Die Grotten von Necrandolas von -wolfsmoon- ================================================================================ Kapitel 67: Erwachen -------------------- „Oh nein“, ächzte Hermine am nächsten Morgen beim Frühstück, als sie den Tagespropheten entrollte. „Wer ist heute gestorben?“, erwiderte Ron monoton, ohne vom Essen aufzublicken. „Darum geht es nicht“, schüttelte Hermine den Kopf und sah besorgt zu Harry. „Sondern um das Hogsmeade-Wochenende.“ „Zeig her“, streckte Harry seine Hand auffordernd aus und zögerlich gab die Hexe ihm die Zeitung. „Harry Potter für immer traumatisiert – Wird er je wieder der selbe sein?“ stand da als fette Schlagzeile, was auch Harry aufseufzen ließ.   „Letzten Samstag hat Harry Potter sich zum ersten Mal seit den schrecklichen Ereignissen im März der Öffentlichkeit gestellt und wir müssen sagen, dass uns sein Auftreten sehr beunruhigt. Sein scheuer Blick und sein ungezügeltes Temperament fiel jedem auf, der auch nur in seiner Nähe war. Zum Schutz hatte er seine beiden Freunde Ronald Weasley und Hermine Granger bei sich, die wohl mehr die Mitmenschen vor ihm als Potter vor anderen schützen sollten. „Seit er aus Necrandolas wieder zurück ist, ist er labil und unberechenbar“, berichtet uns einer seiner Klassenkameraden, der nicht genannt werden will, aus Angst vor Wutausbrüchen unseres Helden. „Er rastet regelmäßig vollkommen grundlos aus und muss ruhiggestellt werden. Obwohl er offiziell seit Wochen aus dem Krankenflügel entlassen worden ist, war er in der Zwischenzeit schon mehrmals wieder tagelang dort.“ Nicht nur einer, sondern viele Schüler erzählten uns in Hogmeade von den Panikattacken Harry Potters, die sowohl Schlaf als auch Unterrichtsstunden zu rauben scheinen. „Vor allem in Anwesenheit von Professor Snape ist er ständig nervös, weil er ihn wahrscheinlich zu sehr an Necrandolas erinnert. Der Zaubertränkeunterricht ist mit ihm unberechenbar und letzte Woche hat Potter Professor Snape sogar grundlos wirres Zeug entgegengeschrien, einfach nur, weil sich ihre Wege gekreuzt hatten.“ Je mehr Schüler uns von den Ereignissen in Hogwarts berichteten, umso besorgter wurden wir um Harry Potter. Hat Necrandolas ihm möglicherweise den Verstand geraubt? Und wird er sich jemals von diesem Trauma erholen? Jedenfalls ist es unverantwortlich von Schuldirektor Albus Dumbledore, dass er den Jungen weiterhin zwingt in den Unterricht zu gehen, obwohl er offensichtlich dringend im St Mungo betreut werden sollte.“   „Wer soll denn bitte alles mit denen geredet haben?“, runzelte Ron die Stirn, der über Harrys Schulter hinweg mitgelesen hatte. „Bei der Masse an Reportern, die Samstag in Hogsmeade war, hat sicherlich der eine oder andere einen redefreudigen Schüler erwischt“, meinte Hermine grummelnd. „Der Vorteil ist“, begann Harry und versuchte lässig zu klingen, „dieser Artikel wird sich nicht groß auf die anderen auswirken. Jeder von ihnen war schon Zeuge von mindestens einem Wutausbruch von mir, also halten die mich eh schon alle für verrückt.“ Hermine warf ihm einen Blick zu, der einen Hauch Mitleid enthielt, was Harry aber ignorierte. Ron hingegen stieg auf seinen Galgenhumor ein: „Und beleidigen oder schikanieren werden sie dich auch nicht, weil sie alle Mitleid mit dir haben.“ Grinsend erwiderte Harry: „Du meinst es gehört sich nicht, einen geistig verwirrten zu mobben.