Acrylkörper von Fara_ThoRn ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 1 - Welten aus Acryl --------------------------------------- Melde mich höflichst aus meinem Urlaub zurück. ^^ Na schön, mein Urlaub ist schon eine Weile her, aber von dem muss man sich ja auch erstmal erholen, nicht? *gg* Zu meiner nächsten Geschichte gibt es eigentlich nicht viel zu sagen. Wie bei Kunst ist nicht gleich Kunst dreht es sich hier um die Kunstszene. Diesmal sind wir mitten drin und begleiten einen Galeristen, der sich um einen ganz besonderen Klienten kümmern darf. ^^ Von der Länge her muss ich euch leider sagen, dass es nur sechs Kapitel sind, also eher eine etwas längere Kurzgeschichte. Längere Storys sind noch in Arbeit ;-) Leider notwendig zu erwähnen: Alle Rechte meiner Texte liegen allein bei mir. Meine Texte, mein Eigentum. Unerlaubte Veröffentlichungen, auch nur auszugsweise, auf anderen Plattformen oder Onlineshops sind verboten, und das mache ich Text-Dieben auch rechtlich begreiflich, falls es sein muss. Also? Klauen is nicht. Und wie ich kürzlich erfahren habe, haben meine lieben Leser ihre Augen überall und berichten mir jeden dreisten Text-Diebstahl. Auch ich werde in Zukunft besser aufpassen und genauer hinsehen, was einem auf digitalem Wege angeboten wird. In diesem Sinne wünsche ich euch trotzdem viel Spaß beim Lesen. Eure Fara Acrylkörper Kapitel 1 - Welten aus Acryl Mein Leben ist perfekt! Ich bin perfekt! Jetzt denkt jeder bestimmt: Was für ein arrogantes Arschloch! Vielleicht stimmt das sogar. Aber wenn es doch wahr ist, wieso soll ich dann Lügen? Und das sage nicht nur ich, sondern auch viele andere meiner Mitmenschen. Ich bin beliebt bei Freunden und Bekannten, verstehe mich immer gut mit den Kunden und weiß mich dezent in Szene zu setzen. Nicht zu auffällig, damit ich nicht unsere Ausstellungsobjekte überstrahle, dennoch immer ordentlich und gut gekleidet, womit ich bei unseren Kunden und Besuchern immer einen guten Eindruck hinterlasse. Meinen Chef freut's und das ist doch die Hauptsache. Mit meinen 1,93 bin ich ein großer, gut gebauter Mann im besten Alter (ich bin gerade erst 24 geworden), habe volles, braunes Haar und braune Augen. Außerdem habe ich eine bildschöne Freundin. Sabrina. Blond, blauäugig und Beine bis in den Himmel. Zudem ist sie, entgegen der weit geläufigen Vorurteile gegen Blondinen, blitzgescheit. Sie studiert auf Lehramt und ist somit noch schlauer als ich. Und als wäre das noch nicht genug, hat mir meine Oma vor zwei Jahren ein kleines Haus außerhalb der Stadtgrenzen vererbt, in dem ich nun lebe und mir dort eine kleine Oase aufgebaut habe. Mein kleines, ruhiges Paradies. Doch damit noch nicht genug. Ich habe einen großartigen Job in einer großen Kunstgalerie und bin somit immer von spektakulären Kunstgegenständen umgeben und vor allem: Von interessanten Leuten. Ja, ich bin der glücklichste Mensch auf Erden. Wäre da nicht ... ... Tristan. Tristan ist einer der Künstler, die wir betreuen. Er war ganz allein meine Entdeckung! Ein ungeschliffener Rohdiamant. Wir setzen viel Hoffnung in ihn und erwarten in den kommenden Jahren eine hohe Wertsteigerung bei all seinen Werken. Er ist noch recht jung, erst 19, ist meist still und ruhig, drückt sich hauptsächlich in seinen Bildern aus. Seine blonde, leicht gelockte Mähne ist meist wirr und steht nach allen Richtungen ab. Kennt ihr den Film 'Ritter aus Leidenschaft' mit Heath Ledger? Tristan erinnert mich entfernt an ihn. Eine jüngere, schüchterne Ausgabe sozusagen. Und da haben wir das Problem. Er weckt mittlerweile nicht nur künstlerisch meine Aufmerksamkeit. Immer wenn er hier ist, habe ich dieses merkwürdige Gefühl im Bauch und fühle mich von ihm beobachtet. Doch schaue ich in seine Richtung, sieht er mich gar nicht an. Es ist verrückt! Er macht mich verrückt! Entweder bilde ich mir das alles bloß ein, oder er will mich damit ärgern. Warum auch immer er meint, das tun zu müssen. Schlimmer noch als das ist, dass jedes Mal, wenn er in unsere Galerie kommt, mein Herzschlag für einige Sekunden aussetzt und es unter meiner Haut anfängt furchtbar zu kribbeln. Als wäre ich elektrisch aufgeladen. Und dann geht er mir den ganzen Tag nicht mehr aus dem Kopf. Natürlich weiß ich, was das bedeutet. Und ich unterdrücke es. So gut es geht. Ich muss. Schließlich habe ich eine Freundin, die ich liebe. Wieso sollte ich sie auch nicht lieben? Wir sind das perfekte Paar. Außerdem ist meine 'schwule Phase' seit Jahren vorbei. Es gibt also keinen Grund für mich, diesem jungen Künstler nachzurennen oder mich von ihm angezogen zu fühlen! Keinen Einzigen! "Marlon? Kannst du Herrn Daniels anrufen? Wegen den Skulpturen." "Ja. Sofort." Und nun: Willkommen in meinem hektischen Berufsalltag! Zur Zeit planen wir eine große Ausstellung eines schwedischen Künstlers. Ilka, meine Kollegin, und ich sind damit betraut worden und wir haben echt Stress! In zwei Wochen geht die Ausstellung los und noch nichts steht. Es ist schon schwer genug alles zu organisieren, doch wenn, so wie diesmal, der Künstler noch querschießt, wachsen einem graue Haare und die Überstundenliste ebenfalls. Trotzdem mache ich es gerne, denn ich weiß aus Erfahrung, wenn die Ausstellung erstmal angelaufen ist, war der ganze Stress vorher es vollkommen wert gewesen. "Herr Daniels? ... Schön, dass ich die erreiche. Nochmal wegen den Einfuhrpapieren. ... Ja. Die sind alle okay. Wir haben nur noch nicht die Freigabe der Container. ... Nein, keine Ahnung. Könnten Sie sich dahinter klemmen? ... Ja. ... Danke! Sie helfen uns damit sehr! Auf Wiederhören." Ich atme erleichtert aus. "Ilka? Daniels kümmert sich drum." "Was für ein Glück! Vind dreht sonst noch durch!" "Kann ich verstehen. Mir würde es auch so gehen, wenn meine gesamten Skulpturen in irgendeinen Container festsitzen würden." "Das rechtfertigt immer noch nicht sein Gepöbel am Telefon!" Da hat sie recht. Vind, so der Name des Künstlers, hängt ständig am Telefon und brüllt uns wie von Sinnen die Ohren voll. Mit einem eingeschnappten Künstler ist eben nicht immer zu spaßen. Eigensinniges Volk. "Ich gebe Vind gleich Bescheid." "Lass es lieber. Der ruft eh bald wieder an", schlage ich vor und schon klingelt das Telefon. "Ich geh schon dran", grinse ich, weil Ilka beim ersten Klingelton die Augen verdreht. Sie hat gerade genug mit den Stellplänen zu tun. "Kunstgalerie Kaltmann. Marlon Arth. Was kann ich für Sie tun?" /Ähm. Hallo. Tristan hier./ Tristan! Allein seine Stimme reicht aus, um meinen Puls zu beschleunigen. Scheiße! "Hallo Tristan. Was gibt es denn?" Ich versuche mich möglichst neutral anzuhören. Ob es klappt, weiß ich nicht. /Ich ... Ich habe zwei Bilder fertig und wollte fragen, ob du ... Sie! Ob Sie sich die Bilder anschauen möchten./ Trotz dem Versuch, mich zu beherrschen, kann ich ein Grinsen nicht unterdrücken. Tristans Schüchternheit ist einfach zu schön. Er ist das totale Gegenteil von einem selbstverliebten Künstler. Bleibt nur zu hoffen, dass das auch so bleibt, falls er mit seinen Bildern den Durchbruch erlangt. "Ja. Natürlich. Kannst du sie herbringen?", antworte ich ihm und bin schon sehr gespannt auf seine neusten Werke. Ich liebe seine Bilder! /Ähm. Nein. Ich ... Ähm ... Ich bin krank. Fieber./ Oh nein! "Okay. Ich kann aber nicht versprechen, bis wann ich es schaffe. Die Vind-Ausstellung. Du weißt noch?" /Ja. Ist okay. Nicht schlimm. Tschüss./ Aufgelegt. Das ist so typisch! "Das war Tristan", seufze ich und lege das Telefon wieder auf die Station. "Was wollte er." Ilka schaut mich mit ihrer schmalen Brille auf der Nase an. "Er hat neue Bilder." "Schön." "Er war merkwürdiger als sonst." "Künstler!", lacht sie. "Das ist es nicht", sage ich. "Vielleicht sollte jemand nach ihm sehen. Er sagte, er sei krank." Ich mache mir tatsächlich Sorgen. "Geh ruhig. Heute können wir hier nicht mehr viel ausrichten. Das schaffe ich auch allein." "Kannst du nicht gehen?", frage ich und versuche meinen Widerwillen nicht allzu offensichtlich zu zeigen. Leider kennt mich Ilka nur zu gut und schielt verwirrt zu mir auf. "Ich? Du bist doch immer ganz scharf auf seine Bilder! Geh du mal schön. Ich habe noch zu tun. Ich will den Plan heute noch irgendwie auf die Reihe bekommen." Zugegeben. Ich bin neugierig, wie seine Wohnung aussieht. Ganz zu schweigen seine neuen Bilder. Ich war noch nie bei ihm Zuhause. Da bleibt mir wohl nichts anders übrig, als mich in die Höhle des Löwen zu wagen. *** Nervös stehe ich vor Tristans kleiner Wohnung. Ich war zwar noch nie hier, kenne die Gegend aber ganz gut. Nicht die Beste in der Stadt. Billige Mietpreise für billige Wohnungen. So wohnt er also. Wie hält er das nur aus? Mit klopfenden Herzen betätige ich die Klingel. Eilige Schritte nähern sich mir auf der anderen Seite der Tür. Etwas raschelt. Bestimmt beäugt er mich gerade durch den Türspion. Ich versuche nicht hinzusehen und mustere die Wand neben der Tür, als plötzlich die Tür aufgeht und Tristans Gesicht vor mir erscheint. Er lächelt! "Das ging ja schnell", flüstert er und hustet. "Dich hat es wohl erwischt, was?" "Ja. Es geht. Kommen Sie doch rein." Noch immer siezt er mich. Unzählige Male habe ich ihm das Du angeboten. Keine Ahnung, wieso er es so vehement ablehnt. Ich betrete die Wohnung und stehe in einem engem, kleinen Flur. Ich staune nicht schlecht. "Hast du das alles gemalt?" "Ja", krächzt er, was sicher nicht nur an seiner Erkältung liegt. Die Wände und sogar Teile der Decke sind über und über mit unglaublich farbenreichen Fantasielandschaften und -gestalten bemalt. "Das ist ... atemberaubend!", raune ich und kann meine Augen kaum von der Szenerie abwenden. "Das ist, als würde man in einem deiner Bilder leben." Es ist wirklich unfassbar! "Ich ... Das war alles so leer. Mein Vermieter macht mir deswegen schon Schwierigkeiten. Ich soll es wieder überstreichen." Was? Empört löse ich meinen Blick von den Malereien und starre Tristan an. "Das kannst du nicht machen! Ich rede mit ihm." Undenkbar, dass alles aus Mangel an Kunstwissen zu überstreichen! "Wenn deine Werke erstmal bekannt sind, wird das hier eine wahre Pilgerstätte. So wie Dalis Haus, oder die Gebäude von Hundertwasser." "Ja. Ich bin der neue Picasso!", scherzt er. Ich muss lachen. So viel Eigenhumor hätte ich ihm gar nicht zugetraut. Zumal er meist nicht viele Worte von sich gibt. "Mindestens!", grinse ich, meine es dennoch ein Stück weit ernst. Ich lasse nochmal meinen Blick über die Wände schweifen, dann löse ich ihn schweren Herzens wieder und schaue mir den Rest der Wohnung an, die nicht minder bemalt ist. "Wo sind die Bilder?", frage ich. Es ist schwer, in dem Farbenmeer gleich alles zu erkennen. Hier stehen Unmengen an Leinwänden herum. Genau wie Farbeimer, Pinsel und Lappen voller Farbe. "Ähm. Die hier!" Er flitzt an mir vorbei und verschwindet um die Ecke. Langsam folge ich ihm. Zu sehr hält mich alles hier gefangen. Immer wieder bleibe ich an kleinen Details seiner Gemälde an den Wänden und den Leinwänden kleben. Betrachte mir das ein und andere genauer und lächle in mich hinein. Er hat wirklich eine verrückte Fantasie! "Einmal dieses." Er stellt eine große Leinwand neben mir gegen die Wand und holt das Nächste. "Und das." Es wird daneben gestellt und ich erkenne den Sinn des Ganzen. "Sie gehören zusammen." "Ja. Ich hatte nicht genügend Geld für eine noch größere Leinwand." Innerlich seufze ich gequält auf. "Du weißt, dass du nur fragen brauchst." Immer wieder das gleiche Thema! Er ist zu stolz, um nach einem Vorschuss zu fragen. Zugegeben, wir machen das sonst nicht. Aber Tristan ist einer unserer zuverlässigsten und produktivsten Künstler und ich würde ihm auch privat unter die Arme greifen, wenn er nur mal fragen würde. "Das nächste Mal rufst du mich einfach in der Galerie an, wenn dir die Leinwände ausgehen. Verstanden?" "Ist gut", flüstert er und weicht meinem Blick aus. So wie ich ihn kenne, fragt er das nächste Mal sowieso nicht nach. Entweder, er ist zu stolz dafür, oder er schämt sich. Wie auch immer es sein mag, es ist schade. Er hat so viel Talent und lässt sich von solchen Kleinigkeiten immer wieder ausbremsen. "Möchten Sie vielleicht was trinken?" Überrascht über Tristans Angebot runzle ich die Stirn. Möchte ich? Ja, aber das wäre sicherlich nicht gut für mein Seelenheil. Deshalb schüttle ich den Kopf. Außerdem: "Kann ich mich noch etwas umschauen?" Ich bin einfach zu neugierig, was sich hier noch so alles auf den Wänden und Leinwänden versteckt. Tristan windet sich etwas, stimmt aber zu. "Nur ... also ... Es ist noch nichts davon fertig!" "Ist nicht schlimm." Die Eigenheiten mancher Künstler sind mir nur zu gut bekannt. Ist etwas nicht fertig, sollte man einen Teufel tun, und es loben, oder gar bitten, es erstehen zu dürfen, auch wenn man findet, dass es noch so gut ist. Ich wandere also still von Bild zu Bild, von Raum zu Raum und muss grinsen, da sogar in dem kleinen Bad dutzende Malutensilien herumliegen. "Man muss die Inspiration packen, wenn sie kommt, was?" "Ähm ... Ja. Kann sein." Tristan folgt mir, beobachtet mich während meiner Besichtigungstour mit Argusaugen. Diesmal ganz offensichtlich und höchst skeptisch. "Tut mir leid, dass alles so unordentlich ist." "Nicht doch! Ich finde, es passt hier einfach alles zusammen." Von Unordnung kann kaum die Rede sein. Alles Andere, das nicht mit seiner Arbeit zu tun hat, liegt an seinem Platz und sieht fast unberührt aus. Er lebt voll und ganz in seiner Welt. Alles, was ihn zu interessieren zu scheint, ist seine Kunst. Vor einer verschlossenen Tür mache ich halt. "Was ist hier?" Tristan drängelt sich vor mich und versperrt mir den Weg. "Das Schlafzimmer. Ähm ... Da ist nichts!" Dafür das da 'Nichts' sein soll, ist es ihm sichtlich unangenehm, dass ich mich hier her verirrt habe. Ich will wissen, was da drin ist! Aber ich lasse ihm seinen Willen. Ihn zu verärgern kann ich mir nicht leisten. Es könnte mich meinen Job kosten. "Gut. Dann schnappe ich mir die Bilder und bringe sie in die Galerie." "Ist gut." Wir gehen zurück ins Wohnzimmer, als mein Handy klingelt. Sabrina. Normal gehe ich nicht ans Handy, wenn ich bei einem meiner Klienten bin, doch bei Tristan kann ich das tun. "Na? Was gibt's?", frage ich sie. /Ich wollte nur wissen, wann du Feierabend hast und ob wir heute Abend essen gehen wollen./ "Wieso nicht? Ich bin, warte ... So ca. in einer Stunde bei dir." /Ist gut. Lieb dich./ "Ja. Ich dich auch. Tschau." Unruhig linse ich rüber zu Tristan. Der hat das Telefonat natürlich mitbekommen und sieht mich komisch an. Irgendwie ist mir das peinlich. "Ihre Freundin?" "Ja!", gebe ich eilig zu, grinse leicht verlegen und greife mir eins der Bilder. 'Schau ihn jetzt nur nicht an!'  "Ach so", murmelt er leise. "Und ich dachte, du bist auch schwul."  Stille. Fassungslose Stille. "Wie kommst du denn darauf?!", bricht es schließlich aus mir heraus, als ich den ersten Schock über seine Aussage überwunden habe. Meine Stimme überschlägt sich fast. Nicht nur das er mich für schwul hält, nein! Er hat mich soeben das erste Mal geduzt! Ganz bewusst geduzt, wie es scheint! Ich weiß nicht, was mir mehr zu denken geben soll. "Weil ... Naja, du immer mir mir geflirtet hast." Was soll ich gemacht haben?! "Nein! Bestimmt nicht!", rufe ich. "Weißt du was? Ich lass die Bilder morgen abholen! Okay? Ich ... Ich geh dann mal! Man sieht sich. Vielleicht! Schönen Abend noch!" Ich stürme aus Tristans Wohnung, höre ihn noch meinen Namen rufen, meinen Vornamen! Doch ich ignoriere es. Viel zu laut hallen mir seine Worte in meinem Kopf wieder. Er denkt, ich hätte mit ihm geflirtet! Wie kommt er auf so einen Mist?! Ich und schwul? Nur weil ich in der Kunstbranche arbeite, oder warum …? Ich schließe mein Auto auf und hole tief Luft, als ich endlich in Sicherheit bin. In Sicherheit vor seinen Anschuldigungen, seinem hoffnungsvollen Blick ... Was mache ich denn jetzt? Der Abgang eben war alles andere als professionell. Aber wer kann es mir verübeln? Ein Anderer hätte da was ganz anderes getan. Moment! Hat er gesagt, 'auch schwul'? Heißt das, er steht auf Männer? Verflucht! Vielleicht sogar auf mich? Ich bekomme augenblicklich Herzrasen und schnappe nach Luft. Wieso passiert das gerade mir? Und wieso ist da diese leise Hoffnung in mir. 