Gib dich nicht auf von KatieBell ([Kai x Hiromi]) ================================================================================ Kapitel 4: Aufgeben 1.4 ----------------------- Samstag. Ein bescheidener Wochenendtag, der jedoch für Kai alles andere als rosig werden würde. Er war gestern Abend noch über seinen Unterlagen eingeschlafen und erst wieder in den frühen Morgenstunden erwacht. Nachdem er sich teilweise sammeln konnte, hatte er sich auf den Weg aus seinem Büro hinaus auf die Straßen gemacht. Er wollte nur schnell zum Bäcker, sich etwas zum Frühstücken holen und sich danach wieder seinem Projekt widmen. Doch kaum da angekommen, traf er dort auf seine Freunde, die gerade dabei waren die Auslagen der Bäckerei zu vernichten… Er wollte schon wieder umdrehen und eine andere Filiale aufsuche, als Ivan ihn schon entdeckte und sich lautstark bemerkbar machte. Auch die anderen Jungs schienen auf ihn aufmerksam geworden zu sein und Kai konnte nichts anderes tun, als sich doch darauf einzulassen. Yuriy erhob das erste Wort, als er den Laden betrat. „Hast du wieder in deinen Klamotten geschlafen, oder… wieso siehst du so verknittert aus?“ Bryans Hand legte sich dabei schnell auf die Schulter des Rothaarigen und zuckte mit seinen eigenen Schultern. „Er hat wieder im Chefstuhl gepennt. Ich hab ihn sogar im Flur schnarchen gehört.“, grinste er vielsagend und bekam daraufhin nur ein verächtliches Schnauben des Graublauhaarigen zuhören. Er trat an die Theke heran und eine Frau hinter dem Tresen wünschte ihm einen guten Morgen auf Russisch, sowie fragte sie, was er gerne möchte. Einen kurzen Augenblick sah er durch die Auslage und zum ersten Mal am Tage begann er zu sprechen. „Zwei Watrushki, einen Blini und ein Piroggen.“, sagte er monoton und deutete dabei immer auf die Lebensmittel. Sie Frau mittleren Alters nickte, als sie es verstand und machte ihm eine Tüte fertig. „Schiebst du heute Kohldampf?!“, grinste Bryan, „Kein Wunder. So viel Wald wie du abgesägt hast!“, lachte er dann und schlug Kai spielerisch auf die Schulter. Er hatte Mühen, sich zusammen zu reißen. Wie gern würde er jetzt Bryans vorlaute Klappe stopfen. Aber er besann sich. Er wollte keinen Aufstand in seiner Stammbäckerei lostreten. „Bryan…“, hörte er auf einmal Sergej gefährlich schnaufen. „Was denn? Versteht ihr keinen Spaß?!“ Im Augenwinkel erkannte er, wie der große, blonde Russe auf den gebürtigen Japaner deutete und Bryans Blick ihm folgte. Gleich darauf erkannte er die Panik in seinen Augen, was wiederum Kai zum Grinsen brachte. „Ich halt‘ ja schon die Klappe.“, murmelte er und ließ sich von Ivan an eine Sitzecke schieben. Es war schon… amüsant zu sehen, wie sehr sich diese ehemaligen Beyblader entwickelt hatten. Früher gehörten sie zu der Topspitze der Blader und mitdarunter zu den gefährlichsten. Heutzutage hatte sich das alles gelegt. Sie waren fast schon… zahm. Wenn er es nur für sich beschrieb. Jeder von ihnen war erwachsen geworden, auch wenn der eine oder andere es mit seinen Späßen immer wieder übertrieb. Aber das war nur das kleinere Übel. „Dobro pozhalovat'“, hörte er die Frau sagen und er zog schnell aus seinem Portemonnaie einen kleineren Schein heraus. „Stimmt so.“, murmelte er und nahm daraufhin gelassen seine Tüte, mit seinem Frühstück darin. Er wollte gerade wieder den Laden verlassen, als Yuriy sich vor ihn stellte und auf die Sitzecke zu den anderen zeigte. „Setz‘ dich einen Moment zu uns. Wir haben da etwas zu besprechen, Kai.“ Der Japaner wog schnell ab, ob er sich das antun konnte oder nicht. Seine Augen wanderten zu den anderen dreien, die schon dabei waren ihr Frühstück zu verspeisen. Vielleicht musste er sich nur Yuriys Gerede anhören, während die anderen laut vor sich hin schmatzten… Er nickte also und ging an den Rothaarigen vorbei. Im Vorbeigehen schnappte er sich einen Stuhl eines anderen Tisches und stellte ihn an die Kopfseite zwischen Sergej und Yuriys Sitzplatz. Die Papiertüte in seiner Hand legte er auf den Tisch ab und lehnte sich in den Stuhl zurück. Seine Hände verschwanden dabei in seinen Hosentaschen. Er würde den Teufel tun und jetzt sein Essen auspacken. Das Ganze würde eh nicht lange dauern und würde danach einfach wieder in seinem Büro verschwinden. Yuriy setzte sich links neben ihn und zog seinen schwarzen Kaffee näher zu sich heran. „Also. Wegen… gestern nochmal.