Star Trek - Timeline - 01-02 von ulimann644 (Kadettenjahre - Teil-2) ================================================================================ Kapitel 9: Die Verlorene Eisstadt --------------------------------- 9. Die Verlorene Eisstadt Nach einer ausgiebigen Mahlzeit brachen Tar´Kyren Dheran und Christina Carey wieder auf. Hand in Hand schritten sie durch einen breiten Höhlengang, der hinter dem Ufer des Blauen Sees aus der Höhle heraus führte. Dabei senkte sich der Gang, mal stärker, mal weniger stark vor ihnen ab und mehr als einmal rutschten sie mehr durch den Gang, als dass sie hindurch schritten. Bereits einen halben Tag lang waren sie unterwegs, als der Boden ebener wurde und die Wände gerade nach oben anstiegen. Sie blieben stehen und leuchteten an den Wänden entlang nach oben., wo sich die Wände im oberen Drittel nach Innen neigten, bevor sie die, ebenfalls ungewöhnlich gerade Decke erreichten, die halb so breit war, wie der Boden. „Dieser Gang ist zweifellos bearbeitet worden“, stellte Christina Carey fest. „Sieh dir nur die Regelmäßigkeit dieses Ganges an.“ „Dann kommen wir unserem Ziel wohl näher“, stimmte der Andorianer zu. „Die Frage ist nur: Was machen wir, wenn wir dort sind? Auf demselben Weg kommen wir nicht zurück an die Oberfläche, dafür müssten wir zur Felsspalte über dem Blauen See fliegen.“ „Darüber können wir uns dann Gedanken machen, wenn es soweit ist. Ich könnte mich in den Hintern beißen, dass der Tricorder zu Bruch gegangen ist.“ Tar´Kyren Dheran lachte leise. „Zumindest besitzt mein Daten-PADD eine Aufnahmefunktion. Damit haben wir wenigstens ein paar 3D-Bilder von der Brücke der Kriegsgöttin und dem Blauen See.“ Christina Carey blickte ihren Begleiter überrascht an. „Das sagst du mir erst jetzt? Jetzt wird mir klar, warum du an der Brücke so hektisch auf dem Ding herumgetippt hast. Ich dachte, du hättest in deinen Aufzeichnungen Details zu der Brücke abgerufen.“ Der Andorianer grinste beinahe verschmitzt. „Du hattest doch nicht angenommen, dass ich auf die Suche nach Kharon-Dhura gehe, ohne dafür zu sorgen, hinterher einige sensationelle Bilder für meine private Sammlung mitzubringen.“ Die Irin schüttelte den Kopf und meinte: „Komm, lass uns weitergehen.“ Tar´Kyren Dheran nickte kurz, und gemeinsam setzten sie sich wieder in Bewegung. Sie hatten beide jenen Punkt erreicht, an dem sich bei langen Märschen das Gefühl einstellte, ohne Pause noch stundenlang so weitermachen zu können. Allerdings kamen sie nun etwas weniger schnell voran, da sie ihre Umgebung gründlicher mit ihren Arm-Scheinwerfern ausleuchteten, als bisher. Etwa eine weitere halbe Stunde lang waren sie unterwegs, als die Wände des Ganges zurücktraten. Gleichzeitig erzeugten ihre Stiefel, bei jedem ihrer Schritte, ein hallendes Geräusch. Sie blieben stehen und leuchteten ihre Umgebung genauer ab. Vor ihnen lag eine breite Treppe, die von zwei Absätzen unterbrochen wurde, bis sie auf einer Ebene, etwa zehn bis fünfzig Meter über ihrer jetzigen Position mündete. Rechts und links der Treppe standen ähnliche Eisstatuen, wie auf der Brücke. Diese jedoch besaßen eine Höhe von mindestens zwanzig Metern und endeten dicht unterhalb der behauenen Felsendecke, über ihnen. Christina Carey befand, dass diese Halle eine auffallende Ähnlichkeit mit irdischen, sakralen Gebäuden besaß. Sie beobachtete ihren Begleiter dabei, wie er sein PADD hervor holte und diverse Eingaben tätigte, bevor er es wieder im Rucksack verschwinden ließ. „Zu dumm, dass es hier unten stockfinster ist“, knurrte der Andorianer missgestimmt. „Bei voller Beleuchtung wäre der Anblick sicherlich atemberaubend.