“ „Ganz genau“, lehnte Ron sich ebenfalls grinsend zurück. Hermine warf den beiden nur abwechselnd Blicke zu, ehe sie fauchte: „Ihr beide seid doch nicht mehr ganz dicht!“ „Du sagst es“, erwiderte Harry grinsend. „Das hier ist durchaus ernst zu nehmen“, deutete Hermine auf den Zeitungsartikel. „Begreifst du denn nicht, dass sie dich damit für unmündig erklären? Uns steht ein Krieg bevor, bei dem du unsere einzige Hoffnung darstellst. Wenn keiner mehr deinem Urteilsvermögen vertraut, haben wir schon so gut wie verloren!“ Nun doch wieder ernster antwortete Harry: „Die einzigen, die meinem Urteilsvermögen vertrauen müssen, seid ihr beide, Dumbledore und der Phönixorden. Und glaubst du wirklich, dass auch nur einer aus dem Orden sich durch diesen Artikel beeinflussen lässt?“ Darauf hatte Hermine nichts zu erwidern. „Ich habe es satt, mich durch sowas herunterziehen zu lassen, Hermine“, erklärte Harry weiter. „Die Zeiten, wo der Tagesprophet unser größtes Problem war, sind vorbei.“ Kurz schwieg die junge Hexe und schien sich geschlagen zu geben. Dennoch erwiderte sie noch abschließend: „Trotzdem wird es damit Voldemort wesentlich leichter fallen, die Bevölkerung gegen dich aufzuhetzen.“ „Wir werden uns eh verstecken müssen, oder?“, zuckte Harry mit den Achseln und beendete sein Frühstück. „Willst du jetzt schon zu Zaubertränke?“, sah Ron verwundert zu Harry auf, der sich gerade erhob. Grübelnd warf Harry einen Blick auf die Uhr. „Hast auch wieder Recht. Wenn ich zu spät komme, wird Severus mir Nachsitzen aufgeben können.“ „Er wird schon genug Gründe finden, um diese Tradition wieder aufzunehmen“, grinste Hermine. Schulterzuckend gab Harry ihr recht, ehe er mit seinen Gedanken komplett zu Severus wanderte. Immer wieder dachte er über die Ereignisse im Klassenzimmer nach und war sich von mal zu mal sicherer, dass Severus irgendetwas für ihn empfinden musste. Zum einen war er eindeutig eifersüchtig auf Cornfoot gewesen und zum anderen hätte er ihn doch nicht so geküsst, wenn da nicht etwas wäre, oder? Allein bei dem Gedanken daran, wie besitzergreifend der Slytherin gewesen war, überkam Harry eine angenehme Gänsehaut. Er hatte gar nicht gewusst, dass ein solches Feuer in Severus lodern konnte, das ihn selbst vollkommen machtlos werden ließ. Der Gryffindor war es nicht gewohnt die Kontrolle derart abzugeben, aber in dem Fall hatte es ihm mehr als gefallen. Dass Severus sich selbst belog, war also nur zu deutlich. Jetzt stellte sich nur noch die Frage, ob Harry geduldig genug sein konnte, um ihr Verhältnis Stück für Stück zu verbessern. Er wusste zwar noch immer nicht, warum genau Severus sich so mit Händen und Füßen gegen ihre besondere Verbindung wehrte, aber wenn er dem Slytherin bewies, dass er ihm vertrauen konnte, dann löste sich das Problem vielleicht bald von selbst. Natürlich durfte Harry dabei nicht vergessen, dass Dumbledore sie im Auge behielt, aber er hatte ja auch nicht vor, kopflos über den Slytherin herzufallen. Das würde der sowieso nicht zulassen. Sicherlich war die Situation ein wenig verzwickt, aber dennoch bekam Harry nun ungemein gute Laune, wenn er an den kommenden Tränkeunterricht dachte.   |„Hallo... du bist aber hübsch, nicht wahr?