“, begann er und Kai konnte schon erahnen, auf was er hinaus wollte, „Wir sind einer Meinung und finden du kannst dir ruhig eine Auszeit nehmen.“ „Das Thema hatten wir schon Yuriy. Ich fliege nicht.“, erwiderte Kai daraufhin nur tonlos. „Doch das tust du.“, mischte sich plötzlich Bryan ein und biss in sein Piroggenbrot. „Wer sagt das?!“, kam es nun doch mit einem Hauch Gereiztheit über seine Lippen. „Wir. Ausnahmslos alle. Und du fliegst.“, sagte der Rothaarige wieder, kramte kurz in seiner Jackentasche nach etwas, bevor er ein Papierstreifen daraus hervorzog und es Kai auf den Tisch legte. „Was ist das?“, fragte er mit einer hochgezogenen Augenbraue. „Dein Flugticket.“ „Wie bitte?!“, stieß er aus und lehnte sich nun doch nach vorne, um nach dem Papier zu greifen, „Was soll der Scheiß, Ivanov?!“, zischte er wütend zu dem Rothaarigen. „Wir wollen wirklich nur das Beste für dich, Alter.“, sagte nun der Kleinste von allen, „Yuriy hat uns aufgeklärt, bis ins kleinste Detail.“ Erst sah Kai zu Ivan, bevor er sich mit wütender Mimik an seinen besten Freund wandte. „Du hast was?!“, knurrte er, erwartete aber keine Antwort mehr und stand ruckartig von seinem Platz auf, „Ihr könnt mich Mal!“, stieß er dann weiterhin giftig aus, schnappte seine Bäckertüte und verschwand aus dem Laden. - „Na das hat ja super funktioniert, Yuriy.“, sprach Sergej ruhig und rührte in seinem Milchkaffee. „Ja hat es. In der Tat.“, sagte dieser stolz und grinste. „Was ist daran so lustig?“, fragte Bryan nach. „Na ja,… immerhin hat er das Ticket schon mal mitgenommen.“, lächelte er und begann dann auch endlich zu frühstücken. - Unschlüssig was er nur von dem Ganzen halten sollte, stand er vor seinem Unternehmen und wusste nicht so recht, was er jetzt mit sich anfangen sollte. Einerseits würde er Yuriy nur zu gerne einmal in den nächsten Mülleimer stülpen. Wie konnte er es auch nur vagen, den anderen Idioten von Hiromi zu erzählen und den dazugehörigen Differenzen die er damit hatte?! Er hatte es ihm damals nur Notgedrungen erzählt. Er wurde regelrecht in die Ecke gedrängt und wusste sich einfach nicht besser zu helfen, als mit der Sprache herauszurücken. Nach all dem,… hatte er es ihm dann auch noch versprochen, das Geheimnis und alles drum herum für sich zu behalten. – Tzz… Pustekuchen! Er seufzte und hob seinen rechten Arm, in dessen Hand er immer noch dieses bescheuerte Ticket hielt. Er hatte es vollkommen vergessen und einfach mitgenommen. Kai schielte auf das Datum und die Uhrzeit. Es war sogar auf heute datiert und der Check-In wäre in guten vier Stunden. „Viel zu knapp…“, murmelte er geistesabwesend und ließ seinen Arm wieder sinken. Was hatte sich der Rothaarige nur dabei gedacht? Wie oft hatte er ihm einbläuen wollen, dass er sich aus seinen Angelegenheiten raushalten sollte? Schon viel zu oft und doch schien er nicht locker zu lassen. Er wandte den Kopf gen Himmel und beobachtete für einen Moment die Wolken die nur vereinzelt quer über das blaue Firmament zogen. Wo sollte das nur alles hinführen? Sollte er vielleicht doch diese Chance ergreifen? Und damit die angestauten Probleme endlich beseitigen? Doch Kai war niemand, der etwas Vergangenes hinterher trauerte. Was würde es auch nützen? Was versicherte ihm, dass es danach wirklich wieder alles gut werden würde? Vielleicht… war es eh schon zu spät. Drei Jahre waren eine lange Zeit und zudem eine schwierige, nervenzerraufende. Zumindest für ihn. Ihr ging es damit mit Sicherheit auch nicht gerade besser. Obwohl er sich fast sicher sein konnte, dass sie die Geschehnisse schon längst hinter sich gelassen hatte. Tja,… die Braunhaarige war eben nicht so schnell unterzukriegen und das hatte er am eigenen Leib erfahren… Es waren einige Wochen vergangen, als er das Team der BBA Revolution verlassen hatte. Es war einfach das Beste, was er hätte tun können. Die Weltmeisterschaft hatte schon lange begonnen und es schien genau auf das hinauszulaufen, auf was er seit damals vor einem Jahr hinarbeitete. Im Finale gegen Takao zu kämpfen. Doch diese Entscheidung hatte auch ihre Schattenseiten. Zum einen,… fühlte er sich nicht mehr wie