Behind the Mask von namu ================================================================================ Kapitel 1: Hast du Angst davor? ------------------------------- „Oh, herrlich, einmal kein Akuma!“, seufzte Marinette entspannt und freute sich einmal eine Pause zu haben. „Hallo, My Lady.“, ertönte in diesem Moment auch schon die Stimme von Chat Noir neben ihr und ihre gute Laune verpuffte ins nichts. Doch auch wenn es einmal keinen Akuma zu bekämpfen galt hieß das immerhin nicht, dass sie Chat Noir deshalb nicht sehen würde, also seufzte sie und ergab sich ihrem Schicksal. „Hallo, Chat Noir.“, begrüßte sie ihn und entzog ihm zeitgleich ganz nebenbei ihre Hand bevor er ihr einen Handkuss geben konnte. „Und ich stimme dir absolut zu, My Lady. Es ist nicht schlecht mal ein paar Tage Pause zu haben.“, sagte er und streckte sich, bevor er sich neben ihr auf der Mauer nieder ließ. „Aber so können wir einmal etwas Qualitätszeit zusammen verbringen.“, sagte er, seine Augenbrauen tanzten verschwörerisch und Marinette schob sein Gesicht mit der Hand weg, bevor er auf dumme Gedanken kommen konnte. „Zumindest müssen wir mal eine Nacht lang keine akumatisierten Bösewichte durch Paris jagen, unsere Miraculouses beschützen oder durch die Luft fliegenden Autos ausweichen.“, stimmte sie jedoch zu und lehnte sich entspannt zurück, nicht ohne Chats Arm hinter ihrem Rücken hervor zu fischen. Einen Moment lang herrschte Stille, dann fragte Chat: „Und wie war dein Tag My Lady?“ Marinette lachte. „Chat, wir haben das doch schon 1000 mal durchgekaut! Unsere Identitäten müssen geheim bleiben. Da kann ich dir wohl kaum von meinem normalen Leben erzählen.“ „Ich hab ja nicht nach deiner Adresse gefragt um dir heimlich Rosen aufs Kopfkissen zu legen – nicht, dass ich der Idee abgeneigt wäre.“, lachte er. „Erzähl mir einfach irgendwas. Wie war die Schule? Oder einfach nur, ob es ein guter Tag war. Das ist so generell, da kann doch keiner was draus schließen.“ „Das stimmt auch wieder.“, sah Marinette ein wobei sie seinen Flirtversuch gekonnt überging und zuckte mit den Schultern. Solange sie nur generelle Dinge erzählte konnte es wohl kaum etwas Essentielles über sie verraten. „Na gut, aber ich werde hier nicht alleine die Abendunterhaltung bestreiten, wenn ich erzähle, dann du auch!“, bestimmte sie. Sie hätte sich garantiert unwohl gefühlt, wenn sie ihm all diese Dinge über sich erzählte – egal wie insignifikant sie auch sein mochten – ohne dabei nicht auch gleichermaßen etwas über ihn zu erfahren. „Natürlich, My Lady. Wenn du einmal solches Interesse an mir zeigst dann will ich dich natürlich nicht enttäuschen!“, sagte er. Einen Moment lang überlegte Marinette ob sie sich damit jetzt stundenlange Liebeserklärungen für den Rest der Nacht eingehandelt hatte, aber dann würde sie zumindest nicht so viel über sich selbst erzählen müssen. Chat sah sie mit freudiger Erwartung an, sie seufzte und machte den Anfang. „Also gut,“, begann sie. „Die Schule war gut heute. Ich bin gestern ausnahmsweise trotz dem ganzen Akuma-Ärger mit den Hausaufgaben fertig geworden, was eine nette Abwechslung in letzter Zeit war.“ Ihre Chemie Lehrerin hatte sie zum ersten Mal seit Beginn des Schuljahres gelobt und sie konnte normalerweise ein echter Drache sein. „Ich weiß genau was du meinst!“, sagte Chat Noir. „Manchmal weiß ich wirklich nicht wie ich es geschafft habe bisher noch nicht aufzufliegen.“ „Ja, nicht wahr? Wie soll man bitte zwischen Schule, und geheimem Doppelleben noch Zeit für sein echtes Leben finden? Ich kann nicht mal mehr sagen, wann ich das letzte Mal wirklich etwas mit meiner besten Freundin unternommen habe, ohne sie zwischendurch plötzlich sitzen zu lassen, weil Ladybug gebraucht wurde.“, sagte sie und schüttelte den Kopf. „Allerdings! Ich habe meinen besten Freund auch arg vernachlässig, und das, obwohl ich jetzt endlich einen habe!“, bemerkte Chat Noir. „Hast du Angst davor aufzufliegen?“, fragte sie leise und war dabei froh, dass sie nebeneinander auf der Mauer saßen, denn so musste sie ihn bei ihrer Frage nicht direkt ansehen. „Ich bin mir nicht sicher. Es wäre irgendwie cool auf die ganze Geheimnistuerei verzichten zu können, aber… wenn raus käme, wer hinter der Katzenmaske steckt, dann könnte ich vermutlich nicht mehr Chat Noir sein.“, gab er zu. „Warum?“, fragte Marinette und ein trauriges Lächeln huschte über Chat Noirs Lippen. „wenn ich dir das sage, dann besteht die Gefahr, dass du rausfindest wer ich bin.“, sagte er traurig. Das Thema zog ihn emotional einfach total runter. Aber es war die Wahrheit. Sein Vater würde ihm garantiert verbieten Chat Noir zu sein, er würde Ladybug nie mehr wieder sehen und können, vermutlich 24/7 unter Beobachtung seines Bodyguards gestellt werden und vielleicht würde sein Vater ihm sogar Plagg wegnehmen. Nein! Das durfte auf garkeinen Fall passieren! Niemals! Unbewusst ballte er die Hand zur Faust und legte die Andere beschützend über seinen Ring. Dann spürte er plötzlich eine Hand, die sich beruhigend auf seinen Arm legte und blickte in blaue Augen, die ihn aufrichtig ansahen. „Keine Sorge! Das wird nicht passieren, du wirst ihn nicht verlieren.“, sagte Ladybug. „Wir werden das verhindern. Versprochen!“ Ernst sah sie ihn an und er konnte gar nicht anders als langsam zu nicken und ihr zu glauben. “Hast du keine Angst davor?“, fragte er. Sie biss sich kurz auf die Lippe, schien fast schon abzuwiegen was sie ihm antworten sollte, dann sagte sie: „Doch. Ich habe Angst, dass… wenn Hawk Moth erfahren würde wer ich wirklich bin, dass es dann umso einfacher für ihn wäre mein Miraculous an sich zu bringen. Wenn er meiner Familie etwas antun würde…“ Sie brach an. Chat Noir fühlte sich mit einem mal schlecht und egoistisch. Er hatte nur an sich selbst gedacht, während Ladybug sich um ihre Familie sorgte. Gott war er ein egoistisches Arschloch. „Du bist nicht allein.“, sagte er und sah sie direkt an. „Soweit werden wir es gar nicht erst kommen lassen. Versprochen!“ Er gab ihr ihr eigenes Versprechen zurück, dass sie beide zusammen das alles irgendwie schaffen würden, doch es schien genau das zu sein, was sie gerade brauchte. „Immerhin sind wir ein Team!“ „Stimmt!“, sagte sie. In diesem Moment begannen ihre Ohrringe zu blinken. „Geht lieber, My Lady. Bevor es Mitternacht schlägt und sich eure Kutsche wieder in einen Kürbis verwandelt!“ und der altbekannte Schalk trat wieder in seine Augen. „Dann kann ich immer noch in meinen gläsernen Schuhen zurück laufen.“, spottete sie gutmütig. „Spaß beiseite, bist du in Ordnung Chat?“, fragte sie vorsichtshalber noch einmal nach. „Ja.“, sagte er und sah sie an, das leichte glitzern war in seine grünen Augen zurückgekehrt. Sie lächelte ihn an und sprang vom Dach. Chat Noir sah ihr hinterher. Marinette schaffte es so gerade noch die erschöpfte Tikki aufzufangen als sie endlich ihre Dachterrasse wieder erreicht hatte. Sie stieg in ihr Zimmer hinab und trug Tikki zu den schon extra bereit gestellten Keksen auf ihrem Schreibtisch. Müde rieb sich Marinette über das Gesicht und lies sich auf ihren Schreibtischstuhl fallen. „Ich bin froh, wenn wir Hawk Moth endlich sein Miraculous abgenommen haben und ich nochmal eine Nacht durchschlafen kann.“, murmelte sie und legte den Kopf auf den Tisch. „Tut mir leid, Marinette.“; sagte Tikki und ließ sich mit einem Keks auf ihrer Hand nieder. „Ich würde dir ja auch gerne mal einen freien Tag gönnen, aber nur du kannst die Akumas deevelizen.“ „Ja, ich weiß Tikki. Ich bin dir ja auch nicht böse.“, sagte sie und strich Tikki mit einem Finger über den kleinen Kopf. Nachdenklich starrte sie auf ihr Physikbuch. Sie hatte dieses Jahr wirklich schon viel Ärger bekommen wegen ungemachten Hausaufgaben, weil sie zu spät zur Schule kam, zwischendurch einfach verschwand und im Unterricht einschlief. Wenn ihr so etwas noch einmal passierte würden ihre Eltern informiert werden und das war nur eine Frage der Zeit. Wenigstens hatte es heute nicht viele Hausaufgaben gegeben und sie hatte es problemlos geschafft. Lustlos packte sie ihre Schultasche. Wenigstens war morgen Freitag und sie würde danach endlich ausschlafen können. Langsam stieg sie die Stufen zu ihrem Bett hinauf und ließ sich einfach darauf fallen. Doch obwohl sie wirklich müde war konnte sie nicht schlafen. Stattdessen starrte sie an die Decke und fragte sich wie ihre Eltern wohl reagieren würden, wenn sie rausfänden, dass sie Ladybug war. Ihre Mutter würde sich furchtbare Sorgen machen. Ihr Vater wäre zwar bestimmt stolz auf sie, doch er würde sich garantiert auch sehr um sie sorgen und nicht wollen, dass sie sich auch weiterhin so in Gefahr begab. Was würde wohl mit Tikki passieren? Es war mittlerweile weit und breit bekannt, was ihre Miraculouses waren. Chat Noir hatte deshalb wirklich betrübt ausgesehen. Hatte er solche Angst davor, sein Miraculous zu verlieren? „Tikki?“, flüsterte sie in die Dunkelheit. „Ja, Marinette?“, kam es leise und verschlafen zurück. „Er hat gar nicht mit mir geflirtet.“, stellte sie leise fest. Sie hatte zum ersten Mal eine Konversation mit Chat Noir geführt, ohne dass er sie an geflirtet hatte. Naja, zumindest nach der Begrüßung. „Wie sind wir überhaupt auf das Thema gekommen?“, flüsterte sie. Sie hatten doch nur über etwas Belangloses reden wollen. Und Chat Noir war kaum zum Reden gekommen. Nun da sie darüber nachdachte, das war überhaupt ihre erste richtige Unterhaltung mit Chat Noir gewesen ohne das sie zeitgleich einem Akuma hinterher jagten. „Ihr habt mit dem Herzen gesprochen.“, sagte Tikki. „Ihr hattet für diesen Moment eine ehrliche Verbindung. Schlaf, Marinette. Es ist alles gut! Ihr werdet uns nicht verlieren!“ Kapitel 2: Das Projekt ---------------------- Das Projekt Der Freitag begann – nachdem sie einmal pünktlich in der Schule gewesen war – mit einer Doppelstunde Chemie und war schon alleine deshalb ihr verhasstester Schultag der Woche, weniger wegen dem Fach, als vielmehr wegen der Lehrerin, die ein echter Drache sein konnte und Marinette war jedes Mal froh, wenn sie es hinter sich hatte. Auch diese Woche war keine Ausnahme. Ihre Lehrerin fand an allem und jedem etwas auszusetzen und Marinette wiederholte im stillen immer wieder ihr Mantra: Es ist nur der Unterricht, wenn du zuhörst und gut aufpasst wirst du in der Klausur trotzdem eine gute Note haben. Werde nicht wütend, daraus zieht Hawk Moth seine Kraft. Nicht auszudenken was passieren würde, wenn ausgerechnet sie sein nächstes Akumaopfer werden würde. Dann wäre alles verloren! Sie seufzte bei diesem Gedanken und verpasste prompt die Frage ihrer Lehrerin, die unglücklicherweise an sie gerichtet war. Erst als Alya sie in die Rippen stieß schreckte sie auf. „Verzeihung Miss, könnten Sie die Frage noch einmal wiederholen?“, sagte sie ertappt und erntete einen missbilligenden Blick. „Ethanol ist der wievielte Alkohol?“ „Äh.. Ähm, der Zweite, nach Methanol!“, sagte sie und schluckte. Sie hasste diese Kreuzverhöre ihrer Lehrerin, meistens vergaß sie vor Nervosität und Schock die Antwort, selbst wenn sie sie eigentlich wusste. Ihre Lehrerin sah sie einen Moment lang so an als sei sie darüber verärgert, dass sie die korrekte Antwort gewusst hatte, dann wandte sie sich ab und nahm Nino aufs Korn, der ihr Quizduell nur überstand, weil Adrien ihm die richtigen Antworten zuflüsterte. „Knapp gerettet.“, flüsterte Alya. „Allerdings.“, gab Marinette zurück und versuchte für den Rest der Stunde interessiert am Unterricht auszusehen, um ihre Lehrerin nicht noch einmal auf sich aufmerksam zu machen. Immerhin hatten sie danach Französisch, worin sie eine der Klassenbesten war. Erleichtert wollte sie danach schon das Klassenzimmer verlassen als ihre Lehrerin, die auch Design unterrichtete sie noch kurz zurück hielt. „Marinette, kann ich kurz mit dir sprechen?“ „Ja, Miss?“, fragte Marinette und versuchte aufsteigende Panik zu unterdrücken. Hatte man ihre Eltern jetzt doch über ihr häufiges fehlen unterrichtet? „Keine Sorge.“, sagte ihre Lehrerin, die ihren besorgten Blick bemerkte. „Es ist nichts Schlimmes. Aber du hast dich unter den jungen Designern der Schule hervor getan. Du hast die Brille für Jagged Stone designed und sein neues Album Cover – ich liebe es übrigens – und du hast die Hut-Challenge von Gabriel Agreste gewonnen, deshalb habe ich dich einer Freundin von mir empfohlen, die mich neulich gefragt hat, ob ich ihr vielleicht jemanden für ein Praktikum vermitteln könnte. Sie ist eine Designerin bei Chanel und ich dachte, dass du daran vielleicht Interesse hättest. Wenn du es schaffst in der nächsten Woche eine Mappe mit einigen Entwürfen zusammen zu stellen, und du es durch die Auswahl schaffst, dann könntest du in den Ferien ein Praktikum bei Chanel absolvieren, würde dir das gefallen?“ „Oh mein Gott! Ja! Ja, natürlich!“ Marinette wusste nicht wohin mit sich selbst. Sie? Möglicherweise ein Praktikum bei Chanel? Das war ja wie im Märchen! „Wie viele Entwürfe brauchen Sie? Brauchen sie auch genähte Exemplare? Gibt es Vorgaben? Ein Motto? Ein Thema? Ich muss sofort anfangen! Es ist Frühling, also etwas für den Sommer? Oder den Herbst? Was für Stücke? Hüte? Ich bin super mit Hüten! Schals? Mützen? Oh-ich könnte eine Abendgarderobe machen, ich-“ „Beruhig dich, Marinette!“, unterbrach sie ihre Lehrerin lachend. „Fürs erste braucht meine Freundin nur eine Mappe mit ein paar Entwürfen. Überlege dir selbst ein Motto, das ist ganz dir selbst überlassen! Ich freue mich schon darauf deine Entwürfe nächste Woche zu sehen!“, sagte sie, packte ihre Tasche zusammen und verließ das Klassenzimmer. „Das ist super, Marinette!“, Tikki flog aus ihrer Tasche und schwebte vor ihrem Gesicht. „Ich muss das Praktikum erstmal kriegen!“, sagte Marinette und wurde mit einem Mal kreidebleich. „Oh mein Gott, Tikki, was soll ich nur tun wenn ihnen meine Entwürfe nicht gefallen? Wenn sie sie lächerlich finden? Oh nein, was soll ich nur tun?“, murmelte sie und Schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Ganz ruhig, Marinette.“, sagte Tikki verständnisvoll und sah sie aus ihren großen Augen an. „Du hast noch die ganze Woche Zeit! Such dir Inspiration und fang an. Ich bin mir sicher, am Ende wird etwas heraus kommen, dass genau so fantastisch ist wie der Hut!“, sagte sie optimistisch. „Ja, du hast Recht! Ich bin Ladybug! Da ist sowas doch ein Klacks!“ „Ganz genau!“ „Lass uns gehen, Tikki, wir haben noch viel vor!“ „Nichts! Einfach Garnichts! Ich muss auswandern! Es ist vorbei!“ Marinette ließ den Kopf auf die Tischplatte knallen und beförderte das Blatt Papier mit dem einhundertachtundzwanzigsten Design welches sie soeben verworfen hatte mit einer Hand in einem gekonnten Korb in den mittlerweile schon hoffnungslos überfüllten Mülleimer. „Das ist nicht so schlimm, Marinette!“, versuchte Tikki sie aufzuheitern. „Mhmpf!“ Marinette verschränkte nur die Hände hinter dem Kopf. „Dir fehlt einfach nur die richtige Inspiration.“, sagte Tikki und fischte das zerknüllte Blatt Papier wieder hervor um es auf dem Schreibtisch zu glätten. „Vielleicht solltest du einfach an etwas anderes denken! Geh raus, lenk dich ab. Wenn du eine Inspiration gefunden hast dann wirst du von ganz alleine auf die richtigen Designs kommen. Deine Entwürfe sind schon jetzt ganz wunderbar, ihnen fehlt nur das gewisse etwas damit sie auch deinen eigenen Anforderungen genügen.“, sagte Tikki. „Und es ist ja auch erst der Erste Tag! Du hast noch jede Menge Zeit! Warum holst du dir nicht einfach ein paar Macarons die dein Vater Gestern nicht mehr verkaufen konnte und nimmst die mit auf Patrouille? Ich habe das Gefühl, dass das wieder eine ruhige Nacht werden wird und wir können einen ausgedehnten Spaziergang an der Seine entlang machen, das muss dich einfach auf andere Gedanken bringen!“ Marinette gab einen unwilligen Laut von sich, doch sie sah zumindest auf. „Vielleicht hast du Recht.“, murmelte sie wenig überzeugt und mit noch weniger Begeisterung. Doch ihr Vater hatte ihr tatsächlich heute Morgen noch mit einem Augenzwinkern erzählt, dass einige Pistazien und Caramelmacarons vom Vortag nicht weggegangen waren und das waren ihre Lieblingsmacarons. In Gedanken begann sie schon eine Box zusammen zu stellen. Ihr Vater hatte eben kurz vor Ladenschluss noch ein Blech mit Schokoladenmacarons fertig gemacht, die konnten unmöglich alle noch verkauft worden sein. „Hm, überredet.“, gab sie sich geschlagen und stand auf um die Macarons zu holen. „Hier, ich hab auch einen für dich.“, sagte sie als sie die Treppe wieder rauf kam und hielt einen – den letzten – Erdbeermacaron hoch. Tikki flog einmal begeistert um ihren Kopf, bevor sie sich mit dem Macaron auf einem Sofakissen nieder ließ. Marinette sah ihr lächelnd dabei zu wie sie den Macaron in Rekordzeit vernichtete. „Also dann, Tikki, Spots on!“ Wenig später musste Marinette auch tatsächlich zugeben, dass es ihr nach einem ausgedehnten und entspannten Spaziergang an der Seine entlang werklich schon viel besser ging. Jetzt saß sie auf einem Kamin nahe des Triumphbogens und genoss die Aussicht, während der Wind mit ihren Haaren spielte und sie ihre mitgebrachten Macarons knabberte. „Guten Abend, My Lady, genießt du die CATastaische Aussicht?“, fragte Chat Noir, der in diesem Moment vor ihr auftauchte und ihr die Sicht auf den erleuchteten Eifelturm versperrte. „Bis gerade zumindest.“, spottete sie gutmütig während er neben ihr Platz nahm und seinen Stab neben sich legte. „Wie war dein Tag, My Lady?“, fragte er. „Ganz ok.“, antwortete sie. „Und deiner?“ Er warf ihr einen überrascht-erfreuten Blick zu, da sie tatsächlich Interesse an ihm zeigte und antwortete. „Stressig, aber gut. Hatte viel zu tun. Kaum eine freie Minute um einmal richtig durchzuatmen.“, sagte er. „Aber jetzt ist Wochenende.“ „Ja, jetzt muss ich arbeiten. Und lernen.“, murmelte Chat Noir und streckte sich um einen Arm um sie zu legen. Sie schlug ihm auf die Finger. „Keine freie Zeit?“, fragte sie ihn. „Nein, mein terminplan ist leider ziemlich voll.“, seufzte er. Manchmal wunderte er sich, wie er noch Zeit zum Schlafen fand. „Mein Beileid.“, murmelte Marinette. Wenigstens konnte sie morgen ausschlafen. Chat Noir zuckte nur mit den Schultern. „Ich bin es gewohnt.“, stellte er fest. Er hatte immerhin nie etwas anderes gekannt, was auch der Grund war, warum er es liebte Chat Noir zu sein. Chat war alles, was Adrien nicht war. Er war frei, er war wild, er hatte seinen eigenen Willen, er hatte Freunde und er tat was er wollte. Zugegeben, vielleicht übertrieb er es deshalb als Chat Noir auch manchmal, doch es war seine einzige Chance auf ein wenig Freiheit. Einen Moment lang herrschte Stille zwischen ihnen. „Tut mir leid, dass ich gestern die Stimmung so runter gezogen habe.“, sagte sie dann. Chat sah sie überrascht an. „Ich weiß nicht mal wirklich wie wir auf das Thema gekommen sind.“, gab sie zu und legte die Atme um ihre Beine um ihr Kinn darauf zu betten. „Ist schon ok.“, sagte Chat Noir. „Ich habe nie wirklich darüber nachgedacht. Ich habe es geheim gehalten, weil Plagg sagte ich könnte nie jemandem von ihm erzählen und weil du unsere Identitäten geheim halten wolltest. Ich wollte trotzdem immer wissen, wer du bist. Aber, ich glaube du hast Recht. Die Gefahr die mit dem Wissen einher geht ist einfach zu groß. Denk nur an Dark Cupid, oder den Puppeteer. Oder Simonsays, Wenn ich deine Identität gewusst hätte, dann hätte mich nichts davon abgehalten dich zu verraten. So ist es sicherer.“ „Wow, ich bin…überrascht.“, gab Marinette zu. So hatte sie Chat noch nie erlebt. So… besonnen. Er musste wirklich panische Angst davor haben seinen Kwaami zu verlieren. Sie sah ihn einen Moment lang von der Seite an, er blickte nachdenklich über die Dächer, dann stellte sie ihre Box mit den Macarons zwischen sie. „Oh, My Lady, ist das etwa ein Versöhnungsangebot?“, fragte Chat überrascht und nahm sich einen Schokoladenmacaron. „Vielleicht.“, sagte Marinette ohne ihn anzusehen. „Ich bin gerade verzsauberrrt“, schnurrte er. „Gewöhn dich bloß nicht daran, Kitty.“, schmunzelte sie. Kapitel 3: Macarons und Inspiration ----------------------------------- Macarons und Inspiration Entspannt saß Marinette am Montagmorgen in der Schule und wartete auf den Beginn des Unterrichts. Das Wochenende war ruhig gewesen, es hatte keinen Akuma Zwischenfall gegeben und sie hatte einige Entwürfe zustande gebracht von denen sie zwar nicht begeistert war, aber die sie zumindest als brauchbar einstufte. Chat hatte sie natürlich auch wieder gesehen und sie musste zugeben, nun, da sie tatsächlich Zeit mit ihm verbrachte in der sie einfach nur redeten hatte sie festgestellt, dass er gar nicht so ein großer Casanova war wie sie immer gedacht hatte. Er konnte durchaus besonnen sein und wohl überlegt. Manchmal geradezu tiefsinnig. Summend kritzelte sie planlos auf einem Blatt Papier rum bis sie die Form eines Körpers erkennen konnte, fügte einen langen Rock hinzu, eine Korsage, ein paar leichte Ärmel… „Wow, was wird das denn?“, fragte sie jemand. „Ich arbeite an einer Präsentationsmappe für ein Praktikum bei Chanel.“, antwortete sie abwesend und entschied sich das Kleid trägerlos zu machen. „Das sieht absolut klasse aus Marinette!“ „Danke!“, sagte sie und sah lächelnd auf. Vor ihr stand Adrien und blickte auf ihren Entwurf. „A-A-Adrien!“, stotterte sie und wurde augenblicklich knallrot. „Sie hat Talent, nicht wahr?“, kam ihr in diesem Moment Gott sei Dank schon Alya zu Hilfe. „Absolut!“, sagte Adrien. „Aber das wusste ich ja schon!“ Er sah sie direkt an als würde er auf eine Antwort warten. „Ich- eh- ich—Danke?“, brachte sie irgendwie hervor und schrumpfte langsam hinter ihrem Tisch zusammen. „Marinette, hast du die Macarons von deinem Dad dabei?“, fragte Alya sie und Marinette, froh um den Themenwechsel wäre fast von der Bank gefallen so überhastet bückte sie sich nach ihrer Tasche. „Natürlich, hier, Alya, zwei Pakete, wie bestellt! Schokolade, Erdbeere, Pistazie, Carmen und Haselnuss!“ Sie stellte die Zwei Pakete auf Alyas Tisch. „Super!“, Alya öffnete schon das erste. „Oh mein Gott, sind die noch ganz frisch?“, seufzte sie auf als ihr der Geruch der Backwaren in die Nase stieg. „Erst seit einer Stunde aus dem Ofen!“, zwinkerte Marinette. „Du bist ein Schatz!“ Alya hielt ihr die gerade geöffnete Packung entgegen. „Das ist einfach perfekt. Du weißt wie sehr meine Mutter die Macarons deines Vaters liebt!“ Marinette lächelte und nahm sich einen mit Caramel in der Mitte. Auffordernd hielt Alya auch Adrien die Packung entgegen. „Danke!“, sagte er und nahm sich einen mit Schokolade. Schüchtern knabberte Marinette an ihren Macaron und beobachtete wie Adrien herzhaft hinein biss. Ob sie ihm schmecken würden? Sie beobachtete gespannt wie er einen Bissen nahm, und dann inne hielt. Adrien hätte schwören können, dass er genau diese Macarons schon einmal gegessen hatte. Er konnte sogar ganz genau sagen wo und wann. „Hey, Marinette, das sind die Macarons von deinem Dad?“, fragte er möglichst leger. Marinette nickte schüchtern, da war noch immer dieser süße rosa Schimmer auf ihre Wangen. „Die sind absolut fantastisch!“, sagte er hastig bevor sie noch denken konnte, dass sie ihm vielleicht nicht schmeckten und lächelte sie an. Ladybug mochte also die Macarons von Marinettes Dad, vielleicht sollte er auch mal ein paar holen bevor sie sich trafen und sie einfach zu ihren Treffen mitbringen. Zufrieden setzte er sich auf seinen Platz und aß seinen Macaron, ohne zu merken, wie Marientte hinter ihm beinahe dahin schmolz und Alya krampfhaft damit beschäftigt war, ihre beste Freundin wieder zu beruhigen. Die Woche verlief ruhig. Es waren keine Akumas aufgetaucht und allmählich wurde Marinette aufgrund der verdächtigen Ruhe nervös. Was, wenn es nur die berüchtigte Ruhe vor dem Sturm war? Andererseits konnte sie auch nicht sagen, dass es sie wirklich störte. Sie hatte ununterbrochen an ihrer Mappe für das Praktikum gearbeitet, doch sie war noch immer nicht zufrieden, noch immer fehlte ihr die richtige Inspiration. Ihre Entwürfe waren nicht schlecht, doch ihnen allen fehlte das gewisse etwas und ein Motto für ihre Entwürfe hatte sie auch noch nicht gefunden, dabei sollte sie die Mappe schon morgen ihrer Lehrerin geben. Sie seufzte und massierte sich die Schläfen. Sie war frustriert, übermüdet, unter Zeitdruck und hatte kein Ideen. „Prrrrobleme, My Lady?“, fragte in diesem Moment Chat Noir, der an einen Kamin gelehnt neben ihr aufgetaucht war und ihr dabei zusah wie sie wie ein Tiger im Käfig auf dem Dach auf und ab lief. „Mhm? Oh, hallo Chat.“, sagte sie und ließ sich an der dachkante nieder. Chat hockte mit einem Satz neben ihr. „Ich bin nur frustriert.“, grummelte sie und wollte die Sache damit eigentlich auf sich beruhen lassen, denn Chat würde ihr dabei bestimmt nicht helfen können, doch er hatte sich anscheinend in den Kopf gesetzt sie heute zu nerven, denn er hakte nach. Immerhin hatte er einmal nicht versucht ihr einen Handkuss zur Begrüßung zu geben. „Ich glaube nicht wirklich, dass ich dir das erzählen kann.“, wich sie ihm aus. „Versuch es doch einfach, drück es vage aus. Vielleicht kann ich ja helfen.“, sagte er und zuckte die Schultern. „Na schön!“, stöhnte sie. „Ich bin…. Kreativ veranlagt.“, sagte sie. „Und ich arbeite gerade an diesem….Projekt. Und es ist wirklich super wichtig für mich weil das eine riesen Chance sein könnte, aber ich bin vollkommen blockiert. Da ist einfach nichts! Allem was ich mache fehlt das gewisse etwas, ich habe einfach keine Inspiration! Und jetzt läuft mir die Zeit davon aber ich will das unbedingt!“, sagte sie und vergrub das Gesicht in den Händen. „Mhm, hört sich ernst an.“, murmelte Chat. „Heitert dich das hier denn vielleicht etwas auf?