Behind the Mask von namu ================================================================================ Kapitel 9: Disparition II ------------------------- „Was zur Hölle?“, murmelte sie und kam auf dem marmornen Fußboden nur schlittern zum Halten. Sie erkannte ihre Umgebung wieder, natürlich erkannte sie ihre Umgebung wieder, welcher Pariser Bürger würde das nicht? Doch wie zur Hölle war sie in einem Sekundenbruchteil von Notre Dame nach hier gekommen? Sie fluchte – was sie sich nur erlaubte, weil keine Kinder in der Nähe waren – und riss das nächstbeste Fenster auf. Ein Einbrecheralarm schrillte los, doch darum konnte sie sich im Moment keine Sorgen machen. Sie hatte wichtigeres zu tun. Irgendein Angestellter würde den Alarm schon wieder ausstellen. Und selbst wenn nicht, würde spätestens ihr Lucky Charm wieder alles richten. Mit einem Schwung ihres Yo-Yos hatte sie sich wieder in die Luft katapultiert und landete sicher auf der Pyramide des Louvre. In der Ferne konnte sie immer noch Staubwolken über der Ile de la Cite aufsteigen sehen, der Kampf war also noch in vollem Gange. Hoffentlich hatte es Chat nicht erwischt. Dann hätten sie ein ernsthaftes Problem. So schnell sie konnte machte sie sich wieder auf den Weg. Die Stadt bot einen furchtbaren Anblick. Trümmer lagen überall. Das berühmte Rosenfenster von Notre Dame lag in Splittern am Fuße des Eiffelturms und es versetzte ihr einen Stich, Jahrhunderte voller Geschichte so zu sehen. Chat kam ihr ungrazil entgegen geflogen als sie sich gerade über die Seine schwang, seinen Stab schien er verloren zu haben. Sie bekam ihn so gerade noch im Trapezgriff zu fassen, doch sein Gewicht veränderte ihre Flugbahn und sie kamen unsanft neben dem Reiterstandbild von Karl dem Großen auf dem Boden auf. Reflexartig rollte sie sich ab und ging hinter dem Sockel des Reiterstandbilds in Deckung, als ihr ein schmerzhaftes Stöhnen entkam und sie sich die Seite hielt. In der nächsten Sekunde kniete Chat bereits neben ihr. „My Lady.“, die Sorge war deutlich aus seiner Stimme heraus zu hören. „Schon ok Chat.“, presste sie zwischen zusammen gepressten Zähnen hervor. „Du bist blass wie eine Spalttablette.“ „Danke, für deine ermutigenden Worte.“, knirschte sie. „Mir geht es gut, darum kümmere ich mich wenn wir mit der Rauchbombe da vorne fertig sind!“, schnappte sie. „Wir wissen ja noch nicht mal was genau seine Kraft ist.“, hielt Chat dagegen. „Zeit es raus zu finden, Kitty.“, „Hast du einen Plan? Ansonsten wird das nämlich eine CATastrophe.“ „Seine Kraft hat irgendetwas damit zu tun, dass er Dinge so ziemlich nach Belieben verschwinden und wieder auftauchen lassen kann.“, sagte sie und lugte um die Ecke. „Sonst hätte er es wohl kaum geschafft einen Teil von Notre Dame in mein Zimmer crashen zu lassen.“ „Und dich so plötzlich verschwinden zu lassen.“, fügte Chat hinzu. „Wobei ich natürlich kein Problem damit hätte, wenn er dich plötzlich auftauchen lassen würde.“ Auf seinen Lippen tanzte ein suggestives Lächeln. „Ugh.“ Marinette stöhnte. Konnte er denn wirklich nicht ein EINZIGES Mal Ernst bleiben? Sie ignorierte seinen letzten Kommentar semi-erfolgreich bevor sie ein weiteres Mal um die Ecke lugte. „Verdammt!“, entfuhr es ihr. „Was?“, fragte Chat und beugte sich über sie um ebenfalls um die Ecke sehen zu können. „Er ist weg!“, entfuhr es ihm. „Wenn er nicht nur andere Dinge – und Menschen – verschwinden lassen kann, sondern auch sich selbst, dann sind wir noch mehr am Arsch als vorher!“ „Denkst du, Einstein?“, schnappte sie. Erst in diesem Moment erkannte er, wie verletzt sie wirklich sein musste. Normalerweise war er der impulsive von ihnen beiden und sie diejenige, die die Situation analysierte bevor sie es irgendwie schaffte mit dem schlechten Scherz der sich ihr Lucky Charm schimpfte einen Ausweg aus jeder Situation zu finden. Doch jetzt schien ausnahmsweise einmal er der ruhigere von ihnen beiden zu sein, während sie wütend und verletzt hinter der Statue kauerte. „Das reicht!“, beschloss er und stand auf um ihr auf die Füße zu helfen. „Ich bringe dich ins Krankenhaus.