KAPITEL 6
Aus Adriens Sicht geschrieben
In den letzten vier Wochen lief es wirklich gut bei Mari und mir. Wir hatten uns nicht einmal gestritten und sprachen sogar schon über unsere Hochzeit. Wir einigten uns auf nächstes Jahr Sommer. Ich wäre da, mit meinem Studium fertig und nach unserer Hochzeit und den Flitterwochen, sollte mein Arbeitsleben beginnen. Ich entschloss mich dazu, an einer Schule zu Unterrichten. Besser gesagt an der Collège Francoise Dupont Schule. Mit dem Direktor sprach ich bereits und sollte nächstes Jahr einfach mal eine Bewerbung vorbeibringen. Auch Model ich wieder regelmäßig für meinen Vater. Mari war am Anfang zwar überrascht, als ich ihr davon erzählte, freute sich jedoch für mich, da ich dadurch wieder regelmäßigen Kontakt zu meinem Vater hatte. Zwar wird er sich nie wirklich ändern, aber wenigstens akzeptierte er Mari als meine zukünftige Frau. Die erste Zeit fing er zwar ständig von Chloè an. Ob es nicht besser wäre, es mit ihr noch einmal zu versuchen. Jedoch reagierte ich darauf gar nicht erst und so hörte er zum Glück mit dem Thema auf. Auch wurde vertraglich geregelt, dass ich höchstens zwei Shootings in der Woche hatte. Bei Klausuren oder wichtigen Referaten wurden dann die Termine verschoben. Ich machte sogar schon zwei Werbespots mit. Was für mich extra Geld bedeutete. Das Geld, was ich bei meinem Vater verdiente, wurde jedes Mal auf ein Extra Konto überwiesen, was das Startkapital für unser eigenes kleines Haus werden sollte! Auch Mari legt regelmäßig etwas zur Seite. Meine Wohnung wurde auch bereits verkauft. Ein junges Ehepaar aus Madrid kam nach Paris und zeigte großes Interesse an der Wohnung. Ich konnte sogar den Preis etwas in die Höhe treiben und verkaufte es für 160000 Euro.
Es lief wirklich alles gut. Ich hoffte nur, dass es auch endlich so blieb. Liam war auch gerade zu Besuch bei seiner Familie in LA. Dafür stand Mari zwar wieder von früh bis spät im Laden, aber wenigstens musste ich den Typen nicht ertragen. Die Eifersucht blieb trotz, dass es bei uns wieder so gut lief. Erst recht, wenn ich Mari im Laden besuchte und Liam sich so an sie ran schmiss. Ich wusste genau, dass er das alles nur machte, um mich zum Ausrasten zu verleiten. Aber darauf konnte er lange warten. Ich machte nicht noch einmal denselben Fehler wie vor vier Wochen. Den gefallen würde ich ihm sicher nicht machen.
Aber jetzt musste ich mich erst einmal wieder auf das Shooting konzentrieren. Die neue Kollektion von meinem Vater sollte bald auf den Markt kommen und heute wurden die Bilder dafür gemacht. Erst am Eiffelturm, dann im Park und jetzt sind wir im botanischen Garten.
Das Shooting ging schon drei Stunden und langsam wurde ich echt Müde. Laut Nathalie und meinem Vater mussten nur noch einige Bilder von mir und einer Frau geschossen werden. Dann wäre ich erlöst für heute. Allerdings hieß es das schon vor einer halben Stunde. Aber Madame schien sich Zeit zu lassen.
„Vater, wenn die Frau nicht in den nächsten fünf Minuten kommt. Nehme ich meine Sachen und verschwinde.“
„Ganz ruhig mein Sohn. Da hinten kommt sie doch schon.“
Ich drehte mich um und erstarrte.
„Vater was macht Chloè hier? Ist das einer deiner Verkuppel Versuche? Ich dachte, du hättest Mari endlich akzeptiert?“
„Natürlich habe ich deine Entscheidung mit Marinette akzeptiert. Leider wollte der Bürgermeister, dass seine Tochter bei der neuen Kollektion dabei ist. Anscheinend sollte ihre Schauspielkarriere dadurch angekurbelt werden.“
„Da können wir doch nichts dafür, dass keiner diese Barbie für arme will.“
„Adrien bitte. Wir bringen es ganz schnell hinter uns. Allerdings muss ich gestehen, soll es auch ein Kuss-Foto geben.“
„Waaas? Vergiss es. Da mache ich garantiert nicht mit.“
„Der Bürgermeister pocht darauf. Ich verspreche dir auch, falls deine Verlobte irgendetwas falsch versteht. Es ihr zu erklären.“
Ich schniefte hörbar aus und schaute genervt zu Chloè.
„Adriecheri. Wie lange ist das jetzt schon wieder her?“
„Nicht lang genug.“
Wir fingen mit den Bildern an, wobei wir Hand in Hand durch den Garten spazierten oder ich sie im Arm hielt. Zum Schluss sollte dann vor einem Rosenbusch das Kuss-Bild entstehen.
Mari, bitte verzeih mir.
Ich kam ihrem Gesicht immer näher, bis sich unsere Lippen berührten. Ich hoffte nur, dass unser Fotograf schnell das Foto machte, das ich mich wieder lösen konnte.