“ „Das ist er für mich auch so schon“, erwiderte Christina Carey mit einem leichten Vibrieren in der Stimme. „Aber ich bin vollkommen erledigt, nach diesem Gewaltmarsch. Lass uns hier in der Halle das Lager aufschlagen. Ich brauche dringend Schlaf.“ Der Andorianer stimmte zu. Nach einer schnellen Mahlzeit begaben sie sich zur Ruhe und sie schliefen traumlos und ruhig beinahe acht Stunden durch. Nachdem sie erwacht waren frühstückten sie ausgiebig und als sie endlich wieder marschbereit waren, nahm die Irin Tar´Kyren Dheran an die Hand und zog ihn mit sich, wobei sie sagte: „Jetzt will ich aber wissen, wohin diese Treppen führen.“ Ruhig und gleichmäßig schritten sie die Stufen hinauf, und oben angekommen ächzte Christina Carey: „Falls du mal vergessen solltest wozu Turbolifts da sind, dann denk einfach an diesen Aufstieg zurück.“ Damit wollte sie bereits weiter gehen, doch der Andorianer an ihrer Hand blieb unverrückbar stehen und drehte sich um. „Moment mal, Christina. Bemerkst du das auch?“ „Was soll ich bemerken?“ Für eine Weile blieb es still, bevor Tar´Kyren Dheran meinte: „Ich bin mir sicher, dass es nun heller hier drin ist, als eben noch, als wir unten gestanden haben.“ „Wie sollte das denn möglich sein“, erkundigte sich die Irin zweifelnd. Wir befinden uns wieviel Meter unter der Oberfläche?“ „Wäre die Gegend über uns eine Ebene, dann würden wir uns etwas mehr als einhundert Meter unter der Oberfläche befinden“, antwortete der Andorianer. „Doch wenn mich meine Orientierungsgabe nicht trügt, so befinden wir uns hier unter einem Ausläufer der flachen Gebirgskette, nahe des Canyons. Eine Gegend, die durch die Corioliskraft-Strömungen in dieser Region stets ohne Niederschläge bleibt. Deshalb gehört die Gegend über uns zu den wenigen auf Andoria, die seit Millionen von Jahren eisfrei ist und an der blanker Felsen die Oberfläche bildet.“ Christina Carey, die aufmerksam zugehört hatte, blickte die Treppe hinab, die sie gerade erst hinaufgestiegen waren. Fast flüsternd sagte sie dann: „Tar, ich kann die Konturen der Eisstatuen erkennen. Du hast Recht, hier wird es heller. Aber wie kann das sein?“ Dheran ließ die Hand der Frau los und deaktivierte die Scheinwerfer an seinem Arm. Unterbewusst nahm er wahr, dass Christina es ihm nach tat. Dabei stellte er fest, dass sie beide sich nicht geirrt hatten. Obwohl er es sich nicht erklären konnte wurde es langsam heller in dieser Halle. Die ersten Konturen zeichneten sich nun deutlich vor seinen Augen ab. „Da oben, unter der Decke!“, entfuhr es der Irin, und der Andorianer folgte ihrem Blick nach oben. „Lichtschächte!“ Dheran blickte fasziniert in die Höhe. „Wenn mich meine Augen nicht trügen, dann hat jemand Prismen aus reinem Eis dort oben angebracht. Sie brechen und verteilen das Licht der aufgehenden Sonnen.“ Der Andorianer blickte zur Seite und erkannte deutlich das Gesicht seiner Begleiterin, die beinahe andächtig da stand und das überwältigende Schauspiel beobachtete. Erste Lichtfinger, in allen Farben des Regenbogens, tasteten hinunter zum Boden. Sie blickten, wie auf ein geheimes Kommando hinter sich. Nicht weit von ihnen lag ein breiter Durchgang. Auch durch diesen fiel nun ein erstes, schwaches Licht. Wortlos nahm Tar´Kyren Dheran die Irin an die Hand und schritt forsch mit ihr durch den monumental wirkenden Eisbogen – hinein in einen riesigen Felsendom, dessen Abmessungen kaum abzuschätzen waren. Auch hier fielen die ersten, farbigen Lichtstrahlen, durch zehn Lichtschächte, von der mindestens fünfzig Meter hohen Decke