr könnt!“ Ein Rascheln war zu hören und die Child-Digimon warfen sich kurz einen Blick zu, ehe sie mit schwingenden Keulen und lautem Grölen in den Wald liefen. „Oh je“, machte Palmon besorgt, während Miyako Mimi aufhalf. „Ach, Shurimon schafft das schon!“, erwiderte Miyako voller Überzeugung. „Du hast ja gesehen, diese dummen kleinen Digimon haben keine Chance.“ Das Pflanzendigimon sah sie an. „Um die mache ich mir auch keine Gedanken...“ „Shurimon wird die Goblimon schon nicht töten“, meinte Mimi mit einem Seufzen, sah jedoch nicht gerade fröhlich drein. „Ich wünschte nur, wir würden nicht gegen die Goblimon kämpfen.“ „Na, willst du dich lieber von ihnen verkokeln lassen?“, fragte Miyako. „Besonders vernünftig wirkten die ja nicht.“ Ein erneutes Seufzen von Mimi. „Ja, vielleicht...“ Sie sah sich um. Von den Goblimon war genau so wenig zu sehen, wie von Shurimon. „Ich frage mich nur, warum sie uns angegriffen haben.“ Miyako seufzte nun ebenfalls. Sie wusste, dass Mimi es hasste, gegen Digimon zu kämpfen, die nicht wirklich böse waren. Eigentlich mochte sie es selbst ja auch nicht, aber noch weniger mochte sie es, den sprichwörtlichen Schwanz einzuziehen, wenn so ein paar unverschämte Digimon meinten, sie einfach angreifen zu können! „Lass uns abhauen, solange Shurimon sie beschäftigt“, meinte sie daher zu Mimi und griff nach ihrer Hand. Zur Antwort nickte Mimi und warf ihrem nun vollkommen zertrampelten Picknick einem bedauernden Blick zu. „Ja...“ Sie sah zu ihrem Partner. „Palmon?“ Palmon nickte. „Verlass dich auf mich!“, meinte es. „Ich beschütze euch!“ Es sah sich um und fand offenbar relativ schnell einen Trampelpfad. „Hier lang!“ Beide Frauen nickten und folgten dem Digimon ins Dickicht hinein. Wieder kämpften sie mit Zweigen, Büschen, Ranken, da der Trampelpfad trotz allem überwachsen war, zumal er ganz offenbar vorrangig von kleinen Digimon wie den Goblimon benutzt wurde und daher Pflanzen teilweise bereits auf Brusthöhe der beiden Menschen wieder dichter zusammenwuchsen. Denn auch diesbezüglich kümmerten sich Pflanzen in der digitalen Welt nicht immer um Regeln der realen Welt: Sie wuchsen viel dichter, als es in der Menschenwelt je möglich gewesen wäre. „Autsch“, machte Mimi hinter Miyako und ließ kurz ihre Hand los. Miyako drehte sich um. „Was ist?“ Doch sie hatte kaum zu Ende gesprochen, als sie es selbst sah: Eine Dorne oder ein Zweig hatte einen kleinen, blutigen Kratzer nur knapp hinter Mimis linken Auge hinterlassen. „Oh je“, flüsterte Miyako und wünschte sich, in ihrer Kleidung, wie sie sich hier Materialisierte, gäbe es Taschentücher. „Mimi“, murmelte auch Palmon, woraufhin diese nur lächelte. „Wir kommen sicher bald aus dem Dickicht raus“, meinte sie und lächelte. Sie wischte sich mit einer Hand einen Blutstropfen von der Wange, hinterließ dabei aber nur eine dünne Blutspur. „Kommt.“ Ihr Partner und Miyako nickten nur und hasteten weiter. Tatsächlich weitete der Weg sich nach einer kurzen Weile, so dass sie ohne größere Behinderungen voran kamen. Doch so einfach konnte es freilich nicht sein, denn kaum, dass sie ein paar Schritte so gelaufen waren, hörten sie ein Rascheln im Gebüsch. „Vorsicht!“, rief Palmon und stellte sich vor die beiden Frauen, als erneut ein Goblimon – das erste Goblimon, glaubte Miyako – auf sie zusprang. Wieder schossen die violetten Ranken aus Palmons Armen, doch dieses Mal schien Goblimon damit zu rechnen: Es überschlug sich in der Luft und wich so irgendwie den Ranken aus. Es flog auf einen der Bäume zu und stieß sich ab, während sich ein weiterer Feuerball in seiner Hand formte. „Gobli Strike!“, schrie es und warf den Feuerball, der auf die beiden Frauen zuflog. „Mimi!“, rief Palmon aus, das nun auf ihrer falschen Seite stand. Miyako dachte gar nicht erst darüber nach. Obwohl sie an diesem Tag ihrer Meinung nach schon viel zu oft am Boden gelandet waren, wollte sie Mimi zu Boden zerren – doch dieses Mal war sie nicht schnell genug. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)