„So Fertig. Wunderbar. Wir haben alles im Kasten.“
Sofort löste ich mich von ihr und drehte mich angeekelt weg. Mal wieder ließ sie ihre Lippen aufspritzen, was den Würgreiz noch angekurbelt hatte.
Ich verabschiedete mich von meinem Vater und Nathalie und fuhr zu Mari, da ich sie im Laden überraschen wollte. Vielleicht könnte ich sie davon überzeugen, das sie ihr Geschäft heute eher schließt und wir beide den restlichen Tag zusammen verbringen.
Ich kaufte noch einen Strauß Lilien, immerhin waren das ihre Lieblingsblumen und ging zum Geschäft. Was ich da allerdings sah, konnte und wollte ich nicht glauben.
Sie und Liam standen eng zusammen und küssten sich.
Ich dachte, er wäre in Los Angeles? War das womöglich alles nur gelogen und sie hat das erfunden, um ungestört mit ihm zu sein?
Ich schmiss den Blumenstrauß auf den Boden und ging wutentbrannt zum Auto.
Ich hörte noch Schritte hinter mir und dann packte jemand meinen Arm.
„Adrien warte. Das gerade war nicht das, wonach es aussah.“
„Ach Nein? Ist es das nicht immer? Wahrscheinlich bist du gestolpert und eure Lippen haben sich ganz zufällig berührt.“
Ich löste mich und stieg in mein Auto, ehe ich davon fuhr. Ich gab ihr nicht einmal eine Chance weiter zu sprechen, geschweige ihr auch nur eines Blickes zu würdigen.
Wutentbrannt raste ich durch die Straßen von Paris und selbst Plagg konnte mich nicht beruhigen.
Zuhause angekommen, nahm ich mir einen Koffer und packte meine Sachen. Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Wie oft redete ich mir selber ein, dass alles wieder so werden würde, wie früher. Aber es wird nie wieder so sein, wie es einmal war. Ich wollte gerade gehen, da kam auch schon Marinette in die Wohnung.
„Adrien bitte, du musst mir glauben, ich wollte das nicht. Lass es mich wenigstens erklären.“
„Was willst du erklären? Wie lange läuft das schon mit euch?“
„Zwischen uns läuft gar nichts. Ich liebe nur dich.“
„Ja, das habe ich gerade gesehen, wie sehr du mich liebst.“
„Lass es mich doch wenigstens erklären. Gib mir bitte die Chance.“
„Wie oft habe ich dir schon eine Chance gegeben Marinette? Ich habe so vieles Akzeptiert. Das du von früh bis abends im Geschäft stehst oder du mir Liam als Model vorgezogen hast. Selbst das er bei dir arbeitet, obwohl du genau wusstest, dass ich damit nicht einverstanden war. Aber irgendwann, reicht es auch mir.“
„Was willst du mir damit sagen?“
„Es wäre wohl besser für uns beide, wenn wir eine Pause in unserer Beziehung einlegen würden. Damit jeder erst einmal über alles in Ruhe nachdenken kann und auch entscheiden kann, was ihm überhaupt wichtig ist.“
Mir fiel es gerade wirklich nicht einfach das zu sagen. Aber für uns beide ist es womöglich die beste Lösung. Wir mussten einfach mal alles was passiert ist und war, verarbeiten und uns überlegen, wo wir in unserer Beziehung überhaupt standen und was wir wollten.
„Ist das deine nette Art, mir zu sagen, dass du Schluss machst?“
„Das heißt noch lange nicht, dass es vorbei ist. Aber du solltest dir erst einmal Gedanken machen, was dir überhaupt wichtig ist.“
„Und was ist mit unseren ganzen Plänen? Die Hochzeit. Der Traum vom eigenen Haus. Ich dachte immer, dass wir eine Familie zusammen gründen? Das ist das einzige, was mir wichtig ist.“
„Hast du dafür überhaupt Zeit? Vor zwei Jahren haben wir uns verlobt und in den letzten vier Wochen gerade Mal beschlossen, das wir im Sommer nächsten Jahres Heiraten. Das einige was dir gerade wichtig ist, ist dein Drecks Geschäft.“
Geschockt schaute sie mich an und Tränen sammelten sich in ihren Augen.
„Ich. Das war nicht so gemeint.“
Ich wollte auf sie zu gehen, jedoch wich sie vor mir zurück.
„Dann geh doch, wenn du denkst, das mir nur der Laden am Herzen liegt.“
„Pünktchen, das meinte ich nicht so. Ich dachte, nur es wäre besser für uns.“
„Nenne mich nicht Pünktchen. Ich ertrage das nicht. Geh und hab dein Spaß. Aber eins sollst du wissen. Nicht ich habe Liam geküsst. Er kam plötzlich in den Laden und hat seine Lippen auf meine gepresst und wenn du noch einen kurzen Augenblick stehen geblieben wärst, hättest du auch gesehen das ich ihn weg stieß und er eine Ohrfeige von mir bekommen hat.“
„Tut mir leid. Aber ich weiß gerade wirklich nicht was ich glauben oder denken soll.“
Ich nahm meinen Koffer und Verlies die Wohnung, ohne mich noch einmal zu Mari umzudrehen.