“, sagte er und hielt ihr eine Box mit Macarons entgegen. Marinette erstarrte. Ihr brach der kalte Schweiß aus. Auf der Seiter der Box war das Symbol ihrer Familienbäckerei, das Symbol, dass sie selbst designend hatte. Wusste Chat etwas? „Oh, wo hast du die denn her?“, fragte sie gespielt neugierig um ihre Panik zu verbergen. Am Wochenende hatte er noch eigesehen, dass es besser war wenn ihre Identitäten geheim blieben, hatte er seine Meinung etwa jetzt schon geändert? Chat bemerkte ihre verspannte Reaktion natürlich, wie hätte sie ihm auch mit seinen katzensinnen entgehen können? Irritiert fragte er: „Magst du keine Macarons? Ich dachte du würdest sie mögen, weil du am Wochenende welche dabei hattest und da ist diese kleine Bäckerei an der ich vorhin vorbei gekommen bin und die Macarons sahen so verdammt gut aus und sie rochen so himmlisch, da konnte ich einfach nicht wiederstehen.“, erfand er hastig eine Geschichte, sie musste ja nicht wissen, dass er bewusst zu dieser Bäckerei gegangen war. In Marinettes Kopf begann sich automatisch die Vorstellung zu bilden wie Chat Noir in seinem schwarzen Lederkostüm in die Bäckerei ihrer Eltern spazierte, selbstgefällig eine Box Macarons kaufte und dabei vermutlich ungeniert ihre Mutter an flirtete. Und prompt wurde ihr schlecht von der Vorstellung. „In meiner zivilen Form natürlich.“, schob Chat schnell nach, da ihm auch diese Reaktion Ladybugs nicht verborgen blieb. „Achso.“, murmelte sie und nahm sich einen der Macarons, die er ihr entgegen hielt. Caramel, Schokolade und Pistazie. Hatte er etwa genau die gleichen gekauft, die sie beim letzten Mal selber mitgebracht hatte? „Heitert dich das zumindest ein wenig auf, My Lady?“, fragte Chat. „Ein wenig.“, gab sie zu, denn immerhin war es eine süße Geste von ihm. „Auch wenn es irgendwie mehr Frustessen ist. Ich weiß wirklich nicht wo ich bis morgen noch die richtige Inspiration her bekommen soll.“, murmelte sie und fand sich im nächsten Moment Chat gegenüber. Sehr dicht gegenüber, ihre Gesichter Berührten sich schon fast. „Ich habe da eine Idee.“, sagte er und hab sie hoch. „Was-Chat! Was machst du!“, kiekste sie und hielt sich reflexartig an ihm fest. „Lass dich überraschen, My Lady.“, sagte er mit seinem altbekannten Lächeln im Gesicht, dass sie nur allzu gut kannte. „Chat, lass mich runter!“, verlangte sie. „Vertraut mir, My Lady, Schließ die Augen, ich will dich überraschen!“, sagte er. „Chat!-“ „Bitte! Vertrau mir!“, unterbrach er sie und sah ihr in die Augen. „Na schön!“, grummelte sie und schloss die Augen. „Danke, My Lady.“ So leise, dass sie es kaum hörte obwohl sie ihm so nah war sagte er das, und sie entspannte sich in seinen Armen. Im nächsten Moment rannte er auch schon los. Sie hielt sich an ihm fest, und konnte seinen Herzschlag spüren. Schnell und kräftig. Sie musste aus irgendeinem Grund lächeln, sie hätte nicht sagen können warum, doch sein Herzschlag beruhigte sie. Sie brauchten nicht lange, schon nach wenigen Minuten hatten sie ihr Ziel erreicht, Chat stellte sie vorsichtig auf die Füße und sie hielt sich an ihm fest, ohne die Augen zu öffnen konnte sie sich immerhin kaum sicher bewegen. „Chat, kann ich jetzt die Augen auf machen!“, fragte sie. „Sofort.“, antwortete er und legte seine Hände über ihre Augen, vorsichtig damit seine Klauen nicht an ihre Haut kamen. Sanft drehte er sie in die richtige Richtung, und flüsterte in ihr Ohr: „Jetzt, My Lady.“ Und sie öffnete die Augen. „Ich lege dir Paris zu Füßen!“ „Wow.“, flüsterte Marinette nachdem sie den ersten Moment der Sprachlosigkeit überwunden hatte. „Chat, das ist… unglaublich!“, sagte sie und blickte in seine grünen Augen. Sie standen auf dem höchsten Punkt der Kuppel von Sacre Coeur, auf Montmartre. Die kleine Säule mit der Kugel auf der sie gerade standen bot kaum Platz für sie beide und unbewusst lehnte sie sich an Chat Noir an, doch der Ausblick war überwältigend! Unter ihnen breitete sich Paris in einem Lichtermeer aus, in der Ferne waren der Eifelturm und Notre Dame in der Nacht angestrahlt, es war geradezu magisch. Tief saugte sie diesen Moment und die Aussicht in sich auf. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, sie prägte sich jede Kleinigkeit dieses Augenblicks tief ein, das leuchten der lebendigen Stadt unter ihnen, den Wind, der mit ihren Haaren spielte und die Wolken, die er vor sich her trieb über den ansonsten klaren Sternenhimmel, das schnelle schlagen ihres Herzens und das Gefühl von Chat Noir neben ihr, seine Hand auf ihrer Hüfte, die sie dieses Mal tatsächlich nicht wegschob, da sie es auf dem kleinen Podest nicht verhindern konnte, dass sie sich berührten und sie so bedeutend stabiler standen. Sie drehte sich zu Chat um und umarmte ihn. „Danke!“, flüsterte sie in sein Katzenohr. Sie konnte seine Überraschung fühlen, in dem kurzen Moment den er nicht reagierte bevor er seine Arme um sie legte und die Umarmung erwiderte. „Du bist genial, Kitty! Wenn ich jetzt nicht inspiriert bin, dann bin ich wirklich nicht mehr zu retten!“, sie strahlte ihn an. „Und ich hab auch schon eine ziemlich genaue Vorstellung! Wir sehen uns morgen!“ Und schon im nächsten Moment sprang sie über die Dächer davon. Chat blieb stehen. „Nun gut, dass ist nicht ganz so verlaufen wie ich mir das vorgestellt habe, aber ich freue mich, wenn ich zu Diensten sein kann, My Lady.“, flüsterte er ihr hinterher. Kapitel 4: Inpired by Paris --------------------------- Inspired by Paris Als Adrien am Freitagmorgen den Klassenraum betrat lag Marinette mit dem Kopf auf dem Tisch und missbrauchte eine große braune Mappe als Kopfkissen. „Was ist denn mit ihr?“, fragte er Nino, der auch nicht viel motivierter aussah. „Yo Mann, was geht? Keine Ahnung Mann, Alya meinte sie hätte die ganze Nacht durchgearbeitet an irgendeinem Projekt von dem wohl Heute die Deadline ist. Ein Praktikum oder sowas.“ „Ein Praktikum bei Chanel!“, zischte Alya von hinten. „Sie hatte eine Woche Zeit um eine Beispielmappe einzureichen und Heute ist die Deadline. Aber egal was sie gemacht hat sie war einfach nicht zufrieden. Sie meinte ihr würde einfach immer noch die richtige Inspiration fehlen. Und ich habe keine Ahnung wann sie diese Nacht der Blitz getroffen hat aber seht euch mal die Pics an die sie mir heute Morgen um Fünf noch geschickt hat.“, flüsterte sie und reichte ihr Handy nach vorne. Nino flippte durch die Bilder des Whats-App Chats. Adriens Blick blieb bei einem Design hängen, dass er wieder erkannte. Es war das Kleid, welches die am Montagmorgen entworfen hatte. Sie hatte es überarbeitet und auf Zeichenpapier übertragen und es sah einfach fantastisch aus. „Mit diesen Entwürfen in nur einer Woche muss sie einfach genommen werden! Selbst mein Vater würde zugeben, dass diese Entwürfe nur von jemandem mit viel Talent kommen können!“, sagte Adrien und gab Alya das Handy zurück. „Ja, jetzt muss sie es nur noch durch den Unterricht schaffen ohne einzuschlafen.“, sagte Alya und sah ein wenig mitleidig auf ihre beste Freundin hinab. Adrien sah auf die Uhr. Es war Zehn Minuten vor acht Uhr. „Na, da lässt sich doch nachhelfen.“, sagte er und rannte aus dem Klassenraum. Sechs Minuten später war er wieder da und stellte Alya einen Becher auf den Tisch. „Doppelter Espresso Macciato, extra stark mit extra Milch.“, sagte er. „Das sollte sie wach halten. Vorausgesetzt du kriegst sie einmal wach.“, sagte er und setzte sich hastig wieder auf seinen Platz als ihr Chemie-Drache den Klassenraum betrat und Alya damit begann Marinette wach zu rütteln. Sie wusste nicht wie sie es durch den Unterricht geschafft hatte, doch der doppelte Espresso Macciato, extra stark mit extra Milch und besonders die Tatsache, dass Adrien ihn ihr besorgt hatte puschte sie genug auf um sie durch den Vormittag zu bringen ohne dass sie noch ein weiteres Mal einschlief. Schließlich stand sie nach der letzten Stunde endlich vor ihrer Lehrerin und präsentierte ihr stolz ihre Mappe. „Marinette, ich bin beeindruckt! Deine Entwürfe sind ganz wunderbar!“, sagte sie und blätterte durch die Mappe. „Das Motto ist ‚Inspired by Paris‘. Ich habe mich von den jüngsten Ereignissen inspirieren lassen und meine Entwürfe daran angelehnt. Ich habe eine Ball Robe für Ladybug, einen Abendanzug für Chat Noir, aber auch Entwürfe für Hüte, Schals, Jacken und Röcke, alles angelehnt und inspiriert von Paris, doch das Herzstück sind die zwei Stücke deren Inspiration Ladybug und Chat Noir sind.“, erklärte sie mit leuchtenden Wangen. „Marinette, ich bin mir sicher sie wird begeistert sein! Kannst du bis nächste Woche Freitag eines dieser Stücke nähen? Dann nehme ich dich danach mit zu ihrem Büro und sie werden dann die Entscheidung fällen, wer den Praktikumsplatz bekommen wird.“ „Ja, natürlich, welches würden Sie mir denn empfehlen?“, fragte Marinette und verknotete aufgeregt ihre Finger. „Versuch etwas, das nicht zu ausgefallen ist. Etwas, dass unauffällig elegant ist und sich gut in den Stiel von Chanel eingliedert. Wie das hier.“, sagte ihre Lehrerin und fischte ein Blatt Papier mit einem Design eines eleganten Businesskleides hervor, wie es wohl eine erfolgreiche Anwältin tragen würde. „Ja, das kann ich machen!“ „Gut, dann sehen wir uns nächste Woche!“, sagte ihre Lehrerin. „Tikki?“, flüsterte Marinette, kaum dass ihre Lehrerin den Raum verlassen hatte. „Hast du das gehört? Ich könnte platzen vor Glück!“, flüsterte sie überglücklich. „Das ist zwar toll Marinette und ich will dir auch wirklich nicht die gute Laune verderben, aber du solltest trotzdem jetzt schnell nachhause und etwas schlafen. Die Stoffe kannst du morgen mit Alya zusammen kaufen gehen, aber du hast die ganze Nach durchgearbeitet.“ „Ja, du hast recht!“, sagte Marinette. „Ich muss dringend schlafen! Und mich bei Kitty bedanken.“ Zuhause angekommen ließ sie sich nur noch auf ihr Bett fallen. Ihre Eltern sagten nichts dazu, sie hatten sehr wohl mitbekommen, dass ihre Tochter die ganze Nacht durchgearbeitet hatte und weckten sie einfach zum Abendessen. Danach packte sie einen Korb mit Croissants, Macarons und verschiedenen anderen Leckereien, sagte ihren Eltern, dass sie sich bei jemandem bedanken gehen würde der ihr bei ihrem Projekt sehr geholfen hatte und dass sie nicht auf sie warten sollten und ging. Draußen suchte sie sich eine stille verlassene Gasse und sprang nach einem schnellen „Tikki, spots on!“ auch schon über die Dächer. Chat Noir ließ wie zu erwarten nicht lange auf sich warten, schon wenige Minuten später landete er geschmeidig neben ihr. „Eine wunderschöne Nacht, My Lady, aber nicht so schön wie du.“, sagte er galant. „Hey Chat“, begrüßte sie ihn, ihre Laune so ungetrübt, dass sie sich tatsächlich nicht an seinem flirtversuch störte sondern beinahe geschmeichelt war. Aber nur beinahe. „Schon klar, Charming, aber ich wollte mich bei dir bedanken! Es war wirklich absolut inspirierend. Danke Chat!“, sagte sie und hielt ihm zwinkernd den Korb entgegen. Er schnupperte vorsichtig daran und wie auf Kommando begann sein Magen zu knurren. „My Lady beliebt zu scherzen!“, murmelte er. „Das würde diese Holde Maid niemals wagen.“, spottete sie und öffnete den Korb. „Danke.“, sagte er perplex und nahm ein Schokocroissant von ihr entgegen. „Du hast mir wirklich sehr geholfen gestern Chat!“, beteuerte sie. „Jederzeit, My Lady. Ich schließe also, dass das Projekt gut verlaufen ist?“, fragte er nach. „Ja. Ich bin in die nächste Runde gekommen und scheine ganz gute Chancen zu haben.“ Sie strahlte geradezu vor Glück. Und er konnte einfach nicht anders als zurück zu lächeln. Es war einfach ansteckend. Sie war ansteckend. Langsam beugte er sich zu ihr vor, sah in ihre dunkelblauen Augen, das Strahlen ihrer Lippen, schon fast konnten sich ihre Gesichter berühren, ihr Atem stockte einen Moment und dann zuckte er überrascht zusammen als sie urplötzlich anfing seine Ohren zu kraulen. „Danke Kitty!“ Und er konnte gar nicht anders als zu schnurren und sich genüsslich zu räkeln. Ladybug musste kichern. „Wow, du bist ja wirklich noch mehr eine Katze als ich dachte!“ Und auch wenn sie es Chat gegenüber niemals zugegeben hätte, fand sie ihn in diesem Moment wirklich süß. Chat senkte den Kopf damit sie ihn besser kraulen konnte und eigentlich hatte sie es wirklich nicht vorgehabt, doch ohne darüber nachzudenken beugte sie sich vor und drückte ihm einen Kuss auf sein empfindliches Katzenohr. Chat hielt mitten in der Bewegung inne und vergaß sogar zu schnurren. Hatte Ladybug das gerade wirklich getan? Oder hatte er es sich nur eigebildet? Hatte sie? Ladybug schien von seiner Verwirrung nichts zu bemerken, denn sie fuhr unbeirrt fort ihn zu kraulen. Er zuckte die Schultern und beschloss lieber diese Sonderbehandlung zu genießen die ihm gerade zuteilwurde, anstatt zu riskieren den Moment mit seiner Reaktion zu zerstören. Immerhin kam es selten genug vor, dass sie ihm solche Beachtung schenkte. Also legte er sich genüsslich hin, ließ sich kraulen und schnurrte. Ladybug verkniff sich ein weiteres Kichern – Chat war eine echte Schmusekatze! Aber immerhin hatte sie sich ja bei ihm bedanken wollen, also konnte sie ihn auch ruhig noch eine Weile hinter den Ohren kraulen wenn es ihm augenscheinlich so gut gefiel. Ein paar Minuten später stellte sie fest, dass seine Atmung sich beruhigt hatte und er tief und gleichmäßig atmete. Als sie sich vorbeugte entdeckte sie, dass er eingeschlafen war. Sie musste lächeln. Auf einmal sah er so verletzlich aus. Viel jünger. Es war seltsam, dass ihr ausgerechnet dieser Gedanke kam, immerhin waren sie gleich alt, das wusste sie, doch er wirkte einfach so anders, wenn er wach war. Manchmal konnte er ein echter Draufgänger sein und sie hatte erst vor kurzem bemerkt, dass er dieses Flirtverhalten nur bei ihr an den Tag zu legen schien, doch weder bei Chloé noch bei Alya hatte er sich jemals so verhalten, nur bei ihr und... bei Marinette. Sie hatte ihm nie abgekauft, dass er ernsthaft an ihr interessiert war, doch in letzter Zeit… vielleicht weil er weniger mit ihr geflirtet und sie mehr ernsthafte Gespräche geführt hatten, vielleicht weil sie etwas mehr über den Jungen hinter der Maske erfahren hatte. Er war zwar häufig etwas unbedacht und unvorsichtig wenn er sich in den Kampf stürzte, doch sie konnte sich immer darauf verlassen, dass er ihr zu hundert Prozent den Rücken deckte. Er würde seinen Kwami mit seinem Leben beschützen und ihm schien wirklich etwas an ihr zu liegen. Fast schon tat es ihr leid, denn sie war in Adrien verliebt und sie wollte wirklich nicht, dass Chat sich Hoffnungen machte, obwohl sie seine Gefühle nicht erwiderte. Das hatte er nicht verdient und sie wollte ihn nicht verletzen. Sie blickte auf Chat hinab, der sich im Schlaf eingerollt und sich wie ein Kater eng an sie geschmiegt hatte und fragte sich, ob er dieses katzenähnliche Verhalten schon immer gehabt hatte oder ob er das von seinem Kwaami übernommen hatte. Er sah aus als ob er schon lange nicht mehr friedlich geschlafen hätte. Zum ersten Mal fragte sie sich ob er wohl aus einer intakten Familie kam. Wenn sie ihn sich so ansah, dann vermutlich nicht, oder er würde wohl kaum den Eindruck erwecken, als ob dies sein erster ruhige Schlaf seit langer Zeit wäre. Sie fuhr fort ihn zu kraulen, wollte nicht riskieren, dass er eventuell aufwachte, wenn sie aufhörte. Irgendwie tat ihr diese Erkenntnis leid, denn er verdiente es glücklich zu sein, doch er schien auf ganzer Linie Pech zu haben. Obwohl, als Dark Cupid seine Zuneigung in Hass verwandelt hatte, hatte ihr Kuss ihn aufgeweckt. Bedeutete das, dass seine Liebe für sie echt war? Sie hielt in ihrer Bewegung inne. Konnte es das wirklich bedeuten? Chat gab einen dumpfen protestierenden Laut von sich und sie begann hastig ihn wieder zu kraulen. „Tut mir leid, Kitty.“, flüsterte sie. „Aber ich bin bereits hoffnungslos in jemanden verliebt, der kaum bemerkt, dass es mich gibt. Und ich möchte, dass man mich für mich mag und nicht die Maske, die ich trage.“ Chat antwortete wie er wartet nicht. Er hätte ihr antworten können, denn er hatte sie laut und deutlich gehört, doch er glaubte nicht, dass sie eine Antwort haben wollte, also blieb er regungslos liegen und erlaubte der Stille zwischen ihnen, ihrer beider aufgewühlten Gefühle zu beruhigen. Kapitel 5: Miniature -------------------- Miniature Es war Donnerstag. Marinette setzte die letzten paar Stiche an das elegante Businesskleid – das bedeutete, sie vollendete ihren eigestickten Namen – und trat ein paar Schritte zurück um ihr Werk zu begutachten. Sie war wirklich zufrieden mit sich. Es handelte sich um ein eng anliegendes Etuikleid in Schwarz und Dunkelgrau mit einem einzelnen, kaum eine Handbreiten roten Streifen der an der rechten Seite von der Schulter bis zum Saum verlief. Dort hatte sie auch ihren Namen eingestickt. Alya pfiff anerkennend durch die Zähne als sie das Tablett mit Croissants und Kaffee, das Marinettes Mutter soeben fertig gemacht hatte die Treppe hinauf balancierte und die Luke hinter sich zu fallen ließ. „Chanel sollte dich anflehen bei ihnen anzufangen, girl!“, sagte sie und stellte das Tablett ab. „Mit deinen Ideen könntest du die offizielle Ladybug Designerin werden. Ich wette, wenn wir davon Pics auf dem Ladyblog einstellen könntest du dich vor Anfragen kaum retten! Du könntest dein eigener Stardesigner werden Marinette!“, sagte sie und hatte schon das Handy in der Hand. „Alya, das ist ein Beispielstück für Chanel, das kannst du nicht einstellen.“, erinnerte sie ihre beste Freundin. „Aber ein Fotoshooting kann ich machen!“, hielt Alya dagegen und schubste Marinette kurzerhand samt Kleid ins Badezimmer. „Alya!“, protestierte Marinette, doch diese stemmte sich kurzerhand von der anderen Seite mit der Schulter gegen die Tür. „Keine Chance, Madame, du kommst da erst wieder raus, wenn du dich umgezogen hast!“ „Eh!“, stöhnte Marinette entnervt und ließ ihre Stirn von innen gegen die Badezimmertür knallen. „Muss das sein?“ „Ja!“ „Ich bin der Designer, nicht das Model!“, beschwerte sie sich. „Jetzt bist du beides!“, bestimmte Alya und Marinette musste einsehen, dass ihr in dieser Angelegenheit wohl kein Mitspracherecht eingeräumt wurde. „Ich bin fertig!“, murmelte sie ein paar Minuten später gegen die Tür und wurde endlich von Alya aus dem Badezimmer befreit. „Marinette, du siehst klasse aus!“ Alya knipste schon drauf los. Marinette drehte sich um ihre eigene Achse und stellte fest, dass ihr das Kleid – jetzt wo sie feststellte, dass es relativ große Bewegungsfreiheit bot – umso besser gefiel. „Weißt du wem das noch gefallen würde?“, fragte Alya. „Wem?“ fragte Marinette während sie das Kleid glatt strich. Immerhin wollte sie es nicht gleich zerknittern. „Adrien.“, sagte Alya scheinheilig. Marinette schnappte entgeistert nach Luft und wagte einen verzweifelten Hechtsprung nach dem Handy in Alyas Hand, doch diese hatte bereits auf Senden gedrückt. „Nein! Nein! Nein! Nein! Nein!“, fassungslos starrte Marinette auf den Bildschirm, doch Alya nahm ihr nur gelassen das Handy wieder ab und tippte ein „Sorry, das sollte an Nino gehen!“ „Wie kannst du nur?“ Marinette schien sich nicht entscheiden zu können ob sie in eine Schockstarre verfallen sollte oder doch lieber hyperventilieren. „Relax, girl!“, sagte Alya ohne sich von ihrer Freundin ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen und setzte sich gelassen auf ihr Sofa. „Oh mein Gott, wie soll ich Adrien jetzt je wieder unter die Augen treten?“ „Hörst du dich eigentlich selber reden, Mari?“, fragte Alya die das tatsächlich amüsant zu finden schien. „Warum solltest du ihm nicht mehr unter die Augen treten können?“ „Weil du ihm solche Bilder von mir schickst! Oh mein Gott Alya, meine Haare sind nicht gemacht, ich bin ungeschminkt und übermüdet!“ „Relax, girl!“, wiederholte Alya nur. „Du machst dir vollkommen umsonst Sorgen! Du siehst klasse aus!“, sagte Alya und stemmte die Hand in die Hüfte. In diesem Moment vibrierte ihr Handy. Marinette wagte einen weiteren Hechtsprung, doch Alya war schneller als sie und brachte das Handy geübt aus ihrer Reichweite. „Na also, da meldet sich ja schon dein Prinz Charming.“, sagte sie und hielt das Handy außerhalb von Marinettes Reichweite. „Und er schreibt: Kein Problem, Alya. Sie sieht klasse aus, mit solchen Designs muss Chanel sie einfach nehmen. Und dahinter ein lachender Smiley.“, las sie die Nachricht vor. „Was?“, fragte Marinette und schnappte erneut nach dem Handy. Diesmal ließ Alya es zu, mit einem selbstgefälligen Grinsen auf den Lippen. „Oh.“, entfuhr es Marinette und sie starrte mit einem verliebten Lächeln auf den Bildschirm. „Ich hab es dir ja gesagt.“, sagte Alya. „Und jetzt dreh dich noch ein paar Mal, ich will das Debutstück der Designerin Marinette Dupain-Cheng ganz genau einfangen, damit ich damit angeben kann wenn du berühmt geworden bist!“ Alya zwang sie noch eine halbe Stunde Model zu spielen, dann wurde sie endlich endlassen. Doch ruhe hatte sie auch dann nicht. „Ich möchte dieses Praktikum wirklich haben!“, sagte sie leise und verknotete ihre Finger. „Ich weiß.“, sagte Alya uns legte ihr beruhigend eine Hand auf den Arm. Sie war nun mal Marinettes beste Freundin und auch sie war immer verlass. Immer. „Aber mit den Designs würde dich auch Prada nehmen! Sieh dir nur diese Pics an!“ Und Marinette musste ihr recht geben, die Fotos waren fantastisch. „Madame Bustier hat gesagt es gibt auch noch andere Bewerber. Was, wenn die einfach besser sind als ich?“, wagte sie zum ersten Mal auszusprechen, wovor sie Angst hatte. „Dafür müssten sie so talentiert sein wie ein Gabriel Agreste und das wird wohl kaum der Fall sein!“, schnaubte Alya und brachte Marinette damit zum Lachen. „Wäre das nicht einfach fantastisch?“, murmelte Marinette und ließ ihren Blick verträumt in die Ferne wandern. „Stell dir doch mal vor, ich als Praktikantin bei Chanel! Was ich wohl alles machen würde?“ „Kaffee holen?“, schlug Alya frotzelnd vor. „Alya!“, protestierte Marinette empört. „Keine Ahnung!“, sagte eben diese dann etwas ernster. „Dir wird vermutlich nicht erlaubt sein eigene Designs zu machen als Praktikantin, aber vielleicht wirst du eng mit den Designern zusammen arbeiten und mit zu den Totoshootings gehen oder sowas.“, stellte sie eine überlegte Vermutung an. Marinette gab nur ein verträumtes Seufzen von sich. Abends saß sie mit einer Packung Petit Fours und Chat auf dem eines Hauses an den Schornstein gelehnt und genoss die Ruhe der Nacht. Chat hatte sich begeistert über die (exquisiten) Pralinen hergemacht und allmählich bekam sie das Gefühl, dass er zuhause wohl nicht sonderlich oft Süßkram bekam, außerdem hatte er anscheinend eine ganz besondere Vorliebe für Schokolade, denn er hatte gezielt die Schokolanmacarons aus der Schachtel gefischt, sich bei ihrem kleinen Picknick am Meisten über die Schokocroissants gefreut und auch jetzt gezielt die schokoladen Petit Fours aus der Packung gefischt. Sie machte sich dazu eine gedankliche Notiz, immerhin hatte auch heute diese Kleinigkeit mitgebracht, weil sie fand, dass er sich für seine Hilfe ein kleines Dankeschön verdient hatte – sich bei ihren Partner auf diese Art zu bedanken schien zu einer gefährlichen Gewohnheit zu werden . „Wie läuft das Projekt?“, fragte er während er zufrieden mit den Beinen baumelte und der süßen Sünde in seiner Hand abbiss. Seine Diät verbat solche Kleinigkeiten strengsten und er hatte auch selten die Gelegenheit sich lange genug davon zu schleichen um sich unerlaubterweise selber etwas dieser Art zu gönnen, weshalb er es umso mehr schätzte, dass sie ihm dergleichen mitbrachte, auch, wenn er es ihr natürlich nicht sagen konnte. „Sehr gut.“, sagte Ladybug zufrieden und schlug ihm auf die freie Hand, die er gerade versuchte unbemerkt um ihre Schultern zu legen. „Ich hoffe so, dass es funktioniert!“, flüsterte sie und er konnte ihren sehnsüchtigen Blick sehen. Wenn sie doch nur einmal ihn so ansehen würde! Dieses Projekt musste ihr wirklich sehr viel bedeuten! Doch er sagte nichts dazu, sie wusste, dass er absolut an sie glaubet, es war schlichtweg nicht nötig für ihn dazu noch etwas zu sagen. Worte waren da nicht mehr nötig. Also saßen sie eine Weile in trauter Zweisamkeit neben einander und hatten eigentlich gerade beschlossen die Patrouille für den Tag zu beenden, als auf der Straße unter ihnen ein Tumult losbrach. Laute schrien und rannten panisch durch die Gegend. Ladybug sprang auf. „Was ist da los?“ , fragte Chat, der bereits aus seiner entspannten Position in die Hocke gesprungen war und nun mit geschultem Auge das Chaos scannte. Im Zentrum des Tumults befand sich ein Junge in einem lächerlichen Kostüm, der wild mit dem Gegenstand in seiner Hand durch die Gegend fuchtelte. Ein Strahl traf ein in Schlangenlinien die Straße hinunter schlitterndes Auto und es leuchtete grell auf, bevor es urplötzlich aus ihrem Sichtfeld verschwand. „Was ist das für eine Kraft?“, fragte Ladybug bevor sie auch schon von der Kante des Daches sprang und ihr Yoyo erst im Fall um einen Kamin auf der gegenüberliegenden Seite schlang. Im nächsten Moment wickelte es sich auch schon um seine Hand und zog sie mit einem Ruck beiseite als er auf ein paar verängstigte Passanten deuten wollte. „Nicht so schnell!“ Doch der akumatisierte Junge riss seine Hand los, der Strahl traf die Packung mit den Petit Four die Chat sich unter den Arm geklemmt hatte und sie verschwand aus seinem Griff. „Hey! Die waren ein Geschenk!“, rief Chat und stürzte sich in den Kampf. Kapitel 6: Miniature II ----------------------- Miniature II “Ich bin Miniature!”, lachte das Bürschchen und zwang Chat Noir einen Stepptanz aufzuführen, in dem Versuch seinen Strahlen auszuweichen, die er ihm hinterher warf. „Ihr werdet mich niemals kriegen! Gebt mir eure Miraculous‘!“ „Ihr lasst euch aber auch nie was Neues einfallen.“, sagte Marinette, die in diesem Moment hinter ihm auftauchte. „Du störst! Ich wollte heute ausnahmsweise mal früh ins Bett!