Die Grotten von Necrandolas von -wolfsmoon- ================================================================================ Kapitel 1: Neues Schuljahr - Neue Rätsel ---------------------------------------- Neues Schuljahr – Neue Rätsel Zusammen mit seinen beiden Freunden Ron und Hermine betrat Harry die große Halle von Hogwarts. Das sechste Schuljahr hatte begonnen und alle Schüler saßen an ihren Haustischen und warteten darauf, dass die neuen Erstklässler hereingeführt wurden. Harry setzte sich zwischen Ron und Ginny, während Hermine gegenüber neben Neville und Seamus Platz nahm. An allen vier Haustischen erzählten die Schüler eifrig von ihren Sommerferien. Nur Harry war nicht nach Erzählen zumute. Was sollte er auch groß erzählen? Bei den Dursleys erlebte er ja nicht sonderlich viel und es interessierte sicherlich keinen, wie oft er den Rasen gemäht oder den Ofen geschrubbt hatte. Leider waren diese Ferien aber auch gefühlt die längsten von allen gewesen, da er sich blöderweise angewöhnt hatte, im Schlaf über die Ereignisse vor drei Monaten nachzudenken. Immer wieder ging sein Gehirn die Fehler durch, die Harry gemacht hatte und die zu diesem Kampf im Ministerium geführt hatten, bei dem nicht nur seine Freunde verletzt worden waren, sondern auch Sirius von Bellatrix Lestrange getötet wurde. Und dass der Tagesprophet auch noch nichts besseres zu tun hatte, als auf dem Geschehen im Ministerium herum zu reiten, machte das Ganze auch nicht besser. Dass Sirius unschuldig und im Ministerium gestorben war, war für den Tagespropheten natürlich nicht groß von Bedeutung. Nein, wichtig war ja nur zu verkünden, dass Harry der 'Auserwählte' war. Und das jeden Tag aufs Neue, damit die Leser das auch ja nicht vergaßen. Auch jetzt konnte Harry Gesprächsfetzen seiner Mitschüler erhaschen, bei denen sie über ihn und Voldemort zu sprechen schienen. Die verstohlenen Blicke, die sie ihm dabei zuwarfen, bestätigten seine Annahme. Er versuchte es so gut wie möglich zu ignorieren. „Halloooohooo?! Erde an Harry!“, rief Hermine, während sie mit ihren Händen vor Harrys Gesicht herumwedelte. Harry schrak aus seinen Gedanken und sah sie verdutzt an. „Was ist?“ „Sag mal, wo bist du nur mit deinen Gedanken? Du bist schon den ganzen Tag so“, gab Hermine mit verständnislosem Blick zurück. „Darf ich jetzt noch nicht mal mehr nachdenken?“, fragte Harry patzig. „Kommt drauf an worüber du nachdenkst“, antwortete die junge Hexe und schaute ihn prüfend an, als könne sie so sehen, über was er so scharf nachgedacht hatte. Ron hingegen schaute nur ungeduldig zum Eingang. „Wo bleiben die Erstklässler? Ich hab Hunger!“ Hermine verdrehte die Augen. „Kannst du auch mal an was anderes denken als an Essen?“ „Und kannst du mal aufhören bestimmen zu wollen wer was denken darf?“, gab Ron nur zurück. Hermine setzte an etwas zu sagen, doch schien sie es sich anders zu überlegen und schaute nun zum Lehrertisch. „Hey, der Platz für den Lehrer in Verteidigung gegen die dunklen Künste ist leer“, sagte sie auf einmal, woraufhin Ron und Harry ihrem Blick folgten. Sie hatte recht. Der Platz links neben Snape war nicht belegt, ebenso wie der Rechte, doch das war der Platz von Professor McGonagall, die noch mit den Erstklässlern beschäftigt war. Snape hingegen bemerkte die Blicke der drei und funkelte sie aus seinen schwarzen Augen an. Ron und Hermine schauten schnell weg, aber Harry sah es nicht ein den Blick abwenden zu müssen und schaute genauso grimmig zurück. Eine Zeit lang tauschten sie noch diese Blicke, bis Dumbledore Snape anstieß und ihm etwas zu erzählen schien und Snape sich leicht genervt dem Alten zuwandte. „Also scheint der neue Lehrer noch nicht angekommen zu sein, was?