Ein interkontinentaler Fußball-Rettungstrupp von Aphrodi ================================================================================ Kapitel 2: Neue Gefährten ------------------------- „Ich kann es immer noch nicht glauben, dass wir gegen die Jugendmannschaft eines amerikanischen Profivereins spielen werden!“ Bei Tenmas Worten war die Vorfreude deutlich herauszuhören. Seine Stimme klang noch heller als üblich und seine Augen strahlten so sehr, dass sie einem paar Sternen Konkurrenz machen konnten. Obwohl sie selbst eine besonders gute Mannschaft waren, war Raimon noch lange davon entfernt so einen Status zu bekommen. Zwar hatte der Erfolg von Endou Mamoru und Inazuma Japan vor 10 Jahren für einen deutlichen Zuwachs an Fußballbegeisterten gesorgt, die selbst auf die Raimon Jr High gehen wollten, um in die Fußstapfen ihrer Idole zu treten – wie auch Tenma -, aber die Qualität einer Fußballakademie besaßen sie dennoch nicht. „LA Galaxy spielt ziemlich erfolgreich in der Major League“, erklärte Shindou, der seinen Blick nur kurz vom Gepäckband abwendete. „Für die Aufnahme in die Jugendmannschaften müssen die Jungs schon einiges können. Wer für die LA Galaxy Youth Academy auflaufen darf, hat sehr große Chancen später einen Profivertrag zu unterschreiben. Der Traum eines jeden Fußballers.“   „Und ihr meint, dass wir überhaupt eine Chance gegen so eine Mannschaft haben?“, fragte Hayami zögerlich und sah alles andere als überzeugt aus. Am liebsten hätte er wohl seinen Koffer gleich wieder in das nächstbeste Flugzeug laden lassen und wäre zurückgeflogen. „Ich würde uns noch nicht abschreiben“, antwortete Kirino, der seine langen rosa Haare gerade offen trug. Er hatte im Flugzeug geschlafen und die Zöpfe hatten ihm dabei unangenehm in den Hinterkopf gedrückt. Am Ende fehlten schlichtweg die Haarbürste und der nötige Spiegel, um seine Haare wieder herzurichten. „In einem Freundschaftsspiel ist es unwichtig, wer gewinnt. Es geht um den Spaß am Fußball und wir können durch einen starken Gegner nur besser werden“, fügte Shindou hinzu. Endlich war auch sein Koffer zu sehen und er trat näher an das Rollband. Leider war sein Gepäckstück nicht das letzte, das noch fehlte und so mussten sich die Jungs noch ein wenig gedulden, bevor sie aufbrechen könnten.   „Shindou hat Recht. Aus so einem Spiel können wir viel lernen. Es wird uns dabei helfen noch besser zu werden und unsere Grenzen zu überschreiten“, erklärte Endou während er sich einen Überblick verschaffte, wessen Koffer bereits vorhanden waren. Dabei blieb er bei der kleinen Menschentraube um Shindou, Tenma, Kirino und Nishizono stehen. „Trainer Endou, danke, dass Sie uns das überhaupt ermöglichen“, kam es glücklich vom Kapitän, doch der Angesprochene schüttelte lächelnd den Kopf. „Dafür müsst ihr nicht mir danken, sondern dem Gastgeber. Ihr werdet noch persönlich die Chance dazu bekommen. Aber sagt mal, hat jemand Tsurugi gesehen?“ „Er wollte kurz telefonieren, um seinem Bruder Bescheid zu geben, dass wir gelandet sind“, erklärte Shindou. Tenma hatte es sich währenddessen zur Aufgabe gemacht, das Gepäckstück von Amagi auf dem Rollband ausfindig zu machen, während der kräftig gebaute Abwehrspieler jammerte, dass sie den Koffer sicher zu einem ganz anderen Flughafen geflogen haben. Und dabei waren doch seine Süßigkeitenvorräte darin.   „Verstehe, dann sollte er ja gleich zurück sein. Wir sind hier ja noch nicht fertig, richtig?“, fragte der Trainer in die Runde, während er zu Amagi und Tenma sah. Allerdings musste er sich gestehen, dass sie hier schon eine Weile standen und warteten. Ein kurzer Blick auf die Uhr an einem Handgelenk setzte ihn noch weiter unter Druck. Ihre Gastgeber mussten schon warten und sich fragen, wo sie blieben. Mehrere Reisegäste ihres Fluges hatten immerhin schon den Sicherheitsbereich verlassen. „Hört mal, es sieht ehrlich gesagt nicht so gut für den Koffer aus, wenn er noch immer nicht ausgeladen wurde. Amagi und ich werden gleich mal an einem Schalter nachfragen, ob sie uns sagen können, was mit ihm passiert ist. Lasst uns also schon mal alle zusammen aus dem Sicherheitsbereich gehen.