“|² Kreischend warf das kleine Mädchen die Messingwaage in die Luft und lief davon, während sich Harry unter seinem Tarnumhang vor Lachen krümmte. Dobby hatte ihm erzählt, dass immer ein Mädchen vor dem Raum der Wünsche stand, wenn Malfoy sich dort drin aufhielt, aber als er auf der Karte des Rumtreibers sah, dass dieses Mädchen in Wahrheit Goyle war, war er mehr als erstaunt. So hatte er es sich einfach nicht nehmen lassen, den Slytherin ein wenig zu verschrecken. Sicherlich hatte auch Malfoy den Krach gehört und war nun vollkommen erstarrt in seinem Tun. Es würde wohl eine ganze Weile dauern, bis er es wagen würde, den Raum wieder zu verlassen. Aber umso besser, denn jetzt war der Raum offen und mit etwas Glück konnte Harry ihn öffnen, wenn er nur die richtigen Fragen stellen würde. „Dann mal los“, murmelte Harry und begann auf und ab zu laufen, während er eine Forderung nach der anderen an den Raum äußerte. Immer wieder sah er hoffnungsvoll zur Wand, immer wieder änderte er seine Formulierungen... doch nichts geschah. Die Wand blieb kahl. „Ach komm schon“, jammerte der Gryffindor und seufzte frustriert auf. Malfoy war nur wenige Meter von ihm entfernt, werkelte an irgendeinem Plan und Harry war dazu verdammt vollkommen machtlos vor dem Eingang zu stehen. Das war nicht fair! 'Vielleicht geht es ja doch nur, wenn Malfoy nicht drin ist.', überlegte der Gryffindor, nachdem er eine halbe Stunde lang versucht hatte, den Raum zu betreten. „Harry! Harry!“ Fragend drehte Harry sich um und sah Luca, der aufgeregt auf ihn zugerannt kam. Zuerst war der Gryffindor verwirrt, weil er doch unter seinem Tarnumhang versteckt war und Luca ihn trotzdem sehen konnte, doch dann hätte er sich für diesen Gedanken am liebsten die Hand an die Stirn geklatscht. Wann würde er sich endlich an die Fähigkeiten des Jungen gewöhnen? „Was ist denn?“, fragte Harry und zog den Umhang von sich herunter. Die Augen des Jungen strahlten, als er den anderen endlich erreicht hatte. Vollkommen aus der Puste rief er: „Dad ist wieder aufgewacht!“ „Was, echt?“, staunte Harry nicht schlecht und begann zu lächeln. „Warst du schon bei ihm?“ „Noch nicht, aber wir gehen gleich zu ihm. Mum muss nur noch was erledigen, dann geht es los“, hüpfte Luca freudig auf und ab. „Na das ist ja wunderbar“, freute Harry sich für den jüngeren, den er noch nie so glücklich gesehen hatte. „Ich wünschte du könntest ihn kennenlernen. Aber ich schätze das wäre noch zu viel für ihn. Ich treffe Mum gleich in der Eingangshalle, kommst du mit?“, winkte Luca fröhlich und lief bereits los. Verdutzt sagte der Gryffindor: „Ähm, okay.“ Harry fragte sich zwar, warum er dabei sein sollte, wenn Luca und seine Mutter zum St Mungo gehen würden, aber es schien dem Jungen wichtig zu sein, also setzte Harry sich ebenfalls in Bewegung. Es war gar nicht so einfach mit dem anderen mitzuhalten, da dieser schon fast rannte, während er trotzdem noch genug Atem hatte, um ununterbrochen zu reden. „Mal sehen was er dazu sagt, dass ich nächstes Schuljahr nach Hogwarts möchte. Mum hat zwar schon Ja gesagt, aber Dad hat bei solchen Sachen eher das Sagen. Vielleicht kommt er ja auch bald hierher, wenn er wieder fit genug ist, um das St Mungo zu verlassen. Dann kann ich ihm all die Geheimtunnel zeigen, die ich bereits entdeckt habe. Oh, und er wird von Sir Nicholas begeistert sein! Ich bin mir sicher, dass die beiden sich super verstehen würden. Und ich bin mal gespannt, was er tun wird, wenn er auf Peeves trifft. Hihi.