If we ever meet again von MaryV ================================================================================ Prolog: -------- Prolog „Uchiha-Senpai, kannst du mir einen Knopf deiner Uniform geben?“ „Sasuke-kun, gibst du mir deine Nummer, damit wir in Kontakt bleiben können?“ „Sasuke!“ Sasuke seufzte leise und rieb sich genervt die Schläfen, während er versuchte dem Pulk von Mädchen zu entkommen, die ihn eingekesselt hatten wie ein Rudel Raubtiere. Er war froh, dass er die Oberschule endlich hinter sich hatte. Die Konoha Central High war alles andere als sein Lieblingsort gewesen. Und dennoch spürte er den kalten Stich der Angst, wenn er auf sein Diplom sah. Er sah zurück zu dem hochmodernen Gebäudekomplex mit all seinem Chrom und all dem Glas, dass die Sonne an diesem Aprilmorgen auf grausame Art und Weise zu reflektieren schien. Während all seine Mitschüler darin vermutlich die Zukunft schimmern sahen, sah er nur ein dunkles Ende und eine ungewisse Zukunft, die ihm die Luft aus den Lungen presste und ihn Nachts kalt-schweißig aufwachen ließ. Sasuke wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er bemerkte wie seine Mitschüler zu Tuscheln begannen. „Wer sind denn die?“ Das Mädchen zu seiner Rechten lehnte sich zu ihrer Freundin herüber. „Die scheinen von der Konoha East zu sein. Sieh dir doch mal ihre Uniformen an. So gewöhnlich.“ Das andere Mädchen rümpfte die Nase. Dann riss sie die Augen auf. „Ist das ein Baby?“ Sasuke sah zu den Schultoren und grinste leicht, als er seine Freunde erblickte, die sonst nicht einmal in die Nähe dieses Viertels von Konoha kamen. „Oi, Sasuke!“ Naruto brüllte so laut, dass ihn alle sofort anstarrten. Er winkte so stark mit dem rechten Arm, dass Hinata neben ihm leicht ins Schwanken geriet, da Naruto den linken Arm um ihre Schultern gelegt hatte. Naruto trug sein übliches schwarzes Stirnband mit dem Zeichen seiner Schule zusammen mit dem schwarzen Trenchcoat den er stets über der schwarzen abgetragenen Uniform trug, die ihm an den Beinen definitiv längst zu kurz geworden war. Seine orangen Socken strahlten im Kontrast zu seiner schwarzen Hose und den weißen Turnschuhen. Hinata trug ein schlichtes blaues Kleid zu einfachen Ballerinas. Auf dem Arm trug sie Boruto, den die zur Feier des Tages in seinen bestes Outfit gesteckt hatte. Sie sah schrecklich Übernächtigt aus und trotzdem lächelte sie ihn an. Und rechts von ihnen stand Sakura. Seine Sakura. Sie trug die klassische Schuluniform der Konoha East. Den blauen Rock hatte die so umgeschlagen, dass er ihr bis zur Mitte der Oberschenkel reichte. Die rote Jacke hatte sie adrett zugeknöpft und die goldenen Knöpfe waren auf Hochglanz poliert. Die schwarze Schleife stand wie immer nicht einmal einen Zentimeter aus der Richtung. An den Beinen trug sie ihre üblichen langen Strümpfe in einfachem schwarz, die ihr bis zum Rock hinauf reichten. Ihr rosa Haar reichte ihr bis zur Mitte des Rückens und ihre grünen Augen beobachteten ihn genau, während auf ihren Lippen ein wissendes Lächeln lag. Sie wusste wie froh er war, endlich mit der Schule fertig zu sein. Er hatte ihr es oft genug erzählt. Unbewusst richtete er das Revers seiner weißen Schuluniform und ging dann mit langen Schritten auf das Schultor zu. Er hörte wie das Gemurmel hinter ihm immer lauter wurde. „Was will Sasuke denn mit denen?“ Hörte er einen seiner Mitschüler sagen. „Sind die nicht aus dem Elendsviertel?“ Sasuke interessierte es nicht, was seine Mitschüler zu sagen hatten. Seine Freunde aus einem der ärmsten Viertel von Konoha waren ihm alle mal lieber, als all die reichen Kinder großer Firmen, die mit ihm diese Privatschule besucht hatten. „Hey“ murmelte er zur Begrüßung während er Sakura einen Arm um die Schultern schlang, die sich vertrauensvoll gegen ihn sinken ließ. „Hey.“ Sie lächelte strahlend. „Herzlichen Glückwunsch zu deinem Abschluss.“ Sasuke lachte leise und lehnte sich zu ihr herunter, ehe er seine Lippen auf ihre legte. Wie immer schmeckte sie nach einem Hauch von Kirschen und dieser süßlichen Unternote von der er seit zwei Jahren nicht genug bekommen konnte. Er spürte ihre Finger an seiner Wange und wie sie leicht in den Kuss lächelte. „Na komm, genug geknutscht jetzt. Mein Sohn ist hier und schaut euch zu.“ Naruto packte Sasuke und zog ihn an der Schulter von Sakura fort, ehe er ihn brüderlich umarmte. „Herzlichen Glückwunsch Mann.“ Er klopfte ihm auf die Schulter und ließ ihn dann abrupt los. Das Grinsen auf seinem Gesicht überstrahlte alles so stark, dass man die grotesken Narben auf seinen Wangen fast vergessen konnte. Hinata lächelte ihn an und wiegte Boruto leicht in ihren Armen hin und her, der ihn aus seinen großen blauen Augen misstrauisch begutachtete. „Herzlichen Glückwunsch, Sasuke.“ Wie immer klang ihre Stimme leise und ein wenig schüchtern. Selbst nach zwei Jahren, die er sie jetzt kannte, hatte sich das nicht gelegt. „Danke Leute.“ Sasuke vergrub seine freie Hand in seiner Hosentasche und versuchte ungerührt zu wirken. „Ihr hättet aber echt nicht kommen brauchen.“ „Wieso? Das ist ein wichtiger Tag für dich.“ Naruto wackelte mit den Augenbrauen. „Oder sind wir dir etwa peinlich?“ „Nur du.“ Sasuke schmunzelte als Naruto der Mund offen stehen blieb und Sakura laut zu lachen begann. „Das hattest du verdient, Naruto.“ Sie kicherte leicht und versteckte ihr Lachen hinter ihrer Hand. „Nicht du auch noch Sakura.“ Er sah zu Hinata, die auch leise vor sich hin lachte. Dann wandte er sich seinem Sohn zu. „Alle verraten sie mich Boruto. Hörst du das?“ Er nahm ihn Hinata sanft vom Arm und strich seinem Sohn zärtlich über die Wange. „Nur auf dich ist verlass, Kleiner.“ Für Sasuke war es noch immer ungewohnt, Naruto mit seinem Sohn zu sehen, auch wenn Boruto jetzt acht Monate alt war. Für ihn war es vollkommen unvorstellbar gewesen, seinen besten Freund als Vater wahr zu nehmen. Doch Naruto schien seine Sache überraschend gut zu machen. Und Hinata und er waren ein echtes Team geworden. Hinata hatte aufgrund der Schwangerschaft die Schule abbrechen müssen. In der Zeit hatte Naruto sein Bestes gegeben und morgen würde er, wie Sakura, sein Diplom bekommen und sich einen Job suchen, damit Hinata ihren Abschluss bald nachholen konnte. Doch der Weg dahin war lang und alles andere als einfach gewesen. Sasuke erinnerte sich gut an stundenlange Gespräche mit Naruto, der ihm immer wieder seine Sorgen und Ängste mitgeteilt hatte, obwohl sie beide eigentlich beide nicht sonderlich gesprächig waren. Zumindest nicht auf emotionaler Ebene. Unauffällig glitt sein Blick zu Sakura, die sich eine Strähne hinter das Ohr schob und Naruto beobachtete. Wie immer lag in ihren Augen dieser Mix aus Beunruhigung und Wohlwollen, den Sasuke mittlerweile so unglaublich gut kannte und der seid Hinatas Schwangerschaft eigentlich dauerhaft auf ihrem Gesicht zu sehen war. Hinata räusperte sich leise und Naruto sah sie verwirrt an. „Was ist? Hast du 'nen Frosch im Hals?“ Naruto beobachtete sie besorgt und Hinata lief rot an ehe sie mit dem Kopf schüttelte. „Nein.“ Sie seufzte leise. „Wir gehen jetzt nach Hause.“ Sakura lachte leise und Sasuke legte ihr einen Arm um die Schultern. Ja, seine Freunde waren wirklich nicht sonderlich subtil. Naruto runzelte dir Stirn. Dann huschte so etwas wie Erkenntnis über sein Gesicht. „Oh, achso.“ Naruto lächelte Sasuke an. „Du lässt dich dich nochmal blicken, bevor dein Zug nach Tokio geht oder?“ Sasuke biss die Zähne aufeinander. Tokio. Ja genau. „Aber natürlich.“ Er sah Hinata und Naruto nach, die die Straße hinab gingen und zur nächsten Bushaltestelle wanderten. „Dir ist klar, dass du dich jetzt blicken lassen musst. Sonst hört du da nie das letzte von.“ Bei Sakuras Worten nickte Sasuke knapp. „Also, was wollen wir heute zur Feier des Tages anstellen?“ Sakura versuchte offensichtlich die gedrückte Stimmung zu vertreiben. Sie Lächelte ihn an, doch in ihren Augen lag klare Sorge. „Lass uns zu dir gehen.“ Sasuke zog Sakura dicht an seine Seite. Genoss ihre Wärme und ihren dezenten Duft, der einfach ihrer Haut anhaftete und nicht von irgendeinem Parfüm verursacht wurde. Er würde diesen Geruch nie wieder vergessen. Das wusste er genau. Überrascht sah sie ihn an. Doch dann nickte sie langsam. „Okay.“ Sasuke starrte im Dämmerlicht des Morgengrauens, dass durch die Vorhänge hinein fiel, auf Sakuras schlanken und nackten Rücken. Schon seit einer Weile saß er auf dem Sessel in der Ecke und starrte sie einfach nur an. Versuchte das unvermeidbare hinaus zu zögern. Versuchte nicht das zu tun, dass er gleich tun würde. Was er tun musste. Doch er wusste die Zeit lief ihm davon. Wenn er jetzt nicht ging, dann würde ihr Wecker klingeln. Dann würde sie aufwachen, ihn ansehen und sofort wissen, dass etwas nicht stimmte. Und dann müsste er ihr alles erklären. Und egal wie sehr er sich dafür hasste: Das konnte er einfach nicht. Er konnte sie nicht ansehen und ihr sagen, dass er die letzten Monate gelogen hatte. Das es keinen Studienplatz in Tokio für ihn gab. Das er überhaupt nie vorgehabt hatte, in Japan zu studieren. Oder besser, dass er es sich nicht selbst aussuchen konnte, wo er studieren würde. Fest umschloss er das Handy in seiner Hand, dass wieder einmal leise vibrierte. Sein Fahrer war längst da. Und offensichtlich wurde er ungeduldig. Es wurde Zeit zu gehen. Es wurde wirklich höchste Zeit. Langsam stand Sasuke auf. Er nahm sich die Jacke seiner Schuluniform und strich sich durch das zerzauste schwarze Haar, ehe er sich ein letztes Mal zu Sakura herunter lehnte. Ihre Augen waren fest geschlossen. Ihre Atmung war ruhig und gleichmäßig. Ihr Duft stieg ihm in die Nase. Fest biss er die Zähne zusammen. Dann strich er mit seinen Lippen kurz über ihre, ehe er sich abrupt aufrichtete und mit langen Schritten das Zimmer verließ. Wie immer waren Sakuras Eltern nicht zu Hause. Sie arbeiteten praktisch rund um die Uhr, um die winzige Wohnung behalten zu können. Er passierte das Wohnzimmer, in dem es nach Zigaretten roch und ging in den kleinen Flur. Wie fern gesteuert schlüpfte er in seine Schuhe, zog sich die Jacke über und verließ die Wohnung. Er joggte die fünft Stockwerke hinab. Rannte sogar fast um wirklich das tun zu können, was sein Onkel von ihm erwartete. Als er den Wagen erreichtet, hechtete er beinahe hinein und schlug die Tür mit so einem Ruck zu, dass der Wagen kurz schwankte. Der Fahrer musterte ihn durch den Rückspiegel besorgt. „Fahren sie los!“ bellte Sasuke unfreundlich und als der Wagen sich in Bewegung setzte, hatte er das Gefühl ersticken zu müssen. Sie fuhren aus dem kleinen Viertel hinaus, vorbei an der Wohnwagensiedlung, in der Naruto mit Hinata und dem kleinen Boruto lebte. Sie verließen das Ärmliche Viertel und fuhren durch das Geschäftsviertel mit all seinen modernen Wolkenkratzern und all seinem obszönen Reichtum im Kontrast zu dem Viertel aus dem er gerade kam. Der Wagen hielt vor dem Flughafen und als Sasuke ausstieg fürchtete er, sich übergeben zu müssen. Der Fahrer drückte ihm seinen Koffer und sein Ticket in die Hand und dann war Sasuke allein. Allein mit seinen Gedanken. Allein mit seiner Schuld. Und dennoch ging er durch die Türen, hinein in den Flughafen und begab sich ohne Umwege zum Check-In Schalter. Kapitel 1: ----------- 1 15 Jahre später „Sarada!“ Sakura hämmerte gegen die Tür ihrer Tochter, die lautstark einer Rockband lauschte. „Verdammt nochmal Sarada! Mach das leiser!“ Keine Reaktion. Sakura biss fest die Zähne zusammen und lockerte ihre Schultern. Kein Grund auszurasten. Du hast alles im Griff. So ein Verhalten ist völlig normal in der Pubertät. Dennoch hatte sie nicht gerade wenig Lust, ihrer eigenen Tochter den Hals um zu drehen. Sie versuchte sich zu konzentrieren. Bald stand ein wichtiges Meeting mit dem Mann an, den sie mehr hasste als alles andere auf der Welt. Und sie musste gut vorbereitet sein, wenn sie ihm mit einem Lächeln verkünden wollte, dass sie ihn bei den Eiern hatte. Doch dazu müsste sie es schaffen auch nur einen klaren Gedanken fassen zu können. Und das war bei diesem Lärm leider absolut unmöglich. Wieder hämmerte sie gegen die Tür. Wieder keine Reaktion. Sakura atmete durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus, doch leider blieb der beruhigende Effekt aus. Stattdessen kochte sie innerlich vor sich hin. „Was isn' das für 'ne Katzenjammer?“ Als Sakuras Narutos Stimme hörte, sah sie über die Schulter zur Treppe. Ihr bester Freund ging gerade die letzten Stufen hinauf. Er tug eine lockere schwarze Anzughose zu einem schlichten orangen Hemd. Bestimmt hatte Hinata das für ihn ausgesucht. Direkt hinter ihm lief sein Sohn Boruto. Er trug schicke Jeans zu einem lockeren schwarzen Shirt. Auf den Lippen das gleiche schalkhafte Grinsen wie sein Vater. In den blauen Augen das gleiche Versprechen auf eine Menge Ärger. „Hey Tante Sakura.“ Er hob die Hand zum Gruß und ließ ein breites Grinsen sehen. „Ich dachte ich besuch' Sarada.“ Sakura spürte wie ihr rechtes Auge zu zucken begann. Sie verengte die Augen und sah Naruto an, doch er Schmunzelte nur und zuckte mit den Schultern. „Ich konnte ihn schlecht zu Hause lassen oder?“ Er kratzte sich am Hinterkopf und lachte leise. „Er hat mir in den Ohren gelegen, dass er sie unbedingt sehen will.“ „Dad!“ Boruto lief leicht rot an und sah auf den Boden. Na sieh mal einer an. Boruto war sonst alles andere als schüchtern. Sakura knirschte mit den Zähnen. Ihr gefiel diese Entwicklung überhaupt nicht. Nicht weil Boruto ein schlechter Junge war. Klar, er war sechzehn und hatte genau so viel Unsinn im Kopf wie sein Vater damals, doch er war ein anständiger Kerl. Dennoch wollte Sakura einfach nicht, dass Sarada das gleiche passierte wie ihr. Denn dann würde auch sie ein gebrochenes Herz zurück behalten und eine Menge schmerzhafte Erinnerungen. Sakura seufzte leise. Wenn sie den beiden verbieten würde einander zu sehen, dann würde es nur noch schlimmer werden. Immerhin hatte Sarada ihr Temperament aber den kühlen Verstand ihres Vaters. Und den nutzte sie stets schamlos aus. Also trat Sakura einen Schritt zurück und deutete auf die Tür. „Bitte. Versuch du dein Glück.“ Innerlich lächelte sie. Keine Chance, dass er zu ihr durchdringen würde. Boruto grinste schief und trat auf die Tür zu. Er holte aus und hämmerte gegen die Tür. „Hey Sarada!“ Keine Reaktion. Doch dann zückte Boruto sein Handy. Sakura konnte gar nicht so schnell zusehen, wie Boruto seine Daumen über das Display fliegen ließ. Kurze Zeit später wurde die Musik leiser. Dann ging die Tür endlich auf. Fassungslos sah Sakura ihre Tochter an, die gerade ihre Brille mit dem Rand von ihrem Shirt putzte. Sie sah so sehr aus wie ihr Vater. Es war noch immer jeden Tag wie ein Schlag ins Gesicht. Ihr Haar war lang und rabenschwarz. Es reichte ihr sogar bis zur Hüfte. Nie hatte Sakura es abschneiden lassen dürfen. Ihre schwarzen Augen wirkten so unnahbar wie die ihres Vaters. Doch Sarada hatte ihre weichen und femininen Gesichtszüge und ihr warmes und herzliches Lächeln. Sie hatte ihre schlanke Statur und war mit etwas mehr Oberweite gesegnet als Sakura selbst. Und das bereits mit Fünfzehn. Sie war schön. Wie ihr Vater. Sie trug einen schwarzen, kurzen Rock zu einem weißen, lockeren T-Shirt mit einem eigenwilligen Print, den Sakura nicht verstand. Ihre Kniestrümpfe waren schwarz-weiß gemustert. „Ach, für ihn kannst du die Tür aufmachen ja?“ Sakura stieß ein leises Schnauben aus. Sarada verdrehte die Augen und zuckte dann mit den Schultern. „Ihn will ich ja auch sehen.“ Sakura knirschte mit den Zähnen. „Sarada...“ Naruto schob Boruto an Sarada vorbei in ihr Zimmer und zog die Tür zu, ehe er Sakura einen Arm um die Schultern legte und sie zurück zum Arbeitszimmer führte, dass am anderen Ende des langen Flurs lag. „Teenager, nicht wahr?“ Er grinste sie schief an und Sakura biss sich auf die Unterlippe. „Ich schwöre dir, Mädchen sind einhundert Mal schlimmer als Jungs.“ Sie raufte sich die Haare. „Sie treibt mich noch in den Wahnsinn.“ „Was ist denn passiert?“ Naruto öffnete die Tür und ging mit ihr in Das Arbeitszimmer, das einst ihrem Ehemann Kakashi gehört hatte. Selbst nach sechs Jahren, hatte sie kaum etwas an dem Raum verändert. Noch immer waren die Wände in einem satten und schönen Dunkelgrün gestrichen. Der schwere Schreibtisch aus Eichenholz stand noch immer mitten im Raum zusammen mit diesem furchtbar hässlichen Monstrum von einem Schreibtischstuhl. An den Wänden hingen noch immer alte Fotografien von Sarada und ihr und auch sein in die Jahre gekommener Hund Urushi, dessen weißes Fell nun eher grau war als weiß, lag noch immer zusammengerollt in seinem Körbchen in der Ecke. Das einzige was verriet, dass es nun Sakuras Arbeitszimmer war, war der große Strauß Blumen, der hinter dem Schreibtisch auf dem Sideboard zwischen all den Akten stand. Naruto führte sie zu den beides Sesseln vor dem Fenster und sie ließ sich einfach auf einen davon fallen, während er zu einem der hohen Schränke an der rechten Wand ging. „Ich weiß nicht was du meinst.“ Sakura rieb sich den Nasenrücken. „Sarada ist nicht grundlos so mies drauf. Also, was hast du wieder angestellt?“ Sie hörte, wie er irgendetwas in ein Glas schüttete. „In letzter Zeit streitet ihr euch oft.“ Sakura seufzte leise. „Sie hat wieder nach ihm gefragt.“ Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Naruto in seiner Bewegung kurz erstarrte. Doch dann tat er so, als wäre nichts passiert. Er kam mit zwei Gläsern zurück und sofort roch sie, dass es sich um ihren liebsten Sake handeln musste. Sakura lächelte knapp. „Danke.“ Naruto ließ sich ihr gegenüber in den Sessel fallen und trank einen Schluck von seinem Sake. „Weißt du, du kannst seinen Namen ruhig sagen. Er ist kein Geist, der dann plötzlich auftaucht.“ Naruto sah in sein Glas. Sein Gesicht nun überschattet von Trauer und einem Hauch Wut. „Sie hat ein Recht darauf zu erfahren wer ihr Vater ist Sakura. Du kannst es ihr nicht ewig vorenthalten.“ Sakura schüttelte mit dem Kopf. „Ich kenne meine Tochter gut genug um zu wissen, dass sie dann sofort mit der Suche nach ihm anfangen würde.“ Sie stürzte ihren Sake in einem Zug. „Und wir wissen beide wohin das führen würde.“ „Das kannst du nicht wissen.“ Naruto schüttelte den Kopf. „Vielleicht hatte er einen guten Grund um zu gehen.“ Sakura schnalzte missbilligend mit der Zunge. „Und welcher Grund könnte gut genug sein um in einer Nacht und Nebel Aktion einfach zu verschwinden ohne ein Wort zu sagen?“ Als Naruto schwieg lachte Sakura bitter. „Genau mein Reden. Sieh es ein Naruto. Er war nicht der Mann für den wir beider ihn gehalten haben.“ „Ich bin sicher er hatte einen guten Grund für das alles.“ Naruto sprach so leise, dass Sakura ihn kaum hören konnte. Und sie wusste sie verhielt sich wie eine Furie. Denn nicht nur sie hatte unter Sasukes Abwesenheit gelitten. Auch Naruto vermisste seinen besten Freund. Auch ihm fehlte ein wichtiger Teil, den er nie hatte ersetzen können. Sakura seufzte leise. „Hey, es tut mir leid. Ehrlich. Ich weiß ich kann... schwierig sein.