“, sagte er und sah sich um, um seinen Stab vom Boden aufzulesen. „Was? Nein!“, sagte sie entgeistert und entzog ihm ihre Hand. „Chat, das geht nicht!“ „Du bist verletzt.“, sagte er scharf. „Wir können nicht mitten aus einem Kampf verschwinden! Du erinnerst dich was mit Stoneheart passiert ist?“ „Ja, aber ich werde nicht weiter zusehen, wie du dich mit den Schmerzen rumquälst! Und, falls du es noch nicht bemerkt hast: Er ist weg! Wir wissen nicht wo er ist, was er tut, wie er es tut, wo sein Akuma ist oder wie wir ihn bekämpfen sollen!“ Einen Moment lang starrten sie sich wütend gegenseitig an und zum ersten Mal stellte Marinette fest, dass ihr Partner genau so stur sein konnte sie sie selbst. „Na schön!“, schnappte sie dann. Überrascht wich die Spannung aus Chats Körper. „Gut. Ich war kurz davor dich einfach über meine Schulter zu schmeißen.“, gab er dann zu. „Das hätte meinen geprellten Rippen bestimmt nicht gut getan.“, stellte sie nüchtern fest. „Wäre dir Bridal Style lieber, My Lady?“ “Ugh.”, stöhnte sie und drehte sich um. „Na komm, bringen wir das lieber schnell hinter uns.“, murmelte sie. „Ich warte hier.“, sagte Chat als sie auf dem Dach des Krankenhauses ankamen, bevor er sie vorsichtig in der geschützten Nebengasse absetzte und sich mit einem Staab wieder zurück auf das Dach beförderte. Marinette stellte sicher, dass sie hinter einem Müllkontainer außer Sichtweite war, bevor sie flüsterte: „Tikki, Spots off!“ „Was hast du vor?“, flüsterte ihr Kwaami, als sie sich in einem Blitz aus rotem Licht wieder vor ihr manifestierte. „Einmal wirklich das tun was Chat sagt und mich durchchecken lassen.“, grummelte sie und sah sich unauffällig um. Jetzt, ohne die Hilfe ihres Kwaamis spürte sie den Schmerz umso stärker zurückkehren. Nicht nur, weil ihr Bücherregal sie unter sich begraben hatte, sondern auch von der Anstrengung des nachfolgenden Kampfes. Auch wenn es nicht wirklich ein Kampf gewesen war. „Das tut wirklich weh.“, zischte sie und versuchte sich etwas zu strecken, beließ es jedoch schnell wieder, als ihr Körper sich mit einem scharfen Schmerz bei ihr zurück meldete. „Ich meinte eigentlich den Akuma.“, sagte Tikki und schwebte über ihrer Schulter. „Ich weiß es nicht.“, gab Marinette zu, während sie Tikki bedeutete sich wieder in ihrer Tasche zu verstecken. Sie schlich sich um die Ecke des Krankenhauses und entschloss sich, einfach direkt zum Eingang der Notaufnahme zu gehen. Sie hatte keine Zeit um sich länger als unbedingt nötig im Krankenhaus aufzuhalten, sie mussten den Akuma so schnell wie möglich wieder finden und besiegen, dafür brauchten sie Ladybug, also achtete sie darauf ihre Seite mit einem schmerzverzerrten Gesicht zu halten – was keine Schauspielerei erforderte, denn ihre Rippen schmerzen wie Sau – während sie so schnell wie möglich auf die Schwester am Tresen zu humpelte. Diese sprang sofort auf als sie sie sah, mit Dreck im Gesicht und Staub überall auf ihren Klamotten. „Akuma.“, war alles was sie antwortete, als die Schwester sie routiniert stützte und in einen Raum brachte, fragte, was passiert sei. Es brauchte nicht mehr als diese wortkarge Erklärung. Der Begriff war mittlerweile jedem Pariser Einwohner vertraut und sie alle wusste, dass es in der Regel nichts brachte, genauere Fragen zu stellen, denn genaueres erfuhr man zumeist nur nachdem der Akuma besiegt war von Ladybug und Chat Noir. Sie legte sich auf der Liege hin und stellte erleichtert fest, dass ihre Rippen im liegen weniger schmerzten, während die Schwester mit ihr einen Fragenbogen durch ging, sie musste ihre Krankenkasse und verschiedene andere Dinge angeben, bis ein Arzt eintrat und sie ihr Oberteil ausziehen musste, damit er ihre in Mitleidenschaft gezogenen Rippen begutachten konnte. Ihr Brustkorb hatte mittlerweile eine ungesunde bläuliche Färbung angenommen und der Arzt gab sich wirklich Mühe ihren Brustkorb so vorsichtig wie möglich abzutasten als er nach möglichen Knochenbrücken suchte. Es tat trotzdem weh. Sie biss die Zähne zusammen und ließ sich nichts anmerken. Am Ende musste sie sich Röntgen lassen, ein Auge die