herab. Aber das war längst nicht alles, denn vor ihnen erhob sich eine reich verzierte Mauer aus beinahe durchsichtigem Eis. Dahinter lagen, im heller werdenden Lichtschein, Gebäude, massive Hallen, und Türme von quadratischer Grundfläche, die sich sacht nach oben hin verjüngten. Auch sie schienen aus purem Eis zu bestehen. Erst bei näherem Hinsehen erkannten die beiden Sternenflottenangehörigen, dass es lediglich handbreite Eisplatten waren, die über den Außenwänden massiver Steinbauten geschichtet, das Licht reflektierten. Die beiden einsamen Sucher schritten beinahe demütig weiter in den Felsendom hinein. Beim Annähern an den gewaltigen Eingangsbogen der Stadt, der sich über eine Lücke in der Mauer von mindestens zehn Metern Breite spannte, bemerkten Tar´Kyren Dheran und Christina Carey dass das Eis fast so glatt wie Glas poliert worden war. Die Eisprismen unter der Decke des Felsendomes verteilten nun das Licht in breiten bunten Lichtstreifen über die Stadt, deren Gebäudewände nun ihrerseits das farbige Licht teils reflektierten, teils brachen. Der Eindruck entstand, als würde die Stadt damit beginnen von Innen heraus zu leuchten. Sprachlos hielten sie an und der Andorianer machte Aufnahmen mit Hilfe von seinem PADD. Die gesamte Zeit über sagten beide kein Wort. Als Dheran sein PADD wieder verstaute und sich erhob, da nahm Christina Carey ihn wortlos in die Arme und sah ihn an. Tränen rannen über ihre Wangen, als sie flüsternd sagte: „Ich habe noch nie in meinem Leben so etwas Wunderschönes gesehen, Tar. Diesen Anblick werde ich niemals vergessen, und wenn ich zweihundert Jahre alt werden sollte.“ Sie küssten sich, lang und ausdauernd. Als sich die Irin endlich von ihrem Begleiter löste, blickte sie zu der Eisstadt, und fragte nach einer Weile: „Sollen wir sie betreten?“ Der Andorianer erwiderte bestimmt: „Glaubst du etwa, ich riskiere meinen Hals, um dann wenige Meter vor dem Ziel umzudrehen?“ Er nahm die Irin an die Hand und zog sie einfach mit sich. * * * Etwa zur gleichen Zeit stand Commander Rhy´Dar Keren am Rande des Blauen Sees und blickte nachdenklich zum Durchgang. In seiner Begleitung befanden sich zwei Dutzend Elitesoldaten der Andorianischen Garde und drei Wissenschaftler der Akademie von Andoria, eine von ihnen eine Frau, deren Fachgebiet Archäologie und Andorianische Geschichte war. Seit sie das abgestürzte Shuttle, eindeutig andorianischer Bauart, in der Eisspalte gefunden hatten, fragte sich der lang gediente, andorianische Commander, was sich in diesem darunter befindlichem Höhlensystem abspielte. Er wusste zwar von dem Forschungsteam der Sternenflotte, doch woher kam dieses andorianische Privat-Shuttle? Natürlich kannte Keren die Legende von der Verlorenen Eisstadt. Sollten die Forscher von der Sternenflotte sie möglicherweise entdeckt haben? Nach seiner Kenntnis lag diese Stadt auf der anderen Halbkugel seiner Heimat. Oder etwa nicht? Jedenfalls hatten sich mysteriöse Andeutungen und Hinweise seiner direkten Vorgesetzten bei der Garde gehäuft. Er und seine Einheit, beinahe einhundert Männer und Frauen der Garde, waren kurzfristig nach Thlanek verlegt worden, kaum dass die Forscher der Sternenflotte ihr Basislager bezogen hatten. Warum diese Geheimniskrämerei? Sie hatten unterwegs eine verfallene Brücke gefunden, und zurückgelassene Hinweise darauf, dass die Insassen des abgestürzten Shuttles sie überquert hatten. Waren die etwa auf der Suche nach Kharon-Dhura? Im ersten Moment erschien Keren dieser Gedanke etwas abwegig, doch die Hinweise darauf waren nicht wegzureden. Er blickte hinüber zu den begleitenden Wissenschaftlern, die ihm vom Oberkommando zugeteilt worden waren. Sie redeten leise miteinander, als sich Keren näherte und ungeduldig forderte: „Ich will endlich wissen, warum meine Leute und ich mit Ihnen durch dieses Labyrinth schleichen! Was ist so wichtig, hier unten?