Ein interkontinentaler Fußball-Rettungstrupp von Aphrodi ================================================================================ Kapitel 3: Familie ------------------ Die Mannschaft hatte sich erneut im Bus versammelt und war bereit zur Abfahrt. Die drei Brüder und ihrer Familie hatten sie zu einem gemütlichen Abendessen nach Hause eingeladen, bei dem sich alle ein wenig besser kennen lernen sollten. Als das Fahrzeug langsam vom Parkplatz rollte, wurde den Jungs ein wichtiges Detail klar – sie würden Trainer Endous Freund treffen. Lange hatten sie nicht mehr darüber nachgedacht, wem sie in Los Angeles genau begegnen würden, doch gleich würden sie es wissen. „Ich bin ganz aufgeregt!“, sagte Tenma grinsend und blickte aus dem Fenster. Neben ihm fing Nishizono an zu hibbeln. Über so viel nach außen gekehrte Aufregung konnten Shindou und Kirino, die hinter ihnen saßen, nur amüsiert den Kopf schütteln. Sie waren doch um einiges reifer als ihre zwei Teamkameraden, das lag aber sicher nicht nur an einem Jahr Altersunterschied.   „Und? Weißt du inzwischen, wem wir gleich begegnen werden?“, fragte der Rosahaarige seinen besten Freund gelassen. Der Angesprochene zog eine Augenbraue hoch, musste dann aber ertappt lächeln. Shindou besaß nicht nur eine gute Auffassungsgabe, er konnte auch gut recherchieren. Natürlich wusste er Bescheid, doch das Geheimnis hatte er bisher noch niemandem mitgeteilt. Ihm lag es fern die Überraschung für die anderen zu verderben. Und wenn selbst der Trainer ihnen den Namen nicht genannt hatte, würde er ihn auch nicht vorher erwähnen. „Ich war mir ziemlich sicher bis wir seine Söhne getroffen haben. Die Trainer und das Physioteam konnte ich ausschließen. Doch ein Spieler mit Kindern in unserem Alter?“, merkte der Mittelfeldspieler an. „Hm? Jetzt wo du es sagst... Er muss deutlich älter als der Trainer sein.“   Kirino sah irritiert zum vorderen Teil des Busses, in dem Phil, Preston und Parker Platz genommen hatten und mit Endou sprachen. Es trennten sie nur schätzungsweise zehn Jahre. Dennoch kam es vor, dass auch aktive Fußballer noch mit einem Alter von 35 Jahren auf dem Platz standen und ihre letzte Saison spielten, es kam eben auf mehrere Aspekte an - körperliche Fitness, bisherige Erfolge, Position auf dem Feld. Dennoch schien Shindou sich nachdenklich in seinen Sitz gelehnt zu haben, jedenfalls sah es für seinen Sitznachbarn so aus. Nun wurde auch Kirino skeptisch.   „Vielleicht hat er ja eine Vorliebe für ältere Frauen!“, verlieh Nishiki seiner Idee Worte und platzte damit in die Gedankenpaläste der beiden hinein. Sie blickten bedröppelt zur Seite und verzogen leicht die Mundwinkel nach unten, als sie auch noch sein völlig überzeugtes Gesicht sahen. Er meinte es ernst. „Also ich weiß ja nicht...“, begann Kirino und versuchte sich einen Reim daraus zu machen. „Das erklärt doch noch immer nicht, wieso dann seine Kinder auch älter sind.“   „Adoption.“   Die Blicke der Jungs, die in dieses Rätsel vertieft waren, sammelten sich bei der Quelle dieser Aussage – Kariya Masaki. Wenn jemand wusste, wovon er sprach, dann er selbst. Der kleine Verteidiger lebte immerhin selbst in einem Kinderheim namens Sun Garden und hatte zwei Ziehväter, die nicht älter als Trainer Endou waren. Für ihn war das die sinnvollste und am nächsten liegende Erklärung. Offenbar hatte er auch die anderen überzeugt, denn sie stoppten die Grübelei. „Das ist wirklich eine gute Erklärung“, stimmte Shindou zu und blickte wieder aus dem Fenster. Für den Moment waren seine Zweifel und Skepsis ausgelöscht, er konnte sich völlig dem Anblick der sonnigen Küstenstraße widmen. Sie waren hier direkt am Meer.   „Wieso fragt ihr die Jungs nicht einfach?“, mischte sich Tenma schließlich ein, der zumindest einen Teil des Gesprächs mitbekommen hatte. Für ihn war die Sache viel zu kompliziert in der Weise, wie sie seine Teamkameraden aufgerollt hatten. Und letztendlich waren sie auch noch nicht schlauer, alles waren nur Spekulationen. „Mach das bloß nicht! Weißt du, wie peinlich das ist? Am Ende hab ich eh Recht also kannst du uns das ersparen.