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Adlerschwingen

Prolog
von

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3. Kap. Ein schmerzlicher Verlust für Haliv

3 Kapitel ein schmerzlicher Verlust für Haliv
 

Tom rannte. Er konnte gar nicht aufhören. Er fiel mehrmals um, und zerriß sich die Hosen. Seine Seiten brannten. Er konnte kaum mehr atmen. Alles tat ihm weh, aber das würde ihn nicht davon abhalten, ohne Pause aus diesem schrecklichen Ort ins Haus zu rennen. Überall hörte er die Stimme das Falken, obwohl er sich immer noch sicher war, dass das alles ein fauler Trick war. Bestimmt steckt Chris dahinter. Dachte er sich. Es dämmerte schon, und der Wald war nun noch weniger anziehend als sonst- jedenfalls für Tom...

Plötzlich hörte er ein rascheln neben sich. Er blieb ruckartig stehen. War das ein Hirsch, der ihn töten wollte? Nun komm schon, Tom. Denk nicht mehr an diesen blöden Vogel. Sehrwahrscheinlich ist es nur ein Eichhörnchen... nur, ein Eichhörnchen war es sicher nicht soviel war klar... Aber Tom bemerkte den Unterschied nicht, vom Eichhörnchen zum Grossen Tier... Ich meine, seit wann können Eichhörnchen knurren? Da bemerkte es auch Tom... Angst war in sein Gesicht geschrieben, und das Wesen raschelte noch immer im Gebüsch. Ach Tom, du hattest bis jetzt ein schönes Leben, Mach dir nichts draus! Beruhigend tönte das ja nicht, aber irgendwas musste er ja denken.

Doch dann, als er schon am überlegen war, wem er was schenken, ob er sich gerade ergeben oder würdig als Kämpfer sterben sollte, kam das "Ungetüm" aus dem Buch. "Shira, oh mein Gott. Ich hab dich gesucht. Wo warst du? Jetzt frag ich meinen Hund schon etwas... Ich muß echt bescheuert sein." Er nahm Shiras Leine, sie war immer noch am Halsband befestigt, und ging mit ihr noch durch den Wald. "Ach Tom, du hast nicht nach mir gesucht, stimmt's?", sagte plötzlich eine zarte und trotzdem rauhe Stimme. Tom überkam ein schrecklicher Verdacht.

"Was? Shira, du auch?" Tom blickte in Shiras Gesicht. Doch ihr Mund war zu ewigem Schweigen verschlossen. Oh nein, Jetzt hör ich schon meinen Hund sprechen... Ich bin echt reif für die Klapse...
 

Als Tom, dreckig, müde und naß, zu Hause ankam, war immer noch niemand da. Es war totenstill im Haus. Tom ging in die Küche, schenkte sich ein Glas Milch ein, und trank es in einem Zug. Erst jetzt, als er zu Hause war, wo es trocken und warm war, bemerkte er, wie
 

müde er eigentlich war. Er konnte kaum noch seine Beine bewegen, und seine Brust hob und senkte sich immer noch sehr unregelmäßig. Shira kugelte sich in einer Ecke zusammen, und schlief ein. Tom stellte den Fernseher an, und guckte in den Kasten. Es lief irgend so eine Talkshow, in der es um Beziehungsprobleme ging. Doch Tom guckte nur starr in den Kasten, und fragte sich, ob irgendeiner dieser Menschen, die diese Show moderierten oder sie guckten, auch schon so etwas erlebt hatten, wie er an diesem einen Abend. Er dachte über Swarthy und seine Geschichte, seine Worte und seine Warnung nach. Nimm dich in Acht vor den Hirschen... du kannst nicht fliehen... du bist der Auserwählte... sie werden euch alle töten... Tom's Kopf schmerzte vor lauter Gedanken... Er hörte auch überhaupt nicht mehr zu, als eine dicke Frau über ihre bisherigen 20 Beziehungen fluchte.