'Weil du Depp schon längst weißt, was Sache ist', schmettert mir meine innere Stimme entgegen. "Scheiße!" Ich schlage auf das Lenkrad ein. Ein junger Knilch in diesen lächerlichen Baggy Hosen, der gerade auf dem Bürgersteig an meinem Auto vorbeiläuft, zeigt mir einen Vogel. "Lass das bitte ein Traum sein!", jammere ich und schaue nach oben, in eins der Fenster in seiner Wohnung. Es brennt ein schwaches Licht und ich widerstehe dem unwillkommenen Gefühl, wieder dort hinauf zu gehen. In diese fantastische Welt aus Acrylfarben, dem Duft nach Lacken und Ölen und seinem Lächeln. "Sag, dass das nicht wahr ist." ****** Kapitel 2: Kapitel 2 - Blau schimmernde Haut -------------------------------------------- Kapitel 2 - Blau schimmernde Haut Langsam und nachdenklich fahre ich nach Hause. Ich habe vorhin Sabrina abgesagt, meinte, es ginge mir nicht gut und ich brauche dringend Ruhe. Sie war sauer. Wie jedes Mal, wenn ich sie vertrösten muss. Wir sehen uns in letzter Zeit nicht so oft. Ich habe zu wenig Zeit. Mein Job ist im Moment sehr zeitaufwendig, und auch sehr wichtig. Manchmal versteht sie das einfach nicht. Doch das ist natürlich nur die halbe Wahrheit. Ich kann jetzt unmöglich zu ihr. Nicht, nachdem was gerade in Tristans Wohnung passiert ist. Wie soll ich ihr denn unter die Augen treten? Natürlich habe ich nichts Schlimmes getan. Doch mein Bauch sagt mir etwas ganz anderes. Mein Verstand tut dies als Spinnerei ab, nur eine kurzfristige Gefühlslage. Morgen sieht die Welt schon wieder ganz anders aus! "Träum weiter, Marlon." Wieder denke ich an ihn und wieder dieses Herzklopfen, das Kribbeln in meinem Bauch und diese Gott-verdammte Hoffnung, er könnte was von mir wollen. Das macht mir Angst! Ich mache mir Angst! Wie kann ein kleiner Satz so eine Wirkung haben? Alles war doch so perfekt! Mein Leben, mein Job, meine Freundin und meine Gefühlswelt. Oder war es das doch nicht? Fehlt mir irgendwas, wovon ich glaube, es bei Tristan finden zu können? Nein! Nein, niemals! "Alles ist gut! Nur ein kleiner Stolperstein, den du umgehen musst." Und doch merke ich, dass mein perfektes Leben gerade in einer Abwärtsspirale aus bunten Acrylfarben davon wirbelt und ich muss dringend etwas dagegen tun! Aber nicht heute. Morgen ist auch noch ein Tag. Ich parke meinen Wagen in der Einfahrt, steige aus und betrete mein kleines Haus im Grünen. Meine Schlüssel verfehlen die Kommode neben der Eingangstür und klimpern auf den Boden hinab. Egal. Im Gehen ziehe ich mir den Anzug aus, lasse auch ihn verstreut auf dem Boden liegen. Jetzt nur noch ein heißes Bad! Das alles vergessen und hoffen, dass morgen wirklich alles wieder gut ist. Dass alles nur ein Traum gewesen war und ich wieder in meiner perfekten, kleinen Welt aufwache. Wäre da nur nicht der klitzekleine Teil in mir, der sich genau das Gegenteil wünscht. Ich schiebe es auf den langen Arbeitstag und auf meine Müdigkeit. Was soll auch sonst dafür verantwortlich sein? 'Das weißt du do...' "Klappe Gewissen! Morgen ist wieder alles gut!" *** Perfekte, kleine Welt?! Alles wieder gut, wenn ich aufwache?! Absoluter Reinfall! Totale Selbstbetrügerei! Die Nacht war die reinste Katastrophe! Tristan geisterte durch meine wirren Träume. Sabrina, die mich wutentbrannt mit Gegenständen bewarf und mein Boss schrie mich an, feuerte mich, da ich nicht auf Tristans Annäherungsversuche eingegangen war. Alles Quatsch! Aber mein schlafendes Gehirn musste dies wohl unbedingt verarbeiten. Ein starker Kaffee bringt mich sicher wieder auf die Beine. Heute ist einer der seltenen Tage, an denen ich keine Lust auf meine Arbeit habe. Ich habe null Energie. Irgendwie muss ich den Tag durchstehen. Die Ausstellung muss gestemmt werden. Ilka packt das nicht allein. 'Reiß dich zusammen Marlon!' Völlig KO komme ich eine Kanne Kaffee und eine Scheibe trockenes Brot später an der Galerie an. "Morgen." "Morgen. ... Ach her je! Wie siehst du den aus? Sag bloß, du hast dich bei Tristan angesteckt?" Bitte nicht über Tristan reden! "Nein. Hatte eine scheiß Nacht." "Du Armer. Packst du das heute?" "Ich muss", stöhne ich und setze mich an meinen Schreibtisch. Ich wähle die Nummer unserer Transportfirma und gebe ihnen Tristans Adresse durch. "Ja. Zwei Bilder. Danke." "Warst du gar nicht bei Tristan gestern?" Ilka sieht von den Plänen auf. "Doch. Ich hatte Angst die Bilder zu beschädigen. Sie sind sehr groß und mein Auto ist dreckig." "Aha", meint sie nur und ich bin froh, dass sie nicht weiter nachfragt. Dazu hat sie auch gar keine Zeit. Sie hängt anscheinend noch immer über den Stellplänen und macht hier und dort kleine Kreuzchen und Bemerkungen auf den Plan. So vergeht der Tag und ich merkte nicht einmal, dass Tristans Bilder immer noch nicht angekommen sind. Erst der Anruf der Speditionsfirma bringt mir die Erinnerung daran zurück. "Er macht nicht auf?" /Keine Chance. Er hat uns die Tür vor der Nase zugeknallt und gesagt, Sie müssten schon selbst kommen und die Bilder holen. Tut mir leid./ Auch das noch! "Ist gut. Danke." Stöhnend reibe ich über meinen Nasenrücken. "Schon wieder schlechte Nachrichten? Bitte sag mir jetzt nicht, mit den Containern ist schon wieder was schief gelaufen!" "Nein. Mit denen ist bis jetzt noch alles in Ordnung. Tristan macht Zicken." Ilka lacht. "Tristan?! Unser kleiner, schüchterner Tristan?" "Ja. Ich muss zu ihm." "Dann fahr gleich. Ich brauche dich um neunzehn Uhr für die Besprechung mit unserem Chef." "Ist gut." Wäre ich heute morgen doch nur im Bett geblieben! Um Zeit zu schinden, die ich eigentlich gar nicht habe, fahre ich zehn km/h unter der Höchstgeschwindigkeit und werde dafür mit wütenden Blicken, Lichthupen und wildem Gestikulieren gestraft. Ja, macht mich doch alle fertig! Leider komme ich dann doch irgendwann bei Tristan an und atme laut aus. Da muss ich jetzt durch! 'Denk an deine Arbeit. Nicht ablenken lassen und Haltung bewahren.' Leichter gesagt, als getan. Mit einem kurzen Blick nach oben steige ich aus meinem Auto und gehe zum offenstehenden Hauseingang. Während ich die Stufen emporsteige, ist mein Kopf wie leergefegt. Erst als ich vor seiner Tür stehe, werde ich nervös. 'Bitte lass ihn nicht sauer sein. Und bitte lass ihn nicht wieder irgendwelche Behauptungen von sich geben, die mich wieder so aus der Bahn werfen!' Wie gesagt: Nur an die Arbeit denken. Ich klopfe an. Ich höre seine Schritte, dann Stille. Der Türriegel schnappt auf und leise schleifend geht die Tür auf. "Komm rein." Leise, fast kaum hörbar ist seine Stimme. Ich versuche ihm nicht ins Gesicht zu schauen, folge ihm geschäftsmäßig in seine Wohnung und schließe die Tür hinter mir. Es ist dunkel hier, da nur ein paar Kerzen brennen. "Ich habe sie eingepackt. Damit nichts zerkratzt." "Ist gut." Tristan übergibt mir die Bilder und wendet sich ab. "Tschüss", murmelt er und verschwindet um die Ecke. Moment mal. Das war's? Die ganzen Grübeleien und Sturzgebete für ein einfaches Tschüss?! Nein! So kann er mich nicht abspeisen! Ganz sicher nicht, nachdem ich so eine Horrornacht wegen ihm durch habe! "Tristan?" Keine Regung. "Tristan?!" "Was?", ruft er mir zu. Ich lehne die Bilder an die nächstbeste Wand und gehe ihn suchen. Nach wenigen Augenblicken finde ich ihn, kniend vor einer Leinwand, die er dick mit Farbe bepinselt. "Bist du sauer auf mich?", frage ich, was mich wundert. Mir liegen so viele Fragen, so viele Worte auf den Lippen, aber was tue ich? Ihn fragen, ob er sauer auf mich ist. "Nein." Das erleichtert mich. Mehr als mir lieb ist. "Aber enttäuscht." "Enttäuscht? Warum?" Und warum sticht es so in meiner Brust, bei diesen Worten? Tristan dreht seinen Kopf zu mir herum und schaut mir das erste Mal heute direkt in die Augen. Er hat so unfassbar tiefe, blaue Augen. Traurig sehen sie aus, haben ihren sonstigen Glanz verloren. Außerdem rot und ... hat er geweint? "Tristan ..." "Nicht wegen dir, sondern wegen mir. Weil ich dich anders eingeschätzt habe. Das war mein Fehler. Nicht deiner. Und jetzt geh bitte." Er betrachtet wieder sein Bild und setzt den Pinsel an. Vielleicht hat er recht. Ich sollte besser gehen. Jetzt, da alles geklärt ist. Freue dich Marlon! Er hat kapiert, dass du nichts von ihm willst. "Gut. Okay. Tschau." Ich gehe zurück, nehme die Bilder und laufe zur Tür. Ich sollte glücklich sein! Das alles ist aus der Welt geschafft, ohne das ich mich um Kopf und Kragen reden musste. Wieder einmal alles perfekt Marlon! Glückwunsch! Ich öffne die Tür und hallte inne. Ich kann so nicht gehen! In meinem Kopf schreit alles danach, endlich von hier zu verschwinden, aber mein Bauchgefühl sagt mir was anderes. Tristan geht es sichtlich mies, verdammt nochmal! Da kann ich doch nicht einfach abhauen! Ich schließe meine Augen und verdränge die unschönen Gedanken, schließe gleichzeitig die Tür und stelle die Bilder zum zweiten Mal ab. Und was jetzt? Was soll ich sagen? Meine Überlegungen werden von einem Geräusch unterbrochen. Tristan! Ich höre ihn schluchzen! Ich nehme die Beine in die Hand, die sich ganz ohne mein Zutun schon in Bewegung gesetzt haben, und laufe zu ihm. Er kniet immer noch vor dem Bild, der Pinsel liegt auf dem Boden, das Gesicht in seinen blau eingefärbten Händen verborgen. Sein ganzer Körper bebt. Noch ehe ich groß darüber nachdenken kann, bin ich beim ihm und lege meinen Arm um seinen Rücken. Erschrocken zuckt er heftig zusammen und hebt er sein Gesicht, die Hände noch immer erhoben. Wie erwartet kullern dicke Tränen über seine Wangen, die nun auch in einem satten Blau schimmern. "Marlon?", schluchzt er. "Du bist noch hier?" Ich bekomme keinen Ton heraus, ziehe ihn stattdessen kurzentschlossen in meine Arme und drücke ihn an mich. Erst versucht er sich halbherzig zu wehren, lässt dann aber meine Umarmung zu. Er fühlt sich so gut in meinen Armen an! Wie er sich an mich presst, seine Finger, die sich in meinen Rücken krallen. Bestimmt saut er mit seinen blauen Fingern meinen Anzug ein, doch das ist mir egal. Keine Ahnung ob er weint, oder ob er was zu mir sagt. Viel zu sehr bin ich damit beschäftigt, das Chaos in mir zu bändigen. Seine Nähe bereitet mir Angst, Freude, Erregung und Erleichterung. Alles um mich herum dreht sich, die bunten Farben an der Wand, die unzähligen Leinwände. Der Boden unter mir scheint zu schwanken und mein Herz rast wie verrückt. Und dennoch: Warum nur fühlt es sich so gut, so richtig an, diesen schüchternen und sonst so stillen Künstler an mich gepresst zu haben? Nach diesen ersten 'Schrecksekunden', besinne ich mich aber recht schnell wieder. Die Angst in mir gewinnt die Oberhand. "Ich muss wieder los", flüstere ich und hasse mich dafür. Ich will jetzt nicht gehen. Doch mein Verstand hämmert mir unaufhörlich ein, dass das hier falsch ist. Dass ich schleunigst hier weg muss, da ich sonst nie wieder gehen kann. "Es geht wieder", schnieft Tristan und löst sich von mir. Verlegen lächelt er mich an und schaut mir wieder direkt in die Augen. Ich muss schlucken und hindere mich daran, ihn wieder an mich zu ziehen. Wie kann mich dieser Blick nur so aus der Fassung bringen? "Schön. Also dann." Ich stehe auf, sofort fehlt mir seine Wärme, sein Duft, und seine Finger, die sich in meinen Rücken bohren. Ohne mich noch mal zu ihm umzudrehen gehe ich. Zu groß ich die Angst vor seinem Anblick. Zu groß die Hoffnung, dass er mir nachschaut. Zu groß der Drang, zurück zu gehen. Ich schnappe mir die Bilder, die noch immer brav neben der Tür auf mich warten und verschwinde aus Tristans bunter Wohnung. Draußen im Hausflur klammere ich mich wie ein Ertrinkender an sie. Ich muss hier weg! Sofort! Die Bilder verstaut und den Motor gestartet, trete ich auf das Gaspedal und fahre so schnell es geht von hier weg. Diesmal bin ich derjenige, der die lahmen Enten vor mir anhupt, anpöbelt und denjenigen Lichthupen gebe, die mir nicht schnell genug ausweichen. Das lenkt mich wenigstens ab. Lenkt mich ab von den Bildern auf der Rückbank, so verdammt nah, dass ich die Farbe beinahe riechen kann. Als ob ich noch in seiner Wohnung stehe, ihn ganz in meiner Nähe. So dicht, dass ich mich nur umdrehen bräuchte, dann wäre er da, bei mir, und ich müsste nur den Arm ausstrecken, um ihn wieder an mich ziehen zu können. Am liebsten würde ich die Bilder rauswerfen! Am liebsten würde ich die Bilder zu mir nach Hause bringen und in mein Schlafzimmer hängen! Am liebsten würde ich ... wieder zurück fahren. "Scheiße!" Ich klatsche fest auf meine Hupe. "Fahr doch du lahme Sau!" *** "Da bist du ja endlich! Der Chef wartet!" Ilka kommt mir entgegen. Sie macht einen total gehetzten Eindruck. "Tut mir leid. Du weißt doch wie Künstler sind." Fast liebevoll stelle ich die Bilder gegen meinen Schreibtisch. "Ja ja. Erkläre es ihm selbst." Ich betrete nach Ilka die große Halle. Sie hat hier ganze Arbeit geleistet! Überall stehen weiße Plexiglassäulen, wo in den kommenden Tagen eins der Ausstellungsstücke stehen soll. Das hat sie alles allein gemacht. Ich bin ihr wirklich keine große Hilfe heute gewesen. "Ah, Herr Arth! Das ging ja schnell!", begrüßt mich unser Chef. Seinen Sarkasmus habe ich eigentlich immer sehr geschätzt, doch er hatte sich auch noch nie an mich gerichtet. "Das tut mir sehr leid! Einer unserer Künstler hatte Probleme. Aber die Bilder, die ich mitgebracht habe, werden Ihnen gefallen." "Sehr schön! Die schaue ich mir später an. Da nun alle hier sind, können wir ja anfangen." Und dann geht das altbekannte Blabla los. Objekte werden verschoben, wieder zurückgeschoben, ausgemessen, was kommt in den Außenbereich, was vor die Galerie? Dann wird es auf dem großen Plan genauer begutachtet und so weiter und so fort. Ich muss nicht extra erwähnen, dass ich während der ganzen Prozedur nicht ganz bei der Sache war, oder? Erst als mein Chef Tristans Bilder begutachtet, laufe ich wieder auf Hochtouren. "Sie gehören zusammen, wie Sie sehen. Ein durchgehendes Thema und sehr Detailreich." "Ja. Sehr schön. Er wird immer besser. Sein Gespür für die Farben ist einmalig! Auch die Brillianz seiner Bilder ist kaum zu überbieten. Wie schafft er das?" "Ich konnte leider keinen Blick auf seine Techniken erhaschen." Ja. Leider! Denn trotz allem bin ich noch immer ein riesen Fan seiner Kunstwerke. "Sei es wie es sei. Die Bilder müssen bis nach der Ausstellung warten. Danach sprechen wir mal über eine Sonderausstellung." Ich traue meinen Ohren nicht! "Eine Sonderausstellung für Tristans Bilder?" "Genau. Sagen Sie ihm Bescheid. Und er kann sich Gedanken um ein eventuelles Thema machen. Vielleicht hat er ja noch was in petto." "Ja ... Ich kümmere mich drum." Das ist die Chance für ihn! "Aber bitte erst nach der Vind-Ausstellung. Das hat Priorität!"  "Natürlich!", nicke ich eifrig. Das muss erst einmal sacken! Damit werde ich in Zukunft sehr eng mit Tristan zusammenarbeiten müssen. Sehr, sehr eng. Er hat null Erfahrung und ich weiß, dass es hart für ihn wird. Auch Künstler haben Deadlines. Ob sie wollen, oder nicht. Die Frage ist nur: Schaffe ich das? Will ich mir mit Tristan Stunde um Stunde um die Ohren schlagen, mit Motiv Besprechungen, Anzahl der Bilder, Thematik und Preise diskutieren? Andererseits kann ich es ihm nicht antun, ihn dabei alleine zu lassen. Und jemand anderen kann ich unmöglich damit beauftragen. Tristans Kunstrichtung fällt in mein Fachgebiet. Ich muss das durchziehen, koste es was es wolle! Für ihn. Für seine Zukunft. Du meine Güte … Sogar für mich! Er war schließlich meine Entdeckung. 