“ Naruto lachte leise. „Das ist ja gar kein Ausdruck.“ Sakura schmunzelte leicht. Dann sah sie aus dem Fenster in den Vorgarten. Kirschblütenblätter wirbelten durch die Luft und färbten alles in ein eigenwilliges rosa. Sogar das Wasser im Brunnen war kaum noch zu erkennen. „Irgendwann kommt er zurück.“ Naruto sah hinaus während Sakura ihn genau musterte. Er war erwachsen geworden in den letzten fünfzehn Jahren. Aus ihm war ein echter Mann geworden. Ein Familienvater. Und trotzdem hielt er sich an diesen hoffnungsvollen Wunschträumen fest, die doch nie wahr werden würden. „Hoffentlich nicht.“ Sakura streckte sich leicht ehe sie auf den Schreibtisch deutete. „Hilfst du mir mit den Zahlen? Ich kann es kaum erwarten Madara endlich sein gottverdammtes Geschäft weg zu nehmen.“ Sasuke schloss die Tür zum Krankenzimmer seines Onkels und rieb sich über das Gesicht. Madaras Zustand war schlechter als er angenommen hatte. Und obwohl sich die besten Ärzte des Landes um ihn kümmerten und er die absolute Maximaltherapie bekam, wurde sein Zustand immer schlimmer. Madara würde sterben. Und er? Er würde ein Erbe antreten müssen, für das er nicht bereit war. Sasuke ging den Gang hinunter und sah aus den Fenstern auf die Stadt hinaus, die er seit fünfzehn Jahren nicht betreten hatte. Und dort hatte sich einiges getan. Noch immer war Konoha eine Hochburg für Kriminalität und noch immer war die Bevölkerung arm. Doch mehr und mehr Firmen siedelten sich an und brachten Jobs und Geld nach Konoha. In der Ferne konnte er die Lichter des Amüsierungsviertels erkennen, die Zuckend eine Reizüberflutung bewirkten. Allein vom Krankenhaus aus, konnte er drei Baustellen erkennen, an denen etwas neues entstand. Diese Stadt befand sich im Wandel. Und es wurde Zeit, das er sich mit diesem Wandel beschäftigte, wenn er wieder dauerhaft hier leben wollte. Eigentlich war Sasuke vor zwei Tagen in dem Glauben angereist, dass er bald wieder auf seiner Terrasse in Kalifornien liegen und das leben genießen könnte. Doch die Realität sah leider völlig anders aus. Konoha würde seine neue Heimat sein. Oder eher würde diese Stadt erneut seine Heimat sein. Was bedeutete, dass er mit seinen alten Fehlern aufräumen musste. Allein bei dem Gedanken bekam er schreckliche Kopfschmerzen. Naruto würde ihm vermutlich eine Tracht Prügel verpassen, die sich gewaschen hatte. Und Sakura? Bei Gott, darüber wollte er gar nicht nachdenken. Vermutlich war sie längst verheiratete und arbeitete in einer großen Klinik irgendwo in Tokio. Zumindest hatte sie immer Medizin studieren wollen. Ob sie das auch wirklich getan hatte? Einen Studienplatz und ein Stipendium hatte sie ja damals gehabt. Wie es ihr wohl ging? Scheiße, er sollte wirklich aufhören darüber nach zu denken. Auch wenn er die Dinge mit Naruto hin biegen wollte so wusste er doch, dass das mit Sakura niemals funktionieren würde. Er sollte sie am besten in Ruhe lassen. Ihr Leben musste nicht unnötig durcheinander gebracht werden. „Mister Uchiha?“ Sasuke wurde aus seinen Gedanken gerissen, als der Fahrer von Madara ihn ansprach. „Wir sollten gehen. Die Besuchszeit ist bald vorbei.“ Sasuke nicke knapp. „In Ordnung.“ Er folgte dem Fahrer hinaus aus der hochmodernen Privatklinik direkt auf den Parkplatz, der mit Kirschblüten übersaht war. Nicht im Ernst. Er versuchte nicht hin zu sehen, doch die rosa Blütenblätter schienen überall zu sein und ihm regelrecht ins Gesicht zu lachen. So als wollten sie ihm unter die Nase reiben, was er vor so vielen Jahren getan hatte. Sasuke seufzte als einige der Blüten sogar mit ins Auto flogen, als er hinten einstieg. „Wohin soll es gehen, Sir? Zurück zu ihrem Hotel?“ Der Fahrer startete den Wagen und schaltete die Scheinwerfer ein. Abwartend lagen seine Hände auf dem Lenkrad. Sasuke starrte hinaus. Auf den Parkplatz der voll war mit diesen gottverdammten Kirschblüten. Man sollte eigentlich meinen, dass er nach fünfzehn Jahren endlich darüber hinweg war. Das er sie vergessen hatte. Von neu angefangen hatte. Doch das war nie passiert. Natürlich hatte er Beziehungen gehabt. Immer wieder hatte er es versucht. Und doch roch keine wie sie. Keine lächelte wie sie. Und keine liebte er wie sie. Sie war wie sein ganz persönlicher Fluch, dem er nie hatte entkommen können. Der ihn über Kontinente hinweg verfolgte und jede Beziehung verseuchte, die er je zu führen versucht hatte. Dabei hatte er damals bei Karin gedacht, es hätte eine Chance. Doch je mehr er sich auf sie einließ, desto mehr verglich er Karin mit Sakura. Bis er eingesehen hatte, dass es keinen Sinn hatte und sich nur noch in seiner Arbeit vergraben hatte. Doch jetzt wurde ihm dieser Schutz entrissen und sein leben warf ihn zurück in das eisige Wasser der Realität. Eine Realität, in der er sich all dem stellen musste. Angefangen bei Naruto. „Fahren sie zur Wohnwagensiedlung an der Dreiundzwanzigsten.“ Bei Sasukes Worten runzelte der Fahrer verwirrt die Stirn. „Na machen sie schon“ fauchte er und sofort setzte sich der Wagen in Bewegung. Ob Naruto dort noch lebte? Ob er noch mit Hinata zusammen war? Boruto musste jetzt sechzehn Jahre alt sein. Ein Schüler der Oberschule. Ob er so war wie Naruto? Oder war er doch eher wie Hinata? Und ob sie noch Kontakt zu Sakura hatten? Diese Fragen wirbelten in seinem Kopf umher und machten ihn wütend. Er war Sasuke Uchiha. In wenigen Tagen wäre er der CEO eines erfolgreichen Telekommunikations-Giganten. Und hier saß er und dachte darüber nach, was seine Ex wohl von ihm hielt, die er seit fünfzehn Jahren nicht gesehen hatte. Bei Gott, das war doch lächerlich. Er zog sein Smartphone hervor und checkte seine Mailos, während die Stadt an ihm vorbei zog. Sobald er mit Naruto gesprochen hatte und er ein paar Stunden Schlaf bekommen hatte, würde er sich ernsthaft um die Übernahme des Postens kümmern müssen. Madara würde sterben. Das stand fest. Und bis dahin wollte Sasuke alles geklärt haben, damit der Übergang möglichst flüssig verlaufen konnte. „Sir, wir sind da.“ Abrupt sah Sasuke auf als der Fahrer den Wagen zum stehen brachte. Tatsächlich. Sie standen vor den Toren zu der Wohnwagensiedlung, in der Naruto zusammen mit Hinata und Jiraiya gelebt hatte. Sasuke zögerte einen Moment. Dann stieß er mit einem Ruck die Tür auf und stieg aus. Mit langen Schritten ging er hinein und fühlte sich völlig Fehl am Platz. Kein Wunder. Er trug einen gottverdammten Designer Anzug in einer Gegend, in der manche Leute sich nicht einmal ein Abendessen leisten konnten. Es war eine beschissene Idee gewesen hier her zu kommen. Und doch wollte Sasuke auf keinen Fall umkehren. Er ging weiter durch die Reihen der zerfallenen Wohnwagen. Es war Abends. Viele Leute saßen bereits drinnen mit ihren Kindern. Gedämpft konnte er ihre Stimmen durch die Dünnen Wände hören. Nur vereinzelt saßen Leute auf den Stufen vor ihren Wohnwagen und rauchten eine Zigarette oder tranken Alkohol während sie in die Gegend starrten und sich vermutlich fragten, wie sie so weit unten gelandet sein konnten. Sasuke wandte sich nach Rechts und folgte einer Reihe bis ganz zum Schluss. Und dann starrte er auf den Wohnwagen in dem früher Naruto gelebt hatte. Unfähig sich zu bewegen. Oder auch nur irgendetwas zu sagen. Er stand einfach mitten auf dem Gang wie ein verdammter Vollidiot und führte sich auf wie eine Statur. „Suchen sie jemanden Herzchen?“ Eine ältere Dame kehrte gerade die Stufen vor ihrem Wohnwagen mit einem Besen ab. Sie kam ihm bekannt vor mit ihrem Zahnlosen Lächeln und dem eigenwilligen Muttermal am Kinn. Sasuke musste sich tatsächlich ein wenig konzentrieren um sie verstehen zu können. Sein japanisch war wirklich stark eingerostet. „Ja“ Sasuke deutete auf den Wohnwagen vor sich. „Lebt Naruto Uzumaki noch hier?“ Die Frau runzelte die Stirn. „Sie meinen den netten blonden Jungen mit der hübschen Frau, richtig? Der, der so jung Vater geworden ist?“ Schnell nickte Sasuke. „Ja, genau der.“ „Kindchen, der lebt seit 14 Jahren nicht mehr hier.“ Sie kicherte leise. „Hab gehört er hat's ganz weit gebracht. Sein alter Herr hat immer geprahlt, dass sein Junge jetzt was anständiges macht.“ Naruto hatte es also geschafft. Er hatte dieses Elend hinter sich gelassen. Irgendwie fühlte Sasuke sich direkt erleichtert. „Lebt Jiraiya dann noch hier?“ fragte Sasuke Hoffnungsvoll. Vielleicht konnte der alte perverse ihm sagen, wohin Naruto verschwunden war. Die alte Frau verzog mitleidig das Gesicht. „Jiraiya ist vor drei Jahren gestorben Herzchen.“ Sie seufzte leise. „Er war wirklich ein Idiot. Ist bis zum Schluss hier geblieben obwohl sein Junge ihm gesagt hat, er könnte mit ihm nach Reiki ziehen. Gott hab ihn selig.“ Gequält schloss Sasuke die Augen. Verdammt. Er wusste das Jiraiya für Naruto so etwas wie ein Vater gewesen war. Und er war nicht hier gewesen um ihm zur Seite zu stehen. Doch dann hielt er inne. Reiki? Das war einer der reichsten und sichersten Stadtteile die Konohagakure zu bieten hatte. Was machte Naruto bitte in Reiki? Hatten sie sich doch mit Hinatas Familie ausgesöhnt? Unwahrscheinlich so stur wie der alte Hyuuga nunmal war. Aber wie war Naruto dann von hier nach dort gekommen? „Vielen Dank für ihre Hilfe.“ Sasuke hob die Hand zum Gruß und ging mit langen Schritten los. Er zückte sein Smartphone und wählte die Nummer der Auskunft. Sofort meldete sich eine freundliche Frauenstimme, doch Sasuke unterbrach sie sofort barsch während er sich sofort auf den Weg zurück zu seinem Wagen machte. „Ich brauche die aktuelle Adresse und Naruto Uzumaki.“ Kapitel 2: ----------- 2 Sakura starrte auf den leeren Platz zu ihrer rechten und biss fest die Zähne zusammen. Naruto war vor gut einer halben Stunde gefahren. Sie hatten sich durch die Zahlen gekämpft. Hatten die Rechnung wieder und wieder überprüft. Und eigentlich hätte sie jetzt einen Grund zum feiern. Denn sie hatten genug Anteile an der Uchiha Cooperation gekauft um es zu übernehmen. Und doch saß sie hier allein vor dem Abendessen. Sarada musste wirklich wütend auf sie sein. Und vielleicht hatte Naruto tatsächlich recht. Vielleicht wurde es wirklich Zeit mit Sarada über ihn zu sprechen. So schmerzhaft es auch werden würde. Gequält schloss Sakura die Augen und versuchte die Kopfschmerzen zu ignorieren, die sich doch so laut hämmernd ankündigten. So wie jedes Mal, wenn sie auch nur über ihn nachdachte. Über den Vater ihrer Tochter. Über den Feigling, der einfach die Stadt verlassen hatte ohne auch nur ein Wort zu sagen. Selbst jetzt noch, fünfzehn Jahre später, erinnerte sie sich mit grausamer Genauigkeit an diesen Morgen an dem sie aufgewacht war und er weg gewesen war. Sie hatte da schon gewusst, dass er sie verlassen hatte. Auch wenn sich ihr dummes kindliches Herz mit jeder Faser dagegen gewehrt hatte. Sie hatte sich ihre Sachen übergeworfen und hatte in der ganzen Stadt nach ihm gesucht. Doch ohne Erfolg. Und so war sie nach Hause gefahren, hatte geduscht und sich für ihre Abschlussfeier fertig gemacht an der sie eher mechanisch als wirklich aktiv teilgenommen hatte. Sie erinnerte sich heute nicht mehr an die Worte der Schulleiterin Tsunade. Sie erinnerte sich nicht mehr daran, dass sie ein letztes Mal die Schulhymne gesungen hatte oder das sie ihren Abschluss mir Auszeichnung gemacht hatte. Sie erinnerte sich nur noch daran wie sie aus ihrer Trance aufgewacht war als Naruto sie nach Sasuke gefragt hatte. Und das sie dann in Tränen ausgebrochen war und sich so fest an ihn geklammert hatte als würde ihr Leben davon abhängen. Damals hatte sie sich diesen Tag vollkommen anders ausgemalt. Sie hatte gedacht sie würde neben Sasuke aufwachen und mit ihm Frühstücken. Dann wären sie zusammen zur Abschlussfeier gegangen und hätten mit ihren Freunden das Ende dieser Zeit gefeiert. Und dann hätte sie ihn Abends zum Bahnhof gebracht und ihm freudestrahlend verkündet, dass sie bald nachkommen würde. Denn damals hatte sie mehr als ein Stipendiums Angebot bekommen. Sie hatte es ihm nur nie gesagt, weil sie wollte das er seine Wahl für einen Studienplatz nicht von ihr abhängig machte. Doch es war ganz anders gekommen. Dieser Tag hatte ihr ganzes Leben aus den Fugen gleiten lassen. Natürlich war sie nach Tokio gefahren um zu Studieren. Sie hatte sich geweigert, sich von dieser Trennung die Zukunft verbauen zu lassen für die sie so hart gekämpft hatte. Doch nach vier Wochen hatte sie angefangen sich Krank zu fühlen. Nach sechs Wochen dann hatte sie sich jeden Morgen übergeben. Und sie hatte sofort gewusst was mit i9hr nicht stimmte. Immerhin hatte sie das alles nur wenige Monate zuvor mit Hinata durch gemacht. Doch als sie es dann Schwarz auf Weiß vom Arzt hatte, war für sie eine Welt zusammen gebrochen. Schwanger. Von einem Mann der sie offensichtlich nie geliebt hatte. Und noch dazu ohne jeglichen finanziellen Rückhalt oder eine Zukunft. So oft hatte sie vor der Abtreibungsklinik gestanden. So oft hatte sie das Formular ausgefüllt. Hatte wieder und wieder in die unbeteiligten Gesichter der verschiedensten Frauen gestarrt. Doch jedes Mal hatte sie es nicht gekonnt. Bis ihr klar geworden war, dass sie dieses Kind behalten würde. Ganz egal ob es jetzt nicht in ihren Zeitplan passte oder nicht. Sie hatte alles in Tokio abgebrochen und war zurück nach Konoha gekommen in der Hoffnung ihre Eltern würden ihr helfen. Doch die hatten sie direkt wieder vor die Tür gesetzt und sie wissen lassen, dass sie es sich nicht leisten konnten einen weiteren Erwachsenen und einen Säugling durch zu bringen. Und so hatte sie dort gestanden. Vor den Trümmern ihrer Existenz. Ohne irgendwo hin gehen zu können. Ohne ein Zuhause. Obdachlos und Schwanger. Sie hatte sich zu Naruto und Hinata geflüchtete, doch dort war nicht annähernd genug platz gewesen. Und so war sie über ihren Schatten gesprungen und zum Uchiha Anwesen gefahren. Sie erinnerte sich heute noch daran, dass sie vor Angst gezittert hatte, als sie Madara wieder gesehen hatte. Er war schon damals gegen sie gewesen, als Sasuke und sie das erste Mal zusammen ausgegangen waren. Und als sie ihm sagte, dass sie Schwanger war und das Kind von Sasuke war, hatte er nur gelacht. Er hatte sie einen dreckigen Emporkömmling genannt, der sich durch die Gegend hurte und versuchte das Kind dem reichsten Partner unter zu jubeln. Und das er auf keinen Fall zulassen würde, dass sie mit ihren Machenschaften Sasukes leben ruinierte. Und so hatte sie wieder dort gesessen. Ohne Einkommen. Ohne Zuhause. Natürlich hatte sie gewusst, dass Hinata und Naruto sie niemals vor die Tür setzen würden. Ganz egal wie schlecht die Lage auch war. Doch sie konnte sich doch nicht ewig auf ihre Freunde stützen. Sie seufzte leise und stand auf, während sie Sarada etwas von ihrem Lieblingsessen auf den Teller lud. Ihr Blick glitt zu dem Sideboard, dass an der rechten Wand stand. Darüber hingen bunte Fotos, die sich farbenfroh von dem Vanilleton der Wand und den dunklen Holzmöbeln abhoben. Sie betrachtete Kakashis Gesicht auf ihrem Hochzeitsfoto. Er lächelte in die Kamera. Wie immer mit diesen freundlichen und verständnisvollen Augen, die sie nie verurteilt hatten. Sein silber-weißes Haar hatte wie immer ein wenig wild ausgesehen und hatte im starken Kontrast zu seinem schwarzen Anzug gestanden. Er hatte einen Arm um ihre Taille gelegt während sie eher verhalten lächelte. Sie hatte sich so dumm gefühlt in diesem Hochzeitskleid, dass viel zu opulent gewesen war. Ihr Haar war damals noch lang gewesen. Rechts von ihr stand Naruto, der Baruto auf dem Arm hielt während Hinata neben Kakashi stand und die kleine Sarada hielt, die bei der Hochzeit gerade einmal drei Monate alt gewesen war. Er wüsste wie sie mit all dem umgehen sollte. Er hatte es immer gewusst. Und er hatte nie versucht, Saradas Vater zu ersetzen. Er war immer eher wie ein väterlicher Onkel zu ihr gewesen zu dem sie immer kommen konnte. Bei Gott, sie vermisste ihn. Auch wenn sie ihn nie so geliebt hatte, wie er es verdient hätte, so war er doch ihr Vertrauter und bester Freund gewesen. Ein Mann, vor dem sie nie hatte verbergen müssen, wie zerbrochen sie wirklich war. Und wie sehr die alten Wunden auch jetzt noch schmerzten. Ihre Ehe war glücklich gewesen. Aber nie derartig von Liebe erfüllt, wie Kakashi es sich vielleicht gewünscht hatte. Sie erinnerte sich gut daran, dass er zu ihr gesagt hatte, dass er wusste, dass sie ihn niemals so lieben könnte wie sie Sasuke geliebt hatte. Und das er es trotzdem mit ihr wagen wollte. Und dann hatte er sie gefragt ob sie ihn heiraten wollte. Einen Mann, der vierzehn Jahre älter war als sie. Der der Boss ihres besten Freundes war. Und der ein wenig verschroben wirkte. Und doch hatte sie nicht gezögert als sie Ja gesagt hatte. Sie hatte gewusst, dass er Sarada oder sie nie schlecht behandeln würde. Das sie sich immer auf ihn verlassen konnte. Das er nicht einfach so verschwinden würde. Und bis zu seinem Tod hatte sie mit all dem recht behalten. Sakura strich mit den Fingerspitzen über den Bilderrahmen ehe sie das Esszimmer verließ und ins Foyer ging. Sie erklomm die Treppen und ging direkt auf die Tür ihrer Tochter zu. Noch immer war dahinter irgendeine Rockband zu hören. Doch die Lautstärke war nicht mehr annähernd so Ohrenbetäubend wie noch zuvor. Vorsichtig klopfte Sakura an. „Sarada? Kann ich reinkommen?“ Sie erhielt keine Antwort. Doch etwas anderes hatte Sakura von ihrer Tochter auch nicht erwartet. Sie öffnete die Tür und trat ein. Das Zimmer ihrer Tochter war wie immer eine Mischung aus Ordnung und geplantem Chaos. Überall lagen ihre Klamotten herum, obwohl Sarada einen großzügigen begehbaren Kleiderschrank besaß. Bücher lagen, teils offen teils geschlossen, auf so ziemlich jeder erdenklichen Oberfläche. Ihr großer Schreibtisch war hingegen aufgeräumt. Sarada lag auf dem Bauch auf ihrem großen Bett. Die Füße in der Luft. Scheinbar desinteressiert blätterte sie in einem Magazin. Von ihrer ganzen Aura ging das eisige Verschwinde aus, das in den letzten Monaten zur traurigen Gewohnheit geworden war. „Ich habe dir etwas zu essen mit gebracht“ sagte Sakura und hob den Teller ein wenig in die Höhe. Doch Sarada sah nicht einmal auf. „Stell ihn einfach auf den Schreibtisch. Ich esse es später.“ Ihr Tonfall war kühl, distanziert und schneidend. Auch etwas, dass sie definitiv nicht von Sakura hatte. „Ich hatte gehofft wir könnten gemeinsam essen und... reden.“ Sakura hätte beinahe erleichtert geseufzt, als Sarada sie endlich ansah. Sarada stieß ein Schnauben aus und sah wieder in ihr Magazin. „Wozu? Damit du wieder all meinen Fragen ausweichen kannst bis zu ausflippst und den Tisch fast mit deiner Faust spaltest?“ Autsch. Aber vermutlich hatte Sakura das verdient. Sie ging zum Schreibtisch und stellte das Essen ab ehe sie zum Bett ging und sich auf die Kannte der Matratze setzte. Sofort rückte Sarada ein wenig von ihr ab. Und das schmerzte Sakura mehr als Sarada ahnen konnte. Vorsichtig streckte sie die Hand aus und strich ihrer Tochter zärtlich durchs Haar. „Ich weiß, dass du glaubst das ich das tue um dir weh zu tun. Aber genau das Gegenteil ist der Fall.