Two Worlds Collide von yezz (Byakuya x Renji) ================================================================================ Kapitel 4: Freiheit ------------------- Seufzend lag Byakuya im Bett. In seinem eigenen Bett. Hatte Arme und Beine von sich gestreckt und genoß die bekannten Gerüche, die dem sterilen Gestank eines Krankenhauses gewichen waren. Freiheit, endlich. Keine nervenden Krankenschwestern oder sonst irgendetwas. Endlich hatte er seine Ruhe. Doch leider würde es nicht so bleiben. Nicht nur, dass er nun für einige Wochen täglich in die Stadt müsse, um das Reha-Programm aufzunehmen. Sein Großvater hatte auch bereits klar gemacht, dass in den nächsten Tagen einige Familien mit ihren Töchtern zu Besuch kamen. Moderner Fleischbeschau könnte man dazu auch sagen. Wobei... Was war modern daran, dass mein Großvater mir Frauen vor die Nase setzte, die ich am besten gestern schon geheiratet hätte? Alter Zorn kochte wieder in ihm hoch. Seit er 16 war, musste er mit seinem Großvater darum streiten. Es war eine nie enden wollene Streiterei. An manchen Tagen war er dem Ganzen so überdrüssig, dass er kurz davor war, einfach zuzustimmen. Er würde irgendein dummes, langweiliges Mädchen aus guten Hause heiraten und sich dann auf die Suche nach jemanden machen, der ihm wirklich unter die Haut ging. Aber wer machte heutzutage so etwas überhaupt mit. Und was, wenn er niemanden fand, der ihm unter die Haut ging? Vor seinem inneren Auge flackerte das Bild eines breiten Grinsen auf, ein braungebranntes Gesicht, eingerahmt von roten Haaren. Ein so unglaubliches Rot... Er seufzte. Mehr als einen Namen wusste er immer noch nicht von ihm. Zwischenzeitlich ist er dazu übergegangen, das ganze von sich weg zu schieben. Es als Tagtraum abzutun. Dieser Abarai sah mit Sicherheit nicht so gut aus, wie er ihn in Erinnerung hatte. Seine Fantasie spielte ihm da einen Streich. Doch ganz aus seinen Gedanken verbannen, konnte er ihn nicht. Leise klopfte es an der Tür und nur mit Mühe konnte er ein Stöhnen unterdrücken. Er war keine halbe Stunde zu Hause. Warum musste man ihn schon wieder stören? "Ja?", fragte er gereizt. Schüchtern trat Aio ein. Eine junge Dienerin, die vielleicht seit einem halben Jahr im Anwesen arbeitete. Auch wenn er es selten zeigte, mochte er die junge Frau. Sie war diskret, zuvorkommend und vor allem eine Art Verbündete. Sie schien es als ihre Pflicht anzusehen, ihn vor Planungen seines Großvaters zu warnen und ohne ihre Hilfe hätte er wahrscheinlich nie mitbekommen, was sein Großvater mit seinen Partnern abgesprochen hatte. Nicht, dass er es nicht vermutet hatte, doch Aios Aufmerksamkeit war zu verdanken gewesen, dass er es tatsächlich mit eigenen Ohren gehört hatte. Er fragte sich immer noch, warum sie das tat. "Mein Herr.", begann sie mit kurzer Verbeugung, dann schloss sie schnell die Tür hinter sich. "Ich fürchte, ihr Großvater hat die nächsten Tage mit Abendessen mit so ziemlich jeder hochrangigen Familie mit Töchtern gefüllt.", erklärte sie ihm im verschwörerischen Ton. Byakuya, der sich bei ihrer Ankunft etwas aufgerichtet hatte, ließ schnaufend den Kopf zurücksinken. "Danke für die Information, Aio. Ich hatte so etwas schon befürchtet.", gab er mit emotionsloser Stimme zurück. "Soll ich versuchen, ihre Physio-Termine so zu verschieben, dass diese abends sind? Wenn ich das veranlasse, wird es sicher keiner merken.", bot sie an. "Nein. Dann lädt mein Großvater sie zum Mittagessen ein. Ich fürchte, es ist zwecklos.", gab er zurück. "Wann ist das erste Abendessen?" "Heute Abend, mein Herr." In seinen kühnsten Träumen hätte er sich es nicht so schlimm vorgestellt. Nicht nur, dass Kameko optisch ihrem Namen alle Ehre machte – Mal ehrlich, wer nannte sein Kind 'Kind der Schildkröte'? - sie war