'Meine Entdeckung …' Mich überläuft es kribbelnd. Mein Blick fällt auf die Bilder. Lange kann ich sie nicht anschauen. Obwohl ich sonst stundenlang davor stehen kann, die noch so kleinsten Details in mich aufsauge und mich in seiner Welt aus Farben verlieren kann. Seufzend schließe ich meine Augen. Blau. Überall blaue Acrylfarbe. ****** Kapitel 3: Kapitel 3 - Zeichnungen von mir ------------------------------------------ Kapitel 3 - Zeichnungen von mir "Ich halte es kaum noch aus!", flüstert Ilka mir zu. "Entspann dich! Jetzt kannst du sowieso nichts mehr ändern." Lahme Rede, ich weiß, doch so ist es. Die Installationen stehen, alles ist arrangiert und Vind steht in den Startlöchern. Die Journalisten knipsen fleißig und Ilka bekommt rote Pusteln vor Aufregung. Eigentlich ist alles wie immer, wenn wir kurz vor der Präsentation einer Sonderausstellung sind. "Oh Gott! Ich sehe bestimmt schlimm aus!", jammert sie und fächert sich mit den Händen Luft ins Gesicht. "Man sieht es kaum." Ilka atmet tief ein und schließt kurz ihre Augen. In diesem Moment geht das Blitzlichtgewitter los, denn Vind kommt in die große Ausstellungshalle stolziert. Blondes Haar, dunkle Brille, schmale, blasse Lippen. Sollte er es wagen zu lächeln, wäre das eine Weltsensation! Alles geht seinen Gang. Das Frage-Antwort-Spiel zwischen Vind und den Journalisten Läuft. Ich ziehe mich zurück. "Läuft doch gut." Sabrina lächelt mich an. Sie ist heute auch mit dabei und sieht wirklich umwerfend aus! Sie trägt ein schlichtes, schwarzes Kleid und glänzt allein schon durch ihre schiere Präsenz. Was bin ich doch für ein glücklicher Mann, was? "Ja. Wir sind alles sehr erleichtert darüber", erwidere ich. "Jetzt hast du endlich wieder Zeit für mich", flüstert sie mir zu und küsst mich sanft. "Und sicherlich kannst du nun auch wieder beruhigt schlafen." "Bestimmt", lüge ich. Mein Schlaf wurde die letzten Tage nicht wegen der Ausstellung gestört. Den wahren Grund meiner Schlaflosigkeit kann ich ihr allerdings unmöglich sagen. Natürlich liegt das an Tristan und der Arbeit, die ich mit ihm bewerkstelligen muss. "Das nächste große Projekt ruft aber schon", platze ich plötzlich heraus und bereue es gleich wieder. "Aber nicht zu bald, oder?" "Kann ich nicht sagen." "Solange du nicht wieder bis spät Abends hier herumhängst, ist mir das egal." Sehr nett! "Das lässt sich nicht vermeiden, schätze ich." Ich kann echt nicht meine Klappe halten oder? Als würde ich es darauf anlegen, mich mit ihr zu streiten. Und wer weiß? Vielleicht ist genau das mein Ziel. Sie schaut mich mürrisch an, sagt aber dazu nichts. Ich sehe ihr an, wie gern sie jetzt einen Streit vom Zaun brechen würde. Wenigstens kann sie sich in der Öffentlichkeit zurückhalten. "Frau oder Mann? Dein neues 'Projekt'?" Nun wird sie doch ein wenig schnippisch. "Ein Mann." Das versöhnt sie wieder. Einmal musste ich eine junge Künstlerin aus New York betreuen. Es war nur für ein Wochenende, aber Sabrina machte mir die Hölle heiß. Wenn sie wüsste, dass Tristan ... Oder ich ... Was auch immer! "Kommt er heute auch?" "Kann ich nicht sagen." Wir haben uns seit dem Abend, an dem ich die Bilder geholt habe, nicht mehr gesehen. Er macht sich rar. Das ist nicht ungewöhnlich für ihn. Er arbeitet im Stillen, genauso wie er ist. Ruhig und still, bis etwas aus ihm herausplatzt. Sonst sind es dabei seine Bilder und nicht sein Mund. Oh Gott! Nicht an seinen Mund denken! "Ich würde ihn mir doch zu gern einmal ansehen." "Vielleicht kommt er ja", sage ich und lächle nervös. Wiedereinmal fühle ich mich unwohl in Sabrinas Nähe. Wenn sie so zickig ist kann sie furchtbar sein. Zum Glück winkt mich in diesem Moment mein Chef zu sich. "Die Arbeit ruft", entschuldige ich mich bei ihr und bin total erleichtert. Die Zeit vergeht schnell und wir haben sogar das ein oder andere Kunstobjekt verkauft. Selbst Vind wirkt heute ausgelassen und gesprächsfreudig. Das heißt: Die Ausstellung läuft super! Ich bin guter Dinge, genau wie Ilka und mein Chef, da sehe ich ihn. Tristan! Nur ganz kurz taucht sein Gesicht zwischen den der anderen Besucher auf. Er ist hier! Mein Körper reagiert so heftig, dass mir der Schweiß ausbricht. Meine Hände werden feucht, mein Puls rast und meine Knie werden weich. Und das allein schon von diesem kleinen Augenblick! Sollte Sabrina etwas merken, bin ich am Arsch! Hektisch suche ich nach ihr und sehe sie nicht weit von mir entfernt stehen. Sie unterhält sich mit einem Bekannten von uns und scheint genug abgelenkt, dass ich ... Ja was? Zu Tristan gehen kann? Und dann? Ich kann ihn ja nicht wegschicken! Okay, Marlon! Bleib ruhig! Das hier ist dein Job und Tristan ist ein Teil davon. Keinen Grund zur Panik. Ich rede mir ein, ruhig und selbstsicher zu sein. Vielleicht kann ich wenigstens die Anderen damit täuschen. "Danke", nicke ich dem Kellner zu, von dem ich mir zwei Champusgläser angle. Damit bewaffnet suche ich Tristan. Zeit, meinen Dämonen entgegenzutreten! Außerdem ist es meine Aufgabe, jeden unserer Schützlinge persönlich zu begrüßen. Da kann ich keine Ausnahme machen. Immer schön an die Arbeit denken! Ich finde ihn recht schnell im Gewirr der anderen Gäste und steuere direkt auf ihn zu. Mein Mantra, ruhig zu bleiben, das ich in Gedanken herunter bete, hilft mit jedem Schritt weniger. Mir schmerzt die Brust und ich habe das Gefühl zu ersticken. Jetzt nur nicht umkippen! Ich atme so gut es geht tief ein und setze ein Lächeln auf. "Hallo Tristan! Schön, dass du gekommen bist!" Wie ich diese Standartsprüche hasse! Doch diesmal retten sie mich. Nur leider nicht für lange. Tristan, der bis eben noch seitlich zu mir gestanden hat, dreht sich zu mir um, schaut mich leicht überrascht an und lächelt schließlich. Shit! Hör auf so zu lächeln! Sofort kehrt der Drang zurück, ihn in meine Arme zu schließen und mein Gesicht in seiner Halsbeuge zu vergraben. "Hallo", sagt er schlicht und wartet ab. "Möchtest du? ... Champagner?" Ich halte ihm ein Glas direkt vor die Nase. "Nein. Ich trinke keinen Alkohol." "Dann nehme ich das übrige Glas!", ertönt plötzlich Sabrinas Stimme hinter mir. Auch das noch! "Magst du uns nicht einander Vorstellen?" Sabrina drängelt sich zwischen Tristan und mich und reicht ihm die Hand. Tristan ergreift sie nur widerwillig. "Das ist Tristan. Tristan, dass ist ... Sabrina." 'Meine Freundin' konnte ich gerade noch so für mich behalten. "Du bist Tristan! Marlon hat mir schon viel von dir erzählt. Und gezeigt! Du hast wirklich Talent!" "Danke", murmelt er und wirkt alles andere als froh. Mittlerweile hat er bestimmt kapiert, dass Sabrina meine Freundin ist. Kein Wunder. Sie hat ja auch meine Hand ergriffen und hält sie fest umschlossen. "Gefällt dir die Ausstellung?", fragt Sabrina ihn. "Ja. Ganz okay." "Nur ganz okay?", lacht sie und Tristan schaut verärgert. "Das ist halt nicht mein Geschmack! Keine Ahnung, was man daran finden kann!" Dabei sieht er mich an und funkelt böse. "Auf wiedersehen!" Tristan dreht sich um und verlässt die Galerie. "Na mit dem hast du bestimmt deinen Spaß", meint Sabrina naserümpfend. "Normal ist er nicht so." So ist er erst, seitdem er erfahren hat, dass ich eine Freundin habe. "Ich sollte hinterher." "Wenn du meinst ..." Ich bin schon an der Tür, als mich mein Chef ruft. Damit muss ich Tristan ziehen lassen. Soll ich jetzt froh darüber sein, oder nicht? *** Erschöpft lasse ich mich auf mein Sofa fallen. Was für ein Tag! Ich schiele zur Uhr. Halb drei Uhr morgens. Wenigstens habe ich jetzt zwei Tage frei. Genau wie Ilka. Die Arme hatte schon einen grauen Haaransatz vor lauter Stress und Überstunden! Müde schleife ich meine tonnenschweren Glieder ins Bett. Die Dusche muss bis morgen früh warten, so geschafft bin ich. Ich will nur noch schlafen! Ein penetrantes Klingeln reißt mich aus dem Schlaf. Noch etwas orientierungslos suche ich die Quelle des Lärms und finde sie in Form meines Handys. Es ist erst kurz nach acht, doch mir kommt es vor, als wäre ich eben erst ins Bett gefallen. Blinzelnd schaue ich, wer mich da stört. Mein Chef! Normal ruft er mich an freien Tagen nicht an. Es sei denn, es gibt einen dringenden Notfall. Also muss ich dran gehen. "Ja?" /Herr Arth! Ich brauche Ihre Hilfe!/ "Ähm ... Ja, okay. Ist was passiert?" Ich steige aus dem Bett und suche meine Kleidung zusammen. /Tristan! Es hat eben bei mir angerufen und möchte seine Bilder zurück. Er will unseren Vertrag kündigen Marlon!/ "Wie bitte?!" Das eben ergriffene Hemd rutscht mir aus den Fingern. /Kümmern Sie sich darum! Versuchen Sie ihn zum Bleiben zu überreden!/ "Ja! Natürlich! Ich mache mich sofort auf den weg!" /Ich zähle auf Sie!/ Er will kündigen? "Scheiße!" Ich werfe mein Handy auf's Bett und ziehe mir meine Klamotten über. Irgendeine Jeans und ein verschlissenes Shirt. Egal! Ich greife meine Autoschlüssel von der Kommode und steige ins Auto, fahre los und überlege, wie ich das alles wieder gerade biegen soll. Denn ganz sicher bin ich der Grund seiner Kündigung. Aber wieso? Ist er so enttäuscht? Oder sauer? Er kann doch seine Karriere nicht einfach wegen ein bisschen Liebeskummer wegwerfen! "Nein, nein, nein! Bitte nicht!" Er kann sich unmöglich in mich verschossen haben! Es spricht aber alles dafür. Wie ich es drehe und wende, es kommt immer auf das Selbe hinaus. Tristan ist gekränkt und flüchtet jetzt vor der Situation. Und ich kann ihn sogar verstehen. Am liebsten würde ich ihm auch aus dem Weg gehen, damit diese Gefühle nicht wieder in mit hochkommen. Er weiß natürlich schon von den Plänen der Ausstellung seiner Bilder. Wie unvorstellbar und schmerzhaft muss ihn die Zusammenarbeit mit mir vorkommen! Vielleicht kann ich ihn davon überzeugen, doch nicht zu kündigen, wenn ich Ilka die ganze Sache übergebe. Das müsste machbar sein. Ich kann ja im Hintergrund agieren. Tristan muss mich ja nicht zu Gesicht bekommen, was mir ebenfalls ganz Recht ist. Das sich mir bei dem Gedanken daran, ihn nie wieder zu sehen, der Magen zusammenzieht, verdränge ich. Bestimmt habe ich nur hunger! So wird's sein. Ausgestattet mit diesem Notfallplan, halte ich vor seiner Wohnung und hechte das Treppenhaus hinauf, bis ich vor seiner Wohnung stehe. Ich klingle und klopfe kurz danach an die Holztür. "Tristan mach auf! Ich muss mit dir reden!" "Verschwinde!" Etwas Hartes trifft die Tür. Solcherlei Gefühlsausbrüche kenne ich ansonsten nur von anderen Künstlern. Tristan muss ganz schön verletzt sein. Ich fühle mich auf der Stelle ganz furchtbar. "Bitte mach auf!", versuche ich es erneut. "Nein!" Er scheint richtig wütend zu sein. So laut habe ich ihn noch niemals schreien gehört. Doch was er kann, kann ich schon sehr, sehr lange! "Gut! Bitte! Ich habe Zeit! Ich habe zwei Tage frei und ich werde sie von mir aus hier vor deiner Tür verbringen." "Du bluffst." "Finde es heraus", fauche ich die Tür an und werde selbst langsam sauer. So ein Sturkopf! Drinnen wird es still. Notgedrungen setze ich mich neben die Tür und lehne mich gegen die Wand. Jetzt bereue ich es, keine Jacke mitgenommen zu haben. Es wird kalt. Doch so schnell gebe ich nicht auf! Ganz bestimmt nicht. Ich warte eine geschlagene Stunde, als neben mir die Tür plötzlich aufgeschlossen wird und vorsichtig nach innen aufschwingt. Sofort bin ich auf den Beinen, lehne mich dagegen und stelle einen Fuß zwischen Tür und Türrahmen. Nur zur Sicherheit. Tristan schaut mich mit großen Augen an. "Du bist noch da?" "Das habe ich doch gesagt." Der wütende Gesichtsausdruck kommt wieder zurück in sein sonst so schönes Gesicht und er versucht die Tür zu schließen, was aber, dank meines Fußes nicht klappt. "Ich will nur mit dir reden. Wir finden eine Lösung ..." "Eine Lösung?" Er lacht bitter. "Du kannst mir keine Lösung anbieten, die ich akzeptieren könnte." "Probieren wir es aus. Lass mich rein." Er überlegt und nickt dann. Was für ein Glück! Er will mir mir reden. Tristan geht voraus und führt mich ins Wohnzimmer. Dort setzt er sich auf ein Kissen, das auf dem Boden liegt und starrt seine Füße an. Ich setze mich ihm gegenüber auf die kleine Couch. "Warum möchtest du kündigen?", frage ich ihn leise. "Das weißt du doch." "Du bist sauer auf mich." Tristan schüttelt den Kopf. "Nein. ... Vielleicht." Er zischt ein leises Scheiße und steht auf. "Komm mit. Vielleicht verstehst du es dann." Gespannt stehe ich ebenfalls auf und folge ihm. Was will er mir denn zeigen? Wir laufen wieder in den Flur und bleiben vor seiner Schlafzimmertür stehen. Vor eben jener Tür, vor der ich schon mal gestanden habe, er mich allerdings nicht eintreten lassen wollte. Tristans Hand umfasst den Türknauf, bewegt sich aber nicht. "Versprich mir, mich deswegen nicht für irre zu halten", flüstert er. "Warum sollte ich das tun? ... Aber okay. Ich verspreche es." Was kommt den jetzt? Was ist da bloß so Furchtbares drinnen? Die Frage wird mir augenblicklich beantwortet. Tristan öffnet die Tür uns lässt mich als Erster eintreten. Zuerst sehe ich nichts, da ein schwerer Vorhang das Fester verdunkelt, aber nachdem sich meine Augen an das diffuse Licht hier drinnen gewöhnt haben, sehe ich, was er meint. Ich starre mich selbst an! Über seinem Bett, vor dessen Fußende ich stehe, ziert mein übergroßes Gesicht die Wand. Eine große Fläche der Wand ist mit weißer Farbe übertüncht worden, worauf nun mein Konterfei auf mich nieder starrt. "Weißt du jetzt, was ich meine?" Tristan stellt sich neben mich und mustert mich scheu. Nicht das Bild, sondern den echten Marlon aus Fleisch und Blut. "Das habe ich gemalt, als ich dich das erste Mal sah. Du bist mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Deshalb musste ich dich malen. Immer wieder." Ich schlucke hart. Irgendwie hatte ich schon mit so etwas gerechnet, aber das übertrifft noch mein Vorstellungsvermögen. Ich und schaue mich um. Auf dem Rest der zuvor bunten Bilderwelt, die er auch hier auf die Wände gemalt hat, hängen dicht an dicht lauter kleinere Zeichnungen von mir, die er auf Papierschnipseln, Leinwandstücken und sogar auf den hellen Rändern von Tageszeitungen gezeichnet hat. Er hat mich in jeder erdenklicher Pose abgebildet. Meist zeigen sie mich in der Galerie, doch auch in der Fußgängerzone, in der ich ihn das erste Mal getroffen hatte. Was für ein Kontrast zu dem bunten Rest der Wände in Tristans Wohnung! "Ich muss einfach alles malen, was mir im Kopf herumgeistert. Und du ... Du bist ständig dort drin." Er tippt sich an die Stirn. "Und deshalb kündigst du?" Ich reiße den Blick von den Wänden und schaue ihn an. Er fixiert einen imaginären Punkt in weiter Ferne. "Wie soll ich dich sonst aus meinem Kopf bekommen?", sagt er so leise, so traurig, dass es mir die Kehle zuschnürt. Ich muss hier raus! Ich flüchte ins Wohnzimmer. Wieder umgeben von all diesen Fantasielandschaften, fühle ich mich gleich besser, aber keineswegs glücklich. Ich habe keine Ahnung, was ich zu den ganzen Zeichnung von mir erwidern soll. Vielleicht gar nichts. Ob ich wütend bin, geehrt, ängstlich. Keine Ahnung. Das Einzige, das ich weiß ist: Das alles hier, Tristans Bilder, seine Kunst, dass muss einem breiten Publikum zugänglich gemacht werden! Ich verzeihe mir das nie, wenn Tristan wegen mir als brotloser Künstler endet und wieder auf der Straße nach Geld betteln muss. Wobei ich mir sicher bin, dass er es immer noch tut. "Du willst jetzt sicher gehen." Ich drehe mich um. Tristan steht mit verschränkten Armen vor mir, blickt aber auf den Boden vor sich. "Nein." Er runzelt die Stirn und sieht nun doch zu mir auf. "Du hältst mich also nicht für einen Spinner?" "Ich halte dich für einen großen Künstler", sage ich und lache dann. "Also ja! Du bist ein Spinner." "Vielen Dank. Das denkt mein Vermieter auch." Tristan setzt sich wieder hin, auf die Couch diesmal. Erst so wütend, dann ängstlich, sieht er nun richtig verloren aus. Mist! Ich wollte doch mit diesem ignoranten Vermieter reden! Vor lauter Gefühlsduselei habe ich das total verpeilt! "Macht er dir immer noch Stress?" "Ja." Scheiße! "Aber das kann dir ja egal sein." "Das ist mir nicht egal!", widerspreche ich. "Ich helfe dir dabei! Und ich kümmere mich um deine Ausstellung! Ob du willst, oder nicht!" Tristan lacht. Dabei hört er sich allerdings keineswegs glücklich an. "Und wie willst du das machen? Ohne Bilder und ohne mich?" "Du wirst mich kein einziges Mal zu sehen oder zu hören bekommen, wenn du es nicht willst. Ich werde Ilka bitten, dass sie alles Persönliche mit dir regelt. Ich agiere nur im Hintergrund. Du wirst mich nicht zu Gesicht bekommen." "Und trotzdem wirst DU es sein, der sich um MEINE Werke kümmert. Du wirst derjenige sein, der mir hilft, bekannter zu werden. Du raffst es nicht, oder?" "Nicht so wirklich. Nein." Ich halte das noch immer für die perfekte Lösung. "Marlon Arth", sagt er mit leiser, dennoch fester Stimme. "Ich will weder deine Hilfe noch dein Mitleid. Das was ich von dir will, kannst du mir nicht geben. Also lass mich endlich in Ruhe und verschwinde." Verstört schüttle ich meinen Kopf. Ich verstehe ihn wirklich nicht! Es ist meine Arbeit, ihm dazu zu verhelfen, bekannt und populär zu werden! Das tue ich ein Stück weit für ihn, ja. Aber zum größten Teil für meinen Boss! Und das sage ich ihm auch. "Ah! Also dein Boss schickt dich? Schön! Das ist mir aber genauso egal. Schickt mir so schnell es geht meine Bilder zurück und dann hat sich die Sache für mich erledigt." Dann muss es eben sein. Ich wollte nicht mit anfangen, aber wenn er es unbedingt will ... "Du weißt, dass du vertraglich verpflichtet bist, im Falle eines Vertragsbruchs, uns eine Entschädigungssumme zu zahlen. Alles, was wir bisher in dich gesteckt haben, das alles wirst du zurückzahlen müssen." Als einer unserer Künstler, die bei uns unter Vertrag stehen, hat er auch seine Pflichten zu erfüllen. So leid es mir tut, aber auch wir müssen uns irgendwo rückversichern, damit wir weiter aufstrebende Künstler pushen und fördern können. "Kein Problem. Könnte nur etwas dauern", meint er allerdings äußerlich kühl und gelassen. Ich fasse es nicht! "Tristan!" Das kann ihm doch nicht so egal sein! "Geh! Geh zurück zu deiner Freundin und such dir einen neuen Künstler von der Straße, den du zu Ruhm und Ehre führen kannst!" Ich bin so wütend und so aufgebracht wegen seiner Sturheit, dass ich mich tatsächlich umdrehe und in den Flur stapfe. Doch ich drehe wieder um. "Nein, verdammt nochmal!", brülle ich und wundere mich selbst, über meinen