“ Sakura seufzte leise. „Ich will dich nur beschützen. Kannst du das nicht verstehen?“ Sarada schlug ihre Hand weg und setzte sich abrupt auf. „Wovor denn Mom? Davor dass ich ihn finden könnte? Davor das er mich lieben könnte?“ Sarada schrie sie an und ihr Gesicht wurde ganz rot. „Du hast doch nur Angst, dass ich lieber bei ihm Leben will als bei dir!“ Sakura schloss die Augen und versuchte tief durchzuatmen. Doch sie spürte einen großen Klos im Hals, der ihr die Tränen in die Augen trieb. „Ich will nicht das du verletzt wirst“ würgte sie hervor und sah ihrer Tochter fest in die schwarzen Augen, die sie jedes mal so schmerzlich an ihn erinnerten. „Er ist vielleicht nicht der Held, den du dir in deiner Fantasie ausmalst.“ Sarada verengte die Augen zu schlitzen. „Und woher willst du das wissen?! Vermutlich war er doch nur ein One Night Stand, an den du dich nicht einmal mehr erinnern kannst!“ Fest presste sie die Lippen aufeinander. „Ist das der Grund warum du nie über ihn sprichst? Weil du gar nicht weißt wer er ist?“ Sarada holte zu einem emotionalen Tiefschlag nach dem nächsten aus. Sie musste wirklich wütend und verzweifelt sein. Sarada war nicht die Art Mensch, die andere mit Absicht verletzten. Sie war immer ein wenig distanziert und kühl, aber eher weil sie sozial etwas unbeholfen war. Und nicht weil sie wirklich unfreundlich war. So wie ihr Vater. „Nein.“ Sakura schüttelte den Kopf. „Ich habe deinen Vater geliebt. Mehr als alles andere. Und dann hat er mir das Herz gebrochen.“ Sarada riss überrascht die Augen auf. Und Sakura wusste genau wieso. Das war das erste Mal, dass sie über Saradas Vater sprach. Zumindest mit Sarada selbst. „Ich will nicht das du genau so von ihm enttäuscht wirst wie ich. Und ich wollte nie, dass du ihn hasst wegen dem was sich zwischen ihm und mir abgespielt hat.“ Sakura strich sich durch das Haar. „Deshalb habe ich immer geschwiegen.“ „Mom ich-“ Sarada sah auf ihre Hände. Sie rang offensichtlich mit sich. „Ich weiß mein Schatz.“ Sakura seufzte leise und kam ganz auf das Bett. Sie lehnte ihren Rücken an das Kopfteil des Bettes. Dann breitete sie die Arme aus. Sofort kam Sarada zu ihr. Ihre Arme schlangen sich um Sakuras Hüften und sie bettete ihren Kopf in ihrem Schoss. Sakura lächelte und strich mit ihren Fingern durch das lange Haar ihrer Tochter. Sie schwiegen eine Weile. Dann hob Sarada leicht den Kopf. „Tut es weh?“ Sie biss sich auf die Unterlippe als Sakura fragend das Gesicht verzog. „Über ihn zu reden? Ich meine ich hab dich immer versucht zu drängen und dann hast du immer so traurig aus gesehen.“ Sakura lächelte schwach. „Ja ein wenig.“ Sarada schmiegte ihren Kopf wieder an Sakura. „Tut mir leid Mom.“ „Schon okay.“ Sakura seufzte leise. „Es war auch nicht richtig von mir, gar nicht über ihn zu sprechen. So als hätte es ihn nie gegeben.“ Sie lachte leise. „Er war die Liebe meines Lebens, weißt du?“ Sarada sah interessiert zu ihr auf. „Sehe ich ihm ähnlich?“ „Du bist sein genaues Abbild.“ Sakura strich ihr sanft über die Stirn. „Bis auf die Stirn. Die hast du wohl von mir.“ Sarada lachte leise, doch dann schwand das Lächeln wieder. „Meinst du...“ Sarada brach ab. „Meinst du, er würde mich sehen wollen?“ Gequält schloss Sakura die Augen. Was sollte sie ihrer Tochter nur sagen? Sie wusste die Antwort darauf nicht. Vermutlich wusste Sasuke nicht einmal, dass es Sarada gab. Madara würde es ihm gewiss nicht gesagt haben. Und sie war nicht wirklich traurig darum. Sie wollte nicht, dass Sarada das gleiche durchmachen musste wie sie selbst. Denn sie war sich sicher, dass Sasuke dann früher oder später wieder die Houdini Nummer abziehen würde. „Sarada ich-“ Sakura brach ab. Was sollte sie nur sagen? Sarada lächelte knapp. „Schon okay Mom.“ Sie kuschelte sich näher an Sakura. „Wie wäre es, wenn wir zum Essen in die Stadt fahren? Nur du und ich?“ Ihr Blick fiel auf den Teller mit dem gesunden Essen. „Mir wäre nach Burgern.“ Sakura lächelte. „Ja, mir irgendwie auch.“ Kapitel 3: ----------- 3 Sasuke saß auf der Rückbank des Mercedes und starrte auf das Haus zu seiner Linken. Er war völlig fassungslos. Diesen Lebensstil konnte er einfach nicht mit seinem besten Freund Naruto Uzumaki in Einklang bringen. Oder eher mit seiner Erinnerung an seinen besten Freund. Langsam stieg er aus und betrachtete das schlichte, im westlichen Stil gebaute Haus mit dem großen grünen Grundstück. Es hatte zwei Stockwerke, viel Glas und eine weiße Fassade. Ein Kiesweg führte zur schlichten schwarzen Haustür. Das Grundstück war mit einem hohen Zaun gesichert. Nur ein eisernes Tor ließ einen Blick auf das erhaschen, was dahinter lag. Er sah, dass ein Wagen auf einem der beiden Parkplätze vor dem Haus stand. Im Vorgarten lag ein Fußball herum neben ein paar Puppen, die einem kleinen Mädchen gehören mussten. Ein komplett dreckiges Fahrrad stand neben der Haustür an die Fassade gelehnt. Ob das Boruto gehörte? Ob er damit zur Oberschule fuhr? Sasuke sah auf die Klingel am Tor um sicher zu sein, dass er an der richtigen Adresse war. Doch auf der Klingel stand, feinsäuberlich in eine goldene Platte eingraviert, Uzumaki. Kaum zu fassen, dass hier der Mann leben sollte, der noch vor fünfzehn Jahren in so ziemlich jede Schlägerei geraten war, die irgendwo stattgefunden hatte und sich bei einer Messerstecherei diese grotesken Narben im Gesicht zugezogen hatte. Dieses Bilderbuchleben war ja schon fast surreal. Unsicher hob Sasuke die Hand und betätigte die Klingel. Doch anstatt eine Stimme aus der Gegensprechanlage zu hören öffnete sich einfach das Tor. Sasuke vergrub die Hände in seiner Anzughose und ging über die Kieseinfahrt direkt auf das Haus zu. Die Tür wurde aufgerissen und ein Mädchen rannte heraus. Kein Zweifel, dass es die Tochter von Naruto und Hinata sein musste. Sie hatte die gleichen blauen Augen wie Naruto, doch ihre waren etwas heller als die ihres Vaters. Ihre Haare reichten ihr bis zum Kinn und hatten dasselbe eigenwillige schwarz-blau, das er sonst von Hinata kannte. Sie sah Naruto sehr ähnlich, auch wenn sie die eher delikaten Gesichtszüge ihrer Mutter hatte. In ihren Augen lag das gleiche unheilvolle Funkeln, dass Sasuke von Naruto gekannt hatte. Das Lächeln des Mädchens schwand und unsicher hielt sie knapp vor der Tür inne. Vermutlich hatte sie absolut keine Ahnung wer er war. Wie auch? Das Mädchen konnte höchstens zwölf Jahre alt sein. Zu dem Zeitpunkt war er längst außer Landes gewesen. Beschwichtigend und etwas unbeholfen hob Sasuke die Hände. „Keine Angst, ich tu dir nichts.“ Er rang sich ein Lächeln ab, doch als das Mädchen schüchtern einen Schritt zurück trat war auch ihm klar, dass dieser Versuch wohl gründlich nach hinten los gegangen war. „MAMA!“ Das Mädchen kreischte so laut, dass Sasuke leicht das Gesicht verzog und sich sofort nach rechts und links umsah. Hoffentlich hielt man ihn nicht für einen Kindermörder. „Himawari was-“ Sasuke sah zur Tür und erblickte Hinata, die mitten im Satz aufgehört hatte zu sprechen und ihn fassungslos anstarrte. Sie hatte sich kein bisschen verändert. Ihre Haare waren etwas länger als er es in Erinnerung hatte. Doch sie hatte noch immer die weichen und zarten Gesichtszüge von damals. Und auch ihre weißen Augen, die jetzt weit aufgerissen waren, waren ihm noch gut in Erinnerung. Sie trug eine lockere Jeans zu einer einfachen blauen Bluse, in der ihre schlanke Statur gut zur Geltung kam. Himawari klammerte sich an ihr Bein und starrte Sasuke ebenso an, wie ihre eigene Mutter. „Sasuke?“ Es klang beinahe so als wäre sie sich nicht sicher, ob er nicht vielleicht doch nur eine Illusion war. Er hob die Hand zum Gruß. Versuchte locker und entspannt zu wirken. „Hallo Hinata. Lange nicht gesehen.“ Sie stieß ein leises Seufzen aus. Hatte er da so etwas wie Missbilligung in ihrem Gesicht gesehen? Unmöglich. Hinata war viel zu Sschüchtern um diese Art von Emotion zu zeigen. „Ja, das ist wahr.“ sagte sie leise und strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr. Dann sah sie ihm fest in die Augen. „Was machst du hier? Sasuke runzelte leicht die Stirn. Hinata hatte ihm damals nie direkt in die Augen sehen können. Das hatte sie nur bei Leuten gekonnt, die sie schon lange kannte. Oder eben bei Naruto, auch wenn das wirklich eine Weile gedauert hatte. „Ich wollte Naruto sehen.“ sagte er etwas verwirrt, doch Hinata schüttelte den Kopf. „Ich meinte was machst du hier? In Konoha?“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust. Okay, die letzten Jahre schienen ihrem Selbstbewusstsein wirklich gut getan zu haben. „Madara liegt im Sterben und ich soll seine Firma übernehmen.“ Bei seinen Worten entglitten Hinata ein wenig die Gesichtszüge. Doch sie fing sich ebenso schnell wieder. Sasuke steckte die Hände wieder in die Taschen seines Anzugs. Dann nickte er in Richtung des Hauses. „Ist er da?“ Hinata seufzte leise und trat dann mit Himawari beiseite. „Nein ist er nicht, aber er kommt gleich. Warte doch drinnen auf ihn.“ „Danke.“ Sasuke ging auf Hinata zu und blieb kurz vor ihr stehen. „Es ist schön dich zu sehen, Hinata.“ Sie betrachtete eingehend sein Gesicht. Eine Mischung aus Freude und Misstrauen verhärtete ihre Züge zu einer für ihn undurchdringlichen Maske. Dann wandte sie sich ab und nahm Himawari an die Hand. „Das Essen ist gleich fertig. Möchtest du auch etwas?“ fragte Hinata während sie nach links abbog. Vermutlich lag dort die Küche. Sasuke zog seine Schuhe aus und nahm sich ein paar der Hausschuhe für Besucher, eher er seine Anzugjacke an einen der Harken hängte. „Das ist sehr freundlich, danke.“ Er nahm die Stufe und betrachtete den Flur genauer. Von ihm gingen drei Türen ab. Außerdem führte eine Treppe nach oben. Der Flur war in einem warmen und einfachen Vanille gestrichen. Der Boden war mit kräftigem, dunklem Parkett ausgelegt. Er spähte durch die offene Tür nach links. Auf dem modernen Herd standen mehrere Töpfe und Pfannen in denen Hinata gerade etwas zuzubereiten schien. Sie hockte vor einem der unteren Schränke, die in einem neutralen und edlen schwarz erstrahlten und reichte Himawari gerade den Teller und das Besteck, das gewiss für ihn gedacht war. An der Kühlschranktür hingen selbstgemalte Bilder, vermutlich von Himawari und auf dem kleinen Tisch, an dem sie wohl morgens alle schnell etwas Frühstückten, lag ein Schulbuch für die Grundschule neben einem aufgeschlagenen Block auf dem Himawari vermutlich gerade eine Aufgabe löste. Sie hatte wahrscheinlich mit ihrem Vater gerechnet und hatte deshalb einfach das Tor aufgehen lassen und hatte ihre Hausaufgaben unterbrochen. Für Sasuke war das alles eine fremde Welt in der er sich vorkam wie ein Eindringling. Alles strahlte hier vor Geborgenheit, Liebe und glücklichen Erinnerungen. Die Welt die er kannte beinhaltete luxuriöse Autos, verschrobene Geschäftsmänner und dessen viel zu junge Vorzeigeehefrauen, die es zuhause mit dem Gärtner trieben. Diese heile Welt kannte er überhaupt nicht. Und sie war ihm auch nicht ganz geheuer. Himawari presste den Teller fest an ihre Brust und lächelte ihn schüchtern an ehe sie aus der Küche verschwand. Unauffällig folgte Sasuke ihr. Sie war durch die Tür gegenüber von der Küche gegangen und er schmunzelte leicht, als er durch die Tür in den sehr großzügig geschnittenen Raum trat. Er war durch einen Raumteiler in zwei Teile geteilt. Rechts von dem großen, offenen, schwarzen Regal in der Mitte, befand sich das Esszimmer. Ein großer Tisch mit einer weißen Tischdecke stand zentral in dem geschaffenen Raum auf einem orangenen Teppich, der unter Umständen wohl furchtbar hässlich gewesen wäre, wenn man nicht gewusst hätte das Orange Narutos Lieblingsfarbe war. Darauf stellte Himawari gerade den fünften Teller ab. Hinter dem Tisch stand ein Sideboard, in der die Familie vermutlich weiteres Besteck oder ähnliches aufbewahrte. Auf dem Sideboard standen diverse Vasen mit farbenfrohen Blumen. Sasuke wandte sich nach links als Himawari das Wohnzimmer verließ. Er ging an dem Raumtrenner vorbei und betrachtete das große Sofa, dass mit seinem schlichten schwarzen Stoff eine eher neutrale Farbe hatte. Ganz anders als die ganzen orangen Kissen, die darauf verteilt lagen. An der Wand gegenüber vom Sofa war ein riesiger Flachbildfernseher angebracht worden unter dem, auf einem schwarzen Sideboard, diverse Konsolen lagen. Auf dem Couchtisch lagen zwei Controller neben einigen Fernbedienungen. Hinter dem Sofa war ein großes Fenster, durch das man einen Blick auf den großen Garten werfen konnte. An der Stirnwand des Raumes standen einige hohe Bücherregale, die mit Büchern bis zum Bersten gefüllt waren. Unter dem Sofa und dem Couchtisch lag der gleiche orange Teppich wie schon im Essbereich des Wohnzimmers. Auch wenn Sasuke nicht aufs Klingelschild geguckt hätte, gab es doch keinen Zweifel daran, dass es sich hierbei um Narutos und Hinatas Haus handeln musste. Er lächelte leicht und ging dann zurück zu dem Raumteiler. Es war ein offenes Regal und Hinata hatte sich große Mühe gegeben, es mit passender Deko zu füllen. Doch ihn interessierten mehr die Bilder, die darin aufgestellt worden waren. Er griff nach einem der Ältesten das in der obersten Reihe und damit für ihn auf Augenhöhe gestanden hatte. Weiß umrandet lächelte ihm sein eigenes jüngeres Ich entgegen. Es war ein Bild von ihm und Naruto auf dem Neujahrsfest im Schrein. Naruto grinste breit in die Kamera während er selbst eher verhalten Lächelte. Er erinnerte sich gut an dieses Fest. Naruto hatte sie alle von einem Stand zum nächsten gezerrt bis er so viel Essen gekauft hatte das er völlig abgebrannt gewesen war. Gemeinsam mit Hinata und Sakura hatten sie sich das Feuerwerk angesehen, dass um Mitternacht gezündet worden war. Vorsichtig stellte er das Bild zurück. Es brachte nichts jetzt in Erinnerungen zu schwelgen. Und doch konnte er nicht verhindern, dass seine Augen weiter über die Bilder glitten. Es war beinahe so als wäre er auf Spurensuche. So, als wollte er versuchen durch die Fotos die letzten fünfzehn Jahre wie ein Puzzle zusammen zu setzen. Doch er wusste, dass das völlig unmöglich war. Er hatte zu viel verpasst. Zu viele Erinnerungen, von denen er einfach kein Teil war. Er betrachtete die Bilder von Boruto, die ihn in jedem möglichen Alter zeigten. Sasukes Blick blieb vor allem an dem Bild hängen, auf dem Boruto seine Schwester Himawari das erste Mal im Arm hielt. Er war vielleicht fünf oder sechs Jahre alt. Er saß auf dem Bett seiner Mutter im Krankenhaus und strahlte breit in die Kamera. Hinter ihm stand ein besorgter Naruto, während Hinata die Szene mit einem Lächeln betrachtete. Seine Hände verkrampften sich leicht um den schlichten Rahmen. Konnte es sein...? Hatte sie vielleicht dieses Foto geschossen? Konnte er wirklich glauben, dass sie noch in Konoha lebte? Schnell stellte Sasuke das Bild zurück in das Regal und suchte weiter. Wenn sie noch hier lebte, dann musste es ein Foto von ihr geben. Vollkommen ausgeschlossen, dass Hinata und Naruto den Kontakt zu ihr verloren hatten. Naruto und Sakura hatten sich seit dem Kindergarten gekannt und waren seither unzertrennlich gewesen. Vollkommen ausgeschlossen, dass Naruto sie aus den Augen verloren hatte. Und dann sah er ihr Gesicht. Mit zitternden Fingern griff er nach dem größeren Bilderrahmen, der relativ mittig im Regal gestanden hatte. Sie lächelte verhalten in die Kamera. Ihr Haar war offen und reichte ihr bis zur Taille. Sie trug ein Hochzeitskleid und einen Schleier. Und sie sah kaum älter aus als er sie in Erinnerung hatte. Ihre grünen Augen wirkten etwas abgestumpft und wenn er es richtig sehen konnte, hatte sie etwas an Gewicht zugelegt. An ihrer Seite stand ein Mann in einem schwarzen Smoking. Sein Haar war von einem eigenwilligen weiß-silber und stand wild von seinem Kopf ab. Seine Augen waren freundlich, ebenso wie sein Lächeln. Sein Arm lag locker um ihre Taille. An seinem Ringfinger trug er den klassischen goldenen Ehering, der auf dem Foto auch an Sakuras Hand zu sehen war. Fest biss er die Zähne zusammen. Sie hatte also wirklich geheiratet. Und augenscheinlich nicht lange, nachdem er das Land verlassen hatte. Noch dazu hatte sie einen Mann geheiratet, der deutlich älter war als sie. Mindestens an die zehn Jahre. Wut. Kalt überspülte er sie und fraß sich durch seine Adern wie eine ätzende Säure. Sie musste sein Verschwinden ja wirklich wahnsinnig schnell überwunden haben. Doch was hatte er erwartet? Sie waren nichts weiter gewesen als ein Paar, dass vor jugendlicher Liebe beinahe blind gewesen war. Vermutlich hätte die Realität sie irgendwann eingeholt und alles wäre so oder so in die Brüche gegangen. Und dennoch spürte er den kalten Stich der Eifersucht, zu dem er kein Recht hatte. Er stellte das Bild zurück ins Regal, als er hörte wie die Haustür geöffnet wurde. „PAPA!“ Das war Himawaris Stimme. Und kurz darauf hörte er das unverkennbare Lachen von Naruto. Er klang kaum gealtert. Und vor allem klang sein Lachen noch immer absolut ehrlich. „Hallo Prinzessin.“ Seine Stimme war etwas tiefer als zuvor. Das fiel Sasuke sofort auf. „Und was ist mit mir?“ Sasuke erstarrte mitten in der Bewegung. Diese Stimme musste zu Boruto gehören. Und er klang fast genauso wie sein Vater früher. Er hörte Himawaris kindliches Lachen. „Du musst nicht eifersüchtig sein Onii-chan. Dich hab ich auch lieb.“ Sasuke ging um den Raumtrenner herum und sah durch die offene Tür in den Flur. Himawari umarmte einen blonden Teenager mit den gleichen blauen Augen und einer eher wilden Frisur. Er grinste breit und strich seiner kleinen Schwester durchs Haar. Bei Gott, der Junge sah wirklich aus wie eine exakte Kopie seines Vaters. Naruto stand neben seinem Sohn und begrüßte gerade Hinata mit einem Kuss. Er trug die Haare deutlich kürzer als früher. Somit wirkte es deutlich ordentlicher. Seine damals kindlicheren Gesichtszüge waren einem kantigen, maskulinen Kiefer und ein paar Lachfältchen an den Augen gewichen. Er grinste seine Frau schief an, die sich leicht verlegen durch ihr langes Haar strich. Er trug ein oranges Hemd, dass er bis zu den Ellenbogen hochgekrempelt hatte. An den Beinen trug er eine schwarze aber eher lockere Anzughose. Er hatte kaum etwas mit dem jungen Mann gemeinsam, den Sasuke in Erinnerung gehabt hatte. In dem Flur stand ein Mann. Ein Familienvater. Kein kindlicher Chaot. Hinata seufzte leise. „Schatz, da ist...“ „Oi Mom, wer issn' der alte Sack im Wohnzimmer?“ Boruto starrte Sasuke mit großen Augen an, der nur eine Augenbraue hochzog. Scheinbar hatte Boruto nicht nur das Aussehen seines Vaters geerbt, sondern auch sein vorlautes Schandmaul. Naruto sah ihn an. Und Sasuke starrte zurück. Unfähig sich zu bewegen oder auch nur etwas zu sagen. Er konnte nur dabei zusehen wie Naruto die Augen aufriss und ihm der Mund offen stehen blieb, während Hinata ihm die Hand auf die Schulter legte und ihren Ehemann besorgt betrachtete. Schweigen breitete sich aus. Hielt an und an. Sasuke hatte keine Ahnung wie lange sie so dar standen. „Okay.“ Borutos Stimme durchbrach das Schweigen. „Das ist jetzt echt irgendwie seltsam.