Blood on Snow von Raija ((RivaMika)) ================================================================================ Kapitel 2: II. Mikasa --------------------- Levi trat aus dem Gebäude, in dem Shadis Büro lag. Noch immer war er alles andere als erfreut über seinen neusten Auftrag. Für seinen Geschmack drang er damit etwas zu sehr in Shadis Privatsphäre ein und das passte ihm gar nicht. Er wollte nichts über das Leben seines Chefs außerhalb des Büros erfahren. Das konnte nur Ärger bedeuten. Allerdings hatte er keine andere Wahl gehabt, als diesen Auftrag anzunehmen. Shadis hatte ihm das Bündel Geld und die Adresse bereits zugesteckt, bevor er überhaupt zugesagt hatte. Nun kannte er die Adresse und ihm blieb nichts anders übrig als es hinter sich zu bringen. Sonst würde man ihn noch vor dieser Frau entsorgen. Das Beste wäre wahrscheinlich, nachdem er die Frau beseitigt hatte, die Stadt zu verlassen. Besser noch das Land. Grübelnd schlenderte er wieder zu dem Supermarkt, in dem Petra arbeitete. Es war bereits dunkel und wenig los auf den vereisten Straßen. Er stellte sich in den Schatten eines Gebäudes, um sie von dort aus durch die Schaufenster zu beobachten. Wie immer lag dieses herzliche Lächeln auf ihren Lippen, das ihm ein warmes Gefühl in der Herzgegend schenkte. Sie unterhielt sich mit einer älteren Dame, für die sie die Einkäufe in Plastiktüten packte. Wenn er sie so sah, konnte er sich ihr verweintes und verzweifeltes Gesicht kaum noch vorstellen. Vor einiger Zeit war sie mit einem Junkie zusammen gewesen, dessen Namen sich Levi nicht merken konnte. Ein großkotziger Kerl, der nicht wusste, wann er die Klappe halten sollte. Irgendwann waren seine Schulden bei Shadis so hoch geworden, dass dieser seine Männer zu dem Junkie geschickt hatte. Dieser war natürlich pleite. Shadis wollte natürlich nicht auf sein Geld verzichten, also sollte Petra zum Ausgleich seine Mädchen auf dem Strich unterstützen. Zu Beginn sollte sie etwas Handarbeit leisten, doch selbst das war zu viel für die zart beseidete Frau gewesen. Kaum hatte der Freier seinen Prügel ausgepackt, war sie flennend aus dem Auto geflüchtet. Nile, einer von Shadis Zuhältern, hatte sie zusammengebrüllt und ihr mit Schlägen gedroht. Da war bei Levi, der zu dieser Zeit das 'Handwerk' eines Zuhälters erlernen sollte, eine Sicherung durchgebrannt. Er hatte Nile damals beinahe krankenhausreif geprügelt. Seine Prügel bekam er dann später von Shadis. Danach wechselte er seinen Aufgabenbereich. Seit diesem Tag beobachtete er Petra. Er wartete, bis sie Feierabend hatte und folgte ihr, um sicher zu gehen, dass sie heil nach Hause kam. Diesen Junkie hatte er seit damals nie mehr gesehen. Besser so für den Kerl. Nach Ladenschluss folgte er Petra zur U-Bahnstation. Sie trug Kopfhörer und lauschte klassischer Musik. Levi stand wie üblich dicht hinter ihr in dem vollen Wagon. Da sie ihn nicht hören konnte, konnte er nun von seinem Tag erzählen. Er flüsterte ihr alles, was ihn beschäftigte gegen ihr seidiges Haar, das so wunderbar nach Apfelkuchen roch. Es war wie ein Ritual für ihn geworden. Er gab auf sie Acht und konnte im Gegenzug jemanden von seinem Leben erzählen, ohne ihn zu gefährden oder von ihr verurteilt zu werden. Kurz nach Trost teilten sich die Schienen. Der Wagon ruckelte und ein metallisches Kreischen war zu vernehmen. Da Levi diese Strecke täglich fuhr, kannte er diese Stelle. Er war vorbereitet und hielt sich an der Metallstange fest, darauf bedacht, Petra aufzufangen, falls sie das Gleichgewicht verlieren sollte. Doch auch sie umklammerte mit einer Hand die Stange, nicht wie andere Gäste, die an dieser Stelle meist strauchelten oder sogar umfielen. Mit etwas Abstand im Schutz der Dunkelheit begleitete er sie noch bis zu dem Haus, in dem sie wohnte. Als das Licht in ihrer Wohnung eingeschaltet wurde und die dunkle