Gefühlsausbruch. "Du wirst nicht wegen mir einen Haufen Schulden haben und in einer Wohnung voller Bilder leben und irgendwann verhungern! Lieber kündige ich!!!" Mein Herz rast und ich atme heftig, balle meine Hände zu Fäusten und baue mich vor Tristan auf. Dieser schaut so erschrocken, als befürchte er Schläge. "Du willst was? Kündigen? Wieso?" "Weil ich nicht zulasse, dass du dein ganzes Talent zum Fenster hinaus wirfst und darüber hinaus noch im Armenhaus landest!" Ich bin ganz außer mir. "Das kann dir doch sowas von egal sein!", zischt Tristan und schaut noch eine Spur sturer drein. "Tut es aber nicht!" "Warum nicht?!" "Weil ich dich liebe!", brülle ich und spüre, wie mein Körper mit einem Schlag vollkommen taub wird. Meine Gesichtszüge entgleisen und all die Wut in mir ist mit einem Schlag verraucht. Das habe ich doch jetzt nicht wirklich gesagt, oder?! Sagt mir, dass ich das eben nicht laut gesagt habe! ****** Glaubt's mir, oder glaubt's mir nicht, aber das kam jetzt selbst für mich überraschend. Manchmal entwickeln meine Charas eben ihren eigenen Kopf. Ganz besonders Marlon, der Schlingel. ^_- Wie die beiden auf Marlons unüberdachtes Geständnis reagieren, das erfahrt ihr im nächsten Kapitel. Kapitel 4: Kapitel 4 - Shampoo und Acrylfarbe --------------------------------------------- Hallo Leute Es tut mir wirklich leid, dass ich das nächste Kapitel jetzt erst hochlade, aber bei uns geht es schon wieder hoch her. Wir rennen von einem Krankenhaus zum Nächsten. Es ist echt zum Ko**** -___- Ich weiß nicht genau, wann ich dazu komme, weitere Kapitel hochzuladen, deswegen werde ich die beiden Letzten sehr wahrscheinlich dann in einem Aufwasch erledigen. Dann habt ihr mehr zu lesen und ich mehr Zeit zum Aufregen. :-S Viel Spaß euch beim Lesen Eure schon wieder im Abflug befindende Fara Kapitel 4 - Shampoo und Acrylfarbe "Du ... Du tust was?" Tristans große, blaue Augen schauen mich ungläubig an. "Sag das nochmal!" Er steht auf, doch noch ehe er nach mir greifen kann, bin ich aus dem Wohnzimmer geflohen. "Marlon? Marlon!" Ich stürze aus der Wohnung und springe die Treppen hinunter. Nichts wie raus hier! Das habe ich gerade nicht gesagt! Niemals! Das kann doch nicht wahr sein! Ein schlechter Traum! Ja! Kein Wunder nach dem anstrengenden Tag gestern. Ich schlafe noch! Ich setze mich ins Auto und fahre los, sehe im Rückspiegel, dass Tristan mir nachgelaufen kommt und nun vor dem Haus stehen bleibt. Mir wird schlecht. Nicht im übertragenen Sinne. Mir wird kotzübel. Eilig biege ich in die nächstbeste Seitenstraße ab und stelle meinen Wagen auf den nächsten freien Parkplatz. So schnell ich kann öffne ich meine Tür und schon übergebe ich mich. Direkt auf die Straße. Das war's dann. Marlon Arth. So weit ist es schon mit dir gekommen! "Alles in Ordnung mit Ihnen?" Ich nicke schwach. "Würden Sie dann mal bitte hochschauen?" Genervt folge ich der Bitte der spitz klingenden Stimme schräg über mir. "Sie stehen im absoluten Halteverbot." Eine Politesse! Natürlich! "Haben Sie was getrunken?" "Nein. Haben Sie was?" Eine ihrer Augenbrauen flippt nach oben. "Ich bin nicht betrunken", versuche ich es in einem versöhnlicheren Tonfall. "Mir ist während der Fahrt schlecht geworden." Sie scheint mir anscheinend zu glauben, wahrscheinlich, weil es nicht nach ausgekotzem Alk riecht. Ohne einen weiteren Ton tippt sie auf ihrem Gerät herum und reicht mir anschließend einen Zettel. "Ein Knöllchen für's Kotzen!", lache ich. Es ist einfach unfassbar! "Das nächste Mal übergeben Sie sich bitte auf einem der ausgewiesenen Parkplätze." "Oder ich schlucke es während der Fahrt einfach runter", schlage ich zynisch vor und zucke unschuldig mit den Schultern. Sie schaut mich angewidert an und zischt anschließend ab, denn nächsten Parksünder im Visier. "Das kann nicht wahr sein", flüstere ich mir selbst zu und zerknülle den Zettel. "Ich habe alles vermasselt." Bereit, in Selbstmitleid zu versinken, klingelt mein Handy. Sabrina! Wer sonst? Als ob mich das schlechte Gewissen nicht schon genug quält! Das muss die Rache meines derzeitig schlechten Karmas sein. "Hey Sab." /Ich stehe vor deiner Haustür. Du hast doch frei, oder? Warum bist du nicht da? Ich habe Brötchen für uns gekauft. Wo treibst du dich wieder herum?/ Ob ich noch mal auf die selbe Stelle kotzen kann, ohne noch ein Knöllchen zu bekommen? "Das ist lieb, aber mir geht es nicht gut." /Bist du beim Arzt?/ "Nein. Ich musste noch was erledigen. Fahr am Besten nach Hause. Ich lege mich besser wieder ins Bett, wenn ich zurückkomme." /Warum fährst du in der Gegend herum, wenn es dir nicht gut geht?/ Ihre Anschuldigungen kann ich gerade gar nicht gebrauchen! "Ein Problem mit einem unserer Künstler. Ich musste mich darum kümmern." /Ein Künstler? Und das an deinem freien Tag?/ "Ja! Ein KünstlER! An meinem freien Tag! Du, ich muss auflegen. Ich stehe im Halteverbot. Ich melde mich. Tschau." Ich lege auf. Ich habe das leise Gefühl, dass das noch Ärger geben wird. Sei's drum! Bleibt nur die Frage, was ich jetzt als nächstes tue. Ich muss mit jemanden reden. Mein Kopf ist so voll, dass ich dringend einen Rat brauche. Außerdem muss ich dringend meinen Mund ausspülen. Nach reiflicher Überlegung fällt mir nur eine Person ein, die mir dabei weiter helfen kann. Meine Zwillingsschwester Maja. Die Stimme der Vernunft, wenn meine versagt. *** Maja wohnt nicht weit weg von mir. Leider brauche ich über eine Stunde, bis ich bei ihr bin. Berufsverkehr lässt grüßen. Da sie gerade Mutter geworden ist, wird sie sicher zu Hause sein und ihre frisch geschlüpfte Brut hüten. Ich fahre also zu ihr und halte in der kleinen Auffahrt. Rolf, mein Schwager, kommt vor 18.00 Uhr nicht nach Hause. Er braucht demnach den Parkplatz nicht. Tief atme ich ein. Hoffentlich ist sie da. Ich muss nicht lange warten und mir wird kurz nach dem Klingeln geöffnet. Maja mit Baby im Arm steht vor mir. "Marlon? Was für eine Überraschung!" Sie umarmt mich mit ihrem freien Arm und bittet mich herein. "Was, oder wer, treibt dich denn zu mir?", fragt sie. Meine Zwillingsschwester kennt mich einfach zu gut! Wir setzen uns in ihre Küche und klein Elena, so heißt meine Nichte, wird in ihre Wiege gelegt. "Wie geht es euch? Immer noch im Mutterglück, oder schon nahe am Nervenzusammenbruch?" "Uns geht es prima, du Arsch!" Ich grinse. "Schön." "Und was ist jetzt mit dir? Streit mit Sabrina?" Das ist meine Schwester. Gleich auf den Punkt kommen. Das mag ich so an ihr. "Das auch. Aber diesmal geht's um meinen Job." Ich fange lieber langsam an. "Verdächtigt dich Sabrina wieder?" "Wann nicht?", scherze ich, obwohl es gar nicht lustig ist, weil es leider wahr ist. "Da ist ein Künstler, ein verdammt Guter. Er soll bald eine eigene Ausstellung bekommen." "Dann hast du also bald wieder viel zu tun? Freut mich für dich. Scheint doch alles relativ gut zu laufen. ... Tee?" Auf den Tisch vor mir, bekomme ich eine Tasse dampfenden Kamillentee gestellt. "Danke." Ich warte, bis Maja sich mir gegenüber setzt. "Eigentlich schon. Nur Tristan, der Künstler, hat heute morgen meinen Boss angerufen und will seinen Vertrag mit uns kündigen. Wegen mir." "Oh. Was hast du angestellt?" "Es geht darum, dass ... Tristan mag mich. Mehr als das." "Verstehe. Und wieso jetzt der Ärger?" "Er dachte ... Also ..." Ich atme tief durch. Reden! Ich bin doch schließlich hier zum Reden. "Er dachte, mir geht es genau so." "Und du musstest ihn enttäuschen, da wurde er sauer", schlussfolgert sie. "So in etwa. Er bekam mit, dass ich mit Sabrina zusammen bin, und damit, dass er wohl niemals eine Chance bei mir hat. Deshalb will er aus dem Vertrag raus, um mir nicht mehr zu begegnen. Verstehst du?" "Kann ich verstehen. Es ist gar nicht so toll, immer seinem Schwarm zu begegnen, und einsehen zu müssen, dass er unerreichbar ist." Ich nicke schwach. "Jedenfalls war ich deswegen eben bei ihm, wollte ihn überzeugen nicht zu kündigen. Wir stritten und …" Ich breche ab. "Und?" Ich traue mich nicht, Maja anzuschauen. Stattdessen starre ich die Tasse an und knete meine Hände durch. "Ich mochte ihn von Anfang an. Aber so? Es ist mir plötzlich einfach rausgerutscht. Keine Ahnung, ob ich wirklich so fühle ..." In meinen Kopf dreht sich alles. "Marlon? Was hast du zu ihm gesagt?" "Ich glaube, ich habe mich in ihn verliebt." Es ist raus! Ich habe es nochmal ausgesprochen und fühle dabei so viel Angst und Ungewissheit, dass meine Muskeln anfangen zu zittern. Ich muss die Tasse loslassen, damit ich sie nicht umschmeiße. Maja bemerkt es, fasst nach ihnen und drückt sie fest. "Was war dann?" "Ich bin weggerannt", flüstere ich und schaue sie wieder an. Ihre Augen mustern mich und sie wirkt nachdenklich und ernst. So sieht man sie nicht oft. "Und dann kamst du gleich zu mir?" "Ja. Nachdem Sabrina mich am Telefon zurechtgestutzt hatte." Elena beginnt zu weinen. Maja greift nach ihrer Wiege und schwenkt sie sachte hin und her. "Sag mir, was ich jetzt machen soll! Eine falsche Entscheidung, und ich verliere alles!" "Wen alles? Sabrina? Deinen Job? Oder Tristan?" "Ja!" "Marlon? Du bist ein echter Dussel! Es geht nicht darum, was du alles verlieren könntest, sondern darum, was du alles dadurch gewinnen kannst!" "Was redest du da? Wenn ich ..." "Jetzt hör mir zu!" Die jetzt-spricht-Mama-Ansagen hat sie echt schon gut drauf. Ebenso den Blick. "Du bist mein Bruder und ich kenne dich so gut wie sonst niemand auf der Welt. Ich habe dir auf dem ersten Blick angesehen, dass dir etwas sehr auf der Seele liegt." "Wow! Kannst du hellsehen?" Langsam bin ich angepisst! Auch wenn sie meine Schwester ist. Sie kann manchmal ganz schön nerven! "Ruhe! Damit will ich sagen: Ich kenne dich zu gut, um nicht zu merken, wie wichtig dir dieser Tristan ist. Du hättest mir niemals von ihm erzählt, wenn es nicht so wäre. Bleibt nur die Frage: Was wird daraus? Was wird aus Sabrina?" "Und meinem Job nicht zu vergessen!" "Um den geht's nicht!", herrscht sie mich an. "Geh zurück und kläre das." "Was soll ich klären?" "Wen du liebst. Tief in dir drin weißt du es schon längst. Und ich werde dir nicht schon wieder sagen, dass ich Sabrina nicht leiden kann", murmelt sie. Das braucht sie mir wirklich nicht mehr zu sagen. Die Beiden sind wie Hund und Katze. Nur nicht so zärtlich. Es gab schon oft Situationen zwischen den Beiden, in denen ich mir wünschte, einen Wasserschlauch zur Hand gehabt zu haben, um sie damit voneinander zu trennen. Ich trinke einen Schluck Tee. Meine Kehle ist wie ausgedörrt. "Eigentlich bin ich hier her gekommen, dass du mir einen Rat gibst und nicht, dass du mir den Kopf wäschst." "Das ist ein und dasselbe", lacht sie. "Was sage ich nur zu Sabrina? Ich habe jetzt schon das Gefühl, sie zu betrügen. Es ist verrückt!" "Als ich damals Rolf kennen gelernt habe, war ich mit Christoph zusammen. Weißt du noch?" "Ja", knurre ich. Christoph war ein Arsch. Er nannte mich immer Hosenscheißer, obwohl ich nur eine halbe Stunde jünger als Maja bin. "Ich merkte bald, Rolf ist derjenige welcher. Ich wusste es. Ich stellte mir die Frage: Lohnt es sich, meine Beziehung für ihn zu Opfern? Ja oder nein? Die Antwort war leicht und sehr schnell entschieden." "Für dich vielleicht! Aber wir reden hier von einem Mann!" Das ist doch heutzutage nicht mehr wichtig!", winkt sie ab. "Und wie ich weiß, gab es Zeiten, in denen dir das Geschlecht ziemlich egal war." Maja grinst mich frech an. "Das war doch was ganz anderes!", murre ich. "Finde ich nicht." Ich gebe ein leises Brummen von mir. Wie immer, wenn ich nichts auf ihre Logik zu erwidern weiß. "Mal im Ernst Marlon. Möchtest du lieber die sichere Schiene fahren und mit Sabrina zusammen bleiben, nur um dann nach ein paar Jahren festzustellen, dass du die falsche Entscheidung getroffen hast?" "Nein …" Natürlich nicht. "Und sei mal ehrlich! Von wem ging deine Beziehung mit Sabrina aus? Wer machte den ersten Schritt?" "Sabrina", erwidere ich. "Hättest du sie angesprochen, wenn sie es nicht getan hätte?" So leid es mir tut ... "Nein. Wahrscheinlich nicht." Ich gebe es ungern zu, aber hätte mich Sabrina damals nicht angesprochen, sie wäre mir wahrscheinlich gar nicht erst aufgefallen. "Und jetzt erinnere dich an deine erste Begegnung mit Tristan." Meine erste Begegnung? Ich fange an zu grinsen. Sofort sehe ich ihn vor mir: Ich sah ihn das erste Mal in der Fußgängerzone. Er schleppte Bilder mit sich herum, lief von Passant zu Passant, doch niemand interessierte sich für ihn. Anscheinend wollte er sie verkaufen. Ich hatte Mittagspause und saß auf einer Bank, aß Nudeln vom Asiaten und beobachtete ihn. Leider verstand ich kein Wort von dem, was er zu den Leuten sagte. Nach einigen Minuten platzte ich beinahe vor Neugierde, stand auf und pirschte mich an ihn heran. Ich wollte unbedingt diesen Wirrkopf und seine Bilder von Nahem begutachten. Doch leider waren die Bilder größtenteils von ihm verdeckt. "Haben Sie eine kleine Spende für einen Künstler übrig?", sprach er mich an, als ich mich ihm näherte. "Eigentlich ja." "Eigentlich?" Er sah mich an und er wurde augenblicklich schüchtern. Ich schob es auf meine Größe und meinen Anzug. Damit wirkte ich auf ihn bestimmt wie ein Großprotz. "Zeig mir deine Bilder und ich überlege es mir." Er lief leicht rot an und senkte seinen Blick. "Sie ... Sie sind noch nicht fertig." "Ah so. Und ich dachte, du willst sie verkaufen." "Nein. Meine Farben sind aus. Ich brauche Neue. Doch die sind teuer." "Ja, ich weiß." Ich zog meine Brieftasche hervor. 'Ein Fünfziger. Was anderes habe ich nicht mehr. Okay. Vielleicht lohnt es sich ja.' Ich hielt ihm den Fünfziger vor die Nase. "Zeig sie mir und der gehört dir." Seine Augen wurden groß. "Aber ..." "Ich bin neugierig." Ich grinste ihn an und steckte ihm das Geld einfach in die Jackentasche. "Also gut", murmelte er und zog die Bilder vorsichtig hervor. Er reichte mir eins und ich war sofort ganz gebannt von der Szenerie, die sich vor mir auftat. Auch wenn sie, seiner Meinung nach, noch nicht fertig waren. Ich gab ihm meine Karte, sagte ihm, wenn er in unsere Galerie kommt, hätte er große Chancen, seine Bilder verkaufen zu können und vor allem, immer genügend Materialien zum Mahlen zu haben. Letzteres hatte ihn da wohl am meisten gereizt. Doch jetzt bin ich mir da gar nicht mal mehr so sicher. "War euer erstes Treffen so gut gewesen?" Maja holt mich aus der Vergangenheit zurück. "Ja", sage ich. "Es war aber eher geschäftlich", winke ich ab. Das ich ihn wahrscheinlich nicht angesprochen hätte, wenn er nicht mit seinen Bildern durch die Gegend gerannt wäre, verschweige ich. Ehrlich gesagt, meide ich normal Straßenkünstler. Gemein, ich weiß. "Marlon? Du musst dich entscheiden. Er oder sie. Ja oder Nein." Habe ich das nicht schon längst? "Da hast du vielleicht sogar recht." "Natürlich habe ich das! Höre mal auf deine große Schwester." Ich fange an zu grinsen. Was habe ich gesagt? Die Stimme der Vernunft, wenn meine versagt. *** Wieder ist es mein Handy, das mich aus dem Schlaf reißt. Und wieder ist es mein Chef. Er kann ja auch nicht ahnen, dass ich Nachmittags, nachdem ich mich von meiner Schwester verabschiedet habe, zu Hause eingenickt bin. "Ja?" /Herr Arth? Konnten Sie etwas erreichen?/ "Ich denke ja. Aber ich bin noch dran." /Tristan möchte also immer noch kündigen?/ Keine Ahnung! Ich habe nicht mehr mit ihm gesprochen, seit meinem Abgang. "So gesehen ... Ja. Allerdings bin ich guter Dinge. Es hat sich was ergeben." /Dann hoffe ich für Sie, dass das klappt!