auch mindestens genauso langweilig. Der Abend war voller verdeckter Spitzen gegen seinen Sport gewesen und Byakuya hatte sich mehr als einmal auf die Zunge beißen müssen, um nicht irgendetwas zu erwidern. Und das Schlimmste war, er konnte nicht weglaufen. Früher konnte er sich wenigstens für 10 Minuten entschuldigen, weil er mal 'frische Luft schnappen wollte' oder hatte sich einfach auf Toilette entschuldigt. Aber da er ja seine Schiene nicht dauerhaft tragen konnte, um die Wundheilung nicht negativ zu beeinflussen, hätte er jedes Mal dafür einen Diener rufen müssen. Vor einer reichen Bankiersfamilie wäre dies einfach zu erniedrigend gewesen. Also saß er den Abend aus und versuchte nur anfänglich, mit dem Schildkröten-Mädchen ein Gespräch anzufangen, dass ihn interessierte. Da es sich schnell herausstellte, dass die beiden keinerlei Interessen teilten, ließ er sie das Gespräch übernehmen und gab nur noch einsilbige und gelangweilte Antworten. Was bedauerlicherweise darin resultierte, dass sie ihm mit Häkelkunst die Ohren abkaute. Als sie sich verabschiedeten, machte er gute Miene zum bösen Spiel und war erleichtert, als Aio sofort mit seiner Laufschiene herbeigeeilt kam, als die Besucher und sein Großvater ihm die Rücken zugedreht hatten. Sie zwinkerte ihm verstohlen zu, als er bereits anfing, die steife Schiene zu lösen. Er war bereits an der Treppe angekommen, als sein Großvater ihn ansprach. "Wie du siehst, kann ein solcher Abend durchaus unterhaltsam sein. Du hast dich ja hervorragend mit der liebreizenden Kameko verstanden.", stellte er, wie üblich, ohne einen Hauch Emotion in seiner Stimme fest. Byakuya schoss ihm nur einen bösen Blick über die Schulter während er sich weiter daran machte, die Treppe zu erklimmen. "Mehr hast du nicht dazu zu sagen?", hakte Ginrei nach. "Kameko ist langweilig und hässlich. Sie hat vielleicht den gesellschaftlichen Rang, es ist aber ausgeschlossen, dass sie optisch repräsentativ genug für dich ist.“, gab er bissig zurück und war gleichzeitig froh, am oberen Flur angelangt zu sein. Ohne ein weiteres Wort machte er sich auf den Weg in sein großzügiges Zimmer. „Byakuya! Wir sind noch nicht fertig!“, ertönte die kraftvolle Stimme seinen Großvaters vom Erdgeschoss. „Ich für meinen Teil schon. Gute Nacht, Großvater.“, damit schloss er die Tür hinter sich. Ihm wäre eher danach gewesen, diese hinter sich zuzuknallen. Aber es gab gewisse Regeln, die auch er sich nicht traute, zu brechen. Der nächste Tag begann genauso schlecht, wie der andere geendet hatte. Das ständige Sitzen und Liegen machten ihn rastlos und reizbar. In seiner Verzweiflung hatte er bereits Aio gebeten, Großvaters Bibliothek zu durchforsten, um etwas Lesestoff zu bekommen. Er spielte mit dem Gedanken, einen Diener oder sogar Aio in den nächstgelegenen Buchladen zu schicken und alles nahezu interessante aufzukaufen. Ab und an spielte er mit dem Gedanken, die Hanteln aus seiner Kendo-Schule zu verwenden. Aber wozu der Aufwand, wenn der Sport für ihn in weite Ferne gerückt war? Wenn er ihn nie wieder ausüben konnte? Er war wirklich froh, dass er sein Essen zurzeit ans Bett gebracht bekam. Zumindest, wenn keine nervigen Abendessen mit möglichen Heiratskandidatinnen anfielen. Byakuya rollte mit den Augen. Er verfluchte sich selbst dafür, dass er sich in diese Lage gebracht hatte. So hatte er keine Ausrede oder Termine. Er musste die Bettruhe einhalten, bis auf die wenigen Stunden, die als Ausnahme dienten. Das machte ihn angreifbar für alle Ideen, die sein Großvater in den kommenden Wochen noch haben würde. Und so einfach wie am vorangegangenen Abend würde er es ihm sicherlich nicht noch einmal machen. Soviel stand jetzt schon fest. Er griff nach der Liste auf seinem Nachttisch. Der Plan für die Reha. Eigentlich war die Praxis ausgebucht gewesen. Aber natürlich konnten die Angestellten es irgendwie schaffen, dass er dazwischen geschoben wurde. Daher waren aber die Termine alle zu den unterschiedlichsten Uhrzeiten. Da die Übersicht zu behalten, war schon fast unmöglich. Der erste Termin war heute morgen. Sicher würde gleich Aio kommen und ihm beim Anlegen der Schiene helfen. Nicht, dass er es nicht alleine könnte... 