“, setzte Harry zu einem Gespräch an, als er sich wieder zu seinen Freunden gedreht hatte. „Vielleicht hat Dumbledore ja noch keinen Lehrer gefunden. Wenn man mal bedenkt, dass kein Lehrer länger als ein Schuljahr durchgehalten hat“, rief Ron hoffnungsvoll aus. Hermine schüttelte nachdenklich den Kopf. „Er hat bestimmt jemanden gefunden. Er kommt wahrscheinlich nur später.“ „Musst du mir immer jeden Hoffnungsschimmer zerstören?“, gab Ron mürrisch zurück. Harry sagte nichts dazu. Ihm war es egal, welchen Lehrer sie in VgddK bekommen würden, solange es nicht Snape oder Umbridge waren. Plötzlich öffnete sich das Tor zur Halle und Professor McGonagall kam herein, gefolgt von eingeschüchterten Erstklässlern, die brav in Reih und Glied hinterher tapsten. „Na endlich!“, sagte Ron. „Wurde aber auch Zeit!“ Hermine warf ihm einen missbilligenden Blick zu, doch der ignorierte sie einfach. Die neuen Schüler wurden vom sprechenden Hut ihren Häusern zugeteilt, was Rons Meinung nach viel zu lange dauerte. Als alle Schüler durch waren, stellte Professor McGonagall den Hut und den Hocker beiseite und nahm zwischen Dumbledore und Snape platz. Dumbledore erhob sich, sobald sie saß, und sah freudig lächelnd in die Gesichter der Schüler. „An die neuen Schüler: Willkommen in Hogwarts! An die alten Hasen: Willkommen zurück!“, begann er zu sprechen. „Ich will hier jetzt keine großen Reden schwingen und sage deshalb nur: Haut rein!“ Kaum hatte er dies ausgesprochen, bogen sich die Haustische auch schon unter der Last der vielen Köstlichkeiten, die auf einmal auf ihnen erschienen. Doch bevor die Schüler zugreifen konnten, wurde auf einmal die große Tür zur Halle erneut aufgestoßen. Alle Schüler blickten neugierig zum Eingang, in dem eine Frau in einem schwarzen Umhang erschienen war und nun schnellen Schrittes auf den Lehrertisch zutrat. „Verdammt, hat Snape sich umoperieren lassen oder was?“, platzte es aus Ron heraus. Hermine versetzte ihm einen heftigen Tritt unterm Tisch, was diesen kurz aufjapsen ließ, bevor er Hermine böse anfunkelte. Harry jedoch starrte weiterhin diese Frau an, die nun an ihnen vorbei kam. Er konnte Rons Gedanken verstehen. Die Frau hatte lange, schwarze Haare, die sie zu einem simplen Pferdeschwanz gebunden hatte. Ihre Augen waren genauso schwarz wie die von Snape und ihr Blick war, ohne das eine Gefühlsregung darin zu erkennen war, nach vorne gerichtet. Die Schüler, die sie nun alle anstarrten, ignorierte sie gekonnt. Auch ihre Gangart und wie ihr Umhang hinter ihr her wehte, erinnerte stark an den Tränkemeister. „Ab und zu solltest du vielleicht nachdenken, bevor du den Mund auf machst, Ronald“, gab Hermine bissig von sich und blickte zum Lehrertisch. „Allerdings scheint Snape über ihren Besuch nicht gerade froh zu sein“, fügte sie noch erstaunt hinzu und runzelte die Stirn. Harry und Ron folgten ihrem Blick zu Snape. Dieser saß stocksteif an seinem Platz und starrte die Frau an. Seine Hand war in der Bewegung zum Brötchenteller erstarrt, was ein, für Snape, ungewohntes Bild ergab. Dumbledore war währenddessen aufgestanden und strahlte die Frau an. Sie erreichte den Lehrertisch, schüttelte Dumbledores Hand und erwiderte sein Lächeln. „Schön, dass Sie es noch bis zum Festessen geschafft haben“, sagte Dumbledore zu ihr. Diese nickte nur und ging zum freien Platz neben Snape, den Dumbledore ihr zugewiesen hatte. Bevor sie sich setzte, erhob Dumbledore das Wort: „Ich möchte euch eure neue Lehrerin für Verteidigung gegen die dunklen Künste vorstellen: Professor Levin.