/ Aufgelegt. Uh. Ist der schlecht gelaunt! Er hat es nicht gern, wenn seine Investitionen sich nicht lohnen. Aus welchen Gründen auch immer. Und da ich ihm Tristan empfohlen habe, wird er mich bald auch nicht mehr gern haben, fürchte ich. Seufzend falle ich zurück auf meine Couch. An Schlaf ist nicht mehr zu denken. Ob ich heute noch zu Tristan gehe? So langsam quält mich das schlechte Gewissen. Ich habe ihn heute morgen einfach stehen lassen. Ob ich ihn anrufen soll? Mein Herz klopft schneller bei dem Gedanken. Ich bräuchte nur ein paar mal auf mein Handy zu tippen, und schon könnte ich seine Stimme hören. Aber vielleicht sollte ich auch erstmal mit Sabrina reden. Bei dem Gedanken wird mir speiübel. Definitiv zu viel Gefühlsschwankungen heute für meinen Geschmack. "Scheiße", fluche ich leise in ein Kissen. Will ich wirklich mit Sabrina Schluss machen? Es ist nur fair, oder? Je länger ich darüber nachdenke, desto logischer wird es für mich. Ich meine, was habe ich von dieser Beziehung? Sabrina ist nur noch am meckern und beschuldigt mich ständig, mit irgendwelchen Frauen in die Kiste zu steigen. So schlau wie sie ist, aber das will einfach nicht in ihr Hirn. Selbst vor Ilka macht sie nicht halt. Die Arme musste schon oft ihren zickigen Attacken standhalten. Lassen wir mal Tristan außer Acht. Hat das mit mir und Sabrina noch eine Zukunft? Möchte ich weiter mit so einer Frau zusammen sein? Mag sein, dass Tristan nur der Anstoß für meine Zweifel gewesen ist, aber Probleme hatten wir schon vorher. Auch wenn ich sie bis jetzt ziemlich erfolgreich verdrängt hatte. … Also gut! Es bringt nichts, weiter zu grübeln! Ich raffe mich auf und mit zittrigen Fingern wähle ich ihre Nummer. Mailbox. "Hey Sabrina. Ich wollte nur fragen, ob du Zeit hast. Ich müsste mal was mit dir besprechen. ... Ruf mich doch zurück, ja?" Wenn sich das nicht mal nach Schluss machen angehört hat! Ich muss mal was mit dir besprechen. "Scheiße." Heute ist echt nicht mein Tag! *** Nervös liefere ich mir mit dem Klingelknopf ein Starrduell. Klar das er gewinnt, aber leicht mache ich es ihm auch nicht. Da Sabrina sich immer noch nicht gemeldet hat, mit voller Absicht so wie ich sie kenne, bin schließlich doch zu Tristan zurückgefahren. Ich muss einfach noch heute mit ihm reden! Allein schon wegen meinem Boss. Grimmig starre ich diesen unverschämten Klingelknopf an und drücke ihn endlich. Hat er nun davon! Das leise Klingeln ertönt, doch hinter der Tür tut sich nichts, weshalb ich nochmal auf den Knopf drücke, fester diesmal, und warte. Und warte ... Und warte. Er scheint nicht da zu sein. Ein Gemisch aus Erleichterung und Enttäuschung braut sich in mir zusammen. Wo steckt er nur? Ich wage einen letzten Versuch und rufe seinen Namen. "Tristan? Bist du da? Ich bin's! Marlon!" Wieder warte ich. Nichts. Er ist anscheinend wirklich nicht da. Ich finde mich damit ab und laufe zur Treppe, als ich aus dem Augenwinkel sehe, dass sich Tristans Tür doch öffnet. Ich halte inne und schaue gebannt die halbgeöffnete Tür an. Niemand steht dort. Tristan muss sich innen aufhalten. Mit ein paar Schritten bin ich vor der Tür und trete ein. "Tristan?" Der enge Flur ist leer und ich sehe ihn immer noch nirgends. "Tristan?!" Er muss doch hier sein! Von allein öffnet sich doch keine Haust... "Hier. Im Wohnzimmer." Also doch! Ich folge seiner Stimme. "Hallo", begrüße ich ihn. Sehr unverfänglich. "Hey." Seine Stimme ist dünn und brüchig. Wie es scheint ist er genau so unsicher wie ich. Das beruhigt mich etwas. "Wir sollten reden", schlage ich vor. "Ja. Sollten wir." Tristan steht mitten im Raum und atmet geräuschvoll aus. "Möchtest du etwas trinken?" "Ähm. Ja. Gern." Das hier beginnt so zähflüssig, da kann etwas zu Trinken nicht schaden. Tristan verschwindet in der Küche und ich setze mich, wie so oft, auf seine Couch. Es klimpert und Schranktüren schlagen zu. Dann kommt er wieder und stellt ein Glas Wasser vor mir auf den Tisch. "Tut mir leid. Champagner habe ich gerade nicht da." Er lacht mich an. Wenigstens kann er noch Scherze machen. "Kein Problem. Danke." Ich nämlich nicht. Tristan zieht sich sein Sitzkissen neben Tisch und Couch und setzt sich darauf. Er hat es anscheinend nicht so mit normalen Sitzmöbeln. Naja, die Couch ist auch sehr klein. Wir würden sehr eng beieinander sitzen. Zu eng, womöglich. "Hast du es dir nochmal überlegt? Mit der Kündigung?", fange ich an. Irgendwie muss ich ja Anfangen. "Du bist nicht wirklich wegen meiner Kündigung gekommen. Hab ich Recht?" Hoffnungsvoll blicken mir seine Augen entgegen. "Nicht nur", gebe ich zu. "Welche Ausrede hast du jetzt?" "Was?" "Das letzte Mal war es deine Freundin. Und jetzt? Das du mir ein Liebesgeständnis gemacht hast, bloß damit ich nicht kündige?" "Nein!" Denkt er etwa im Ernst, ich wäre nur gekommen, um meine Worte zurückzunehmen? Um mich herauszureden? "Tristan! Du bist mir wichtig! Das kann und will ich gar nicht abstreiten. Nur ..." "Es ist schwierig?" "Ja!" "Findest du?", fragt er und steht auf. Mit großen Augen beobachte ich ihn dabei, wie er auf mich zu kommt und sich zu mir auf die wirklich verdammt kleine Couch setzt. Mein Herz schlägt sofort Saltos und die Härchen an meinen Armen stellen sich auf. "Aber da du deine Worte heute Morgen nicht abstreitest ..." Er kommt mir immer näher. "Darf ich dich küssen?" Ich öffne meinen Mund, möchte was sagen, kann aber nicht. Tristan ist mir so verflucht nahe! Und weil ich nichts sage, zuckt er vor mir zurück. "Tut mir leid", wispert er und steht auf. "Ich wollte nicht ..." "Nein!" Ich greife seine Hand, halte ihn fest und stehe auf. Noch ehe ich mich versehe, bin ich derjenige, der ihn küsst. Tristan wimmert erschrocken auf, schiebt sich mir aber sehnlichst entgegen und erwidert den Kuss. Erregung pulsiert heiß durch meine Adern und ich seufze leise, sauge an den weichen Lippen und streiche mit meiner Zunge darüber. Tristan murmelt meinen Namen und zusammen landen wir auf der Couch, er rittlings auf mir. Sein Gewicht auf mir zu spüren fühlt sich unglaublich gut an! Als hätte ich nie etwas anderes gebraucht. Tristans schmales Becken reibt über meinen Schritt und wenn er damit so weiter macht, kann ich mich bestimmt nicht mehr zurückhalten. Es fällt mir jetzt schon schwer genug, ihn nicht einfach zu schnappen und unter mir zu begraben. Es ist verrückt! Wo kommt das plötzlich her? Das ist so viel besser und so viel anders als mit Sabrina. … Sabrina! Stöhnend schiebe ich ihn sanft von mir. "Warte!", japse ich. "Das geht so nicht. Sabrina ... Ich kann sie nicht betrügen." Leider grenzt das hier schon verflucht nahe am Betrügen! "Ach so." Blaue Augen schauen mich traurig an. "Entschuldige. Das wäre ja auch zu schön gewesen." Tristan klettert von mir herunter und läuft aus dem Wohnzimmer. Mein umnebelter Verstand braucht etwas Zeit, um zu kapieren, was gerade passiert ist. "So war das doch nicht gemeint! Tristan!" Ich springe hinterher und finde ihn im Flur wieder. Immer diese Schnitzeljagden durch seine kleine Bude! "Ich meinte damit, ich kann noch nicht. Das kann ich ihr nicht antun, solange wir noch zusammen sind." Tristans Augen werden groß. "Das heißt, du willst mit deiner Freundin Schluss machen?" "Ja", kommt es wie aus der Pistole aus meinem Mund geschossen. "Wegen mir?", fragt er mit kratziger Stimme nach. "Zum Teil. Ja." Wieso lügen? "Marlon ... Ich ..." Er verstummt und regt sich nicht. Fast macht er mir Angst. "Oh Marlon!", quiekt er plötzlich los und fällt mir um den Hals. Ich bin so überrumpelt, dass ich gegen die Wand taumle und Tristan gerade so auffangen kann. "Ich muss das erst mit Sabrina regeln und dann komme ich zu dir, okay?" "Okay", wispert er gegen meinen Hals. Tief atme ich seinen Duft nach Shampoo und Acrylfarbe ein, drücke ihn nochmal fest an mich und verabschiede mich dann von ihm. "Ich melde mich. So schnell es geht." "Ist gut." Er lächelt mich an, ich lächle zurück, kann meinen Blick wirklich nur schwer lösen, und verschwinde durch die Tür. Lasse die bunte Farbenwelt und dessen wundervoller Erschaffer schweren Herzens hinter mir. Dieses springt immer noch wie wild in meinem Brustkorb herum und ich halte mich am Treppengeländer fest, damit ich nicht die Stufen herunterrassle. Und obwohl es mir vor der Begegnung mit Sabrina ziemlich graut, fühle ich mich trotzdem gut. Merkwürdig gut. Als hätte man mich soeben in ein völlig neues Leben katapultiert. ****** Kapitel 5: Kapitel 5 - Verschmelzende Acrylkörper ------------------------------------------------- Hey Leute. Es tut mir wirklich leid, dass es schon wieder so lange gedauert hat, bis ich wieder was hochladen konnte, aber die Zeit vergeht wie im Fluge, wenn man nur unterwegs ist. Heute habe ich wenigstens ein bisschen mehr Zeit zum Durchatmen und kann euch die letzten beiden Kapitel hochladen. Dann will ich euch mal nicht länger langweilen, sage viel Spaß beim Lesen und ich mache mich mal ans Reviewbeantworten. ^^ Einen schönen Feiertag und Sonntag euch noch Fara Kapitel 5 - Verschmelzende Acrylkörper "Ich hoffe, du bist hier um dich bei mir zu entschuldigen!" Ich schlucke heftig und bemühe mich, ihrem Blick standzuhalten. "Nicht so, wie du jetzt vielleicht denkst", winde ich mich. Jetzt, wo ich vor ihr stehe, geht es mir nicht mehr so gut, wie vorhin bei Tristan. … Tristan … An ihn zu denken gibt mir wieder genug Energie, um das hier durchzustehen. "Und was denke ich gerade?" Sabrina verengt ihre Augen zu Schlitzen, was sie höchst gefährlich aussehen lässt. Aber davon lasse ich mich nicht unterkriegen. 'Du denkst, dass ich jetzt wie immer auf allen Vieren zu dir zurückgekrochen komme und mich entschuldige.' Laut sage ich aber: "Das es mir leid tut." "Ist es etwa nicht so?" Jetzt muss ich wegschauen. Ich fixiere ihren hässlichen Teppich im Flur, das kitschige Schuhregal, für das sie vielleicht gar nichts kann. Vielleicht hat es ihre Mitbewohnerin angeschleppt. Wahrscheinlich aber auch nicht. "Marlon?" "Ich mache Schluss mit dir." Nun ist es raus! "Du machst was?!", brüllt sie nach einigen Schrecksekunden. Dann verschränkt sie ihre Arme vor der Brust und kommt einen Schritt näher zu mir, steht jetzt so dicht vor mir, dass sie mich von unten böse anfunkelt. Ihre blauen Augen sprühen vor Zorn. "Wer ist sie?!" Ich blinzle verwirrt. "Was?" "Für welche Schlampe du dich von mir trennen willst?!" Ich hätte es wissen müssen! Natürlich ist wieder eine andere Frau Schuld. Obwohl sie diesmal ja fast richtig liegt. "Sag schon! Kenne ich sie?" "Ja, du kennst ihn." Das erste Mal seit unserem Kennenlernen sehe ich, wie ihr sämtliche Gesichtszüge entgleisen. "Ein Kerl? Du macht mit mir Schluss, wegen einem … Kerl?", fragt sie leise, geschockt. "So ist es." Sie geht einige Schritte zurück, schüttelt dabei ihren Kopf. "Weißt du was Marlon? Du kannst mich mal!", schreit sie. "Verschwinde! Du widerliches Arschloch! Hau ab!" Sabrina greift in das hässliche Schuhregal und wirft mit einem Stiletto nach mir. Ich kann mich grade so noch ducken und flüchte aus der WG. Weitere Schuhe kommen geflogen und treffen die gegenüberliegende Tür. "Du mieses, krankes Arschloch!", höre ich sie noch brüllen. Nichts wie weg hier! Das war's also. Schluss mit Sabrina. Schluss mit meinem scheinbar so perfekten Leben mit Job, Haus und Freundin. Obwohl … Job und Haus bleiben mir ja noch. 'Und vielleicht kommt ja bald noch jemand anderes dazu …' Tristans Gesicht taucht vor meinem inneren Auge auf, und gleich fühle ich mich wieder besser. Trotzdem … Es kommt alles noch so irreal vor. Was für ein Tag! Ich lehne mich mit der Stirn an das kühle Lenkrad und schließe die Augen. Wer hätte gedacht, dass ich innerhalb eines Tages eine Liebeserklärung hinlege, von meiner Schwester den Kopf gewaschen bekomme, mich danach mit Tristan knutschend auf seiner Couch wiederfinde, nur um dann mit meiner Freundin Schluss zu machen und dann ... Ja, was dann? Ich schiele auf die Uhr. Kurz nach einundzwanzig Uhr. Soll ich heute noch zu ihm, oder nach Hause? Ein bisschen Ruhe tut mir bestimmt ganz gut. Ich muss meine Gedanken sortieren und runter kommen. Der Tag heute ist wirklich anstrengend gewesen. Also nach Hause. Was auch immer zwischen uns passieren würde heute Nacht, ich habe mit Sicherheit keine Energie mehr dafür. Bevor ich losfahre, schreibe ich Tristan noch eine Nachricht, dass ich mich morgen wieder bei ihm Blicken lasse, und dass ich mich schon auf ihn freue. Das ich wieder Single bin, möchte ich ihm aber persönlich sagen, weil ich unbedingt sein Gesicht dabei sehen möchte. Ich will sehen, wie er sich darüber freut, möchte seine Umarmung spüren, möchte mit ihm dort weiter machen, wo wir heute unterbrochen haben ... Ich richte mich wieder auf und starre durch die Frontscheibe. Sex mit einem Kerl. Das ist schon verdammt lange her. Damals dachte ich, es sei nur eine Phase gewesen, eine Spielerei, die man eben als junger Mann so macht, der frisch ins Leben hinaustritt und seine Erfahrungen sammelt. Anscheinend ist das doch mehr als eine Phase gewesen. Das heiße, erwartungsvolle Kribbeln in meinem Bauch, das ich verspüre, wenn ich an Tristan denke, zeigt das ganz eindeutig. Doch diesmal ist es keine Spielerei sondern etwas Ernstes. Ich meine, ich habe für ihn eben mit meiner Freundin Schluss gemacht! "Ich habe mit Sabrina Schluss gemacht", sage ich laut und grinse plötzlich wie blöd dabei. *** Ja, ich habe schon einige homosexuelle Erfahrungen gesammelt. Das erste Mal war während meiner Schulzeit. Ich war gerade mal 16 und Tommy, so hieß er, und ich mussten zusammen nachsitzen. Ich habe keine Ahnung mehr, wieso eigentlich. Jedenfalls waren wir unbeaufsichtigt und aus Erfahrung, ja ich musste viel nachsitzen damals, wusste ich, dass der Lehrer uns bis zum Ende der Stunde nicht mehr belästigen würde. Also holte Tommy eins seiner Schmuddelheftchen hervor und eins kam zum Anderen. Es endete dabei, dass wir uns küssten und uns gegenseitig berührten. Das Ganze machte mich ziemlich geil, denn Tommy war der erste 'Fremde', der meinen Schwanz berührte. Danach war alles wie vorher und wir machten keine große Sache draus. Hin und wieder fummelte ich auch mit anderen Jungs herum, und als ich älter wurde, und im Kunstgeschäft meine ersten Fühler ausstrecke, streckte ich auch bald was ganz anderes aus. Doch das alles war immer ganz zwanglos und niemals mit der Aussicht auf mehr. Kein Drama und keine Reue. Und vor allem keine Gefühle. Ich wollte meinen Spaß, genau wie meine Bettpartner. Wenn ich mir aber vorstelle, dass mit Tristan zu tun, dann wird mir ganz heiß und mein Herz flattert wie ein aufgeregter Schmetterling in meiner Brust herum. Seufzend öffne ich die Augen. Ich darf nicht darüber nachdenken. Nicht mitten in der Nacht, wo ich doch eigentlich schlafen sollte. Aber ich kann nicht. Ich wälze mich von rechts lach links und wieder zurück, schlage mein Kissen platt, das heute extrem bauschig zu sein scheint und strample meine Decke runter, weil mir heiß ist und zerre sie anschließend wieder hoch, weil mir wieder kalt ist. Nach ein paar Wiederholungen starre ich auf meinen Wecker. Halb drei. Stöhnend bleibe ich mit ausgestreckten Armen und Beinen liegen und gebe auf. Schlaf wird auch viel zu sehr überschätzt! Wer braucht den schon? Ich knipse mein Licht an und reibe über meine müden Augen. Ein wenig Fernsehen lenkt mich bestimmt ab. Somit schlurfe ich ins Wohnzimmer, wickle mich in eine Decke und schalte die Flimmerkiste an. Ein lautes Klingeln jagt mich hoch. Es ist hell draußen. Ich muss vor der Glotze eingeschlafen sein. Wieder klingelt es und ich stehe murrend auf. Nur in Unterwäsche öffne ich meine Haustür. "Herr Arth! Du liebe Güte!" Mein Chef! "Ähm. Guten Morgen." "Morgen? Es ist fast Mittag!" "Oh." Ich lasse meinen Chef eintreten, bitte ihn, kurz zu warten und ziehe mir schnell etwas über. "Setzen Sie sich doch", weise ich ihn an und zeige in meine Küche. Dort setze ich erstmal einen starken Kaffee auf. "Nett haben Sie es hier. Aber Sie sollten weniger Feiern", sagt er und grinst sogar dabei. "Danke. Aber feiern war ich gar nicht. Gestern war ich den ganzen Tag wegen Tristan unterwegs. Und die Nacht davor war auch sehr kurz", erkläre ich und muss dabei noch nicht mal lügen. "Deswegen bin ich hier. Haben Sie ihn überredet?" Mit zwei Tassen Kaffee bewaffnet, setze ich mich zu ihm. "Ja. Die Kündigung ist vom Tisch." Das hat er mir zwar nicht gesagt, doch ich nehme es stark an. Falls nicht, erwürge ich ihn! "Wunderbar!", lacht mein Boss und rührt sich den vierten Löffel Zucker in den Kaffee. Uwägs! "Wissen Sie was? Nehmen Sie sich den Rest der Woche auch noch frei. Kümmern Sie sich mal nur um sich, damit Sie wieder fit für die nächsten Herausforderungen sind!" "Danke ..." Habe ich heute seit langem mal wieder einen Glückstag? Verdient hätte ich es. "Gut. Vielen Dank für den Kaffee", sagt er und steht auf, ich ebenfalls. "Es wird Zeit für mich. Ich finde allein heraus. Auf Wiedersehen!" "Ja. Bitte. Auf Wiedersehen." Noch ziemlich müde schaue ich meinem Chef hinterher, bis er die Tür hinter sich zuzieht. War ja ein schneller Besuch. Aber ich bin noch nicht richtig wach, um mich über sein schnelles Erscheinen zu wundern. Ebenfalls will es mir nicht in den Sinn, weshalb er mich nicht einfach angerufen hat, um mich über Tristan zu befragen. Nun gut. Er wird seine Gründe gehabt haben. Nachdenklich kratze ich mich am Kopf. Da alles mit Tristan geklärt ist und ich frei habe, was mache ich denn jetzt? Und dann fällt es mir ein! "Shit! Ich wollte mich bei Tristan melden!" Es ist schon nach zwölf und er denkt sich bestimmt sonst was. Ich flitze an mein Telefon und rufe ihn an. Ich muss lange waren, bis abgehoben wird. Ob er mich extra warten lässt? Ich bekomme ein schlechtes Gewissen. /Ja?