“ Der angesprochene Andorianer wollte zunächst eine ausweichende Antwort geben, doch die bedrohliche Haltung von Keren, und die Tatsache, dass es ohnehin bald kein Geheimnis mehr für den Commander sein würde, veranlasste ihn dazu, die Wahrheit preiszugeben. „Ich nehme an, Sie kennen die Legende von Kharon-Dhura, der Verlorenen Eisstadt. Nun, es ist dem Oberkommando unangenehm. Leider kamen andorianische Forscher erst auf die Idee, wonach das Forschungsteam der Sternenflotte hier wirklich sucht, nachdem die Erlaubnis an die Sternenflotte bereits ergangen war. Ein Zurücknehmen der Erlaubnis hätte Fragen aufgeworfen. Darum wurden Sie, und Ihre Leute nach Thlanek befohlen. Um das zu verhindern, was der Besatzung des eingebrochenen Shuttles offensichtlich gelungen ist.“ Die Antennen des Commander zuckten vor. „Dann suchen die also wirklich die Verlorene Eisstadt? Und sie könnte wirklich existieren?“ Der andorianische Gelehrte räusperte sich. „Sie haben doch selbst die Brücke gesehen. Nach den ersten Analysen zweifele nicht mehr daran, dass es sich tatsächlich um die Brücke der Kriegsgöttin handelt, die der Legende nach, den Beginn des Weges nach Kharon-Dhura markiert.“ „Ach“, machte der Commander finster. „Und was daran erfordert diesen Einsatz?“ Die andorianische Gelehrte, die sich bisher im Hintergrund gehalten hatte, war zu dem Commander und ihrem Kollegen getreten. Sie sprang ein und erklärte: „In den höchsten Kreisen unserer Regierung ist man nicht erbaut davon, dass Außenstehende vielleicht bald schon da erfolgreich sein sollen, wo unsere Forscher, bereits seit vielen Jahrhunderten, vergeblich gesucht haben. Wie stünden wir da? Es ist Ihre Aufgabe sicherzustellen, dass die Entdeckung der Eisstadt andorianischen Wissenschaftlern zugestanden wird.“ Die Antennen des Commanders bogen sich, als Zeichen höchster Verärgerung, deutlich nach innen. Er war ein recht geradliniger Soldat, kein Ränkeschmied, und er hasste solche Verschleierungen wie die Pest. Leider hatte das Oberkommando der Garde ihn den drei Wissenschaftlern unterstellt, für die Dauer dieser Aktion. Abwechselnd sah er die beiden Wissenschaftler an und meinte dann finster: „Können wir dann weitergehen?“ Beide Gelehrte gaben ihr Einverständnis, und Keren befahl den sofortigen Aufbruch. * * * Nichts in der Stadt gab einen Hinweis darauf, dass sie jemals bewohnt gewesen war. Entweder, so überlegte Tar´Kyren Dheran, waren alle Gebrauchsgegenstände beim Verlassen der Stadt mitgenommen worden, oder sie hatten schlicht die Jahrtausende nicht überstanden. Dicht neben Christina Carey gehend betraten sie, nachdem sie einige kleinere Gebäude am Rand der Stadt inspiziert hatten, eine größere Halle, nahe des Zentrums der Eisstadt. Sie fanden keinen Hinweis darauf, welchem Zweck sie ursprünglich gedient haben mochte, doch dann stupste Christina ihn aufgeregt am Arm und deutete zu einer der beiden langen, hohen Seitenwände. „Dort, in den ovalen Vertiefungen, sind Schriftzeichen eingeschlagen worden. Kannst du sie entziffern?