“ Luca redete so schnell, dass Harry kaum mitkam. So aufgeregt und überdreht hatte er den Jungen noch nie erlebt und irgendwie war es schön zu sehen, wie er endlich ein wenig aufblühte. Schon bald hatten sie die Eingangshalle erreicht, in der sie auf Syndia warteten, während Luca fröhlich weiterbrabbelte. So war der Gryffndor schon fast erleichtert, als er Syndia die Treppe herunterkommen sah. Neben ihr lief Severus, der als erstes seinen überdrehten Neffen sah und nicht ganz wusste, wie er darauf reagieren sollte. Erst dann warf er Harry einen kurzen Blick zu. „Können wir los, Mum?“, rief Luca sofort. „Jaa, können wir“, erwiderte Syndia lächelnd und auch sie schien sich verändert zu haben. Sie wirkte irgendwie größer, allein weil sie ihre Haltung offenbar verändert hatte und ihre Augen strahlten genauso wie die ihres Sohnes. „Bis nachher, Harry“, verabschiedete sie sich fröhlich vom Gryffindor, der ihr ebenfalls zulächelte. „Ich erzähl dir nachher alles“, rief Luca, ehe er loslief. Kopfschüttelnd rief Harry ihm nach: „Das kann ich mir denken.“ Nun stand nur noch Severus direkt bei ihm und irritiert stellte Harry fest, dass er anscheinend auch noch etwas sagen wollte. „Das Nachsitzen nachher findet trotzdem pünktlich statt“, sagte er im neutralen Ton und Harry nickte zur Antwort. Kurz blieb ihr Blickkontakt noch erhalten, ehe Severus sich abwandte und ebenfalls durch das Tor ging. Die Hände in den Hosentaschen vergrabend, sah Harry den dreien nach. Schon seltsam, wie harmonisch dieses Bild war. Noch vor einem Jahr hätte Harry niemals gedacht, dass Snape eine solch warmherzige Familie hatte und mit ihr sogar so eng verbunden war. Es war seltsam zwei Personen, wovon eines auch noch ein Kind war, an seiner Seite zu sehen und doch wirkte es so richtig. Vor sich hinlächelnd, wandte Harry sich ab und ging Richtung Gryffindorturm. Wenn der heutige Abend für Okklumentik draufging, musste er seine Hausaufgaben jetzt erledigen.   „Hey“, flüsterte Syndia sanft, als sie auf das Bett zukam. „Da ist ja meine heiß ersehnte Gesellschaft“, lächelte David schwach, während auch seine Stimme alles andere als kraftvoll war. Liebevoll strich Syndia sein dunkelblondes Haar aus der Stirn und gab ihm einen Kuss. „Dad“, rief Luca und sofort bekam er die Aufmerksamkeit des anderen, dessen Lächeln breiter wurde. „Hey kleiner Mann“, krächzte er und streckte seinen Arm aus, um Luca zu sich zu holen. „Wir haben dich vermisst“, murmelte der Junge, woraufhin sein Vater seufzte. „Ja, ich weiß“, flüsterte er und sein Lächeln verschwand. „Ich war... ein wenig erschrocken, als man mir sagte, welches Datum wir haben. Tut mir Leid euch Sorgen gemacht zu haben.“ Dabei sah er wieder zu seiner Frau und strich ihr übers Haar, die nur milde lächelte. „Du bist bei uns geblieben, das ist alles was zählt“, erwiderte sie und küsste ihren Mann erneut. „Du musst mir alles erzählen, was ich verpasst hab“, meinte David weiterhin ernst und nun war es an Syndia zu seufzen. „Eines nach dem anderen“, sagte sie sanft. „Wichtig ist erstmal, dass alle in Sicherheit sind.“ „Harry Potter auch?“, runzelte David die Stirn. „Ja, der auch. Das haben wir Severus zu verdanken“, damit sah Syndia zu ihrem Bruder herüber, der bisher Arme verschränkend im Hintergrund geblieben war. Davids Blick wanderte ebenfalls zum Slytherin, ehe er wieder lächelte. „Unverkennbar mein Schwager. David“, reichte er Severus seine Hand entgegen. „Tut mir Leid, dass wir uns unter den Umständen kennenlernen.