er selbst. Es war schwer zu beschreiben, aber die lockeren Gespräche fehlten ihm. Auch wenn er es ungern zugab, aber es fehlten ihm auch die heftigen Streits zwischen dem Blauhaarigen und Daichi. Kaum zu fassen eigentlich. In seinem jetzigen Team konnte er mit keinem überhaupt über irgendetwas reden. Außer über Taktiken und Strategien. Wie gewann man ganz easy die nächste Runde und dergleichen. Dennoch ließ er es sich nicht anmerken. Sein Pokerface saß perfekt. Keiner schöpfte Verdacht. Manchmal glaubte er es sogar selber. Aber… immer wieder, wenn er den anderen über den Weg lief – und das war leider Gottes immer wieder der Fall, kam er nicht drum herum einen Blick auf sie zu erhaschen. Was er damals ihr an den Kopf geworfen hatte lag ihm immer noch schwer im Magen, auch wenn er der Ansicht war, dass es das Beste für sie beide gewesen war. Doch egal wie oft und wie lange er sie ansah, sie ignorierte ihn. Behandelte ihn wie Luft, oder wie einen Geist. Eines von beidem zumindest. Manchmal kreuzten sich ihre Wege auch dann, wenn die anderen nicht dabei waren. Aber auch dort ging sie ihm ignorierend aus dem Weg. Einmal hatte er sie am Getränkeautomaten gesehen. Man hatte gerade eine kurze Pause eingelegt zwischen all den Vorrunden. Sie hatte vergeblich versucht dem Automaten eine Getränkedose zu entlocken. Der Graublauhaarige hatte ihr eine Weile zugesehen, aus sicherer Entfernung natürlich. Sie hatte an das Gerät getreten und mit ihren Fäusten dagegen gehämmerte. Doch nichts geschah. Er hatte sie mehrmals frustriert aufstöhnen gehört und kurz bevor sie womöglich aufgeben wollte, trat er um die Ecke und ging zielstrebig auf sie zu. Sie bekam von seinen Schritten offenbar nichts mit. Ihre gesamte Aufmerksamkeit diente vorerst dem Automaten, der zwar ihr Kleingeld geschluckt hatte, aber keine Gegenleistung herausgab. Frustriert über diese Tatsache ließ sie abrupt die Schultern hängen und erst da schien sie ihn zu bemerken. Dennoch kam kein Laut über ihre Lippen. Sie sah noch nicht einmal zu ihm auf, als er sich neben sie und dem Automaten stellte und mit einem gezielten Faustschlag gegen die Seitenwand schlug. Es polterte kurz und das Gerät spuckte im Anschluss die gewünschte Dose in den Auffangbehälter. Normalerweise würde jetzt jeder normale, tickende Mensch Aufsehen und sich bedanken. Vielleicht auch mit einem zarten Lächeln. Ja, normal. Aber Hiromi war nicht normal. Nicht in Bezug auf ihn. Herrenlos blieb die Dose im Behälter liegen und die Braunhaarige wandte sich zum Gehen. Kein Wort kam über ihre Lippen, kein Blick auf ihn folgte. Einfach rein gar nichts. Sie ging einfach wieder ihren Weg, als ob dieser Moment nie geschehen war. Er wollte etwas sagen. Irgendetwas. Er hatte schon seinen rechten Arm gehoben, doch ließ er diesen noch in derselben Bewegung wieder fallen. Es würde ja doch nichts nützen. Als sie um die Ecke bog und somit aus seinem Blickfeld verschwand, sah er zum Automaten und hinter die Glasklappe. Die Getränkedose lag völlig ruhig da und er beschloss sie daher herauszunehmen. Nicht einmal ein paar Sekunden hatte er sie in der Hand gehalten, als plötzlich Bryan hinter ihm auftauchte und ihm die Dose aus seinem Griff befreite. Er grinste und prostete Kai zu, so als ob alles in Ordnung wäre. Es war auch alles in Ordnung. Auch wenn es in ihm völlig anders aussah. Aber was soll’s. Er war eh noch nie ein Fan von Limo gewesen… Wieder im Hier und Jetzt zurück sah er vom Himmel wieder zum Flugticket. Es fühlte sich an, als hätte er sich seit Jahren festgefahren. Irgendwo im Nirwana. Kein Zurück mehr und auch vorwärts ging es nur schleppend voran. Vielleicht… waren Yuriys Worte doch nicht so verkehrt. Vielleicht sollte er einfach über seinen Schatten springen und zumindest versuchen, alles wieder in die richtige Bahn zu lenken. Jedenfalls,… könnte er damit sein Gewissen erleichtern. Noch einmal tief durchgeatmet fasste er dann den entschiedenen Entschluss. Er würde jetzt seine restlichen Sachen aus seinem Büro holen, zurück in sein Apartment fahren und nicht einmal in vier Stunden in einem Flieger Richtung Tokyo sitzen. – Der Plan war gemacht und nun musste er nur noch alles in die Tat umsetzen. * * * Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)