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Eine Welt - Zwei Pole

Und wir dazwischen
von

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Weidenzweig

Ich sehe in Valentins entsetztes Gesicht, als er die Küche betritt. Simon wendet nur leicht seinen Kopf, ehe er von mir ablässt. Ich starre Valentin sprachlos an. Fuck! Das wird er sowas von missverstehen! So wie er aussieht, explodiert er gleich. Valentin lässt seine Tasche mit einem dumpfen Schlag auf den Boden fallen. Simon lächelt freundlich und streckt ihm kackfrech die Hand hin. „Hey, du musst Valentin sein. Der Mitbewohner? Ich bin Simon, freut mich!“ Mitbewohner?! Er weiß genau, dass Valentin und ich zusammen sind! Was spielt er eigentlich für ein verkacktes Spiel?! Verdammt nochmal, wie soll ich das bitte erklären? Valentin starrt auf die Hand, die ihm entgegenstreckt wird, holt aus und schlägt sie weg. „Verpiss dich aus meiner Wohnung!“, grollt er Simon entgegen und obwohl er sogar noch einen halben Kopf kleiner als ich und somit eineinhalb Köpfe kleiner als Simon ist, könnte man Angst vor ihm bekommen. Ich jedenfalls zucke merklich zusammen. Simon nimmt es gelassen hin und zieht die Hand zurück. „Na gut.“ Er ergreift seine Tasche und kramt darin herum, ehe er mir seinen Hefter in die Hand drückt. „Die Aufzeichnungen.“ Er zwinkert mir noch einmal zu, schiebt sich an Valentin vorbei und verschwindet ohne ein weiteres Wort. Ich lege den Hefter auf den Tisch und sehe Valentin an.

„Ich weiß, das ist ein blöder Satz, aber es ist anders, als du denkst! Es ist nichts passiert! Er ist nur ein Kumpel, der sich einen Spaß erlaubt hat, weil er weiß, dass ich schwul bin!“, meine ich schnell. Valentin sieht mich nur schweigend an und lässt dann eine Tüte auf den Tisch fallen. „Lass es dir schmecken!“, keift er mich an, dreht sich um und verschwindet mit seinen Sachen im Zimmer. Ich sehe ihm nur hinterher. Was sollte es schon bringen, ihm jetzt nachzulaufen? Er ist sauer und ich kann es verstehen. Was ich nicht verstehe ist, wieso er mir einfach nicht zuhören will. Ich kann es ihm doch erklären! Ich werfe einen Blick in die Tüte. Er hat Essen für uns beide gekauft und… eine Blume. Eine Blume? Für mich? Ich hole sie heraus und sehe sie an. Es ist eine Schnittblume, also stutze ich sie unten und stelle sie provisorisch in ein Glas, da wir keine Vasen besitzen. Richtiger Männerhaushalt eben! Warum hat er eine Blume gekauft? Ich verstehe es nicht. Und ich kenne die Blume auch nicht. Aber irgendwie ist es süß.

Da ich ohne Valentin nicht essen möchte, gehe ich über den Flur zu seinem Zimmer und klopfe an. Da keine Antwort kommt, will ich einfach eintreten, aber die Tür ist verschlossen. „Valentin, bitte mach auf! Ich will mit dir reden. Ich kann es verstehen, dass du sauer bist! Aber hör mir wenigstens zu. Ich lüge dich nicht an. Es ist wirklich nichts passiert und Simon wollte mich nur testen. Aber ich habe ihn abgelehnt und da ist er handgreiflich geworden. Ich will doch gar nichts von ihm!“ Ich hasse es, mit einer Tür reden zu müssen. Vor allem, wenn von der anderen Seite keine Antwort kommt. „Valentin, bitte!“ Ich höre, wie laute Musik angeht und seufze gefrustet auf. „Gut, bitte schön! Dann eben nicht! Scheiß Emo!“, keife ich gegen die Musik an, weiß aber nicht, ob er mich hören konnte. Hoffentlich nicht, denn kaum, dass ich die Worte ausgesprochen habe, bereue ich sie wieder.