“ Sasuke hob langsam die Hand zum Gruß. „Hallo, Naruto.“ Im Ernst? Etwas besser war ihm jetzt nicht eingefallen? Nach verdammten fünfzehn Jahren? Sasuke sah wie Naruto den Mund schloss und seine Miene sich von Überraschung und Fassungslosigkeit zu purer Wut wandelte. Und noch ehe er reagieren konnte, war Naruto schon bei ihm und verpasste ihm einen Schlag mit der Faust, der sich gewaschen hatte. Der Schlag gegen den Kiefer sorgte dafür, dass Sasuke einen Moment Sterne sah, ehe er rückwärts taumelte und gegen den Tisch stieß. Er rieb sich leicht den Kiefer und starrte Naruto an, der noch immer vor ihm stand. Seine Schultern bebten vor Wut und die Zähne hatte er fest aufeinander gebissen. „Hallo?!“ Naruto brüllte so laut, dass Himawari zusammen zuckte. „Das ist alles was dir einfällt nach verdammten 15 Jahren, du Arschloch?!“ Sasuke verzog leicht das Gesicht und fuhr mit der Zunge von Innen über seine Zähne. Doch zum Glück wackelte nicht ein Einziger von ihnen. „Ich dachte das wäre noch immer die gängige Begrüßungsformel.“ Ja, Sarkasmus war in dieser Lage vielleicht nicht die beste Verteidigung, doch etwas anderes brachte er gerade nicht zustande. Naruto sah ihn einen Moment fassungslos an. Dann stieß er ein lautes Lachen aus. Mit langen Schritten kam er auf Sasuke zu, eher er ihn brüderlich umarmte. „Ich wusste, du kommst nach Hause Mann. Willkommen zurück.“ Dann hielt Naruto ihn eine Armlänge weit von sich entfernt. „Aber für den Schlag entschuldige ich mich auf keinen Fall. Den hattest du verdient.“ Kapitel 4: ----------- 4 Sasuke sah in sein Weinglas und knirschte leicht mit den Zähnen. Die Stille die eingetreten war, seitdem die Kinder nach oben gegangen waren, zerrte an seinen Nerven. Und doch wusste er genau, warum Hinata und Naruto schwiegen. Warum sie versuchten jeglicher Konversation aus dem Weg zu gehen. Denn eine Frage stand schon die ganze Zeit laut und schreiend mitten im Raum. „Also...“ begann Sasuke und trank einen Schluck. „Wie geht es ihr?“ Hinata richtete ihre Augen fest auf ihn. „Ich denke nicht, dass du uns da mit reinziehen solltest, Sasuke. Das ist eine Sache zwischen dir und ihr.“ Naruto griff nach Hinatas Hand. „Wir hängen längst mit drin.“ Dann richtete sich sein Blick auf Sasuke. „Nimm es mir nicht übel, Kumpel aber ich kann dir nichts zu ihr sagen. Das wäre nicht richtig.“ Sasuke runzelte dir Stirn. „Nicht mal wie es ihr geht?“ Aus dem Blick den Hinata und Naruto tauschten wurde er beim besten Willen nicht schlau. Abwehrend hob er die Hände. „Ich hab schon gesehen, dass sie verheiratet ist. Und so wie sie auf dem Bild aussah, ist das nicht lange nach meiner Abreise gewesen. Außerdem ist das zwischen uns beide lange vorbei. Macht euch also mal keine Sorgen.“ Er wusste sofort das er etwas Falsches gesagt hatte, als Hinata mit einem Ruck aufstand. „Sie ist verwitwet. Was du wüsstest, wenn du dich auch nur einen Dreck um die Menschen geschert hättest, die bei deiner kindischen Aktion zurück geblieben sind.“ Sie schüttelte den Kopf als Naruto versuchte nach ihr zu greifen. „Verdammt, wir hätten dich hier gebraucht Sasuke. Wir alle! Und wo warst du?! Wo warst du als wir dich mehr gebraucht haben als jemals zuvor?“ Sie warf wütend die Hände in die Luft. „Wo warst du als Boruto seinen Patenonkel gebraucht hätte? Wo warst du als Jiraiya starb? Und wo verdammt nochmal warst du als Naruto keinen Job gefunden hat?“ Sie wandte sich ab und ging in Richtung Küche. „Wir sind dir keine Rechenschaft schuldig, Sasuke. Aber du hast einiges zu erklären.“ Sasuke blinzelte leicht verwirrt. Dann sah er zu Naruto, der leicht lächelte. „Ja, sie hat ein Temperament entwickelt. Ich persönlich gebe Sakura dafür die Schuld. Die Beiden sehen einander wirklich zu oft.“ Trotz seiner Worte konnte Sasuke doch klar den Stolz aus Narutos Stimme heraus hören. Doch dann Narutos Blick wieder ernst. „Aber sie hat recht, verstehst du?“ Er fuhr sich durch die Haare. Zerrte leicht daran, als wäre er sich unsicher was er tun sollte. Dann warf er einen prüfenden Blick in Richtung Küche ehe er sich vor lehnte. „Es geht ihr soweit ganz gut, auch wenn der Tod ihres Mannes für sie nicht einfach war. Sie ist noch etwas schlimmer als früher. Komm also nicht in ihre Nähe, hörst du? Das würde sie dir nicht verzeihen.“ Dann lehnte Naruto sich zurück und räusperte sich. „Außerdem muss ich sie wissen lassen, dass du wieder hier bist, jetzt wo du an meiner Tür aufgetaucht bist. Immerhin ist sie nicht nur meine beste Freundin sondern auch mein Boss.“ Sasuke verschluckte sich an seinem Wein. „Sie ist was?“ Hinata kam zurück und stellte Narutos Lieblingsnachtisch auf den Tisch. Sie warf Naruto einen wütenden Blick zu. Doch der zuckte nur mit den Schultern. „Ich rede über meinen Job. Das werde ich wohl noch dürfen.“ Dann grinste er jungenhaft. Hinata schüttelte missbilligend den Kopf und lehnte sich zu ihm herunter, ehe sie ihm einen Kuss auf die Lippen hauchte. „Vergiss nicht wem unsere Loyalität gehört.“ Sasuke hatte Hinatas Worte nur so gerade eben verstanden. Doch die Nachricht dahinter war klar und deutlich angekommen. Sie würde ihm nicht so einfach verzeihen wie Naruto. Bei ihr würde er sich deutlich mehr Mühe geben müssen. Als sie sich abwandte kratzte Sasuke sich leicht am Kopf. „Hinata warte.“ Kaum hatte er die Worte ausgesprochen wusste er nicht wirklich, warum er sie aufgehalten hatte. „Ja?“ Sie stemmte die Hände in die Hüften. So wie Sakura es früher getan hatte. Er schluckte leicht. Das tat mehr weh, als er gedacht hatte. „Ich warte.“ Ihr Ausdruck war beherrscht, reserviert und vor allem verschlossen. „Ich-“ Doch Sasuke brachte kein Wort heraus. „Ja, das habe ich mir gedacht.“ Dann wandte Hinata sich ab. Er hörte wie sie die Treppen hinauf ging. Ein leiser Wortwechsel mit Himawari war zu hören. Dann wurde eine Tür geschlossen und Stille breitet sich wieder aus. „Lass dir aus Erfahrung gesagt sein, dass sie sich wieder einkriegt.“ Naruto nahm sich eine große Portion vom Nachtisch, der Sasuke selbst viel zu süß war. „Sie kann nicht lange sauer sein. Das hat sich bei ihr nicht verändert.“ Sasuke sah erneut in sein Weinglas. Betrachtete die dunkelrote Flüssigkeit. Dann stürzte er es in einem Ruck. „Ich könnte etwas Stärkeres gebrauchen.“ Er rieb sich leicht die Schläfen. Naruto lachte leise. „Ja, ich irgendwie auch.“ Dann deutete er auf Sasukes Kiefer. „Und ich hol dir mal etwas Eis. Das wird schon blau.“ Sasuke sah Naruto nach, als dieser in die Küche ging. Hier hatte sich wirklich einiges verändert. Und das meinte er nicht nur im Bezug auf die Stadt an sich. Hinata hatte jetzt ein gesundes Selbstbewusstsein entwickelt. Naruto war ein arbeitender Familienvater. Und Sakura war verwitwet und Narutos Boss. Und Sasuke hatte absolut keine Ahnung wie er mit all dem umgehen sollte. Er fühlte sich hilflos, linkisch und vor allem fühlte er sich wie ein kompletter Vollidiot. Was hatte er denn geglaubt? Das er hier aufkreuzen würde und alles wäre beim alten? Das Naruto auch jetzt noch an jeder Straßenecke in Schwierigkeiten geraten würde obwohl er ein Familienvater war? Das Hinata noch immer kaum ein Wort heraus bekam obwohl sie sich mit einem Teenager herumschlagen musste? Oder das Sakura nicht verheiratet war und all die Jahre auf ihn gewartet hatte? Wohl kaum. Doch er wusste selbst nicht mehr wirklich, was er sich eigentlich dabei gedacht hatte hier einfach aufzukreuzen. Unangekündigt und ohne Netz und doppelten Boden. Es hätte ihm klar sein müssen, dass wenn er sprang, er ungebremst auf dem harten Asphalt der Realität aufschlagen würde. „Du siehst echt scheiße aus Mann.“ Naruto grinste ihn schief an und hielt ihm ein Glas Whisky und einen Eisbeutel hin. „Vielen Dank auch.“ Er griff sich den Eisbeutel und drückte ihn an seinen Kiefer. Er stieß ein Zischen aus und verzog das Gesicht. „Hab dich echt gut erwischt was?“ Naruto lachte leise. „Gut zu wissen, dass meine Rechte noch so hart ist wie früher.“ „Du hättest das an einem Sandsack testen können. Dafür musstest du nicht mein Gesicht benutzen.“ Sasuke trank einen großzügigen Schluck von dem Whisky. „Ich sagte bereits, dass ich mich dafür nicht entschuldigen werde. Da kannst du noch so jammern.“ Naruto lud sich eine ordentliche Portion von der Süßspeise auf den Löffel und steckte sie sich in den Mund. „Dasch hattsescht du verdient.“ Sasuke verstand ihn kaum mit dem vollen Mund. Und doch konnte er sich Narutos Antwort zusammen reimen. Und er musste wohl zugeben, dass Naruto damit recht hatte. Diesen Schlag hatte er, in Anbetracht der letzten fünfzehn Jahre, vielleicht tatsächlich verdient. „Also, Sakura ist dein Boss?“ Er spürte wie die Kälte sich von seinem Kiefer weiter auszubreiten schien. „Was machst du denn Beruflich?“ Naruto schluckte den Happen herunter und grinste schief. „Ich bin der stellvertretende CEO von Hatake Inc.“ Sasuke öffnete den Mund. Dann schloss er ihn wieder. Doch dann blieb er ihm endgültig offen stehen. Vermutlich sah er jetzt auf sie ein Fisch. „Hatake Inc? Die Firma die unprofitable Firmen aufkauft, sie verbessert und dann mit hohen Gewinnen verkauft?“ Sasuke war noch fassungsloser als Naruto einfach nur nickte. „Du warst ne Niete in Mathe!“ Naruto kratzte sich leicht am Hinterkopf. „Naja weil ich nie jemanden hatte, der es mir verständlich erklärt hat. Das änderte sich erst mit Kakashi-Sensei. Er hat mich von der Straße geholt und mir einen Job gegeben als niemand anders es tun wollte.“ Sasuke rieb sich mit der Hand über die Stirn. „Kakashi Hatake?“ Plötzlich hielt er mitten in der Bewegung inne. Er sah Naruto fest in die Augen. „Wenn Sakura dein Boss ist, dann ist sie die Witwe von Kakashi Hatake.“ Sasuke hatte von seinem Onkel viel über die Familie Hatake gehört. Für Madara waren sie alle nicht weiter als neureiche Emporkömmlinge, obwohl das Familienunternehmen schon seit drei Generationen weiter vererbt wurde. Aber er hatte nie Kakashi gesehen. Er war, anders als sein Vater, ein eher medienscheuer Mann gewesen, der sein Gesicht nicht gerade in jede Kamera hielt. Und als Sasuke das erste Mal durch Madara von ihm gehört hatte, war Kakashi längst verheiratet gewesen und hatte sich vollständig aus der Öffentlichkeit zurück gezogen. Naruto verzog leicht das Gesicht. „Ja, das ist sie.“ Sasuke rieb sich unbewusst mit der freien Hand über die Brust während er spürte wie ein eisiger Stich ihn durchfuhr. Sie war die Witwe eines mächtigen und wohlhabenden Mannes und hatte sogar dessen Firma und seine Position darin geerbt. Ob die Beiden Kinder hatten? Krampfhaft versuchte Sasuke sich an jedes Detail zu erinnern, dass er jemals über Kakashi gelesen hatte. Doch von Kindern war nie die Rede gewesen. Jedoch hatte Kakashi Hatake immer darauf geachtet, sein Privatleben auch Privat zu halten. Sein Privathaus galt als eine regelrechte Festung. Und es lag in diesem Stadtteil. Sasuke spürte genau wie Naruto ihn beobachtete. „Was auch immer du denkst...“ murrte Naruto leise „...vergiss es lieber schnell wieder.“ Sasuke winkte ab. „Ich habe mit ihr abgeschlossen. Schon vor einer ganzen Weile.“ Naruto zog eine Augenbraue hoch. Es war offensichtlich, dass er ihm kein Wort glaubte. „Dann ist ja gut“ sagte Naruto schlicht und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Meine Frau hat übrigens recht. Du hast einiges zu erklären. Es wird also Zeit, dass du anfängst zu reden.“ Sakura lächelte leicht als sie sich die schlichte Einladung zum Ball genauer betrachtete. Das Papier war von edler Qualität. Die Schriftzeichen in perfekt gerader Linie. Das Zeichen des Uchiha Clans – das Sharingan – schimmerte als Wasserzeichen durch. Madara Uchiha lud zu einem seiner extravaganten Bälle ein um seinen Investoren und Vorstandsmitgliedern etwas Wichtiges zu verkünden. Wie immer gab er sich in seinen Worten geheimnisvoll und hielt sich offensichtlich bewusst vage. Doch Sakura wusste längst Bescheid was wirklich geschah. Es war durchaus von Vorteil ein aktives Vorstandmitglied auf der Gehaltsliste zu haben. Ein Deal, den ihr Mann noch selbst vor sieben Jahren veranlasst hatte. Madara war sehr krank. Es war sehr wahrscheinlich, dass er bald starb. Vermutlich wollte er auf diesem Ball seinen Nachfolger verkünden. Aber genau das würde Sakura ihm ruinieren. Was gab es für eine bessere Gelegenheit die offizielle Übernahme von Uchiha Cooperation durch Hatake Inc zu verkünden als ein festlicher Ball? Sie lächelte in sich hinein und fuhr mit den Fingerspitzen über den Rand der edlen Einladung. Sie wusste, sie machte diese Übernahme zu etwas persönlichem. Zu einer Vendetta. Und genau davor hatte ihr Mann sie stets gewarnt. Hatake Inc hatte vor Jahren begonnen Anteile an der Uchiha Cooperation zu kaufen. Aber nicht weil die Firma schlecht lief. Sondern weil sie korrupt war und den falschen Menschen in Konoha zur Macht verhalfen um ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen rücksichtslos durchzusetzen. Seine Ziele waren idealistisch gewesen. Und Sakura wollte Kakashis Ideale erfüllen. Aber sie wollte auch ihre Rache. Sie wollte Madara so demütigen, wie er sie gedemütigt hatte. Sie wollte ihn seines hohen Rosses berauben und ihn zu sich in den Staub zerren. Sie hatte fünfzehn Jahre auf diese Chance gewartet. Und nichts und niemand würde sie davon abhalten, diese Chance zu nutzen. Leise klopfte es an der Tür und Naruto steckte kurz darauf seinen Kopf herein. „Kann ich dich stören?“ fragte er beinahe vorsichtig und Sakura runzelte verwirrt die Stirn. Schon seit drei Tagen versuchte er sie allein zu erwischen. Es war offensichtlich, dass er ihr irgendetwas mitteilen wollte. Doch sie hatte einfach keine Zeit gehabt. Sie war so in die Übernahme vertieft gewesen, das sie kaum geschlafen und nur zusammen mit Sarada mal einen Happen gegessen hatte. Doch jetzt wo alles arrangiert war und der Ball in nur zwei Tagen stattfinden wurde, hatte sie einen Moment Zeit um durchzuatmen. Schuldbewusst biss sie sich auf die Unterlippe. Wie hatte sie Naruto nur so lange hinten anstellen können? Was hatte sie sich dabei gedacht? Er war ihr treuster und ältester Freund. Dem einzigen Mann, dem sie mehr vertraute als sich selbst. Und vermutlich lag ihm etwas auf dem Herzen. Und sie hatte es einfach hinten an geschoben. „Komm rein.“ Sie lächelte und stand auf. „Sollen wir einen Spaziergang machen?“ Sie war dieses Büro leid. Sie hatte die letzten Tage hier drinnen verbracht. Und es wurde Zeit, dass sie mal wieder vor die Tür kam. Naruto schüttelte den Kopf. „Besser nicht.“ Er deutete auf die Sessel vor dem Fenster. „Du willst dich vielleicht lieber setzen.“ Sofort schrillten in Sakura alle Alarmglocken. Schnell kam sie um den Schreibtisch herum und ging auf Naruto zu. Erst jetzt bemerkte sie, wie schlecht er aussah. Wie sie selbst hatte er tiefe Schatten unter den Augen. Seine Miene war von Schuldbewusstsein verzerrt. „Was ist passiert?“ Sakura konnte nicht verhindern, dass sie ein wenig panisch klang. Sie hatte Naruto noch nie so gesehen. Sie ergriff seine Hände und er griff hart zu. So als müsste er sich an ihr fest klammern. „Ist etwas mit Hinata und den Kindern?“ Naruto schüttelte den Kopf. Dann legte er ihr die Hand in den Rücken und führte sie zu den beiden Sesseln vor dem Fenster. Sie ließ sich von ihm auf den Sessel drücken und wartete bis er selbst Platz genommen hatte. Dann ergriff er sofort wieder ihre Hände. Schweigen folgte. Dann stieß Naruto ein langes und tiefes Seufzen aus, so als hätte er einen Krieg verloren. „Ich denke wir sollten diese Übernahme verschieben.“ Seine Worte verklangen in der Stille. Und Sakura konnte ihn nur anstarren. Was hatte er da gerade gesagt? Verwirrt runzelte sie die Stirn. „Was.. Ich meine... Was?“ Mit einem Ruck entzog sie ihm ihre Hände. „Wieso? Du weißt ich habe mich so lange darauf vorbereitet! Die Zahlen stimmen. Alles ist unterschrieben. Alles ist geregelt. Wenn nicht jetzt, wann dann?“ Sie raufte sich die Haare. „Wieso bekommst du jetzt kalte Füße? Ich brauche dich jetzt, Naruto!“ Naruto knirschte mit den Zähnen. Dann fuhr er sich mit den Händen über das Gesicht. „Ich versuche schon seit drei Tagen mit dir zu sprechen aber du hörst mir ja nicht zu. Es hat sich etwas geändert Sakura und das musst du wissen.“ Sakura schnaubte. „Nichts hat sich geändert. Unsere Position zur Übernahme ist ideal. Der Zeitpunkt ist perfekt. Noch bevor der neue Geschäftsführer übernehmen kann müssen wir...“ „Sasuke ist der neue Geschäftsführer, Sakura. Er ist wieder da.“ Sakura konnte Naruto nur anstarren, während ihr das volle Gewicht seiner Worte bewusst wurde. Sie spürte wie Panik nach ihr griff. Wie sie sich in ihrem Nacken festsetzte wie eine große, eisige Hand. „Was? Woher weißt du das?“ Sie hörte kaum, dass sie stotterte. Generell klang für sie alles, als hätte sie den Kopf in ein gigantisches Aquarium gesteckt. Gedämpft. Verschwommen. So fühlte sich ihre Welt gerade an. Außerdem hatte sie das Gefühl zu ersticken. „Er war bei mir. Vor vier Tagen. Er hat mir gesagt was er hier macht und das er Madaras Posten übernehmen wird.“ Naruto griff wieder nach ihren Händen, doch Sakura schüttelte den Kopf. Sie wollte nicht, das er sie anfasste. Sie wollte aufspringen und davon laufen. Wollte sich Sarada schnappen und das Land verlassen so schnell es ging. Doch sie wusste, dass das feige war. Und plötzlich überkam sie eine eisige Ruhe und sie wusste genau, was sie zu tun hatte. „Sakura du musst mit ihm reden. Für Sarada. Und wir müssen diese Übernahme abbrechen.“ Er kratzte sich am Hinterkopf. „Das ändert alles.“ Sakura sah Naruto direkt in die Augen. „Weiß er von ihr? Hast du es ihm gesagt?“ Sofort schüttelte Naruto den Kopf. „Nein, das ist eine Sache zwischen euch.“ Sie nickte. „Gut.“ Dann sah sie aus dem Fenster. „Und Naruto?“ Sie sah aus dem Augenwinkel wie er sich vorlehnte. „Ja?“ „Das ändert rein gar nichts.“ Kapitel 5: ----------- 5 Sakura stand im Türrahmen und betrachtete den schlanken Rücken ihrer Tochter, während Sarada sich unschlüssig vor dem Spiegel in ihrem Zimmer hin und her drehte. Wie jedes fünfzehnjährige Mädchen war auch Sarada unsicher, was ihr Aussehen betraf. Dabei hatte sie dazu, Sakuras Meinung nach, absolut keinen Grund. Sie war zur Hälfte eine Uchiha. Ihre Schönheit würde immer vollkommen und zeitlos sein. Sarada trug ein elegantes, langes schwarzes Kleid mit nur einem Träger. Unter der Brust hatte es eine aufwendige silberne Verzierung, die beinahe aussah wie ein Gürtel. Ab da fiel der Rock in langen Bahnen gerade herunter. Es war elegant aber unschuldig und es betonte dennoch gut Saradas schlanke Figur und ihre strahlende helle Haut. Sarada plusterte die Wangen auf und stieß ein genervtes Seufzen aus. Dann erblickte sie Sakura im Spiegel. „Mom – was soll ich mit meinen Haaren machen?“ Verzweifelt griff sie sich in die langen Wellen. „Ich weiß nicht wirklich wie man sie hoch steckt und ein Zopf geht zu so einem Kleid einfach mal gar nicht.