Two Worlds Collide von yezz (Byakuya x Renji) ================================================================================ Kapitel 6: Von Schicksal und Karma ---------------------------------- Die schlechte Laune hatte sich durch Byakuyas Tag gezogen, wie ein roter Faden. Er war bereits zwei Mal mit seinem Großvater aneinander geraten. Die Tatsache, dass er mit den Fusajirōs für heute Abend eine der einflussreichsten Familien angekündigt hatte, machte es alles andere als besser. Zwar war Midori Fusajirō tatsächlich eine Augenweide und konnte auch nett sein, aber meistens war sie eine hochnäsige, eitle und dumme Kuh, die kaum ein anderes Thema als Kosmetik hatte. Warum konnte keines dieser reichen Mädchen seinen Vorstellungen entsprechen? Er seufzte, weil er bereits die Antwort kannte. Er wollte eben keines dieser Mädchen. Daher gab er ihnen noch nicht einmal eine Chance. Viel lieber grübelte er über einen gewissen Rothaarigen nach. Er musste unbedingt noch einmal mit dem Physiotherapeuten Yamada aus dem Krankenhaus reden. Abwesend griff er gerade nach seinem Handy, als ein leises Klopfen an der Tür ihn zusammenzucken ließ. "Hallo Herr Kuchiki. Bereit für die Reha?", fragte Aio in ihrem üblichen Plauderton und lächelte gutmütig. Ach ja, die Reha, seufzte er innerlich. Wieder so ein Reinfall. Statt etwas zu sagen, richtete er sich nickend auf. "Sie müssen in 10 Minuten los, also beeilen wir uns lieber etwas“, bemerkte sie, als er die Schultern kreisen ließ. Das Knacken in seinen Schultern ließ sie kurz innehalten. „Soll ich ihnen einen Termin beim Masseur machen?“, fragte sie und blickte auf. „Nein, das wird nicht nötig sein.“, beharrte er, angelte nach seinen Krücken und machte sich auf den Weg nach unten. Er war ein wenig irritiert, als die Empfangsdame ihn in ein anderes Behandlungszimmer führte. Das Behandlungszimmer 3 war im Prinzip ähnlich eingerichtet, wie das andere. Nur waren die Bordüren der Tatami-Matten nicht schwarz-weiß, sondern schwarz-rot. Generell sah die Einrichtung des Zimmern etwas neuwertiger aus. Er meinte auch, noch einen Hauch Farbe im Geruch des Raumes auszumachen. Trotzdem roch der Raum angenehm. Ein wenig herb, aber auch frisch. Bergamotte vielleicht? Er blickte sich um. An der Garderobe hing eine schwarze Lederjacke. Kurz überlegte er, von der Liege aufzustehen und daran zu riechen. War sie der Ursprung dieses Geruches? Er war überrascht, dass nur der Duft alleine ein so wohlig warmes Gefühl in ihm verursachen konnte. Fast, als würde sie irgendwelche angenehmen Erinnerungen in ihm hervorrufen. Gerade wollte er sich von der Liege gleiten lassen, als er Schritte vom Flur aus wahrnahm. Da diese scheinbar vor der Tür verharrten, rutschte er sich schnell wieder auf der Liege zurecht. Als die Tür schwungvoll aufgeschoben wurde, konnte er nichts anderes, als mit großen Augen zu starren. Dieses Rot!, schoss ihm direkt durch den Kopf, während er unfähig war, sich nur einen Zentimeter zu rühren. Er stand vor ihm. In einer engen, schwarzen Jeans und einfachem, weißen Oberteil. Er war etwas enttäuscht, dass es lange Arme hatte, sodass er die Tattoos auf seinen muskulösen Armen nicht sehen konnte. Er trug ein schwarzes Bandana, welches fast vollständig die Tattoos auf seiner Stirn verdeckte. Ein Blick in diese unbeschreiblichen Augen verrieten ihm, dass er genauso irritiert war, wie Byakuya selbst. Er blickte ihn an, wie ein übergroßer Affe. Den Mund leicht geöffnet und mit geweiteten Augen. Byakuyas Herz klopfte bis zum Hals, ihm war heiß und kalt zur selben Zeit und er war froh, dass er bereits saß. Mit einem Mal schämte er sich für sein Verhalten gegenüber der Kollegin seines Gegenübers. Sicherlich hatte sie ihm bereits geschildert, was passiert war. Was würde er nun für ein Bild von ihm haben? Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als scheinbar wieder Regung in den Rothaarigen kam. Renji musste sich kurz Räuspern, damit seine Stimme nicht versagte. Wie sollte er sich ihm gegenüber verhalten? Für sein Benehmen im Krankenhaus entschuldigen? Ihm eine Standpauke wegen seinem Verhalten gegenüber Isane halten? Erleichtert über einen Einfall verbeugte er sich kurz. „Guten Tag, mein Name ist Renji Abarai und ich übernehme mit sofortiger Wirkung ihre Behandlung, Herr Kuchiki“, damit stellte er sich mit ein paar Schritten Entfernung vor seinem Patienten auf und wartete auf eine Antwort. Es war eine durchaus freundliche Begrüßung und bis vor einem Augenblick hatte sich Byakuya noch wie ein kleines Kind an Weihnachten gefreut, als er diese unglaublichen, roten Haare erblickt hatte. Doch mit einem Mal kochte der Zorn in ihm hoch. Ein Zorn, den er so noch nicht einmal wirklich im Krankenhaus gespürt hatte. Dennoch war dieser grobschlächtige Kerl ihm zu sehr auf die Pelle gerückt. Eine Sache, die er ganz und gar nicht dulden konnte. Auch wenn sein Körper förmlich nach dessen Aufmerksamkeit schrie. Vielleicht auch genau deswegen. Wie konnte er sich zu solch einen offensichtlich unkultivierten und großmauligen Typen hingezogen fühlen? Und dann noch diese ganzen Tätowierungen… Missbilligung kämpfe mit Faszination und Verlangen um die Vorherrschaft seiner Gefühle. Er durfte nicht nachgeben. Sollte sein Großvater ihn mit diesem Renji Abarai erwischen, würde er mit Sicherheit enterbt werden. Na und? Dann bist du diese Scheiße endlich los und kannst selbst über dein Leben bestimmen!, schrie eine Stimme in seinem Kopf. Genau. Über das eigene Leben bestimmen. Mit keinem einzigen Geldschein in der Tasche!, höhnte eine andere Stimme. Er fühlte sich, als hätte er ein Engel und einen Teufel auf der Schulter sitzen. Aber welche Stimme gehörte zu wem? Als er aus dem Augenwinkel eine Bewegung des Therapeuten ausmachte, verengten sich seine Augen. Am liebsten wäre er aufgesprungen und hätte dem Rothaarigen eine gescheuert. “Meinen Namen kennen sie bereits. Und sollten sie noch einmal derart unangemessen mit mir sprechen, werde ich dafür sorgen, dass sie ihren Job verlieren”, sagte er mit eisigem Ton. Na prima, was für ein Einsteig! So bekommst du ihn niemals rum! Stille legte sich zwischen ihnen. Unangenehme Stille. Innerlich seufzte Byakuya. Er hatte es gerade absolut… wie sagt man so gerne unter Jugendlichen auf der Straße? Achja, verkackt. Ja, das hörte sich durchaus angemessen für diese Situation an. Er überlegte, ob er sich entschuldigen sollte, schob dies aber sofort wieder beiseite. Immerhin hatte er doch nur klargestellt, dass sich sein Gegenüber angemessen verhalten sollte. Er war ja schließlich nicht irgendein dahergelaufener Trottel. „Ich dachte Frau Isane Kotetsu wäre meine Therapeutin?“, fragte er unschuldig, nicht mehr in der Lage, die Stille zwischen ihnen zu ertragen. Trotz des Bandanas war deutlich zu erkennen, wie Renji eine Augenbraue hob. „Sie hat mich heute Morgen gebeten, sie zu übernehmen. Sie...“, er unterbrach sich kurz, um nach den richtigen Worten zu suchen. „Sie hatte den Eindruck, dass die Chemie zwischen ihnen nicht stimme“, zitierte sie die Worte seiner Kollegin mit einem Hauch Hohn in seiner Stimme. „Ich verstehe“, erwiderte Byakuya. Also hatten sie doch gesprochen. Ein Kloß bildete sich in seinem Hals. Durfte er das einfach so stehen lassen? Renji hatte eindeutig einen falschen Eindruck von ihm. Aber er konnte doch nicht einfach... Andererseits hatte er sich gerade auch wieder so dem Rothaarigen gegenüber benommen. Allerdings hatte er ihm auch einen Grund dazu gegeben. Die Grauhaarige hingegen war gestern eigentlich nur zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort gewesen… „Ist Frau Kotetsu noch im Haus? Ich würde mich gerne bei ihr persönlich entschuldigen. Gestern war ein... unangenehmer Tag für mich.“, sprang er über seinen Schatten und blickte in die unergründlichen Augen seines Gegenübers. Ein Mundwinkel im gebräunten Gesicht zuckte ein wenig nach oben und ein Funke Belustigung war in seinen Augen zu erkennen. Doch Byakuya fühlte sich nicht verspottet. Es war ein warmherziger Ausdruck und verstärkte seinen Wunsch, dem anderen näher zu kommen, nur noch. Er nickte. Also doch kein Frauenhasser. Gut. „Sie ist nach unserem Termin noch im Haus, dann bringe ich sie zu ihr. Um ehrlich zu sein, bin ich überrascht, dass sie mit jemanden nicht klar kam. Sie ist so etwas, was man gerne 'Everybody's Darling' nennt.