/, meldet er sich schließlich leise. "Hallo Tristan. Sorry für den späten Anruf! Ich lag bis eben noch im Bett." /Schon okay/, schmatzt er in den Hörer. Da fällt mir auf, dass auch ich Hunger habe. "Ich komme gleich zu dir. Wenn es dir recht ist." /Klar./ "Schön. Also bis gleich." /Jo./ Aufgelegt. Ich grinse. Das ist so typisch für ihn. Meist sagt er nur das Nötige. Im Eiltempo gehe ich duschen und futtere ein paar trockene Toasts, bevor ich meine Autoschlüssel schnappe und zu meinem Auto gehe. Als ich allerdings losfahren will, merke ich, dass irgendwas ganz und gar nicht stimmt. Hört sich nach einem Platten an. Ich steige aus und fluche los. Jemand hat meine Reifen zerstochen. Alle vier! Soll ich raten, wer das war? "Dieses Miststück!" Wütend trete ich gegen die jämmerlichen Reste eines der Reifen. Wenigstens hat sie mir keine Kratzer in den Lack gemacht. Allerdings, was nicht ist, kann ja noch werden. Besonders bei einer verschmähten Sabrina. "Dann fahre ich eben Taxi", beschließe ich. Von ihr lasse ich mir sicher nicht den Tag vermiesen! *** Laute Musik schallt durch das Treppenhaus und ich ahne schon, aus welcher Wohnung diese kommt. Denn je näher ich Tristans Wohnung komme, desto lauter wird sie. Als ich vor seiner Tür stehe und klingele, mache ich mir keine Hoffnung, dass er mich hört. Probeweise drücke ich den Türgriff nach unten. Es ist offen. "Tristan?!", rufe ich und schließe die Tür hinter mir. Ich laufe durch den Flur ins Wohnzimmer, wo ich ihn wie erwartet vorfinde. Er kniet wieder vor einer großen Leinwand und konzentriert sich auf ein klitzekleines Etwas, pinselt mit einem feinen Pinsel auf der Stele herum und kneift die Augen zusammen, um etwas zu erkennen. Ein putziger Anblick. Ich warte, bis er den Pinsel vom Bild nimmt und gehe dann zu ihm. "Hey!", spreche ich ihn an. Erschrocken schaut er hoch zu mir und lächelt dann. "Marlon!" Der Pinsel fällt auf den Boden. Tristan fliegt direkt in meine Arme und drückt mir die Luft aus den Lungen. Das er in letzter Zeit immer so überschwänglich sein muss. Obwohl ... Das ist eine ganz neue Seite an ihm und ich bekomme davon hoffentlich noch mehr zu sehen! Viel, viel mehr. "Du bist wieder fleißig, wie ich sehe!" "Ja! Warte!" Er lässt mich wieder los, geht zur Stereoanlage und schaltet sie ab. "So versteht man sich gleich besser", lacht er und schmiegt sich wieder an mich. Das macht mich echt nervös! Nicht, dass es mir unangenehm wäre. Es ist vielmehr so, dass ich sowas nicht gewohnt bin. Sabrina war nie so! Aber ich sollte ihn wirklich nicht mit ihr vergleichen! "Wie ist es mit deiner Freundin gelaufen?", fragt er mich leise, sein Gesicht an meinen Oberkörper gedrückt. "Sie ist nicht mehr meine Freundin." "Du hast es echt beendet?" Für einen Augenblick versinke ich in seine großen, freudestrahlenden Augen. "Ja. Und als Dank waren meine Autoreifen heute morgen aufgeschlitzt." "Wirklich?" "Ja." "Au Backe!" "Damit muss ich leben", winke ich ab und zucke mit den Schultern. Wir schauen uns kurz an und ein kleines Lächeln fliegt über Tristans Lippen, ehe er sich wieder von mir trennt. "Willst du meine neuen Bilder sehen?" "Du hast wieder welche fertig?" "Ja! Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen und hatte einen wahren Mal-Flash!" Ob ich es auch mal mit Malen versuchen soll, falls ich wieder des Nachts kein Auge zubekomme? Lieber nicht. Jedenfalls nicht nochmal. Tristan nimmt meine Hand und zieht mich in seine kleine Küche. Dort steht eine Reihe mit bemalten Leinwänden, welche ich ausgiebig mustere. "Gefällt mir", schließe ich meine Begutachtung. "Etwas anders als sonst." Man erkennt keine genauen Konturen, alles zerfließt irgendwie. Fast, als verschmelzen zwei Gegenstände. ... Nein! Zwei Körper! "Ich hab mal was Neues ausprobiert. Dir gefällt es also?" "Ja." Ich gehe in die Knie und schaue genauer hin. "Mit was hast du das gemalt?" "Berufsgeheimnis." Ich blinzle zu ihm hoch. "Dein Ernst?" "Ich verrate nichts." Ich schaue nochmal genauer hin. Eindeutig Acrylfarbe, in der er etwas mit eingemischt hat. Ich dachte erst, es sei Strukturfarbe, da habe ich mich aber getäuscht. "Von Nahem sieht es fast plastisch aus." Je länger man alles betrachtet, desto mehr nimmt es einen gefangen. Ich traue mich aber nicht, sie zu berühren. Sie glänzen stellenweise noch ganz feucht. Ich reiße mich davon los und stehe wieder auf. "Die bringe ich gleich morgen in die Galerie." "Du musst morgen wieder arbeiten?" "Nein. Ich habe die Woche frei bekommen. Aber mein Chef freut sich sicher, wenn er sieht, dass du doch nicht kündigst. … Du willst doch nicht mehr kündigen?" Er schüttelt den Kopf. "Nein. Die Idee ist vom Tisch." "Da bin ich aber froh!", freue ich mich und lächle breit, doch dann breitet sich langsam aber sicher eine merkwürdige Spannung zwischen uns auf. Eine unangenehme Stille kehrt ein und ich fühle mich mit jeder Sekunde unwohler. Was erwartet Tristan jetzt von mir? Oder ich von ihm? Ich tue weiter so, als studiere ich seine Bilder, wie ich es eben immer tue. Auch Tristan scheint unschlüssig zu sein. Es würde mich nicht wundern, wenn jetzt Grillen zirpen würden, oder irgendwelches Gestrüpp durch die Küche wehen würde, so strange ist die ganze Situation gerade. Als dann auch noch der Kühlschrank anfängt zu brummen, beschließe ich zu handeln. Sowas ist doch lächerlich! Ich bin ein erwachsener Mann! Also bitte! Doch Tristan kommt mir zuvor. Grinsend kommt er auf mich zu. "Noch nie habe ich dich so nervös gesehen." "Ich bin nicht nervös", verteidige ich mich. "Na ja … Vielleicht ein bisschen." Ein ganz, ganz, ganz kleines bisschen. "Falls es dir hilft, ich bin auch nervös", sagt er leise. Ich gebe es zwar nicht laut zu, aber es hilft mir wirklich. Meine Nervosität legt sich ein wenig. Tristan greift meine Hände und hebt sie an. Seine Finger sind voll mit bunter Farbe. Sie sehen fast selbst schon aus wie kleine Kunstwerke. Ebenso seine Kleidung. Über und über mit Klecksen, Strichen und den einen und anderen Handabdrücken beschmiert. "Hättest du Lust, mit mir ins Schlafzimmer zu gehen?", fragt er unvermittelt und ich bekomme Herzrasen. "Du legst dich einfach hin und entspannst dich. Den Rest überlas mir." Er geht einen Schritt zurück, zieht sachte an meinen Händen und ich gebe nach, folge ihm wie ein kleines braves Lämmlein, während er mich fröhlich angrinst. Ich sehe wie er etwas zu mir sagt, doch ich verstehe es kaum, da mir mein Herzschlag zu laut in den Ohren widerhallt. Eine meiner Hände wird losgelassen. Tristan dreht sich um und läuft mit mir weiter Richtung Schlafzimmer. Die Tür geht auf, wir nähern uns dem Bett und bleiben davor stehen. Es ist, wie beim letzten Mal, dunkel hier drin. "Leg dich hin", formen seine Lippen. Ich höre noch immer nicht gut, kann ihn aber wenigstens ganz leise verstehen. Mit butterweichen Knien setze ich mich und halte mich an der Matratze fest. Es ist zwar nicht das erste Mal, dass ich so etwas mache, aber verdammt nochmal! Das hier ist Tristan! Unruhig schaue ich ihm dabei zu, wie er ein paar Kerzen entzündet. Sie stehen auf einem großen Spiegel, der wiederum auf dem Boden unweit des Bettes liegt. Und wäre ich nicht gerade so scheiße nervös, müsste ich bestimmt darüber schmunzeln. Wer legt sich schon einen Spiegel auf den Fußboden und stellt Kerzen drauf? Doch ich muss zugeben, der Spiegel reflektiert den Kerzenschein auf eine besondere und schöne Weise. Das ganze Zimmer wird in ein warmes, flackerndes Licht getaucht. Ich schaue an die Wände, stutze jedoch. "Du hast die Zeichnungen abgehängt?" Die ganzen Wände sind leer. Nur das große Bildnis von mir ist noch zu sehen. "Was? Ach so! Ja." "Wieso?" Tristan kniet sich vor mich. "Ich war so sauer auf dich, dass ich sie nicht mehr sehen konnte." Es sticht leicht in meiner Brust. "Wo sind sie?" "Zerrissen", flüstert er und greift um meine Waden, während sein Kinn auf meinem linken Knie ruht. "Ich konnte sie aber noch verwerten." Schelmisch grinst er mich an, und ehe ich nachfragen kann, für was er sie verwerten konnte, lenkt er mich auch schon davon ab. Seine bunten Hände wandern an meinen Beinen hinauf, drücken sie weiter auseinander und fahren die Innenseiten meiner Oberschenkel entlang. Kurz vor meinem Schritt machen sie halt. Fragend funkeln mich Tristans blaue Augen an. Ich nicke ihm schwach zu. Auch wenn ich nervös und aufgeregt bin, ich will es. Mehr als ich mir je hätte vorstellen können. Flink öffnet er meine Hose und beugt sich vor, richtet sich auf und verschließt meine Lippen. Ich seufze und erwidere seinen Kuss, bemerke nur am Rande, wie Tristan beginnt meine Hose hinunterzuziehen. Erst als er mich in den Hintern zwickt, haben seine Hände wieder meine volle Aufmerksamkeit. "Hilf mir mal", wispert er gegen meine Lippen. Ich stütze mich ab und hebe meine Hüfte an, damit mir Tristan die Hose abstreifen kann. Gierig beginnt er an meinem Hals zu saugen. Währenddessen schlüpfen seine Hände unter mein Shirt, streicheln mich dort großflächig und verursachen bei mir eine Gänsehaut. Ich habe das Gefühl, meine Haut ist empfindlicher als sonst und ich keuche immer wieder überrascht auf, wenn mich einer dieser heißen Schauer mitreißt. Ganz genau kann ich die getrocknete Farbe an seinen Händen fühlen, was mich schier verrückt macht. Als wäre ich eine seiner Leinwände und seine Finger die Pinsel. Der Vergleich gefällt mir so gut, dass ich mir ganz automatisch vorstelle, wie seine Finger überall bunte Linien auf mir hinterlassen. Er macht mich zu seinem Kunstwerk! Tristan arbeitet sich langsam tiefer vor, stoppt an meinen Brustwarzen und neckt mich dort durch den Stoff meines Shirts, was mich fast um den Verstand bringt. Vergessen ist die Unsicherheit und die Angst. Ich kralle meine Finger in Tristans sowieso schon wuscheliges Haar und kraule ihn dort. Er kichert und sein Atem haucht dabei kühlend über die feuchten Stellen auf meiner Haut. "Darf ich weiter machen?" "Alles was du willst!", keuche ich und lasse mich auf's Bett fallen. Wir sehen uns kurz an, bevor Tristan sich über mich beugt und einen meiner Beckenknochen küsst. Ich zucke zusammen. Wie kann man dort nur so empfindlich sein? Langsam schlängelt sich seine raue Zunge abwärts, bis sie meine Hoden erreicht und Tristans Mund dort zu saugen beginnt. Mir entkommen heißere Laute und ich klammere mich an der Bettdecke fest. Das ist so verdammt gut! Eine von Tristans Händen packt meine Erregung, was allein schon genügen würde, mich kommen zu lassen. Muss ich erwähnen, dass der Sex mit Sabrina nicht halb so geil war, wie das hier? Ich bin daher fast ausgehungert und muss mich arg zusammennehmen. Aber wenn er so weitermacht, halte ich kaum lange genug durch, um auch ihn auf seine Kosten kommen zu lassen. Das ändert sich erst recht nicht, als Tristan von meinen Hoden ablässt und dafür meine Spitze umschließt, fest daran saugt und dann mein Glied langsam tiefer aufnimmt. Stöhnend biege ich meinen Rücken durch und greife nach seinem Kopf. Ich will ihn eigentlich wegziehen, doch ich kann nicht. Eine heiße Welle rast auf mich zu und ich bin schon bereit mich gehen zu lassen, da hört Tristan von selbst auf. Enttäuscht knurre ich und suche seinen Blick. Er grinst mich an, meinen Schwanz immer noch in seiner Hand. "Nicht so schnell", lacht er und steht auf. Stöhnend sinke ich zurück auf das Bett. "Ich war verdammt nah", lasse ich ihn wissen. "Ich weiß." Toll! Ich habe mir einen Sadisten angelacht! "Jetzt zieh nicht so ein Gesicht! Ich würde dabei auch gerne mitmachen. Oder hast du was dagegen?" "Sicher nicht." "Vielen Dank!" Tristan lacht und schmeißt mir sein Hemd zu. "Du hast deins auch noch an. Runter damit!" Ich ziehe es mir mein Shirt über den Kopf und schaue dann zu, wie er sich seine Hose von den Beinen streift. "Hast du Erfahrungen mit Männern?" "Habe ich", antworte ich und werde wieder schlagartig nervös. "Aber das ist schon eine Zeitlang her. "Aha", ist sein einziger Kommentar und dabei verschwindet auch noch seine Unterhose. Wie gedacht, ist Tristan ziemlich schmal, aber nicht schmächtig oder mager. Eher sehnig und man erkennt hier und da einen leichten Muskelansatz. Er krabbelt zu mir auf's Bett und legt sich neben mich. Vorsichtig greife ich nach ihm und fahre seine Brust entlang. Seine Haut ist weich und warm. Kein Härchen ist dort zu finden. "Gestern, nachdem du weg warst, dachte ich wirklich, dass du kneifst", sagt er leise und streichelt mich ebenfalls. "Ich habe ungeduldig auf eine Nachricht von dir gewartet, oder dass du wieder zu mir kommst. Ich war fast am Durchdrehen und hatte Angst, dass sich alles wieder viel zu schön angehört hat, um am Ende doch wahr zu sein, aber als deine SMS kam, war ich unglaublich erleichtert und glücklich." "Das tut mir leid", erwidere ich. "Ich wäre wirklich gern schon gestern zu dir gefahren, aber es war dann doch irgendwie alles zu viel." "Das dachte ich mir dann auch." Er rutscht noch näher an mich, sodass sich unsere Körper berühren und küsst mich sanft. Sein Gewicht legt sich auf mich und drückt mich dabei tief in die weiche Matratze. "Nach deiner Nachricht war ich so euphorisch, dass ich mich vor die Leinwand hocken, und malen musste. Und heute morgen, da war ich so euphorisch, dass …" Er setzt sich rittlings auf mich, küsst mich nochmal und greift dann nach etwas auf seinem Bett. Eine Tube Gleitgel. "Ich konnte einfach nicht warten." Mein Herz pocht schneller. "Ich hoffe, das macht dir nichts aus?" Ich schüttle aufgeregt den Kopf. Allein die Vorstellung … Oh Mann! Mit großen Augen beobachte ich ihn, wie er die Tube öffnen will. Als er jedoch seine bemalten Hände sieht, hält er inne, runzelt kurz die Stirn und kaut nachdenklich auf seiner Unterlippe. Dann nimmt er meine rechte Hand und drückt etwas von dem Inhalt der Tube auf meine Finger, setzt sich auf und führt sie zwischen seine Beine hindurch. "Am besten, du machst weiter." Ich nicke, handle allerdings nicht sofort, was Tristan zum Anlass nimmt, mir auf die Sprünge zu helfen. Er greift von hinten nach meiner Hand und legt sie sich auf seinen Hintern. "Willst du nicht endlich anfangen?" Seine Stimme klingt leicht verunsichert, was mich alarmiert aus meiner Starre schrecken lässt. "Doch!", japse ich. Seine Hand liegt immer noch auf meiner, als ich mit meinem Mittelfinger in seine Spalte gleite und das Gel dort verteile. Tristan seufzt und legt sich mit dem Oberkörper auf mich. Sein Gesicht schmiegt sich in meine Halsbeuge. Mit meinem anderen Arm umarme ich ihn und schmuse mit dem Mund über seine Schläfe, bevor ich vorsichtig in ihn eindringe. Dank Tristans 'Vorarbeit' gleite ich ohne viel Widerstand durch den entspannten Muskelring. Tristan seufzt erregt und keucht leise. Dabei trifft mich stoßweise sein warmer Atem am Hals, wobei mir jedes Mal heiße, erregte Schauer durch den Leib fahren. Sein Becken kommt mir immer ungeduldiger entgegen und seine Hand, die immer noch meine umklammert hält, drückt meine fester an sich. "Mehr", wispert er und ich tue ihm den Gefallen. Ein zweiter Finger findet seinen Weg. Ich spreize sie ein wenig und weite Tristans Eingang immer mehr. Stockend richtet sich Tristan ein Stück auf. Seine blauen Augen fixieren mich. Sie sind so dunkel … "Genug", wispert er und küsst mich flüchtig. Er setzt sich abermals auf, schnappt sich ein Kondom und rollt es mir über. Ich ziehe meine Hand zurück und lasse ihn einfach machen, während ich ihm sanft über die Oberschenkel streichle und er sich noch ein Stück weiter aufrichtet. Ich schlucke bei diesem Anblick. Tristan in 'voller Größe' quasi auf und über mir. Schöner als jedes seiner Kunstwerke. Sein durchdringender Blick ruht auf mir, als er beginnt sich vorsichtig auf mich zu setzen. Langsam, mit kleineren Unterbrechungen nimmt er mich in sich auf und sieht mich dabei fortwährend an. Ich halte die Luft an. Mein Blut jagt wie ein lauter, reißender Fluss durch meine Venen. "Marlon!", japst mein kleiner Künstler und ich versinke plötzlich komplett in seiner Enge. Meine Augen fallen zu. Bunte Punkte tanzen auf meinen geschlossenen Augenlidern Rumba. Auch ich stöhne laut auf und greife wie ein Ertrinkender nach Tristans Hüften. So verharren wir kurz, atmen beide durch, bevor er sich langsam auf mir bewegt. Neugierig öffne ich die Augen wieder. Tristan atmet schwer und lächelt mich entrückt an. Ich lächle zurück, ehe mein Blick von Tristans Gesicht hinab zwischen uns rutscht. Zaghaft beginne ich, Tristans aufgerichtetes Glied zu massieren und genieße seine Reaktion darauf. Er schließt seine Augen und bewegt sich schneller, bis er sich zu mir beugt und wir uns gierig küssen. Ich greife nach seinem kleinen, süßen Hintern, kralle mich dort fest und stoße zu. Sein lautes Stöhnen daraufhin geht mir durch Mark und Bein. Zusammen finden wir in einen gleichmäßigen Rhythmus, treiben uns schnell immer höher und rasen unaufhaltsam auf die Klippe zu. Tristan setzt sich wieder auf, jagt auf mir auf und ab, während ich meine Hand fester um seinem Schwanz schließe, und ihn zügig massiere. Mit einem heißeren Schrei ergießt er sich auf mir, umklammert dabei mein Glied so fest, dass auch ich kurz danach davonfliege. Als ich meine Sinne wieder einigermaßen beieinander habe, liegt Tristan auf mir und atmet schnell. Ich auch, wie ich gerade merke. Noch leicht mitgenommen, umarme ich ihn und kraule seinen Nacken. "Bleibst du jetzt ... bei mir?", werde ich gefragt. "Ja", antworte ich und lächle dabei. "Schön." Seine blauen Augen strahlen mich glücklich an. Ich greife unter sein Kinn und hebe es etwas an, damit ich ihn liebevoll küssen kann. Als wir uns wieder voneinander lösen, zieht Tristan eine Decke über uns. "Der Augenblick grade ist wirklich perfekt", murmelt er und legt sich halb auf mich. Er hat ja keine Ahnung, wie perfekt unperfekt es gerade ist! "Ja. Einfach perfekt." ****** Kapitel 6: Kapitel 5 - Verschmelzende Acrylkörper (Ohne Adult) -------------------------------------------------------------- Hey Leute. Es tut mir wirklich leid, dass es schon wieder so lange gedauert hat, bis ich wieder was hochladen konnte, aber die Zeit vergeht wie im Fluge, wenn man nur unterwegs ist. Heute habe ich wenigstens ein bisschen mehr Zeit zum Durchatmen und kann euch die letzten beiden Kapitel hochladen. Dann will ich euch mal nicht länger langweilen, sage viel Spaß beim Lesen und ich mache mich mal ans Reviewbeantworten. ^^ Einen schönen Feiertag und Sonntag euch noch Fara Kapitel 5 - Verschmelzende Acrylkörper (Ohne Adult) "Ich hoffe, du bist hier um dich bei mir zu entschuldigen!" Ich schlucke heftig und bemühe mich, ihrem Blick standzuhalten. "Nicht so, wie du jetzt vielleicht denkst", winde ich mich. Jetzt, wo ich vor ihr stehe, geht es mir nicht mehr so gut, wie vorhin bei Tristan. … Tristan … An ihn zu denken gibt mir wieder genug Energie, um das hier durchzustehen. "Und was denke ich gerade?" Sabrina verengt ihre Augen zu Schlitzen, was sie höchst gefährlich aussehen lässt. Aber davon lasse ich mich nicht unterkriegen. 