“ Dheran erwiderte ihren fragenden Blick mit beinahe beleidigtem Gesichtsausdruck. Gemeinsam mit der Wissenschaftlerin näherte er sich der Wand und leuchtete über die Symbole. Dabei erwiderte er: „Es ist alt-andorianisch. Ganz oben wird die genaue Zeit angegeben, zu der die Stadt entstanden ist. Auf die irdische Zeitrechnung umgerechnet etwa vor 7013 Jahren. Darunter wird ausführlich erklärt, wie wohlhabend die Stadt gewesen ist. Doch nach mehr als zwei Jahrtausenden begann der Niedergang. Eine besondere Unterspezies von Höhlenfledermäusen fiel massenhaft in die Eis- und Felsen-Kanäle rund um die Stadt ein. Sie brachten einen Krankheitserreger mit, der die Bewohner der Stadt sterilisierte und gegen den sie kein Mittel fanden. Sie verließen daraufhin die Stadt, etwa 2500 Jahre nach der Gründung.“ Erschrocken blickte Christina Carey zu dem Andorianer. „Was ist, wenn diese Fledermäuse noch hier unten sind?“ Tar´Kyren Dheran lächelte beruhigend. „Nach unseren Geschichtsaufzeichnungen wüteten diese Fledermäuse auch in den Provinzen Clorisev und Sheras, bis vor etwa dreitausend Jahren. Dann starben sie aus. Gleichfalls fanden Mediziner dieser Tage ein Heilmittel gegen den von ihnen übertragenen Erreger. Seit dieser Zeit haben Andorianer nichts mehr vor ihnen zu befürchten, und für Menschen ist dieser Erreger vermutlich ohnehin harmlos, da er sich im andorianischen Blut vermehrt hat. Andorianisches Blut besitzt jedoch eine vollkommen andere Zusammensetzung, als das der Menschen.“ Christina Carey atmete hörbar auf. „Das klingt beruhigend.“ Der Andorianer nickte abwesend und fragte nachdenklich: „Was wird passieren, wenn du der Sternenflotte von diesem Fund berichtet hast? Bleibst du noch vor Ort oder kehrst du zurück auf die Erde?“ „Ich werde wohl noch für geraume Zeit auf Andoria bleiben.“ Die Frau ahnte, warum der Andorianer gefragt hatte und fügte hinzu: „Aber zwischendurch werde ich die Zeit finden, dich an der Akademie zu besuchen. Sag mal, unterrichtet Cunningham immer noch Taktik und Strategie dort? Sein Unterricht war ziemlich ermüdend. Einmal wäre ich in einer seiner Vorlesungen fast eingeschlafen.“ Der Andorianer nickte. „Ja, Lieutenant John Jakob Cunningham hatten wir auch als Dozent. Sein Humor ist zwar fürchterlich, doch ich fand den Unterricht nicht wirklich schlimm. Vielleicht, weil mir die Laufbahn als Taktischer Offizier wirklich mehr liegt.“ Christina Carey erwiderte zweifelnd den Blick des Andorianers. „Na, ich weiß nicht. Bringt er bei Gastdozenten immer noch den Spruch: Bilder dieses Offiziers hängen im Kriegszimmer des Tal´Shiar, um ihn anzupreisen?“ „Ja, aber darüber hat bei uns keiner gelacht.“ Christina Carey grinste verschmitzt, als sie zurück gab: „Oh, bei uns schon. Wir wurden nämlich vorgewarnt. Als Cunningham dann mit seinem verstaubten Spruch um die Ecke kam, da blieb es erst einmal einen Augenblick lang still, bevor die zweite Reihe anfing schallend zu lachen. Da freute sich Cunningham natürlich. Einen Augenblick später lachte die vorletzte Reihe, und da freute sich Cunningham gleich nochmal. In diesem Moment lachte die erste Reihe, und Cunningham verzog leicht das Gesicht. Einen Moment später lachte die hinterste Reihe, und da wurde Cunningham rot im Gesicht. Als dann einen Moment später die mittlere Reihe lachte, da stand Cunningham kurz vor einem Wutanfall.“ Der Andorianer lachte amüsiert. „Aber wie konntet ihr dem armen Mann das denn antun? Wenn der nicht an der Akademie wäre, dann wüssten die Kadetten doch gar nicht, was sie an den anderen Dozenten haben.“ „Wohl wahr“, stimmte die Frau zu. „Ich finde, dass Cunningham als Offizier ansonsten keine besonderen Talente besitzt. Kein Wunder, dass er Lehrer wurde.“ Dheran nahm sie grinsend an die Hand. „Komm, lass uns den Turm, im Zentrum der Stadt, hinaufsteigen. Von dort oben haben wir bestimmt einen tollen Blick auf die Stadt.