Straße etwas erhellte, machte Levi auf dem Absatz kehrt und trat den Heimweg an. Am nächsten Tag besuchte er das Internetcafé von Isabel und Farlan. Er war oft hier und wechselte gelegentlich ein paar Worte mit den beiden. Farlan war der Besitzer des Cafés und Isabel backte die köstlichsten Cupcakes, die er je gegessen hatte. Eigentlich stand er nicht so auf Süßkram, aber diese Cupcakes mochte er, auch wenn er das niemals öffentlich zugeben würde. Er nickte ihnen kurz zu, als er eintrat, und setzte sich dann an einen der freien Computer. Noch während er sich aus deiner Jacke schälte, öffnete er eine Online-Suchmaschine und gab die Adresse ein, die er von Shadis erhalten hatte. „Na, suchst du dir ein neues Traumhaus?“ Isabel tauchte neben ihm auf. In der Hand hielt sie ein Tablett, auf dem sich eine Tasse Tee und ein Cupcake befanden. Beides stellte sie neben der Tastatur ab. „Unser neue Weihnachts-Cupcake mit Zimt und Orangen“, stellte sie ihre neuste Kreation vor. „Hoffentlich besser als der Letzte. Davon hatte ich tagelang Bauchschmerzen“, murrte Levi und nahm einen Schluck von dem Tee. „Haha“, sagte Isabel mit bissigem Unterton. „Zu der Zeit ging ein Magendarmvirus um.“ Damit verschwand sie zurück hinter die Theke und er konnte sich endlich in aller Ruhe seiner Arbeit widmen. Levi studierte die Umgebung des Zielortes genau. Glücklicherweise befand sich Shadis' Wohnung gegenüber ein Hotel. Dieses nahm er ebenfalls unter die Lupe, denn er hatte eine Idee. Er notierte sich Namen und Telefonnummer auf einem Zettel, trank seinen Tee aus und legte etwas Kleingeld auf die Untertasse. Nachdem er wieder in seine Jacke geschlüpft war, nahm er den Cupcake zur Hand und biss davon ab. Gar nicht mal so übel. Schmeckte wirklich nach Weihnachten. Danach verließ er das Café und steuerte die nächste Telefonzelle an. Am Nachmittag schon bezog er das kleine Hotelzimmer, von dem aus er wunderbaren Einblick in Shadis' Wohnung hatte. Seine Koffer stellte er einfach nur ab, zog sich einen Stuhl ans Fenster und nahm darauf Platz. Aus der Jacke holte er ein Fernglas hervor und lugte hindurch. Auf der anderen Straßenseite erkannte er durch das Fenster das Wohnzimmer. Es sah aus, wie aus einem Einrichtungskatalog. Es war hell und die Möbel sahen bequem und teuer aus. Jedoch persönliche Gegenstände, wie Fotos, sah er keine. Levi erinnerte sich daran, wie Nile erzählt hatte, dass Shadis seine letzte Frau raus geworfen hatte, weil sie fünfzig geworden war. Er hatte ihr wohl ein Haus irgendwo am Meer gekauft und ihr ein Abfindungssumme gezahlt, bevor er sie verbal nieder gemacht und mit ihrem gepackten Koffern vor die Tür gesetzt hatte. Seine neue Frau sollte wohl nur halb so alt sein. Er fragte sie, was für eine Frau so ein Arschloch heiratete. Wahrscheinlich war sie nicht ganz knusper und nur hinter dem Geld her. Plötzlich trat eine Gestalt in den Raum und Levi erstarrte für einen Moment. Alle Muskeln in seinem Körper waren angespannt, genauso wie seine Nerven. Sein Kopf war wie leer gefegt, nur noch sie fand darin Platz. Im knappen Bademantel durchschritt Mikasa den Raum. Dabei bewegte sie sich elegant und sicher, wie eine Katze. Ihr schwarzes Haar fiel sanft über ihre Schultern und bildete einen Kontrast zu ihrer hellen Haut. Sie wirkte so rein, wie frisch gefallener Schnee und war ebenso schön wie ein verschneiter Morgen. Sie ließ sich auf dem hellen Sofa nieder, schlug die schlanken Beine übereinander und blätterte gelangweilt durch eine Zeitschrift. Levi ließ das Fernglas sinken und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Sein Herz raste und ihm war, trotz der frischen Temperaturen in dem Zimmer, heiß. Noch nie hatte er eine Frau wie Mikasa gesehen. Noch nie solche Gefühle verspürt. Da wurde ihm eines bewusst: Er wollte sie nicht töten! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)