“ Sakura lachte leise und kam in den Raum ehe sie die Tür hinter sich schloss. Sie wusste genau, warum Sarada sich so einen Kopf um ihr Outfit machte. Und das hatte absolut nichts damit zu tun, dass das ihr erster öffentlicher Auftritt in dieser Gesellschaft war oder das es ein großer Tag für Sakura war. Sie war deshalb so rastlos, weil sie wusste das Boruto auch auf diesem Ball sein würde. Und da wollte sie sich natürlich von ihrer besten Seite zeigen. So wie Sakura, als Sasuke sie das erste Mal zu sich nach Hause eingeladen hatte. Bei dieser Erinnerung räusperte Sakura sich dienstbeflissen und ergriff das lange Haar ihrer Tochter. Die seidigen schwarzen Strähnen glitten mühelos durch ihre Hände und erinnerten sie an die Zeit, als sie selbst noch langes Haar gehabt hatte. Doch sie hatte sie abgeschnitten, um das schwache hilflose Mädchen hinter sich zu lassen, dass sie mit diesen langen Strähnen assoziiert hatte. Und es war ihr gelungen. „Lass sie offen.“ Sie lächelte Sarada durch die Reflektion an. „Ich weiß, dass Boruto deine Haare am liebsten offen mag.“ Sarada lief feuerrot an und sah unsicher auf den Boden. „Meinst du?“ fragte sie und lächelte leicht. „Aber ist das nicht zu simpel für so einen Anlass?“ Sakura schüttelte den Kopf. „Simplizität ist die zeitloseste Form der Eleganz. Aber wenn du möchtest, könnte ich dir auch ein wenig die Haare flechten.“ Sarada sah auf ihre Hände. Dann nickte sie vorsichtig. „Aber nur, wenn sie trotzdem offen bleiben können.“ Sakura lächelte wohlwollend. „Aber natürlich.“ Sarada setzte sich auf ihren Schreibtischstuhl und reichte Sakura die Bürste, die auf dem Schreibtisch gelegen hatte. Sakura holte sich ein paar der Spangen, die auf Saradas Nachttisch gelegen hatten. Dann begann sie das lange Haar zu bürsten. Mit einem Lächeln schwelgte Sakura in Erinnerungen. Wie stolz Sarada gewesen war, als ihr Haar lang genug gewesen war um einen Zopf zu machen. Oder wie bitterlich sie geweint hatte, als ein Junge in der Grundschule ihr eine kleine Strähne abgeschnitten hatte. Oder wie sie jeden Abend zu Sakura und Kakashi ins Bett gekrochen war, um sich von Sakura die Haare bürsten zu lassen. Die friedliche Stille war allerdings nur von kurzer Dauer. „Mom?“ Sarada klang vorsichtig und vor allem verunsichert. „Ja?“ Sakura war sofort wachsam, während sie sich ein paar von Saradas Strähnen griff und begann sie zu flechten. Sie begann an Saradas rechter Schläfe und flocht von dort eine der modernen Wasserfall Frisuren, die sie in einem von Saradas Magazinen gesehen hatte. Und sie war dankbar dafür, dass ihre Hände beschäftigt waren. Immerhin war sie schon den ganzen Tag unruhig auf und ab gelaufen. „Woher wusstest du damals bei Dad das es Liebe war?“ Bei Saradas Frage hielt Sakura mitten in der Bewegung inne. Gequält schloss sie einen Moment die Augen. Wieso hatte sie ihrer Tochter auch sagen müssen, dass sie Sasuke geliebt hatte. Vielleicht hätte sie wirklich besser lügen können. Vielleicht wäre es einfacher gewesen ihr zu sagen, dass ihr Vater nur ein bedeutungsloser One-Night-Stand gewesen war. Dann würde sie jetzt nur mit dem Abscheu und Ekel ihrer Tochter umgehen müssen anstatt Kopfüber in die schmerzhaften Erinnerungen zu springen. „Du musst nicht antworten wenn du nicht willst.“ Sarada klang schrecklich nervös. Als fürchtete sie wirklich, dass Sakura vielleicht einfach schweigen würde. „Schon okay“ murmelte Sakura und begann weiter zu flechten. Doch was sollte sie ihrer Tochter schon sagen, die gerade selbst dabei war herauszufinden ob sie in Boruto verliebt war oder nicht? Wie sollte sie einem Teenager erklären, was sie damals gefühlt hatte? Wie sollte sie diese irrationale Liebe nur in Worte fassen, die ihr bis heute so lebhaft in Erinnerung geblieben war? Sakura starrte auf das schwarze Haar und versuchte nicht an Sasuke zu denken. Krampfhaft versuchte sie sein schwarzes Haar zu vergessen. Doch es hatte sich genauso in ihrer Erinnerung fest gebrannt wie seine schwarzen, kühlen Augen. „Damals konnte ich mir ein Leben ohne ihn nicht vorstellen.“ begann sie zögerlich und ließ das erste Mal seit fünfzehn Jahren zu, dass ihre Gedanken sie mitnahmen auf den Strom aus Erinnerungen, der sie viel tiefer zerren würde als sie eigentlich wollte. Und sie ahnte bereits jetzt, dass sie all ihre Kraft aufbringen musste wenn sie nicht Ertrinken wollte. „Ich habe mir eine Zukunft mit ihm vorstellen können. Wie wir zusammen studieren würden. Wie wir irgendwann in unsere erste gemeinsame Wohnung ziehen würden. Wie unsere Hochzeit aussehen könnte. Oder unsere Kinder.“ Sie hauchte Sarada einen leichten Kuss auf den Kopf ehe sie weiter flechtete. „Mir war es egal, das er wahnsinnig schlecht darin war seine Gefühle zu zeigen. Oder das er anderen Gegenüber manchmal unhöflich wurde. Oder das er sich ständig mit Naruto gestritten hat und die Beiden ständig versucht haben einander in irgendetwas zu übertrumpfen.“ Sie lachte leise als sie daran dachte, wie sie fast einen Unfall gehabt hatten, als Naruto versucht hatte Sasuke auf dem Fahrrad ab zu hängen. Sie hatte auf dem Gepäckträger gesessen und sich lachend an Sasuke fest geklammert, der nur noch stärker in die Pedale getreten war, während Hinatas spitzer Schrei noch Kilometer weiter zu hören gewesen sein musste. „Also hast du ihn dir schön geredet?“ Sakura lächelte als Sarada derartig enttäuscht und auch etwas panisch klang. „Nein.“ Sakura war an Saradas linker Schläfe angekommen und steckte alles mit den Spangen fest. „Ich habe ihn nur so akzeptiert wie er war. Mit all seinen Fehlern und all seinen Macken. Denn das heißt es jemanden zu lieben. Ihn zu akzeptieren wie er ist, auch wenn man ihm manchmal den Hals umdrehen will.“ Sakura schlang die Arme um Sarada die ein helles Lachen ausstieß. „Ich will Boruto wirklich ziemlich oft den Hals umdrehen.“ Sarada kicherte in sich hinein und schmiegte ihren Rücken fest an Sakura. „Ich weiß.“ Sakura hauchte Sarada einen Kuss auf die Wange und hielt sie einfach noch einen Moment lang fest in ihren Armen. Wann war Sarada so erwachsen geworden? Wann hatte sie aufgehört mit Puppen zu spielen und hatte angefangen sich für Jungs zu interessieren? Wann hatte sie Angefangen in Boruto mehr zu sehen als einen nervigen Cousin? Und wann hatte sie einen so eigenen und starken Willen entwickelt? Und so ein starkes und ehrliches Herz? Sakura war all die Jahre an Saradas Seite gewesen und doch hatte sie das Gefühl, dass sie etwas elementares verpasst hatte. Etwas das so wichtig war wie die Ersten Schritte und die ersten Worte. Ein Meilenstein. Und vermutlich hatte sie es nur verpasst, weil sie nie über Sasuke gesprochen hatte. Weil sie versucht hatte Sarada vor dem Geist der Vergangenheit zu beschützen, der doch nur wieder in der Stadt aufgetaucht war um sie alle heimzusuchen. „Mom“ Sarada tippte ihr auf den Arm „Musst du dich nicht langsam fertig machen? Wir müssen doch bald los, oder nicht?“ Sakura seufzte leise, nickte aber dann. „Ja da hast du wohl recht.“ Mit einer flüssigen Bewegung stand sie vom Bett auf und half Sarada beim aufstehen. Einen Moment lang hielt sie ihre Tochter auf Armesslänge von sich fort. Betrachtete sie genau. Machte gedanklich eine detaillierte Aufnahme von diesem Moment. „Ich liebe dich.“ Die Worte hingen eine Weile in der Luft zwischen ihnen nach bis Sarada lächelte. „Ich liebe dich auch, Mom. Und jetzt mach dich fertig. Oder willst du im Bademantel zum Ball gehen?“ Sie deutete auf Sakuras pinken Bademantel und versteckte ein Lachen hinter ihrer Hand. Dann ließ Sakura sie los und Sarada ging zurück zu ihrem Schreibtisch wo die die Brille ablegte und in dem kleinen Spiegel versuchte die Kontaktlinsen richtig zu platzieren. Leise zog Sakura sich zurück und schloss die Tür ehe sie mit langen Schritten den Flur entlang ging. Sie passierte das Arbeitszimmer, in dem sie die letzten Tage beinahe gelebt hatte, und nahm dann die letzte Tür auf der rechten Seite. Auf dem großen Ehebett lag bereits das Kleid, dass sie heute Abend tragen würde. Es lag dort, seitdem sie vor einer Stunde aus dem Bad gekommen war. Doch sie konnte sich nicht dazu durchringen die Hände auszustrecken und es anzuziehen. Denn dann würde dieser Abend wirklich beginnen. Der Abend, der ihr doch so wichtig war. Der für sie die Welt bedeutete. Und an dem nun auch ein Geist seinen Auftritt haben würde. Ein Gastauftritt, wenn es nach Sakura ginge. Sie hatte einen Moment darüber nachgedacht, Sarada diesen Ball zu verweigern. Doch mit welcher Begründung? Schatz, du kannst nicht zu dem Ball weil dein Vater dort sein wird und ich ihm seine gesamte Zukunft entreiße? Oder besser noch: Ich will nicht, dass du auf diesen Ball gehst, weil ich nicht will dass du deinen Vater kennen lernst. Diese Begründungen würde Sarada vermutlich alles andere als gut aufnehmen. Und wer konnte es ihr verübeln. Sakura ließ sich auf den großen Sessel vor dem Fenster fallen und rieb sich die Schläfen. An diesem Abend würde sie einen Krieg gewinnen. Aber sie würde auch einen neuen anfangen. Denn wenn Sasuke wirklich vorhatte in der Stadt zu bleiben, dann würde er vermutlich alles versuchen um sie zu stürzen. Und er war mindestens genauso gerissen wie sein verfluchter Onkel, der hoffentlich bald ins Gras beißen würde. Sakura hatte sich genauestens über Sasuke informiert, seitdem sie von Naruto wusste dass er der nächste Firmenchef hätte werden sollen. Und so schnell wie ihr Privatermittler fündig geworden war, konnte Sasuke sich nicht gerade versteckt haben. Sie nahm die schmale Akte in die Hand, die auf dem kleinen Beistelltischen neben dem Sessel gelegen hatte. Er hatte Wirtschaft an der Princeton University studiert. Eine Universität, die zur elitären Ivy-Leauge gehörte. Er schloss mit Auszeichnung ab und stieg dann sofort in die Internationale Zweigstelle der Uchiha Corp. in den USA ein. Er stieg schnell auf. Zeichnete sich vor allem durch innovative Ideen und schnelles Handlungsvermögen aus. Zweifellos war er der perfekte Anwärter auf den Thron, den sein Onkel ihm hinterließ. Doch diesen Thron würde Sasuke niemals sein eigenen nennen können. Vermutlich würde er es als einen persönlichen Rachefeldzug gegen sich selbst betrachten. Als eine unüberlegte Handlung einer verbitterten Frau Mitte Dreißig die es ihm nie verziehen hatte, dass er sie sitzen gelassen hatte. Doch bei der Uchiha Cooperation ging es Sakura nicht um Sasuke. Es ging ihr um Madara. Es ging ihr darum, dass dieser Mann sie gedemütigt hatte. Das er sie eine Lügnerin genannt hatte. Und das er Sarada nie die Chance auf eine Familie gegeben hatte. Es ging ihr darum, dass Madara ein korrupter Mann ohne Herz war. Ein Monster, dass die Stadt unterdrückte und somit verhinderte, dass sie zu ihrer wahren Größe aufsteigen könnte. Und endlich war der Tag gekommen, an dem sie ihn an seinen eigenen Gräueltaten ersticken lassen würde. Und dann... ja vielleicht könnte sie dann endlich mit den Geistern ihrer Vergangenheit abschließen. Ihr Blick glitt durch das Schlafzimmer. Es wurde Zeit das sich hier einiges veränderte. Das ihr Leben ohne Kakashi endlich begann. Das sie sich endlich verzieh und sich traute ihr Leben in diesem Haus zu beginnen. Denn wenn sie ehrlich war hasste sie das dunkle Grau der Wände und die Dunklen Töne der schweren Holzmöbel. Sie hasste das alte Bett und den hellen Teppichboden. Und doch hatte sie sich nie getraut etwas zu verändern. Immer hatte es sich so gefühlt als würde sie sich dann von Kakashi verabschieden. Und dafür war sie bisher einfach noch nicht bereit gewesen. Sie schloss einen Moment die Augen und stellte sich vor wie es wäre wenn er nun hier wäre. Er wäre jetzt sechsundvierzig und vermutlich noch immer so gutaussehend wie sie ihn in Erinnerung hatte. Vermutlich würde er gerade aus dem Badezimmer kommen, dass am Schlafzimmer anlag. Er würde sich die Haare trocken rubbeln und sie lächelnd ansehen. Und dann würde er herüber kommen, ihr einen sanften Kuss stehlen und sie daran erinnern dass es Zeit wäre. Sie fuhr sich mit den Fingerspitzen über die Lippen. Hielt das Bild einen Moment lang fest. Als wäre er wirklich hier. Als könnte er diesen Moment des Sieges wirklich mit ihr Erleben anstatt in einem kalten Loch im Boden zu verfaulen. Sakura bemerkte ihre Tränen erst als sie heiß auf ihrer Wange brannten. Dann strich sie sie eilig fort. Sie hatte keine Zeit für Erinnerungen. Keine Zeit für Schwäche. Also stand sie auf und ging zum Bett. Ihre Finger strichen über den erlesenen Stoff. Und dann lächelte sie. Es war wirklich das perfekte Kleid. Stunden hatte sie damit verbracht es auszuwählen. Hatte wieder und wieder überlegt. Doch jetzt war sie sich absolut sicher. Ihre Wahl war perfekt. Sie ließ das Kleid liegen und ging in das Ankleidezimmer, dass neben dem Badezimmer lag. Sie ignorierte die leere linke Seite, an der vor Jahren noch Kakashis Kleidung gehangen hatte. Stattdessen setzte sie sich an den Schminktisch und betrachtete sich selbst für einen Moment in dem großen ovalen Spiegel. Sie betrachtete ihre Mandelförmigen grünen Augen. Den verkniffenen Zug um ihre vollen Lippen. Ihre blasse Haut. Und die dunklen Augenringe, die die Anstrengungen der letzten Wochen tief in ihre Haut gezeichnet hatten. Sie legte ihr Make-Up auf. Lies Pinselstrich für Pinselstrich die gestresste Frau verschwinden, die am Ende ihrer Kräfte war. Bis nichts weiter übrig blieb als die Illusion einer makellosen und schönen Kriegerin, der nicht einmal das Schicksal selbst ihre Würde nehmen konnte. Und dann griff sie zu der grünen Farbe. Behutsam zeichnete sie die Raute auf ihre Stirn. Füllte sie mit der auffälligen grünen Farbe aus, an die sie sich damals erst hatte gewöhnen müssen. Das Zeichen der verheirateten Frau, in der Familie Hatake. Sie hatte es all die Jahre getragen. Und sie würde es auch heute Abend voller Stolz tragen. So, als wäre Kakashi an ihrer Seite in diesem Moment für den seine Familie so lange gekämpft hatte. Sie würde es tragen - ein letztes Mal. Kapitel 6: ----------- 6 Langeweile. Genau das empfand Sasuke als er seinen Blick über die Menge gleiten ließ. Diese Bälle waren doch alle gleich. Die Elite der Stadt kam in überteuerter Kleidung zusammen um überteuerte Getränke zu trinken und überteuerte Snacks zu essen, die niemandem wirklich schmeckten, weil sie aus Feinkost zusammen gestellt war, die weder als fein, noch als köstlich durchgehen konnte. Sie tranken Champagner und sonnten sich in dem Glanz ihrer eigenen Selbstgefälligkeit ohne auch nur eine Sekunde lang Reue darüber zu empfinden, dass es so viele Menschen gab denen es schlechter ging. Und Sasuke war selbst genau so gewesen. Als Kind hatte er diese Welt mit großen Augen betrachtet und hatte es kaum erwarten können ein Teil von ihr zu sein. Bis ihm dann mit Vierzehn klar geworden war, wie falsch diese Menschen waren. Wie sehr sie versuchten nett zu dir zu sein, nur um dir dann hinterlistig das Messer in den Rücken zu rammen. All der Glanz und all der Prunk war für ihn zu einer grauen Maske geworden, hinter denen sich die hässlichsten Fratzen der Menschlichkeit verbargen, getarnt mit wunderschönem Make-Up und ausgestattet mit brillianten Stylisten und mehr Geld als sie je hätten ausgeben können. Sasuke hatte schnell realisiert, dass er diese Welt nicht wollte. Und dann hatte er rebelliert. Hatte seine Schulfreunde gemieden und hatte versucht eine neue Perspektive auf das Leben zu finden. Die er gefunden hatte. In einer heruntergekommenen Karaoke-Bar im dämmrigen Licht zwischen dunklen Tapeten und dem heruntergekommenen Tresen leuchteten ihm damals rosa und goldblond entgegen. Und das hatte alles verändert. Und doch hatte er den Weg eingeschlagen, den sein Onkel für ihn ausgesucht hatte. Hatte die Verpflichtung gegen seinen freien Willen siegen lassen. Er hatte gelernt und mit harten Bandagen gekämpft. Und doch hatte er jahrelang versucht in diesem Sumpf aus menschlichen Abgründen nicht zu versinken. Und genau so war es auch dieses Mal. Die Elite der Stadt war nicht einfach grundlos zusammen gekommen. Alle waren sie heran geeilt um einer Einladung des Uchiha-Clans zu folgen, in den sie am liebsten alle eingeheiratet hätten. Die einflussreichsten Männer der Stadt hatten ihre Töchter heran geschafft sofern sie gerade das heiratsfähige Alter erreicht hatten. Sie boten sie feil wie Vieh auf einer Schau. Sie hatten ihre Töchter in die schönsten Kleider gesteckt und ihnen die besuche beim Chirurgen finanziert, die irgendwann Mengenrabatt gegeben hatten. Nur die wenigsten von ihnen waren natürlich Schönheiten. Sie alle hatten diese Erziehung genossen die ihnen einen freien Willen ausgetrieben hatten. Doch sie waren nicht nur deshalb hier. Sie waren auch gekommen weil ihre Neugierde sie dazu zwang. Sasuke konnte es daran sehen, wie sie alle zu ihm starrten – dem verlorenen Erben, der nach Hause gekommen war um endlich das Zepter in die Hand zu nehmen. Und er sah es daran wie sie Madara anstarrten, der zusammengesunken in seinem Rollstuhl saß, mit einem Sauerstoffschlauch vor der Nase und einer schwarzen Decke auf den Knien. Er sah schrecklich aus. Seine Haut war aschfahl. Die Augen waren rot und zugeschwollen. Seine Hände bestanden nur noch aus Haut und Knochen. Er war mehr tot als lebendig. Und doch hatte er darauf bestanden hier zu sein. Ein letztes Mal. An Madara konnte man sehen, was der Krebs für hässliche Zeichen in die Haut seiner Opfer ritze. Wie er sich in den letzten Fotos verewigte, während er sich immer weiter durch die Organe und Knochen fraß wie ein Parasit. Madara betrachtete die Menge und Sasuke folgte seinem Blick während er leicht schmunzelte. Gott, Naruto würde es hier hassen. Kurz hatte er darüber nachgedacht, ob er Naruto und Hinata nicht zu diesem wichtigen Ereignis einladen sollte, doch irgendetwas hatte ihn davon abgehalten. Irgendetwas? Gott, wem wollte er hier etwas vormachen? Es waren Narutos letzte Worte an ihn, die ihn abgehalten hatten. Sasuke erinnerte sich nur zu gut daran, wie Naruto sich vor gelehnt hatte, bevor Sasuke in den Wagen gestiegen war. Seine Miene war ungewohnt ernst gewesen. Der Blick beinahe so eindringlich, dass Saskue davon glatt selbst Kopfschmerzen bekommen hätte. In dieser Stadt wird sich einiges verändern Sasuke. Du solltest dir besser sicher sein, dass du auch wirklich vorhast zu bleiben. Die Worte waren so leise gewesen, dass Sasuke sie kaum hatte verstehen können. Und doch hatten sie sich in seine Erinnerung gegraben und hatten ihre hässlichen Klauen in sein Gehirn geschlagen. Und jetzt konnte er sie nicht mehr vergessen. Egal wie sehr er es auch versuchte. Zum Glück hatte er heute Abend auf eine Begleitung verzichtet. Er hätte jetzt nicht die Geduld gehabt freundlichen aber völlig geistlosen Smalltalk zu halten und ein wenig zu flirten. Nicht wenn seine Gedanken völlig woanders waren. Auch wenn er den Sex zum Vergessen durchaus hätte gebrauchen können. „Du wirkst abgelenkt.“ Sasuke brauchte einen Moment um auf Madaras Worte zu reagieren. Madaras Stimme war so dünn und schwächlich, dass Sasuke sie kaum noch mit der kraftvollen und dunklen Stimme seines Onkels vereinbaren konnte. „Es ist ein großer Tag“ entgegnete er und wusste sofort, dass diese Ausrede wahnsinnig schwach war. Und schwäche hatte Madara noch nie geduldet. Madara kniff die Augen zusammen. „Und genau deshalb solltest du mit voller Konzentration bei der Sache sein.