“ Kariya sah alles andere als begeistert aus, wirklich überrascht war sein Gesicht allerdings auch nicht. Dass Tenma auch immer direkt werden musste. Hatte er gar keine japanische Erziehung genossen? Es gab da etwas, das nannte sich Zurückhaltung oder auch Diskretion. Nicht jeder hielt gerne einem Fremden seinen Stammbaum vor die Nase.   „Ach was, sie freuen sich sicher, wenn wir uns mit ihnen unterhalten.“ Und schon war Tenma auf und davon. Da sich niemand anders in das Gespräch einmischen und den Kapitän aufhalten wollte, blickte sich der Verteidiger hilfesuchend um. Ihm zu folgen kam allerdings nicht in Frage, er wollte nicht noch tiefer in diesen Schlamassel hineingezogen werden. „Tsurugi, du musst ihn aufhalten“, forderte Kariya schließlich. Wenn jemand Tenma bevormunden oder ihn einfach von einer dummen Idee abbringen konnte, dann war es definitiv das Stürmer-Ass von Raimon. „Keine Lust.“   Der Kapitän hatte sich inzwischen bis nach vorne bis nach vorne durchgekämpft – der enge Gang und die Fahrtbewegungen, da war es nicht immer einfach sich fortzubewegen – und blickte auf die Hinterköpfe von Endou und Phil, die sich unterhielten. Preston hatte ihn bemerkt und als er den Kopf drehte, richtete sich kurz danach auch Parkers Blick auf den Jungen. „Tenma, richtig?“ Auf die Frage hin nickte der Junge. Jetzt, wo er die Aufmerksamkeit hatte, stand ihm eigentlich nichts mehr im Weg. Doch auch Phil und der Trainer hatten inzwischen seine Anwesenheit bemerkt.   „Was gibt es?“, fragte Endou. Wenn sein Schützling jetzt auf die Toilette müsste, würde er noch einen Augenblick aushalten müssen. „Die Jungs haben überlegt, ob-“ Doch weiter kam Tenma nicht. Zwei Hände hatten sich von hinten um ihn herum gestohlen und wurden auf seinen Mund gedrückt. Deutlich überrascht protestierte er, doch sein „Hey, was soll das?“ wurde unverständlich tot genuschelt. Irritiert blickten die Amerikaner und der Trainer ihn und den Übeltäter dahinter an. „Ob wir eine Studio Tour in Hollywood machen können, wo wir schon mal hier sind“, beendete Kariya den angefangenen Satz.   Bevor sich der Trainer dazu äußern konnte, brach Preston in Gelächter aus und auch Phil und Parker blickten belustigt drein. Wie auf Kommando griff der Verteidiger Tenma am Ärmel und zerrte den protestierenden Jungen mit einem „Hab ich ja gleich gesagt, siehst du?“ davon. Doch sie kamen nicht weit. „Sorry, mein Bruder hat einen schlechten Humor“, gab Parker zu und konnte sich das Grinsen immer noch nicht aus dem Gesicht wischen. Preston daneben musste sich schon den Bauch halten und war immer noch nicht ruhig zu bekommen. „Mum arbeitet in einem der Studios, das habt ihr sicher nicht erwartet, oder?“, klärte Phil die Jungs schließlich auf und schmunzelte. „Wir können dort zu Besuch vorbeikommen wann immer wir wollen.“   Im ersten Moment völlig fassungslos standen Tenma und Kariya da und mussten sich aneinander festhalten ohne es überhaupt zu bemerken. Auch die Jungs in den Reihen dahinter hatten die Aktion natürlich mitbekommen und stachelten sich gegenseitig auf. „Drehen sie nicht gerade den neuen Dinosaurier-Film?!“ - „Und eine neue Comic-Verfilmung!“ - „Ob wir Autogramme bekommen?“ „Heißt das, die Studio Tour geht klar?“, fragte Kariya irritiert und konnte es gar nicht glauben. Das Team sollte ihm dafür ein Jahr lang die Fußballschuhe putzen, fand er.   „Wir können ja gleich mal fragen. Ich weiß nicht, wie passend es momentan am Set ist. Wenn wir nicht stören, dann ja.“ Mit dem Angebot von Phil konnten die Jungs scheinbar trotzdem gut leben und träumten weiter von ihrem Tag am Set ihres Traumfilms, während der Bus zum stehen kam. Sie waren da, war die stumme Botschaft. Die Brüder standen von ihren Plätzen auf und stiegen zielsicher aus dem Bus, während sich Endou nochmal an seine Mannschaft richtete. „Denkt daran, dass wir nur zu Besuch sind. Verhaltet euch höflich und egal was ihr seht, bleibt diskret.“   „Ja, Trainer!