“ Die Frau verneigte sich kurz vor den Schülern, bevor sie sich auf ihren Platz setzte. Sofort begann das Stimmengewirr der Schüler. „Hallo Severus!“, sprach Professor Levin leise zu Snape, ohne ihren Blick von den Schülern abzuwenden. „Das war ja mal ein gelungener Auftritt, Syndia“, gab Snape kalt zurück, während er versuchte, seine Fassung zurück zu erlangen. „Was zum Teufel willst du hier?!“, fügte er hinzu, seine Wut in der Stimme nicht versteckend und funkelte Professor Levin böse an. Diese holte tief Luft, ehe sie Snape in die Augen sah. „Das ist eine lange Geschichte. Ich werde es dir erklären, aber nicht hier.“ Snape setzte an etwas zu sagen, doch Professor Levin kam ihm zuvor: „Es tut mir Leid, okay? Ich weiß, dass du sauer bist und du bist es auch zu Recht. Aber höre dir bitte zuerst an, was ich zu sagen habe, bevor du mich anschreist.“ „Auf deine Märchen kann ich verzichten!“, zischte Snape und stand auf, um dann in der Tür hinter dem Lehrertisch zu verschwinden. Professor Levin wollte ihm zuerst folgen, überlegte es sich aber anders und blickte ihm nur traurig hinterher. „Keine Sorge, Syndia. Er wird sich beruhigen“, kam es von Dumbledore. Levin sah ihn an und nickte nur, ehe sie sich etwas zu Essen auffüllte. Harry, Ron und Hermine hatten dieses Szenario von ihren Plätzen aus beobachtet. Nachdenklich schüttelte Harry seinen Kopf. „Was die wohl beredet haben? Es sieht Snape nicht ähnlich einfach so zu verschwinden. Schließlich muss er doch sein Gesicht wahren.“ „Naja“, setzte Ron an, „diese Frau ist aber auch etwas seltsam, findet ihr nicht? Und sie sieht Snape so verdammt ähnlich. Ich wette alle meine Schokofroschkarten darauf, dass die verwandt sind!“ Hermine sah ihn skeptisch an, richtete ihren Blick aber bald wieder nach vorne. Levin unterhielt sich nun mit Professor McGonagall und hatte alle Gefühlsregungen aus ihren Gesichtszügen verbannt. „Wir werden sehen. Vielleicht erzählt sie uns ja etwas, wenn wir mit ihr Unterricht haben“, sprach Hermine weiter. „So sicher wäre ich mir da nicht“, sagte Ron und kräuselte die Nase. „Wenn sie genauso ist wie Snape, wird sie uns wohl kaum ihre Lebensgeschichte erzählen. Oh, hoffentlich ist sie es nicht. Es reicht schon aus in einem Fach so einen Lehrer zu haben.“ Alle drei schwiegen. Harry schaute nochmals zur neuen Lehrerin, die ihren Blick über die Schüler schweifen ließ. Als sie bei Harry angelangt war, schauten sie sich an. Nochmals staunte Harry über ihre schwarzen Augen, die denen von Snape so verblüffend ähnlich waren. Levin hingegen schien ihn zu erkennen und lächelte ihn leicht an. Es war kaum zu sehen, doch Harry konnte dieses winzige Mienenspiel erkennen. Er lächelte zurück und sah sich ihr Gesicht noch einmal genauer an. Ganz so ähnlich, wie man es im ersten Moment dachte, war sie Snape gar nicht. Zwar hatte sie die gleichen Augen und die selbe Haarfarbe, doch hatte sie eine gerade, kleine Nase und feinere Gesichtszüge als der Tränkemeister. Es war wohl eher ihre 'Aura', die Snape so sehr ähnelte. Nach kurzer Zeit wendete Levin ihren Blick von Harry ab und sprach wieder mit McGonagall. Severus