ganze Zeit ungeduldig auf dem Sekundenzeiger der Uhr. Sie war bereits seit fast einer Stunde in der Notaufnahme und während sie wusste, dass dies eine relativ kurze Zeitspanne war, so wollte sie trotzdem so schnell wie möglich zurück zu Chat. Das Röntgenbild bestätigte, was der Arzt schon zuvor vermutet hatte, sie hatte keine Knochenbrücke davon getragen, sondern war mit ein paar geprellten Rippen, blauen Flecken und dem Schock davon gekommen. Sie musste Ladybug Glück gehabt haben, denn sie wusste es war nahezu unmöglich so glimpflich davon zu kommen, wenn ein Teil von Notre Dame ins eigene Schlafzimmer stürzte. Der Arzt verordnete ihr Ruhe – sie musste ein Schnauben unterdrücken, als sie das hörte, denn Ruhe würde sie garantiert nicht bekommen – einen Salbenverband – den sie mit einem erleichterten Seufzen akzeptierte, als er um ihre Mitte geschlungen wurde, denn der Schmerz wurde nahezu augenblicklich erträglicher – und Ibuprofen – die sie ebenfalls schluckte. Sie wusste zwar, dass dies ihre Reaktionszeit beeinträchtigen würde, doch ihre Bewegungen würden weniger Schmerzen und das war momentan mehr wert. Der Arzt gab ihr die Packung Schmerztabletten mit und sie verstaute sie in ihrer Handtasche, zusammen mit ausführlichen Anweisungen, wie sie den Salbenverband erneuern sollte, falls nötig. Sie bedankte sich überschwänglich und versprach, in spätestens einer Woche wieder einen Arzt darüber schauen zu lassen – auch wenn sie sich noch nicht sicher war, ob sie das wirklich tun würde. Sie nutzte die Gelegenheit um am Snackautomaten im Krankenhausflur Kekse und Käsestangen zu ziehen. Chat hatte sich einmal bei ihr beklagt, dass sein Kwaami nur Käse aß und er deshalb immer roch wie das Innenleben seiner Sporttasche und nachdem er so lange auf sie gewartet hatte, musste sein Kwaami erschöpft sein. Sie verstaute beides in ihrer Handtasche – wo Tikki sich sofort erfreut über den Keks her machte und damit Marinette ein schlechtes Gewissen machte, weil sie zuerst an sich selbst gedacht hatte und nicht an ihren Kwaami – bevor sie sich wieder in die abgeschirmte Seitengasse begab. Chat wartete immer noch auf dem Dach auf sie, die Arme vor der Brust verschränkt und an einen Schornstein gelehnt, doch die kreisförmigen Pfoten Abdrücke wenige Schritte weiter verrieten ihn. Er hatte sich Sorgen gemacht, doch er hielt sich zurück. Sie rechnete es ihm hoch an. Ihre Wut war abgekühlt und sie konnte wohl kaum wütend auf ihn sein, nur weil er sich Sorgen um sie machte. Auch wenn er es manchmal übertrieb. „Keine gebrochenen Knochen. Ein paar blaue Flecken und geprellte Rippen, aber ansonsten vollkommen ok.“, gab sie also die Diagnose weiter und sah, wie die Spannung aus seinen Schultern wich. Sie lächelte und warf ihm die Käsestangen zu. „Es ist keim Camembert, aber ich bin mir sicher, dein Kwaami braucht etwas zu essen.“ Überrascht fing er die kleine Plastikpackung auf. Einen Moment lang starrte er nur auf seine Hände, dann schüttelte er den Kopf mit einem ungläubigen Lächeln. „Danke.“, sagte er während ihm so viel mehr Dinge im Kopf rumschwirrte. Selbst jetzt, während sie selbst verletzt war, dachte sie noch an ihn. Er sprang von dem Dach des Krankenhauses hinab während Plagg die Verwandlung fallen ließ und er die Verpackung aufriss, um seinen Kwaami zu versorgen, der erschöpft in seine Hand fiel. „Ich mag sie.“, stellte Plagg fest und verschlang die Hälfte der Käsestange mit einem Bissen, ohne zu kauen. „Du magst jeden, der dich mit Essen versorgt.“, stellte Adrien fest. „Sag ich doch.“ Adrien seufzte, stimmte seinem Kwaami im Stillen zu und wartete, bis der kleine Nimmersatt fertig gegessen (geschlungen) hatte und nahm seine Transformation wieder auf. Ladybug wartete auf dem Dach auf ihn, den Blick über Paris gerichtet. „Wir können nicht zulassen, dass noch mehr Zivilisten verletzt werden.“, sagte sie. Ernsthafte Sorge schwang in ihrer Stimme mit. „Das werden wir nicht!“, sagte er schlicht. Mehr war nicht nötig. Sie waren Ladybug und Chat Noir. Sie verstanden sich ohne Worte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)