'Du denkst, dass ich jetzt wie immer auf allen Vieren zu dir zurückgekrochen komme und mich entschuldige.' Laut sage ich aber: "Das es mir leid tut." "Ist es etwa nicht so?" Jetzt muss ich wegschauen. Ich fixiere ihren hässlichen Teppich im Flur, das kitschige Schuhregal, für das sie vielleicht gar nichts kann. Vielleicht hat es ihre Mitbewohnerin angeschleppt. Wahrscheinlich aber auch nicht. "Marlon?" "Ich mache Schluss mit dir." Nun ist es raus! "Du machst was?!", brüllt sie nach einigen Schrecksekunden. Dann verschränkt sie ihre Arme vor der Brust und kommt einen Schritt näher zu mir, steht jetzt so dicht vor mir, dass sie mich von unten böse anfunkelt. Ihre blauen Augen sprühen vor Zorn. "Wer ist sie?!" Ich blinzle verwirrt. "Was?" "Für welche Schlampe du dich von mir trennen willst?!" Ich hätte es wissen müssen! Natürlich ist wieder eine andere Frau Schuld. Obwohl sie diesmal ja fast richtig liegt. "Sag schon! Kenne ich sie?" "Ja, du kennst ihn." Das erste Mal seit unserem Kennenlernen sehe ich, wie ihr sämtliche Gesichtszüge entgleisen. "Ein Kerl? Du macht mit mir Schluss, wegen einem … Kerl?", fragt sie leise, geschockt. "So ist es." Sie geht einige Schritte zurück, schüttelt dabei ihren Kopf. "Weißt du was Marlon? Du kannst mich mal!", schreit sie. "Verschwinde! Du widerliches Arschloch! Hau ab!" Sabrina greift in das hässliche Schuhregal und wirft mit einem Stiletto nach mir. Ich kann mich grade so noch ducken und flüchte aus der WG. Weitere Schuhe kommen geflogen und treffen die gegenüberliegende Tür. "Du mieses, krankes Arschloch!", höre ich sie noch brüllen. Nichts wie weg hier! Das war's also. Schluss mit Sabrina. Schluss mit meinem scheinbar so perfekten Leben mit Job, Haus und Freundin. Obwohl … Job und Haus bleiben mir ja noch. 'Und vielleicht kommt ja bald noch jemand anderes dazu …' Tristans Gesicht taucht vor meinem inneren Auge auf, und gleich fühle ich mich wieder besser. Trotzdem … Es kommt alles noch so irreal vor. Was für ein Tag! Ich lehne mich mit der Stirn an das kühle Lenkrad und schließe die Augen. Wer hätte gedacht, dass ich innerhalb eines Tages eine Liebeserklärung hinlege, von meiner Schwester den Kopf gewaschen bekomme, mich danach mit Tristan knutschend auf seiner Couch wiederfinde, nur um dann mit meiner Freundin Schluss zu machen und dann ... Ja, was dann? Ich schiele auf die Uhr. Kurz nach einundzwanzig Uhr. Soll ich heute noch zu ihm, oder nach Hause? Ein bisschen Ruhe tut mir bestimmt ganz gut. Ich muss meine Gedanken sortieren und runter kommen. Der Tag heute ist wirklich anstrengend gewesen. Also nach Hause. Was auch immer zwischen uns passieren würde heute Nacht, ich habe mit Sicherheit keine Energie mehr dafür. Bevor ich losfahre, schreibe ich Tristan noch eine Nachricht, dass ich mich morgen wieder bei ihm Blicken lasse, und dass ich mich schon auf ihn freue. Das ich wieder Single bin, möchte ich ihm aber persönlich sagen, weil ich unbedingt sein Gesicht dabei sehen möchte. Ich will sehen, wie er sich darüber freut, möchte seine Umarmung spüren, möchte mit ihm dort weiter machen, wo wir heute unterbrochen haben ... Ich richte mich wieder auf und starre durch die Frontscheibe. Sex mit einem Kerl. Das ist schon verdammt lange her. Damals dachte ich, es sei nur eine Phase gewesen, eine Spielerei, die man eben als junger Mann so macht, der frisch ins Leben hinaustritt und seine Erfahrungen sammelt. Anscheinend ist das doch mehr als eine Phase gewesen. Das heiße, erwartungsvolle Kribbeln in meinem Bauch, das ich verspüre, wenn ich an Tristan denke, zeigt das ganz eindeutig. Doch diesmal ist es keine Spielerei sondern etwas Ernstes. Ich meine, ich habe für ihn eben mit meiner Freundin Schluss gemacht! "Ich habe mit Sabrina Schluss gemacht", sage ich laut und grinse plötzlich wie blöd dabei. *** Ja, ich habe schon einige homosexuelle Erfahrungen gesammelt. Das erste Mal war während meiner Schulzeit. Ich war gerade mal 16 und Tommy, so hieß er, und ich mussten zusammen nachsitzen. Ich habe keine Ahnung mehr, wieso eigentlich. Jedenfalls waren wir unbeaufsichtigt und aus Erfahrung, ja ich musste viel nachsitzen damals, wusste ich, dass der Lehrer uns bis zum Ende der Stunde nicht mehr belästigen würde. Also holte Tommy eins seiner Schmuddelheftchen hervor und eins kam zum Anderen. Es endete dabei, dass wir uns küssten und uns gegenseitig berührten. Das Ganze machte mich ziemlich geil, denn Tommy war der erste 'Fremde', der meinen Schwanz berührte. Danach war alles wie vorher und wir machten keine große Sache draus. Hin und wieder fummelte ich auch mit anderen Jungs herum, und als ich älter wurde, und im Kunstgeschäft meine ersten Fühler ausstrecke, streckte ich auch bald was ganz anderes aus. Doch das alles war immer ganz zwanglos und niemals mit der Aussicht auf mehr. Kein Drama und keine Reue. Und vor allem keine Gefühle. Ich wollte meinen Spaß, genau wie meine Bettpartner. Wenn ich mir aber vorstelle, dass mit Tristan zu tun, dann wird mir ganz heiß und mein Herz flattert wie ein aufgeregter Schmetterling in meiner Brust herum. Seufzend öffne ich die Augen. Ich darf nicht darüber nachdenken. Nicht mitten in der Nacht, wo ich doch eigentlich schlafen sollte. Aber ich kann nicht. Ich wälze mich von rechts lach links und wieder zurück, schlage mein Kissen platt, das heute extrem bauschig zu sein scheint und strample meine Decke runter, weil mir heiß ist und zerre sie anschließend wieder hoch, weil mir wieder kalt ist. Nach ein paar Wiederholungen starre ich auf meinen Wecker. Halb drei. Stöhnend bleibe ich mit ausgestreckten Armen und Beinen liegen und gebe auf. Schlaf wird auch viel zu sehr überschätzt! Wer braucht den schon? Ich knipse mein Licht an und reibe über meine müden Augen. Ein wenig Fernsehen lenkt mich bestimmt ab. Somit schlurfe ich ins Wohnzimmer, wickle mich in eine Decke und schalte die Flimmerkiste an. Ein lautes Klingeln jagt mich hoch. Es ist hell draußen. Ich muss vor der Glotze eingeschlafen sein. Wieder klingelt es und ich stehe murrend auf. Nur in Unterwäsche öffne ich meine Haustür. "Herr Arth! Du liebe Güte!" Mein Chef! "Ähm. Guten Morgen." "Morgen? Es ist fast Mittag!" "Oh." Ich lasse meinen Chef eintreten, bitte ihn, kurz zu warten und ziehe mir schnell etwas über. "Setzen Sie sich doch", weise ich ihn an und zeige in meine Küche. Dort setze ich erstmal einen starken Kaffee auf. "Nett haben Sie es hier. Aber Sie sollten weniger Feiern", sagt er und grinst sogar dabei. "Danke. Aber feiern war ich gar nicht. Gestern war ich den ganzen Tag wegen Tristan unterwegs. Und die Nacht davor war auch sehr kurz", erkläre ich und muss dabei noch nicht mal lügen. "Deswegen bin ich hier. Haben Sie ihn überredet?" Mit zwei Tassen Kaffee bewaffnet, setze ich mich zu ihm. "Ja. Die Kündigung ist vom Tisch." Das hat er mir zwar nicht gesagt, doch ich nehme es stark an. Falls nicht, erwürge ich ihn! "Wunderbar!", lacht mein Boss und rührt sich den vierten Löffel Zucker in den Kaffee. Uwägs! "Wissen Sie was? Nehmen Sie sich den Rest der Woche auch noch frei. Kümmern Sie sich mal nur um sich, damit Sie wieder fit für die nächsten Herausforderungen sind!" "Danke ..." Habe ich heute seit langem mal wieder einen Glückstag? Verdient hätte ich es. "Gut. Vielen Dank für den Kaffee", sagt er und steht auf, ich ebenfalls. "Es wird Zeit für mich. Ich finde allein heraus. Auf Wiedersehen!" "Ja. Bitte. Auf Wiedersehen." Noch ziemlich müde schaue ich meinem Chef hinterher, bis er die Tür hinter sich zuzieht. War ja ein schneller Besuch. Aber ich bin noch nicht richtig wach, um mich über sein schnelles Erscheinen zu wundern. Ebenfalls will es mir nicht in den Sinn, weshalb er mich nicht einfach angerufen hat, um mich über Tristan zu befragen. Nun gut. Er wird seine Gründe gehabt haben. Nachdenklich kratze ich mich am Kopf. Da alles mit Tristan geklärt ist und ich frei habe, was mache ich denn jetzt? Und dann fällt es mir ein! "Shit! Ich wollte mich bei Tristan melden!" Es ist schon nach zwölf und er denkt sich bestimmt sonst was. Ich flitze an mein Telefon und rufe ihn an. Ich muss lange waren, bis abgehoben wird. Ob er mich extra warten lässt? Ich bekomme ein schlechtes Gewissen. /Ja?/, meldet er sich schließlich leise. "Hallo Tristan. Sorry für den späten Anruf! Ich lag bis eben noch im Bett." /Schon okay/, schmatzt er in den Hörer. Da fällt mir auf, dass auch ich hunger habe. "Ich komme gleich zu dir. Wenn es dir recht ist." /Klar./ "Schön. Also bis gleich." /Jo./ Aufgelegt. Ich grinse. Das ist so typisch für ihn. Meist sagt er nur das Nötige. Im Eiltempo gehe ich duschen und futtere ein paar trockene Toasts, bevor ich meine Autoschlüssel schnappe und zu meinem Auto gehe. Als ich allerdings losfahren will, merke ich, dass irgendwas ganz und gar nicht stimmt. Hört sich nach einem Platten an. Ich steige aus und fluche los. Jemand hat meine Reifen zerstochen. Alle vier! Soll ich raten, wer das war? "Dieses Miststück!" Wütend trete ich gegen die jämmerlichen Reste eines der Reifen. Wenigstens hat sie mir keine Kratzer in den Lack gemacht. Allerdings, was nicht ist, kann ja noch werden. Besonders bei einer verschmähten Sabrina. "Dann fahre ich eben Taxi", beschließe ich. Von ihr lasse ich mir sicher nicht den Tag vermiesen! *** Laute Musik schallt durch das Treppenhaus und ich ahne schon, aus welcher Wohnung diese kommt. Denn je näher ich Tristans Wohnung komme, desto lauter wird sie. Als ich vor seiner Tür stehe und klingele, mache ich mir keine Hoffnung, dass er mich hört. Probeweise drücke ich den Türgriff nach unten. Es ist offen. "Tristan?!", rufe ich und schließe die Tür hinter mir. Ich laufe durch den Flur ins Wohnzimmer, wo ich ihn wie erwartet vorfinde. Er kniet wieder vor einer großen Leinwand und konzentriert sich auf ein klitzekleines Etwas, pinselt mit einem feinen Pinsel auf der Stele herum und kneift die Augen zusammen, um etwas zu erkennen. Ein putziger Anblick. Ich warte, bis er den Pinsel vom Bild nimmt und gehe dann zu ihm. "Hey!", spreche ich ihn an. Erschrocken schaut er hoch zu mir und lächelt dann. "Marlon!" Der Pinsel fällt auf den Boden. Tristan fliegt direkt in meine Arme und drückt mir die Luft aus den Lungen. Das er in letzter Zeit immer so überschwänglich sein muss. Obwohl ... Das ist eine ganz neue Seite an ihm und ich bekomme davon hoffentlich noch mehr zu sehen! Viel, viel mehr. "Du bist wieder fleißig, wie ich sehe!" "Ja! Warte!" Er lässt mich wieder los, geht zur Stereoanlage und schaltet sie ab. "So versteht man sich gleich besser", lacht er und schmiegt sich wieder an mich. Das macht mich echt nervös! Nicht, dass es mir unangenehm wäre. Es ist vielmehr so, dass ich sowas nicht gewohnt bin. Sabrina war nie so! Aber ich sollte ihn wirklich nicht mit ihr vergleichen! "Wie ist es mit deiner Freundin gelaufen?", fragt er mich leise, sein Gesicht an meinen Oberkörper gedrückt. "Sie ist nicht mehr meine Freundin." "Du hast es echt beendet?" Für einen Augenblick versinke ich in seine großen, freudestrahlenden Augen. "Ja. Und als Dank waren meine Autoreifen heute morgen aufgeschlitzt." "Wirklich?" "Ja." "Au Backe!" "Damit muss ich leben", winke ich ab und zucke mit den Schultern. Wir schauen uns kurz an und ein kleines Lächeln fliegt über Tristans Lippen, ehe er sich wieder von mir trennt. "Willst du meine neuen Bilder sehen?" "Du hast wieder welche fertig?" "Ja! Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen und hatte einen wahren Mal-Flash!" Ob ich es auch mal mit Malen versuchen soll, falls ich wieder des Nachts kein Auge zubekomme? Lieber nicht. Jedenfalls nicht nochmal. Tristan nimmt meine Hand und zieht mich in seine kleine Küche. Dort steht eine Reihe mit bemalten Leinwänden, welche ich ausgiebig mustere. "Gefällt mir", schließe ich meine Begutachtung. "Etwas anders als sonst." Man erkennt keine genauen Konturen, alles zerfließt irgendwie. Fast, als verschmelzen zwei Gegenstände. ... Nein! Zwei Körper! "Ich hab mal was Neues ausprobiert. Dir gefällt es also?" "Ja." Ich gehe in die Knie und schaue genauer hin. "Mit was hast du das gemalt?" "Berufsgeheimnis." Ich blinzle zu ihm hoch. "Dein Ernst?" "Ich verrate nichts." Ich schaue nochmal genauer hin. Eindeutig Acrylfarbe, in der er etwas mit eingemischt hat. Ich dachte erst, es sei Strukturfarbe, da habe ich mich aber getäuscht. "Von Nahem sieht es fast plastisch aus." Je länger man alles betrachtet, desto mehr nimmt es einen gefangen. Ich traue mich aber nicht, sie zu berühren. Sie glänzen stellenweise noch ganz feucht. Ich reiße mich davon los und stehe wieder auf. "Die bringe ich gleich morgen in die Galerie." "Du musst morgen wieder arbeiten?" "Nein. Ich habe die Woche frei bekommen. Aber mein Chef freut sich sicher, wenn er sieht, dass du doch nicht kündigst. … Du willst doch nicht mehr kündigen?" Er schüttelt den Kopf. "Nein. Die Idee ist vom Tisch." "Da bin ich aber froh!", freue ich mich und lächle breit, doch dann breitet sich langsam aber sicher eine merkwürdige Spannung zwischen uns auf. Eine unangenehme Stille kehrt ein und ich fühle mich mit jeder Sekunde unwohler. Was erwartet Tristan jetzt von mir? Oder ich von ihm? Ich tue weiter so, als studiere ich seine Bilder, wie ich es eben immer tue. Auch Tristan scheint unschlüssig zu sein. Es würde mich nicht wundern, wenn jetzt Grillen zirpen würden, oder irgendwelches Gestrüpp durch die Küche wehen würde, so strange ist die ganze Situation gerade. Als dann auch noch der Kühlschrank anfängt zu brummen, beschließe ich zu handeln. Sowas ist doch lächerlich! Ich bin ein erwachsener Mann! Also bitte! Doch Tristan kommt mir zuvor. Grinsend kommt er auf mich zu. "Noch nie habe ich dich so nervös gesehen." "Ich bin nicht nervös", verteidige ich mich. "Na ja … Vielleicht ein bisschen." Ein ganz, ganz, ganz kleines bisschen. "Falls es dir hilft, ich bin auch nervös", sagt er leise. Ich gebe es zwar nicht laut zu, aber es hilft mir wirklich. Meine Nervosität legt sich ein wenig. Tristan greift meine Hände und hebt sie an. Seine Finger sind voll mit bunter Farbe. Sie sehen fast selbst schon aus wie kleine Kunstwerke. Ebenso seine Kleidung. Über und über mit Klecksen, Strichen und den einen und anderen Handabdrücken beschmiert. "Hättest du Lust, mit mir ins Schlafzimmer zu gehen?", fragt er unvermittelt und ich bekomme Herzrasen. "Du legst dich einfach hin und entspannst dich. Den Rest überlas mir." Er geht einen Schritt zurück, zieht sachte an meinen Händen und ich gebe nach, folge ihm wie ein kleines braves Lämmlein, während er mich fröhlich angrinst. Ich sehe wie er etwas zu mir sagt, doch ich verstehe es kaum, da mir