Snape lief schnellen Schrittes und mit wehender Robe durch die Gänge. Noch immer versuchte er seine Wut zu zügeln, die eben in ihm entfacht war. Es hatte keinen Sinn in der großen Halle zu bleiben. Er wollte sich nicht die Blöße geben und noch in Anwesenheit aller Schüler einen Wutausbruch bekommen. Was bildete sich diese Frau bloß ein?! Dachte sie etwa, dass sie nur wieder aufzutauchen brauchte und alles sei wieder in Ordnung?! Sie schien noch nicht einmal darüber nachgedacht zu haben, was sie angerichtet hatte. Und Dumbledore schien sie auch noch zu unterstützen. Warum hatte dieser alte Mann ihm nicht gesagt, dass sie hier auftauchen würde? Dann wäre er gar nicht erst zum Festessen erschienen oder hätte sich wenigstens wappnen können. Noch immer kochend vor Wut, betrat er sein Büro und ging durch eine weitere Tür in seinen Wohnbereich. Dort schwang er seinen Zauberstab, sodass ein Glas und eine Flasche Feuerwhisky aus der Vitrine zum Tisch schwebten. Er schenkte sich ein und setzte sich in den Sessel vor dem Kamin, in dem gerade ein Feuer zu züngeln begann. Mit langsam abflauender Wut, nahm er einen großen Schluck und starrte dabei ins Feuer. Sie wollte ihm also alles erklären, ja? Ob sie ihm jedoch die Wahrheit erzählen würde, wäre eine andere Sache. Immerhin hatte sie es all die Jahre auch nicht für nötig gehalten ihm zu erklären, was los war. Lange Zeit hatte er sich den Kopf darüber zerbrochen, was das alles sollte und vor allem, warum sie ihn so im Stich gelassen hatte. Da er nie zu einem Ergebnis gekommen war, hatte er das Grübeln irgendwann aufgegeben. Langsam stieg wieder die Wut in ihm auf. Ja, sie hatte ihn im Stich gelassen. Sie hatte sich all die Jahre nicht blicken lassen, obwohl sie ihm damals versprochen hatte, sich wieder öfter zu melden, sobald sie ihr Studium beendet hatte. Doch nichts war geschehen! Nichts! Severus stand auf und trat zu seinem Bücherregal, das Glas noch in der Hand. Er zog ein altes Notizbuch heraus und entnahm daraus zwei Briefe, die inzwischen auch schon einige Jahre dort drin lagen. Sie hatte ihm nur diese beiden Briefe geschickt, in denen auch nur das Notwendigste drin stand. Briefe, die sie ihm auch nur geschickt hatte, weil es sich so gehörte. Diese Briefe waren der einzige Beweis dafür, dass Syndia überhaupt noch lebte. Lange Zeit hatte er befürchtet, dass ihr etwas zugestoßen war, doch als der erste Brief eintraf und Syndia darin noch nicht einmal ihre Grüße ausrichtete, wusste Severus, dass sie sich einfach nicht melden wollte. Severus hatte versucht Kontakt mit ihr aufzunehmen, aber er konnte einfach nicht herausfinden wo sie nun lebte und die Eulen hatte man auch nicht zurückverfolgen können. Bevor er die Briefe noch in seiner Wut zerreißen könnte, schob Severus sie wieder zwischen die Seiten des Notizbuches und stellte dieses zurück ins Regal. Gedankenversunken trat er wieder zum Kamin und schaute in die Flammen. Er hatte wohl keine andere Wahl. Er musste sich die Erklärungen von Syndia anhören. Doch nicht mehr heute, schließlich wollte er ihr nicht an die Gurgel gehen. Sie müsste mit ihrer Geschichte wohl bis Morgen warten und falls diese nicht glaubwürdig genug war, konnte er sie immer noch rausschmeißen. Severus leerte das Glas in einem Zug und stellte es zurück auf den Tisch. Einige Zeit lang schlich Severus durch seine Wohnung, sortierte seine Tränkelisten im Büro weg, nahm sich Bücher aus den Regalen, doch er konnte