Als die Show fertig war, das bemerkte Tom nur, weil die Schlussmusik kam, schaltete er den Fernseher aus. Nun war es wieder so still im Haus. Und Tom haßte absolute Stille. Dauernd hatte er das Gefühl, er würde von draußen ein Geräusch hören. Etwa ein Hirsch, der nach im trachtete? Sicherheitshalber schloss Tom die Tür ab. Seine Eltern und Tante Pad haben ja selber einen Schlüssel. Er ging hinauf in sein Zimmer, zog sich um, und holte ein Buch aus dem Regal. Tiere- wie Sie ihre Mythen kennenlernen. Es war ein steinaltes Buch, das Tom früher sehr gerne angeschaut hatte, da es viele Bilder von Fabeltieren wie Drachen oder Einhörnern beinhaltete. Er schaute nach unter Adler, aber er konnte nichts finden. Es stand nur, dass die Adler die Freiheit und die Kraft verkörperten, und noch eine Menge Bio- Stoff. Es war nicht das, was Tom erwartete. Auch als er unter den Begriffen Wölfe und Hirsche nachschlug, fand er nicht das, was er suchte. Nichts stand darin über diese Sage oder Prophezeiung. Nicht ein einziges Sätzchen.

Tom legte das Buch beiseite, und holte ein neues aus dem Regal mit dem Namen: Sagen Nordamerikas. Er blätterte darin und suchte immer noch das gleiche... immer die gleichen Begriffe. Er wollte nicht schlafen, ehe er fündig wurde...
 

"Tom", schrie eine Stimme. "Tom komm herunter zum Frühstück. Aber sofort!" Tom lag in seinem Bett und war totmüde. Er konnte noch nicht aufstehen. Seine Beine waren wie gelähmt. "Tom" rief seine Mutter nochmals, "Ich komme sonst rauf." Nun wollte Tom wirklich aufstehen, doch er konnte es immer noch nicht. Panisch versuchte er zu erkennen, wieso er seine Beine nicht mehr bewegen konnte. Da klopfte etwas an seinem Fenster. Tom schaute hin. Zuerst konnte er nichts erkennen, doch dann sah er die schlanke Gestalt Swarthys. "Tom", rief er, "geh nicht runter, sie ist gefährlich."

"Wer ist gefährlich, Swarthy?"

"Deine Mutter. Sie unterliegt dem Fluch"

"Nein, Swarthy, ich glaube dir nicht, ich werde jetzt gehen."

"Gut, ich habe dich gewarnt.... wenn du es willst... du kannst nun wieder laufen. Oh, Haliv, warum glaubst du mir nicht? Sie werden euch alle töten."

Tom konnte nun wieder aufstehen. Er stand auf, funkelte Swarthy böse an, und zog den Vorhang, so dass er den Vogel nicht mehr ansehen musste. Doch Swarthy wollte noch etwas sagen. Immer wieder schlug er mit seinem Schnabel gegen die Scheibe. Tom überlegte schon, ob er seine Mutter holen sollte. Sie könnte den klopfenden Vogel verjagen. Das Klopfen hörte nicht auf. Tom bekam Kopfschmerzen davon. Da rief wieder eine Stimme, diesmal aber ganz nah. "Tom, wach endlich auf!"
 

Tom setzte sich ruckartig auf. Er zitterte am ganzen Körper. Er lag in seinem Bett, Draußen pfiffen die Vögel und die Sonne schien durch sein Fenster.
 

"Tom, du hast geträumt! Was!" Chris stand in seinem Zimmer. Nach ihrem Gesichtsausdruck zu schließen, musste er ganz heftig geträumt haben.

"Ich? Wieso, was sollte ich gemacht haben?"

"Ach Tom, stell dich nicht so dumm an. Du hast dich wie ein Todkranker im Bett herumgewälzt und gejammert 'hör auf, das tut weh' Nun sagt schon, Bruderherz, verschweigst du mir etwas." Nun da Chris sah, dass es Tom gutging legte sie gleich richtig los. Sie grinste Tom verschwörerisch an.