mein Herzschlag zu laut in den Ohren widerhallt. Eine meiner Hände wird losgelassen. Tristan dreht sich um und läuft mit mir weiter Richtung Schlafzimmer. Die Tür geht auf, wir nähern uns dem Bett und bleiben davor stehen. Es ist, wie beim letzten Mal, dunkel hier drin. "Leg dich hin", formen seine Lippen. Ich höre noch immer nicht gut, kann ihn aber wenigstens ganz leise verstehen. Mit butterweichen Knien setze ich mich und halte mich an der Matratze fest. Es ist zwar nicht das erste Mal, dass ich so etwas mache, aber verdammt nochmal! Das hier ist Tristan! Unruhig schaue ich ihm dabei zu, wie er ein paar Kerzen entzündet. Sie stehen auf einem großen Spiegel, der wiederum auf dem Boden unweit des Bettes liegt. Und wäre ich nicht gerade so scheiße nervös, müsste ich bestimmt darüber schmunzeln. Wer legt sich schon einen Spiegel auf den Fußboden und stellt Kerzen drauf? Doch ich muss zugeben, der Spiegel reflektiert den Kerzenschein auf eine besondere und schöne Weise. Das ganze Zimmer wird in ein warmes, flackerndes Licht getaucht. Ich schaue an die Wände, stutze jedoch. "Du hast die Zeichnungen abgehängt?" Die ganzen Wände sind leer. Nur das große Bildnis von mir ist noch zu sehen. "Was? Ach so! Ja." "Wieso?" Tristan kniet sich vor mich. "Ich war so sauer auf dich, dass ich sie nicht mehr sehen konnte." Es sticht leicht in meiner Brust. "Wo sind sie?" "Zerrissen", flüstert er und greift um meine Waden, während sein Kinn auf meinem linken Knie ruht. "Ich konnte sie aber noch verwerten." Schelmisch grinst er mich an, und ehe ich nachfragen kann, für was er sie verwerten konnte, lenkt er mich auch schon davon ab. Seine bunten Hände wandern an meinen Beinen hinauf, drücken sie weiter auseinander und fahren die Innenseiten meiner Oberschenkel entlang. Kurz vor meinem Schritt machen sie halt. Fragend funkeln mich Tristans blaue Augen an. Ich nicke ihm schwach zu. Auch wenn ich nervös und aufgeregt bin, ich will es. Mehr als ich mir je hätte vorstellen können. Flink öffnet er meine Hose und beugt sich vor, richtet sich auf und verschließt meine Lippen. Ich seufze und erwidere seinen Kuss, bemerke nur am Rande, wie Tristan beginnt meine Hose hinunterzuziehen. Erst als er mich in den Hintern zwickt, haben seine Hände wieder meine volle Aufmerksamkeit. "Hilf mir mal", wispert er gegen meine Lippen. Ich stütze mich ab und hebe meine Hüfte an, damit mir Tristan die Hose abstreifen kann. Gierig beginnt er an meinem Hals zu saugen. Währenddessen schlüpfen seine Hände unter mein Shirt, streicheln mich dort großflächig und verursachen bei mir eine Gänsehaut. Ich habe das Gefühl, meine Haut ist empfindlicher als sonst und ich keuche immer wieder überrascht auf, wenn mich einer dieser heißen Schauer mitreißt. Ganz genau kann ich die getrocknete Farbe an seinen Händen fühlen, was mich schier verrückt macht. Als wäre ich eine seiner Leinwände und seine Finger die Pinsel. Der Vergleich gefällt mir so gut, dass ich mir ganz automatisch vorstelle, wie seine Finger überall bunte Linien auf mir hinterlassen. Er macht mich zu seinem Kunstwerk! Tristan arbeitet sich langsam tiefer vor, stoppt an meinen Brustwarzen und neckt mich dort durch den Stoff meines Shirts, was mich fast um den Verstand bringt. Vergessen ist die Unsicherheit und die Angst. Ich kralle meine Finger in Tristans sowieso schon wuscheliges Haar und kraule ihn dort. Er kichert und sein Atem haucht dabei kühlend über die feuchten Stellen auf meiner Haut. "Darf ich weiter machen?" "Alles was du willst!", keuche ich und lasse mich auf's Bett fallen. Wir sehen uns kurz an, bevor Tristan sich über mich beugt und einen meiner Beckenknochen küsst. Ich zucke zusammen. Wie kann man dort nur so empfindlich sein? * Als ich meine Sinne wieder einigermaßen beieinander habe, liegt Tristan auf mir und atmet schnell. Ich auch, wie ich gerade merke. Noch leicht mitgenommen, umarme ich ihn und kraule seinen Nacken. "Bleibst du jetzt ... bei mir?", werde ich gefragt. "Ja", antworte ich und lächle dabei. "Schön." Seine blauen Augen strahlen mich glücklich an. Ich greife unter sein Kinn und hebe es etwas an, damit ich ihn liebevoll küssen kann. Als wir uns wieder voneinander lösen, zieht Tristan eine Decke über uns. "Der Augenblick grade ist wirklich perfekt", murmelt er und legt sich halb auf mich. Er hat ja keine Ahnung, wie perfekt unperfekt es gerade ist! "Ja. Einfach perfekt." ****** Kapitel 7: Kapitel 6 - Bock auf Lila? ------------------------------------- Das letzte Kapitel. Es ist mir ein klein wenig kurz geraten, aber daran lässt sich nun auch nichts mehr ändern. Beziehungsweise, ich wollte es vielmehr gar nicht ändern, denn es gefällt mir so wie es ist. Jawohl! xD Dann bedanke ich mich schon mal für eure Treue und die Geduld beim Warten auf die nächsten Kapitel. Vielleicht fällt mir ja noch irgendwann was zu den beiden ein, oder ich erzähle euch nochmal haargenau, was nach ihrer gemeinsamen Nacht passiert ist. Das überlege ich mir noch. Bis es soweit ist, machen wir jetzt einen kleinen Zeitsprung und schauen, wie es den beiden in der Zukunft geht. Gruß und Kuss Eure Fara ^^ Kapitel 6 - Bock auf Lila? Kaum zu glauben, aber heute feiern Tristan und ich unser Zehnjähriges! Heute vor genau zehn Jahren sind wir zusammengekommen. Seitdem ist wirklich viel passiert. Die größte Veränderung allerdings ist, dass wir jetzt in New York leben. Ja, richtig gelesen! New York! Und das schon seit knapp drei Jahren. Natürlich dank Tristan und seinen Bildern. Nach langen zwei Jahren schlugen seine Werke ein wie eine Bombe. Seitdem sind wir nur am Herumreisen und auf irgendwelchen Events. Hauptsächlich in den USA, wo seine Bilder am meisten bejubelt werden. Irgendwann beschlossen wir, gleich für immer hier zu bleiben. Tristans Wohnung haben wir, nachdem ich sie diesem miesen Kerl von Vermieter abgekauft habe, komplett umgebaut und für eine fürstliche Summe vermietet. Dazu, sie einfach zu verkaufen, konnten wir uns nicht durchringen. Mittlerweile ist selbst die Wohngegend, die ja wirklich mehr als schlecht war, ein beliebtes Pflaster geworden. Trotzdem hielt uns nichts mehr dort, auch wenn wir Unmengen an wundervollen Erinnerungen dort gesammelt haben. Mein Haus habe ich Maja überschrieben, die mich dafür fast zu Tode geschrien und gedrückt hatte, so überwältigt war sie. Es tat mir schon weh, meine kleine Oase zu verlassen. Aber dafür ist unsere Wohnung hier in New York der absolute Wahnsinn. Mitten in der Stadt, in einem riesigen Loft, haben wir uns hier schnell eingelebt. Unser Leben ist perfekt. Und dieses mal meine ich es auch so. Aus vollem Herzen. Für den heutigen, besonderen Tag habe ich mir extra frei genommen. Ebenso Tristan, der den gesamten Morgen schon ziemlich geheimnisvoll tut. Ständig mauschelt er in seinem Atelier herum, kommt wieder zu mir, haut dann wieder ab, nur um kurz danach wieder zu mir zurück zu kommen. Auch wenn es anfangs noch lustig war zu beobachten, habe ich dieses unruhige Rumgerenne mittlerweile ziemlich satt, und als er gerade wieder um die Ecke rauscht, spreche ich ihn auch darauf an. "Was treibst du eigentlich die ganze Zeit?", frage ich und schaue von meiner Zeitung auf. "Dein Geschenk vorbereiten", antwortet er knapp und setzt sich wieder an den Frühstückstisch. Sehr viel reden tut er immer noch nicht, doch das stört mich nicht im Geringsten. So ist er eben, und so liebe ich ihn. "Ich bekomme ein Geschenk?", harke ich schmunzelnd nach. "Ja. Du musst dich aber noch gedulden." "Wieso hast du es mir dann verraten? Du weißt, wie neugierig ich bin!" "Du hast doch gefragt!" Mit einer erhobenen Augenbraue blinzelt er mich an. "Außerdem: Wieso bekomme ich kein Geschenk?" So läuft der Hase also! Er ist beleidigt, da er noch nicht mit Geschenken überhäuft wurde. "Wir schenken uns doch nie etwas zum Jahrestag." Ich versuche meinen Drang zu grinsen zu unterdrücken. "Stimmt. Aber heute ist ja wohl ein besonderer Jahrestag." "Neun Jahre sind doch nicht besonders." Nicht grinsen Marlon! "Neun? Es sind zehn! Du unsensibles ..." "Zehn?!" "Ja!" "Ah, wenn das so ist!" Ohne das ich will, schleicht sich doch ein Grinsen auf meine Lippen. "Du mieses Aas! Veräpple mich nicht immer!", schmollt mein Kleiner, der inzwischen gar nicht mehr so klein ist, und steht wieder auf. Er richtet seinen Zeigefinger auf mich und tut beleidigt. "Dafür darfst du noch länger warten." Und wieder verschwindet er in seinem Atelier. "Olle Pappnase", lache ich und lese weiter meine Zeitung. Soll er eben eine Zeitlang den Beleidigten spielen. Ich weiß, dass er das nicht lange aushält. *** Ich zünde die letzte Kerze an und puste das Steichholz aus. Tristan ist schon wieder verschwunden. Diesmal im Bad. Süß, wie er sich für mich ins Zeug legt. Auch wenn er mich den ganzen Tag schon mit grimmigen Blicken straft. Diesmal hält er dieses Spiel doch ganz schön lange durch. Ich weiß, dass er es nicht ernst meint. Es gehört einfach dazu. Er hat bockige Phasen, mit denen ich gelernt habe zu leben, die meist jedoch mit seinen Bildern zu tun haben, und weniger mit mir. Künstler eben, wie Ilka immer sagte. Dafür sind seine Entschuldigungen immer unschlagbar und machen seine Stimmungsschwankungen wieder wett. Der Herd piepst und ich rufe nach Tristan, der immer noch im Bad herumgeistert. "Einen Moment noch!", ruft er mir zu. Ich ziehe Tristans Lieblingsessen aus dem Ofen und stelle das Blech auf die Arbeitsplatte. Tristan liebt mediterranes Essen, weshalb ich mit Schafskäse, Oliven und Kräutern gefüllte Paprika gemacht habe. Dazu gibt es einen guten Rotwein und romantischen Kerzenschein. Der perfekte Auftakt für mein Geschenk. "Was gibt's zu Essen?" Ich schaue auf. Ein wirklich ansehnlicher Tristan kommt aus dem Bad stolziert. Mit enger, schwarzer Jeans und einem tief ausgeschnittenen Shirt mit V-Ausschnitt. Natürlich ist er dabei barfuß. So rennt er den ganzen Tag in der Bude herum, wenn wir keine Termine haben. Zehn Jahre … Er hat sich wirklich sehr verändert. Tristan ist kräftiger geworden, seine sind Haare kürzer, aber immer noch kaum zu bändigen. Seine blauen Augen wirken weicher als früher und auch seine Schüchternheit hat er abgelegt. Ich weiß noch, seine erste große Veranstaltung in London. Vier seiner Bilder wurden ausgestellt. Er konnte kaum englisch und wurde von allein Seiten belagert. Von Reportern, Bewunderern und Kunstkritikern. Tristan lächelte nervös und versuchte sich hinter mir zu verstecken. Das alles hat er jetzt voll im Griff und fast nichts bringt ihn mehr aus der Ruhe. Naja, bis auf meine Wenigkeit. "Gefüllte Paprika. Extra für dich." Er schleicht um die Küchenzeile herum und lehnt sich gegen meinen Rücken. "Lecker", schnurrt er und küsst meinen Hals. "Nicht mehr sauer?", frage ich und drehe mich um. "Ein wenig." "Ich liebe es, wenn du sauer auf mich bist." "Wirklich? Dann muss ich meine Taktik zukünftig ändern." "Wage es und ich koche nie mehr für dich!", lache ich und schlinge meine Arme um seinen Nacken. Dieses blonde, freche Aas streckt mir die Zunge heraus, welche ich mit meinem Mund schnappe und ihn in einen stürmischen Kuss verwickle. "Mein Essen wird kalt", murrt er schließlich und lässt mich wieder los. "Jawohl der Herr! Wenn Sie sich schon mal setzen würden?" Ich trage unsere gefüllten Teller an den Esstisch und gemeinsam essen wir, unterhalten uns, so wie immer. Auch das Tristans Augen nach wenigen Schlucken Wein beginnen glasig zu werden, ist wie immer. Ich liebe diesen Blick! Nicht das ich es liebe, wenn er betrunken ist, dazu müsste er schon mehr trinken. Nein, ich liebe es einfach, wenn er leicht angeheitert ist, und ich ihm dabei jeden Gedanken aus seinen wunderschönen Augen ablesen kann. "Nachtisch?", frage ich, obwohl ich das eigentlich nicht brauche. Tristan stirbt für einen guten Nachtisch. "Au ja!", ruft er begeistert und stellt die leeren Teller aufeinander. Ich nehme sie entgegen und laufe zurück in die Küche. Aus dem Kühlschrank hole ich die zwei Schälchen Tiramisu und achte peinlich genau darauf, dass Tristan auch das Richtige bekommt. Aufgeregt serviere ich meinem Liebling sein Dessert. "Tiramisu für meinen Liebsten!" "Wow! Auch selbst gemacht?" "Natürlich." Gespannt beobachte ich ihn heimlich, will keinen Bissen verpassen. Nicht, dass er sich verschluckt. Er hat bereits die Hälfte aufgefuttert, bis er endlich innehält und seine Stirn runzelt. "Schmeckt's nicht?", frage ich und genehmige mir demonstrativ einen großen Löffel. Er fasst sich in den Mund und zieht den kleinen, silbernen Anhänger daraus hervor. "Was zum ...?" "Einen schönen zehnten Jahrestag mein Schatz", grinse ich. "Was ist das?" Er sieht mich verdutzt an, dann wieder den Anhänger, bevor er sich die Serviette schnappt, ihn abwischt und anschließend unter das Licht einer der Kerzen hält, und ihn genauer betrachtet. Der kleine Anhänger ist aus Silber in Form einer kleinen Farbpalette mit einem Pinsel, der quer darüber liegt. "Wo hast du den denn her?" Tristan grinst mich an. "Du kennst Mary? Ich habe ihn für dich von ihr anfertigen lassen. Dreh ihn um." Mary ist eine gute Freundin von uns und praktischer weise Schmuckdesignerin. "Eine Gravur? '10 perfekte Jahre, der Anfang für ein perfektes Leben.' ... Danke." Seine Hand greift nach meiner und drückt sie fest. "Ich glaube, du hast dir dein Geschenk doch verdient", lacht er frech und steht auf. "Komm mit. Es ist im Atelier." Ich folge ihm und bleibe im Türrahmen seines Ateliers stehen. "Wow! Hast du aufgeräumt?" "Ha ha", brummt er. Tristan hat wirklich alles weggeräumt. Seine Farben, Leinwände und der andere Kram stehen zusammengeräumt an einer Seite des Raums. Dort, wo jetzt platz ist, liegt ein großes Tuch. Daneben drei Eimer mit Farbe. Rot, Blau und Gelb. "Was wird das?", frage ich und komme näher. "Dein Geschenk! Ich schenke dir ein Bild." "Muss ich es selbst mahlen?" "So ähnlich. ... Zieh dich aus." Amüsiert hebe ich eine Augenbraue. "Dazu muss ich nackt sein?" "Ja. Genau wie ich." Sein Shirt fliegt und sofort öffnet er seine Hose. "Und danach such dir zwei Farben aus. Eine für dich, eine für mich." Ist es das, was ich denke? "Du bist wahnsinnig!", lache ich auf. "Du warst derjenige, der noch ein Bild im Schlafzimmer wollte." Mittlerweile steht er nackt vor mir und hockt sich vor sie Farbeimer. "Sag schon. Welche Farben?" Ich lache leise. "Okay. Du natürlich blau und ich nehme rot." Tristan schmunzelt. "Ich habe es geahnt." Er zieht den blauen Farbeimer zu sich und taucht seine Hand hinein. "Was ist das für Farbe?", will ich wissen und ziehe mich nun auch aus. "Keine Angst. Das ist Lebensmittelfarbe." Als Beweis leckt er seinem Finger ab. "Schmeckt nur nicht." Sein Gesicht verzieht sich angeekelt. "Das gibt eine riesen Schweinerei." Ich bemitleide unsere Putzfrau jetzt schon. "Das ist der Sinn des Ganzen. Und jetzt schmiere dich endlich ein." *** "Gefällt es dir?" "Ja", lächle ich. "Du hattest recht. Gerahmt sieht es noch besser aus." Wir stehen in unserem Schlafzimmer und bestaunen unser Werk. "Das ist das erste Mal, dass mir ein Gemälde gelungen ist." "Du hattest ja Hilfe von einem wahren Künstler!" "Stimmt", lache ich und hauche ihm einen Kuss auf die Stirn. "Und es macht sich gut gegenüber von meinem Riesenschädel." Eins der wenigen Dinge, die wir aus Deutschland hier her mitgenommen hatten, ist unter anderem das Bild aus Tristans Schlafzimmer. Das, das mich zeigt. Es hängt wieder an seinem Platz über dem Bett. Mein Jahrestagsgeschenk nun direkt gegenüber. Mir wir immer noch heiß, wenn ich an seine Entstehung denke. Nachdem Tristan und ich voll mit Farbe waren, legten wir und auf das Tuch. "Und jetzt?", fragte ich und sah zu ihm rüber. "Beweg dich." "Wie?" Tristan fing zu lachen. "Du bist wirklich unbegabt in Sachen künstlerisches Talent!" "Warum habe ich wohl eine Stelle als Kunstkurator?" "Ist ja gut! Dann halt anders." Tristans Hand glitt zwischen seine Beine, und er begann sich vor meinen Augen selbst zu verwöhnen. "Willst du nicht mitmachen?" Natürlich wollte ich! Und ehe ich mich versah, lagen wir aufeinander, nebeneinander, hintereinander, verteilten so die Farbe auf dem Laken und schliefen miteinander. Solange, bis die Farbe schon fast trocken war und wir Gefahr liefen, an dem Tuch festzukleben. "Das Lila in der Mitte gefällt mir am besten", reißt Tristan mich aus den Gedanken. "Ja. Ich weiß genau was du damit sagen willst." "Was meinst du? Bock auf Lila?" Tristan beißt mir verspielt ins Ohr. "Und wie!" Ich packe meinen süßen Künstler und trage ihn rüber zum Bett. Der Anhänger auf seiner Brust funkelt im Sonnenlicht, als ich mich über ihn beuge und seine Lippen einfange. Zeit, um Lila zu machen ... Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)