“ „Ich bringe dich gerne danach in Bett, My Lady!“, rief Chat wenige Meter entfernt während er einen Strahl mit seinem Staab reflektierte. „Vergiss es, Kitty!“, war ihre Prompte Antwort und sie brachte sich hinter einem Auto in Sicherheit, dass im nächsten Moment in ihrem Rücken hinfort schrumpfte. „Hast du raus bekommen, wo der Akuma ist?“, fragte Chat der gerade Miniature mit einem gut gezielten Angriff zum Rückzug zwang. Für den Moment. „Muss in dem Gegenstand in seiner Hand sein.“, sagte sie und lenkte einen Strahl mit ihrem Yo-Yo ab. „Aber wir müssen erst rausfinden, was genau seine Kraft ist.“ Miniature gab ein weiteres irres Lachen von sich und hörte für einen Augenblick auf wie ein wild gewordener Primat mit Strahlen um sich zu werfen. „Sie haben mich ausgelacht! Sie alle haben mich ausgelacht! Ein lächerliches Hobby, haben sie gesagt, Freak, Nerd! Sie haben die Faszination nie verstanden, die vom Modelbauen ausgeht, wie es ist der Herrscher dieser kleinen Welt zu sein! Jetzt werden sie es sehen! Niemals mehr werden sie mich auslachen. Ich werde ganz Paris zu meiner Miniatur machen und nur ich werde darüber herrschen! Sie alle werden Teil meiner Miniatur sein und ihr zwei, Ladybug und Chat Noir, ihr werdet mein Meisterstück sein!“, kreischte er. „Nun, das war einfach rauszufinden!“, stellte Chat Noir nüchtern fest und landete neben ihr. „Wir brauchen eine Ablenkung.“, sagte sie während sie sich unter einem Strahl hindurch duckte, der stattdessen die Bar hinter ihr in ein Puppenhaus verwandelte. „Hast du einen guten Vorschlag?“, fragte Chat. „Nicht wirklich.“, gab sie mit einem unwilligen Zähneknirschen zu. „Das übliche Manöver?“, fragte er, doch in diesem Moment wurden sie von einem, aus dem nichts auftauchenden, auf sie zufliegenden Bus erwischt, der sie damit effektiv zum Verstummen brachte. Sie hechteten in entgegensetzte Richtungen aus der Schussbahn und mussten ihre Konversation somit abbrechen. Marinette rettete sich mit einer Rolle hinter einen Mülleimer – sehr heroisch – und wollte im nächsten Moment die von Chat ausgelöste Ablenkung ausnutzen – zumindest dafür waren sine schlechten Wortwitze gut – um den Akuma von seiner ungedeckten Seite her anzugreifen und ihm den Gegenstand in seiner Hand zu entreißen, als sie Alya erblickte. Mitten in der Schussbahn, Handykamera im Anschlag. Marinette dachte nicht nach, ihr Yo-Yo wickelte sich um eine Laterne, sie schwang nach vorne und erreichte Alya Millisekunden bevor der Strahl es tat, schaffte es ihre beste Freundin – zugegeben etwas unsanft – aus der Schussbahn zu befördern und sich noch in derselben Bewegung wieder hoch in die Luft zu schwingen, doch sie hatte den Überraschungsmoment verspielt. Der Strahl traf sie mitten in der Luft. Sie fiepte und während sie einen Moment lang in gleißendem, blendendem Licht schwebte hatte sie das Gefühl als würde sie in ein viel zu enges Latexkostüm gezwängt werden. Dann war sie Welt wieder da und sie fiel. „My Lady!“ Sie landete in Chats behandschuhten Händen, kaum so groß wie seine Hand lang war. „Verdammt!“, fluchte sie und sah sich um, Chats besorgten Blick dabei konsequent ignorierend. Miniature war verschwunden. „Wo ist er hin?“ „Entkommen, als ich dich aufgefangen habe.“, gab Chat zu und machte sich bereit für die Rüge, die er jetzt zweifelsohne von ihr bekommen würde, doch zu seiner Überraschung kam sie nicht. Einen Moment lang verblieb Ladybug still. Dann: „Ist Alya ok?“ Chat blickte über die Schulter zu der Hobbyjournalistin, die sich gerade den Staub von der Hose klopfte und danach fleißig weiter die Umgebung filmte. „Alles ok.“, bestätigte er und musste sich ein Lachen verkneifen, als er wieder auf seine Partnerin hinab sah. „Was?“, fauchte sie, offensichtlich wenig begeistert von seinem Gesichtsausdruck und die Arme trotzig vor der Brust verschränkt. „Du bist süß.“, gab er zu und sah zu wie sie wütend die Hände in die Hüften Stützte. Seine Wangen färbten sich rot vor unterdrücktem Lachen. „Mein Kwaami ist größer als ich!“, schnappte sie und stampfte wütend mit dem Fuß auf- eine Reaktion, die bisher nur Chloé bei ihr hatte auslösen können. „Und absolut reizend!“, flirtete Chat weiter. „Chat, wir haben wichtigeres zu tun!“, knurrte sie ungehalten während sie gegen den starken Drang ankämpfte erneut auf seine Hand zu stampfen. Vermutlich spürte er das nicht mal. „Verzeihung, My Lady.“, giggelte er wie ein kleines Mädchen und Marinette langte bei dem Punkt an, an dem sie überlegte, ob es in der momentanen Situation für sie ein legales Mittel war ihn an den Haaren zu ziehen. „Wir müssen ihn verfolgen!“, beharrte sie. „Und was willst du dann machen?“, fragte Chat. „Verzeih, My Lady, aber ich bezweifle, dass du in diesem Zustand den Akuma deevelizen kannst.“ Verdammt. Marinette erstarrte. Damit hatte er Recht. “Ich werde mir was einfallen lassen.”, sagte sie dann. „Aber dafür müssen wir ihn erst wieder finden.“ Chat nickte und griff mit einer Hand nach seinem Staab, und hielt inne. „My Lady, ich kann dich nicht in der Hand halten, wenn ich ihn verfolgen will.“ Das war ein Problem. Er brauchte beide Hände, auf seiner Schulter würde sie sich bestimmt nicht halten können und wenn sie sich in eine seiner Taschen setzte, würde sie zerquetscht werden wenn er sich vorne über beugte. „Setz mich auf deinen Kopf.“, befahl sie kurzerhand, wofür sie einen verwirrten Blick erntete, doch er folgte ihrer Anweisung trotzdem. Marinette watete durch sein goldenes Engelshaar als wäre es kniehoher – unglaublich weicher, auch wenn sie das niemals zugeben würde – Teppich, bis sie sein Katzenohr erreicht hatte, sich daran festhielt und Chat gab einen verstehenden Laut von sich. Das hatte sie also vor. Sie schlang das Yo-Yo um sein Ohr für zusätzlichen Halt und machte sich bereit. „Fertig, My Lady?“, fragte Chat und sie gab ein kampfeslustiges Geräusch von sich. Dieser Akuma konnte sich auf eine harte Zeit vorbereiten. Chat grinste sein typisches, schelmisches Grinsen und machte sich auf den Weg. Zumindest eines musste man diesem Akuma lassen, er machte seine Arbeit gründlich. Fünf geschrumpfte Straßenzüge weiter hatte Chat ihn wieder eingeholt und beobachtete ihn unbemerkt aus sicherer Entfernung von dem Dach eines bisher unbetroffenen Gebäudes aus dabei, wie er erst den Arc de Triomphe in Spielzeuggröße schrumpfte und dann die Champs Elysees weiter hinab wanderte. „Irgendwelche Ideen?“, fragte er und spürte wie sich Ladybug zwischen seinen Haare zu ihrer – momentan – stolzen Größe von zwölf Zentimetern aufrichtete und unterdrückte ein weiteres Lachen. Wenn sie jetzt aufstampfen sollte würde er es merken. Doch das Grinsen auf seinen Lippen konnte er nicht unterdrücken. Ein paar Sekunden noch blieb es still, in denen Ladybug die Situation auslotete und sich eine Strategie zurecht legte. Dann spürte er wie ihre Hand in einer großen Bewegung ein paar Mal durch das sensible Fell seines Ohres kratzte, welches sofort mit einem unterdrückten Zucken reagierte und ihm ein Schnurren entlockte. „Heute ist dein Glückstag, Kitty.“, sagte sie. „Heute darfst du ausnahmsweise mal mit der Tür ins Haus fallen.“ Chat verstand. Sein Grinsen wuchs in die Breite und er stürzte sich mit einem Tarzanschrei frontal ins Gefecht. Er kannte den Plan nicht. Er hatte nicht die geringste Idee, was sie in ihrem kleinen, durchtriebenen Gehirn hinter der hübschen, unschuldigen Fassade wieder ausgebrütet hatte, doch das alles musste er nicht wissen, denn er vertraute ihr mit jeder Faser seines Wesens. Wenn sie sagte sie hatte einen Plan, dann war das alles, was er von ihr hören musste. Miniature wirbelte zu ihnen herum, den Gegenstand in seiner Hand bereits erhoben. Der Strahl traf ihn mitten ins Gesicht, hüllte ihn in gleißendes Licht. Sein Angriff erreichte Miniature nicht. Und dann fiel er. Kapitel 7: Miniature III ------------------------ „Lucky Charm!“, hörte er Ladybugs Stimme neben sich als er fiel und fragte sich, warum er noch nicht auf dem Boden aufgeschlagen war. Dann verschwand das blendende Licht um ihn herum und er wurde von einem Paar Hände sanft aufgefangen. Ladybug ragte vor ihm in die Höhe, mit einem selbstsichern, siegessicheren Lächeln auf den Lippen. „Danke, Chat. Halt dich gut fest!“, sagte sie und setzte ihn umsichtig auf ihrer Schulter ab, während sie mit der anderen Hand ohne hin zu sehen ihren Lucky Charm auffing. „Lösungsmittel?“, flüsterte sie. „Es ist Modellkleber!“, realisierte Chat in diesem Moment. „Ladybug, der Gegenstand in seiner Hand ist Modellkleber!“ „Macht Sinn.“, stellte sie fest und schwang sich an ihrem Yo-Yo zu Miniature, das Lösungsmittel vor sich sprühend wie einen Schild. Chat fauchte und buckelte, während er die Krallen tief in ihre Schulter Grub. Sie riss Miniature etwas zu schwungvoll von den Füßen und sie schlitterte über den Boden, doch sie hatte seine Hand zu fassen bekommen und auch wenn er sich kreischend wie ein kleines Mädchen wehrte war es nur eine Frage von Sekunden, bis sie ihm die Flasche mit dem Kleber entwunden hatte und aus seiner Reichweite sprintete. „Möchtest du mir die Ehre erweisen, Chat?“, fragte sie und erhaschte einen Blick auf seine spielerische Verbeugung auf ihrer Schulter als sie zu ihm hinab linste, dann sprang er mit aktiviertem Cataclysm hinunter auf ihre Hand und die Flasche löste sich unter seiner Berührung in schwarzen Wolken auf und entließ den Akuma. Mit einem Schlenker ihres Handgelenks hatte sie ihn eingefangen und sah Sekunden später dabei zu, wie der gereinigte, unschuldig weiße Schmetterling davon flatterte. „Bye bye, kleiner Schmetterling.“, sagte sie. Chat grinste sie breit von ihrer Handfläche aus an. „Du bist richtig süß, wenn du so klein bist.“, stellte sie fest und hob ihn an, bis er mit ihr auf Augenhöhe war. Er lehnte sich selbstsicher wie eh und je mit einem Arm auf ihren Nasenrücken und schenkte ihr sein strahlendstes Flirt-Lächeln. „Denkt My Lady etwa darüber nach eine Katze zu adoptieren?“, scherzte er. „Ich wusste, du würdest meinem animalischen Charme nicht lange wiederstehen können.“ „Ich bin mehr ein Hundemensch.“, konterte sie, doch er konnte den gutmütigen Spott in ihren Augen sehen. „My Lady, du verletzt mich zutiefst.“, sagte er und griff sich gespielt ans Herz. „Aber es gibt da eine streunende Katze, die ich schon seit einer Weile partout nicht loswerde.“, zwinkerte sie. „Vielleicht will der Kater ja adoptiert werden.“, schlug Chat nonchalant vor. „Ich glaube nicht, dass er Haustiermaterial ist.“, widersprach Ladybug. „Dann vielleicht Fester-Freund-Material.“, ging er einen Schritt weiter. „Ein Flirt vielleicht.“, korrigierte Ladybug, doch kraulte ihn versöhnungshalber mit einem Finger hinter seinen süßen Mini-Katzen-Ohren. Er überraschte sie, als er seine Hand an ihren Finger legte und galant wie sonst auch ganz Gentleman-like einen Kuss auf ihren Knöchel drückte. Sie kämpfte die aufkeimende Röte in ihren Wangen nieder. „Nun, My Lady, so sehr ich es auch genieße in deinen Händen zu liegen, so würde ich dies doch lieber in meiner natürlichen Größe tun.“, bemerkte er. „Hinter ihnen konnte sie immer noch Minature von der gigantischen Miniatur-Welt heulen hören, die er hatte errichten wollen. „Natürlich.“, beeilte sie sich. „Miraculous Ladybug!“, und warf die Sprühflasche mit dem Lösungsmittel in die Luft. Der Lucky Charm tat seine Wirkung und in einem Wirbel aus Rot wurden Straßenzüge wieder restauriert, zerstörte Autos repariert und in ihrer Hand verwandelte sich Chat Noir wieder zurück und riss sie mit seinem plötzlichen Wachstumsschub von den Füßen. Ihr entfuhr ein überraschtes „Huch!“ und dann fand sie sich unter ihm wieder. „Gut, dass wir Katzen immer auf den Füßen landen.“, grinste er sie unverschämt von oben herab an und just in diesem Moment ertönte das Klicken von Alyas Handykamera. Marinette machte sich eine mentale Notiz zu lernen, wie man einen Computer hackte, damit sie in Zukunft brisantes Material von dem Computer ihrer Freundin löschen konnte, bevor diese dazu kam es auf ihren Ladyblog zu veröffentlichen und ließ sich von Chat auf die Füße ziehen. „Nun dann, My Lady, ich würde ja gerne noch für einen kurzen CHAT verblieben, doch ich befürchte, ich sollte gehen bevor alle meine LEBEN aufgebraucht sind.“, sagte er als das piepen seines Ringes ertönte. „Schade, dass der Lucky Charm deine schlechten Wortwitze nicht auch bereinigen kann, Kitty.“ Chat machte einen übertrieben verletzten Gesichtsausdruck. „Was ist, hab ich dir auf den Schwanz getreten?“, witzelte sie. Sein Gesicht leuchtete auf als sie tatsächlich einen Wortwitz machte und er verbeugte sich. „Nicht von dir, My Lady. Auf bald.“ Damit war er verschwunden. Marinette überlegte noch einen Moment lang ob sie wohl noch genug Zeit hatte um Alya ein kurzes Interview zu geben, doch in diesem Augenblick vernahm sie das drängende Piepen ihre Miraculous‘, ein eindeutlicger Hinweis, dass sie sich besser beeilen sollte und sie beschränkte sich darauf Alya kurz zuzunicken, bevor sie mit ihrem Yo-Yo davon schwang. „Tikki, du musst sicher gehen, dass ich Morgen auch wirklich früh aufstehe.“, sagte sie als sie sich müde vornüber in ihr Loft-Bett fallen ließ. „Mhm.“, murmelte Tikki und landete gähnend auf dem Teller mit Keksen auf ihrem Nachttisch. Sie schaffte es kaum zu essen, bevor der kleinen roten Kreatur auch schon die großen blauen Augen zu fielen. Marinette bettete sie noch vorsichtig auf das große Kissen, dass sie für ihren Kwaami genäht hatte bevor auch sie endlich in einen erschöpften, traumlosen Schlaf fiel. Der Morgen kam unerbittlich und Marinette erwachte leicht gereizt – was ihr Wecker zu spüren bekam, als sie ihn in dem Versuch ihn auszuschalten hinunter in ihr Zimmer stieß - und mit höllischen Kopfschmerzen. Sie brauchte 12 Minuten um sich aus ihrem Bett bis in ihr Bad zu kämpfen und stellte dort – was nicht überraschend war, aber dennoch nicht dazu beitrug, dass sich ihre Laune hob – fest, dass sie aussah wie der Tod auf Latschen. So würde sie unmöglich das Vorstellungsgespräch bestehen. Seufzend schöpft sie sich Wasser ins Gesicht und macht sich daran, ihre dunklen Augenringe mit einem koffeinhaltigen Rollstift zu bearbeiten. 3mal. Danach sieht sie nur noch aus als habe sie ein LKW überfahren und nicht mehr eine Armee der Untoten. Zum ersten mal bemüht sie sich um das Make Up, dass Alya ihr zum Geburtstag geschenkt hat („Damit MUSST du Adrien einfach auffallen.“) und schafft es tatsächlich, Mit Concealer und Puder wieder eine lebendige Hautfarbe zu bekommen und mit Rouge, Liedstrich und Lipgloss wieder gesünder auszusehen. Ihr Schlaf Defizit bekämpft sie während dem Frühstück mit einem Matcha-Latte (Immerhin war der Koffeingehalt von Matcha drei Mal so hoch wie der von Kaffe) nach dem Geheimrezept ihrer Mutter und einem Schokocroissant um ihre schlechte Laune zu heilen. Dann packte sie zusätzlich zu ihren Schulsachen auch noch ihr Designerstück ein – was sie auf dem Weg bis zur Haustür noch drei Mal kontrollierte – und machte sich auf den Weg zur Schule. Sie überlebte den Schultag mit drei weiteren Esspressi – was einer Koffeininfusion gleich kam – bot Chloé aufgrund ihrer unterschwelligen Gereiztheit noch schlagfertiger als sonst die Stirn und dann hatte sie endlich überlebt und fuhr mit Madame Bustier zu Chanel. Sie stieg aus dem roten Käfer (welche Ironie) ihrer Lehrerin aus und erstarrte. Das Gebäude war groß. Das Gebäude war gigantisch. Dort wollte sie sich bewerben? „Oh Gott!“, flüsterte sie. „Ich kann das nicht!“ Und spürte, wie Tikki sie kräftig durch die Tasche hindurch trat und somit effektiv aus ihrer Starre weckte. Langsam folgte sie ihrer Lehrerin in das Gebäude. Alles war exquisit, wie es sein musste. Weißer Marmor, eine Wasserfontäne in einem Becken aus rotem Marmor und ein gläserner Aufzug in die oberen Stockwerke. Marinette konzentrierte sich darauf weiter zu atmen und nicht in Ohnmacht zu fallen – das würde ihre Chancen auf das Praktikum bestimmt nicht verbessern, wenn sie sich den Kopf anschlug und die Eingangshalle vollblutete – während ihre Lehrerin selbstbewusst zu der Empfangsdame schritt, kurz mit ihr redete, und dann mit einem Lächeln zu einem Aufzug gewiesen wurde. Marinette folgte ihr verkrampft, während sie versuchte ihren Todesgriff um das Kleid in ihren Händen zu lockern, immerhin wollte sie es nicht zerknittern. Ihr Gehirn war wie leer gefegt während sie ihrer Lehrerin wie fremd gesteuert folgte, jemand nahm ihr das Kleid ab und sie machte freundlichen Small Talk mit Madame Bustier, sie wusste nicht, wie lange sie vor dem Raum gestanden hatte, bis jemand die Tür öffnete und sie bat einzutreten. Madame Bustier legte ihr kurz die Hand auf den Arm. Marinette schluckte und schritt durch die Tür. Das Büro befand sich im 29ten Stock. Zwei der Wände waren komplett aus Glas und boten einen wunderbaren Ausblick auf Paris. Wenn auch nicht ganz so gut wie sie ihn nachts mit Chat hatte. Chat. Ihr Partner. Ihre Stütze. Sie war Ladybug. Und als sie sich zu den drei Herrschaften umdrehte, die sie erwartungsvoll vom anderen Ende des Büros ansahen und das Model in ihrem Design den Raum betrat war es Ladybug, die sprach. Sie hatte keinen Grund Angst zu haben. Sie erläuterte ihre Stoffwahl, die Details ihres Designs, warum sie ein Etuikleid gewählt hatte als ihr Vorführungsstück, welche Vorzüge das Material besaß, weshalb sie diese Form des Ausschnitts mit einem kragen kombiniert hatte, wie sie ihre Inspiration, ihr Motto, in diesem Stück wieder spiegelte, wie sie ihre Inspiration bekommen hatte – hier hatte sie das Blaue vom Himmel herunter gelogen – auf welches Design aus ‚Inspired by Paris‘ sie besonders stolz war, und schließlich, warum sie diesen Praktikumsplatz wollte. „Nun, Madame Dupain-Cheng, ‚Inspired by Paris‘ gehört zu den besten Mappen, die mir in den letzten 14 Jahren untergekommen sind. Sie haben sich gut präsentiert und scheinen gut ins Team zu passen. Ihr Wissen ist angemessen und ich freue mich Ihnen mitteilen zu können, dass Sie eine unserer zwei Finalistinnen sind. Wir werden unsere Entscheidung im Laufe der nächsten Woche treffen und Sie darüber in Kenntnis setzen. Es war mir eine Freude, Sie kennen zu lernen.“, beschloss Bridgette das Bewerbungsgespräch und schloss die Mappe mit ihren Designs. „Wenn Sie nichts dagegen habe, dann würde ich das Kleid gerne so lange noch behalten.“ „Natürlich.“, beeilte sich Marinette zu sagen. „Eine Frage habe ich noch.“, hielt Bridgette sie auf. „Ja?“ „Mir ist dieses kleine, sehr raffinierte Detail an Ihrem Kleid aufgefallen, Ihre Signatur. Signieren Sie alle ihre Stücke?“ „Ja, das tu ich. Darf ich fragen wieso mich danach fragen?“, antwortete Marinette etwas verunsichert. Sie wusste, es war gewagt gewesen, ihre Signatur auf ein Kleid zu setzen, mit dem sie sich für eine andere Marke bewerben wollte, doch das Kleid war immer noch ein Original Marinette und sie hatte jedes Recht, ihre Arbeit zu kennzeichnen.“ „Oh, mir ist nur so, als hätte ich neulich den Sohn von Gabriel Agreste mit einem Schal gesehen, der die gleiche Kennzeichnung trug.“, sagte Bridgette. „Möglich.“, sagte Marinette, doch konnte den leichten Rotschimmer auf ihren Wangen nicht verhindern, als sie lächelnd den Raum verließ. Kapitel 8: Disparition ---------------------- Disparition An diesem Abend wartete Chat bereits auf sie, als sie an ihrem üblichen Treffpunkt ankam. Er wirkte unruhig, während er auf dem Dach hin und her lief wie ein Tiger im Käfig und eine leichte Unruhe machte sich in ihr breit, als sie ihren Partner so sah. Hoffentlich war nichts passiert. Sie landete wenige Schritte von ihm entfernt und noch bevor sie sich komplett aufgerichtet hatte stand er schon vor ich, beide Hände auf ihren Schultern und einen nervösen Ausdruck im Gesicht. „Und? Wie war es? Wie ist das Projekt gelaufen?”, fragte er. Einen Moment lang starrte sie ihn nur an, und dies augenscheinlich mit einem sehr dummen Gesichtsausdruck, denn er setzte nach: „Das war doch heute, oder? Die Präsentation deines Projekts?“ „Äh... ja.“, brachte sie schließlich hervor, als sie ihre Stimme endlich wieder fand. „es lief ganz wunderbar. Ich bin unter den zwei Finalisten, aber sie konnten mir noch keine endgültige Entscheidung mitteilen.“ „Aber es lief gut?“, hakte er nach. „Ja, wirklich. Ich habe eine sehr positive Rückmeldung bekommen.“, versicherte sie ihm und konnte nicht verhindern, dass sich ein Strahlen auf ihr Gesicht legte, als sie an die positive Kritik zurück dachte, die sie erhalten hatte. Seitdem sie zusammen mit Madame Bustier das Gebäude verlassen hatte, hatte sie das Gefühl wie auf Wolken zu schweben. Sie hatten ihre Designs nicht nur gelobt, sie war nicht nur unter den besten der jetzigen Bewerber, sie war unter den besten, die Bridgette zu sehen bekommen hatte – und das musste eine unglaubliche Menge an Designs sein – sie glaubten, dass sie gut ins Team passen würde und auch ihr Musterkleid hatte eine sehr positive Resonanz bekommen. Abgesehen davon hatte Bridgette sie sogar auf ihr Emblem angesprochen, ihre Kennzeichnung und sie auf Adrien angesprochen. Adrien trug ihren Schal also immer noch. Sie hatte an diesem Tag mehr als einen Grund um auf Wolke sieben zu schweben. „Das schreit nach einem Grund zum Feiern!“, sagte Chat mit einem Glitzern in den Augen, dass nichts Gutes verhieß. „Was? Nein! Chat, ich bin nur unter den zwei Finalisten, noch gibt es keinen Grund zum Feiern!“, bremste sie ihn aus. „Aber du wirst gewinnen!“, hielt er dagegen. „Das wissen wir noch nicht, Kitty.“ „Aber du wirst.“ „Wenn du meinst.“ „Wenn du gewonnen hast, wirst du mich nicht aufhalten.“, drohte er. „Ist das so?“, fragte sie mit vor der Brust verschränkten Armen. „Ja.“, sagte er und beugte sich zu ihr vor. „Na das werden wir noch sehen.“, stellte sie fest, doch wenn er sich so sehr für sie freute, konnte sie ihm kaum böse sein. „Die Petit Four waren übrigens überaus deliziös. Besonders die mit Pistazie.“ „Du bist dafür zurück gegangen?“, fragte sie überrascht. Sie hätte nicht gedacht, dass Chat nach dem Kampf noch daran gedacht hatte. „Natürlich, es war ein Geschenk von meiner Lady, was wäre ich für ein schlechter Kater, wenn ich es zurück lassen würde!“, antwortete er empört. „Ist ja gut, Kitty.“, beschwichtigte sie ihn spielerisch und erntete einen gespielt einsichtigen Blick von ihm. „Sollen wir dann?“, fragte sie. „Nach dir, My Lady.“, sagte er und folgte ihr. Den Samstag verbrachte sie zum größten Teil im Bett. Als sie aufwachte war es schon fast Zeit fürs Mittagessen und danach half sie ihren Eltern für einige Stunden in der Bäckerei, bevor sie sich wieder mit Keksen für Tikki und einigen anderen Leckereien in ihr Zimmer zurückzog und es sich erneut auf ihrem Bett gemütlich machte, wo sie mit ihrem Kwaami einen Filmabend machte, während sie gleichzeitig an den Stickereien eines Abendkleids arbeitete. Zumindest für die ersten, himmlischen, sechsundzwanzig Minuten, in denen sie das Gefühl hatte, als wäre aller Stress von ihr abgefallen. Dann erschütterte ein gewaltiger Knall ihr Zimmer, ein Teil ihrer Decke kam krachen runter, reflexartig rollte sie sich schutzsuchend zusammen, Staub erfüllte die Luft und eines ihrer Buchregale kippte um und drohte sie samt ihrem Bett unter sich zu begraben. Sie hustete und blinzelte angestrengt, sie konnte ihre Eltern unten in der Bäckerei schreien hören, ihre Panik, doch ihre Luke war verschüttet worden und selbst ihr Vater, der es gewohnt war 20-Kilo Mehlsäcke durch die Gegend zu schleppen konnte sie nicht aufstemmen. Ihr Bücherregal bohrte sich unangenehm in ihre Seite und irgendwie schaffte sie es sich zwischen ihren auf sie herunter gefallenen Büchern zu drehen, bis sie endlich ihre Füße gegen das Regal stemmen konnte um es mit ein wenig Anstrengung wieder hin zu stellen. In der Ferne konnte sie bereits das heulen der Sirenen vernehmen und die panischen Stimmen der Menschen. Strauchelnd schaffte sie es irgendwie sich aufzurichten, „Tikki?“, krächzte sie, ihre Kehle trocken vom Staub. „Hier, Marinette.“, vernahm sie die dünne, doch erleichterte Stimme ihres Kwaamis. „Was ist passiert?“, flüsterte sie und stolperte die zerbrochenen Überreste ihrer Leiter hinunter. Mit einem Stöhnen hielt sie sich die Seite. Sie konnte froh sein, wenn sie nichts außer ein paar blauen Flecken und Prellungen davon getragen hatte. Ihr Zimmer war zerstört. Das was früher einmal ihr Balkon gewesen war, war nicht mehr existent, der größte Teil ihres Daches fehlte, ihre Inneneinrichtung war zerlegt. Sie hustete und blinzelte, als sich der Staub endlich legte. Und mitten in ihrem Zimmer lagen Teile eines gigantischen gotischen Giebels, die Wasserspeier die aussahen wie Dämonen noch vollkommen intakt. Mitten in ihrem Zimmer lag ein Teil von Note Dame. „Marinette! Liebes, sag doch etwas!“, hörte sie die panischen Stimmen ihrer Eltern gedämpft durch die blockierte Luke dringen. „Ja, mir geht es gut!“, log sie. „Ich bin mit dem Schreck davon gekommen. Aber ich kann die Steine nicht wegräumen. Macht euch keine Sorgen! Sobald Ladybug den Akuma besiegt hat wird wieder alles in Ordnung sein!“ „Oh, dem Himmel sei Dank!“ Die Erleichterung in der Stimme ihres Vaters war nicht zu überhören, als sie endlich antwortete. „Ich bleibe einfach hier sitzen und bewege mich nicht, mir wird schon nichts passieren!“, log sie. „Wir sind gleich hier, liebes, wenn irgendetwas ist, dann ruf einfach!“, tönte ihre Mutter durch die Luke. „Ja Mamman, danke!“ Sie hörte ein paar dumpfe Geräusche von der anderen Seite und vermutete, dass ihre Eltern sich auf die Treppe gesetzt hatten. „Tikki, Spots on!