“ Alle Blicke richteten sich auf Endou als er sprach und bis auf den kräftig gebauten Verteidiger waren auch alle damit einverstanden. Wenn sie erst einmal im Besucherbereich waren, würden sie wenigstens ein wenig frische Luft schnappen und die Sonne genießen können. Außerdem war der Großteil schon super gespannt darauf mehr von Los Angeles zu sehen. Draußen konnte man sich die Wartezeit auch viel besser vertreiben als hier in der Halle.   Nachdem sie Tsurugi wieder eingesammelt hatten, machte sich die Mannschaft nacheinander auf den Weg durch die Sicherheitsschleuse. Die ersten Spieler standen einen Moment etwas verloren da und warteten auf den Rest des Teams. Bevor sie allerdings alle wieder zusammengefunden hatten, bemerkte Nishizono einen Banner mit der Aufschrift Willkommen Raimon Jr. High. „Seht doch mal, da drüben!“, forderte er seine Mitspieler auf und staunte nicht schlecht. Die Worte waren in japanischen Schriftzeichen verfasst, drei Teenager hielten ihn über die volle Länge ausgebreitet. Auch die anderen Jungs waren für einen Moment überrascht. „Die meinen uns. Lasst uns hingehen!“, forderte Tenma, der ohne weitere Einwilligung schon die ersten Schritte machte. „Hallo!“ Eine höflichere und weniger energische Begrüßung hatte er gerade nicht in petto. Stattdessen winkte der Kapitän ihnen freudig zu, während er sich den Fremden näherte. „Ein rasendes Nashorn auf mich zukommen zu sehen würde mir weniger Angst machen als das“, merkte Kariya an, woraufhin er von Kirino einen mahnenden Blick kassierte.   „Freut mich euch kennen zu lernen, ich bin Tenma. Ihr seid bestimmt Spieler der LA Galaxy Youth Academy, hab ich Recht?“ Erst nachdem diese Worte seinen Mund verlassen hatten, merkte der stürmische Mittelfeldspieler, dass er sie auf Japanisch begrüßt hatte. Dabei hatte er tatsächlich die letzten Tage hart an seinem Englisch gearbeitet. „Eh, eh... My name is Tenma. Eh...“   Die Jungs vor ihm mussten bei seinem verplant niedlichen Gestammel ein wenig kichern. Wirklich viel hatte er ja auch nicht hervorgebracht. „Wir sprechen Japanisch, Tenma“, erklärte der Größte von ihnen und schmunzelte. Nicht nur der Angesprochene war überrascht. Zwar hatten die drei Fremden einen Banner mit japanischen Worten, aber das hieß ja noch lange nichts. Ihr asiatisch angehauchtes Aussehen hätte sie da schon eher verraten können. Doch das tat es nicht. Letztendlich war die USA so multikulturell über mehrere Generationen, dass man nicht sicher sein konnte, wie viel Japaner, Chinese oder Koreaner noch in einem asiatischen Aussehen steckte. Innerlich fiel aber jedem Raimon-Spieler gerade ein Stein vom Herzen, denn die meisten von ihnen waren nicht besonders gut in Englisch. Sie konnten es schreiben, aber sprechen taten sie es im Unterricht nahezu nie. Damit hatten sie also arge Probleme.   „Ich bin Phil“, fuhr der Größere fort. „Das sind meine Brüder Preston und Parker.“ Dass sie Geschwister waren, war deutlich zu erkennen, so ähnlich sahen sie sich. Sie hatten alle feine und für Jungs recht androgyne Gesichtszüge. Mit ihrem Aussehen machten sie sogar Kirino Konkurrenz. Außerdem hatten sie alle mindestens Schulterlange Haare. Nur Preston schummelte ein wenig bei der Zusammengehörigkeit, indem er sein Deckhaar kurz und gestuft trug. Es sah wild aus und war so voll, dass es wahrscheinlich berechtigterweise nicht in einer Länge getragen wurde. Seine Brüder zogen es dagegen vor zumindest Teile ihrer Haare zusammengebunden zu tragen. Parker hatte seine zu einem hohen, wirren Zopf zusammengesteckt, Phil trug die obere Hälfte ebenfalls hochgebunden, während die restlichen Haare schulterlang über seinen Nacken hingen. Einige rot gefärbte Haarspitzen einten die Brüder allerdings und ließen sie unverwechselbar zusammengehörig aussehen.   Je länger Tenma die beiden jüngeren Jungs ansah, desto mehr hatte er das Gefühl, er würde in das gleiche Gesicht gucken. Und doch waren sie so unterschiedlich, wie sie kaum hätten sein können. Parkers dunkelbraune Augen wurden zwar von einer Brille in Szene gesetzt, das leuchtende Petrol seines Bruders hob sich deutlich davon ab. Dennoch wirkten ihre Augen gleich. Die Nase, das Kinn, sogar die kurzen Augenbrauen waren identisch, ebenso die Lippen. Aber farblich gesehen standen sie in totalem Kontrast. Wo Preston blonde Haare hatte, hatte Parker schwarze. Teinttechnisch war es wieder anders herum. Die schneeweiße Haut wirkte fast wie Leichenblässe neben dem sonnengebräunten Blonden. Phil stand in allem irgendwo mittendrin. Petrolfarbene, helle Augen, rabenschwarze Haare und ein gesunder Teint.   „Jungs, schön euch mal wiederzusehen“, sagte Endou, der mit einem Teil der Mannschaft zu ihnen aufgeschlossen hatte. Ein freudiges Lächeln umspielte seine Lippen. „Es ist so lange her. Ihr seid groß geworden, da sieht man, wie die Zeit vergangen ist.“ „Richtig, die kleinen Fußballanfänger von damals sind nicht mehr. Mittlerweile können wir richtig gut mit dem Ball umgehen“, merkte Preston amüsiert an, die Hände locker in den Taschen seiner Trainingsjacke vergraben. „Jetzt gibt er an, dabei konnte er gestern vor Aufregung kaum schlafen.“ „Das ist doch gar nicht wahr, Parker!“ Etwas bedröppelt stand Endou vor den Jungs und lächelte wortlos, bevor Phil sich wieder an ihn wand. „Was meine Brüder damit sagen wollen ist, wir freuen uns, dass Sie uns wieder mal besuchen.“ Dann blickte er an dem Erwachsenen vorbei in Richtung Mannschaft. „Über euch freuen wir uns natürlich auch. Nach allem, was wir von euch gehört haben, ist es uns eine Ehre gegen euch antreten zu dürfen.“   „Ihr habt von uns gehört?“, fragte Tsurugi überrascht. Sie hatten zwar das Finale im Saints Way gewonnen, aber dennoch konnte er sich kaum vorstellen, dass das in den USA so eine große Sache gewesen wäre. Dafür war ihr Fußball viel zu regional. „Klar, unser Vater erzählt viel von euch. Und eine Mannschaft, die vom großen Endou Mamoru trainiert wird, muss doch gut sein“, sagte Preston und sah kurz zu seinen Brüdern. Sie teilten seine Ansicht offenbar. „Außerdem habe ich gehört, dass Kidou Yuuto ebenfalls eine Zeit lang euer Trainer war. Wenn seine Begabung ein Spiel zu lesen und zu leiten auf euch abgefärbt hat, wird es interessant.“ Parker rückte bei den Worten seine Brille zurecht und schien die Jungs der Raimon Jr. High ausgiebig zu scannen. Irgendwie waren die drei Brüder ja ein lustiger Haufen, sie wirkten selbst ein wenig wie die Fanboys Tenma, Nishizono, Nishiki- Da konnte man eigentlich jeden Namen aufzählen. Alle an der Raimon himmelten die ehemaligen Spieler von Inazuma Japan an und selbst die amerikanischen Kids schienen sich diesem Hype nicht entziehen zu können. Diese Verbindung zwischen ihnen war Tenma jetzt schon sympathisch und außerdem liebten sie ja alle den Fußball.   „Bevor wir uns jetzt die Beine in den Bauch stehen, schlage ich vor, dass wir in euer Mannschaftshotel fahren. Ihr seid sicher erschöpft und hungrig von der langen Anreise“, bemerkte Phil, während seine Brüder den Banner wieder einrollten und sich anschwiegen. Die Raimon-Elf war froh über diesen Vorschlag. Zwar hatten sie lange gesessen, aber der Magen hing ihnen wirklich bald in den Kniekehlen. Außerdem war es angenehm endlich gänzlich anzukommen und die Beine hochlegen zu können. Manch ein anderer wollte allerdings einfach nur endlich den Ball kicken können.   „Eine Gute Idee“, bestätigte Endou. „Allerdings muss ich noch etwas wegen einem verschwundenen Koffer klären. Wenn es dir nichts ausmacht, hätte ich dich gerne dabei, Phil.“ Es war wieder einmal eine Frage der Sprache, die den Trainer dazu verleitete, sich von dem Jungen begleiten zu lassen. Er traute sich zu, dass er ein einfaches Gespräch hinbekommen würde, aber für die Details wäre ihm Englisch vielleicht zu unverständlich. Es schadete jedenfalls nicht einen Übersetzer dabei zu haben. „Gerne“, sagte der Junge nickend und sah zu seinen Brüdern. „Wir treffen uns dann gleich am Bus. Ladet das Gepäck schon mal ein, es wird sicher nicht lange dauern.“   Die Angesprochenen wandten sich der Jugendmannschaft zu. „Mir nach“, forderte Preston und setzte sich in Bewegung. Gefolgt von seinem Bruder und der Raimon-Elf verließ er das Terminal. Die Jungs aus Japan waren aufgeregt, endlich würden sie Los Angeles nicht nur aus der Luft sondern aus nächster Nähe sehen. Gespannt setzten sie ihre ersten Schritte durch einen Wall aus gleißendem Sonnenlicht, hinein in eine neue Welt – ein neues Abenteuer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)