"Was soll ich vor dir geheimhalten. Es sei denn... Chris! Hast du mein PC-Tagebuch gelesen?!?" Tom war nun hellwach. Er sprang auf und sah Chris in die schwarzen Augen.

"Nun," antwortete sie," wenn du so dumm bist, und genau an diesem Tag, an dem ich frei habe, den PC gestartet läßt, zur Schule gehst, und Mam nicht zu hause ist, dann kann es schon mal passieren, dass ich mich in dein Zimmer verirre. Du weißt ganz genau, dass ich sehr neugierig bin, oder? Aber keine Angst. Ich erzähle niemandem etwas. Darauf schwöre ich."

"Und was hast du gelesen? Ich sag dir, das schreit nach Rache, Chris" Tom war nun sehr wütend. Denn wenn er etwas nicht ausstehen konnte, dann war das schnüffeln. Normalerweise sagte Tom Chris alles. Viele Dinge, von denen nicht einmal seine Eltern wußten. Doch manche Dinge gingen sie nun wirklich nichts an. Und dass sie nun alles wußte, machte ihn nicht nur wütend, sonder war ihm auch noch oberpeinlich.

"Was ich gelesen habe? Alles, Tom. Manche Dinge waren wirklich sehr interessant." Lachend verließ Chris das Zimmer. Doch kaum war sie außerhalb des Zimmers, drehte sie sich noch einmal um und fragte: "Nun, sag schon Tom, was hast du geträumt."

Tom überlegte lange, und sagte dann langsam: "Ich habe geträumt, es hätte ein Vogel zu mir gesprochen. Ich sein ein Auserwählter oder so...und er sagte was von Hirschen, Adlern und Wölfen. Es war äußerst kurios...nun, es war ein blöder Alptraum nichts weiter..."

"Tom! Träume bedeuten meistens etwas, denk daran!", sagte Chris mit hochgezogenen Augenbrauen.

"Ach, Chris, jetzt reg dich mal nicht auf. Und geh jetzt bitte, ich möchte mich umziehen, ja?"

Chris verließ das Zimmer, und schlug die Tür hinter sich zu. Nun war Tom wieder alleine. Es war nur ein blöder Alptraum, nichts weiter. Ich habe das alles nur geträumt. Swarthy gibt es nicht, er ist nur ein Hirngespinst...Ach, zum Glück....Ich hatte echt das Gefühl, ich sei nicht mehr ganz normal...

Tom fühlte sich plötzlich so glücklich wie seit langem nicht mehr. Auf einmal gefiel ihm alles hier. Das Haus, das Wetter, das Pony, ja sogar die ekligen Fische, die draußen im See schwammen. Er zog sich blitzschnell an, nur um noch vor neun Uhr nach draußen zu kommen. Er wollte in den Wald und laut hinauslachen. Wie konnte er nur so dumm sein? Beim hinuntergehen sah er kurz seine Mam.

"Tom, wohin gehst du?"

"Ich will nur in den Wald mit Shira."

"Ach, apropos Wald. Wieso sind deine Stiefel voller Matsch? Du hättest sie gestern Abend ja kurz abspritzen können. Und deine Hose erst. Total zerissen...Das nächste mal passt du ein wenig besser auf, ja? Sonst kannst du die Hosen selber zahlen. Und Shiras Leine ist auch voller Dreck und total kaputt. Was hast du gestern bloss mit ihr gemacht?"

"Ich war im Wald"

"Und warum ist dann die Leine kaputt?"

"Shira ist mir davongelaufen...Wegen einem Hirsch", fügte er noch rasch hinzu.

"Tom, du bist dreizehn und solltest in der Lage sein, einen Hund zu halten."

"Ja, Mam"

"Und das nächste mal passt du besser auf!"

"Ja, Mam"

Seine Mutter schaute Tom mit Mischung aus Wut und Sorge an.