sich auf nichts konzentrieren. Es hatte keinen Sinn. Selbst eine heiße Dusche half ihm nicht, seine Gedanken zu beruhigen und so zog er sich einfach frühzeitig ins Schlafzimmer zurück. Von der Wohnstube aus konnte er hören, wie jemand hartnäckig an seiner Tür klopfte. Das konnte ja nur Syndia sein. Murrend löschte Severus alle Lampen und verzog sich ins Bett. Er war zwar noch nicht müde, aber lieber im Bett liegen, als sich mit Syndias Erklärungen herum zu schlagen. Nach dem Festessen hatte sich Syndia zuerst auf den Weg in ihre eigenen Räume gemacht. Da sie erst kurz vor dem Festessen angekommen war, hatte sie noch keine Möglichkeit gehabt, sich hier umzusehen geschweige denn ihre Koffer auszupacken. Nun stand sie mit ihren wenigen Sachen in dem größten Raum, der als Wohnzimmer genutzt wurde. Mit wenigen Zaubern waren ihre Sachen ausgepackt und als letztes stellte sie mit einem liebevollen Lächeln ein Bild auf ihrem Schreibtisch auf. Darauf war ein Junge mit kurzen schwarzen Haaren zu sehen, der mit seinen ebenso schwarzen Augen in die Kamera sah. Er saß an einem Baum gelehnt in dessen Schatten und blätterte in einem Buch. Bevor er jedoch heimlich fotografiert werden konnte, schaute er auf und lächelte in die Kamera. Langsam wurde Syndias Blick wieder nachdenklich. Der Kleine erinnerte sie an Severus. Am besten würde sie noch heute Abend mit ihm sprechen, um die ganzen Missverständnisse aufzuklären. Seufzend wanderte sie in die Küche, um sich Wasser für Tee aufzusetzen. Während sie wartete, blätterte sie am Tisch lehnend im Tagespropheten. Die Titelseite nahm einen Bericht über den 'Auserwählten' ein, bei dem ein Bild von Harry Potter zu sehen war. Genervt verdrehte die Hexe die Augen. Sie hatte schon seit vielen Jahren nichts mehr mit England am Hut gehabt, doch selbst ihr war aufgefallen, wie die Presse diesen Vorfall vor knapp 3 Monaten ausschlachtete. Es war schön und gut, wenn man den Menschen Hoffnung geben wollte, doch sollte man das, ihrer Meinung nach, nicht zu Lasten eines 16-jährigen Jungen tun. Ihr waren die Blicke der Mitschüler von Harry Potter nicht entgangen. Sie kannte ihn zu wenig, um beurteilen zu können, ob er wirklich so war wie im Tagespropheten beschrieben. Doch als sie heute Abend in seine Augen gesehen hatte, erkannte sie, dass ihm diese ganze Aufruhr um ihn herum einfach nur nervte. Am inzwischen fertigen Tee nippend, blätterte Syndia die Zeitung durch, ohne großes Interesse an den Artikeln zu zeigen. Sie suchte nach etwas Bestimmtem. „Nichts“, stellte sie zufrieden fest, als sie die Zeitung durchgesehen hatte und legte sie zurück auf den Küchentisch. Das Ministerium hatte es also endlich mal geschafft, etwas vor der Presse geheim zu halten. Besser war es, wenn diese nichts von den neuesten Ereignissen wusste. Es würden nur Fragen aufkommen, die sehr hinderlich werden würden. Mit einem Blick auf die Uhr leerte sie ihre Tasse und stellte diese in die Spüle. Wenn sie Severus noch erwischen wollte, sollte sie bald losgehen. Auch wenn sie ihre Chancen gering einschätzte, dass Severus ihr zuhören würde. Mit Sicherheit würde er erstmal auf stur und beleidigt stellen. Am liebsten hätte Syndia bei dem Gedanken einfach nur die Augen verdreht, aber leider wusste sie, dass Severus dieses Mal im Recht war. Gähnend lief Harry neben seinen beiden Freunden her. Er hatte am Vorabend noch lange wach gelegen. Er hatte gehofft sich mit den neuesten Ereignissen ablenken zu