“ Er stieß ein Schnauben aus. „Habe ich einen Fehler gemacht? Hätte ich doch auf Itachi setzen sollen?“ Beinahe hätte Sasuke mit den Augen gerollt wie ein genervter Teenager. Es war reine Selbstbeherrschung, dass er es nicht tat. „Meinst du nicht, dass ich für diese Drohung mittlerweile zu alt bin, Onkel?“ Sasuke strich sich eine Strähle aus der Stirn. „Außerdem – wann hat Itachi sich das letzte Mal bei dir blicken lassen?“ Als Madara schwieg wusste Sasuke genau, dass er jetzt erst einmal einen Moment seine Ruhe haben würde. Itachi war für Madara immer ein wunder Punkt gewesen. Auch wenn Sasuke bis heute nicht wirklich wusste wieso. Er selbst hatte Itachi das letzte Mal vor fünf Jahre gesehen. Damals war seine Frau mit dem dritten Kind schwanger gewesen. Seitdem hatten sie lediglich telefoniert. Und das auch eher sporadisch als regelmäßig. Er wusste Itachi hatte seine ganz eigenen Gründe dafür warum er es vorzog in Australien zu leben anstatt nach Konoha zurück zukommen. Und es hatte nicht nur etwas mit seiner australischen Ehefrau zu tun. Das spürte Sasuke genau. Dennoch hatte er nie gefragt. Wieso eigentlich nicht? Hatte er wirklich so eine Angst davor die Wahrheit zu erfahren? Als ein Kellner in kompletter Livree und mit einem Tablett voller Scotch Gläser an Sasuke vorbei ging, griff er sich sofort eins davon. Er hatte nicht vor diesen Abend vollständig nüchtern durchzustehen. Denn auch wenn er endlich das Erbe antreten würde, dass er immer in beruflicher Hinsicht gewollt hatte, fühlte es sich doch an als würde Madara ihm das letzte Mal ein Halsband anlegen und so fest an der Leine ziehen, dass Sasuke zu ersticken drohte. Unbewusst rieb er sich leicht über die Kehle und trank dann einen großzügigen Schluck von dem Scotch den er jedoch kaum auf seiner Zunge schmecken konnte. Stattdessen sah er sich in dem Ballsaal um wie ein gehetztes Tier obwohl er nicht einmal wusste ws er suchte. Alles was er sah waren die Menschen die er hasste aber wie Werkzeuge benutzte und sich somit auf ihre Stufe hinab begab. Er sah die Tische die links und rechts an der großen Tanzfläche aufgestellt worden waren um für das mehrgängige Menü genutzt zu werden. Er sah das Streichquartett und bemerkte das sie spielten. Doch in seinen Ohren hörte er nur ein dumpfes Rauschen. Er trank noch einen großen Schluck aus dem Glas und betrachtete die große Treppe, die hinab in den Saal führte, der in dem großen Uchiha-Anwesen am Stadtrand lag. Er hatte dieses Haus seit Jahren nicht betreten. Und jetzt in diesem Moment hatte er das Gefühl, dass dieses Haus nicht weiter als Geister der Vergangenheit beherbergte. Vielleicht sollte er es abreißen lassen sobald Madara tot war. Sasuke stieß ein leises Seufzen aus und ließ den Blick weiter über die Kristall Lüster gleiten die perfekt zu den Kristallgläsern auf den Tischen passten und das edle Parkett wie Gold leuchten ließen. Gold... Sasuke riss den Blick vom Boden hoch und starrte zur Bar. Und dann blinzelte er. Einmal. Zweimal. Doch er sah definitiv richtig. An der Bar stand Naruto. In einem schlicht schwarzen Smoking mit schwarzem Hemd und orangen Fliege. Er hatte den Arm um die schlanke Taille von Hinata gelegt, die ihre langen Haare heute hochgesteckt trug und die ein schlichtes champagnerfarbenes Etuikleid trug während ihre Miene ungewohnt angespannt wirkte. Ihre Hände hatte sie fest um ein Champagnerglas gelegt während ihre Augen fest auf Naruto gerichtet waren, der in ein Glas Scotch hinab starrte. Und vor ihnen stand Boruto in eine Anzug und richtete immer wieder seine Manschettenknöpfe und seine zweifellos teure Uhr. So oft, dass diese längst leicht schief saß. Der Anzug und das Hemd waren schwarz während er auf eine Krawatte verzichtet aber dafür ein rotes Einstecktuch ausgewählt hatte. Stylisch aber etwas gewagt – gerade wenn man in Betracht zog das die Farben des Uchiha Clans Schwarz und Rot waren. Außer natürlich er hatte eine Begleitung, die diese Farbkombination für ihn ausgewählt hatte. Vielleicht sah er deshalb immer wieder unruhig zur Treppe. Weil er auf ein Mädchen wartete. Vielleicht ja sogar sein Mädchen? Bei dem Gedanken musste Sasuke doch ein wenig Lächeln. Kein wunder, dass Hinata und Naruto derartig verkniffen aussahen. „Was macht denn dieser Abschaum hier?“ Das Zischen von Madara war so abwertend, dass Sasuke verwirrt die Stirn in Falten zog. Naruto war der Stellvertretende CEO von Hatake INC. Er zählte zu den mächtigsten und einflussreichsten Männern der Stadt. Doch Madara schien ihn immer noch zu verachten was ausschloss, dass er ihn eingeladen hatte. Doch wenn Madara ihn nicht eingeladen hatte und Sasuke ihn nicht eingeladen hatte... wer dann? Sein Blick glitt zurück zu Naruto der seinen Scotch in einem Zug kippte ehe er sein Handy aus der Innentasche seiner Smokingjacke hervorzog. Seine Finger schnellten über das Display. Was ging hier vor sich? Madara stieß ein leises Knurren aus. „Lass uns anfangen bevor das einfache Volk noch alles ruiniert.“ Er warf Sasuke einen vorwurfsvollen Blick zu. „Wenn ich gewusst hätte, dass du dich wieder mit diesem Abschaum herumtreiben willst, sobald du wieder in der Stadt bist, hätte ich dich nicht unbewacht gelassen.“ Ungeduldig winkte er einen der Kellner heran, der sofort mit einem Mikrofon heran geeilt kam. Und Madara verlor keine Zeit. Als er das Mikro einschaltete erklang ein schriller Laut aus den Lautsprechern, sodass sofort alle Augen auf sie gerichtet waren, die am Kopfende des Parketts in Scheinwerferlicht gehüllt wurden. Sasuke warf einen Blick zu Naruto, der seinen Blick allerdings fest auf Madara gerichtet hatte. Oder besser auf dessen Kehle. So als wollte er diese eigenhändig zudrücken. Das erste Mal in seinem Leben hatte Sasuke das Gefühl, nicht die Kontrolle zu haben. Das erste Mal fühlte er sich hilflos. Ahnungslos. Und sein Magen fühlte sich an wie ein Klumpen Eis. Irgendetwas sagte ihm, dass dieser Abend nicht so verkaufen würde, wie sie alle geglaubt hatten. Und das es längst zu spät war um noch etwas dagegen zu unternehmen. Sasuke bemerkte gar nicht, dass er die Begrüßungsfloskeln seines Onkels vollkommen verpasst hatte. „Heute Abend markiert das Ende einer langen Ära.“ Sasuke konnte die Worte von Madara durch das Rauschen in seinen Ohren kaum verstehen. „Das Ende einer glorreichen Zeit voller Höhen, die die Uchiha Cooperation an die Spitze gebracht hat und die nun in der nächsten Generation einen völlig neuen Höhenflug erreichen wird.“ Sasuke sah zu Naruto, doch er war weg. Er war nicht mehr an seinem Platz an der Bar. Eben so wenig wie Boruto. Nur Hinata stand noch dort und sah ihm direkt in die Augen. Sie sah nicht zu Madara. Sie sah ihn an. Und bei ihrem Blick gefror ihm das Blut in den Adern. Sie sah ihn nicht wütend an, so wie beim letzten Mal als er sie gesehen hatte. In ihren Augen funkelte nicht rötlich schimmernd der Verrat und die Schwierigkeiten die zwischen ihnen standen. Nein. Sie sah ihn voller Mitleid an. Und das war ein derartig lautes Warnsignal, dass Sasuke beinahe schlecht wurde. „Und deshalb möchte ich heute offiziell meinen Nachfolger verkünden.“ Madara sah irritiert in die Menge, in der längst ein kleiner aber leiser Wortsturm losgebrochen war. „Das wird nicht nötig sein alter Mann.“ Naruto trat hervor und richtete seine Fliege. Auf seinem Gesicht lag ein derartig fieses Grinsen, dass Sasuke ihn kaum wieder erkannte. Er sah beinahe aus wie ein riesiger Wolf. Die Menge geriet ein wenig hilflos in Bewegung. Frauen wichen zurück. Männer schubsten einander unbeholfen aus dem Weg. Und dann trat hinter Naruto eine Frau in einem sündigen blutroten Kleid hervor. Sie war klein und eher zierlich gebaut und doch hatte sie solche Kurven, dass jeder Mann nur zu gern vor ihr auf die Knie gegangen wäre. Das Kleid hatte einen Wasserfall Ausschnitt der die Tatsache kaschierte, dass sie keine sonderlich große Oberweite besaß. Bei jedem Schritt den die Tat blitzte, durch einen hohen Schlitz im Rock, ein blasser Oberschenkel auf. An ihren Füßen trug sie schwarze Schuhe mit mörderischen Absätzen, auf denen die wenigsten Frauen hätten laufen können. Und sie brachten ihren Hüftschwung derartig zur Geltung, dass jeder Mann im Raum sie ansah. Was allerdings auch an der Katzenhaften Maske liegen konnte, die sie trug und die ihr Gesicht vollkommen verdeckte. Das weiß hob sich markant gegen die roten Zeichnungen um die Augen und auf den Wangen ab. Es erinnerte ihn an Blut im Schnee. Und genau da wusste er, dass diese Frau nur ärger bedeuten konnte. Denn diese Maske war das Zeichen der Familie Hatake. Sie wurde von Generation zu Generation an das jeweilige Oberhaupt weitergegeben. Sasuke schloss gequält die Augen. Auch ohne das die Frau die Maske abnahm wusste er genau, wer sie war. „Was hat das zu bedeuten?“ Madara sah aufgebracht zu den Sicherheitsleuten. Doch niemand von ihnen bewegte sich auch nur einen Millimeter. Und dann hob die Frau die Hand. Ihre Nägel waren lang und rot lackiert. Sie erinnerten Sasuke an die Klauen eines Raubtiers von denen das Blut tropfte. Sie nahm die Maske ab. Und sofort schwoll das Stimmengewirr an. Sakura Haruno. Nein. Sakura Hatake. Es tat weh sie zu sehen und gleichzeitig erfasste ihn diese Welle aus blinder Freunde und kindlicher Unbeholfenheit. Bei Gott, sie war noch genau so schön wie er sie in Erinnerung hatte. Doch wenn er näher hinsah hatte sich einiges verändert. Der Zug um ihre vollen rosigen Lippen war deutlich ernster. Und sie hatte ihr Haar abgeschnitten. Sie trug es jetzt zu einem modischen Bob, der sie härter wirken ließ. Außerdem prangte auf ihrer Stirn eine grüne Raute. Vermutlich auch eine Tradition der Familie ihres Ehemannes. Doch eine Sache hatte sich grundlegend verändert. Ihre grünen Augen, die sonst immer auf ihm gelegen hatten, nahmen ihn nun nicht einmal wahr. Nach fünfzehn Jahren sah sie ihn tatsächlich nicht einmal mehr an. Ihr Augen waren fest auf Madara gerichtet. Sie ließ ihn nicht eine Sekunde lang aus den Augen. Wie ein Hai, der seine blutende Beute umkreiste und nur darauf wartete zuzuschlagen. Madara riss die Augen auf, als er Sakura zu erkennen schien, die mit langen Schritten auf ihn zukam. „Na, erinnerst du dich an mich?“ Bei Sakuras Worten runzelte Sasuke die Stirn. Ihre Stimme klang kalt. Abgeklärt. Überhaupt nicht so warm und liebevoll wie er sie in Erinnerung hatte. „Sakura.“ Marada spuckte ihren Namen beinahe so aus als wäre er eine Beleidigung. Sakuras Lippen verzogen sich zu einem eisigen Lächeln. Und Sasuke konnte sie nur fassungslos anstarren. Unfähig etwas gegen das zu unternehmen, dass hier gerade vorging. „Sehr gut.“ Sie kam vor Madara zum stehen und legte die Hände auf die Armlehnen seines Rollstuhls. Dann lehnte sie sich herunter. „Ich bin nämlich hier um eine Rechnung zu begleichen. Und ich will nun wirklich nicht, dass du auch nur eine Sekunde davon verpasst weil du damit beschäftigt bist, dich zu erinnern.“ Madara sah sie an. Vollkommen fassungslos. Wie Sasuke selbst. „Das wagst du nicht“ zischte er leise, doch Sakura nahm ihm nur mit einem zufridenen Lächeln das Mikrofon ab und wandte sich zu der Menge um. „Mein Name ist Sakura Hatake. Und von diesem Moment an ist die Uchiha Cooperation ein Teil von Hatake Inc. Ich bin somit der neue CEO.“ Und damit brach das absolute Chaos los. Kapitel 7: ----------- 7 Besorgt sah Sarada zu ihrer Mutter, die ungewöhnlich still neben ihr auf der Rückbank des großen SUV saß. Der Fahrer schweig während die Musik von Saradas Lieblingsband laut im Radio lief. So wie sie es mochte. Doch anstatt mit ihrer Mutter wie sonst laut die Texte mit zu singen, herrschte nun eisige Stille. Sie betrachtete ihre Mutter etwas genauer von der Seite. Sie war schön. Eine Tatsache, die Sarada bisher nicht wirklich aufgefallen war. Sie trug ein blutrotes Kleid mit einem Wasserfall Ausschnitt und einem hohen Schlitz am Bein, der, jetzt wo sie die Beine überschlug, ihre schlanken und blassen Oberschenkel gut zur Geltung brachte. An den Füßen trug ihre Mutter sehr hohe Absätze, auf denen Sarada nie im Leben hätte laufen können. Ihre Nägel, die für Sakuras Verhältnisse viel zu lang waren, hatte sie in dem selben rot lackiert wie das Kleid. Ihre Mutter sah aus wie ein schöner Dämon, direkt aus der Hölle entsprungen um all ihre Feinde zu Fall zu bringen. Denn deshalb waren sie immerhin hier. Sarada war nicht dumm. Immer wieder hatte sie heimlich an der Tür gelauscht, wenn ihre Mutter mit Onkel Naruto über den Ball gesprochen hatte. Und immer wieder war ein Name gefallen: Uchiha. Sarada hatte ein wenig im Internet gesurft und hatte sich über Madara Uchiha schlau gelesen. Aber wirklich viel hatte sie nicht herausgefunden. Nur das er seinen Bruder früh bei einem Autounfall verloren hatte und sich seitdem um seine Neffen Sasuke und Itachi gekümmert hatte. Doch bevor sie sich näher mit allem hätte beschäftigen können, hatte Tante Hinata sie abgeholt und sie von einem Geschäft zum nächsten gezerrt bis auch ihre Mutter dazu gekommen war und sie das Kleid für den Ball ausgesucht hatten. Und seitdem war sie wegen des Balls so aufgeregt gewesen, dass sie es ganz vergessen hatte. Sarada biss sich auf die Unterlippe und knetete unruhig ihre Hände. Dann sah sie zu ihrer Mutter. Sarada wusste genau wie ihre Mutter unter all dem Make-Up aussah. Und es machte ihr Angst. Das letzte Mal hatte sie ihrer Mutter so gesehen, als sie Kakashi verloren hatten. „Mom?“ Sarada wartete bis ihre Mutter sie ansah. „Das was du machst ist doch nicht gefährlich oder?“ Die Lippen ihrer Mutter verzogen sich zu einem schmalen Lächeln das ihre Augen nicht wirklich erreichte. „Nein mein Schatz.“ Sarada biss die Zähne fest aufeinander. Sie wusste das ihre Mutter sie anlog. Doch was sollte sie sagen? Sie konnte spüren das etwas nicht stimmte. Sie konnte es sehen, wenn sie das ungeschminkte Gesicht ihrer Mutter sah. Und sie konnte es spüren, jetzt wo ihre Mutter sich benahm als hätte sie keinerlei Emotionen. Unbewusst rieb Sarada sich die Arme und sah auf die Katzen-Maske, die auf dem Schoß ihrer Mutter lag. Das Zeichen der Familie Hatake hatte ihr als Kind Angst gemacht, bis Kakashi es ihr erklärt hatte. Katzen waren Räuber. Sie zeigten keine Gnade mit ihren Opfern. Doch gleichzeitig erlegten sie alles um ihr Rudel zu ernähren. Mörder und Beschützer zugleich. Ihre Mutter lächelte leicht und strich mit den Daumen über die Maske. „An solchen Tagen vermisse ich Kakashi ganz besonders.“ Sarada nickte schwach. Auch sie vermisste ihren Ziehvater. Ihter Mutter war an seiner Seite glücklich gewesen. Oder eben so glücklich wie ihre Mutter nun einmal sein konnte. Doch seitdem er fort war konzentrierte sie sich viel zu sehr auf die Arbeit. Es war nicht so, dass ihre Mutter sie vernachlässigte. Sarada wusste das ihre Mutter immer alles gab um Zeit mit ihr zu verbringen. Und doch fühlte es sich gerade jetzt an als wäre ihre Mutter meilenweit entfernt. „Mom?“ Sarada lächelte als ihre Mutter ihr in die Augen sah. „Wenn das hier vorbei ist, können wir dann Urlaub machen? Nur du und ich?“ Sarada sah genau wie die Augen ihrer Mutter vor Tränen kurz zu glänzen begannen. Dann streckte ihre Mutter die Hand aus und drückte ihre fest. „Ja, das wäre wunderbar.“ Dann presste sie die vollen roten Lippen zusammen. „Es gibt einiges über das wir reden müssen.“ Sarada runzelte verwirrt die Stirn, doch bevor sie noch etwas sagen konnte, fuhr der SUV durch ein großes Tor und Sarada blieb der Mund offen stehen. Am Ende der langen Auffahrt, auf einer Anhöhe die anmutete wie ein kleiner Berg, thronte eine traditionelle japanische Villa, die so alt sein musste wie die Zeit selbst. Zumindest sah es für Sarada so aus. Mit ihren zwei Stockwerken und großen Grundriss musste das Innere gigantisch sein. Auf der rechten Seite umgab ein großer, künstlich angelegter Teich die Villa, auf der rosa und weiß glänzend Teichrosen schwammen. Es hatte nichts mit ihrem zuhause gemeinsam. Auch das war groß, doch nicht dermaßen übergroß. Außerdem war es modern und eher westlich gestaltet als traditionell japanisch. Der Fahrer stoppte den Wagen vor den großen Eingangstüren an denen ein Butler in kompletter Livree bereits wartete. Die Einfahrt führte noch weiter, zu einem kleineren Häuschen mit ein paar Garagentoren. Die Uchiha Familie musste reich sein. Auf die alttestamentarische Art und Weise. Sarada blinzelte ehe sie ihre Mutter lachen hörte. „So habe ich beim ersten Mal auch geguckt.“ Sarada runzelte die Stirn. „Du warst schon einmal hier?“ Das ergab doch keinen Sinn. Wieso sollte ihre Mutter etwas mit solchen Leuten zu tun haben? Doch vermutlich lag es an den kreisen in denen sie sich bewegte. Auch wenn Sarada noch nicht alles wirklich begriff wusste sie, dass man sich nun mal einfach kannte, wenn man zur Elite der Stadt gehörte. Gott, war sie dankbar, dass ihre Mutter sie zu einer anderen Privatschule gehen ließ als der Rest der Jugendlichen aus ihrem Viertel. Mit denen hatte sie schon als Kind nicht wirklich etwas anfangen können. Ihre Mutter nickte. „Ja, aber das ist schon eine ganze Weile her.“ Dann stieg sie aus und Sarada blieb mit einer Milliarde von Fragen zurück. Sie seufzte leise und stieg aus dem Wagen, ehe sie den Rock ihres Kleides glatt strich. Nervös richtete sie das silberne Armband mit den roten Schmucksteinen ehe sie ihrer Mutter durch die großen Türen folgte. In dem Haus selbst herrschte eine gespenstische Stille. So, als hätte hier seit Jahren niemand mehr Freude empfunden trotz all der kunstvollen traditionell japanischen Inneneinrichtung. Ein weiterer Butler in einer Livree verneigte sich tief vor ihrer Mutter und beide wechselten ein paar kurze Worte, ehe er voraus ging. Ihre Mutter streckte die Hand aus und Sarada ergriff sie. Eigentlich war es ihr wahnsinnig peinlich die Hand ihrer Mutter zu halten. Immerhin war sie fast erwachsen. Doch dieses Haus bereitete ihr unbehagen. Und alles was sie wollte war schnell wieder zu verschwinden und in der Nähe ihrer Mom zu bleiben. Aber sie wusste das wäre nicht möglich. Ihrer Mom war hier um zu arbeiten. Und sie... Sarada spürte eine plötzliche Hitze in ihren Wangen als sie an Boruto dachte. Er wartete auf sie. Sie waren gemeinsam hier. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. Es war ihr erster Ball und als sie ihm erzählt hatte, dass sie kommen würde, hatte er sofort gesagt, dass er als ihre Begleitung mitkäme. Tante Hinata hatte geschmunzelt und leise vor sich hin gelacht und Onkel Naruto hatte leicht die Augen verdreht. Und sie? Sie war ihm dankbar um den Hals gefallen ohne nachzudenken. Vor seinen Eltern! Bei Gott, sie war schon so lange in Boruto verliebt. So lange wie sie sich erinnern konnte. Alles hatte im Kindergarten angefangen, als er sie vor den anderen Kindern beschützt hatte, die sie beschimpft hatten weil sie keinen echten Vater hatte. Und seitdem war sie nicht von seiner Seite gewichen. Auch wenn sie natürlich versuchte vor ihm so cool wie möglich zu sein. „Mom?