“, flüsterte sie. Dieser Akuma konnte sich darauf vorbereiten, dass sie ihm ordentlich den Hintern versohlen würde. Schlimm genug, dass regelmäßig halb Paris zerstört wurde und sie wollte sich wirklich nicht vorstellen, wie die Stadt wohl mittlerweile aussähe, wenn sie nicht die Gabe hätte, alles mit ihrem Lucky Charm zu reparieren. Vermutlich wie Dresden 44. Doch wenn jetzt Gebäudeteile durch die Gegend flogen konnte sie unmöglich verhindern, dass auch Zivilisten verletzt wurden, vermutlich waren schon welche verletzt und sie wusste nicht, ob ihr Lucky Charm auch das heilen konnte. Sie biss die Zähne zusammen. Es wurde Zeit, dass sie Hawk Moth endgültig den Garaus machten. Der Akuma war ein schwarzes etwas, sie konnte nicht genau sagen ob er überhaupt einen Körper hatte, doch nach Horrificator wusste sie ja, dass der Akuma den Körper seines bedauernswerten Opfers komplett verändern konnte. Seine Form schien sich konstant zu verändern, als wäre er nichts als eine schwarze, undurchsichtige Rauchwolke und sie fühlte sich aus irgendeinem Grund an einen Dementor aus Harry Potter erinnert. In den Moment in dem er sie kommen sah, musste sie gezwungenermaßen weiteren Teilen ihrer Lieblingskirche ausweichen. „Ich muss sagen, My Lady, den Gang zum Altar hatte ich mir anders vorgestellt.“, ertönte Chats Stimme neben ihr als er sie aus der Flugbahn des Taufbeckens zog. „Ernsthaft?“, fragte sie. „Chat, er hat gerade Weltkulturerbe zerstört und du machst Witze?“ „Verzeihung, My Lady.“, lachte Chat und duckte sich unter einem Kirchenfenster hindurch. Es machte eine Bruchlandung in den Brunnen hinter ihm und die Buntglassplitter stoben in alle Richtungen. Sie hielt sich einen Arm schützend übers Gesicht und sah sich wieder nach dem Akuma um. Das schwarze etwas schwebte über den Ruinen von Notre Dame und es versetzte Marinette einen Stich, als sie das Pariser Wahrzeichen so zerstört sah. „Er hat Notre Dame eine Bruchlandung in meinem Zimmer machen lassen!“, knirschte sie. Chat warf ihr einen besorgten Seitenblick zu. Wenn er das getan hatte, dann war sie zu diesem Zeitpunkt nicht verwandelt gewesen. Das bedeutete, sie war bereits verletzt, obwohl der wirkliche Kampf noch gar nicht begonnen hatte. Doch ein Blick in ihre Augen verriet ihm noch viel mehr. Sie war wütend. Sie fasste seine Hand im trapezgriff und schwang sich hinüber zu den Überresten von Notre Dame. Sie landeten sicher und als sie sich neben ihm zu ihrer vollen Größe aufrichtete wusste er, dass dieser Akuma sich sein eigenes Grab geschaufelt hatte. „Sollen wir einem Kulturbanausen den Hintern versohlen, My Lady?“, fragte er, während er seinen Stab beiläufig in der Hand umher wirbeln ließ. „Warum zeigen wir ihm nicht, dass man bei einer Dame nicht mit der Tür ins Haus fällt, Kitty.“, sagte sie, ihr Yo-Yo bereits im Anschlag. Sie sprang vor, schoss über die offene Fläche zwischen sich und der ehemals stolzen Kathedrale auf den Akuma zu, und im nächsten Moment kam sie schlitternd in einem Flur des Louvre zum Halten. Kapitel 9: Disparition II ------------------------- „Was zur Hölle?“, murmelte sie und kam auf dem marmornen Fußboden nur schlittern zum Halten. Sie erkannte ihre Umgebung wieder, natürlich erkannte sie ihre Umgebung wieder, welcher Pariser Bürger würde das nicht? Doch wie zur Hölle war sie in einem Sekundenbruchteil von Notre Dame nach hier gekommen? Sie fluchte – was sie sich nur erlaubte, weil keine Kinder in der Nähe waren – und riss das nächstbeste Fenster auf. Ein Einbrecheralarm schrillte los, doch darum konnte sie sich im Moment keine Sorgen machen. Sie hatte wichtigeres zu tun. Irgendein Angestellter würde den Alarm schon wieder ausstellen. Und selbst wenn nicht, würde spätestens ihr Lucky Charm wieder alles richten. Mit einem Schwung ihres Yo-Yos hatte sie sich wieder in die Luft katapultiert und landete sicher auf der Pyramide des Louvre. In der Ferne konnte sie immer noch Staubwolken über der Ile de la Cite aufsteigen sehen, der Kampf war also noch in vollem Gange. Hoffentlich hatte es Chat nicht erwischt. Dann hätten sie ein ernsthaftes Problem. So schnell sie konnte machte sie sich wieder auf den Weg. Die Stadt bot einen furchtbaren Anblick. Trümmer lagen überall. Das berühmte Rosenfenster von Notre Dame lag in Splittern am Fuße des Eiffelturms und es versetzte ihr einen Stich, Jahrhunderte voller Geschichte so zu sehen. Chat kam ihr ungrazil entgegen geflogen als sie sich gerade über die Seine schwang, seinen Stab schien er verloren zu haben. Sie bekam ihn so gerade noch im Trapezgriff zu fassen, doch sein Gewicht veränderte ihre Flugbahn und sie kamen unsanft neben dem Reiterstandbild von Karl dem Großen auf dem Boden auf. Reflexartig rollte sie sich ab und ging hinter dem Sockel des Reiterstandbilds in Deckung, als ihr ein schmerzhaftes Stöhnen entkam und sie sich die Seite hielt. In der nächsten Sekunde kniete Chat bereits neben ihr. „My Lady.“, die Sorge war deutlich aus seiner Stimme heraus zu hören. „Schon ok Chat.“, presste sie zwischen zusammen gepressten Zähnen hervor. „Du bist blass wie eine Spalttablette.“ „Danke, für deine ermutigenden Worte.“, knirschte sie. „Mir geht es gut, darum kümmere ich mich wenn wir mit der Rauchbombe da vorne fertig sind!“, schnappte sie. „Wir wissen ja noch nicht mal was genau seine Kraft ist.“, hielt Chat dagegen. „Zeit es raus zu finden, Kitty.“, „Hast du einen Plan? Ansonsten wird das nämlich eine CATastrophe.“ „Seine Kraft hat irgendetwas damit zu tun, dass er Dinge so ziemlich nach Belieben verschwinden und wieder auftauchen lassen kann.“, sagte sie und lugte um die Ecke. „Sonst hätte er es wohl kaum geschafft einen Teil von Notre Dame in mein Zimmer crashen zu lassen.“ „Und dich so plötzlich verschwinden zu lassen.“, fügte Chat hinzu. „Wobei ich natürlich kein Problem damit hätte, wenn er dich plötzlich auftauchen lassen würde.“ Auf seinen Lippen tanzte ein suggestives Lächeln. „Ugh.“ Marinette stöhnte. Konnte er denn wirklich nicht ein EINZIGES Mal Ernst bleiben? Sie ignorierte seinen letzten Kommentar semi-erfolgreich bevor sie ein weiteres Mal um die Ecke lugte. „Verdammt!“, entfuhr es ihr. „Was?“, fragte Chat und beugte sich über sie um ebenfalls um die Ecke sehen zu können. „Er ist weg!“, entfuhr es ihm. „Wenn er nicht nur andere Dinge – und Menschen – verschwinden lassen kann, sondern auch sich selbst, dann sind wir noch mehr am Arsch als vorher!“ „Denkst du, Einstein?“, schnappte sie. Erst in diesem Moment erkannte er, wie verletzt sie wirklich sein musste. Normalerweise war er der impulsive von ihnen beiden und sie diejenige, die die Situation analysierte bevor sie es irgendwie schaffte mit dem schlechten Scherz der sich ihr Lucky Charm schimpfte einen Ausweg aus jeder Situation zu finden. Doch jetzt schien ausnahmsweise einmal er der ruhigere von ihnen beiden zu sein, während sie wütend und verletzt hinter der Statue kauerte. „Das reicht!“, beschloss er und stand auf um ihr auf die Füße zu helfen. „Ich bringe dich ins Krankenhaus.“, sagte er und sah sich um, um seinen Stab vom Boden aufzulesen. „Was? Nein!“, sagte sie entgeistert und entzog ihm ihre Hand. „Chat, das geht nicht!“ „Du bist verletzt.“, sagte er scharf. „Wir können nicht mitten aus einem Kampf verschwinden! Du erinnerst dich was mit Stoneheart passiert ist?“ „Ja, aber ich werde nicht weiter zusehen, wie du dich mit den Schmerzen rumquälst! Und, falls du es noch nicht bemerkt hast: Er ist weg! Wir wissen nicht wo er ist, was er tut, wie er es tut, wo sein Akuma ist oder wie wir ihn bekämpfen sollen!“ Einen Moment lang starrten sie sich wütend gegenseitig an und zum ersten Mal stellte Marinette fest, dass ihr Partner genau so stur sein konnte sie sie selbst. „Na schön!“, schnappte sie dann. Überrascht wich die Spannung aus Chats Körper. „Gut. Ich war kurz davor dich einfach über meine Schulter zu schmeißen.“, gab er dann zu. „Das hätte meinen geprellten Rippen bestimmt nicht gut getan.“, stellte sie nüchtern fest. „Wäre dir Bridal Style lieber, My Lady?“ “Ugh.”, stöhnte sie und drehte sich um. „Na komm, bringen wir das lieber schnell hinter uns.“, murmelte sie. „Ich warte hier.“, sagte Chat als sie auf dem Dach des Krankenhauses ankamen, bevor er sie vorsichtig in der geschützten Nebengasse absetzte und sich mit einem Staab wieder zurück auf das Dach beförderte. Marinette stellte sicher, dass sie hinter einem Müllkontainer außer Sichtweite war, bevor sie flüsterte: „Tikki, Spots off!“ „Was hast du vor?“, flüsterte ihr Kwaami, als sie sich in einem Blitz aus rotem Licht wieder vor ihr manifestierte. „Einmal wirklich das tun was Chat sagt und mich durchchecken lassen.“, grummelte sie und sah sich unauffällig um. Jetzt, ohne die Hilfe ihres Kwaamis spürte sie den Schmerz umso stärker zurückkehren. Nicht nur, weil ihr Bücherregal sie unter sich begraben hatte, sondern auch von der Anstrengung des nachfolgenden Kampfes. Auch wenn es nicht wirklich ein Kampf gewesen war. „Das tut wirklich weh.“, zischte sie und versuchte sich etwas zu strecken, beließ es jedoch schnell wieder, als ihr Körper sich mit einem scharfen Schmerz bei ihr zurück meldete. „Ich meinte eigentlich den Akuma.“, sagte Tikki und schwebte über ihrer Schulter. „Ich weiß es nicht.“, gab Marinette zu, während sie Tikki bedeutete sich wieder in ihrer Tasche zu verstecken. Sie schlich sich um die Ecke des Krankenhauses und entschloss sich, einfach direkt zum Eingang der Notaufnahme zu gehen. Sie hatte keine Zeit um sich länger als unbedingt nötig im Krankenhaus aufzuhalten, sie mussten den Akuma so schnell wie möglich wieder finden und besiegen, dafür brauchten sie Ladybug, also achtete sie darauf ihre Seite mit einem schmerzverzerrten Gesicht zu halten – was keine Schauspielerei erforderte, denn ihre Rippen schmerzen wie Sau – während sie so schnell wie möglich auf die Schwester am Tresen zu humpelte. Diese sprang sofort auf als sie sie sah, mit Dreck im Gesicht und Staub überall auf ihren Klamotten. „Akuma.“, war alles was sie antwortete, als die Schwester sie routiniert stützte und in einen Raum brachte, fragte, was passiert sei. Es brauchte nicht mehr als diese wortkarge Erklärung. Der Begriff war mittlerweile jedem Pariser Einwohner vertraut und sie alle wusste, dass es in der Regel nichts brachte, genauere Fragen zu stellen, denn genaueres erfuhr man zumeist nur nachdem der Akuma besiegt war von Ladybug und Chat Noir. Sie legte sich auf der Liege hin und stellte erleichtert fest, dass ihre Rippen im liegen weniger schmerzten, während die Schwester mit ihr einen Fragenbogen durch ging, sie musste ihre Krankenkasse und verschiedene andere Dinge angeben, bis ein Arzt eintrat und sie ihr Oberteil ausziehen musste, damit er ihre in Mitleidenschaft gezogenen Rippen begutachten konnte. Ihr Brustkorb hatte mittlerweile eine ungesunde bläuliche Färbung angenommen und der Arzt gab sich wirklich Mühe ihren Brustkorb so vorsichtig wie möglich abzutasten als er nach möglichen Knochenbrücken suchte. Es tat trotzdem weh. Sie biss die Zähne zusammen und ließ sich nichts anmerken. Am Ende musste sie sich Röntgen lassen, ein Auge die ganze Zeit ungeduldig auf dem Sekundenzeiger der Uhr. Sie war bereits seit fast einer Stunde in der Notaufnahme und während sie wusste, dass dies eine relativ kurze Zeitspanne war, so wollte sie trotzdem so schnell wie möglich zurück zu Chat. Das Röntgenbild bestätigte, was der Arzt schon zuvor vermutet hatte, sie hatte keine Knochenbrücke davon getragen, sondern war mit ein paar geprellten Rippen, blauen Flecken und dem Schock davon gekommen. Sie musste Ladybug Glück gehabt haben, denn sie wusste es war nahezu unmöglich so glimpflich davon zu kommen, wenn ein Teil von Notre Dame ins eigene Schlafzimmer stürzte. Der Arzt verordnete ihr Ruhe – sie musste ein Schnauben unterdrücken, als sie das hörte, denn Ruhe würde sie garantiert nicht bekommen – einen Salbenverband – den sie mit einem erleichterten Seufzen akzeptierte, als er um ihre Mitte geschlungen wurde, denn der Schmerz wurde nahezu augenblicklich erträglicher – und Ibuprofen – die sie ebenfalls schluckte. Sie wusste zwar, dass dies ihre Reaktionszeit beeinträchtigen würde, doch ihre Bewegungen würden weniger Schmerzen und das war momentan mehr wert. Der Arzt gab ihr die Packung Schmerztabletten mit und sie verstaute sie in ihrer Handtasche, zusammen mit ausführlichen Anweisungen, wie sie den Salbenverband erneuern sollte, falls nötig. Sie bedankte sich überschwänglich und versprach, in spätestens einer Woche wieder einen Arzt darüber schauen zu lassen – auch wenn sie sich noch nicht sicher war, ob sie das wirklich tun würde. Sie nutzte die Gelegenheit um am Snackautomaten im Krankenhausflur Kekse und Käsestangen zu ziehen. Chat hatte sich einmal bei ihr beklagt, dass sein Kwaami nur Käse aß und er deshalb immer roch wie das Innenleben seiner Sporttasche und nachdem er so lange auf sie gewartet hatte, musste sein Kwaami erschöpft sein. Sie verstaute beides in ihrer Handtasche – wo Tikki sich sofort erfreut über den Keks her machte und damit Marinette ein schlechtes Gewissen machte, weil sie zuerst an sich selbst gedacht hatte und nicht an ihren Kwaami – bevor sie sich wieder in die abgeschirmte Seitengasse begab. Chat wartete immer noch auf dem Dach auf sie, die Arme vor der Brust verschränkt und an einen Schornstein gelehnt, doch die kreisförmigen Pfoten Abdrücke wenige Schritte weiter verrieten ihn. Er hatte sich Sorgen gemacht, doch er hielt sich zurück. Sie rechnete es ihm hoch an. Ihre Wut war abgekühlt und sie konnte wohl kaum wütend auf ihn sein, nur weil er sich Sorgen um sie machte. Auch wenn er es manchmal übertrieb. „Keine gebrochenen Knochen. Ein paar blaue Flecken und geprellte Rippen, aber ansonsten vollkommen ok.“, gab sie also die Diagnose weiter und sah, wie die Spannung aus seinen Schultern wich. Sie lächelte und warf ihm die Käsestangen zu. „Es ist keim Camembert, aber ich bin mir sicher, dein Kwaami braucht etwas zu essen.“ Überrascht fing er die kleine Plastikpackung auf. Einen Moment lang starrte er nur auf seine Hände, dann schüttelte er den Kopf mit einem ungläubigen Lächeln. „Danke.“, sagte er während ihm so viel mehr Dinge im Kopf rumschwirrte. Selbst jetzt, während sie selbst verletzt war, dachte sie noch an ihn. Er sprang von dem Dach des Krankenhauses hinab während Plagg die Verwandlung fallen ließ und er die Verpackung aufriss, um seinen Kwaami zu versorgen, der erschöpft in seine Hand fiel. „Ich mag sie.“, stellte Plagg fest und verschlang die Hälfte der Käsestange mit einem Bissen, ohne zu kauen. „Du magst jeden, der dich mit Essen versorgt.“, stellte Adrien fest. „Sag ich doch.“ Adrien seufzte, stimmte seinem Kwaami im Stillen zu und wartete, bis der kleine Nimmersatt fertig gegessen (geschlungen) hatte und nahm seine Transformation wieder auf. Ladybug wartete auf dem Dach auf ihn, den Blick über Paris gerichtet. „Wir können nicht zulassen, dass noch mehr Zivilisten verletzt werden.“, sagte sie. Ernsthafte Sorge schwang in ihrer Stimme mit. „Das werden wir nicht!“, sagte er schlicht. Mehr war nicht nötig. Sie waren Ladybug und Chat Noir. Sie verstanden sich ohne Worte. Kapitel 10: Disparition III --------------------------- Der Akuma war noch nicht wieder aufgetaucht, also taten sie das einzig logische. Sie stiegen auf den Eiffelturm. Mit Beginn der Akumaatacke war der Turm evakuiert worden und sie konnten sich ungestört in ihren Ausguck begeben. „Wie kann ein so zerstörungswütiger Akuma einfach so verschwinden?“, grummelte Marinette, als sie zum x-ten Mal ihre Runde um den Turm drehte. „Ich bekomme ein ungutes Gefühl, My Lady.“, murmelte Chat, der angespannt auf der Gitterumzäunung der Plattform hockte, fehlte nur noch, dass er einen Buckel machte und fauchte. „Es ist zu still.“ „Wem sagst du das.“; murmelte sie. „Wir müssen das schnell bereinigen!“ Sie ließ ihren Blick über die Stadt gleiten und konnte nicht verhindern, dass ihre Augen einen Moment länger an den zerstörten Stellen ihrer Heimat hängen blieben. Die Ile de la Cite bot einen traurigen Anblick, in der Ferne konnte sie die Überreste ihres Zimmers sehen, und auch an anderen Stellen herrschte das Chaos. Anwohner hatten sich für die Dauer der Attacke verschanzt und blieben in Deckung, wofür sie dankbar war. Es war immer einfacher, wenn sie sich während dem Kampf nicht vor Zivilisten schmeißen musste. Ihre beste Freundin war da freilich etwas anderes. Nach dem 16ten mal hatte sie aufgehört zu zählen, wie oft sie sich bereits vor ihre beste Freundin geworfen hatte. In ihrem nächsten Interview würde sie Alya nochmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass sie um HIMMELS WILLEN genug Abstand wahren sollte, selbst, wenn dann der Kamerawinkel nicht ganz so vorteilhaft war. Ihre Sicherheit ging vor, verdammt! Sie seufzte und dirigierte ihre Gedanken zurück zu ihrem Problem. Chat versteifte sich neben ihr auf dem Zaun. „Hey, LB, ist das dort hinten nicht die Dupain-Cheng Bäckerei?“, fragte er, die Augen zu Schlitzen verengt, während er geradewegs auf die Überreste ihres Zimmers starrte. „Ja.“, sagte sie, sie konnte es immerhin schlecht verneinen. Es war Fakt. „Das ist Marinettes Zimmer.“, flüsterte Chat in diesem Moment und wurde unter seiner Maske bleich. Marinette sah zu ihm auf. Natürlich, Chat hatte mit Marinette zusammen gearbeitet, als Nathanael akumatisiert worden war, doch dass er sich wirklich so sehr um sie sorgte hatte sie nicht erwartet. „Oh NEIN!“, flüsterte er, sein Blick plötzlich panisch. Sie erkannte was er vor hatte und bekam ihn gerade noch rechtzeitig zu fassen bevor er kopfüber vom Eiffelturm springen konnte. „Was? Lass mich los, Ladybug, wenn ihr etwas passiert ist könnte ich mir das nie verzeihen!-“ „Warte!“ „Du verstehst das nicht, ich kenne sie, ich-“ „Chat! Ihr geht es gut!“ Das letzte was sie gerade brauchen konnte war eine panische Katze in ihrem zerstörten Zimmer auf der Suche nach ihr. Auch wenn seine Sorge noch so süß war. „Was, wenn sie verletzt worden ist?“, fragte Chat. „Sieh mich an!“, forderte sie und zwang ihn seinen Kopf zu ihr zu drehen. „Ich bin bei ihr vorbei gekommen, als ich zu dir gestoßen bin! Sie ist ein intelligentes Mädchen, sie hat die Situation meisterhaft gehandhabt (Gott, sie hasste Eigenlob). Ich habe sie in Krankenhaus gebracht, damit sie sich durchchecken lässt (Hey, das konnte sie auch ihren Eltern erzählen wenn der Bescheid der Krankenkasse kam!) Sie ist in Sicherheit!“ Chat starrte sie noch ein paar Sekunden an bevor er nickte und einen weiteren Besorgten Blick in Richtung der Bäckerei schoss. Wenn seiner Klassenkameradin, seiner Freundin etwas passiert war… nein, lieber gar nicht erst daran denken! Als er seinen Blick wieder ihr zuwandte war sie überrascht den ernsten Ausdruck in seinen grünen Augen zu sehen. Das schelmische Glitzern, das sie so gut an ihm kannte war verschwunden. Sein Blick war ernst, etwas besorgt, verletzt (?) und was sie am meisten verwirrte, dort war eine unterschwellige, kalte Wut in seinem Blick, der ihr beinahe einen Schauer über den Rücken jagte. Adrien wandte den Blick von seiner Lady ab und sah hinaus auf seiner zerstörte Stadt. Er kam mit vielem klar. Er kam mit einem kalten Vater, einem stressigen Model Job, zu kleinen Essensportionen und der Tatsache, dass er ein geheimes Doppelleben in seinen ohnehin durchgeplanten und überwachten Alltag quetschen konnte klar. Doch er kam nicht damit klar, wenn jemand seine Freunde verletzte. Seine Freunde waren das kleine bisschen Freiheit, dass niemand kontrollierte und er würde sie mit seinem Leben beschützen ohne zu zögern. Schlimm genug, dass Ladybug verletzt war, doch er kannte sie, sie konnte auf sich selber aufpassen. Marinette hingegen, süße, tollpatschige Marinette mit einem Herz aus Gold, die immer ein offenes Ohr hatte, für ihn, Nino oder Alya, die wenn nötig vermutlich selbst für Chloé ein offenes Ohr haben würde, die Macarons mit in die Schule brachte und mit einem Zwinkern behauptete, sie seien vom Vortag übrig und könnten nicht mehr verkauft werden, obwohl er wusste, dass sie frisch gebacken waren und sie sie mitbrachte, weil sie genau wusste, wie sehr ihre Freunde sich über die Kleinigkeiten freuten. Besonders er, denn mit dem Work Out den er als Chat Noir bekam, waren seine Essenportionen wirklich zu klein. Marinette, die ein genialer Gamer war und ihn mühelos unter den Tisch gefegt hatte, deren Designs so gut waren, dass selbst sein Vater ihr Talent anerkannte, und die problemlos mit Chat Noir gearbeitet und sich einem Akuma entgegen gestellt hatte, ohne in Panik zu verfallen wie der Rest von Paris. Sie gehört zu seinen besten Freunden, obwohl sie ihm gegenüber so schüchtern war und wenn ihr etwas passiert war, so GNADE IHM GOTT, er würde diesen Akuma in der Luft zerfetzen. Niemand, auch nicht Hawk Moth selbst legte auch nur einen Finger an seine Freunde! „Sie ist auch meine Freundin!“ Aus seinen dunklen Gedanken geweckt blickte er auf Ladybug hinab. Seine Partnerin hatte eine Hand auf seinen Arm gelegt und sah ihn an, ihre blauen Augen ernst und ehrlich. „Vertrau mir. Ihr geht es gut!“ (Sie steht neben dir du Pfosten, also hör auf dir Sorgen zu machen!) Chat nickte. Sie wusste immer genau, was er gerade brauchte. Er wandte seinen Blick zurück auf die zerstörte Stadt. In der Ferne stob eine Staubwolke auf. Seine Augen verengten sich zu grünen Schlitzen. Der Vorplatz des Louvre war kaum zu erkennen hinter den dichten Staubwolken als sie auf dem rauen Stein landete. Der Akuma schwebte über der Pyramide, er selbst nichts als eine sich ständig verändernde Rauchwolke, ein dunkler Fleck in den dunklen Staubwolken die der Wind über den Platz fegte und sie musste sich die Hand vor die Augen halten in einem Versuch sie zu schützen. „Wir müssen den Gegenstand finden in dem sich sein Akuma versteckt!“, rief sie, doch der Wind riss die Wörter von ihren Lippen und sie war sich nicht sicher, ob Chat sie gehört hatte, doch sein schwarzes Katzenohr zuckte und er nickte knapp, den Blick starr auf den Akuma fixiert. Sie starteten ihren Angriff mit einem einfachen taktischen Manöver. Sie waren im Nachteil und mussten sie Situation ausloten, bevor sie auch nur im Entferntesten daran denken konnten, diesen Akuma zu besiegen. Der Akuma hatte kein Gesicht, keine blinde Seite und obwohl sie versuchten ihn von beiden Seiten einzukreisen, doch sie bekamen ihn nicht zu fassen. „Ich weiß nicht mehr was wir tun sollen Chat!“, gab sie zu, als sie zum wiederholten Male auf einmal hinter dem Akuma auftauchte, obwohl sie ihn gerade hatte anspringen wollen. „Es ist zum Mäuse melken.“, stimmte Chat ihr zu. „Irgendetwas muss es doch geben, dass wir tun können.“ „Dann werden wir es rausfinden, My Lady.“ Sie warf ihm einen dankbaren Blick zu. In diesem Moment war sie unendlich dankbar für seine unerschöpfliche Zuversicht in jeder Situation. Sie sprang erneut die gläserne Pyramide hinauf, ihr Yo-Yo in einem singen Kreis aus rot und rannte auf den Akuma zu, sie war nur Zentimeter von ihm entfernt, doch kaum, dass ihre Fingerspitzen vom Rauch umhüllt wurde, war das nächste was sie sah ihr Partner und sie flog kopfüber auf ihn zu, riss ihn erstaunt von den Füßen und sein Körper schien zu reagieren bevor sein verstand es tat, denn seine Arme schlossen sich fest um sie und er verlor das Gleichgewicht als er sie auffing und unter ihrem Gewicht zurück stolperte, bis er schließlich zum Liegen kam, mit ihr auf seiner Brust und ihren Sturz so erfolgreich abfederte. „Deine Rippen!“, stöhnte er, sobald er wieder genug Luft in den Lungen hatte. „Bist du ok?“ „Ja.“, keuchte sie und schaffte es sogar es so klingen zu lassen, als läge es daran, dass ihr der Aufprall dennoch die Luft aus den Lungen gepresst hatte und nicht daran, dass ihre Rippen sie trotzdem schmerzhaft daran erinnerten, dass sie blau waren. „Das wird er mir büßen!“, knurrte Chat zwischen zusammen gebissenen Zähnen und stürmte schon los, kopflos wie schon viel zu oft zuvor wenn es darum ging sich in den Kampf zu stürzen. „Warte!“, sie folgte ihm, sah wie er bereit war sein Cataclysm zu beschwören als er die Pyramide hinauf jagte. „Chat! Noch nicht!“, und auch, wenn er ignorierte, dass sie ihn anrief zu stoppen, so hörte er doch auf, sein Cataclysm zu beschwören. Beinahe bekam sie seine Hand zu fassen bevor der Qualm des Akumas seine Hand berührte und im nächsten Moment stürzte er aus dem Himmel auf sie hinab. Sie schaffte es ihn irgendwie aufzufangen, bekam ihm im Trapezgriff zu fassen und stürzte geradewegs durch den Akuma hindurch und auf der anderen Seite wieder die Pyramide hinunter zu stürzen. Ihr Yo-Yo wickelte sich fest um die Spitze und stoppte ihren Fall, ließ erneut einen brennenden Schmerz durch ihre Rippen schießen. Drei Kreuzzeichen wenn dieser Akuma endlich besiegt war und sie eine weitere Schmerztablette schlucken konnte! „Chat?“, fragte sie und blickte hinab auf ihren Partner, der immer noch an ihrem Handgelenk hing. Sie biss die Zähne zusammen um nicht vor Schmerz das Gesicht zu verziehen. „Ich weiß, wie wir ihn besiegen können!“ „Ich hänge an deinen Lippen, My Lady.“ „Dann halt dich gut fest!“, sagte sie und ließ ihr Yo-Yo los schnappen. Im nächsten Moment brach der Eifelturm über ihnen zusammen. Kapitel 11: Disparition IV -------------------------- Ihr entkam ein hilfloses Quietschen als sie einen Spießrutenlauf hinlegte, um den umherfliegenden Metallteilen zu entkommen, Chat war die ganze Zeit dich hinter ihr. „Wärest du auch so nett, deine Gedanken mit mir zu teilen?“, fragte er während er einer Metallstrebe auswich, die sich stattdessen durch die Glasscheibe unter seinen Füßen bohrte und in Milliarden von Splittern zerlegte, denen sie nur knapp mit einem beherzten Sprung entkamen. „Er kann nur ein Lebewesen auf einmal verschwinden lassen. Deshalb sind wir eben durch ihn hindurch gefallen, als wir uns berührt haben. Er konnte und nicht gleichzeitig verschwinden lassen.“ „Und wo ist sein Akuma?