A Myriad Of Feelings von Puppenspieler ================================================================================ When We Don't Know Who To Hate, We Hate Ourselves ------------------------------------------------- „Awww~ Keine Sorge! Es ist alles prima~ Nächstes Jahr ist auch noch eine Chance!“   Das Grinsen war ihm auf dem Gesicht festgefroren, und seine Augen brannten, weil sie eine Fröhlichkeit heuchelten, die er nicht fühlte, und die Hand, die gerade lässig die Sorgen des Mädchenpulks abwinkte, hätte sich lieber zur Faust geballt, um mit der nächsten Wand zu kollidieren.   Die Wahrheit war, es gab kein nächstes Jahr für Oikawa Tooru.     Das Knie, das ihn verraten hatte, pochte kaum merklich, als er sein Gewicht verlagerte, und er grinste und lächelte und wedelte locker alle Sorgen und Genesungswünsche der Mädchen ab, die ihn immer noch im Gang festhielten, obwohl er einfach nur zurück in seine Wohnung wollte, Ruhe haben, allein sein. Es dauerte viel zu lange, um sie endlich abzuwimmeln, doch schließlich war Tooru allein, keine kieksigen Stimmchen mehr, keine großen, sorgenvollen Mädchenaugen, keine kleinen Geschenke zur Genesung, Kekse, Schokolade, all das Zeug, das er normalerweise nur zu gerne angenommen hätte, doch der Anblick der Süßigkeiten drehte ihm gerade den Magen um.   Ein bisschen Zucker würde auch nichts mehr richten. Es gab nichts mehr zu richten.   Frustriert pfefferte er seine Tasche in eine Ecke der kleinen Wohnung, die er gemietet hatte. Gleich im Eingangsbereich war ein mannshoher Spiegel, in dem Tooru jetzt sein Gesicht sehen konnte – es war zu einer wütenden, hasserfüllten Fratze verzerrt. Unter der gerade geschnittenen Hose sah niemand den Stützverband um sein Knie. Solange er sich nicht bewegte, konnte Tooru sich selbst vorlügen, dass alles in Ordnung war. Sobald er einen Schritt vor den anderen machte, sah er das leichte Humpeln, ausgelöst durch die gestützte Steifheit des verletzten Knies.   „Sie werden mit dem Sport aufhören müssen.“   Tooru hasste es, dass diese Worte immer noch im Dauerlauf durch seinen Kopf hallten, immer und immer wieder, bis sie keinen Anfang und kein Ende mehr hatten und einfach nur noch waren – überall und nirgendwo, und nichts, das er tat, konnte sie zum Verstummen bringen.     Gerade hasste er alles.   Er hasste den Moment, in dem er gestürzt war, sein Knie so überlastet, dass er nicht einmal mehr stehen konnte, und er hatte es nicht einmal mehr aus eigener Kraft bis zum Arzt geschafft.   Er hasste die mitleidigen Blicke der Mädchen, die Genesungswünsche, obwohl sie keine Ahnung von ihm hatten, die über sein hübsches Gesicht hinausging.   Er hasste die wissenden, mitleidigen Blicke seiner Teamkameraden, die Schicksalsergebenheit, die Selbstverständlichkeit, mit der ihr Captain verkündet hatte „wir brauchen einen neuen Zuspieler“.   Er hasste Ushiwakas ernstes, stoisches Gesicht, hasste den nichtssagenden Blick aus schmalen Augen, als er völlig selbstverständlich kommentiert hatte, dass Tooru sein Schicksal selbst über sich gebracht hatte – „Hättest du von vornherein den richtigen Weg gewählt, es wäre anders geendet.“   Er hasste die Unscheinbarkeit seines eigenen Grinsens, die Selbstverständlichkeit, mit der die Maske saß, die allen Ärger, alle Wut und alle Hilflosigkeit hinter der üblichen Fassade versteckte.   Und zwischen all den Dingen, die er hasste, war das, was er am meisten hasste, sein bester Freund.   Er hasste es, dass Iwa-Chan nicht da gewesen war, um ihn aufzuhalten, so, wie er es früher getan hatte.   (Er wusste, dass es idiotisch war, Iwa-Chan die Schuld zu geben, doch es war leichter, die Schuld abzuschieben, als zuzugeben, dass Tooru wirklich, wie Ushiwaka es sagte, sein Leid selbst herbeigeführt hatte. Es war nicht Toorus Schuld. Es war Tobios Schuld, der ihm wie ein elender Geier immer im Nacken gesessen und ihn bedroht hatte, es war Iwa-Chans Schuld, weil er einfach nicht da gewesen war.)   Er hasste es, dass er es Iwa-Chan nicht sagen konnte.   Er hasste es, dass er nicht nein sagen konnte, als Iwa-Chan ihn zum Volleyballspielen einlud. Tooru wusste, dass er die falsche Entscheidung traf, doch er wollte mit Iwa-Chan spielen, bei allem Hass und aller Wut, und er wusste, für ein lapidares Freundschaftsspiel konnte er über den Schaden in seinem Knie hinwegtäuschen. Iwa-Chan würde es nicht erfahren.     Wenn es etwas gab, das Tooru mehr hassen würde als alles andere, dann war es der zerbrochene Blick, mit dem Iwa-Chan ihn ansehen würde, wenn er es jemals erfuhr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)