können, doch wenn er alleine war und nichts zu tun hatte, schweiften seine Gedanken wieder zu Sirius. Harry strich sich durch die Haare. Nein, er würde jetzt nicht wieder ins Grübeln fallen. Heute war der erste Schultag. Heute wollte er sich wieder ganz der Schule widmen. Ron sah nicht minder müde aus, obwohl er wesentlich früher eingeschlafen war. Hermine hingegen schaute sich mit wachen Augen in der großen Halle um, die sie gerade betreten hatten. Ein Großteil der Schüler war bereits eingetroffen, doch waren einige Lücken an den Tischen zu erkennen. An den Tischen von Hufflepuff und Gryffindor war es am lautesten. Dort wurde gelacht, rumgealbert und dabei ganz das Frühstück vergessen. Harry, Ron und Hermine setzten sich an den Gryffindortisch und schnappten sich etwas Rührei. Hermine blickte zum Lehrertisch, nur um festzustellen, dass der Platz links von Snape leer war, während der Tränkemeister ungestört frühstückte. Nichts auffälliges. Snape benahm sich ganz normal, als sei gestern Abend nichts geschehen. „Snape scheint sich wieder im Griff zu haben“, bemerkte Harry, als er Hermines Blick gefolgt war und den Tränkemeister beobachtet hatte. „Mal sehen wie er sich verhält, wenn erstmal die neue Lehrerin aufgetaucht ist“, grinste Ron, sichtlich gespannt auf diese Situation. Es sorgte bei ihm für eine ungewöhnlich gute Laune, wenn er beobachten konnte, wie Snape die Fassung verlor. Natürlich nur, wenn es sich dabei nicht um einen Wutanfall handelte, bei dem er in Reichweite des Tränkemeisters war. Er biss von seinem Marmeladenbrot ab und achtete immer im Augenwinkel darauf, ob sich die Tür hinter dem Lehrertisch öffnete. Hermine hingegen schüttelte bei dieser sichtlichen Schadenfreude nur den Kopf. Inzwischen waren fast alle Schüler anwesend und die Hauslehrer erhoben sich, um die Stundenpläne an die Schüler zu verteilen. „Hey, wir haben die neue Lehrerin schon heute!“, rief Ron begeistert aus. „Zuerst Zauberkunst, dann Verteidigung und Zaubertränke. Und nach dem Mittagessen noch Verwandlung.“ Das Grinsen verschwand schnell aus seinem Gesicht, als er weiterlas. „Die anderen Tage sind genauso voll gepackt und der Donnerstag hat sogar 10 Stunden! Wollen die uns fertig machen?! Kein Tag unter 8 Stunden!“ Er raufte sich die Haare, während Hermine nur wieder die Augen verdrehte. Sie hatte ein paar Stunden mehr, allerdings störte sie das nicht weiter. Sie war schon deutlich schlimmeres gewohnt, wenn man an das dritte Schuljahr zurück dachte. Schweigend aßen sie weiter, wobei Ron beobachtete, wie Snape sich wieder auf seinen Platz setzte und aus seiner Tasse trank. Kurz darauf ging die Tür hinter dem Lehrertisch auf. „Da ist sie!“, rief Ron gespannt aus, was Harry und Hermine dazu bewegte, ebenfalls zum Lehrertisch zu sehen. Levin betrat die große Halle und ging auf ihren Platz zu, dabei zu Snape schauend. Dieser bemerkte ihre Anwesenheit noch bevor sie ihren Stuhl erreicht hatte und stand auf. Für einen kurzen Moment standen sie sich gegenüber und schauten sich mit ausdruckslosen Mienen an. Dann ging Snape an ihr vorbei zur Tür und verschwand. Levin hingegen blieb noch kurz stehen, ehe sie tief durchatmete und sich auf ihren Platz setzte. „Das war ja langweilig“, gab Ron von sich. „Ron!“ Hermine sah ihn empört an. „Was denn? Snape scheint ja zu feige zu sein, um sich mit dieser Frau in einem Raum aufzuhalten.“ „Du genießt es, wenn andere Menschen zerstritten sind?!