Young Blood. von honey_ (Eine Geschichte über Einsamkeit, Mut und Waghalsigkeit - Riskieren oder nicht?) ================================================================================ Prolog: loneliness. ------------------- Es war Anfang November, der Herbst zog sich langsam zurück und machte Platz für den Winter. Die kalte Luft schlug mir erfrischend entgegen, als die Tür zum „La Piazza“ hinter mir ins Schloss fiel. Ich atmete tief ein, füllte meine Lungen mit Sauerstoff. Dunkelheit hatte sich über die Stadt gelegt, unzählige Lichter erhellten die Strassen. Es war kurz vor Mitternacht und ich hatte eine 14-Stunden Schicht hinter mir. Kellner zu sein bedeutete definitiv, einen knallharten Knochenjob zu haben. In einer Stadt wie New York musste man um alles kämpfen und dankbar sein, nicht auf der Strasse leben zu müssen. Eine frische Brise zog auf, blonde Strähnen fielen mir ins Gesicht. Seufzend schleppte ich mich in Richtung U-Bahn, um endlich nachhause zukommen. Seit einem Monat hatte ich den langersehnten sowie hart erkämpften Uni-Abschluss in der Tasche. Mein Leben sollte sich eigentlich auf dem Höhepunkt befinden. Karriere, Freunde, Familie und Liebe. Doch ich hatte nichts davon. Seit damals war alles wie ein gottverdammter Teufelskreis.   Sieben Jahre. Ja, sieben Jahre war es bereits her, seit meine Eltern durch einen Autounfall aus dem Leben gerissen wurden. Der Schmerz schlug mit voller Wucht zu, verwandelte alles in ein Trümmerfeld. Eine furchtbare Stille herrschte, konnte mich nicht rühren. Einfach nichts, nur ein tiefer Abgrund. Ich fiel, hatte keine Möglichkeit, mich festzuhalten. Ich wusste, wie es sich anfühlte, in einer Millionenstadt zu leben. Unendlich viele Menschen um mich zu haben und trotzdem alleine zu sein. Die Einsamkeit war längst mein Freund geworden. Die wichtigsten Menschen wurden mir innerhalb einer Sekunde entrissen. Ich konnte nichts dagegen unternehmen, hatte keine Macht darüber. Ich betete und betete. Dieser Albtraum sollte vorbei sein. Aufwachen, schreien und alles zurückholen. Mehr wollte ich nicht, doch es war vergebens. Ich musste kämpfen, um nicht selbst unterzugehen. Meine Trauer verbannen, Mut sammeln. Ich gegen den Rest der Welt. So fühlte es sich zumindest an.   Mittlerweile war ich 22 Jahre alt. Die Uni bestand ich mit Ach und Krach. Nur mit Müh und Not kam ich jeden Monat über die Runden. Freunde hatte ich nicht wirklich. Ich war Anders und das schien niemand akzeptieren zu wollen.   Nach einer kurzen Fahrt verliess ich die menschenleere U-Bahn und erreichte endlich meinen Wohnblock. Das Viertel gehörte wirklich nicht zur sichersten Umgebung, etwas Besseres konnte ich mir jedoch nicht leisten. Die Haustür fiel hinter mir ins Schloss, ich schlüpfte aus den Schuhen und liess sie gedankenverloren im Flur stehen. Meine Füsse trugen mich geradewegs ins Schlafzimmer. Ich machte mir nicht die Mühe, das Licht einzuschalten. Erschöpft erreichte ich mein heissgeliebtes Bett. Endlich konnte ich mich fallen lassen, spürte die weiche Matratze und die Decke unter mir.   Ich atmete tief ein und wieder aus. Mein Blick richtete sich an die weisse Betondecke. Etwas in mir erdrückte mich langsam aber sicher. Glücklich sein. Ich erinnerte mich nicht mehr daran, wie es sich anfühlte. Ja, einfach sorglos und frei zu sein. Diese Leere verschlang mich von Tag zu Tag immer mehr. Ich tat einfach nichts. Schuftete mir den Arsch ab und wofür? Genau, für nichts. Ich lachte ironisch auf und fuhr mit den Händen über mein Gesicht. Ich hielt das nicht mehr aus. Diesen Job, diese Stadt und dieses Gefühl, dass das Leben an einem vorbei zog. Das konnte doch nicht alles sein. Nein, das durfte nicht alles sein!   Ich musste hier weg.   Einfach weg.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)