"Weißt du, es ist gefährlich, hier in der Nacht", sagte sie nun besorgt, als hätte jemand sie per Knopfdruck umgeschaltet.

"Mam, ich kann sehr gut selber auf mich aufpassen, danke!", fauchte Tom etwas agressiver als er eigentlich vorhatte.

"Tom, wenn du immer nur streiten willst, dann kannst du mal eine Woche zu deiner Grossmutter gehen. Ich weiß auch nicht, was mit dir los ist. Entweder das Alter, oder sonst was. Du trinkst doch keinen Alkohol, oder?"

"Mam," giftete Tom, nun wirklich wütend," nein, ich trinke nicht. Und das Angebot wegen meiner Grossmutter nehm ich gern mal an...Darf ich nun gehen?"

"Ja, geh nur. Ist mir doch egal."

Jetzt hatte Tom's Mutter wieder ihren ich- ignoriere- alle- Phase und drehte sich wortlos um. Sie verschwand in der Küche, wo sie ein wenig schmollte. Als Pad schliesslich in die Küche kam, und gutgelaunt die Kaffeemaschine in Gang setzte, lachte sie wieder. Sie erzählten sich Witze über Männer und Amerikaner. Tom war total vergessen gegangen. Nach dem Frühstück setzten sie sich in den Garten zu Tom's Vater und dösten ein wenig.

Tom war aber schon unterwegs. Er ging mit Shira durch den gleichen Teil des Waldes, wie am Tag zuvor. Eigentlich führte Shira, und nicht Tom. Er sah die Eichhörnchen vor seiner Nase nicht einmal, obwohl sie laut spielend die Bäume hinauf und hinunterkletterten. Tom dachte nach. Nicht wegen dem Streit mit seiner Mutter, aber trotzdem ging es ein bisschen um das. Es ging nicht um den Streit selbst, sondern um ein paar Sätzchen, die ihm zu denken gaben.

"Deine Stiefel waren schmutzig....die Leine ist kaputt...warum?....die Hosen sind zerrissen..."

Bei jedem Schritt hallten diese Worte in seinem Kopf wieder. Denn, nach dem zu schliessen, was seine Mutter gesagt hatte, war er gestern Abend wirklich im Wald. Jetzt konnte er sich auch an gar nichts erinnern, was er sonst gemacht haben könnte. Das würde ja heissen....Nein! daran wollte Tom gar nicht denken. Vielleicht habe ich nur geträumt, und vergessen, was passiert ist...Vielleicht bin ich vor dem Fernseher eingeschlafen...Aber irgendwie glaubte er selber nicht so recht an seine Worte...Sie waren so- unecht...Plötzlich fasste er einen irrwitzigen, ja wahnsinnigen Entschluss. Jetzt musste er es wissen. Er rannte los. Schneller, als er je gerannt war. In etwa einem Kilometer Entfernung sah er einen Hügel. Das Gebüsch, das schon wieder an seinen Kleidern kratzte, war ihm egal. Tom sah einen schwarzen Schatten über ihn hinwegfliegen. Schnell hob er den Kopf, um zu sehen, was für ein Vogel das war. Der Vogel flog hoch. Sehr hoch. Tom erkannte ihn nur als schwarzes Profil. Ein Vogelkenner hätte jetzt sagen können, um was ungefähr es sich handeln musste. Doch Tom war kein Profi, und konnte gerade mal ein Huhn von einem Flamingo unterscheiden. Aber trotz der Höhe des Vogels und Tom's nicht existierenden Wissen über Vögel, sah er, dass es ein grossen Vogel war. "Also kein Swarthy...", murmelte er so vor sich hin. Ratlos lief er weiter.