“ Sie verließen die Halle und erreichten über eine breite Allee den Platz im Zentrum der Stadt. Er war quadratisch und mochte an die hundert Meter Kantenlänge besitzen. Auf der gegenüber liegenden Seite erhob sich der Turm, dessen offenes Portal dunkel gähnte. Als sie, Minuten später, die oberste Turmkammer erreicht hatten, traten sie an eines der hohen, schmalen Fenster und blickten hinunter auf die Stadt. Von hier oben wirkte sie beinahe noch eindrucksvoller, als von unten. Gleichfalls wurde erst jetzt ersichtlich, dass sie ein längliches Oval bildete, das sich der natürlichen Form des Felsendomes anpasste. Christina Carey setzte ihr Gepäck ab, blickte auf ihre Armbanduhr und fragte: „Welche Tageszeit haben wir nach Föderationsstandard?“ Tar´Kyren Dheran holte sein PADD hervor und blickte bedeutungsvoll zu seiner Begleiterin, nachdem er die Standardzeit abgerufen hatte. „He, das neue Jahr hat vor einer Minute begonnen. Frohes neues Jahr, Christina.“ Damit gab er der Irin einen langen Kuss. Als sie sich nach einer Weile voneinander lösten, meinte die Frau lächelnd: „Auch dir ein frohes Neues. Wie gut, dass ich vorbereitet bin.“ Die Irin ignorierte den fragenden Blick ihres Begleiters und begann in ihrem Gepäck zu kramen. Endlich förderte sie, aus einem mehrfach umwickelten Kühlbehälter, eine Flasche Champagner zutage. „Die habe ich seit meinem Aufbruch von der Erde dabei. Glücklicherweise haben wir gleich zwei Anlässe damit anzustoßen.“ Tar´Kyren Dheran blickte Christina Carey an, wie ein Wundertier. Da hatte diese Menschenfrau doch tatsächlich, während der gesamten Zeit über, eine Flasche Alkohol mit sich herumgeschleppt. „Einige menschliche Angewohnheiten werde ich wohl nie verstehen“, bemerkte Dheran humorig, während die Irin die Flasche öffnete. Etwas vom Inhalt sprudelte dabei heraus und lief über ihren imprägnierten Handschuh. Sie reichte die Flasche dem Andorianer, der einen ordentlichen Schluck nahm. Danach reichte er die Flasche zurück, und Christina Carey trank ebenfalls. „Puh, das kribbelt aber.“ Noch einmal setzte sie die Flasche an, bevor sie diese vorsichtig zur Seite, auf den Boden stellte und den Andorianer umarmte. Sich eng an ihn schmiegend, blickte sie zu ihm auf und sagte leise: „Du hattest Recht. Ich möchte auch, dass es mit uns beiden weitergeht, Tar. Ich frage mich nur, ob wir das auch schaffen. Sobald du mit der Akademie fertig bist wirst du vermutlich erst einmal die Erde verlassen. Ich fürchte, dass wir uns nicht sehr oft sehen werden.“ „Damit werden wir schon zurechtkommen“, entgegnete der Andorianer zuversichtlich. Lass es uns einfach versuchen, und sehen, was daraus wird.“ Nicht ganz so zuversichtlich, wie der Andorianer, nickte die Frau. Momentan war sie glücklich, und fühlte sich vollkommen zufrieden. Sie überlegte eine Weile, bevor sie antwortete: „Ja, lass uns sehen, wohin das führt, Tar.“ * * * Nachdem sie die Flasche geleert hatten, verpackte Christina Carey sie sorgfältig und sie machte sich mit ihrem Begleiter auf den Rückweg. Als sie den Turm schließlich heruntergestiegen waren, und auf den Platz hinaus traten, erwartete sie dort eine Überraschung. Gut zwei Dutzend Andorianer, bis auf drei von ihnen alle in Uniformen der Andorianischen Garde gekleidet, waren dort, schwer bewaffnet, angetreten. Offensichtlich hatten sie dort auf ihr Erscheinen gewartet, denn der Andorianer, mit den Insignien eines Commanders am Kragen der Uniform, wirkte nicht sonderlich überrascht. Ganz im Gegenteil, er schritt entschlossen auf sie zu, nachdem sie den Turm verlassen hatten. Mit finsterer Miene blickte der Commander die beiden Sternenflottenangehörigen an und eröffnete ihnen mit tragender Stimme: „Sie beide sind widerrechtlich in eine Sperrzone eingedrungen. Wir haben das abgestürzte Shuttle gefunden.