Langsam schleiche ich zurück in die Küche und beginne, zu essen. Was bringt es schon, zu warten? Wenn Valentin sauer ist, dann ist er sauer. Das kann Wochen anhalten. Aber Moment mal. Wieso ist er sauer?! Ich bin doch das Opfer in unserer Beziehung, dass die ganze Zeit verarscht wird! Er betrügt mich doch mit dieser Schlampe! Langsam kriecht die Wut wieder in mir hoch. Was erlaubt er sich eigentlich?! Ich höre seine Zimmertür, sehe aber nicht auf, als er die Küche betritt. Ich will ihm nicht ins Gesicht sehen, das würde mir nur wehtun.

Valentin schweigt, während er sich einen Teller holt und ebenfalls beginnt zu essen. Die Musik ist wenigstens wieder aus, mal etwas Gutes. Aber die bedrückende Stille ist dafür leider auch nicht gerade angenehmer. Ich weiß leider nur nicht, was ich sagen sollte. Ich will nichts sagen, er darf ruhig den ersten Schritt machen! Letzten Endes komme ich doch sowieso immer wieder bei ihm angekrochen! Und ich bezweifle, dass sich das je wieder ändern wird. „Wie findest du sie?“

Ich sehe fragend auf. Was? Was hat er gefragt? Wie finde ich was? Er scheint meine Verwirrtheit zu bemerken. „Die Blume“, nuschelt er in Richtung Teller. Ich sehe einen Moment rüber auf die Arbeitsfläche, wo sie steht und zucke mit den Schultern. „Hübsch“, murmele ich dann. „Wieso hast du sie mir mitgebracht?“ Das würde Valentin doch niemals ohne Grund tun. Und der Grund, er würde mich lieben und so etwas deshalb tun, ist viel zu weit hergeholt. Valentin zögert. Na ja, vermutlich will er nur nicht zugeben, dass er ein schlechtes Gewissen hat. „Weil ich mich entschuldigen wollte.“ Oh wow, der Junge wird ehrlich? Das überrascht mich jetzt schon ein bisschen. „Wofür?“ Mal sehen, was ich noch so aus ihm herauskitzeln kann. Er schluckt und räuspert sich einen Moment. „Dafür, dass ich nicht so viel Zeit für dich habe momentan. Das tut mir leid. Und das war so nicht geplant.“ Ach nein? Er hat nicht geplant, sich in so eine Tusse zu verlieben?! Warum ist sie denn auch so hübsch? Die kann doch jeden haben, warum ausgerechnet meinen Valentin?! „Kein Ding“, murmele ich nur heiser. Er soll nicht wissen, wie sehr es mich eigentlich stört. Und vielleicht schaffe ich es auch, es weiter vor ihm geheim zu halten. „D-Das ist ein Blaustern. Ich habe mich beraten lassen. Der steht wohl für sowas wie eine Entschuldigung.“ Er scheint sich wirklich Gedanken gemacht zu haben… Irgendwie ist das schon wieder süß. Nein, stopp! Ich bekomme doch schon wieder weiche Knie! Er wickelt mich immer wieder um den Finger, nur um mir dann erneut eines reinzuwürgen! Und ich falle auch noch darauf herein! Wie dumm bin ich eigentlich?! „Schön“, murre ich daher nur und stelle meinen Teller in die Spüle. Soll er doch mal abwaschen! Ich habe besseres zu tun! „Ich gehe lernen.“

Ich wende mich ab und will die Küche verlassen, als ich ein Schluchzen höre. Abrupt bleibe ich stehen. Ist das jetzt sein Ernst?! Soll ich mich umdrehen oder lieber weiterlaufen? Ich bin hin- und hergerissen. Das ist wirklich nicht fair! Langsam drehe ich mich um und sehe Valentin an, der wie ein Häufchen Elend über seinem Teller hängt und heult. Warum muss er denn ständig heulen?! Wie soll ich da standhaft bleiben? Ich wollte doch gerade gehen, damit er mal darüber nachdenken kann, wie scheiße er mich behandelt! Ich atme einmal tief durch, ehe ich zu ihm gehe. Valentin streicht sich immer wieder über seine Wangen und Augen, aber die Tränen laufen einfach weiter. Schweigend beuge ich mich zu ihm herunter und nehme ihn in den Arm. Was soll ich auch sonst tun? Er heult ständig und irgendwann gehen einem die Worte aus. Vor allem, wenn man eigentlich sauer ist.