“, damit ließ er die Patientenunterlagen geräuschvoll auf den Tisch klatschen und lehnte sich mit dem Gesäß gegen die Kante der Arbeitsfläche. Byakuya beobachtete gebannt das Spiel der Muskeln in den Armen, während er die Arme vor der breiten Brust verschränkte. Er war verwirrt. Hatte er ihn nicht gerade verbal attackiert und nun sprach er so locker mit ihm, als wäre nie etwas gewesen? Waren die Worte nicht deutlich genug gewählt gewesen oder machte es dem Rothaarigen einfach nichts aus? Perlten seine drohenden Worte einfach nur an dessen Äußeren ab. Dieser wunderbar gebräunten Haut, durchzogen mit diesen faszinierenden Tattoos… Byakuya wollten den Kopf schütteln, um diese Gedanken zu verbannen. Doch in diesem Moment riss eine angenehme Stimme ihn aus eben diesen, verursachten ein leichtes Kribbeln in seinem Nacken. „Jedenfalls bleiben uns jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder kommen wir miteinander aus oder ich muss sie an unsere Chefin, Retsu Unohana, übergeben. Sie ist zwar unglaublich fähig, aber unter uns”, dabei blickte er kurz verstohlen nach links und rechts und dämpfte die Stimme etwas. “Sie kann schon etwas furchteinflößend sein“, kurz erschien ein übermütige Grinsen auf sein Gesicht, wurde aber schlagartig wieder ernst. „Also? Was ist ihnen lieber?“ „Sie“, antwortete er ohne zu zögern, was ihm allerdings sofort peinlich war. Renji lachte kurz laut auf und unterdrückte den Drang, durch das ordentliche und seidige schwarze Haar zu wuscheln. „Sehr gut. Ich bin nämlich erst seit Kurzem hier und möchte nicht direkt einen Patienten an meine Chefin abdrücken müssen”. Diese Worte verblüfften Byakuya. Eben hatte er ihm noch gedroht, dass er seinen Job verlieren würde und dann gab er nun freimütig zu, dass er gerade erst frisch in der Praxis angefangen hatte? Offenbarte ihm so eine Schwachstelle? “Außerdem würde ich ihnen schon gerne helfen, ihr Knie wieder fit zu machen”, fuhr der Rothaarige fort. “Dann können sie sich wieder im Seiza der Kalligraphie widmen oder was für komische Hobbys ihr reichen Schn...“ „Kendō“, unterbrach ihn Byakuya leise. Der Rothaarige blinzelte irritiert. „Kendō. Das ist mein Hobby. Beziehungsweise, es war mein Hobby, bevor...“ „Kendo also“, grinste der Rothaarige und nickte anerkennend, nachdem er Byakuya wiederum unterbrochen hatte. „Also schön. Sehen wir zu, dass wir ihr Knie wieder für Kendō hinbekommen“. Damit trat er auf die Liege zu und deutete Byakuya, sich hinzulegen. „Frau Kotetsu?“, die Grauhaarige schreckte aufgrund der förmlichen Anrede ihres Kollegen zusammen. Als sie sich umdrehte, erkannte sie neben dem Rothaarigen ihren ehemaligen Patienten. Dieser verbeugte sich fast sofort und verharrte in der Bewegung. „Ich möchte mich für mein Verhalten gestern entschuldigen. Es war nicht meine Intention ihre Kompetenz oder etwas anderes in Frage zu stellen.“ Mit großen Augen starrte sie den Rothaarigen an, unfähig, sofort etwas zu erwidern. Ihr Mund öffnete und schloss sich mehrmals, ohne auch nur ein Wort über die Lippen zu bringen. Nachdem Renji jedoch eine auffordernde Bewegung machte, lächelte sie leicht. „Ich nehme ihre Entschuldigung an, Herr Kuchiki. Es ist wichtig, dass auch das zwischenmenschliche Verhältnis zwischen Therapeut und Patient stimmt. Vielleicht war es ja auch Schicksal, dass ich sie an meinen Kollegen übergeben habe“, sagte sie freundlich, um ihr Unbehagen zu überspielen, welche durch diese etwas übertriebene Entschuldigung entstanden ist. Byakuya gestattete sich ein kleines Lächeln, bevor er sich wieder aufrichtete. Vielleicht war es das. „Ich wünsche ihnen dann noch einen schönen Abend. Bis morgen, Herr Abarai“, damit nickte er dem Rothaarigen noch einmal zu und ging Richtung Ausgang. Renji schob die Tür zu und drehte sich um. Dicht vor ihm stand nun seine Kollegin und schaute ihn mit großen Augen an. Beinahe wäre er erschrocken zurückgewichen, was für die Reispapiertür alles andere als gut gewesen wäre. „Was hast du mit ihm gemacht?