“ Langsam trat Severus auf den anderen zu, löste seine Arme und ergriff die Hand des anderen, während er den Blick nicht von den braunen Augen abwandte. „Severus“, erwiderte er und setzte mit leichtem Sarkasmus in der Stimme hinzu: „Besser so, als nur den Namen auf einer Karte zur Hochzeit zu lesen.“ „Severus“, murrte Syndia leise warnend, doch David strich ihr über den Arm. „Schon gut, Schatz, ich kann es ja verstehen“, sagte er zu ihr, ehe er wieder zum Slytherin sah. „Es tut mir wirklich Leid, wie sich das Ganze abgespielt hat, aber ich hoffe, dass wir die Zeit des Kennenlernens ein wenig nachholen können.“ Er sah wieder zu Syndia, ehe er lächelnd ergänzte: „Syndia war überglücklich, als ihr der Auftrag erteilt wurde, nach Hogwarts zu gehen.“ „Das Wiedersehen war“, Severus machte eine Pause, in der er zu seiner Schwester sah und eine Augenbraue hochzog, „turbulent.“ Grinsend erwiderte David: „Das habe ich gehört, ja.“ Obwohl Severus vor hatte, David genau unter die Lupe zu nehmen, bevor er sich eine Meinung über ihn bildete, musste er zugeben, dass er ihm schon jetzt zusagte. Irgendwie hatte Severus sich immer vorgestellt, dass seine Schwester sich Hals über Kopf in eine knifflige Beziehung geworfen hatte, mit einem Mann, der genauso kindisch war wie sie, doch David schien erstaunlich vernünftig zu sein. Eine Eigenschaft, die bei Severus für Pluspunkte sorgte. „Weißt du was, Dad? Ich kenne inzwischen das gesamte Schloss Hogwarts auswendig“, platzte Luca endlich mit den Neuigkeiten heraus, die so lange auf seiner Zunge gebrannt hatten. „Das ganze Schloss?“, runzelte David gespielt staunend die Stirn. „Na dann warst du ja ganz schön fleißig.“ „Jaha“, nickte Luca stolz. „Das war gar nicht so einfach, da sich die Treppen dauernd verschieben und man nie dort landet, wo man letztes mal angekommen ist.“ „Du musst dich am Anfang ja dutzende Male verlaufen haben“, erwiderte David und strich seinem Sohn durchs Haar. Sein Blick blieb dabei an einer Narbe hängen, die vor dem Ohr beginnend noch ganz harmlos aussah, doch sie zog sich noch ein ganzes Stück nach hinten, fast bis zum Hinterkopf. Verwuschelte man nicht das Haar, fiel es einem gar nicht auf. Sofort warf David seiner Frau einen besorgten Blick zu, den er so gut verstecken konnte, dass er Luca gar nicht auffiel. Syndia hingegen biss sich auf die Lippe und sah genauso ernst zurück, was David nicht unbedingt beruhigte. Fröhlich plapperte Luca weiter: „Ohja, sehr oft sogar. Aber wenn ich gar nicht mehr weiter wusste, konnte ich irgendein Portrait oder einen Geist fragen. Allerdings merkte ich irgendwann, dass man nicht auf jeden Geist hören sollte, denn einige von ihnen sind ganz schön hinterhältig.“ „Luca, nun überfordere deinen Vater doch nicht gleich so“, unterbrach Syndia ihren Sohn lächelnd. Der Junge sah ein wenig beschämt drein, denn offenbar hatte er nicht daran gedacht, dass sein Vater noch sehr erschöpft und alles andere als gesund war. Doch dieser lächelte nur warm und verschleierte so grandios, dass er sich eigentlich noch Sorgen machte. „Weißt du womit du mir helfen könntest?“, schlug er seinem Sohn vor. „Ich habe so viel verpasst, ich muss mich erstmal wieder auf den aktuellen Stand bringen. Unten am Eingang gibt es doch bestimmt einen Kiosk oder sowas ähnliches, wo man Zeitungen bekommen kann. Würdest du mir eine besorgen?“ 'Geschickt.', dachte Severus für sich und beobachtete, wie Luca brav nickte. „Mach ich“, sagte der Junge und verließ den Raum. Kaum war die Tür hinter Luca geschlossen, merkte man sofort den Stimmungsumschwung. Ernst sah David zu Syndia und fragte: „Also, was ist passiert?