“ Ihre linke Hand verkrampfte sich im Rock ihres Kleides während sie mit der rechten die Hand ihrer Mutter fester drückte. „Sehe ich wirklich gut aus? Nicht irgendwie lächerlich oder so?“ Ihre Mutter blieb abrupt stehen und Sarada tat es ihr nach. Ihre Mutter ließ ihre Hand los und legte ihr die Hände auf die nackten Schultern. Sie waren warm und zart. So wie sie es von ihrer Mutter kannte. Und plötzlich wollte sie nichts anderes als ihre Mutter fest in die Arme zu nehmen und einfach in diesem Moment zu verharren. Nur für ein paar Sekunden. Denn Sarada hatte das Gefühl, dass sich an diesem Abend einiges verändern würde. „Du bist wunderschön.“ Die Stimme ihrer Mutter war warm, zart und herzlich. „Und wenn Boruto das nicht erkennt, dann ist er ein noch größerer Idiot als sein Vater, was technisch gesehen eigentlich gar nicht möglich sein dürfte.“ Einen Moment war es still. Dann brachen sie beide in Gelächter aus. Ja, ihre Mutter hatte recht. Sarada hatte sich solche Mühe gegeben. Wenn Boruto jetzt nicht erkannte was sie für ihn empfand, dann war er wirklich ein absoluter Vollidiot. Wie Onkel Naruto, wenn sie den Geschichten von Tante Hinata und ihrer Mutter glauben schenken durfte. „Und jetzt lass uns reingehen, damit du ihn umhauen kannst.“ Sarada nickte bei den Worten ihrer Mutter, die jetzt weniger angespannt wirkte als noch im Auto. Und dann ließ ihre Mutter sie los und der Butler öffnete die großen Türen. Panisch sah Sarada die langen Treppen hinab, die zu einem opulenten Ballsaal führten, der sie mit all dem Gold und dem Kristall beinahe blendete. Wie sollte sie da runter kommen ohne sich das Genick zu brechen? Sie trug das erste Mal High-Heels! Sie war froh, dass sie nicht aussah als würde sie auf Stelzen gehen! Unsicher sah sie zu ihrer Mutter, die mit einem Lächeln auf das Geländer deutete, ehe sie die Treppen hinunter ging. Sie hielt den Kopf gesenkt. Vermutlich um die Leute nicht zu stören, die wie geballt zum anderen Ende der Tanzfläche starrten. Sarada legte die Hand auf das Geländer und machte einen ersten Schritt. Und es war gar nicht mal so übel. Immerhin hatte sie sich noch nicht den Hals gebrochen. Eine große Errungenschaft. Nach ein paar weiteren Schritten hob sie vorsichtig den Blick und erstarrte in der Bewegung. Onkel Naruto begrüßte ihre Mutter gerade mit einem Kuss auf die Wange. Doch es war Boruto, der sie ansah als hätte er sie noch nie zuvor gesehen, der sie in ihren Schritten stoppte. Seine hellblauen Augen waren weit aufgerissen. Und er starrte sie dermaßen an, dass Sarada sich ein wenig unwohl fühlte. Doch er sah wirklich fantastisch aus. Der schwarze Anzug schmeichelte seinen breiten Schultern und seinem langen Körper. Es betonte sein goldblondes Haar, dass er auch heute Abend nicht wirklich unter Kontrolle hatte bringen können sodass es verwegen und zerzaust von seinem Kopf ab stand. Als sie das rote Einstecktuch sah, lächelte sie leicht. Das war bestimmt Tante Hinatas Idee gewesen. Gott, er sah so gut aus. Neben ihm wirkte sie bestimmt wie eine hässliche Ente. Er sah so erwachsen aus in diesem Anzug. Doch als er sie anlächelte entspannte sie sich wieder ein wenig. Das war der Boruto den sie kannte und in den sie sich verliebt hatte. Der Junge, der mit einem Lächeln dafür sorgen konnte, dass sie weiche Knie bekam und sich gleichzeitig so fühlte, als wäre sie an seiner Seite unbesiegbar. Der Junge, der nie auch nur ein böses Wort über sie gesagt hatte, nicht mal damals als sie ihm wegen eines Förmchens mit der Schaufel eins übergezogen hatte. Der Junge, der es verstand wie es war die jüngsten Eltern im Jahrgang zu haben und was es bedeutete deshalb ausgegrenzt zu werden. Der Junge der sie verstand. Absolut immer. Sie raffte den Rock ihres Kleides mit einer Hand und ging nun mit sichereren Schritten die Treppe hinab. Boruto hielt ihr die Hand hin und Sarada ergriff sie sofort als sie in Reichweite war. Wie immer war er deutlich wärmer als sie. Beinahe schon heißt. Unauffällig atmete Sarada aus. Seit zwei Jahren spürte sie schon diese Hitze wann immer er sie anfasste. Langsam wurde es wirklich lästig. Oder vielleicht war das auch einfach das Zeichen dafür, dass sie ihm sagen sollte was sie für ihn empfand. „Du siehst toll aus Sarada.“ Sie lächelte leicht. Jedes andere Mädchen hätte es vielleicht als unhöflich empfunden, wenn er das Suffix -chan wegließ oder wenn er sie einfach mit dem Vornamen ansprach. Aber Sarada gab es das Gefühl für ihn einzigartig zu sein. Und das machte sie Glücklicher als sie jemals zugeben würde. „Danke. Du aber auch.“ Bevor sie es merkte strich Sarada mit den Fingern über das revers seines Jacketts. Sie bemerkte erst was sie getan hatte als Boruto leicht rot anlief. Gott, manchmal war er wirklich wie Tante Hinata. „Danke.“ Er kratzte sich leicht am Hinterkopf und ließ ein unbeholfenes, jungenhaftes Grinsen sehen bei dem Sarada das Gefühl hatte ihr Herz würde einen unkontrolliertes Satz machen. Himmel, sie fühlte sich als wäre sie eine Protagonistin in einem dieser Mangas, die ihre Klassenkameradinnen so gerne lasen und in die auch sie einen Blick riskierte wenn niemand hinsah. Noch immer spürte sie dieses brennen und verdattert sah sie nach unten. Boruto hielt noch immer ihre Hand. Sofort spürte sie wieder diese Hitze auf ihren Wangen. „Ähm...Boruto...“ Sie sah noch immer auf ihre Hände. Doch er ließ nicht los. Überrascht sah sie nach oben. Doch Boruto sah sie gar nicht an. Er starrte nach vorne. Die Augen weit aufgerissen. „Was macht deine Mom denn da?“ Er klang derartig schockiert, dass auch Sarada sofort hinsah. Ihre Mutter ging mit langen Schritten über die Tanzfläche. Langsam nahm sie die Maske ab. Und alle starrten sie an. Unbewusst zog Sarada Boruto durch die Menge nach vorne. Was machte ihre Mutter denn da?! Sie hörte nicht was gesagt wurde. Sie starrte nur auf den Mann im Rollstuhl, der ihre Mutter ansah als wollte er sie eigenhändig umbringen. Sie hörte die anderen wie wild durcheinander reden. Doch so leise, als wollten sie nichts verpassen. „Wer ist denn das?“ „Was glaubt sie wer sie ist? Einfach so die rede von Uchiha-sama zu unterbrechen!“ „Hat sie denn gar keine manieren?!“ „Sie muss eine Hatake sein. Schaut doch mal auf die Maske die sie dabei hat.“ Saradas Herz hämmerte wild in ihrer Brust. Brachte ihre Mutter sich hier gerade wirklich in Gefahr? Hatte sie die Lage unterschätzt? Und dann ergriff ihre Mutter das Mikrofon. „Mein Name ist Sakura Hatake. Und von diesem Moment an ist die Uchiha Cooperation ein Teil von Hatake Inc. Ich bin somit der neue CEO.“ Die Stimmen wurden sofort laut. Sie explodierten für Sarada zu einem ohrenbetäubenden Lärm, der ihr Trommelfell fast platzen ließ. Fassungslos starrte sie auf ihre Mutter. Und sie hatte das Gefühl sie nicht wiederzuerkennen. Sie stand am ende der golden glänzenden Tanzfläche wie eine Kriegsgöttin die das Schauspiel genoss. Dabei war ihre Mutter bisher immer kamerascheu gewesen. Jetzt schien ihr all die Aufmerksamkeit nichts aus zu machen. Schockiert keuchte Sarada auf, als ein Mann ihre Mutter grob am Oberarm packte. Seine Finger gruben sich regelrecht in ihre blasse Haut. Sie schienen einen sehr hitzigen Wortwechsel zu haben, denn der Mann zog ihre Mutter mit einem Ruck näher zu sich heran. Seine Stirn presste sich beinahe an ihre. Sofort machte Sarada einen Satz nach vorne. „Hey!“ Sie raffte den Rock ihres Kleides und eilte über die Tanzfläche. Sie hörte gar nicht wie Baruto ihr fluchend folgte. Ihre Mutter sah sie an. Dann riss sie die Augen weit auf. „Sarada!“ Sie klang panisch. „Geh zurück zu Boruto. Es ist alles okay.“ Doch für Sarada war gar nichts okay. Der Kerl packte ihre Mom noch immer am Oberarm. Und er sah nicht so aus als hatte er vor sie so bald loszulassen. „Lassen Sie meine Mutter los Sie...!“ Sarada verstummte als sie den Mann genauer betrachtete. Und dann wusste sie es. Sofort. Es war schockierend offensichtlich. Der Mann war groß. Sein schwarzer Smoking betonte das nur noch mehr. Er überragte ihre Mutter auch noch mit den sündhaft hohen Schuhen um ein ganzes Stück. Er war sportlich gebaut mit breiten Schultern und schmalen Hüften. Er hatte markante Gesichtszüge. Seine Nase war gerade und seine Lippen eher schmal. Seine Augen waren Nachtschwarz ebenso wie seine Haare, die ihm bis zum Kinn reichten und sein linkes Auge verdeckten. Ein modischer Schnitt, gerade jetzt war er in Japan groß im kommen. Seine Haut war eher blass, auch wenn sie leicht golden schimmerte als hätte er viel Zeit in der Sonne verbracht. Und er war wahnsinnig schön. Er musste so alt sein wie ihre Mutter. Vielleicht ein Jahr älter. Und er sah genau so aus wie sie. Für Sarada war es so aus als würde sie in einen Spiegel sehen und ihr männliches Ich erblicken. Der Mann starrte sie wortlos an. Sein Blick bohrte sich in ihren. Dann betrachtete er ganz genau ihr Gesicht. Sie spürte es beinahe physisch. So als würde er die Hände heben und ihr Gesicht berühren. Doch er hielt ihre Mutter noch immer fest. Ihre Mutter schloss gequält die Augen und stieß einen tiefen Seufzer aus. „Dad?“ Kapitel 8: ----------- 8 Vorsichtig klopfte Sakura an die Tür von Sarada und seufzte leise, als sie hörte wie die Musik lauter gedreht wurde. In nun ohrenbetäubender Lautstärke donnerte ihr She's gone von G-Dragon entgegen. Und sie wusste genau, dass das Saradas Ich bin wahnsinnig wütend auf dich Lied war. Und wer konnte es ihr verübeln? Auf dem Ball vor drei Tagen war alles etwas aus dem Ruder gelaufen. „Ich habe doch gesagt, dass sie nicht heraus kommen wird.“ Sakura sah über die Schulter zu Naruto, der neben Boruto an dem Treppengeländer lehnte und besorgt auf die Tür starrte. Seit drei Tagen verbarrikadierte Sarada sich jetzt nun und öffnete nur der Haushälterin die Zimmertür, die ihr etwas essen brachte und manchmal sogar zehn Minuten mit ihr sprach. Aber sonst? Völlige Funkstille. Sarada verließ das Haus nur zur Schule und das so früh, dass Sakura gar keine Chance hatte mit ihr zu sprechen. Und wenn sie zurück kam, ignorierte sie Sakura einfach und verschwand wieder in ihrem Zimmer. „Sie reagiert auch nicht auf meine Nachrichten.“ Boruto hielt sein Handy hoch und verzog das Gesicht. „Bestimmt hasst sie mich jetzt weil sie meint ich häng' mit drin.“ Er sah zwischen Naruto und Sakura hin und her. „Was eure Schuld ist.“ Seine Augen verengten sich. „Verdammt woher sollte ich denn wissen sollen, dass der alte Kerl ihr Dad ist?“ Sakura presste fest die Lippen aufeinander um sich einen sarkastischen Kommentar zu verkneifen. Boruto hatte es nicht verdient das sie ihm an die Kehle ging, nur weil sie selbst Probleme mit Sarada hatte. Und diesmal schlimmer als jemals zuvor. „Sie hasst dich nicht.“ Sakura lehnte sich mit dem Rücken an die Zimmertür ihrer Tochter. „Sie ist nur manchmal etwas schwierig. Ist so ne Mädchen Sache.“ Naruto schüttelte den Kopf. „Das hat damit absolut nichts zu tun.“ Er knirschte leicht mit den Zähnen. „Wir hätten sie vorwarnen sollen. Oder sie zumindest kurz mit ihm sprechen lassen sollen.“ Sakura rieb sich die Schläfen als sie an den Abend zurück dachte. Sarada hatte ihren Vater sofort erkannt. Und wie hätte es auch anders sein können? Sie war beinahe seine genetische Kopie!Doch bevor Sasuke wirklich hätte reagieren können, hatten die Sicherheitsleute sie und Boruto längst abgeführt zusammen mit Sakura und Naruto. Marada hatte durch seinen Wutanfall Atemnot bekommen und daraufhin hatte man sie vom Grundstück entfernt oder wie auch immer der Sicherheitschef es auch genannt hatte. Auf dem ganzen Rückweg hatte Sarada auf sie eingeredet und sie angefleht um zu drehen, doch Sakura hatte nicht gehört und war einfach nach Hause gefahren ohne auch nur einen Blick zurück zu werfen. Was hatten sie einander auch noch zu sagen? Er hatte ihr ein Das wirst du büßen ins Ohr geraunt bevor alles den Bach herunter gegangen war. Und jetzt stand sie hier, mit einer unfertigen Übernahme und einem launischen Teenager mit dem sie nicht mal ein einziges vernünftiges Wort wechseln konnte. „Sie treibt mich in den Wahnsinn.“ Sakura spürte wie Tränen in ihren Augen brannten und so blinzelte sie schnell um es zu verbergen? Was brachten ihr die Tränen schon? Das brachte sie der Übernahme nicht einen Schritt näher und Sarada nicht aus diesem Zimmer. Sie hatte schon vor Jahren aufgehört wegen Dingen zu weinen, die sie nicht ändern konnte. Und solange Madaras Anwalt nicht mit den Papieren zu ihnen kam, war die Uchiha Cooperation in der Schwebe und Sakura konnte nicht mit ihrer Arbeit anfangen. Der Track wechselte zu The baddest Female von CL und Sakura stieß einen frustrierten Schrei aus. Na hervorragend. „Ihr könnt gehen. Wenn sie damit anfängt macht sie niemandem mehr die Tür auf.“ Beinahe hätte Sakura wütend gegen die Tür getreten, doch sie widerstand dem kindischen Impuls in letzter Sekunde und atmete einmal tief durch. Naruto zog eine Augenbraue hoch. „Ich gehe nirgendwo hin, bevor du nicht was gegessen und mit mir gesprochen hast.“ Nachlässig deutete er auf sie. „Du siehst furchtbar aus.“ „Nimm es mir nicht übel Liebling, aber das ist kein Job für einen Mann.“ Sakura sah zur Treppe, auf der Hinata gerade mit Himawari an der Hand die letzten Stufen erklomm. Wann war sie denn hergekommen? Und wer hatte sie reingelassen? War die Haushälterin noch da? Gequält schloss Sakura die Augen. Sie hatte ganz vergessen die Haushälterin für heute nach Hause zu schicken. So ein Mist! „Aber Naruto hat recht. Wann hast du das letzte Mal was gegessen?“ Hinata musterte sie prüfend während Himawari sich von ihrer Mutter löste und auf Naruto zu sprintete, der sie mit einem breiten Grinsen auffing und auf seine Arme hob. Sakura spürte bei diesem Bild sofort den kalten Stich der Reue. Alles was sie wollte war Sarada in die Arme nehmen. Aber die würde ihr eher die Augen auskratzen als sich umarmen und trösten zu lassen. Denn eine Tatsache stand klar im Raum: Es waren drei Tage vergangen und Sasuke hatte sich nicht einmal bemüht um Kontakt zu Sarada aufzubauen. „Ich weiß nicht mehr. Vor zwei Tagen vielleicht. Oder vor drei.“ Sakura schwankte leicht. Jetzt wo Hinata es sagte spürte sie, wie ihr Magen zu knurren begann und wie schwer ihre Glieder sich anfühlten. Sie war einfach restlos erschöpft. Von absolut allem. „Dann wird es zeit.“ Hinata sah zu Naruto. „Nimm du die Kinder mit. Ich bleibe heute Nacht hier.“ Naruto lächelte leicht und setzte Himawari ab ehe er zu Hinata ging. Er nahm sie in den Arm. Flüsterte ihr etwas ins Ohr. Hinata lachte leise und schlug ihm auf den Oberarm ehe sie Boruto einen Kuss auf die Stirn hauchte und Himawari fest in die Arme nahm. Dann sah sie ihrer Familie nach, die die langen Treppen hinab ins Erdgeschoss ging. „Das ist nicht nötig, Hinata.“ Sakura winkte ab. „Du und Naruto, ihr übertreibt mal wieder.“ Hinata schüttelte den Kopf. „Vergiss es. Ich kenn' dich lange genug. Es geht dir furchtbar und alles was du willst ist Schokoladeneiscreme und so lange weinen bis du endlich schlafen kannst.“ Sie zog ein Gummiband aus ihrer Hosentasche hervor und band sich das lange mitternachtsblaue Haar zusammen. „Ich habe dich erlebt als du schwanger warst. Vergiss das nicht.“ Sakura wäre Hinata in diesem Moment am liebsten Weinend um den Hals gefallen. Stattdessen presste sie die Lippen fest aufeinander und nickte langsam. „Na also.“ Hinata kam mit langen Schritten auf sie zu und Sakura hatte überhaupt nicht mehr die Kraft um sich zu wehren. Sie ließ sich einfach gegen Hinata sinken, als sie ihr den Arm um die Schultern legte. Langsam führte Hinata sie die Treppe hinunter und in die Küche, wo sie sie auf einen der Hocker an dem Tresen der großen Küchenzeile drückte. „Wo ist die Haushälterin?“ Sakura rieb sich leicht die Stirn. Als sie die Hand weg nahm sah sie wie betäubt auf ihre Finger, an denen keine grüne Farbe mehr haftete. Nach dem Ball hatte sie aufgehört die Farbe der verheirateten Frau zu tragen. Und für das tiefe schwarz des Zeichens der Witwe war sie noch nicht bereit. Aber das würde sie bald sein müssen, denn sie konnte sich nicht ewig in diesem Haus verkriechen. Das war die traurige Realität. „Ich habe sie nach Hause geschickt als ich gekommen bin.“ Hinata ging zum Kühlschrank. Als Sakura hörte wie sie ihn öffnete gab ihr Magen ein lautes Knurren von sich. Hinata lachte leise. „Also etwas schnelles.“ Dann nahm sie einige Zutaten heraus. Für Sakura sah es so aus, als würde Hinata ihr ihren berühmten Omlett-Reis machen. Sakura seufzte zufrieden. „Du weißt wie man mich glücklich macht.“ Hinata lachte. „Ja. Wie gesagt – ich hab dich schwanger erlebt.“ Sakura schnaubte leicht. „Das stimmt. Und jetzt gerade siehst du ein schönes Beispiel dafür, zu was für einem Albtraum Töchter im Teenager-Alter mutieren. Etwas, worauf du dich freuen kannst.“ Hinata lächelte nachsichtig. „Jetzt sei nicht so unfair. Sie reagiert ja nicht grundlos so.“ Sakura ließ den Kopf in die Hände sinken. „Jetzt sag du mir nicht auch noch, dass es allein meine Schuld ist.“ „Das nicht. Aber du musst mit ihr reden. Und das bald.“ Hinatas Stimme hatte noch immer einen sanften Ton aber Sakura konnte klar heraus hören, wie ernst es ihr war. „Wie denn, wenn ich sie nicht zu Gesicht bekomme?“ Sakura sah auf als sie ein leises Klirren vor sich hörte. Hinata goss gerade großzügig Wein in zwei Gläser. „Wir finden schon einen Weg. Wie immer.“ Sie hob ihr Glas und stieß es leicht gegen das von Sakura. Ja, sie hatten schon immer eine Lösung gefunden. Damals als sie nichts gehabt hatten und Boruto zur Welt gekommen war. Oder damals als Sakura schwanger war und ohne Heimat oder Kindsvater. Sie hatten noch immer für alles eine Lösung gefunden. Und so würde es auch diesmal sein. Hinata und sie hatten schon immer zusammengehalten wie Pech und Schwefel. Und das lag nicht nur daran, dass sie Kindheitsfreunde waren. Ihre Freundschaft ging tiefer als eine bloße Anzahl von Jahren beschreiben konnte. Vielleicht lag es daran, dass sie beide viel zu früh Mutter geworden waren. Oder daran, dass sie beide von ihren Familien verstoßen worden waren. Wer wusste es schon? Sakura wusste nur, dass sie Hinata auf keinen Fall missen wollte. Sie war ihre beste Freundin. Ihre größte Stütze. Und manchmal war sie sogar der einzige Mensch, der sie wirklich verstand. Und das obwohl sie beide ziemlich unterschiedlich waren. Sakura nahm das Glas Wein und trank einen tiefen Schluck. Und sie musste zugeben, dass tat wirklich wahnsinnig gut. Schweigen legte sich über den Raum während nur die Geräusche von Hinatas Kocherei zu hören waren. Das Zischen der Pfanne. Das regelmäßige Klicken des Messers auf dem Schneidebrett. Das leise Surren des Reiskochers. Tröstlich. Heimisch. Normal. „Danke, Hinata“ murmelte Sakura leise nach einer Weile. Hinata lächelte. „Dafür sind Freunde da.“ Dann zwinkerte sie. „Das Eis bekommst du trotzdem erst nach dem Abendessen.