“   Die Jungs verließen nacheinander den Bus und die ersten wirkten ein wenig überrascht. Die Häuserfronten, die sich ihnen zeigten, waren recht schmal und wirkten sehr bodenständig. Doch sie waren weit mehr als sie schienen, denn wie für diese Region üblich wurden die Grundstücke sehr lang und schmal zum Strand hin abgetrennt. Meistens war das, was man von der Straße aus sah, lediglich die nach oben ausgebaute Garage und erst dahinter wurde das richtige Haus enthüllt, das in der Regel mit einem privaten Pool oder Tennisplatz ausgestattet war oder was das Herz eben noch so begehrte. Der ein oder andere hatte wohl eine Villa wie die, in der Shindou lebte, erwartet und guckte dementsprechend verloren aus der Wäsche. Wie konnte ein Fußballprofi in so einem Haus wohnen? Der Zauber und die Aufregung waren ein wenig verflogen, als die Spieler dem Brüdergespann hinterher trotteten und sich der vermeidlichen Haustür näherten.   „Willkommen in unserem Zuhause“, sagte Parker, als er die Tür aufschloss und die Gäste hineinbat. Zur Orientierung gingen Phil und Preston vor. Der Gruppe stellte sich allerdings wenig später im Hausflur eine Person in den Weg – ein junge asiatische Schönheit mit Augenklappe, die ihr Haar zu einem unordentlichen Mix aus Zopf und lockerem Dutt zusammengebunden trug. Die Haarspitzen waren ebenso rot gefärbt, wie die von Phil, Preston und Parker und spätestens jetzt war klar, dass es sich um ein Familienmitglied handelte, wenn die Attraktivität nicht schon Zeichen genug gewesen war.   „Noch ein Bruder?“, rätselte Amagi, dem daraufhin vom kleinen Kageyama am Ärmel gezogen wurde. Kurzes Getuschel war zu hören, während der junge Mann lächelnd auf die Jungs zuging. „Das ist also die Raimon-Elf“, bemerkte er lächelnd und gesellte sich zu Endou, um ihn mit einer herzlichen Umarmung zu begrüßen. „Schön, dass du es mit deiner Mannschaft hier her geschafft hast, Mamoru. Das letzte Mal ist viel zu lange her.“ „Geht mir genauso. Die Überraschung ist euch gelungen und die Jungs freuen sich sehr.“ So nebeneinander gesehen war noch deutlicher, von was für einer schlanken, grazilen Figur der Gastgeber war. Er hatte zwar durchaus Muskeln, doch wirkte er eher wie ein Model als wie ein Sportler. Ganz besonders seine langen, schlanken Beine waren weitaus weniger umfangreich als die des Trainers.   „K-K-K-K-Kaikou?!“   Bei diesem Ausbruch richteten sich alle Blicke auf Amagi, teilweise geschockt, verwirrt oder einfach nur verständnislos. Dem ein oder anderen hatte der stämmige Verteidiger damit ein Runzeln auf die Stirn gemalt, lediglich die Gastgeber wirkten weiterhin gelassen. Auch Trainer Endou nahm es einigermaßen mit Fassung, denn er wusste, worauf er sich hier eingelassen hatte. „Was?“, fragte Tenma und verlieh seiner Verwirrung Worte. Er war wohl einer der Wenigen, der nicht verstand, was Amagi sagen wollte. Der Blick in Tsurugis Gesicht machte das noch mal deutlicher. Der Stürmer schüttelte den Kopf bei all dem Trara – wie war das noch mit der Diskretion?   „Tenma, kennst du denn den japanischen Schauspieler Kaikou nicht? Er hat die letzten Jahre in vielen großen Filmen mitgespielt und ist zu einer großen Persönlichkeit in Hollywood geworden.“ Der Kapitän war scheinbar der Einzige, der diese Erklärung von Kirino brauchte, denn der Rest der Mannschaft – ausgenommen Shindou und Tsurugi - war längst in eine Art Starre gefallen, in denen sie kein Wort mehr heraus brachten. Atmeten sie überhaupt noch? Der Mittelfeldspieler sah seinem Gegenüber in das erheitert grinsende Gesicht und man konnte beinahe die Zahnräder in seinem Kopf mehrfach ineinander greifen hören. Tatsächlich sahen sie sich total ähnlich, wäre da nicht diese Augenklappe. Ohne die Hilfe seiner Teamkameraden hätte er diese Ähnlichkeit wohl aber dennoch nicht erkannt.   „Mum lenkt wie immer die ganze Aufmerksamkeit auf sich“, merkte Preston amüsiert an und Parker nickte zustimmend. Sie waren es gewöhnt, dass die Leute so reagierten. Selbst auf der Straße machten Paparazzi Fotos von ihnen, Leute fragten nach einem Autogramm oder einem Selfie. Allerdings würde der junge Mann mit seiner lebendigen Art auch zum Mittelpunkt werden, wenn er nicht berühmt wäre. Er war eben das, was man eine Rampensau nannte. „Ich hab auch hart dafür gearbeitet, Preston. Schauspielerei ist kein Kinderspiel“, gab Kaikou schmunzelnd zurück und lächelte dann in die immer noch sprachlosen Gesichter der Besucher. „Wenn ihr mögt, könnt ihr schon mal auf die Terrasse gehen oder euch im Garten austoben“, sagte der Schauspieler und richtete sich dann noch einmal an Endou.   „Mark ist hinten und heizt den Grill an.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)