Als er etwa eine halbe Stunde später, es wurde zunehmend wärmer, auf dem Hügel ankam, war Tom völlig müde. Er setzte sich auf einen Stein und schaute auf das Haus von Tante Pad. Von hier aus konnte man viel überblicken, auch sah Tom, dass Chris gerade vom Haus auf den Waldrand zulief. Sehrwahrscheinlich wollte sie ein wenig im kühlen Teich, der Mitten im Wald lag, baden gehen. Tom würde dort nie baden gehen, er hasste Frösche. Und in diesem Teich wimmelte es von Fröschen. Chris hingegen machte das nichts aus. Tom hatte das Gefühl, wenn sie müsste, würde sie sogar auf dem Mount Everest übernachten. Sie wollte einfach alles ausprobieren.

Tom sah ihr mit einem Kopfschütteln nach. Chris verschwand im Wald. Tom wußte noch nicht, dass er sie lange nicht mehr sehen würde.

Plötzlich stupste ihn eine kalte Nase an. Tom, tief in Gedanken versunken, schreckte auf. Hinter ihm stand Shira. Dann deutete sie mit der Schnauze nach oben. Oder besser gesagt: Tom hatte das Gefühl, dass sie zum Himmel deutete. Tom sah auf. Und dann schrie er. Ein Ungetüm raste auf ihn zu, ein nicht sehr grosses aber es sah sehr gefährlich aus. Es kam näher und näher, mit unglaublicher Geschwindigkeit. Tom schloss vor Entsetzen die Augen. Nun

musste er trotzdem sterben. Doch anstatt einen bohrend Schmerz zu spüren, hörte er ein Lachen.

"Hey, Haliv, ich bring dich nicht um. Du kannst schon wieder aufblicken!"

Und Tom sah auf, und sah in ein Gesicht das ihm irgendwie übel werden ließ. In mein Gesicht.

"Swarthy, du dummes Huhn. Was machst du hier. Ich wäre fast gestorben!"

"Und wenn schon, fast ist nicht ganz...."

"Aber du hast mich zu tode erschreckt..."

"Nun mach mal halblang, Tom. Meine Augen haben dich gesehen. Wieso bist du schon so früh wieder auf den Beinen. Ich habe gemeint, ihr Menschen schlaft gerne aus?

"Nicht alle, Swarthy. Aber nun zu deiner Frage: Ich bin heute Morgen aufgewacht, und habe mich zuerst schon darauf gefreut, dass das ganze gestern Abend nur ein Traum war. Danach hat mich aber meine Mutter daran erinnert, dass meine Hosen ganz zerfetzt war...Aus der schöne Traum. Es erinnerte mich daran, wie Shira weggelaufen war. Ich glaubte immer noch nicht richtig an das, also wollte ich auf diesen Berg gehen, und nach dir rufen."

"Das hast du aber nicht getan. Jedenfalls noch nicht."

"Ja, der Aufstieg war ziemlich anstrengend, und ich habe Chris noch ein wenig beobachtet."

"Hoffentlich hast du sie gut beobachtet...", nuschelte ich.

"Was hast du gerade gesagt?", rief Tom. Verdammt, er hatte bessere Ohren als erwartet.

"Och, nichts. Vergiss es. Ach, ich habe dich auch gesucht, Haliv! Ich wollte dich eigentlich fragen, ob du deine Meinung gegenüber mir und deiner Bestimmung geändert hat. Aber wie ich sehe ist das nicht der Fall. Aber ich habe dich gewarnt!"

"Weißt du, Swarthy, ich glaube nun daran, dass es dich gibt, dass du nicht erfunden bist. Aber weißt du, die Menschen sind sehr realistisch. Sie glauben nicht mehr an Prophezeihungen. Ich werde nicht bei dir einsteigen. Tut mir leid."

"Hast du es dir auch gut überlegt, Haliv?"

"Ja, mehr als genug. Aber du kannst gerne mit mir nach England kommen."

Und dann zögerte ich. Sollte ich es wirklich tun? Doch dann wußte ich, dass ich es tun musste.