“ Damit wandte sich Keren direkt an Tar´Kyren Dheran und um eine Spur unfreundlicher meinte er: „Ich vermute wohl richtig, dass das Shuttle Ihnen gehört?“ „Meinem Vater, Den´Lyran Dheran“, erwiderte der andorianische Kadett kühl. „Er ist General Vierter Verbandsgröße bei den Kommandotruppen.“ „Ach, dann sind Sie also der Sohn von General Dheran.“ Mit neugieriger Miene musterte der Commander den jungen Mann vor sich. „Ich kenne den General, und ich wundere mich darüber, dass er Sie nicht von dieser Exkursion abgehalten hat.“ Tar´Kyren Dheran erwiderte nichts darauf. Nach einem langen Moment fragte er, innerlich etwas beunruhigt: „Wir haben die Verlorene Eisstadt entdeckt. Was geschieht nun?“ Einer der andorianischen Wissenschaftler trat zu dem Commander und donnerte unfreundlich: „Sie zwei haben gar nichts entdeckt, mein Junge.“ Der Commander unterbrach ihn mit einer herrischen Geste. „Das besprechen wir später, wenn wir in meinem Büro in Ivari angekommen sind. Jetzt verlassen wir diesen Ort, und zwar umgehend.“ Widerspruch lag in den Augen der Irin, bei den harschen Worten des andorianischen Commanders, doch der feste Griff von Tar´Kyren an ihrem Unterarm, unterband dass sie die Worte aussprach, die ihr bereits auf der Zunge lagen. Stattdessen sah sie zu dem Kadett und bemerkte den warnenden Blick, den er ihr zuwarf. Sie beschloss sich zunächst zu fügen, doch dieser andorianische Commander konnte sich auf etwas gefasst machen, sobald sie sein Büro in der Hauptstadt Andorias erreicht hatten. Dank tragbarer Traktorstrahl-Generatoren, die von den Soldaten der Andorianischen Garde bereits auf dem Hinweg eingesetzt worden waren, gestaltete sich der Rückweg um einiges einfacher für Christina Carey und Tar´Kyren Dheran, als der Hinweg. Zuvor hatten Soldaten der Garde sie durchsucht, und ihnen ihr Gepäck abgenommen. Auch dabei hatte Dheran die Irin mit Blicken davon abgehalten laut zu protestieren. Als sie, nach mehr als einem Tag wieder am Ort des Einbruches, des Shuttles waren, stellten Tar´Kyren Dheran und Christina Carey fest, dass das Shuttle bereits, vermutlich durch die Andorianische Garde, geborgen worden war. Wie bereits am Blauen See wurden sie, mit Hilfe von Traktorstrahlen durch die Eisspalte nach oben befördert, wo bereits mehrere Transport-Shuttles der Garde warteten. Der Flug nach Ivari verlief beinahe schweigend zwischen Dheran und der Irin. Erst gegen Ende des Fluges raunte Christina Carey Tar´Kyren zu: „Bei der Durchsuchung hat der Commander ziemlich merkwürdig drein geschaut, als er das Armband gesehen hat. Ich wundere mich, dass er es nicht kassiert hat.“ Der Kadett grinste finster. „Das hätte er wohl nur zu gerne getan. Doch es bedeutet großes Unglück, Kumaris Tränen zu berühren, wenn sie bereits im Besitz einer anderen Person sind. In dieser Hinsicht ist der andorianische Aberglaube, der aus den Tagen der Clan-Kriege herrührt, immer noch sehr stark.“ Christina Carey hob erstaunt ihre Augenbrauen. „Das finde ich erstaunlich.“ „Ruhe jetzt!“, donnerte der Commander, der ihnen beiden in dem Transport-Shuttle gegenüber saß. „Kein Wort mehr, bis wir Ivari erreicht haben!“ Zornig funkelte Christina Carey den Commander der Andorianischen Garde an und presste die Lippen zusammen. Der sollte in Ivari noch sein blaues Wunder erleben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)