“ Hermine wurde rot vor Wut. „Das habe ich nie gesagt“, sprach Ron, der die Situation wieder etwas entschärfen wollte. „Ich meine...diese Frau...es ist nur interessant zu sehen, dass Snape anscheinend nicht in der Lage ist, sich Konflikten zu stellen.“ „Ach hör schon auf Ron! Du beobachtest die Beiden doch nur, weil du sehen willst, wie es jemand schafft Snape die Stirn zu bieten!“ „Das ist nicht wahr!“ Harry drehte sich genervt von seinen beiden Freunden weg. Mussten sie sich schon am ersten Schultag wieder in die Haare kriegen? Und das noch vor der ersten Stunde. Das war dann wohl ein neuer Rekord. Sein Blick wanderte zum Lehrertisch, wo Levin sich gerade ein Brot mit Käse belegte. Was war hier eigentlich los? Wer war diese Frau und was hatte sie mit Snape zu tun? Und warum verhielt Snape sich so untypisch? Als Syndia die große Halle durch die Nebentür betrat, rechnete sie schon damit, dass Severus' Platz leer sein würde. Doch zu ihrer Überraschung saß dieser auf seinem Platz und leerte gerade seine Tasse mit schwarzem Kaffee. Allerdings bemerkte Severus sie und stand auf. Er stand nun vor ihr und sah ihr direkt in die Augen. Sein Blick sollte gleichgültig wirken, aber Syndia kannte ihn viel zu gut. Sie sah den Schimmer von Unsicherheit aufblitzen. Erleichtert stellte sie fest, dass die Wut, die sie gestern noch so deutlich in diesen schwarzen Augen gesehen hatte, nun fast vollkommen verschwunden war. Allerdings wurde sie durch etwas anderes ersetzt. Enttäuschung vielleicht? Syndia konnte es nicht genau definieren, doch egal was genau es war, es versetzte ihr einen kleinen Stich. Noch bevor sie reagieren konnte, brach Severus den Blickkontakt und ging an ihr vorbei zur Tür. Sie wusste, dass es sinnlos wäre zu versuchen ihn aufzuhalten. Sie atmete einmal durch und setzte sich dann auf ihren Platz. „Guten Morgen, Syndia!“, kam es von McGonagall. „Morgen“, antwortete Syndia nur murmelnd. „Es wird schon besser“, bemerkte Dumbledore, während er sich ein Stück Spiegelei in den Mund schob. „Ja schon“, gab Syndia etwas geknickt zurück. „Ich muss noch vor der ersten Unterrichtsstunde mit ihm reden. Ich war schon am überlegen, ob Sie es nicht mal versuchen sollten“, sprach sie weiter und blickte nun fragend zu Dumbledore. Dieser schüttelte jedoch den Kopf. „Auch auf mich wird er nicht gut zu sprechen sein. Er wird mir vorwerfen, dass ich ihn über Ihr Erscheinen hätte unterrichten müssen. Und in seinem wütenden Zustand würde er Ihnen eher zuhören als mir.“ Nachdenklich sah sich Syndia in der Halle um. Wahrscheinlich hatte er Recht. Es würde für jeden schwer sein an Severus heran zu kommen. Da sie ihn am besten kannte, hatte sie die größten Chancen ihn zum Zuhören zu bringen. Außerdem war seine Wut nun etwas abgeklungen und er hatte sich wieder im Griff. Diese Flucht eben gerade war anders als die gestrige. Gestern war er aus Wut weggelaufen, heute aus reinem Trotz. Er spielte beleidigt. Das hatte er schon immer gerne getan, auch wenn er es nie zugeben würde. Syndia seufzte auf. Sie war viel zu lange weg gewesen und deshalb war Severus verletzt. Das durfte nicht noch einmal passieren. Sie hatte sich den großen Schritt getraut und sich wieder in England blicken lassen. Jetzt gab es kein zurück mehr. Auch gab es keinen Weg daran vorbei, noch vor der ersten Unterrichtsstunde mit ihm zu reden. Entschlossen stand sie auf und verließ die große Halle, um Severus zu suchen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)