'Dafür hat man Bedienstete', hallten die Worte von Ginrei in seinem Kopf wider. Nur, dass er seine Bediensteten eher als Leibeigene ansah, dachte der Schwarzhaarige bitter. Es klopfte und das junge Dienstmädchen kam nach seiner Aufforderung herein. „Der Fahrer ist für in einer halben Stunde bestellt.“, informierte er ihn, während sie die Schiene vom Schreibtisch nahm. Der Wechsel war wie immer schnell erledigt. Also schwang Byakuya die Beine über den Bettrand, griff nach den Krücken und stemmte sich nach oben. „Ich bin dann im Bad.“, erklärte er ihr über die Schulter. „Sind sie sicher, dass sie keine...“, setzte sie an. „Vollkommen.“, unterbrach er sie mit fester Stimme. Die Praxis war wirklich mitten in der Stadt. Zwar verfügte das Gebäude über ausreichend Parkplätze und auch etwas Grünfläche durchzog hier das städtische Grau, aber dennoch sah die Gegend sonst eher trist aus. Nachdem er dem Fahrer mehrfach versichert hat, dass er es schon alleine zur Praxis schaffen würde, hatte dann auch dieser Ruhe gegeben. Nun stand er im Eingangsbereich des Bürokomplexes und wartete auf den Aufzug. Entgegen seiner Vermutungen war das Foyer sogar recht grün gehalten. Überall waren Blumenkübel und Pflanzen in unterschiedlichster Ausführung. Der Boden war so sauber, so das man vermutlich davon hätte essen können und der kalte Stein spiegelte seine Gestalt ein wenig. Mit einem Gong öffnete sich der Aufzug, die Tür schloss sich schnell, nachdem er auf den Knopf für den 32. Stock gedrückt hatte. Die Praxis hatte also die höchstgelegenen Räumlichkeiten dieses Gebäudes angemietet. Es war normal, dass sich innerhalb der Hochhäuser die Mieten deutlich erhöhten, je höher man kam. Daher vermutete Byakuya, dass sie erst hierher gezogen waren, als sie sich einen Namen gemacht hatten. Immerhin wäre eine solche Unterbringungen direkt von Anfang an ein enormes Risiko gewesen. Oder die Gründerin hatte ordentliches Eigenkapitel mitgebracht und war von ihren Fähigkeiten überzeugt. Der Gong riss ihn wieder aus seinen Gedanken, die Tür öffnete sich und kurz blinzelte er verwirrt. Hier begrüßte ihn nicht die kühle Atmosphäre der Eingangshalle, es wirkte direkt freundlich und warm auf ihn. Der Boden war mit dunklem Parkett ausgelegt und auch die Pflanzen hier hatten sich verändert. Die robusten Gewächsen wurden hier von anderen, etwas aufwändiger zu pflegenden ersetzt. Als er aus dem Aufzug trat, sah er, dass besonders viele Glockenblumen darunter waren. Wandte man sich nach rechts, erstreckte sich ein großes Areal mit den unterschiedlichsten Trainingsgeräten. Ausgelegt war dieser Bereich mit Tatami-Matten. Nach links schien es zu den Behandlungszimmern zu gehen, dort war auch ein Empfang mit einer freundlich drein blickenden jungen Dame. Die Aussicht rings herum war atemberaubend. Das Gebäude war eines der höchsten in der unmittelbaren Umgebung. Byakuya schätzte, dass es ungefähr 130 Meter bis zur Straße waren. Das war schon eine beachtliche Höhe. Er ging auf die Dame am Empfang zu und nickte knapp. „Byakuya Kuchiki, ich habe einen Termin.“, sie nickte sofort freundlich und verbeugte sich. „Guten Tag, Herr Kuchiki. Ich bringe sie in den Behandlungsraum.