“ Seufzend begann Syndia zu erzählen, wenn auch in Kurzfassung, da Luca jederzeit zurückkommen konnte. So erfuhr David von der Entführung und Folter von Luca, wie Harry ihn gerettet und nach Hogwarts gebracht hatte. Auch von ihrem Auftrag erzählte sie. Wie sie gescheitert war den Kelch zu finden und wie Severus und Harry nach Necrandolas gereist waren. An der Stelle warf sie Severus einen vorsichtigen Blick zu, doch der verzog keine Miene und so erzählte sie weiter. „So langsam hat sich Harry wieder im Schulalltag eingefunden und Luca geht es auch schon wesentlich besser. Er hat sogar ein paar Freunde gefunden, aus der ersten Klasse, aber meistens streift er noch alleine durchs Schloss.“ Lächelnd ergänzte sie: „Er hat einen Narren an Harry gefressen. Ich schätze, er sieht ihn als großen Helden an, seit er ihm das Leben gerettet hat.“ „Er hat doch keine bleibenden Schäden davongetragen, oder?“, fragte David besorgt und Syndia schüttelte den Kopf. „Nein, es ist alles gut. Er bekommt manchmal noch Albträume, aber das ist bereits deutlich zurückgegangen. Er wird langsam wieder er selbst.“ „Gut“, lehnte David sich erleichtert zurück und schloss erschöpft die Augen. „Ich kann dir immer noch alles genauer erklären, aber nicht alles auf einmal“, meinte Syndia. „Du solltest dich nicht überanstrengen.“ „Aber ich habe so viel verpasst“, murrte David und sah sie wieder an. „Was ist mit Voldemort? Hat er schon neue Pläne mit Harry Potter? Und wie kommen die Arbeiten mit dem Ministerium voran?“ „Soweit ich weiß, hat Voldemort seine Pläne durch den Rückschlag mit Necrandolas nicht verändert.“ Murrend verschränkte Severus erneut die Arme. Er wusste genau, dass Syndia nur vage Informationen erhielt und es ärgerte ihn, dass er als wichtigster Spion weggefallen war. Sie waren praktisch blind, was Voldemort anging. „Hat Scrimgeour Projekt 785 angenommen?“, fragte David weiter und Severus warf ihm einen skeptischen Blick zu. Sprach er jetzt verschlüsselt, damit Severus nicht wusste, worum es ging? Er hasste es, wenn jemand ihn für unbefugt hielt. „Nein, es scheiterte daran, dass Scrimgeour nicht so viel Kontrolle abgeben wollte“, seufzte Syndia, ohne die schlechte Stimmung ihres Bruders zu bemerken. „Allerdings ist SK5 einsatzbereit, also können wir dem Ministerium unter die Arme greifen, wenn die Todesser zuschlagen.“ Jetzt reichte es dem Slytherin. Ohne zu wissen, worum es überhaupt ging, warf er überlegen tuend ein: „Die Todesser werden erst dann im Ministerium offensichtlich aktiv werden, wenn sie bereits sämtliche wichtige Positionen eingenommen haben, sprich wenn es zu spät ist. Bis dahin arbeiten sie sich schleichend vor, da sie es sich nicht leisten können, ihren Herren zu enttäuschen.“ Beide sahen zu Severus und er war erstaunt, dass David keineswegs überlegen oder verwirrt dreinsah, sondern seine Aussage durchaus ernst zu nehmen schien. Syndia hingegen erwiderte: „Sev, SK5 hat den Auftrag...“ Sie wurde durch Luca unterbrochen, der in dem Moment wieder den Raum betrat. Er hatte zwei Zeitungen bei sich, die er eilig seinem Vater gab. „Hier, die beiden erschienen mir am umfangreichsten zu sein.“ „Danke mein großer“, lächelte David wieder vollkommen mühelos, wofür Severus anerkennend eine Augenbraue hochzog. Dieser Mann konnte verdammt gut schauspielern.   „Herein!