“ „Ich bin mir sicher, dass da irgendetwas in seinem INNEREN geglitzert hat, als wir durch ihn hindurch gefallen sind.“, antwortete sie und sprang über eine rostige Querverstrebung, die drohte ihnen den Weg zu versperren. Er fasste ihre Hand fester und sprang an ihr vorbei, übernahm die Führung. „Dein Lucky Charm.“, erinnerte er sie. „Lucky Charm!“, rief sie hinter ihm und warf ihr Yo-Yo in die Luft, um kurz darauf eine Taucherbrille aufzufangen. „Chat-“ „Ich weiß schon.“, sagte Chat noch bevor sie den Mund nochmals aufmachen konnte und ließ sein Cataclysm einen langen stählernen Balken entlang wirken, um diesen mit einem Salto, um Schwung zu holen sowie einem gezielten Tritt, aus seiner Verankerung zu lösen und in die Richtung des Akumas zu schießen. „Du liest meine Gedanken, Kitty.“, sagte sie und presste sich die Taucherbrille auf die Augen bevor sie durch den abgelenkten Akuma hindurch tauchte, das glitzernde Etwas in seiner Mitte zu fassen bekam und es zerbrach, noch bevor sie auf der anderen Seite wieder aus dem Qualm heraus brach. „Hab ich dich!“, das Yo-Yo landete sicher wieder in ihrer Hand. „Bye bye, kleiner Schmetterling.“, sie sah zu, wie das unschuldige weiße Tierchen dem Himmel entgegen flatterte und warf die Taucherbrille in die Luft. „Miraculous Ladybug!“ und in einem Strudel aus rotem Licht wurde die Stadt wieder hergestellt, der Eiffelturm neu erbaut, Notre Dame wieder in ihre ganze Schönheit zurück versetzt und die Pyramide unter ihren Füßen repariert. Ein irritierter junger Mann fiel aus der Rauchwolke, die der Körper des Akumas gewesen war, und sah sich verwirrt um. „Bien Joue!“, sagte Marinette und streckte Chat die Faust entgegen zu ihrem zeremoniellen Fist Bump. „Was ist passiert?“, fragte der arme in Mitleidenschaft gezogene junge Mann vor ihnen, als Chat ihm von der Pyramide hinunter half. „Entschuldige mich kurz.“, murmelte Marinette als sie Alya bereits auf sie zu rennen sah. Sie musste wirklich mal ein ernstes Wörtchen mit ihrer besten Freundin wechseln. „Ladybug! Hey, Ladybug!“ “Der Ladyblog, wie ich sehe.”, sagte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ja!“ Alyas Stimme wurde aufgeregter. „Was war das für ein Kampf?“ „Ein sehr gefährlicher. Aber die Situation ist jetzt unter Kontrolle. Ich danke den Parisern dafür, dass sie die Situation so souverän gemeistert haben und bitte darum, dass sie auch weiterhin in Deckung gehen, wenn Akumaattacken stattfinden. Das macht es für uns sehr viel leichter.“, sie schenkte Alya einen strengen Blick, ins Gesicht, nicht in die Kamera. „Das gilt auch für Journalisten. Wir brauchen eure Kooperation, um euch zu beschützen! Also, junge Dame, wenn du das nächste Mal einen Akuma filmen willst, dann tu das bitte aus sicherer Entfernung!“ Eine Kritik, die Alya gekonnt wegsteckte ohne sich weiter darum zu kümmern. Nun gut, sie würde als Marinette ein weiteres Wörtchen mit ihr wechseln müssen. Das war zu erwarten gewesen. „Entschuldige mich.“, sagte sie und ging zurück zu Chat, der immer noch mit dem Akuma Opfer am Fuße der Pyramide stand. Der junge Mann konnte gar nicht aufhören sich zu entschuldigen, jetzt wo er ein Update bekommen hatte, was genau passiert war. „Schon ok.“, beteuerte Chat zum siebten Mal und sah allmählich etwas genervt aus. „Denk einfach positiv, ok, Kumpel?“ Der junge Mann nickte krampfhaft. Sie nickte Chat zu, versicherte dem Akuma Opfer erneut, dass es nicht sein Fehler war und beeilte sich dann nachhause zu kommen, immerhin hatten ihre Eltern bestimmt schon bemerkt, dass sie nicht in ihrem Zimmer war, und dann konnte es nur von Vorteil sein, wenn Ladybug ihnen erklärte, dass Marinette in Sicherheit war. Tatsächlich standen ihre Eltern bereits halb panisch in ihrem Zimmer als sie vorsichtig durch ihre Luke hinab stieg, doch sie entspannten sich sofort als sie Ladybug erblickten und nachdem sie ihnen erklärte, dass sie Marinette vor einer Weile im Krankenhaus abgesetzt hatte, damit sie sich rein Vorsichtshalber einmal durchchecken ließ, denn die Sicherheit der Pariser Bürger war ihre oberste Priorität, drückte ihre unglaublich dankbare Mutter ihr eine große Box mit Croissants und anderen Leckereien in die Hände. Marinette achtete darauf die Box mindestens drei Mal abzulehnen bevor sie sie akzeptierte und versteckte sie unter der Liege auf ihrem Balkon bevor sie mit dem letzten warnenden Piepen ihrer Ohrringe hinab in eine Seitengasse sprang, um sich zurück zu verwandeln. Tikki landete erschöpft in ihren Händen und Marinette ließ sie sofort in ihre Tasche damit sie schlafen und sich erholen konnte. Ein paar Minuten lang blieb sie einfach nur versteckt auf dem Bordstein sitzen und nutzte die Gelegenheit, um selbst wieder zu Atem zukommen. Der Kampf war anstrengend gewesen, die Wirkung der Schmerztablette ließ allmählich nach und ihr entspannter Nachmittag war erfolgreich zunichte gemacht worden. So viel dazu. Langsam machte sie sich wieder auf den Weg zurück nach Hause und wurde sofort von ihrem Vater in einer engen Umarmung begrüßt, die sie schmerzhaft nach Luft schnappen ließ. Damit war dann auch der Plan zunichte, ihren Eltern nichts von ihren geprellten Rippen zu erzählen. Ihre Mutter schlug sich entgeistert die Hände vor den Mund während Marinette versuchte die Sache herunter zu spielen, doch ihre Mutter war jemand, der nicht schnell die Nerven verlor und auch wenn es sie hart traf, dass Marinette so verletzt war, so hatte sie die Situation doch vollkommen unter Kontrolle. Ohne Wiederrede zu dulden scheuchte sie Marinette nach oben und war schon dabei aus einem kleinen chinesischen Schränkchen verschiedenste Heilkräuter zu ziehen und in den Mörser zu werfen, um daraus ein feines Pulver zu reiben, dass sie dann mit Öl übergoss und zu einer dickflüssigen Paste rührte, die sie auf Marinettes Seite verrieb bevor sie eine neue Kompresse darauf drückte und ihr den Verband neu anlegte. Ihre Mutter redete dabei unentwegt auf chinesisch auf sie ein, doch sie kam nicht dazu ihr zu antworten. Was sie wohl merkte, war, dass innerhalb von wenigen Minuten der Schmerz in ihrer Seite selbst ohne Schmerztablette nachließ und sie sich wieder gerade hinsetzten konnte, ohne schmerzhaft die Luft zwischen den Zähnen einzuziehen. Was auch immer ihre Mutter da gemacht hatte, beschloss sie in diesem Moment, sie wollte es lernen. Seufzend schrieb sie sich alles auf was ihre Mutter ihr erklärte, nicht in der Lages es wirklich zu verstehen, dafür war sie zu erschöpft, doch für Notizen war sie so gerade noch wach genug. Dann schleppte sie sich die Treppe in ihr Zimmer hinauf, ließ einen Keks in ihrer Tasche verschwinden, in der Tikki immer noch den Schlaf der Gerechten schlief und ließ sich auf ihr Bett fallen. Sie warf eine zweite Schmerztablette ein und während die letzten Sonnenstrahlen des Tages in einem tiefen Orangeton über ihre Zimmerdecke wanderten driftete auch sie langsam in die Welt der Träume ab. Adrien wusste, er würde sich noch lange dumme Kommentare von Plagg für sein Verhalten anhören müssen, doch es war ihm egal. Marinette war seine Freundin, sie war seine Freundin wenn er Adrien war und (vermutlich) auch so etwas wie eine Freundin für Chat Noir und er musste sich einfach selber dessen versichern, dass es ihr auch wirklich, wirklich gut ging. Er hatte ihr zerstörtes Zimmer gesehen, und wenn sie in ihrem Zimmer gewesen war als Notre Dame darauf hernieder gegangen war wie ein Meteoritenschauer, dann konnte es nur an ein Wunder grenzen, wenn ihr wirklich nichts passiert war. Er landete auf leisen Katzenpfoten auf ihrem Balkon und verharrte einen Moment lang unentschlossen. Zugegeben, er hatte das Ganze nicht durchdacht. Chat Noir hatte nur ein einziges Mal mit Marinette zusammen gearbeitet, er war also, technisch gesehen, für sie fast noch ein Fremder. Wie würde sie wohl reagieren, wenn er einfach so vor ihrer Tür (auf ihrem Balkon) auftauchen würde? Verhielt er sich gerade wie ein Stalker? Nein, beschloss er. Er war immerhin die Hälfte des Superheldenduos von Paris, er hatte mit Marinette zusammen gearbeitet und er konnte sich damit erklären, dass er ihr zerstörtes Zimmer zuvor gesehen hatte und sich deshalb davon überzeugen wollte, dass es ihr gut ging. Er beschloss, dass das nicht im geringsten unheimlich oder Stalker-ich war und klopfte an die Luke, bevor sein überarbeitetes Gehirn es sich wieder anders überlegen konnte. Er hörte ein irritiertes Geräusch aus ihrem Zimmer, und klopfte erneut. Das irritierte Geräusch auf der anderen Seite wiederholte sich, dann ein leises tapsen, ein Fluchen und die Luke öffnete sich, was ihn dazu brachte zurück zu weichen. Marinette streckte ihren Kopf ins freie und versuchte ihre Augen an die Dämmerung zu gewöhnen. Die Sonne war mittlerweile unter gegangen und das Licht der Straßenlaternen reichte nicht wirklich bis hier oben. Adrien selber hatte damit keine Probleme. Ein Vorteil davon, Chat Noir zu sein. Er hatte Nachtsicht. Sie sah verschlafen aus, als habe er sie aufgeweckt. „Chat?“, flüsterte sie. „Chat Noir? Was machst du denn hier?”, fragte sie und gähnte, bevor sie vollständig aus der Luke kletterte und sich auf ihre Liege setzte, dabei – wie ihm auffiel - immer darauf bedacht, ihre linke Seite so weit wie möglich unbelastet zu lassen. „Hallo, Prinzessin.“, sagte er sanft. „Tut mir leid, dass ich so unangemeldet reinplatze, aber … Naja, der Zustand deines Zimmers vorhin war nicht zu übersehen und Ladybug meinte, sie hätte dich ins Krankenhaus gebracht. Ich wollte einfach nur sicher gehen, dass dir nichts Schlimmes passiert ist.“, erklärte er. Marinette konnte nichts dagegen tun, dass sich eine gewisse Wärme für ihren Partner in ihr ausbreitete. Er sah wie ihre Gesichtszüge mit einem mal weicher wurden. „Das ist echt lieb von dir Chat.“, sagte sie. „Aber ich kann dich beruhigen, mir geht es gut.“ „Versuch nicht diese Katze anzulügen.“, hielt er sofort dagegen. „Ich habe genau gesehen, dass du deine linke Seite schonst.“ „Als Notre Dame mir einen Hausbesuch abgestattet hat lag ich auf meinem Bett und habe mir einen Film angesehen. Und mein Bücherregal ist auf mich gekippt. Meine Seite ist blau und ein paar Rippen haben ein bisschen was abbekommen, aber hey, es hätte viel schlimmer sein können! Ich hatte einen echten Schutzengel! Also ja, mir geht es gut. Das ist nichts, was nicht mit ein bisschen Zeit und Ruhe wieder behoben werden kann.“, sagte sie sanft. Wenn sie denn nur Ruhe kriegen würde. „Darf ich?“, fragte Chat und deutete auf ihre Seite, offensichtlich wollte er sich selbst davon überzeugen, dass sie die Sache auch nicht herunter spielte. „Ich würde es dir ja zeigen, Chat.“, sagte sie und hob ihr Shirt ein Stückchen an. „Aber wie du sehen kannst hat meine Mutter alle Register gezogen und mit traditioneller chinesischer Medizin, um sich geworfen und momentan ist da nichts zu sehen.“, erklärte sie und ließ den Verband durchblitzen. Chat Noir nickte. „Ein Andermal.“, sagte Marinette. Kapitel 12: Chats Besuch ------------------------ “Wo steckst du all diese Kekse hin?”, fragte sie mit milder Überraschung als sie zusah, wie er den 27ten Keks – nein, sie hatte nicht mitgezählt – in sich hinein schob und genüsslich die Augen schloss. „Tut mir leid, Prrrinzessin, aber die Kekse deiner Eltern sind einfach superrr.“ „Wie echte Katzenminze?“, neckte sie. „Wie echte Katzenminze.“, bestätigte er, bevor er die Augen genießerisch schloss und sich den Schokoladenkeks auf der Zunge zergehen ließ. „Dann solltest du die Pfoten von der Schokolade lassen Katzenjunge, wir wollen doch nicht, dass du eine Theobrominvergiftung davon trägst.“, spottete sie. Chat guckte ertappt hinunter auf den Teller in seinen Händen. „Daran hab ich nicht gedacht. Das würde in der Tat einiges erklären.“, stellte er fest. „Du bekommst nicht oft Süßes, was?“, fragte sie mit einem Kopfschütteln, ein Stich in ihrer Brust, als sie seinen Gesichtsausdruck sah, als ihm die Erkenntnis kam, dass Schokolade nicht gesund für ihn war. „Nein.“, sagte er und für den Bruchteil einer Sekunde war da etwas in seinen Augen, dass ihn bedrückt aussehen ließ. Sie hätte es nicht bemerkt, wenn sie nicht so viel Zeit mit ihm verbringen würde, doch sie hatte gelernt seinen Gesichtsausdruck selbst mit der Maske zu lesen. Auch wenn sie sich sicher war, dass es niemand anderem aufgefallen wäre. Sie machte sich eine mentale Notiz öfter etwas einzustecken und mit auf Patrouille zu nehmen. Ihre Mutter hatte schon seit längerem an einem Rezept für Tee-Kekse gefeilt, die sie ins Sortiment aufnehmen wollte. Beim nächsten Mal würde sie ihm die geben, anstatt der Schokoladenkekse. Oder der Schokoladenmacarons. Oder der Schokoladencroissants. Gott sei Dank hatte sie in der Bäckerei ja genug Auswahl. Vielleicht konnte sie im Winter auch heißen Kakao machen – nein, keinen Kakao, sie sollte sich lieber an Chai Tee versuchen, bevor sie ihn noch vergiftete (das war das letzte, was sie gerade gebrauchen konnte) - und sie konnten einfach nur ein Picknick machen wie normale Teenager. „Naja, es ist immerhin bekannt, dass streunende Katzen wieder kommen, wenn man sie füttert.“, bemerkte sie, und es war – wie sie vermutet hatte – genug um sein vertrautes Grinsen auf seine Lippen zurück zu bringen. Sie mochte sein Lächeln sehr, viel lieber als seinen bedrückten Gesichtsausdruck. Normalerweise vermied sie es, als Ladybug Dinge aus ihrem persönlichen Leben mit ihm zu teilen, doch sie erinnerte sich nur zu gut an die, nicht mal so lange zurück liegende, Nacht in der sie einen Einblick in sein Privatleben bekommen hatte. Seine Reaktion als er daran dachte, was wohl passieren würde, wenn jemand herausfinden würde, dass er Chat Noir war, hatte ihr sehr viel über sein familiäres Umfeld verraten. Wenn er solch eine Angst vor den Konsequenzen hatte, dann konnte er einfach nicht aus einer intakten Familie kommen. Komme was da wolle, sie würde ihm so viel Sicherheit geben, wie sie nur konnte. Es war offensichtlich, dass er es liebte Chat Noir zu sein, so wie sie es liebte, Ladybug zu sein. Sie sollte verdammt sein, wenn sie es nicht schaffte, ihren Partner bei Laune zu halten! Sie brachte ihn gerne zum Lachen. Das war ein kleiner Preis für seine unverwüstliche Loyalität und Freundschaft. Sie verschränkte die Arme – ohne dabei ein zischendes Einatmen verhindern zu können - und lehnte sich auf ihrer Liege zurück. Die Nacht war kühl, doch es war noch früh. Chat lehnte an ihrem Geländer und schüttelte ein paar Krümel von seinem Kostüm. „Ich habe einen süßen Zahn.“, sagte er. „Wäre ich nie drauf gekommen.“, lachte sie. „Also, was ist der wahre Grund dafür, dass du mich mit deiner Präsenz ehrst?“, bohrte sie nach. Chat erstarrte. „Ich hab mir wirklich Sorgen gemacht.“, gab er dann leise zu. „Ladybug hat zwar gesagt, dass es dir gut geht, aber…. Ich habe nicht viele Freunde und die, die ich habe… ich konnte einfach den Gedanken nicht verkraften. Soweit hätte es gar nicht erst kommen dürfen.“ Seine Stimme war leise, als würde er sich selbst Vorwürfe machen und mehr mit sich selbst reden, als mit ihr. Erst dann schein ihm aufzugehen, was er gerade gesagt hatte. „Wir sind doch Freunde, oder?“, fragte er leise, und Marinette kam nicht umhin zu bemerken, wie seine rechte Hand nervös über seine linke rieb, die Katzenohren leicht angelegt. „Ja Chat, wir sind Freunde.“, bestätigte sie ihm ebenso leise, doch mit einem ehrlichen Lächeln. Natürlich waren sie Freunde! Er sorgte sich ehrlich um sie, mit oder ohne Maske, sie war ihm wichtig. Sie vertraute ohne zu zögern ihm ihr Leben an. Sie waren viel mehr als nur Freunde! Sie waren Partner! Seine Katzenohren zuckten und stellten sich aus ihrer ängstlichen, eng an den Kopf gelegten Position auf. Einen Moment lang dachte sie, es läge an dem was sie gesagt hatte, dann vernahm auch sie die entfernten Schreie. „Tut mir leid, Chat, sieht so aus als hättest du einen Job zu machen.“, sagte sie und drehte sich in die Richtung aus der der Tumult kam. Chat hockte schon wieder auf dem Geländer, auf allen Vieren, wie eine Katze, und schlicht langsam auf sie zu, bis er neben ihr hockte. Seine grünen Katzenaugen waren zu Schlitzen verengt und zum ersten Mal bemerkte sie, dass animalische Leuchte in diesen, dass von seiner Nachtsicht herrührte. „Kannst du etwas erkennen?“, fragte sie und legte ihre Hand auf seine Schulter. Es war eine Bewegung über die sie nicht nachgedacht hatte und erst nachdem sie es getan hatte, ging ihr auf, dass dies eine Handlung war, die nicht zu Marinette passte. „Dort fliegt irgendetwas.“, antwortete er. „Ich nehme an du hast einen Job zu erledigen.“, stellte sie fest. Zwei Akuma so dicht hintereinander waren ungewöhnlich, es war bisher nur einmal vorgekommen und sie hatte vermutet, dass Hawk Moth es normalerweise vermied, denn soweit sie wusste kam auch seine Kraft von einem Kwaami, was wiederum bedeutete, dass der Schmetterlings Kwaami ebenso wie Tikki und Chat’s Kwaami wieder Energie tanken musste. Wenn sie also davon ausging, dass das erschaffen von Akumas die spezielle Kraft des Schmetterlings Kwaamis war, so wie es für sie der Lucky Charm und für Chat sein Cataclysm war, dann sollte Hawk Moths Verwandlung danach nicht mehr lange anhalten können und der nächste Akuma erst möglich sein, wenn der Kwaami fertig gegessen hatte. Natürlich war all das pure Spekulation, doch theoretisch gesehen, war es eine vollkommen logische Erklärung. Sie musste dringend einmal Tikki danach fragen. „Zwei Akuma so dicht hintereinander sind ungewöhnlich.“, sagte Chat, die Augen noch immer zu Schlitzen verengt. Marinette wurde wieder einmal davon in Erstaunen versetzte, wie gleich sie und ihr Partner zu denken scheinen. Naja, es gab einen Grund dafür, weshalb sie so ein perfektes Team waren. Offensichtlich galt das nicht nur, wenn sie sich auf dem Schlachtfeld befanden. „Was hast du vor?“, fragte sie. „Mich auf den Weg machen.“, stellte er nüchtern fest. „Hoffentlich ist Ladybug schon da.“, fügte er hinzu und sah zu ihr auf. Sie konnte die gut versteckte Sorge in seinem Gesicht erkennen, selbst mit Maske konnte sie ihn lesen, wie ein offenes Buch. Bei der Erwähnung von Ladybug flackerte Sorge in seinem Blick auf. Sie - Ladybug – war verletzt und sie hatten den letzten Kampf kaum überstanden und sie könnte etwas Ruhe jetzt wirklich gebrauchen, doch sie hatte keine Wahl, nur sie konnte den Akuma reinigen. All das schoss ihr in dem Bruchteil einer Sekunde durch den Kopf, den Chat braucht, um seinen Worten noch einen weiteren Nachsatz anzuhängen. „Prinzessin, ich will, dass du in dein Zimmer zurück gehst und nicht raus kommst, bis wir das geklärt haben.“, sagte er mit einem ersten Gesichtsausdruck. „Was?“, entfuhr es ihr, offensichtlich würde sie nichts dergleichen tun, sondern ihm dorthin folgen. Dann musste sie halt noch eine Schmerztablette einwerfen. Na wenn schon. „Ich will nicht, dass dir noch etwas passiert! Bitte, heute sind die zwei Freunde, die ich als Chat Noir habe verletzt worden, ich kann mich nicht konzentrieren, wenn ich nicht weiß, dass du in Sicherheit bist!“, flehte er schon fast. Ladybug war von seinem Katzenblick schon immer absolut unbeeinflusst. Marinette war es nicht. Sie schmolz beinahe dahin. „Ok.“, sagte sie leise. “Ich verspreche dir, dass ich, Marinette Dupain-Cheng, mich in meinem Zimmer verbarrikadieren werde, bis alles vorbei ist.“, schwor sie. Vielleicht hatte sie gerade etwas zu dick aufgetragen. Doch Chat sah erleichtert aus und machte sich bereits zum Sprung, bereit als sie ihn mit einer Hand auf seinem Arm zurück hielt. „Pass auf dich auf!“, sagte sie, die Worte waren raus, bevor sie wirklich darüber nachdenken konnte, doch sie kennt ihren Partner. Er hat die ungesunde Tendenz sich zwischen Ladybug und alles was sie potenziell verletzen könnte zu werfen und sie hasst es zu sehen, wie er verletzt wurde. Abgesehen davon war sie bereits verletzt und sie wusste ganz genau, dass dies seinen, ohnehin bereits viel zu ausgeprägten Beschützerinstinkt, nur noch verstärken würde. Und verdammt, sie durfte sich auch um ihren Partner sorgen! Er sah sie einen Moment lang überrascht an und sie fragte sich, ob er es vielleicht nicht gewohnt war, dass sich Leute um ihn sorgen. Dann nickte er und sprang. Sie achtete darauf, dass er sah wie sich die Luke hinter ihr schloss als er auf dem gegenüber liegenden Gebäude kurz stehen blieb und ihr einen letzten Blick über die Schulter zuwirft. Auf ihrer Treppe blieb sie stehen und zählte langsam bis 20, das sollte ihm genug Zeit geben um ausreichenden Vorsprung zu gewinnen, bevor sie flüsterte: „Tikki, Spots on!“ Kapitel 13: Medusa I -------------------- ACHTUNG ACHTUNG!!!! WICHTIGE BEKANNTMACHUNG!! Ich fahre in Urlaub! Deshalbw ird es die nächsten zwei7drei Wochen keine Updates geben! ALS ENTSCHÄDIGUNG: Fibt es ein zweites Kappi von Worst Nightmare und einen weiteren One Shot. ;) Als sie am Ort des Geschehens eintraf ging Chat gerade hinter einem Zeitungsständer in Deckung. Er entdeckte sie und bedeutete ihr mit ein paar einstudierten Bewegungen, dass sie sich versteckt halten soll. Ein paar Sekunden Später hatte er es geschafft den Akuma mit ein paar gezielt geworfenen Zeitungen lange genug abzulenken um sich mit seinem Staab neben sie zu befördern. „Statusbericht.“, sagte sie. „Was haben wir hier?“, dabei das Gekreische des Akumas standhaft ignorierend, der gerade unten auf dem Place de la Concorde wild wird vor Wut. „Dieser hier ist nicht so … verletzend wie der letzte, aber er hat seinen ganz eigenen Charme.“, erklärte er. „Bist du sicher, dass du kämpfen willst?“ Sie strafte ihn mit einem mahnenden Blick. Als ob sie ruhig zuhause sitzen bleiben könnte, wenn sie wusste, dass ihr Partner alleine gegen einen Akuma kämpfte. „Sieht so aus, als hätten wir eine Schlangenliebhaberin, die mit dem Job den ihre Friseuse gemacht hat nicht zufrieden war.“, erklärte er. „Und das bedeutet?“, fragte sie. „Ich bin Medusa!“, kreischte der Akuma. Einen Moment lang herrschte Stille. „Oh.“, stellte sie dann fest. „Ja.“, sagte Chat. „Wie viele hat sie schon in Stein verwandelt?“ „Sieben Zivilisten, unter anderem auch ihre Friseuse.“ Ein knirschendes Geräusch ertönte vom Place de la Concorde. „Acht.“, korrigierte Chat. „Wie war das in der Mythologie, war es ihr Anblick, der Männer … Moment, sollte sie nicht nur Männer zu Stein erstarren lassen?“ Sie versuchte sich zu erinnern, doch sie war sich nicht mehr sicher. „Es gibt verschiedene Versionen der Legende, My Lady.“, sagte Chat. „In einer Version heißt es, der Fluch läge in ihren Augen, in einer anderen Legende heißt es, es wäre ihr Anblick, der Männer zu Stein erstarren lässt.“ „Sie wurde besiegt, indem man ihr ihr Spiegelbild gezeigt hat.“, murmelte Ladybug. „Ja, in einer Version, in einer anderen wurde sie von Perseus enthauptet.“ „Enthaupten steht außer Frage. Kannst du sie mir beschreiben?“, fragte sie. Seitdem sie angekommen war hatte sie noch keinen klaren Blick auf den Akuma erhaschen können, was vielleicht auch kein Verlust war. „Tut mir leid, My Lady, aber ich habe versucht mir den Anblick zu ersparen.“, gab er zu. „Ich konnte es nicht riskieren in Stein verwandelt zu werden.“ „Wie ist der genaue Wortlaut der Legende?“ „Ich hab nicht das griechische Original gelesen.“, verteidigte er sich. „Ich leider auch nicht.“ „Wir haben also keine Wahl, bis wir eines besseren belehrt werden, müssen wir davon ausgehen, dass es ausreicht ihre Gestalt zu erblicken um in Stein verwandelt zu werden.“, stellte Chat resigniert fest. „Sieht so aus.“, murmelte Marinette unwillig. „Nun denn, My Lady. Irgendwelche schlauen Pläne?“, fragte er und half ihr auf die Füße, was sie nur akzeptierte, weil sie wusste, dass er sich Sorgen um ihre Seite machte. „Ja, pass auf, wo du hinguckst, Kitty.“ „Meine Augen sind nur auf dich gerichtet.“, versicherte er. Und zum ersten Mal fand sie das irgendwie beruhigend. „Ich werde ihre Aufmerksamkeit auf mich lenken.“, sagte er und wagte einen schnellen Glanz hinunter auf den Platz, nur um im nächsten Moment ein paar Flüche abzulassen, die sie so noch nie von ihm gehört hatte. „Was? Ist sie weg? Haben wir sie verloren?”, fragte sie hektisch und beugte sich vor, über ihn hinweg um ebenfalls auf den Platz hinab zu blicken. „Ich befürchte schlimmer noch.“, murmelte Chat und da sah auch Marinette den Grund für seinen ungewöhnlichen Ausbruch. Alya stand am Rand des Place de la Concorde, Handy im Anschlag und mitten im Freien. Sie war im wahrsten Sinne des Wortes ein gefundenes Fressen. „Nein!“, flüsterte sie und sie wusste, wie würde Alya nicht mehr rechtzeitige erreichen, sie wusste Chat würde es auch nicht schaffen doch sie sprang trotzdem, sie hing bereits halb über der Brüstung als Chats Arm sich um ihre Mitte schlang und sie zurück hielt, sie fast schon gewaltsam zurück auf das Dach zog. Seine krallenbewährte Hand legte sich über ihren Mund als er sie weit genug vom Rand des Gebäudes weg zog, damit sie vom Platz aus nicht mehr zu sehen waren. Es dauerte noch einige Sekunden bis ihr widerstand erlahmte, doch erst nachdem er sich absolut sicher war, dass sie ihn nicht anschreien würde für das was er gerad getan hat wagte er es, seinen Griff zu lockern. „Verdammt, Chat!“, flüsterte sie mit Schmerz in ihrer Stimme und schlug ihm vor die Brust, doch der Schlag war schwach und nichts weiter als ein Ausdruck der Hilflosigkeit, die sie gerade verspürte. „Ich weiß.“, sagte er ruhig. „Aber nach dem Lucky Charm wird es ihr wieder gut gehen. Sie wird sich vermutlich nicht einmal daran erinnert.“, sagte er. Ladybug beruhigte sich. Im letzten Kampf war sie wütend geworden. Jetzt trat eiskalte Berechnung in ihren Blick, und er ist sich nicht sicher, was ihm mehr Angst macht. Sie stand auf, klopfte sich den Staub von ihrem rot-schwarzen Kostüm und warf einen Blick hinunter auf den Platz. „Die Magie liegt in ihren Augen, nicht in ihrem Aussehen.