“ Sakura sah in die Flammen des Kamins und aß den letzten Löffel von ihrem Eis, während Hinata sie mit Argusaugen betrachtete anstatt ihr Vanilleeis zu essen, dass bestimmt nicht nur noch eine cremige Pfütze in ihrer Schale war. „Was auch immer du sagen willst – sag es einfach. Ich verliere schon nicht den Verstand.“ Sakura lächelte Hinata zaghaft an, die leicht das Gesicht verzog. „Sicher? Du siehst nämlich ein wenig so aus, so wie du nachdenklich in die Flammen starrst.“ Hinata aß einen Löffel von ihrem Eis. Stocherte dann darin herum. Es war als würde Sakura ihrer eigenen Tochter beim Frühstück zusehen, die eine schlechte Note zu beichten hatte. „Jetzt sag es endlich!“ Hinata seufzte leicht und stellte dann die Schale auf den Couchtisch. „Du musst ihn anrufen und mit ihm reden.“ Sakura knirschte mit den Zähnen. Hinata musste nicht einmal seinen Namen sagen, damit Sakura wusste von wem sie sprach. Sakura schnalzte mit der Zunge „Es gibt nichts zu sagen.“ Hinatas Blick wurde sanfter. „Sakura, ihr habt eine gemeinsame Tochter. Da gibt es eine Menge zu sagen.“ Sakura knirschte mit den Zähnen. „Seit wann bist du bitte auf seiner Seite?“ Sie fühlte sich verraten. Hinata war genau so wie Sakura stets der Meinung gewesen, dass Sarada ihren Vater nicht kennen lernen musste. Das es keinen Grund gab ihn zu suchen. Das Sarada ohne ihn besser dran war. Und jetzt plötzlich änderte sie ihre Meinung? Hinata verengte die Augen zu Schlitzen. „Ich bin auf gar keiner Seite. Und wenn überhaupt dann wäre ich auf Saradas.“ Sakura knallte die Schüssel auf den Couchtisch. Das Glas gab ein gefährliches Knacken von sich. „Ich tue das alles nur zu Saradas Bestem! Ich dachte du verstehst das!“ Sakura warf ungehalten die Hände in die Luft. „Was soll sie mit einem Vater, der wieder verschwinden wird? Was soll sie mit einem vater, dem das Wort Verantwortung vollkommen Fremd ist? Ebenso wie das Wort Rückrad?!“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich dachte da wären wir uns einig!“ Hinata stand auf und setzte sich auf die Armlehne von Sakuras Sessel. Sanft strich sie ihr durchs Haar. „Das waren wir auch. Bevor er wieder in der Stadt war.“ Hinatas Tonfall war wieder verräterisch sanft geworden. So als fürchtete sie, Sakura gänzlich zu verschrecken. „Aber jetzt ist er hier. Und sie hat ihn gesehen Sakura. An dieser Tatsache führt kein Weg vorbei. Wenn du ihr nicht gibst was sie will, werden sich die Fronten zwischen euch verhärten und du wirst gar keinen Zugang mehr zu Sarada haben. Willst du das wirklich?“ Sakura schüttelte den Kopf. „Natürlich nicht. Was ist das denn für eine Frage?“ Hinata schmunzelte leicht. „Eine ganz Einfache.“ Dann wurde sie wieder ernst. „Sieh es so, wenn du ihr gibst was sie will, dann kannst du viel besser kontrollieren wie viel Kontakt sie zu Sasuke hat. Du kannst viel aktiver Steuern, wohin das ganze läuft. Das alleinige Sorgerecht liegt immerhin bei dir.“ Sakura hielt einen Moment lang inne. So hatte sie über diese ganze Sache noch gar nicht nachgedacht. Wenn sie Kontrolle über diese Situation behalten wollte, dann würde sie ein wenig nachgeben müssen. So einfach war das. Und dennoch... „Ich will nicht, dass er ihr weh tut“ murmelte Sakura nach einer Weile der Stille. „Ich weiß“ Hinata drückte Sakuras Kopf sanft an ihre Brust. „Aber du wirst es nicht verhindern können. Alles was du tun kannst ist für sie da zu sein, um die Scherben aufzusammeln. Das ist das traurige Schicksal von uns Eltern. Wir müssen unsere Kinder ihren eigenen Weg gehen lassen und können ihnen nur als sichere Basis dienen, zu der sie immer zurück kommen können.“ Sakura lachte leise und schob sich leicht von Hinata fort. „Aus welchem Elternratgeber hast du das denn?“ Hinata lief leicht rot an. „Aus dem von diesem Amerikaner.“ Sakura warf den Kopf in den Nacken und lachte. So stark, bis ihr die Tränen kamen. Sie lachte und lachte und lachte. Es war als würde ihr Körper versuchen, die Glückshormone der letzten dunklen Tage mit einem Mal zurück zu holen. Hinata sah nur auf sie hinab und lachte leise vor sich hin, während Sakura versuchte sich zu beruhigen. Jedoch erfolglos. Als es an der Tür klingelte, strich Sakura sich die Lachtränen von den Wangen und küsste Hinata sanft auf die Wange. „Danke. Das habe ich gebraucht.“ Hinata schmunzelte. „Ich weiß. Sonst hätte ich es dir gar nicht erzählt.“ Sakura ging durch das offene Foyer zur Tür. Hinata hatte recht. Sie musste mit Sasuke reden. Ob sie wollte oder nicht. Nur so würde sie die Kontrolle über diese Situation behalten können. Sie strich sich das Haar zurecht und warf einen letzten Blick in den Spiegel. Sie sah furchtbar aus, aber wen kümmerte das schon? Es war bestimmt nur Naruto, der Hinata noch etwas bringen wollte oder etwas vergessen hatte. Mit einem Ruck öffnete Sakura die Tür und sofort schwand ihr leichtes Lächeln. „Sasuke?“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein Krächzen. Doch Sasuke sagte nichts. Stattdessen packte er sich grob ihren Oberarm und drängte sie durch das Foyer in das Esszimmer wo er sie unsanft hinein schubste, ehe er die Tür verschloss. Das Klicken kam ihr vor wie eine unheilvolle Kampfansage. „Wir zwei werden uns jetzt Mal unterhalten.“ Sasuke drückte sie auf einen Stuhl hinab. In seinen Augen ein tosender Sturm, vor dem Sakura diesmal nicht entkommen würde. Kapitel 9: ----------- 9 Sakura starrte zu Sasuke hinauf, der noch immer vollkommen wütend aussah. Seine Hand ruhte auf ihrer Schulter und seine Finger gruben sich so tief in ihr Fleisch, das sie leicht das Gesicht verzog. Seine schwarzen Augen starrten sie zornig an und sein Gesicht war zu einer Maske wütenden verzerrt. Und dennoch fiel ihr auf wie sehr er sich verändert hatte. Er war noch ein Stückchen größer als damals mit achtzehn. In dem schwarzen Anzug, den er trug, kamen seine breiten Schultern gut zur Geltung ebenso wie seine schmalen Hüften und die langen Beine. Seine schwarzen Augen waren noch immer so wie damals, doch sein Haar war es nicht. Früher hatte er eine etwas wilde und verwegene Frisur gehabt, die am Hinterkopf in alle Richtungen abgestanden hatte. Jetzt trug er sein Haar um einiges länger, sodass er Itachi deutlich ähnlicher sah. Zumindest soweit sie es von den damaligen Fotos in Sasukes Haus beurteilen konnte. „Jetzt hast du kein rotes Kleid mit dem du mich ablenken kannst.“ Seine Stimme hatte noch den gleichen kalten Unterton wie damals als sie sich kennen gelernt hatten. Innerlich schmunzelte sie ein wenig. Er hatte also tatsächlich begriffen, was sie mit diesem Kleid hatte bezwecken wollen. Und offensichtlich hatte es auch für einen kurzen Augenblick funktioniert. Sasuke ließ ihre Schulter los und zerrte wütend einen der Stühle hervor, den er direkt vor ihren stellte. Dann ließ er sich darauf fallen. Jetzt berührte seine Knie fast ihre. Fahrig strich er sich durchs Haar ehe er die Knöpfe von seinem Jackett öffnete. Wieder richteten sich seine kalten Augen auf sie. Er atmete kurz tief durch. „Ich bin also Vater?“ Sakura zog eine Augenbraue hoch. „Du bist ein Erzeuger. Nichts weiter.“ Seine Gesichtszüge verdüsterten sich noch mehr. „Was soll das denn heißen?“ Sakura seufzte leise und sah ihm dann direkt in die Augen. Die Dinge waren anders als damals. Jetzt hatte sie kleine Angst mehr davor, sich mit Sasuke auseinander zu setzen. Sie hatte keine Angst mehr davor, dass er sich von ihr Trennen oder das er ihr das Herz brechen könnte, wenn sie ihre Meinung sagte. Immerhin hatte er beides längst getan. Sakura lockerte ihre Schultern und lehnte sich nun etwas entspannter zurück. „Väter sind Männer die tatsächlich eine Beziehung zu ihren Kindern haben, Sasuke. Aber du? Du hast sie nur gezeugt. Nicht mehr und nicht weniger.“ Er stieß ein knurren aus. „Du hast mir keine Gelegenheit dazu gegeben.“ Dann lehnte er sich vor. „Was hast du dir dabei gedacht, sie vor mir zu verheimlichen?“ Sakura knirschte mit den Zähnen. Was sie sich dabei gedacht hatte? Was zur Hölle hatte er sich dabei gedacht sie einfach so zu verlassen? Was hatte er sich dabei gedacht, ohne ein Wort ein neues Leben anzufangen? Und was zur Hölle hatte er sich dabei gedacht, ihr bis zum letzten Augenblick ins Gesicht zu lügen? Und wieso urteilte er überhaupt über sie? Er wusste überhaupt nicht was sie durchgemacht hatte. Sie war all die Jahre mit der Verantwortung für Sarada allein gewesen. Klar, Kakashi hatte ihr geholfen wo er nur gekonnt hatte. Doch das hatte ihn nun einmal nicht zu Saradas Vater gemacht. „Ich hielt es für das Beste. Du hast keinerlei Relevanz im Leben meiner Tochter.“ Sie wusste sie war grausam und kalt. Sie wusste auch, dass sie eigentlich das Gespräch suchen müsste. Doch sie konnte nicht anders als verbal blindlings um sich zu schlagen. Denn jetzt hier zu sein, mit ihm in diesem Raum, riss so viele alte Wunden auf, dass sie vor Schmerzen fast geschrien hätte. Sasukes Augen verengten sich. „Das ist nicht allein deine Entscheidung.“ Sakura stieß ein freudloses Lachen aus. „Und wie es allein meine Entscheidung ist. Ich habe das Sorgerecht. Sie ist meine Tochter. Du kennst ja nicht einmal ihren Namen, Sasuke!“ Sie schüttelte den Kopf. So energisch, dass sie davon beinahe Kopfschmerzen bekam. „Du weißt gar nichts über sie. Und ich werde auf keinen Fall zulassen, dass du ihr wehtust, nur weil du nicht deinen Mann stehen kannst.“ Bevor sie reagieren konnte hatte Sasuke die Hände auf die Armlehnen ihres Stuhls gelegt. Er schloss sie ein. Gab ihr keine Möglichkeit zur Flucht. Allein dieses Wissen presste ihr alle Luft aus den Lungen. Seine Präsenz tat ihr übriges. Sasuke stand auf und lehnte sich ganz tief zu ihr herunter. Er war ihr so nah, dass sie seinen Atem auf ihrer Wange spüren konnte. Und sein Blick war derartig unnachgiebig, dass sie für einen kurzen Moment Zweifel und Angst spürte. „Ich habe nichts von ihr gewusst. Sonst wäre ich hier gewesen. Und das weißt du auch.“ Sasukes Stimme war nur noch ein zorniges Zischen. „Und genau deshalb hast du mir nie etwas von ihr erzählt, richtig? Weil du viel zu sehr damit beschäftigt warst, einen reichen alten Sack zu heiraten. Dabei wäre ich dir doch nur im weg gewesen, richtig?“ Als seine Lippen sich zu einem eisigen Lächeln verzogen, fühlte es sich an als hätte er sie angeschossen. Sie hörte den Knall bevor sie realisierte das sie ausgeholt hatte. Sie spürte nur das Brennen in ihrer rechten Hand und sah, wie Sasukes Wange einen tiefroten Ton annahm, während es ihr wie in Zeitlupe vorkam wie sein Kopf leicht herum gerissen wurde von der Wucht ihrer Ohrfeige. „Ich habe nach dir gesucht, du widerwärtiger Scheißkerl.“ Fassungslosigkeit breitete sich auf seinem Gesicht aus ehe er die linke Hand an seine Wange legte. Er konnte es offensichtlich nicht fassen, dass sie ihn geschlagen hatte. Und wenn sie ehrlich war, dann konnte sie es ebenfalls nicht. Was hatte sie sich dabei gedacht? Sie war besser als das hier! Erwachsener! Hier ging es nicht um ihr gebrochenes Herz oder um ihre Wut. Hier ging es um Sarada. Wieso zum Teufel konnte sie sich also nicht zusammen reißen? Warum konnte sie nicht tief durchatmen und alles ruhig und gelassen angehen? Warum? Sasuke richtete sich auf und wandte ihr den Rücken zu. „Wenn du mich gesucht hast, wieso habe ich dann nie etwas davon gehört?“ Sakura lachte freudlos auf. „Das solltest du vielleicht deinen geliebten Onkel fragen. Du glaubst doch sonst auch jedes Wort, dass von seiner verlogenen Zunge tropft.“ Sie konnte genau sehen wie Sasuke sich bei ihren Worten verspannte. Bei Gott, jetzt hör endlich auf! Hör auf! „Pass auf, wie du über meinen Onkel sprichst.“ Sie konnte das Grollen in seiner Stimme genau hören. Es klang für sie wie das Donnergrollen, dass dem Blitz vorausging, der kurz darauf im Haus einschlug und alles in seinem Weg restlos zerstörte. „Wie gesagt – frag ihn. Jetzt wo er bald stirbt, sagt er vielleicht endlich einmal in seinem Leben die Wahrheit.“ Stille trat ein. Und sie hielt eine ganze Weile an. Sakura überschlug die Beine und starrte auf Sasukes Rücken. Was ihm jetzt wohl gerade durch den Kopf ging? Früher hatte sie ihn lesen können wie ein offenes Buch. Jetzt war er für sie wie ein Tresor, dem sie keines seiner Geheimnisse entlocken konnte. Aber das lag wohl daran, dass sie Sasuke eigentlich überhaupt nicht mehr kannte. Und das sie ihn auch niemals wirklich gekannt hatte. Ihre einzige Verbindung zu ihm war ihr gemeinsames Kind. Nicht mehr und nicht weniger. Als das Schweigen anhielt, biss sie fest die Zähne zusammen. Wenn er nicht bald einen Ton sagte, dann würde sie aufstehen und gehen. Denn hier zu sein und ihn anzusehen, aus nächster Nähe, kostete sie alle Kraft die sie aufbringen konnte. Denn wenn sie ehrlich war wollte sie bei seinem Anblick immer noch in Tränen ausbrechen. „Wie heißt sie?“ Sasukes Stimme war so leise, dass sie kaum zu Sakura durchdrang. Aber sie war sich sicher, dass sie ihn richtig verstanden hatte. Am liebsten hätte sie ihm gesagt, dass er zur Hölle fahren könnte. Doch sie atmete tief durch. Hier ging es nicht um sie selbst oder um die hässliche Vergangenheit, die sie teilten. Hier ging es um Sarada. Und egal wie sehr es Sakura missfiel, sie wusste, dass Sarada Sasuke kennen lernen wollte. Und sie würde nichts dagegen tun können. Alles was sie tun konnte war, das Geschehen im Hintergrund zu lenken und Sarada zur Seite zu stehen, wann immer sie es brauchte. Und das Sasuke es versauen würde, dass stand für Sakura völlig außer Frage. Immerhin hatte er es nicht mit einem staunenden Kleinkind zu tun, sondern mit einem passiv-aggressiven pubertierenden Teenager. Er würde noch schnell genug das Handtuch werfen. „Ihr Name ist Sarada.“ Sakura sah auf ihre Nägel um Sasuke nicht ins Gesicht sehen zu müssen. Was auch immer er für einen Ausdruck zeigte – sie wollte ihn absolut nicht sehen. „Ihr Geburtstag ist der 29 Dezember. Sie war ein paar Tage zu früh.“ „Sie sieht mir sehr ähnlich, oder?“ Sakura riss überrascht den Kopf hoch, doch Sasuke sah zu dem Bild von einem Kirschblütenbaum, dass an der Wand hing. Seine Augen verrieten keinerlei Emotion. Es war auch eher eine Feststellung gewesen als eine wirkliche Frage. Und doch überraschte Sakura es, dass er Sarada lange genug angesehen hatte, um das zu bemerken. Doch sie fing sich schnell wieder. „Ja, das tut sie.“ Sie sah wie Sasuke die Lippen zusammen presste. „Hat sie jemals nach mir gefragt?“ „Jeden Tag.“ Sakura straffte die Schultern. „Aber ich habe ihr nie von dir erzählt.“ Sie konnte hören, wie er mit den Zähnen knirschte. „Wieso nicht?“ Seine Stimme war wieder zu einem wütenden Zischen geworden. Sakura schwieg einen Moment. Doch dann sprach sie ihre Gedanken laut aus. Auch wenn sie schmerzhaft waren. „Weil du kein guter Vater gewesen wärst. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass du auch jetzt noch keiner bist.“ Sasuke ballte die Hände zu Fäusten. „Ich hätte mit der Aufgabe wachsen können.“ Sakura schüttelte den Kopf. „Hättest du nicht. Denn um ehrlich zu sein Sasuke – du bist ein Egomane. Du denkst zuerst an dich und daran was du willst. Und erst dann kommt dein Onkel. Und dann irgendwann der ganze Rest der Welt.“ Sie strich sich durch ihr Haar. „Ein Kind zu haben bedeutet Aufopferung und bedingungslose Liebe. Und ich habe am eigenen Leib erfahren, dass du zu beidem nicht fähig bist.“ Sasuke stieß ein Schnauben aus. „Darum geht es also? Um dein ach so gebrochenes Herz?“ Er zog eine Augenbraue hoch. „Dafür hast du ziemlich schnell geheiratet, nicht wahr?“ Sakura verengte die Augen zu schlitzen. Ihr Körper bebte vor Wut. „Meine Ehe zu Kakashi geht dich absolut gar nichts an.“ Sasuke lachte freudlos auf. „Offensichtlich schon. Immerhin bist du jetzt eine Hatake. Und allein das ist ein Problem.“ „Du bist nicht zu fassen. Bist du für deine Tochter hier oder fürs Geschäft? Wenn du wegen letzerem hergekommen bist, zeige ich dir gerne die gottverdammte Tür.“ Sie spürte wie ihr Körper vor Wut bebte. Eine erneute Ohrfeige kam Sakura wie eine verdammt gute Idee vor. Vielleicht sollte sie auch einfach nachsehen, ob sie Kakashis Schrotgewehr noch irgendwo fand. Man würde sie eh nur wegen Notwehr bestrafen. Immerhin wusste jeder, was für ein Arschloch Sasuke sein konnte. Sasuke verschränkte die Arme vor der Brust und schwieg einen Moment lang. „Ich bin wegen Sarada hier. Aber was hast du erwartet? Das ich das alles einfach schlucke?“ Er schüttelte den Kopf. „Du hast mich öffentlich angegriffen. Und du hast mir meine Tochter vorenthalten. Hast du wirklich gedacht ich rolle mich auf den Rücken und ergebe mich?“ „Ich habe nicht dich angegriffen sondern deinen Onkel. Du bist nichts weiter als Kollateralschaden, den ich billigend in Kauf nehme.“ Als Sakura in Sasukes Augen sah, stockte ihr der Atem. In seinen Augen lag blinde Wut. Aber im Raum lag eine ganz andere, sehr eigenwillige Spannung, bei der Sakura automatisch Gänsehaut bekam. Sie starrten einander an. Keiner bewegte sich auch nur einen Zentimeter. Doch dann hörte Sakura hastige Schritte vor der Tür. „Sakura?“ Es war Hinatas Stimme. „Sakura, wo bist du?“ Sie schmunzelte leicht. „Ich bin hier.“ Kurz darauf hörte sie ein Klopfen an der Tür. Dann ein Ruckeln. „Ist alles okay bei dir?“ Sakura sah zu Sasuke, doch sie noch immer wortlos anstarrte. „Da steht ein fremder Wagen in der Einfahrt und die Haustür stand offen.“ Hinata klang ernsthaft besorgt. Beinahe schon ein wenig hysterisch. „Es ist alles okay Hinata. Es ist nur Sasuke. Und er wollte sowieso gerade gehen.“ Sakura hörte genau wie Hinata einen Laut des Erstaunens von sich gab. „Ich denke wir sind hier fertig.“ Sie stand mit einem Ruck auf, doch bevor sie sich versah, machte Sasuke einen großen Schritt auf sie zu und hielt sie am Handgelenk zurück. Dieser kleine Kontakt reichte aus, dass ein Kribbeln sich über ihre Haut zog. Es war wie ein elektrischer Schlag, der ihr durch Mark und Bein fuhr. Die Spannung zwischen ihnen schien zu explodieren und die Funken drohten ihre Haut bis auf die Knochen zu verbrennen. Sie sollte gehen. Und das so schnell sie nur konnte. Doch sie konnte sich keinen Zentimeter bewegen. „Lass mich sofort los.“ Ihre Worte waren nicht mehr als ein atemloses Keuchen. Sofort presste sie die Lippen zusammen. Das hier war nicht gut. Ganz und gar nicht gut. „Vergiss es.“ Sasuke sah ihr in die Augen, doch sein Blick wanderte immer wieder zu ihren Lippen. Und sie konnte nur den Atem anhalten. Sie hatten gerade gestritten. Schlimmer als jemals zuvor. Und doch lag da etwas im Raum, das keinerlei Worte bedurfte. So war es schon damals gewesen. Und genau deshalb war sie wohl auch mit achtzehn Jahren schwanger geworden. Mit einem Ruck entzog sie ihm ihren Arm. „Wenn du wirklich wegen Sarada hier bist, dann hol sie morgen zum Abendessen ab um sie kennen zu lernen. Sie mag Italienisch.“ Unbewusst rieb sie sich ihr Handgelenk. „Aber mehr wirst du auf keinen Fall von mir kriegen, Sasuke.“ Er zog eine Augenbraue hoch. „Bist du dir da sicher?“ Sakura entriegelte die Tür und riss sie mit einem Ruck auf. „Absolut.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)