„Hör auf zu heulen“, murmele ich barsch, was im ziemlichen Kontrast zu meinen ruhigen Streicheleinheiten auf seinem Rücken steht. Ich bin einfach in einem Zwiespalt gefangen. Zwischen dem dringlichen Gefühl, ihm alles zu verzeihen, ihn zu knuddeln und zu küssen und dem Gefühl, dass ich wütend auf ihn bin und ihm am liebsten alles vor die Füße werfen würde. Einschließlich meiner Liebe! „E-Es …es tut mir… leid.“ Sein Schluchzen unterbricht ihn beim Reden und sein Genuschel ist kaum zu verstehen, aber ich habe leider verstanden. „Schon ok.“ Was ist ok? Bin ich dumm? Gar nichts ist ok! Aber schon gar nicht, dass er heult. „W-Wenn du nicht mehr… glücklich mit mir… bist, dann…“ Ich horche auf. Hat er das endlich gemerkt? Dass ich unglücklich bin? Aber ich bin doch nicht unglücklich mit ihm, sondern ohne ihn! Wie kann er das denn bitte missverstehen?

„Dann sag es mir, aber… bring nicht einfach irgendwelche Kerle mit!“ Oh, darum geht es ihm. Ich murre auf. „Ich habe dir schon gesagt, dass ich nichts von Simon will! Solange ich dich habe, fasse ich keine anderen Kerle an! Aber du glaubst mir ja sowieso nicht. Wir haben uns nicht mal geküsst, er stand mir nur einfach sehr nahe, das war‘s! Vielleicht hätte er mich geküsst, wenn du nicht hereingekommen wärst, aber es ist nicht passiert und das ist der Punkt!“

Seine Aussage lässt mich schon wieder wütend werden. Der Kleine macht es mir echt nicht leicht, ihn zu lieben, wie gemein es auch klingt. Valentin heult weiter und ich sehe zu der Blume, während ich weiter seinen Kopf streichel. Er hat sich schon irgendwie Mühe gegeben. Langsam bekomme ich ernsthafte Zweifel, ob an meiner Theorie wirklich etwas dran ist. Vielleicht betrügt er mich ja gar nicht? Vielleicht ist sie nur eine Freundin und er hat sie nur spontan getroffen? Aber warum hat er mich dann darüber angelogen? Es gibt einfach einige Tatsachen, die ich nicht passend finde. Man würde nicht lügen, wenn man nichts zu verheimlichen hätte, richtig?

Valentin nickt langsam. „O-Okay. I-Ich habe verstanden.“ Echt, er hat’s verstanden? Also glaubt er mir? Damit habe ich jetzt nicht gerechnet. „Du glaubst mir?“, frage ich daher aus dem Affekt überrascht nach. Er sieht mich verheult an. „Sollte ich nicht?“ Bevor er wieder anfängt, zu flennen, schüttele ich schnell den Kopf. „Doch, natürlich! Ich lüge dich nicht an, Val!“ Und was jetzt? Ich streiche über seinen Kopf und lasse von ihm ab, wobei er mich dennoch umarmt und sein Gesicht an meinem Bauch versteckt. Wieso ist er nur so verdammt süß?! Ich finde es einfach nicht gerecht. Langsam streiche ich durch seine Haare. Sie sind so schön weich und dunkel. Ich liebe die Farbe. Meine sind so langweilig bräunlich.