“, analysierte sie kühl. „Das verschafft uns einen Vorteil. Egal was du tust, Kitty, sieh ihr nicht in die Augen.“ Er stand auf und warf ihr einen Blick von der Seite zu. „Plan wie gehabt.“, stellte er fest. „Plan wie gehabt.“, bestätigte sie. Sie sprangen gleichzeitig. Während Chat sich mit einem gezielten Sprung in die Richtung von Medusa aufmachte und begann sie zu provozieren – „Da haben wir aber einen harten Fall von Spliss!“ – während sie in die andere Richtung davon schwang und vor Alya zum Halten kam. Sie sah ihre beste Freundin bitter an, zu einer Statue aus dunklem, rotem Marmor erstarrt, das Handy immer noch in der Hand und – wenn sie sich nicht irrt – dann filmt es immer noch. Sie legte der Statue kurz die Hand auf die Schulter und versuchte ihren verletzten Gesichtsausdruck zu unterdrücken, bevor sie sich Medusa zuwandte. Der Akuma hatte die Frau in ein schlangenartiges Wesen mit dem Oberkörper einer Frau verwandelt. Ihr Kopf war bekrönt von einem Kranz aus Schlangen, die sich um ihren Kopf schlängelten und jeder von Chats Bewegungen folgten. Ihre untere Hälfte glich der einer Klapperschlange und selbst aus dieser Entfernung konnte sie ihr entnervtes Zischen wahrnehmen, während Chat einen provokanten Kommentar nach dem anderen produzierte. Sie hat wirklich keine Ahnung wie jemand so ein loses Mundwerk haben konnte, doch zugegeben, es konnte sehr praktisch sein. „Wir sollten den Tierschutzverein anrufen, es gibt eine Schlangenplage!“, war sein neuester Spruch, während er eine Zeitung nach der anderen zerknüllte und seinen Staab benutzte wie einen Baseballschläger um sie zu beschäftigen. Die Schlangen um ihren Kopf stellten sich auf wie eine Königskobra kurz vor dem Angriff und zischten bedrohlich, während sie sich langsam in Chats Richtung bewegte, dem gerade die Wurfgeschosse ausgegangen waren. Sie sah wie Chat seinen Posten verließ und die Beine in die Hand nahm, Medusa dicht hinter ihm. „Ihr alle werdet unter meinem Blick zzzzu Ssssstein ersssstarren! Und dann hole ich mir eure Miraculoussss!“, zischelte sie. „Du bräuchtest mal ein Anti-Schuppenschampoo!“, schoss Chat zurück, während er sich auf ein Dach katapultiert, doch diesmal sah Medusa wohin er flüchtet und schlängelte sich die an den reichen Stuckverzierungen der Fassade hinauf, wo Chat bereits auf sie wartete, seinen Staab schwang und sie schreiend zurück in die Tiefe schickte. „Tut mir leid, hab ich dir Steine in den Weg gelegt?“, schoss Chat hinterher, ohne sich zu trauen in die Tiefe hinab zu spähen. Stattdessen sprintete er über das Dach bis er in sicherer Entfernung wieder auf den Platz hinab stieg. Er hätte sich besser umgesehen, auch wenn Marinette versteht, warum er es nicht getan hatte. Die Angst in ihre Steinaugen zu sehen muss zu groß gewesen sein. Ihr langer Schlangenschwanz peitschte nach vorne und schlug ihm den Staab aus der Hand, Chat zuckte zusammen und sie konnte sehen, wie er instinktiv die Augen schloss. Sie wollte schreien, sie wollte ihn warnen, sie wusste genau er würde sie hören und er würde tun was auch immer sie sagte, doch sie konnte ihren Standort nicht aufgeben. Sie sah wie Medusa sich auf ihn zu schlängelte, ihr Körper ein unheilvoller Schatten vor ihm. „Öffne deine Augen.“, lockte sie ihn. „Nur ein winzzziges bissschen. Ich bin gleich hier… Esss tut auch nicht weh….. verssssprochen.“ Ihr Schwanz wickelte sich um ihn und raubte ihm jegliche Bewegungsfreiheit, ihr Gesicht schwebte vor seinem und er drehte den Kopf zur Seite. Medusas Kopf schnappte nach vorne und sie grub ihre langen Giftzähne in seinen Nacken. In dem selben Moment in dem sein Schmerzensschrei über den Platz hallte beschwörte sie ihren Lucky Charm. Kapitel 14: Medusa II --------------------- ERNSTHAFT LEUTE?! Ich habe noch NIE so wenig Kommentare bekommen! Erst Alya, dann Chat. Marinette sah rot. Niemand rührte ihren Partner an! Nicht Satan und nicht Hawkmoth und ganz bestimmt nicht irgendein wild gewordener Akuma. Ihr Lucky Charm fiel wieder in ihre Hände und sie starrte überrascht hinunter auf die kleine weiße Dose. Was sollte sie denn damit? Chats Schrei wurde zu einem Wimmern, als Medusa ihn los ließ, offensichtlich zufrieden mit ihrer Arbeit, da sie ihn nun kampfunfähig gemacht hatte. Sie lockerte ihren Griff um ihn und der schwarze Unglücksbringer sowie Beschützer von Paris, fiel kraftlos zu Boden, eine Hand auf der blutenden Bisswunde. Was auch immer sie mit ihrem Lucky Charm tun sollte, sie sollte es schnell herausfinden, denn es sah nicht so aus, als ob Chat noch viel Zeit bleiben würde. Sie duckte sich hinter den Sockel des Obelisken. Ihre Gedanken rasten. Was konnte sie mit Kontaktlinsen tun? Kontaktlinsen. Linsen. Sollte sie einen Projektor machen, wie bei The Mime? Nein, Medusa war nicht so auf etwas Spezielles fokussiert, wie The Mime. Konnte sie mit den Linsen das Sonnenlicht bündeln wenn sie den Brunnen als Spiegel benutzte und Medusa damit lange genug blenden, um ihr den Gegenstand zu entreißen, in dem der Akuma war – Sie schluckte einen lauten Fluch. Sie wusste nicht wo der Akuma war. Alya war eine Statue, Chat war verletzt, ihr Lucky Charm absolut unbrauchbar und sie wusste noch nicht einmal, wo der verdammte Akuma war! Sie ließ in ihrem Kopf eine Schimpfkanonade vom feinsten los und schloss die Augen. Sie war absolut nutzlos. Sie war eine furchtbare Ladybug. Das vom Wind vor sich her getragene Wimmern ihres verletzten Partners holte sie in die Wirklichkeit zurück. Sie konnte sich später selbst bemitleiden. Jetzt hatte sie einen Job zu tun und eine Stadt zu retten. „Es sind die Haare!“, krächzte Chat. Es war das zweite Mal an diesem Tag, dass seine Abilität ihre Gedanken zu lesen, sie in Erstaunen versetzte. Ihre Haare. Das war nur logisch. Warum war ihr Lucky Charm keine Friseurschere gewesen oder sonst etwas, das auch nur im Entferntesten tatsächlich zu gebrauchen gewesen wäre? Warum nicht ein Rasierapparat? Sie vertrieb den Gedanken gewaltsam, das brachte sie auch nicht weiter. Sie musste mit dem arbeiten, was sie zur Verfügung stehen hatte, und das waren… immer noch Kontaktlinsen. Der Akuma war in ihren Haaren, ihre Kraft kam aus ihren Augen, ihr Biss war giftig. Medusa, besiegt von Perseus. Sie konnte ihr nicht direkt in die Augen sehen, was hatte Perseus getan? Er hatte… nur ihr Spiegelbild gesehen! Im Schild der Athena. ‚Hab ich dich!‘, schoss es ihr durch den Kopf. Das war der Schlüssel! Doch sie hatte keinen Spiegel, sie hatte Kontaktlinsen. Sie musste einen Spiegel machen. Also musste sie Medusa in eine Falle locken. Wenn sie Medusa glauben lassen konnte, dass sie kurz davor war ihr in die Augen zu schauen, nur damit sie ihre Magie aktivierte. Natürlich! Sie verspürte den starken Drang sich selbst die Hand vor den Kopf zu schlagen. Sie hatte den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen. Kontaktlinsen! Hastig öffnete sie die kleine weiße Dose und poppte die kleinen durchsichtigen Halbmonde in ihre Augen, blinzelte ein paar Mal, um sich an das Gefühl zu gewöhnen und sah sich dann um. Der Place de la Concorde lag gleich neben dem Place Vendome, dem Platz der Juweliere. Sie legte einen Sprint hin, augenblicklich verfolgt von Medusa, deren wütendes Zischen sie hinter sich hören konnte. Sie schlitterte über den Platz, kämpfte darum auf den Füßen zu bleiben und änderte abrupt die Richtung, Medusas Schlangenkörper klatschte hinter ihr in ein Auto, doch sie wurde nicht langsamer, sie steuerte auf ein dunkles Juweliergeschäft zu. Die große Schaufensterscheibe war schwarz und sie dankte Gott und der Welt dafür, dass der Juwelier die Geistesgegenwärtigkeit besessen hatte, sein Geschäft mit Beginn der Attacke zu schließen. Sie war zu schnell und knallte gegen das kühle Glas, es klirrte unter ihrem Aufprall und kaum einen Sekundenbruchteil später peitschte Medusas Schwanz erneut nach vorne und sperrte sie ein. Marinette warf einen panischen Blick nach links und rechts, als sie Medusa vor sich zischeln hörte. „Gib mir dein Miraculoussss!“, zischte sie. „Niemals!“, sagte sie und schnappte nach Luft. „Ssssofort!“, zischte Medusa, sie schloss die Augen und zog den Kopf ein – sie konnte es nicht riskieren, dass sie ebenfalls gebissen wurde. „Sssieh mir in die Augen kleines!“ Medusa war ihr gefährlich nahe gekommen. Sie deutete ein minimales blinzeln an, als wäre sie tatsächlich versucht ihre Augen zu öffnen. „Ich bin auch ganzzzz sssschnell. Verssssprochen.“, wisperte der Akuma. Sie atmete aus und öffnete die Augen, blickte direkt in die Schlitzaugen des Akumas, in die gerade ein magisches Glühen trat, sie ließ sich zu Boden fallen. Medusa schrie als sie ihr eigenes Spiegelbild erblickte, dann begann der Stein über ihre Haut zu sprießen und innerhalb von wenigen Sekunden hörte sie auf sich zu bewegen und erstarrte zu Stein. Sie holte Schwung und trat mit voller Wucht gegen die steinernen Schlangen die aus dem Haupt des erstarrten Akumas sprossen. Ein Kopf brach ab und der Akuma flog heraus. „Du hast genug Unheil angerichtet!“, presste sie zwischen zusammengepressten Zähnen hervor und fing ihn mit ihrem Yo-Yo ein. „Hab ich dich!“ „Bye bye, kleiner Schmetterling!“ Das unschuldige kleine Tierchen flatterte hastig davon. Sie ploppte die Kontaktlinsen aus ihren Augen und warf sie zusammen mit der kleinen weißen Dose in die Luft. „Miraculous Ladybug!“ Und in einer Welle aus rotem Licht wurde Paris wieder hergestellt. Medusa verwandelte sich zurück in eine arme verwirrte Frau – mit einem wirklich furchtbaren Haarschnitt – und Ladybug legte ihr nahe, entweder mit ihrer Friseuse zu reden oder sich einen neuen Friseur zu suchen, bevor sie zu Chat rannte. Aus dem Augenwinkel sah sie wie sich Alya näherte, doch sie rief ihr nur zu, dass sie ihr doch gesagt habe, dass sie sich in sicherer Entfernung aufhalten sollte, bevor sie sich besorgt über ihren verletzten Partner beugte. Er hatte sich zusammen gerollt wie ein verletztes Tier und fauchte, als sie ihm einen Arm auf die Schulter legte. „Chat! Ich bins nur, bitte, Chat!“, doch er reagierte nicht. „Verdammt!“, fluchte sie und wuchtete ihn unter Anstrengung hoch. Klar, der Anzug gab ihr Kraft und abgesehen davon war sie mittlerweile ziemlich durchtrainiert, doch ihrer Seite gefiel diese Aktion gar nicht und sie hatte gerade erst den zweiten Kampf des Tages hinter sich. Das Letzte was sie gerade gebrauchen konnte waren Videoaufnahmen eines verletzten Chats auf dem Ladyblog, also schwang sie ihr Yo-Yo und brachte sie auf das Dach des Gebäudes. Vorsichtig setzte sie ihn wieder ab. „Chat, sieh mich an!“, forderte sie leise. Seine Augenlieder flatterten. So sanft wie es ihr möglich war zog sie seine Hand von der Bisswunde fort. Zwei perfekte Löcher, aus denen es noch immer blutete. Er war blass, doch er sah noch nicht so schlimm aus, wie er hätte aussehen können – vermutete sie. Ihre Gedanken rasten – erneut! Bisswunde. Das Gift musste raus, so schnell wie möglich, bevor es sich zu weit verbreiten konnte. Gedanklich überschlug sie die Zeit, die seit dem Biss vergangen war. Vielleicht 20 Sekunden. 30? 40? Sie beschloss, dass sie oder so keine Wahl hatte. Es gab nur eine Lösung. Ihre Ohrringe stießen die erste Warnung aus. „Tut mir leid, Kitty!“, flüsterte sie, legte ihre Lippen auf seinen Nacken und begann zu saugen. Wenn er wach gewesen wäre, wären ihm vermutlich auf Anhieb fünf verschiedene schlechte Witze oder Flirts eingefallen. Gerade wünschte sie sich genau das zu hören! Zumindest hatte er sein Cataclysm nicht benutzt, also musste sie sich keine Sorgen machen, dass seine Transformation sich auflösen könnte. Sein Blut schwemmte einen metallenen Geschmack in ihren Mund, von dem ihr schlecht wurde, doch sie hörte nicht auf, zwang sich weiter zu saugen, bis sie sich sicher war, dass sie alles Gift, dass noch nicht in seinem Körper verteilt war heraus gesaugt hatte. Dann spuckte sie es angewidert auf das Dach neben sich. „Chat?“, flüsterte sie und wischte sich über den Mund. „Chat, bitte!“ Seine Augenlieder flatterten. „Chat! Kitty! Sieh mich an!” “LB.”, krächzte er. “Wir müssen dich in ein Krankenhaus bringen!”, sagte sie und hievte ihn gewaltsam wieder in die Höhe, sie wollte ihm nicht wehtun, doch ihr lief die Zeit davon. Ihre Ohrringe gaben das zweite warnende Piepen von sich. Sie schwang sich davon bis zum Krankenhaus Sacre Coeur. „Sieh mich an Kitty.“, sagte sie als sie unsanft auf dem Dach aufkamen. Du musst deine Transformation jetzt lösen.“, Seine Augen waren glasig und unfokussiert. „Kitty!“ Er gab ein paar unverständliche Laute von sich. „Chat, bitte! Ich verspreche dir, ich werde nicht gucken, ich werde dich nur in die Notaufnahme bringen und mich um deinen Kwaami kümmern, aber du brauchst Hilfe!“, bettelte sie ihn schon fast an, sie wollte ihn schütteln, doch sie hatte Angst ihm damit weh zu tun. „Plagg.“, krächzte er. „Claws in!“ Sie schloss die Augen als der grüne Blitz seinen Körper verhüllte und zwang sich nicht auf den schlaffen jungen Mann hinab zu blicken, der in ihrem Arm hing. Stattdessen zwang sie sich langsam vom Dach des Krankenhauses hinab zu steigen, bevor sie ihre eigene Transformation löste und Tikki und der schwarze – war das eine Katze? – Kwaami in ihre Handtasche abtauchten. Sie schleppte Chat so schnell sie konnte in die Notaufnahme, extra in einem anderen Krankenhaus als in dem, in dem sie früher am Tag gewesen war und sie wurde nicht enttäuscht. Sofort kamen Schwestern auf sie zu gerannt, ein Arzt folgte den Schreien. Sie antwortete die Fragen, die sie antworten konnte, dass es sich um Schlangengift handelte und er dringend sofort Hilfe brauchte, dass der Ladyblog vermutlich Aufschluss über die Schlangenart geben konnte, während sie die ganze Zeit versuchte nicht auf die Gestalt ihres blonden Partners hinab zu sehen. Zum Glück war die Notaufnahme in der Nacht relativ verlassen und sobald sich die Gelegenheit bot und alle mit dem neuen Patienten beschäftigt waren stahl sie sich davon. um nach einem Snackautomat zu suchen. Dem Himmel sie dank, waren alle Krankenhäuser damit ausgestattet. Sie zog erneut Käsestangen und Kekse und schloss sich dann auf dem Gäste Klo ein. „Geht es dir gut, Marinette?“, fragte Tikki sofort besorgt, noch bevor sie den ersten Bissen ihres Kekses nehmen konnte. „Ich wird‘s überleben.“, wank sie ungeduldig ab und blickte stattdessen Chats Kwaami an. „Hey. Geht es dir gut?“, fragte sie die kleine schwarze Kreatur. „Könnte besser sein.“, antwortete er. Sein Schweben war etwas unbeständig und vorsichtshalber fing sie ihn mit beiden Händen auf. „Ich habe versucht das schlimmste abzuwenden, aber dieses Gift war… eine Pfote voll.“, gab er zu. „Ich bin Plagg. Danke für den Käse!“ „Freut mich, in bin Ladybug, oder… Marinette.“, stellte sie sich vor. Er war süß. Eine kleine schwarze Katze und obwohl sich Chat häufig über seinen Kwaami beschwerte, war er ihr auf Anhieb sympathisch. „Ich werde so tun, als hätte ich den letzten Teil nicht gehört.“, sagte er als er anfing zu essen. Er schlang den Käse in zwei Bissen hinunter und sie war froh, dass sie mehr als nur ein Paket gekauft hatte, als sie wortlos das nächste aufriss und ihm entgegen hielt. „Werdet ihr ok sein?“, fragte sie, auch wenn sie Angst hatte vor der Antwort. „Keine Sorge, gib Loverboy da hinten ein paar Stunden Schlaf und ich hab ihn wieder auf’m Damm!“, sagte der kleine schwarze Kwaami und sie konnte sich nicht davon abhalten ihn mit einem Finger dankbar hinter den Ohren zu kraulen. „Pass mir gut auf euch beide auf!“, sagte sie und sie könnte schwören, dass er unter seiner natürlichen schwarzen Farbe gerade rot geworden war. Tikki hatte ihren Keks beiseite gelegt um sich ihm zuzuwenden und schwirrte besorgt um seinen Kopf. Marinette war sich nicht sicher ob sich die Beiden wirklich unterhielten, doch so wie sie und Chat es geschafft hatten, sich im Kampf wortlos zu verständigen, so hatten es die beiden Kwaami offensichtlich perfektioniert, ganze Gespräche mit Blicken und Nonverbaler-Kommunikation zu halten. Die Intensität in den Blicken der kleinen Kwammi lag jagte Marinette unwillkürlich einen Schauer über den Rücken. Plagg salutierte, warf sich das letzte Stück Käse in den Mund – das immerhin halb so lang war wie er selbst – und zischte durch die Wand davon. Tikki sah ihm nach und seufzte. "Ihm liegt sehr viel mehr an seinen Schützlingen als er zugibt.", sagte sie. Kapitel 15: Aftermath --------------------- Sie schlich sich aus dem Krankenhaus, den Kopf eingezogen und bemüht weder nach links noch nach rechts zu schauen. Sie war verletzt. Chat war verletzt. Zwei Akuma an einem Tag. Der Kampf war kurz, aber intensiv und nichts wollte sie gerade lieber tun als sich einfach nur ins Bett zu legen und zu schlafen bis sie wieder aufwachte und feststellte, dass sie beide unverletzt waren. Stattdessen schleppte sie sich die Pariser Straßen entlang nach Hause, wo ihre Eltern gerade die Bäckerei schlossen. Sie beruhigte ihre Mutter und sagte ihr, dass sie ein Bad nehmen wollte. Ihre Mutter versprach ihr den Kräuterverband danach zu erneuern und sie machte sich eine mentale Notiz, ihre Mutter dann auch zu Fragen ob sie etwas gegen Vergiftungen machen konnte. Rein interessehalber natürlich. Als sie im Bad stand und langsam die große Stoffkompresse mit den Kräutern von ihrer Haut schälte war sie geschockt als sie die fast schwärzliche Färbung ihrer Haut sieht. Auch die Kompresse hatte einen dunkelvioletten Farbton angenommen. Tikki konnte sie jedoch schnell wieder beruhigen, bevor sie Zeit hatte vernünftig in Panik auszubrechen. Ihre Mutter hatte Pappelblüten in die Kräuter gemischt, die eine natürliche Dunkelviolette Farbe hatten und anscheinend auf ihre Haut abgefärbt hatten. Marinette zwang sich ein paar Mal kontrolliert ein und aus zu atmen bevor sie sich in das duftende Badewasser gleiten ließ um ihre verspannten Muskeln zu lockern. Der Tag war ein einziges Desaster gewesen. Chat war verletzt worden, obwohl er ihr versprochen hatte vorsichtig zu sein und auf sich aufzupassen. Sie konnte nur hoffen, dass Plagg recht hatte und es ihm nach ein paar Stunden Schlaf wirklich schon wieder viel besser gehen würde. Sie blieb im Badewasser bis es fast auf Hauttemperatur herab gekühlt war bis sie sich widerwillig wieder daraus erhob und in ihren Pyjama schlüpfte, bevor sie sich zurück zu ihrer Mutter schleppte. Diese sah sich ihre Seite mit einem fachmännischen Blick an und nickte zufrieden bevor sie wieder begann die unzähligen kleinen Türchen ihres Schränkchens aufzureißen und – scheinbar wahllos, obwohl Marinette wusste, dass es alles andere als wahllos war – Kräuter in ihren Mörser zu werfen. Sie passte diesmal genauer auf, achtete auf Farben und Aussehen der Kräuter bevor ihre Mutter sie fachmännisch zu zerkleinern begann. „Könnte man mit traditioneller chinesischer Medizin auch …uh… ich weiß nicht… zum Beispiel Schlangenbiss behandeln?“, fragte sie unschuldig obwohl sie sich dessen bewusst war, wie unglaublich unsubtiel ihre Frage war. Ihre Mutter warf ihr einen Blick unter einer gehobenen Augenbraue zu, fragte aber nicht weiter nach. Stattdessen nickte sie und gab ihr aus dem Stehgreif fünf verschiedene Rezepte für Tinkturen und anderes wieder, die alle gegen Schlangenbisse helfen würden. Marinette nickte eifrig, dabei den Schauer unterdrückend der drohte ihr über den Rücken zu laufen wenn ihre Mutter Zutaten wie Gazellen Horn – was mittlerweile zu verbotenen Zutaten gehörte, Schweineborsten – die ihrer Meinung nach nichts in Medizin verloren hatten, und Fischknochen – was Marinette froh machte, dass ihre Kräuterkompresse nur zur äußerlichen Anwendung gedacht war, aufzählte. Am Ende hatte sie sich gedanklich eine Liste mit verschiedenen – harmlosen – Zutaten zusammen gestellt, die sie sich für Chat merkte. Ihr entkam ein erleichtertes Seufzen, als ihre Mutter ihr die frische Kräuterkompresse sanft auf die Haut drückt. Es war kühl – von dem frisch untergerührten Aloe Vera Gel - und dämpfte den Schmerz sofort. Sie fixierte die Kompresse mit einem Verband bevor sie zu Bett ging und warf Tikki einen Blick zu. Der kleine rote Kwami schien unter dem Blick zu schrumpfen, als habe sie eine Vorahnung, was Marinette sie fragen würde. Nach mehr als fünftausend Jahren Lebenserfahrung wurden Menschen vermutlich wirklich einfach zu durchschauen. Doch sie schwebte hoch zu Marinettes Bett und ließ sich vor ihrem Schützling auf der Bettdecke nieder. Marinette lehnte sich in ihre Kissen zurück und stellte einen Teller mit frischen Keksen zwischen sie. Es konnte ihnen beiden nur helfen. Tikki lächelte schwach und nahm sich einen Schokoladenkeks. Marinette lächelte zurück und bediente sich ebenfalls. „Was willst du wissen?“, fragte Tikki und nahm einen Bissen. „Ich wollte dich das nicht fragen, weil ich eigentlich davon ausgehe, dass es einen Grund dafür gibt, dass du – und ich nehme an, dass Plagg Chat auch nichts erzählt hat – mir nichts gesagt hast über Hawk Moth und seine Fähigkeiten oder seinen Kwaami, aber es wird jetzt wirklich wichtig, Tikki.“ Der kleine rote Kwaami seufzte, blickte hinab auf den Keks in ihren kleinen Händen und legte ihn zurück auf den Rand des Tellers, als habe sie plötzlich der Appetit verlassen. „Du hast Recht, Marinette. Eigentlich sollen wir unseren Schützlingen nichts über die anderen Kwaami erzählen, zumindest nicht mehr, als unbedingt notwendig. Ich habe dir von Chat erzählt, weil ich gespürt habe, dass Plagg gleichzeitig mit mir erwachte, und da ihr zwei Seiten derselben Medaille seid, war klar, dass ihr euch finden würdet. Ladybug und Chat Noir können nur gemeinsam existieren. Aber der Schmetterlingskwaami ist eine andere Sache.“, erklärte sie mit ernster Stimme. „Das verstehe ich, aber ich kann jede Information brauchen die ich bekommen kann. Ich greife hier nach Strohhalmen Tikki. Chat und ich sind beide verletzt, die Akuma werden gewalttätiger und ich kann nichts dagegen tun!“ „Ich weiß, Marinette. Und du hast Recht. Ich werde dir alles sagen, was ich dir sagen kann.“, sagte Tikki und sah auf. „Danke, Tikki.“, sagte Marinette und strich mit einem Finger über ihren kleinen roten Kopf. „Der Schmetterlingskwaami ist vor langer Zeit verloren gegangen.“, begann ihr Kwaami. „Sein Name ist Nooro. Das Schmuckstück, an das er gebunden ist, ist eine Brosche. Und diese Brosche ist vor langer Zeit während einer Naturkatastrophe verschollen. Wir haben immer gehofft, dass er vielleicht wieder auftauchen würde, doch nicht so.“ Tikki war vollkommen in sich zusammen gesunken. Marinette überkam der starke Drang ihren Kwaami zu umarmen. Sie tat nichts dergleichen, sie wusste es war besser, Tikki jetzt nicht zu unterbrechen. „Wie du weißt, ist es seine Fähigkeit Akuma zu erschaffen. Die Akuma, die Hawk Moth erschafft, sind korrupt, sie sind nicht mehr rein. Ursprünglich war es die Aufgabe von Noroos Träger die Kraft eines Akumas jemandem zukommen zu lassen, der sie verzweifelt brauchte. Jemandem der um sein Leben kämpfte, jemandem der kämpfte um seine Lieben zu beschützen, jemandem reinen Herzens. In vielen Dingen steckt ein funke Wahrheit, Marinette. In Legenden, Mythen und Märchen gleichermaßen. Sie alle haben irgendwo begonnen. Die Empfänger von Noroos Gabe hatten viele Namen und viele Formen, von manchen hast du gehört und von manchen nicht, manche sind in der Geschichte verloren gegangen. Du hast von Mulan gehört, eine der ältesten Überlieferungen und mittlerweile nichts als ein Lied. Es war allein Noroos Gabe, die sie zwölf Jahre lang in der Armee unentdeckt hat leben lassen. Du hast von Cleopatra gehört. Auch wenn sie einen eher unehrenhaften Ruhm genießt. Sie war eine wundersame Frau die mit allen Mitteln Gekämpft hat um ihr Land zu beschützen. Sie war eine der charakterstärksten Akumas die ich jemals getroffen habe. Andere sind nicht so erfolgreich gewesen. Oktavia, die Frau des Nero hat ihren Mann zu sehr geliebt um zu sehen zu was er wurde und ihn zu stoppen. Der letzte Akuma war ein Priester des Vulkanus, den Noroo mit der Gabe gesegnet hatte die Zukunft zu sehen. Er rettete hunderten von Menschen das Leben als der Vesuv ausbrach. Wir waren damals alle drei in Pompei. Plagg, Noroo und ich. Chat Noir war der einzige der diesen Tag überlebte. Ladybug handelte früh genug, sie gab die Ohrringe Chat Noir mit dem Befehl die Miraculous zu retten bevor sie selbst in die Stadt zurück lief um weiter bei der Evakuierung zu retten. Wir dachten… wir dachten Noroo wäre verschüttet worden.“ Tikki schien immer mehr in sich zusammen zu sinken. Sie war kaum noch ein kleines, rotes Häufchen Elend auf Marinettes Bettdecke und es trieb ihr selbst die Tränen in die Augen, ihren kleinen Kwaami so verletzt zu sehen, den Schmerz in ihrer Stimme zu hören. Sie wollte die Hand nach ihr ausstrecken und sie trösten, doch Tikki streckte resolut das Kinn in die Höhe und sah sie an. „Noroos Akuma sind nicht böse. Er hat eine wunderbare Kraft und ich will ihn wirklich wieder frei wissen Marinette! Was seine Akuma böse macht ist die Absicht, die Hawkmoth mit ihnen verfolgt. Das erschaffen eines Akuma ist Noroos Kraft, wie es dein Lucky Charm ist. Ein Akuma bleibt auch danach noch bestehen. Hawkmoth kann nur dann mit seinen Akuma Kontakt aufnehmen, wenn er transformiert ist. Er muss also irgendwann zwischen der Erschaffung des Akuma und dem Ende eures Kampfes die Verbindung abbrechen, weil Noroo essen muss. Das ist aber leider alles was ich dir momentan sagen kann, Marinette, es tut mir leid. Für mehr muss ich mich mit Plagg beraten.“ Marinette nickte. Das waren mehr Informationen als sie je gehabt – oder sich selbst zusammen gereimt – hatte. Tikki flog vor ihr Gesicht. „Marinette, ich weiß, du willst deine Identität vor Chat geheim halten, aber ich muss wirklich mit Plagg reden.