“, hörte Harry Severus aus seinem Büro rufen und so schlüpfte er durch die Tür. Grinsend begrüßte er den anderen betont höflich: „Guten Abend, Sir.“ „Wenn du rumalbern willst, weiß ich jetzt schon, dass das Training heute nichts wird“, murrte Severus als Antwort und legte eine letzte Erinnerung ins Denkarium. „Oder“, ließ Harry sich seine Laune nicht verderben, „du vergisst mal für einen Moment, dass du immer der Spielverderber bist, und steigst mal auf sowas ein. Es könnte ja sogar Spaß machen, weißt du.“ Der Gryffindor erhielt einen giftigen Blick, was sein Grinsen nur noch verbreiterte. Dennoch sah er verstohlen zum Denkarium und betrachtete die dort herumwirbelnden Erinnerungen. Es gab noch immer so viele Dinge, die Severus ihn nicht sehen lassen wollte. Bestimmt alles Situationen, in denen Severus gedemütigt wurde. Der Slytherin hatte einfach zu viel Stolz. „Du lässt die Finger davon“, stellte Severus klar, da ihm der Blick des anderen aufgefallen war. Stirnrunzelnd und Arme verschränkend, verteidigte Harry sich: „Ich hatte gar nicht vor, sie mir anzusehen.“ „Wenn du nichts zu tun hast, kannst du ja schonmal deinen Geist leeren“, lenkte der Tränkemeister gut ab und Harry gab sich seufzend geschlagen. Er gab seine abwehrende Haltung auf und sah zum Feuer, während er versuchte nichts zu fühlen. Bei seinen Übungen war ihm irgendwann aufgefallen, dass es ihm leichter fiel, wenn er sich einen stetigen Punkt aussuchte, den er betrachten konnte. Doch nun trat Severus zu ihm und er konnte es nicht verhindern, dass er fragend zum anderen sah. Dieser musterte ihn ganz genau, was Harry nervös machte. „Nichts fühlen“, sagte Severus ruhig und sah ihn weiterhin an. „Du hast beim letzten Quidditch-Spiel den Schnatz zweimal entwischen lassen. Deine Leistung hat ganz schön nachgelassen.“ Fragend zog Harry die Augenbrauen zusammen und Severus sagte sofort: „Ich will keine Gefühlsregungen sehen.“ Jetzt verstand er. Der Gryffindor schluckte und versuchte sich zu konzentrieren. „Ich war milde gesagt erstaunt, dass du nicht mehr wusstest, was man tut, wenn man von einem Vampir bedroht wird, als du und dein Cousin angegriffen wurdet.“ Harry unterdrückte den Drang, sich auf die Lippe zu beißen und erneut flötete Severus: „Nichts fühlen. Potter hat deiner Mutter den Heiratsantrag in Irland gemacht. Dafür hat er sich illegalerweise auf ein Connemara Pony geschwungen, um wie ein edler Ritter angeritten zu kommen. Hat nicht ganz funktioniert, da das Pony alles andere als begeistert war.“ Nun war ein Grinsen unvermeidbar und Harry beschwerte sich: „Das ist nicht fair.“ „Nichts fühlen.“ „Wenn du mir sowas erzählst?“ „Auch dann nicht. Augen zu.“ „Das verstärkt das Kopfkino nur.“ Severus stellte sich neben ihn, beugte sich zu seinem Ohr vor und erklärte: „Wenn du dich darauf konzentrierst herauszufinden, wo ich bin, wird dich das vom Kopfkino ablenken.“ Ein warmer Schauer wanderte durch Harrys Körper, den er versuchte zu verbergen, und seufzend tat er wie ihm geheißen. Die Schritte des Slytherins waren deutlich zu hören, als er ein Stück weit hinter Harry trat, der die Nervosität in sich aufsteigen spürte. „Ich glaube, das ist eher kontraproduktiv, um den Geist zu leeren“, gab Harry zu. „Vertraust du mir etwa nicht?“, legte Severus leichte Ironie in seine Stimme und Harry konnte vor seinem geistigen Auge sehen, wie er spöttisch eine Augenbraue hochzog. „Ich soll einem Slytherin vertrauen?