Ich schrie Tom an. Nicht etwa so wie eine Menschenmutter ihr Kind anschrie, wenn es einen toten Frosch nach hause bringt. Nein, nicht so. Ich schrie ihn an, so wie ein Adler oder eben ein Falke schreien, wenn sie ein Beutetier sahen. Doch in Tom sah ich natürlich keineswegs ein Beutetier. Ich wollte ihn einschüchtern. Natürlich hatte es noch einen anderen Grund, aber das ist eine andere Geschichte.

"Swarthy, was soll das? Wegen dir werde ich nicht alt, glaub mir. Was soll das?"

"Nun Tom, ich wurde einfach wütend. Sind eigentlich alle Menschen so naiv wie du? Ich hoffe nicht. Denn das würde euer Untergang sein."

"Ich bin nicht naiv, Swarthy. Ich bin realistisch."
 

Eine weile sassen wir still nebeneinander. Tom auf einem Stein und ich auf einem grösseren. Schweigend blickten wir auf den Wald. Es war warm geworden, und ich hatte hunger. Bald musste ich mich von Tom trennen.

"Swarthy, wie weit siehst du eigentlich? Ich meine, wie detailliert. Ihr Raubvögel habt doch gute Augen, nicht?"

"Ja, haben wir. Aber ich kann dir nicht beschreiben, wie weit ich sehe. Ich sehe in einer anderen Dimension. Aber wenn du deine Bestimmung annehmen würdest, dann könntest du es selbst erleben."

"Was würde dabei für mich rausspringen, wenn ich einsteigen würde."

"Nun, du hättest gute Augen, könntest mit allen Tieren sprechen und das beste: Du kön- was war das?" Ich hatte etwas gehört. Auch Tom guckte mit seinen grauen Augen angestrengt
 

umher. Ein einsamer Schrie durchzog die Stille. Er kam vom Wald. Fast im selben Augenblick kam er vom Wald herauf. Der Weisskopfseeadler, der mir vor dreizehn Sommer gesagt hatte, ich solle mich nach England aufmachen. Nun wußte ich seinen Namen. Ilohr hieß er, und er war ein guter Freund von mir. Aufgeregt schlug er mit den Flügeln. So wie es aussah, wollte er recht schnell zu mir. Als er aber auf unserer Höhe war, machte er keine Anstalten, um zu landen. Im Gegenteil, er schraubte sich noch höher, etwa fünfzig Meter. Als er diese Höhe erreicht hatte, blieb er auf dieser da, und kreiste langsam wie wenn er auf Beutezug wäre.

"Ilohr!", rief ich," was machst du da oben. Komm doch runter. Haliv will dich sicher kennenlernen!"

"Ja, vielleicht ein anderes mal. Aber komm mal rauf Swarthy. Ich muß dir was sagen."

Zuerst schaute ich Ilohr nur ein bisschen verdutzt an, dann Tom, und fragte ihn:" Macht es dir etwas aus. Du kannst ja schnell warten. Ich komme danach wieder."

Tom nickte nur.

Ich flog in den Himmel und Ilohr überbrachte mir die Nachricht...
 

Tom saß da auf diesem Stein und schaute in den Himmel. Dort, hoch über ihm, redeten zwei Vögel. Noch vor einer Woche hätte Tom jedem, der das behauptet hätte, dringend einen ärztlichen Untersuch geraten. Aber nun...Er beschloss, seinen Eltern nichts zu sagen, denn sie würden es sowieso nicht glauben. Und Chris...nun ja, Chris würde sehrwahrscheinlich auf dem Boden liegen vor lachen. Bei diesem Gedanken musste Tom schmunzeln. Er würde genauso reagieren. Tom rieb sich den Nacken; er war verspannt vom ewigen Raufgucken. Doch da kam auch schon Swarthy runter.
 