“, fragte Isane fassungslos. Renji zuckte mit den Schultern. „Eigentlich gar nichts. Nachdem ich ihm gesagt habe, dass ich ihn nun betreue, meinte er, er hätte gestern einen schlechten Tag gehabt und, dass er sich bei dir entschuldigen wollte. Und den Rest kennst du selbst“, gab dieser zu und rieb sich etwas verlegen den Nacken. Isane grinste bis über beide Ohren. „Ich glaube, ihr werdet gut miteinander auskommen, Renji“. Renji gluckste und unterdrückte ein zweideutigen Kommentar. Er würde lügen, wenn er behaupten würde, dass der Schwarzhaarige ihn in so vielerlei Hinsicht nicht reizen würde. Seine Gedanken drifteten zu diesen unergründlichen, grauen Augen ab und er fühlte sich fast schon wie ein liebeskranker Teenager. „Ich mach dann mal Feierabend, Isane. Das Jugendamt kommt heute zu einem Standardbesuch und ich wollte vorher noch meinen ehemaligen Heimleiter um Rat fragen.“ Das Telefonat mit Ukitake war nicht sehr hilfreich gewesen. Er konnte sich auch nicht erklären, warum Tōshirō sich so verhielt. Allerdings war er auch nicht in der gesundheitlichen Verfassung vorbeizuschauen. Leider. Doch er hatte ihm versprochen, sobald es ihm etwas besser ging, ihnen einen Besuch abzustatten. Seufzend ließ er die schwere Tür ins Schloss fallen und lehnte sich kurz von innen dagegen. "Ich bin wieder da", rief er durch den Flur, während er sich die Schuhe auszog. Da weder ein kleines, rosahaariges Etwas angelaufen kam, um sich an sein Bein zu heften, noch irgendein größerer Lärm zu hören war, wusste Renji sofort, dass das Jugendamt schon da war. Kurz holte er tief Luft und sprach sich Mut zu. Jetzt galt es. Er strich die Falten aus seinem langärmeligen Shirt, nachdem er die alte Lederjacke an die Garderrobe gehangen hatte. Dann ging er direkt in den ersten Raum rechts, der die Küche war. Er war leer. Auch der nächste Raum, das Wohnzimmer war leer. Er runzelte die Stirn. Auf dem Couchtisch standen einige Gläser, also war definitiv bis eben jemand in ihrer Wohnung gewesen. Dann hörte er vom oberen Stockwerk Stimmen. Er wollte gerade die Wendeltreppe hinaufgehen, als bereits Rukia in sein Blickfeld kam. "Renji! Wir haben Besuch!", erklärte sie das Offensichtliche, als sie vor ihm stand. Er hob kurz eine Augenbraue, unterdrückte allerdings einen dummen Spruch, da als nächstes eine recht großgewachsene und vor allem vollbusige junge Frau mit rot-blonden Haarendie Treppe hinunter kam. Renji musste sich zusammenreißen, um nicht mit offenem Mund zu starren. Sie lächelte ihn freundlich an und verbeugte sich dann. "Mein Name ist Rangiku Matsumoto. Es freut mich sie kennenzulernen." Renji saß auf dem großen Sofa und trank ein Schluck Wasser. Er hatte erwartet, dass der Besuch des Jugendamtes fürchterlich sein würde. Zumal die ersten Kontakte mit einem gewissen Aizen eben genau das gewesen war. Absolut fürchterlich. Der Leiter des städtischen Jugendamts war ein aalglatter Typ, den Renji vom ersten Augenblick an nicht hatte leiden können. Und vermutlich beruhte das auf Gegenseitigkeit. Doch nun saß eine neue Mitarbeiterin bei ihm auf dem Sofa und schien tatsächlich Gefallen an dem Ganzen zu finden. Schnell waren sie beim 'du' gewesen und besonders an Tōshirō schien sie einen Narren gefressen zu haben. Renji musste sich ein Grinsen verkneifen. Ausgerechnet Tōshirō. Ein Blinder mit Krückstock konnte sehen, wie genervt der kleine Weißhaarige von Rangiku war. Nicht zuletzt daher, dass sie ihm diesen Abend schon mehrmals angefasst und mit ‘Shirō-chan’ angesprochen hatte. Aber Renji dachte nicht im Traum daran, ihn irgendwie von seinem Leiden zu erlösen. Karma, dachte der Rothaarige und nun stahl sich doch ein kleines Grinsen auf sein Gesicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)