“ „Vielleicht können wir uns irgendwo in einem dunklen Raum treffen und die Transformation auflösen.“, schlug sie halbherzig vor, während ihr Gehirn bereits an einer möglichen Lösung ihres Problems arbeitete. „Marinette, vertraust du mir?“, fragte Tikki. „Natürlich.“, sagte Marinette. Überrascht von der Frage ihres Kwaami, obwohl die Antwort doch so offensichtlich war. Tikki holte tief Luft. Ihr Gesicht war ein einziger Ausdruck von Unbehagen und Schuldgefühlen „Es tut mir leid, aber ich muss etwas machen, dass ich vor langer Zeit geschworen habe, nie wieder zu tun.“ Kapitel 16: Lullaby ------------------- Marinette brach ihr Kreuzverhör an dieser Stelle ab. Tikkis Gesichtsausdruck verriet genug über ihren inneren Gefühlsaufruhr, um aufzuhören nachzubohren. Schweigend legte sie sanft beide Hände um ihren Kwaami und hob sie hoch, bis sie ihre Stirn gegen die des kleinen magischen Geschöpfes legen konnte. Tikki sah sie dankbar, aus ihren großen blauen Augen, an, in denen noch immer die Verzweiflung stand. Marinette wollte fragen, was genau sie tun wollte, was genau konnte so schlimm sein, dass sie sich geschworen hatte, es nie wieder zu tun? Doch sie wollte kein Salz in offene Wunden reiben, besonders nicht, wenn es – was auch immer es war, das Tikki vor hatte – sie auch nach langer Zeit noch immer so mitnahm. „Es ist alles ok Tikki.“, flüsterte sie. „Ich vertraue dir.“ Tikki sah sie aus weit aufgerissenen Augen an und dann flossen die Tränen über ihre Wangen. Marinette konnte nichts weiter tun, als sie schützend in ihrer Hand zu bergen. Auch Kwaamis waren nicht perfekt, wurde ihr in diesem Moment bewusst. Sie mochten in der Lage sein einem Menschen die Kraft eines Gottes zu verleihen, doch auch sie waren nicht perfekt. Sie konnten in die falschen Hände fallen – wie Hawkmoth bewies – sie waren nicht allwissend und sie hatten genau so Emotionen wie sie auch. Sie konnte sich vermutlich nicht einmal im Geringsten vorstellen, was Tikki alles miterlebt hatte. Was ihre Schützlinge alles miterlebt hatten. Den Vesuv? Vielleicht den Stadtbrand in Rom? Die Französische Revolution? Den Boxeraufstand im Kaiserpalast? Wie Hannibal über die Alpen zog? Die Weltkriege? Die Hexenverbrennungen? Vielleicht waren Ladybug und Chat Noir selbst auch für Hexen gehalten worden und auf dem Scheiterhaufen gelandet? Bei der Vorstellung überzog sie ein Schauder. In wie vielen historischen Ereignissen hatten sie ihre Finger im Spiel gehabt? Vor ihrem inneren Auge lief eine bedeutende historische Szene nach der anderen ab. Welche anderen Legenden, Mythen, Märchen was-auch-immer, waren unsichtbar im Hintergrund von Kwaamis beeinflusst worden? Robin Hood? Karl der Große? Troja? König Arthur und die Ritter der Tafelrunde? „Tut mir leid, Marinette, ich glaube ich brauche eine Minute.“, murmelte Tikki leise und Marinette nickte verständnisvoll, bevor sie den Kwaami liebevoll auf dem Kissen absetzte, dass sie für sie zu einem kleinen Bett umgestaltet hatte. Sie verstand, dass Tikki nicht wollte, dass sie Zeuge ihrer Schwäche wurde, also stand sie leise auf, um ihrer Freundin den Raum zu geben den sie brauchte, um sich wieder sammeln zu können und stieg die Leiter hinab in ihr Zimmer. Ihre Eltern waren schon schlafen gegangen – wenn man um drei Uhr morgens aufstehen musste, um den Teig für die ersten Baguettes des Tages zu machen, dann ging man auch früher schlafen - und sie schlüpfte geräuschlos hinab in die Küche um die Tinktur für Chat zu machen, die sie sich zuvor aus den Zutaten ihre Mutter gemerkt hatte. Langsam zog sie die Schubladen im Medizinschränkchen ihrer Mutter auf und suchte sich die Kräuter zusammen, bevor sie sie in den Mörser gab und so leise sie konnte begann die Blätter zu zerreiben und zu zerstoßen. Ihre Mutter hatte schon ihr Leben lang darauf bestanden Marinette mit Traditioneller Chinesischer Medizin zu behandeln und Marinette war der festen Überzeugung, dass es einer der Gründe war, warum sie praktisch nie krank wurde. Ihr Vater hatte sich jahrelang strikt geweigert die – zumeist übel riechenden – Gebräue seiner Frau einzunehmen wenn er krank war, bis eine besonders hartnäckige Grippe ihn mehr als zwei Wochen ans Bett gefesselt hatte und Marinette und ihre Mutter ihm schließlich gemeinsam das eingeflößt hatten, was ihre Mutter als „Chinesische Aspirin“ bezeichnete. Cola, die mit kleingeschnittenem Ingwer zwei Stunden lang geköchelt wurde. Das daraus entstehende Gebräu war dickflüssig genug um damit Wände tapezieren zu können, doch Marinette wusste aus eigener Erfahrung, dass es wahr Wunder wirken konnte. Außerdem machte ihre Mutter eine ganz fantastische Hühnersuppe – deren Zutaten mindestens zur Hälfte aus Chinesischer Medizin bestanden – und die Marinette schon öfters Klassenkameraden vorbei gebracht hatte, wenn sie mit der Grippe ans Bett gefesselt waren. Ausnahmslos jeder ihrer Klassenkameraden hatte sie danach nach dem Rezept gefragt. Marinette wusste also schon einiges auf dem Gebiet der Traditionellen Chinesischen Medizin und sie hatte sich aus Interesse auch schon viel mit heimischen europäischen Heilkräutern und alternativer Medizin auseinander gesetzt, was einer der Gründe dafür war, dass es für sie selbst jetzt im halbdunkeln keinerlei Problem darstellte, die richtigen Kräuter und Blüten an Geruch und Textur zu erkennen und in den Mörser zu werfen. Wenn man Chinesische Medizin selber aufkochen wollte mussten sehr genaue Anweisungen befolgt werden und sie war sich nicht sicher, ob sie Chat das antun wollte in seinem momentanen Zustand, also entschied sie sich dazu eine Kräutertinktur zu machen und füllte die halb zerriebenen Kräuter in ein altes Marmeladenglas, bevor sie vorsichtig wieder in ihr Zimmer zurück schlich und eine halbleere Wodka Flasche aus der untersten Schublade ihres Schreibtischs zog, die Alya einmal dagelassen hatte. Marinette hatte die Flasche seitdem nicht mehr angerührt. Seit dieser einen verhängnisvollen Migräne am nächsten Morgen wusste sie, dass Alkohol selbst in den geringsten Mengen nicht ihr Ding war. Für die Tinktur jedoch, war es genau das, was sie brauchte. Sie übergoss ihre Kräutermischung großzügig bevor sie dir Flasche wieder sicher vor den observierenden Blicken ihrer Mutter verbarg und das kleine Marmeladenglas mit der Tinktur verschloss. Bei der nächsten Gelegenheit würde sie es Chat mitbringen. Doch jetzt gab es drängenderes als das. Sie stellte das Glas auf ihrem Schreibtisch ab und stieg langsam wieder die Treppe zu ihrem Bett hinauf. Tikki saß in der Mitte ihres kleinen Bettchens und sah unheimlich klein und verletzlich aus. Sie sah verloren aus. Und in diesem Moment beschloss Marinette, dass es an ihr war, für Tikki stark zu sein. Ihr Kwaami hatte sie in allem unterstützt, in jeder ihrer kleinen und großen Krisen, war immer für sie da gewesen, in und außerhalb des Kostüms und jetzt brauchte sie seelischen Beistand und Marinette würde ihn ihr geben. Vorsichtig streckte sie Tikki die Hand entgegen und das kleine, magische Wesen sah sie aus großen Augen an, bevor sie langsam in ihre Hand flog und zuließ, dass Marinette sie einfach nur an ihrer Brust barg. Einmal musste sie nicht stark sein und sie sog die Geborgenheit auf, die Marinette ihr vermittelte. Sie hatte viele Ladybugs und Chat Noirs kennen gelernt. Sie hatte sie kommen und gehen sehen, sie hatte ihr Glück und ihr Leid geteilt. Und mit jeder unglücklichen Wendung, die ein Schicksal nahm wurde auch sie beeinflusst. Doch sie musste stark bleiben, sie musste weiter machen und einer neuen Ladybug in die Augen blicken, wohl wissend, dass sie dasselbe Schicksal teilen konnte wie ihre Vorgängerin. Diesmal musste sie nicht stark bleiben. Und obwohl sie spüren konnte, dass es auch Marinette stark mitgenommen hatte, was sie ihr zuvor erzählt hatte, so versuchte diese unglaubliche Mädchen doch für sie stark zu sein, damit sie sich einmal bei jemand anderem geborgen fühlen konnte. Also ließ Tikki zu, dass ihr Schützling diesmal sie beschützte, indem sie sie einfach nur hielt und sie trauern ließ, obwohl sie nicht wusste, was ihre Trauer ausgelöst hatte. Und es war genau diese Stärke, die Tikki schließlich dazu brachte ihre Stimme wieder zu erheben. Nicht um zu sprechen, wie Marinette erwartet hatte, als sie das tiefe Luftholen ihres Kwaamis vernahm, sondern um mit klarer Stimme zu singen. Das Lied war alt, sie konnte es spüren, daran wie es in ihr wieder hallte und ihre Knochen zum Vibrieren brachte. Es waren Wörter die sie erfüllten, obwohl sie die alte Sprache in der es geschrieben war nicht verstand. Doch ihre Bedeutung war klar und Marinette hörte sich selbst leise in das Schlaflied einstimmen. „Evening rise, spirit comes…. Sun goes down when the day is done… Mother earth, awakens me… With the heartbeat of the sea.” Das Lied erfüllte sie mit Ruhe und dem Gefühl eines Sonnenuntergangs, es verband sie mit der Natur und der Welt. Sie sang weiter, als Tikki einschlief und sich zusammen rollte. Sie summte weiter, als ihr selbst die Augen zufielen und sie in den Schlaf abdriftete und von Sonnenuntergängen und weiten, unberührten Ebenen träumte. In dieser Nacht schlief Tikki in der Umarmung ihres Schützlings geborgen, tief und beschützt, mit dem Klang eines längst vergessenen Schlaflieds in ihren Träumen Kapitel 17: Lady Godiva ----------------------- Sie erwachte davon, dass ihr ein Schauer über den Rücken lief. Es war ein Schauer wie er einem über den Rücken lief wenn jemand einem lange genug in den Nacken starrte. Und sie hatte auch schon eine ungute Vorahnung, was genau diesen Schauer nun ausgelöst hatte. Ihre Vermutung bestätigte sich als sie im selben Moment wie Tikki ihre Augen aufschlug. Der kleine rote Kwaami lag noch immer zusammengerollt auf ihrer Handfläche und einen Moment lang sahen sie sich nur an. „Wie stark?“, fragte Marinette. „Mittel.“, sagte Tikki. „Wie böse?“, fragte Marinette. “Sie scheint… fokussiert?” “Willst du noch etwas essen?” Tikki warf sich wortlos den Rest ihres Kekses in den Mund während Marinette ihre – immer in Reichweite aufbewahrte – Handtasche ergriff und ein paar Kekse hinein steckte. „Fertig.“, verkündete Tikki. „Tikki, spots on!“ Die Transformation erfolgte sofort und wenn es irgendwie möglich war, dann hätte Marinette geschworen, dass sie sich Tikki dabei noch näher fühlte als je zuvor. Natürlich fühlte sie sich ihrem Kwaami immer nah, wenn sie transformiert war, immerhin verschmolzen sie geradezu zu einem Wesen und konnten sogar die Emotionen des anderen auffangen, doch nachdem sie Tikki zum ersten Mal Schwäche hatte zeigen sehen, fühlte sie sich noch tiefer mit ihr verbunden als zuvor. Sie hatten schon viel zusammen überstanden, auch, wenn sie noch längst nicht am Ende ihrer Reise angekommen waren. Sie schnappte sich die Tinktur, die sie für Chat gemischt hatte und machte sich auf den Weg. Der Akuma war nicht schwer zu finden. Sie hatte zwar weder eine Schneise der Verwüstung hinter sich her gezogen, noch kreischte sie wild durch die Gegend wie die meisten anderen Akumas, doch dafür gab es genug ihrer Opfer, die peinlich berührt versuchten ihre Blöße zu verbergen. „Bitte nicht!“, stöhnte sie, als sie auf der Kante eines Hauses hocken blieb und die Situation in Augenschein nahm. Es war hast fünf Uhr Morgens, und die eifrigen Clubgänger die sich nach der letzten Attacke nicht zurück nach Hause begeben hatten waren nun doch in den Genuss eines etwas anderen Endes gekommen als sie sich das vermutlich vorgestellt hatten. Überall liefen verwirrte Pariser durch die Gegend die vergeblich versuchten ihre Scham hinter langen Haaren, Zeitungen, Händen – kurz, allem was auch nur entfernt dazu geeignet war etwas dahinter zu verbergen – eingeschlossen Mülleimer und in einem Fall sogar ein Fächer und ein herunter gerissenes Exit Schild, zu verstecken suchten. „Was ist es denn diesmal?“, murmelte Ladybug, als sie – mitten im Getümmel, wie könnte es anders sein? – Alya entdeckte. Die angehende Reporterin hatte ihr Problem so pragmatisch gelöst wie sie alles löste und sich einen breiten Schal wie eine Tunika um den Leib geschlungen, das Handy noch immer im Anschlag, während sie die Straße hinunter lief – entgegen der allgemeinen Laufrichtung der flüchtenden Menge. Damit hatte sich auch die Frage nach dem Aufenthaltsort des Akuma geklärt. Ladybug seufzte, bevor sie ihr Yo-Yo an einem Kamin befestigte und ihr hinterher schwang. „Habe ich dir nicht gesagt, dass du vorsichtiger sein sollst?“, sagte sie und pflückte ihre Freundin kurzerhand von der Straße. „Du bist vorhin erst verletzt worden!“, fuhr sie sie an. „Ich bin die Reporterin des Ladyblogs, ich habe vor nichts Angst!“, ließ sich Alya entrüstet vernehmen. „Darum geht es nicht!“, schnappte Ladybug unwirsch zurück. „Eine gute Story ist es nicht wert, dass du verletzt wirst!“ „Du passt doch auf!“, erwiderte Alya genauso zornig. „Ich konnte Chat nicht beschützen, Alya!“ Sie schrie schon fast. „Er ist verletzt worden! Du bist verletzt worden! Mein Lucky Charm kann nicht alles heilen und ich kann es nicht hinnehmen, dass du unter Umständen verletzt werden könntest, weil ich nicht schnell genug bin!“ Alya blickte sie entsetzt an und Marinette realisierte, dass sie gerade alle Illusionen ihrer besten Freundin zum Einstürzen gebracht hatte. „Alya... Wir tun das, Chat und ich werden verletzt, um Euch zu beschützen. Wir… das ist unser Job. Verletzt zu werden, damit euch nichts passiert.“, versuchte sie die Scherben zusammen zu fegen. „Du siehst doch, wie viel Kollateralschaden bei den Akuma Attacken entsteht. Menschen lassen sich nicht wie Gebäude reparieren. Du bist schon mehr als einmal im Kreuzfeuer gefangen gewesen. Bitte lass nicht zu, dass du einer dieser Kollateralschäden wirst Alya. Bitte nicht.“, sagte sie mit aller Aufrichtigkeit in der Stimme. „Aber ihr verdient es, dass Paris sieht, was ihr für uns tut!“, sagte Alya wie ein schmollendes Kind. „Alya, was du tust ist absolut ehrenhaft. Ich verlange auch nicht, dass du damit aufhörst. Aber ich bitte dich, tu es aus sicherer Entfernung!“ Alya sah sie lange an, bevor sie langsam nickte. „Danke.“, sagte Ladybug aus tiefstem Herzen, bevor sie sich umdrehte und an den Rand des Daches trat. „Von hier aus solltest du einen guten Winkel auf alles haben.“, sagte sie über die Schulter und sprang. Eines musste sie Lady Godiva lassen, als sie das nächste Mal in eine Hauswand krachte. Die nackte Dame hatte im Gegensatz zu ihr ein paar Judo Stunden genommen. Sie stöhnte und wich einer Berührung der langen wallenden Haare ihrer Ladyschaft im letzten Moment aus. „Es ist das gute Recht jeder Frau, einen Annährungsversuch zurück zu weisen!“, weinte sie. „Ein Nein bedeutet Nein!“ Sie duckte sich unter einem neuen Schwung blonder Locken hindurch. „Es wird Zeit, dass Männer die Rechte der Frau akzeptieren. Unsere Gesellschaft braucht absolute Gleichberechtigung! Wenn es Männern erlaubt ist mit ihrer Sexualität absolut offen umzugehen, dann sollte das auch Frauen erlaubt sein!“ „Indem du dich ausziehst?“, fragte Ladybug. „Wie kann es sein, dass Männer mit ihren Eroberungen prahlen können und Frauen sofort als Schlampe abgestempelt werden?“, heulte Lady Godiva weiter. „hast du ihn denn jetzt abgewiesen?“, rief Ladybug. Sie brauchte eine Ablenkung. „Hier geht es ums Prinzip!“, ereiferte sich der Akuma. „Gleichberechtigung in allem Aspekten! Vor dem Gesetz und auf der Arbeit, in der Ehe und dem zivilen Leben, der Gesellschaft und der Sexualität! Das ist kein Feminismus, hier geht es um Gleichberechtigung! Ums Prinzip!“ „Du widerholst dich!“, unterbrach Ladybug sie. „Weil es ja keiner zu verstehen scheint!“, schnappte Lady Godiva. „Weil Frauen heute nicht mit dem Respekt behandelt werden, der ihnen zusteht! Es gibt keine Gent5lemen mehr in dieser Welt!“, heulte sie. „Kannst du dich mal entscheiden, was dein Problem ist? Du willst gleichberechtigt sein, aber trotzdem einen Gentleman? Wie erwartest du gleichzeitig die Rechnung zu bezahlen, wenn du erwartest, dass er dich einladen soll?“, grollte Ladybug. Lady Godiva schien diese Antwort nicht zu gefallen, denn sie sandte mit einem wütenden Schrei ihre Haare wieder nach ihr aus. Ladybug rettete sich mit einem Hechtsprung in eine Seitengasse – und kollidierte mit etwas. „Es freut mich immer, wenn du dich in meine Arme wirfst, my Lady.“, sagte eine sanfte Stimme und sie fand sich unversehens in den Armen ihres Partners wieder. „Chat!“ Sie war so froh ihn zu sehen, dass sie sogar seinen Witz überging. „Geht es dir gut? Hast du das Gift von dem Biss aus deinem Körper bekommen?“ „Keine Sorge, My Lady. Medusa hatte keinen Grund um gleich bissig zu werden.“, sagte er, doch seine Stimme klang nicht so verspielt wie sonst. Sie klang trocken und erschöpft. „Verzeih mir die Verspätung, My Lady. Was habe ich verpasst?“, fragte er. „Nicht viel, sie ein paar Leute erwischt und ergeht sich in Selbstgesprächen über Frauenrechte. In widersprüchlichen Selbstgesprächen, sollte ich sagen. Wenn ihre Haare dich berühren … findest du dich anschließend genau so leicht bekleidet wieder wie sie. Das befallene Objekt sollte ihre Haarspange sein.“, fasste sie zusammen. „RUNTER!“ Sie riss ihn mit sich zu Boden und die Haare erwischten eine Mülltonne. „Schon einen Plan, My Lady?“, sagte Chat als er sich geschmeidig wieder auf die Füße rollte, doch sie bemerkte die Unsicherheit mit der er das tat. Er war noch nicht wieder vollkommen hergestellt, genau so wenig wie sie selbst. Sie mussten dies anders lösen, wenn sie den Akuma bekämpften würden sie den Kürzeren ziehen, wurde ihr mit einem mal klar. Sie brauchten einen anderen Weg. „Eine Ablenkung. Wenn sie über Frauenrechte diskutieren will, dann lass uns das Podium eröffnen.“, flüsterte sie. „Hey Godiva!“, rief sie und rannte aus der Gasse. „Es ist Lady Godiva, Ladybug!“, rief der Akuma wütend und peitschte ihre Haare hinter ihr her. „Ich habe einen Gentleman für dich gefunden!“, rief Ladybug und kam schlitternd zum Stehen. Chat verbeugte sich auf der anderen Straßenseite galant. „Aber ich habe da noch ein paar Fragen bezüglich deiner Einstellung zu Frauenrechten!“, schwatzte sie munter weiter. Wenn die einzige Möglichkeit aus diesem Kampf hinaus zu kommen war, dem Akuma ein Ohr abzukauen über Frauenrechte, dann würd sie das eben tun. Und Chat konnte sowieso Leute zu Tode nerven. Sie konnte es Chat nicht antun in seinem Zustand kämpfen zu müssen und auch ihre Schulter schmerzte noch. „Also, ich bin ganz klar pro Gleichberechtigung!“, fing sie an. „Ich meine, sieh mich und Chat Noir an! Wir sind ein Team, wir sind gleichberechtigt, jeder tut seinen Part, aber…“, sie tippte sich überlegend ans Kinn „Chat ist so ein Gentleman, er will mich immer beschützen und wird deshalb häufig selber verletzt. Ich meine, bei wirklicher Gleichberechtigung, habe ich dann nicht auch ein Recht darauf, verletzt zu werden?“ Chat starrte sie verdutzt an, damit hatte er wohl nicht gerechnet, und setzte zu seiner Verteidigung an. „Aber My Lady, was wäre ich für ein Gentleman, wenn ich zulassen würde, dass du verletzt wirst?“ „Aber wie können wir gleichberechtigt sein, wenn du mir nicht zutraust, auch einen für das Team nehmen zu können.“, hielt sie dagegen. „Also ist es falsch von mir, ein Gentleman sein zu wollen?“ „Lady Godiva, kannst du es ihm nicht bitte erklären?“, wandte sich Ladybug an den Akuma. Das Mädchen im Adamskostüm mit den wallenden blonden Haaren drehte sich zu Chat um und hob erklärend die Hände. „Siehst du, das Fundament einer guten Partnerschaft ist absolute Gleichberechtigung unter Bewahrung der Werte. Das Bedeutet, es muss ihr genauso wie dir erlaubt sein verletzt zu werden. Nun, ich verstehe, wenn du dich dann fragst, wie du noch ein Gentleman sein sollst, aber die Antwort ist tatsächlich ziemlich simpel.“ Ladybug tänzelte hinter ihrem Rücken näher an sie heran und streckte die Hand nach der befallenen Haarspange in ihren Haaren aus. „Es geht darum, die wichtigen Werte der Gesellschaft zu wahren, also, dass du zwar anbietest an ihrer Stelle verletzt zu werden, es aber akzeptierst, wenn sie es vorzieht ihren Mann zu stehen.“ Ihre Finger waren nur noch Zentimeter von der Spange entfernt. Chats Augen zuckten vom Gesicht des Akuma zu ihren Fingern – und der Akuma wirbelte zu ihr herum. Es erforderte eine gewagte Akrobatikübung von ihr um sich wieder in Sicherheit und aus ihrer Reichweite heraus zu bewegen. „Was jetzt?“, fragte Chat, als sie neben ihm zum Stehen kam. „Lucky Charm!“, rief sie und warf ihr Yo-Yo in die Höhe. „Eine Kopie des Code Civile?“, fragte sie, als ihr die schwere Marmorplatte in die Hände fiel. „Willst du ihr ihre Recht vorlesen?“, fragte Chat und wehrte eine Welle an Haaren ab als wäre es ein Baseball. „Nein,“, flüsterte Ladybug, der mit einem Mal die Erleuchtung kam. Sie wich einer Strähne Haare aus und drehte sich dabei elegant hinter seinen Rücken - „Spliss hat sie auch noch.“, kommentierte Chat – und schleuderte dem Akuma mit aller Kraft ihren Lucky Charm entgegen. „Ich hab hier ein bisschen schwere Lektüre für dich!“ Die Berührung der Haare war so leicht und weich auf ihrem Handrücken, dass sie es beinahe nicht gespürt hätte. Ihre Hände legten sich auf Chats Schultern und er konnte spüren, wie sich ihr Körper an seinen presste, ihr Gesicht zwischen seinen Schultern begraben. „Chat.“, flüsterte sie, ihre Stimme leicht gedämpft. „Beweg dich nicht!“ Ihr Griff um seine Schultern wurde fester. „Sie hat mich erwischt.“ Kapitel 18: Lady Godiva II -------------------------- Sie hätte vor Scham im Boden versinken können. Der Akuma hatte sie erwischt und jetzt stand sie mit nichts als ihrer Maske, ihren Ohrringen, dem Yo-Yo und der Röte auf ihren Wangen bekleidet hinter ihrem Partner und sandte Stoßgebete an Gott, Buddha und jede andere spirituelle Gottheit die möglicherweise gerade Dienst haben könnte, dass keine Nacktaufnahmen von ihr auf dem Ladyblog landen würden und Chats Körper genug von ihr verdeckte. Ihr Partner war unter ihren Fingerspitzen, die sich fest in seine Schultern gruben, zu einer Salzsäule erstarrt und wagte es nicht, sich zu bewegen. Sie hatte ihr Gesicht an seinem Nacken vergraben und versuchte genug Mut zusammen zu kratzen, um ihren Griff um ihn zu lockern und ihn seinen Job machen zu lassen. Sie konnten nicht hier stehen bleiben und sich dem Akuma wie auf dem Präsentierteller zeigen. „My Lady…“, sie konnte förmlich in seiner Stimme hören, wie rot sein Wangen glühen mussten. Nun, zumindest würde er jetzt nicht mehr blass und kränklich aussehen wie noch zu Beginn des Kampfes. „My Lady, was soll ich tun?“ Sie hätte ihn küssen können. Chat ihr Engel, ihr Retter, ihr Ritter in strahlender Rüstung. Noch nie hatte sie sich so sehr wie eine Jungfrau in Nöten gefühlt. Sie konnte sich immer absolut auf ihn verlassen, er würde sie immer retten, egal ob als Ladybug oder als Marinette. „Ist sie abgelenkt?“, fragte sie, ohne sich zu trauen, sich selber zu bewegen. Chat reckte den Hals, um einen besseren Blick auf den Akuma in ihrem Wust aus Haaren zu bekommen, während er gleichzeitig versuchte seinen Körper nicht zu bewegen, gegen den sich Ladybug immer noch presste. „Godiva greift glaube ich gerade unsere Konstitution an.“, observierte er, während der Akuma sich darüber ereiferte, wie Frauenverachtend und diskriminierend der Code Napoleon war. „Ich dachte, der Code Civile war so fortschrittlich für seine Zeit.“, murmelte Chat. „Sie regt sich darüber auf, dass der Code Civile Frauen verbietet Hosen zu tragen.“, erklärte Ladybug, die vorsichtig über seine Schulter lugte. „Und das ist nie revidiert worden. Theoretisch könntest du auch heute noch jede Frau in Frankreich anklagen, die eine Hose trägt.“ „Das ist lächerlich.“, stellte er fest. „Dann sind wir uns ja alle einer Meinung.“ Der Akuma führte Selbstgespräche darüber, doch eine Unterschriftenaktion ins Leben zu rufen, um das Gesetz ändern zu lassen, in den Händen noch immer die schwere marmorne Version des Code Napoleon. „Aber zumindest ist sie abgelenkt. Glaubst du, du kannst ihr die Spange vom Kopf stoßen?“, fragte sie und Chat war sich ihres Körpers, dicht an seinen gedrückt, viel zu bewusst. „J-ja klar.“, stotterte er, während ihm die Röte in die Wangen schoss und er krampfhaft versuchte sich nicht mehr als nötig zu bewegen. Sein Stab fuhr sich aus und traf die Spange an der Kante. Der filigrane Gegenstand wurde dem Akuma vom Kopf geschleudert und stieg in die Höhe, Lady Godiva schrie und sprang, streckte die Hand nach der Spange aus, doch Ladybug war schneller. Die Schnur ihres Yo-Yos wickelte sich darum und schnappte es dem Akuma in letzter Sekunde davon. Sie fing es geschickt auf und warf es zu Boden, Chat trat darauf und der schwarze Schmetterling versuchte zu entkommen, doch es war zwecklos, ihre Hand stützte sich fester auf seine Schulter, als sie sich nach vorne beugte, um den Schmetterling in ihrem Yo-Yo zu fangen und ihr Körper presste sich dichter gegen seinen. „Hab ich dich!“, ihr Atem strich über sein Ohr und er zuckte unmerklich zusammen. „Bye bye kleiner Schmetterling!“ Der reine, weiße Schmetterling flatterte in die Nacht davon und Chat nutzte die Gelegenheit, um dem abgelenkten Akuma den Lucky Charm aus der Hand zu schlagen und aufzufangen, bevor er ihn seiner Lady reichte. „My Lady, als vollkommen gleichberechtigter Teil dieses Teams, würdest du bitte?“, schmunzelte er. „Oh, danke chaton. Miraculous Ladybug!“ Und innerhalb von Sekunden wurde Paris von einem Wirbel aus gleißendem roten Licht erfasst und zum dritten Mal in dieser Nacht wurden Schäden repariert, entblößte Gliedmaßen verhüllt und Paris wieder in seinen Urzustand zurück versetzt. „Bien Joue.“, sagte Ladybug als sie neben ihn trat und ihm die Faust zu ihrem traditionellen Fistbump anbot. Chat Noir schielte einen Moment lang vorsichtig aus dem Augenwinkel zu ihr hinüber, bemerkte, dass sie wieder bekleidet war und ließ sichtbar die Anspannung aus seinem Körper weichen, bevor er ihr Angebot annahm und einschlug. „Geht es dir gut?