Erneut werfe ich einen Blick auf die Blume, ehe ich tonlos seufze. „K-Küsst du mich?“, fragt Valentin gegen mein Shirt. Ich knabbere unsicher auf meiner Lippe herum. Eigentlich sollte ich es nicht tun. Mit jedem Moment, dem wir uns nahe sind, verzeihe ich ihm ein Stück mehr und die Wut verfliegt. Aber ich will die Wut aufrechterhalten, bis ich die Wahrheit kenne. Dennoch nicke ich und schiebe seinen Kopf von meinem Bauch weg. Er sieht mich erwartungsvoll an, als ich mich herunterbeuge und meine Lippen auf seine presse. Seine Augen schließen sich und er krallt sich an meine Schultern. Valentin scheint den Kuss sichtlich zu genießen, ich hadere da eher noch mit mir. Nach kurzer Zeit kann ich jedoch nicht mehr dagegen ankämpfen und umschließe ihn mit meinen Armen, ehe ich ebenfalls die Augen schließe und meine Zunge nach vorne fahren lasse. Scheiße, wir wissen beide genau, worauf das hinauslaufen wird. Eigentlich sollte ich mich wieder lösen und in mein Zimmer gehen, solange ich es noch kann. Aber ich will nicht. Ich will jetzt bei Valentin sein und ich will ihn so nahe haben, wie es geht. Langsam hebe ich ihn hoch und trage ihn in mein Schlafzimmer, wo ich ihn auf dem Bett ablege. Ich entledige mich meines Shirts und sehe ihn gierig an.
 

Der Blaustern verliert ein Blatt.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich noch mehr über Valentin weiß.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  tenshi_90
2017-02-12T12:56:56+00:00 12.02.2017 13:56
Die beiden machen es sich aber auch wirklich nicht leicht.... Wie wäre es, wenn sie sich endlich mal so richtig aussprechen würden, damit solche Missverständnisse einfach nich mehr passieren...

Aber du hast es wieder sehr gut geschrieben :)

Von:  YumeKahoko
2017-02-08T14:54:49+00:00 08.02.2017 15:54
Ei ei ei. XD
Die beiden sind echt anstrengend aber wie du so schön sagst, auch soooo süß.
Ich fands geil wie Val Simon rausgeschmissen hat. Dafür ein Daumen hoch!
Und es scheint zumindest so als würde er sich mehröffnen wollen. Die letzten Reaktionen von ihm zeigen das irgendwie. Aber diese (hoffentlich!) Missverständnis steht immer noch zwischen ihnen. Wut in sich zu fressen bringt gar nichts, Theo muss Klartext reden! Dann ist Val vielleicht sauer das er ihn nach spioniert hat, aber dann weiß er immerhin woran er ist.
Lieber einen großen Knall mit anschließender Versöhnung, als ewiges stillschweigendes leiden mit anschließender Trennung!
Aber so einfach sind unsere beiden ja nicht, nicht wahr? XD
Trotzdem freue ich mich darauf zu erfahren wies weitergeht!!!

LG Yume
Antwort von:  Chibi-Neko-Chan
09.02.2017 15:18
Hey Yume <333 Danke für dein Kommi! Macht immer so einen Spaß, die zu lesen und ich fühle mich immer so geehrt. >___< Vor allem, wenn sie so positiv ausfallen!

Ja, die beiden machen sich das Leben selber extrem schwer. Und das mit dem Reden müssen sie so nach und nach scheinbar lernen... xD Aber bald neigt sich die Story ja auch dem Ende~
Hoffentlich tritt die anschließende Versöhnung bald ein~ XD

Danke nochmal und liebe Grüße <3 Nächste Woche geht es weiter!
Von:  Inan
2017-02-07T23:00:26+00:00 08.02.2017 00:00
Eigentlich verstehe ich nicht ganz, warum Theo Valentin nicht einfach von seiner Befürchtung erzählt. Eventuell fürchtet er sich davor, dass er ihn dann belügt. Das kann man sogar irgendwie verstehen. Trotzdem müssen sie endlich darüber reden, was da gerade schiefläuft.
Schönes Kapitel~ :)
Antwort von:  Chibi-Neko-Chan
08.02.2017 00:13
Ja, sie sind beide zu dumm zum reden. Sind sie wirklich xD
Ich finde sie voll anstrengend D: Aber ich mag sie und sie sind süß. #struggle
Und in meinem Kopf hat das alles mehr Sinn ergeben! XDDD
Danke dir jedenfalls <333


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