“, erwiderte Harry ebenso spöttisch. „Mir ist wohl mehr zu vertrauen als dir“, sagte Severus und als Harry protestieren wollte, sagte er sofort: „Nichts fühlen.“ Seufzend versuchte Harry herunterzukommen. Sicherlich wird Severus diese Situation noch mehrmals ausnutzen, um ihm etwas an den Kopf zu werfen, wo Harry eigentlich protestieren würde. Das hatte er sich ja fein zurechtgelegt. „Ich sagte nichts fühlen“, war Severus' Stimme plötzlich von vorne zu hören und Harry Kopf ruckte herum. Wie hatte er das gemacht? Es war doch nichts zu hören gewesen. Wieder verging eine Minute, in der Harry angestrengt lauschte, bis er verblüfft Severus' Stimme nun von rechts vernahm. „Na also, es scheint besser zu werden.“ „Wie machst du das?“ „Still. Konzentriere dich.“ Angespannt lauschte Harry weiter und war jedes Mal erstaunt, wenn Severus sich erneut von woanders bemerkbar machte. Dieses Spielchen spielten sie noch eine ganze Weile, bis Harry auffiel, dass das angestrengte Lauschen ihn tatsächlich von allem anderen ablenkte. „Ich schätze, besser wird es bei dir nicht werden“, sprach Severus wieder von vorne. „Augen auf.“ Harry tat wie ihm geheißen und blickte ruhig zum anderen. „Ich werde versuchen die Erinnerungen an Necrandolas nicht hervorzuholen, aber versprechen kann ich nichts“, erklärte Severus und als Harry nickte, erhob er seinen Zauberstab. „3, 2, 1, Legilimens.“ Sofort brachen ganze Bilderfluten über Harry herein. Duddley, wie er schmatzend ein Eis im Garten verdrückte, während Harry Unkraut jätete …... Ron und Hermine, wie sie Zaubererschach spielten …... Er selbst, wie er heimlich nachts unter der Decke in seinem Zimmer versuchte Hausaufgaben zu machen …... Der Geschenkeberg an Dudleys Geburtstagen …... „Konzentration, Potter!“ Sirius, wie er am See von den Dementoren angegriffen wurde und Harry seinen Patronus heraufbeschwor …... Voldemort, wie er, in einen dunklen Mantel gehüllt, das Blut des toten Einhorns trank …... Sein Traum von Sirius, wie er lachend mit ihm im Garten saß und Zukunftspläne machte... „Du lässt mich schon wieder an viel zu emotionale Momente heran“, keifte Severus und beendete den Zauber. Harry stand keuchend da und hielt sich an der Schreibtischkante fest, während Severus sich seufzend über die Nasenwurzel strich. „Du warst doch so konzentriert. Warum in Merlins Namen wehrst du mich dann immer noch nicht ab?“ „Vielleicht werde ich es einfach nie können“, erwiderte Harry und setzte sich. „Ich dachte du wüsstest endlich, wie wichtig das ist“, warf Severus verärgert ein. „Wenn du dir keine Mühe gibst, verschwenden wir hier nur meine Zeit!“ „Natürlich weiß ich, wie wichtig das ist“, protestierte der Gryffindor. „Und ich denke, die Methode, die wir heute ausprobiert haben, war schon ganz hilfreich.“ „Tse“, machte der Tränkemeister. „Du erwartest also von mir, dass ich das jetzt immer auf diese nette Art versuche? Willst du mich umbringen?“ Sofort huschte ein breites Grinsen über Harrys Gesicht, dann versuchte er sich aber in einem mitfühlenden Gesichtsausdruck, als der andere ihn mit seinem Blick erdolchen wollte. „Ich werde mir Mühe geben, damit du das so schnell wie möglich hinter dir hast.“ Dann ergänzte der Gryffindor aber nun doch noch feixend: „Und keine Sorge, ich werde niemandem erzählen, dass du auch nett beim Unterrichten sein kannst.“ „Das hoffe ich für dich“, knurrte der Slytherin. „Sonst ist mein Ruf im Eimer.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)