Mein Gesichtsausdruck war hart und wütend. Ich konnte es nicht fassen. Die Nachricht, die Ilohr mir gerade überbracht hatte, muß für einen Menschen schrecklich sein. Ich schaute Tom an. Und mir würden Tränen in die Augen steigen, wenn ich weinen könnte. Tom saß da, und lachte mich an. Er ahnte noch nichts von der schrecklichen Nachricht. Wie würde er danach reagieren? Würde er heulen oder wütend sein? Ich flog sehr langsam runter, denn zum ersten mal in meinem Leben spürte ich es. Ein Gefühl, von dem ich immer gedacht habe, dass ich es nicht fühlen könne. Ein trauriges Gefühl. Ich fühlte Mitleid. Plötzlich konnte ich mich prima in die Lage des Menschenjungen versetzten. Doch ich konnte nicht einfach so untergehen. Ich würde dieses traurige Gesicht ertragen müssen. Aber ich hatte keine Ahnung, wie ich ihm beibringen sollte. Tiere reden nicht gerne um den heissen Brei herum. Wenigstens konnte ich meine Gefühle verbergen.

Als ich trotzdem unten neben Tom ankam, guckte er bereits nicht mehr so glücklich.

"Was hast du, Swarthy? Du schaust so merkwürdig. Ist etwas passiert?"

"Ach Tom, weißt du...Du wirst es nicht gerne hören, aber-"

"Was aber?"

"Nun Tom, ich weiß nicht wie ich es dir sagen soll..."

Ich war noch nie in meinen Leben so sprachlos.

"Swarthy, so schlimm wird es ja doch nicht sein. Ist wieder ein Wolf oder ein Adler gestorben?"

Der ironische Unterton entging mir nicht. Und daher wurde ich stocksauer.
 

"NEIN, DU ELENDER MENSCH! WENN DU ES GENAU WISSEN WILLST: DEINE SCHWESTER CHRIS IST VORHER IN EINE SCHLUCHT GESTÜRZT. DAS IST PASSIERT!!!"

"Was-"

"Ja, Tom. Du hast mich richtig verstanden. Sie ist tot."
 

Ich hatte mich wieder abgeregt, und schauten nun Tom an, der die Welt nicht mehr zu verstehen schien. Heute glaube ich, war bei ihm dieser Schockmoment. Er glaubte es einfach nicht, was ich hier erzählte.

Tom musste diese Nachricht verdauen...warum heule ich nicht? Warum fühle ich nur diese Leere in mir? Es war Tom, als hätte er einen Faustschlag in den Magen bekommen. Er starrte nur in die Richtung, in der Tante Pad's Haus war und versuchte, zu verstehen, was ich ihm gerade gesagt hatte. Nach einiger Zeit, wie lange wusste ich nicht, stand Tom auf. Sein Blick war irgendwie abwesend, so, als würde er durch mich hindurchschauen. "Na dann", sagte er. Mehr nicht. Ich versuchte, ihm entgegenzukommen. Aber das war nicht sehr leicht für mich.

"Was wirst du nun tun?", versuchte ich ihn freundlich zu fragen. Heute weiß ich, dass das nicht eine sehr beliebte Frage ist.

"Ich weiß auch nicht. Ich weiß nur, Swarthy, dass ich nun überlegen muß, lass mich in Ruhe, ja? Vielleicht werde ich auch nie mehr mit dir sprechen."

"Ja", antwortete ich, und hob meinen Kopf, "das kann ich verstehen."

"Und, Swarthy, warum ist sie in die Schlucht gestürzt?"

"Hirsche", sagte ich nur und breitete meine Flügel aus. Dann schaute ich ein letztes Mal in Tom's traurige, graue Augen. Ich würde ihn lange nicht wiedersehen. Ich fühlte mich schon ein wenig schuldig, einfach so abzuhauen. Aber irgendwann würde es Tom verstehen Vielleicht...

Erst als ich weit oben am Himmel flog, sah ich, dass Tom vom Hügel hinunterstieg und die schlechte Nachricht seiner Familie überbrachte.
 

So, jetzt hab ich dieses Kapitel doch noch fertig gekriegt....wurde auch langsam Zeit...Grund----> nachdem ich "The ring" geguckt habe, habe ich meinem PC nicht mehr so getraut....^^ (bescheuerte Ausrede....)



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