“, fragte sie mit gesenkter Stimme. Jetzt, da die Anspannung der Attacke von ihren Nerven abfiel fühlte auch sie sich wieder erschöpft. „Haben sie das Gift aus deinem Körper bekommen?“ Chat schenkte ihr ein schiefes, erschöpftes Lächeln. „Sie hatte keinen Grund gleich bissig zu werden.“ Zu seiner Überraschung verdrehte sie nicht die Augen nur um seinen Witz danach mit einem Schulterzucken abzutun, wie sie es sonst so häufig tat, sondern trat einen Schritt auf ihn zu und schlang beide Arme fest am seine Mitte. „Mach sowas nicht noch einmal, Chat.“, flüsterte sie. Er war so überrascht, dass er erstarrte. Er dachte nicht einmal daran, die Arme um die schmale Figur des Mädchens zu legen, dass sich gerade an ihn drückte. Zum zweiten Mal in dieser Nacht, wenn auch aus einem ganz anderen Grund. „Hier.“, sagte sie, als sie sich von ihm löste und es war ein purer Reflex, dass er entgegen nahm, was sie ihm entgegen hielt. Es war ein Marmeladenglas mit einer seltsamen Flüssigkeit darin, wie er auf den zweiten Blick feststellte. Er wollte fragen, was es war, doch sie kam seiner Frage mit ihrer Erklärung zuvor. „Es ist eine Tinktur, sie hilft gegen Gifte.“, sie zuckte unsicher die Schultern. „Geh nach Hause, ruh dich aus, Chat. Ich kümmere mich um den Rest hier.“ Es zeugte davon, wie angeschlagen er wirklich sein musste, dass er ihrer Bitte nachkam ohne ihr zu wiedersprechen. Er hatte sein Cataclysm nicht benutzt, was bedeutete, dass seine Transformierung sich noch nicht abgenutzt hatte, während ihre Ohrringe bereits kurz davor standen ihr zweites Piepen von sich zu geben. Sie sah ihm einen Moment lang nach als er über den Dächern ihrer geliebten Stadt verschwand und wandte sich dann dem Akuma zu. Lady Godiva hatte sich zurück verwandelt in ein desorientiertes Mädchen ihres Alters, dass gerade verzweifelt versuchte wieder auf ihre zittrigen Beine zu kommen. Sie hatte anscheinend gerade mit ihrem Freund streit gehabt, der aus einem chauvinistischen Haushalt kam. Ladybug riet ihr, sich einen neuen Freund zu suchen, der sie gleichberechtigt behandeln würde und beim nächsten Mal zu versuchen, erst mit ihrem Freund über das Problem zu reden, bevor sie die ganze Stadt attackierte. Das Mädchen entschuldigte sich tausend Mal, bevor sie langsam den Nachhauseweg antrat und dabei bemerkte, dass sie jetzt dringend eine Mädelsnacht bräuchte. Ladybug schüttelte den Kopf und schwang sich auf das Dach, auf dem sie ihre beste Freundin zurück gelassen hatte. Alya tippte bereits erbarmungslos auf ihrem Handy herum – mit Sicherheit würde sie den neuesten Bericht auf dem Ladyblog lesen können, sobald sie zu Hause ankam – und wandte sich Ladybug zu, kaum, dass sie sie auf dem Dach landen hörte. „Ladybug, was hat es mit drei Akuma Attacken in einer Nacht auf sich? War Lady Godiva schwer zu besiegen? Das Bild war vorhin schwer zu erkennen in der Dunkelheit, hat sie auch dich erwischt?“ Bei dieser Frage schoss Ladybug die Röte in die Wangen und sie räusperte sich etwas übertrieben, bevor sie anfing Alyas Fragen zu beantworten. „Wir wissen nicht, nach welchem Muster Hawk Moth seine Akuma auswählt oder losschickt. Bei Lady Godiva handelt es sich wie bei allen anderen Akuma auch um ein Opfer, das wichtigste ist, dass Chat und ich immer zur Stelle sein werden, um zu bekämpfen was auch immer Hawk Moth uns entgegen schleudert.“, antwortete sie. „Bitte keine weiteren Fragen mehr.“ Ihr Ohrring piepte und ließ nur einen einzelnen schwarzen Punkt auf rotem Grund zurück. Sie brachte Alya zurück auf sicheren Grund bevor sie so schnell wie es ihr möglich war davon schwang. Kapitel 19: Monday Morning -------------------------- Monday Morning Ladybug fiel mehr durch die Dachluke in Marinettes Zimmer, als dass sie sich elegant hernieder gelassen hätte. Sie kam mit einem dumpfen Geräusch auf der Matratze auf, die sie federnd wieder in eine sitzende Position zurück warf, doch sie ließ sich sogleich grunzend mit dem Kopf in ihr Kissen fallen. Tikki löste sich aus ihren Ohrringen und landete erschöpft neben ihr. „Wenn Hawk Moth es wagt heute Nacht noch einen Akuma zu schicken, dann spüre ich ihn höchst persönlich noch heute Nacht auf, um ihn zur Strecke zu bringen!“, grummelte sie und entlockte Tikki damit ein müdes Kichern. Der kleine Kwaami hatte sich mittlerweile zu dem Teller mit Keksen auf dem Nachttisch geschleppt und hing halb über der Kante, mit dem ersten Keks bereits im Mund. „Ich weiß, wie du reagierst, wenn du übermüdest bist.“, schmatzte sie. „Vermutlich wäre das der beste Plan, um ihn zur Strecke zu bringen.“ Der erste Keks war vernichtet. „Scherz beiseite.“, murmelte Marinette, dem Halbschlaf bereits gefährlich nahe. „Wenn Hawk Moth jetzt noch einen Akuma schickt, dann weiß ich nicht, ob ich ihn besiegen kann. Ich bin erschöpft, und verletzt, auch wenn es Chat vermutlich noch schlechter geht, du und Plagg müsst auch beide erledigt sein. Tikki, ich weiß nicht, wie lange ich das noch mitmachen kann.“, verlieh sie endlich ihrer größten Sorge Ausdruck. Tikki mampfte unbeeindruckt ihrem fünften Keks. „Wenn wir so angeschlagen sind, Marinette, dann kann es Nooroo auch nicht besser gehen.“, sagte sie und krümelte dabei Marinettes Kissen voll. „Was meinst du?“, fragte ihr Schützling, die mit ihren wenigen noch wachen Gehirnzellen registriert hatte, was ihr Kwaami gerade tat und träge mit einer Hand die Krümel von ihrem Bett auf den Boden fegte. „Da Nooroos Fähigkeiten in vielen ihrer Eigenarten der meinen und Plaggs sehr ähnlich sind-“ Ein weiterer Keks sah sich seinem Untergang geweiht. „-muss auch er nicht nur nach der Nutzung seiner Fähigkeiten Nahrung zu sich nehmen-“ Der siebte Keks musste sich seinem Schicksal fügen. „und nachdem er das drei Mal in einer Nacht tun musste, muss auch er sehr erschöpft sein. Er ist als Schmetterlingskwaami ohnehin von Natur aus eher… fragil? Ich bin mir sicher, er ist mindestens genauso ermüdet wie wir. Hinzu kommt, dass die Akuma natürlich schon einige Zeit bevor wir überhaupt auf den Plan treten erschaffen werden und von seinen Kräften zehren. Er muss also im Verhältnis zu uns mehr Kraft verbraucht haben. Außerdem gilt für Hawk Moth ebenso wie für dich und Chat Noir, dass er diese Nacht nicht viel Schlaf bekommen hat. Ich kann mir also vorstellen, dass er jetzt auch ins Bett will.“, beendete sie ihre Ausführungen, indem sie sich den achten – und letzten Keks – in seiner ganzen glorreich süßen Gänze in den Mund schob, was sie einen Moment lang aussehen ließ wie einen roten, schwebenden Breitmaulfrosch, bevor sie hörbar schluckte und dann murmelte: „Und jetzt, brauche ich… ein Verdauungsschläfchen.“ Sie segelte sanft wie ein fallendes Blattpapier auf Marinettes Kissen, wo sie leise schnarchend liegen blieb. Marinette folgte ihr nur einen Sekundenbruchteil später ins Reich der Träume, mit dem verwirrenden Gedanken im Kopf, dass sie gar nicht gewusst hatte, dass Kwaamis schnarchen konnten. Als ihr Wecker am nächsten Morgen, mit einem ohrenbetäubenden Klingeln, den Anbruch des Tags ankündigte setzte Marinette ihn noch im Halbschlaf auf die Liste ihrer schlimmsten Feinde, genauer gesagt auf Platz drei, genau hinter Hawk Moth und Chloe , sowie vor Platz vier, dem Garnknäul, das in er Nähmaschine entstehen konnte, wenn die Spannung des Unterfaden nicht stimmte und das einem jede Naht versauen konnte. Sie ließ ihn mit einem perfekten Schlag auf den bereits äußerst malträtierten „Snooze“ Knopf verstummen, der von jahrelanger Übung zeugte und beinahe den Anschein erweckte, als wolle sie das unschuldige Gerät mit nur einem Schlag durch das Brett des Nachtschränkchens jagen. „Ich will nicht!“, jammerte Tikki neben ihr und versuchte sich unter einem Zipfel ihres Kissens zu verkriechen. „Es ist zu hell, es ist zu laut es ist zu früh!“, jammerte der kleine Kwaami und Marinette grunzte ihre Zustimmung in ihr Kissen. Doch sie wusste auch, dass sie einem Klassenbucheintrag wirklich nicht mehr entgehen konnte, wenn sie noch ein weiteres Mal zu spät zum Unterricht kam. Selbst die nachsichtige Madame Bustier konnte dann keine Gnade mehr walten lassen. Also stemmte sie sich müde mit schmerzenden Gliedern aus dem Bett. Was sein musste, musste sein. Es grenzte an ein Wunder, dass sie ihre morgendliche Routine überlebte ohne ernsthaften körperlichen Schaden zu nehmen, doch ihr Vater, der seine geliebte kleine Tochter natürlich in- und auswendig kannte, hatte in weiser Voraussicht bereits vor Jahren Polsterungen an den wichtigsten Stellen ihres Zimmers angebracht. Das beinhaltete gefährliche Ecken, die Treppe zu ihrem Bett, die Dachluke und natürlich auch die Luke in ihr Zimmer, damit sie sich nicht den Kopf stieß. Marinette entschied sich widerwillig die offensichtlichen Spuren ihrer schlechten Nacht unter einer Schucht von Make Up zu verstecken – allmählich bekam sie Übung darin – und die weniger offensichtlichen aber dafür umso mehr spürbaren Spuren ihrer Nacht in einem entsprechenden Outfit zu verhüllen. Als anstrebende Designerin hatte sie davon zumindest genug zur Auswahl. Ihre Mutter entpuppte sich auch an diesem Morgen als ihr ganz persönlicher Engel auf zwei Beinen. Als sie in die Küche hinab stieg hatte ihre Mutter ihr Frühstück bereits vorbereitet und das Ganze um einen Matcha Latte nach ihrem bewährten Geheimrezept ergänzt. Sie hatte die Überlegung angestellt, dass Marinettes Schulter ihr vielleicht eine unruhige Nacht beschert haben könnte. Marinette gab ihr einen Kuss auf die Wange und dachte im Stillen, wenn es doch nur tatsächlich die Schulter gewesen wäre, und nicht Dementoren Verschnitte, ein griechisches Ungeheuer und Frauen mit exhibitionistischen Tendenzen, die die Verfassung ändern wollten. Es wäre schön, wenn ihre Schulter tatsächlich ihr größtes Problem wäre. Dennoch saugte sie jeden Tropfen mütterlicher Liebe in sich auf während sie feststellte, dass Matcha Latte mit einem Schokoladen Croissant ein exzellentes Frühstück abgaben. Ihre Mutter erneuerte ihren Verband, was Marinette ein erleichtertes Stöhnen entlockte, als der lindernde Effekt wenige Minuten später eintrat. Sie war mit ihrer Familie wirklich gesegnet. Nachdem sie ihre Erscheinung vorsichtshalber noch einmal im Spiegel kontrolliert und ihre Schultasche gecheckt hatte, machte sie sich endlich auf den Weg zur Schule, die Tasche dabei schonend nur auf einer Schulter und schaffte es in der Bäckerei sogar neben den Keksen unbemerkt noch ein ganzes Marzipancroissant zu Tikki in ihre kleine Umhängetasche verschwinden zu lassen, während sie ihrem Vater einen Kuss auf die Wange drückte. Wenn ihren Eltern je aufgefallen war, dass ihre Tochter Süßigkeiten in ihre Umhängetasche schmuggelte, dann hatten sie zumindest nie etwas dazu gesagt. „Wo willst du denn hin, liebes?“, fragte ihr Vater, als sie um die Theke herum ging. „Zur Schule.“, sagte sie irritiert und blickte zu ihm zurück. „Du musst wirklich schlecht geschlafen haben.“, murmelte ihr Vater. „Es ist Sonntag.“ Marinette sah ihn einen Moment lang verständnislos an, dann schlug sie sich mit der flachen Hand vor die Stirn. Sie hätte ausschlafen können. Sie hätte sich ausruhen können. Sie hätte sich kurieren können! Scheiß Hawk Moth! Scheiß Akuma! Einen Moment lang spielte sie mit dem Gedanken einfach zurück ins Bett zu gehen, sie mit dem Gesicht nach vorne hinein fallen zu lassen und einfach liegen zu bleiben und den Rest der Welt zu ignorieren, komme, was da wolle. Sollte Hawk Moth doch Akuma schicken, es war ihr egal. Doch ihre Vernunft war stärker als sie. Also stellte sie ihre Schultasche wieder ab, ließ eine friedlich in ihrer Umhängetasche schlafende Tikki daneben zurück und half stattdessen ihrem Vater. Wenn sie schon wach war, dann konnte sie die Zeit auch nutzen. Also verbrachte sie ihren Sonntag mit dem Verkauf von Baguettes und Croissants und dem Frosting von Torten und Cup Cakes. Es war eine Normalität, die sie beruhigte. In letzter Zeit hatte sie davon viel zu wenig gehabt, was ein zwangsläufiger Beieffekt war, wenn man ein Teenage Superheld war, der an einem magischen Yo-Yo durch die Stadt schwang wie Spider Man und akumatisierte Bösewichte fing. Dazu kamen Schule und Design Projekte. Die Normalität der Arbeit in der Bäckerei erdete sie. Sie war beinahe enttäuschte, als ihr Vater nachmittags verkündete, dass es jetzt genug sei und sie lieber etwas Zeit für sich haben sollte, immerhin solle sie sich ja schonen. Doch sie fügte sich und erledigte ein paar Hausaufgaben, bevor sie verträumt an ein paar weiteren Designs herum zeichnete – erst hinterher fiel ihr auf, dass nicht alles was sie gezeichnet hatte Designs waren sondern sich dazwischen auch eine Zeichnung von Chat auf ihrem Balkon (mit einer Keksdose in der Hand) befand. Sie kicherte und weckte Tikki, damit sie sich den Film vom Vorabend zu Ende ansehen konnten. Alles in allem fühlte sie sich, als sie an diesem Abend zu ihrer Patrouille mit Chat aufbrach ausgeruht. Der Katzenjunge wartete bereits auf sie, als sie am vereinbarten Treffpunkt ankam, doch seine Miene hellte sich sofort auf, als er sie erblickte. „Wie immer, My Lady, macht dein Anblick den Tag erst Lebenswert!“, erklärte er mit einer huldvollen Verbeugung. „Spar dir den Atem, Chaton.“, spottete sie und warf ihm stattdessen die Dose mit kleinen Leckereien zu, die sie aus der Bäckerei stibitzt hatte. Er fing die Box begeistert auf und lugte hinein, bevor er ihr ein breites Grinsen zublitzen ließ. „My Lady verwöhnt mich.“, sagte er, während er mit der Nase bereits beinahe in den Blaubeermuffins hing. „Du kannst jede Stärkung gebrauchen.“, murmelte sie mehr zu sich selbst als zu ihm und er war sich sicher, dass ihre Bemerkung nicht dazu bestimmt gewesen war, dass er sie hörte, doch sein feines Katzengehör fing es selbstverständlich auf. Sie wank ab, als er ihr die Box entgegen hielt. Nicht nur, dass er verletzt war und sein Körper die zusätzlichen Kalorien für den Heilungsprozess benötigte, ihr war auch nie zuvor aufgefallen, wie dünn ihr Partner tatsächlich war. Natürlich, er hatte Muskeln, doch abgesehen davon war er schon beinahe dürr. Als bekäme er nicht genug zu Essen. Es sah schon fast ungesund aus. Sie fragte sich woran das lag, doch sie war sich dessen bewusst, dass sie es auf Kosten ihrer Anonymität nie erfahren würde. Sie hasste es, diesen Preis zahlen zu müssen. In diesem Moment spürte sie das zaghafte ziehen in ihrem Hinterkopf, dass ihr vermittelte, dass Tikki ihr etwas mitteilen wollte. Sie hatte es nicht vergessen, auch wenn sie den Moment heraus gezögert hatte. Sie hatte den Widerwillen ihres Kwaami gespürt und hatte ihr so viel Zeit wie möglich geben wollen um sich auf das Folgende vorzubereiten, doch ein fünftausend Jahre altes magisches Wesen brauchte natürlich nicht beschützt werden. Sie wandte sich Chat zu. „Vertraust du mir?“, fragte sie. „Natürlich, My Lady.“, mampfte er zwischen zwei bissen und warf ihr einen Blick zu. Er verschluckte sich jedoch, als er sah wie ernst sie ihn anblickte. „Was ist los?“, fragte er und legte den Muffin aus der Hand. „Mein Kwaami muss etwas tun.“, erklärte sie. „Etwas, dass sie vor langer Zeit einmal geschworen hat nie wieder zu tun.“ Kapitel 20: Sunday Evening -------------------------- „Was hat dein Kwaami vor?“, fragte Chat. „Ich weiß es nicht.“, gestand sie ihm. „Tikki hat mir nur gesagt, dass dafür absolutes Vertrauen nötig ist. Und ich weiß, dass sie es nur sehr ungerne tut und nur, weil sie keinen anderen Ausweg mehr sieht. Deshalb muss ich von dir wissen, Chat, vertraust du mir?“ Den letzten Teil flüsterte sie nur noch, während sie in seine Katzenaugen sah. Er stand mittlerweile dicht vor ihr. Seine Hand legte sich auf ihre Schulter, ein beruhigendes Gewicht. „Absolut und mit jeder Faser meines Körpers.“, sagte er ernst. „Danke, Chat.“, flüsterte sie und schloss die Augen, öffnete ihren Geist für Tikki mit absolutem Vertrauen in ihren Kwaami und was auch immer sie vor hatte. „Danke.“, sagte Ladybug, als sie wieder die Augen öffnete und ihn ansah. Beinahe wäre er zurück geschreckt. Es war ihr Gesicht, ihre Stimme, ihre Körperhaltung und doch… nicht. Als habe sich in dem Sekundenbruchteil in dem sie die Augen geschlossen hatte jemand anderes ihres Körpers bemächtigt und würde ihn nun bedienen wie jemand der eine neue Handpuppe zum ersten Mal nutzte. Es war noch etwas ungefeilt und unnatürlich und dabei passte es doch. „Hallo, Chat Noir. Danke für dein Vertrauen. Ich bin Tikki.“, sagte Ladybug. Chat stolperte unwillkürlich einen Schritt zurück. Konnte sich die Aura eines Menschen verändern? Er hätte schwören können, dass sich Ladybugs Aura verändert hatte. Sie war immer schon mächtig gewesen, doch jetzt war es, als wäre die Kraft ihrer Aura ins unermessliche gestiegen. „Chat Noir?“, ertönte ihre Stimme wieder und es war wie eine fremde und doch vertraute Stimme in seinen Ohren, es war ihre Stimme, doch das Betonungsmuster war anders, älter, machtvoller. „Du bist… Du bist Ladybugs Kwaami.“, stotterte er. „Ja.“ Ladybug blieb am Rand des Dachs stehen und blickte ihn an. „Ich muss mit Plagg reden.“ Chat nickte. Natürlich. Es hätte ihn gewundert, wenn sie mit ihm hätte reden wollen. „Wie willst du das machen?“, fragte er, unsicher, ob ihm die Antwort gefallen würde. „Vertraust du deinem Kwaami?“, fragte Ladybug. „Natürlich!“, sie Antwort kam ohne zu Zögern. „Wir haben unsere Differenzen, aber ich vertraue ihm absolut.“ „Dann vertrau ihm jetzt und lass es zu.“ Er merkte wie sein Geist eingelullt wurde, langsam und süß wie von Zuckerwatte umhüllt und dann gab er den Versuch sich an seinem Verstand festzuklammern auf und ließ zu, dass Plagg ihn sanft auffing und Chats Stimme an Ladybug wandte. „Tikki. Ich dachte wir hätten uns darauf geeinigt, das nicht mehr zu tun. Du weißt, was beim letzten Mal passiert ist.“ „Wie könnte ich das vergessen?“, flüsterte sie, ihre Stimme schmerzerfüllt von einer Erinnerung. „Und ich hätte es nicht betan, wenn ich eine Wahl gehabt hätte.“ „Du hast immer deine Gründe. Worüber willst du reden?“ „Es wiederstrebt mir zutiefst Nooroos Schwächen preis zu geben, aber ich glaube nicht, dass wir noch eine Wahl haben. Hawk Moth muss gestoppt werden. Und die zwei sind die einzigen, die es tun können.“ Chat Noir trat einen Stein beiseite und verschränkte missmutig die Arme. „Ich kann nicht behaupten, dass ich da nicht auch schon dran gedacht hätte, aber … willst du Nooroo wirklich so hintergehen? Es ist nicht seine Schuld, dass sein Miraculous dem Falschen in die Hände gefallen ist. Wenn das Band gewaltsam gebrochen wird könnten wir ihn verletzen. Dass Hawk Moth bereit ist uns das anzutun, bedeutet nicht, dass ich bereit bin unsere zwei Deppen mit diesem Wissen zu belasten. Sie würden alles tun um uns zu beschützen.“ „Ja, das würden sie.“, murmelte Ladybug mit einem liebevollen lächeln. „Aber es ist unsere Pflicht, sie zu beschützen. Nooroo weiß das. Er wird es verstehen. Und er wird sich erholen.“ Chat Noir sah sie an, die Augen noch katzenähnlicher als sonst und rümpfte die Nase. „Ich sage nicht, dass ich mit deinem Plan nicht einverstanden bin, Tikki, aber ich muss ihn nicht mögen.“ Ladybug nickte. „Ich mag ihn selber nicht.“ „Und wie genau stellst du dir das vor?“ „Wir haben nur ein sehr kleines Zeitfenster zwischen der Erschaffung des Akumas und Hawk Moths nächstem Befehl. Wenn wir das nutzen können, um ihn aufzuspüren, können wir ihn vielleicht finden bevor er seine Transformation wieder aufnimmt und ihn besiegen ohne das Band mit Nooroo gewaltsam lösen zu müssen. Wenn nicht, dann können wir zumindest den Pfad des Akuma zurück verfolgen, auch wenn ich einen Kampf gerne vermeiden würde.“ „Also teilen wir den Plan auf. Bei der nächsten Attacke verfolgen wir den Akuma zurück. Danach nutzen wir die Zeit in der Nooroo isst um Hawk Moth auszuschalten.“, stellte Chat Noir fest. „Du weißt, du wirst ihnen erklären müssen, weshalb wir ihnen bislang nichts davon erzählt haben.“ „Ja.“ Ladybug nickte, doch Chat Noir entging nicht, wie sie dabei ihre Hände knetete. Er zuckte die Schultern. „Naja, die zwei deppen sind immerhin die hellsten Köpfchen, die wir seit langem hatten. Sie werden es verstehen.“ Ladybug lachte nervös. „Vor mir kannst du nicht verstecken wie wichtig sie dir wirklich sind, Plagg. Ich weiß um deine weiche Seite. Ich weiß, wie sehr du dich sorgst. Und du meinst immer noch du könntest es verbergen!“ Sie lächelte ihn schief an. Chat Noir zuckte die Schultern und grummelte: „Wir sollten sie wieder aufwecken.“, während er dabei betont ihren Blick vermied. „Hey Grumpy Cat.“, ertönte Ladybugs Stimme hinter ihm. „Schön zu sehen, dass du dich endlich wohl fühlst.“ Plagg hätte sie ignoriert, hätte ihre Stimme nicht so ehrlich geklungen. „Was soll ich sagen.“ Chat Noir zuckte mit den Schultern. „Ich habe das Gefühl der Junge war schon bevor er mir begegnet ist mit dem schlechtesten Glück der Menschheit gesegnet. Das konnte ich kaum noch verschlimmern. Und gleichzeitig ist er so lebensfreudig es ist schon fast verwirrend. Ich glaube, das ist das erste Mal seit dreitausend Jahren, dass ein Chat Noir Chat Noir sein tatsächlich als Segen und Befreiung empfindet und nicht als Bürde. Und egal was ich anstelle, der Junge kümmert sich tatsächlich um mich und sorgt sich. Also was soll ich sagen Tikki, die Kraft der Zerstörung wird lange nicht so sehr willkommen geheißen wie die Kraft der Kreation.“ Seine Augen waren ernst als sich Chat Noir zu Ladybug umwandte. „Zu viele Menschen verstehen nicht, wie eng diese zwei Gegensätze miteinander verknüpft sind.“, murmelte Ladybug. „Er versteht es.“, sagte Chat Noir leise. Ladybugs Hand legte sich auf seine Schulte, ein stilles Zeichen von Tikkis Akzeptanz und Unterstützung. Sie sagte nichts, doch diese simple Geste sagte mehr als tausend Worte. Er war das personifizierte Unglück, er war es gewohnt abgelehnt zu werden, was der Grund war warum Adriens Unterstützung und tiefe Zuneigung ihm gegenüber – selbst wenn er es nicht gut zeigen konnte und sich immerzu über den Käsegeruch seiner Kleidung beschwerte – ihn umso mehr traf. Er würde den Jungen und seine Ladybug unbeschadet durch diese Hawkmoth Sache hindurch bringen, selbst wenn er danach erneute dreitausend ungeliebte Jahre durchleben musste, gefangen im einem Ring, unwissend ob sein nächster Schützling in der Lage sein würde ihn zu akzeptieren oder nicht. Einen Moment lang verblieben sie in einvernehmlicher Stille. „Ich lasse ihn jetzt wieder aufwachen.“, sagte Chat Noir und im nächsten Moment war Plagg verschwunden und ein irritierter Chat Noir drehte sich fragend wieder zu Ladybug um. „Kümmer dich gut um ihn Junge“, sagte sie, ihr Tonfall purer Ernst und Besorgnis. „Ihm fehlt das in seinem Leben genau so sehr wie dir. Aber ist in diesem Albtraum schon seit Jahrtausenden gefangen.“ Chat sah sie aus großen Augen an, und sie konnte das Entsetzen in seinen Blick kriechen sehen, als er sich vorstellte, die Zurückweisung und Einsamkeit seines Lebens über Jahrhunderte hinweg ertragen zu müssen ohne etwas an seiner Lage ändern zu können. Plagg war so sehr ein Gefangener seiner Kraft wie Adrien seines Vaters. Er wollte etwas erwiedern, doch noch bevor den Mund aufmachen konnte schloss Ladybug die Augen und sie sackte gegen ihn. Er fing sie auf, reflexartig und als sie die Augen wieder öffnete war sie Ladybug, keine Spur ihres Kwaamis war mehr in ihrer Aura. „Bist du ok?“, flüsterte sie. Chat Noir nickte nur. Er war erschöpft und wollte zurück nach Hause. Was auch immer Plagg getan hatte, hatte stark an seinen Kräften gezehrt und er vermutete, dass es ihr ähnlich ging. Trotzdem war er gerührt, dass ihre erste Frage seinem Wohlbefinden galt. Ladybug nickte abwesend mit dem Kopf und richtete sich wieder auf. „Wir sehen uns bei der nächsten Akuma attacke?“ „Wie immer My Lady.“ Er machte eine seiner spielerischen Verbeugungen und bekam eines ihrer seltenen Augenzwinkern zur Belohnung. „Bis dann, Chaton.“, sagte sie und schwang sich zum nächsten Gebäude davon. Er blickte ihr hinterher und fragte sich ob er sich das seltsame Glitzern in ihren Augen soeben nur eingebildet hatte. Als Ladybug auf ihrem Balkon ankam und ihre Transformation löste sobald sie durch ihre Dachluke hindurch war liefen die Tränen stumm und ungehindert ihre Wangen hinab. Sie hatte sie nicht zurück halten können, es war kein brutales Weinen, dass ihren gesamten Körper mit Schluchzern erschütterte, sondern ein stilles, beständiges, fassungsloses Weinen. Tikki schwirrte sofort besorgt um ihren Kopf. „Marinette, was ist passiert, hab ich dir weh getan?“ Marinette hätte schwören können, wenn es dem kleinen roten Kwaami möglich gewesen wäre blass vor Sorge zu sein, dann wäre sie jetzt weiß wie eine frisch gekalkte Wand. „Nein.“, flüsterte Marinette. Tikki entspannte sich sichtbar. „Warum weinst du denn?“ Marinette antwortete nicht sofort. Sie hatte so ein schlechtes Gewissen. Es war ihre Entscheidung gewesen, sie hatte nie mit Chat über ihre privaten Leben sprechen wollen. Sie hatte es immer für besser gehalten, nicht zu viel über ihn zu wissen. Hatte sie ihm damit ebenfalls weh getan? Sie hatte in den letzten Wochen bereits gemerkt, dass ihr Partner scheinbar zuhause nicht die Aufmerksamkeit und Zuwendung bekam, die ihm zustand, doch was sie gehört hatte, ließ die Situation noch viel ernster klingen, als sie befürchtet hatte. „Ist es normal, dass dein Schützling diese Art Unterhaltung mithören kann?“, fragte sie Tikki leise. Ihr Kwaami erstarrte in der Luft. „Nein.“, gab sie dann zu. „Hast du alles mitgehört?“ „Ich denke schon.“ „Oh.“ „Tikki… Was weißt du über Chat Noir?“, fasst sie ihren Entschluss. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)