“, als sie ihm den Rücken zudrehte, seufzte er innerlich. Vielleicht hatte er sich ein Augenrollen nicht ganz verkneifen können. Behandlungsraum. Das bedeutete also, dass es wieder irgendwelche sinnlosen Übungen geben würde. Sie gingen an einigen Auszeichnungen und Zeitungsartikeln vorbei. Retsu Unohana erkannte er sofort. Sie bogen um die Ecke und hier war eine Art Mitarbeitergalerie. Kurz ließ er den Blick darüber gleiten. Es gab noch ein leeres Feld, ansonsten waren Portraits von 4 freundlichen Frauen zu sehen. Irgendwie hatte er ja gehofft, den Rotschopf wiederzusehen. Aber würde eine so renommierte Praxis ein tätowiertes und muskelbepacktes Großmaul beschäftigen? Eher nicht. Sie führte ihn in einem Raum mit phantastischem Ausblick über die Stadt. Das Zimmer war schlicht, aber hochwertig eingerichtet. Die Behandlungsliege war schwarz und sah bereits bequem aus. Der Boden bestand aus Tatami-Matten mit schwarz-weißen Bordüren. Auch hier waren Glockenblumen in den unterschiedlichsten Farben untergebracht. „Ihr Therapeut kommt gleich. Einen Augenblick bitte.“, erklärte die Empfangsdame und verschwand mit einer weiteren Verbeugung. Dabei ließ sie die Schiebetür einen Spalt offen. Keine 5 Minuten später betrat eine hochgewachsene Frau mit silber-grauem Haar das Zimmer. Sie blickte noch einmal über die Schulter und schien über etwas amüsiert. „Dann schönen Feierabend Renji. Genieß trotzdem deinen halben Tag Urlaub.“ Byakuya meinte, eine Art Schnauben als Antwort gehört zu haben, doch seine Therapeutin zog seine Aufmerksamkeit auf sich. „Guten Tag, Herr Kuchiki. Mein Name ist Isane Kotetsu und ich bin ihre behandelnde Therapeutin.“, stellte sie sich während einer Verbeugung vor. „Was kann ich für sie tun?“, fragte sie und legte den Kopf mit einem sanften Lächeln schief. „Hätten sie meine Unterlagen gelesen, wüssten sie, was sie für mich tun können.“, stellte Byakuya kühl fest, auch wenn er erkannt hatte, dass sie seine Unterlagen unter dem Arm trug und dort auch bunte Post-Its herausragten. So eine dumme Frage, wenn sie offensichtlich seine Krankenakte gelesen hatte. Natürlich hing seine plötzliche miese Laune nicht damit zusammen, dass die Frau eben seinen letzten Funken Hoffnung auf diesen rothaarigen Abarai im Keim erstickt hatte. Er verfluchte sich erneut im Stillen. Vielleicht hätte er doch nach ihm recherchieren sollen und die Reha bei dessen Arbeitgeber beginnen sollen. Als Byakuya aus dem Behandlungszimmer ging, unterdrückte er den Impuls, gegen irgendetwas zu treten. Nicht nur, dass das mit den Krücken durchaus kompliziert gewesen wäre, es hätte auch einen komischen Eindruck beiAnwesenden hinterlassen. Er war sich durchaus im Klaren darüber, dass seine Therapeutin ihn nach dieser Stunde für einen verzogenen Lackaffen hielt. Auch wäre sein Großvater alles andere als einverstanden mit seinem Verhalten innerhalb des 45-minütigen Rehaprogramms. Vielleicht hatte er Glück und sein Großvater würde ihm erlauben, die Praxis zu wechseln. Er würde noch einmal ganz genau im Internet recherchieren, ob er vielleicht doch etwas über einen Abarai in der Stadt finden würde. Und zur Not würde er einfach Hanatarō Yamada nach ihm fragen. Doch den Gedanken schob er sofort zur Seite, als er am Aufzug angekommen war. Sein Großvater würde sich niemals mit einer Praxis zufrieden geben, die nicht als die beste der Region galt. Und genau das war leider die Praxis Minazuki. Er mochte es sich eigentlich nicht selbst eingestehen. Aber der Gedanke, dass durch irgendeinen unglaublichen Zufall der Rothaarige sein Therapeut hätte sein können, hatte ihm überhaupt die Motivation gegeben, sich aufzuraffen und zur Reha zu gehen. Vielleicht sollte er Morgen einfach im Bett bleiben. Hatte doch eh alles keinen Sinn. Er rollte mit den Augen, als ihm der Gedanke kam, dass er heute schon wieder eines dieser fürchterlichen Abendessen haben würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)