Tokyo Bay von Ruka_S_Orion (Neustart) ================================================================================ Kapitel 19: ------------ Kapitel 19 Michirus Augen füllten sich mit Tränen. „Wieso, Haruka? Wieso sagst du mir das erst jetzt? Hast du auch nur eine Ahnung, wie viele Nächte ich wach lag, grübelnd, ob du das selbe fühlst, wie ich? Kannst du dir vorstellen, wie quälend es ist, zu spüren, wie ich mich immer mehr nach dir sehne, wie ich mich immer mehr an dich verliere, ohne zu wissen, ob ich wirklich die Einzige bin? Nie habe ich so etwas gefühlt. Ich brauche dich, und ich liebe dich so sehr, wie ein Fisch das Wasser braucht und liebt. Ich will nicht mehr ohne dich sein. Und als du sagtest, du würdest nicht genauso fühlen, dachte ich, mein Herz würde zerspringen. Tu so etwas nie wieder, Haruka! Tu mir bitte nie mehr so weh. Das ertrage ich nicht noch einmal.“ Immer mehr Tränen rannen stumm über Michirus Wangen, als sie sich gegen Haruka fallen ließ, den durchtrainierten Körper fast gewaltsam an sich drückte und ihr Gesicht in Harukas Hemd vergrub. „Wenn du mich wirklich beschützen willst, dann lass mich nie wieder los. Lass mich nicht mehr allein, Haruka! Alles andere interessiert mich nicht. Ich liebe dich und von mir aus kann die Welt sagen, was sie will.“ Harukas Herz raste. Mit einem Arm hatte sie ihren Engel an sich gedrückt, ihre andere Hand suchte nach Michirus Wange. Sanft legte sie ihre Finger unter das Kinn der Malerin, um das hübsche Gesicht anzuheben. Das Türkis in Michirus Augen brach sich in den glitzernden Tränen. „Wieso verliebst du dich ausgerechnet in mich? Du verdienst so viel mehr…“ Michiru schüttelte leicht den Kopf. „Mein Leben lang habe ich auf dich gewartet. Du bist der eine Mensch, zu dem ich gehöre. Alles andere ist egal.“ Haruka beugte sich wenige Zentimeter vor. „So naiv, mein Engel.“, flüsterte sie. Wie ein Windhauch streiften ihre Lippen die Michirus. Doch diesmal wurde die Violinistin nicht von ihrer Leidenschaft überwältig. Viel zu erlösend war Harukas Liebe zu ihr, derer sie sich endlich sicher sein konnte. Hitze breitete sich in der Schwimmerin aus. Nur Harukas Nähe schien dafür zu sorgen, dass sie nicht verbrannte. Zärtlich löste die Pianistin nach einer undefinierbaren Zeit den Kuss. „Ich liebe dich, Michiru.“ Ihre geflüsterten Worte hallten erneut durch den Kopf der Malerin. Michiru spürte, wie sich eine Gänsehaut über ihren Körper schlich. Zitternd schmiegte sie sich an Harukas Hals, als weitere Tränen über ihre Wangen rannen. Haruka fühlte sich völlig benebelt, doch die Körpersprache ihres Engels nahm sie dennoch wahr. „Frierst du?“, fragte sie fürsorglich. Michiru konnte nicht antworten. Stattdessen schüttelte sie leicht den Kopf. Haruka glaubte der Künstlerin nicht. Also hob sie den schlanken Körper mit Leichtigkeit an und trug sie zu ihrem Auto. Nur einen Augenblick später saßen beide Frauen auf der Rückbank. Haruka schob ihr Bein auf den mittleren Sitz, lehnte sich mit dem Rücken gegen die Innenverkleidung, zog Michiru in ihre Arme und legte über den immer noch zitternden und ihren eigenen Körper ihren Mantel. Michiru hatte nicht gefroren, doch die Wärme, die ihr jetzt geschenkt wurde, ließ sie glauben, ihr wäre nie zuvor jemals wirklich warm gewesen. Sie hatte das Gefühl, ihrer Geliebten gar nicht nahe genug kommen zu können. Als Haruka den Kragen ihrer Jacke aufstellte, um ihn noch dichter an Michirus Gesicht zu ziehen, sah die Violinistin auf. Ihre verweinten türkisfarbenen Augen suchten fürsorgliche grüne. Sie konnte nicht mehr anders. Geschickt kroch sie an dem Körper unter ihr nach oben und verwickelte die zunächst überraschte Rennsportlerin in einen erneuten leidenschaftlichen Kuss. Sie nahm nichts mehr wahr, nicht die sich abkühlende Luft, nicht das schwächer werdende Sonnenlicht, als dunkle Wolken aufzogen, nicht den einsetzenden Nieselregen. Nur Haruka. Ihre Körpersprache wurde verlangender. Immer kräftiger drückte sie sich an die Pianistin, immer wieder entglitten ihr leise Seufzer des Verlangens. Haruka verstand sofort, was in Michiru vorging. Auch ihre Atmung beschleunigte sich, doch mit aller Kraft schaffte sie es, sich aufzusetzen und den innigen Kuss für einen Moment zu unterbrechen. Grinsend stellte sie fest, dass die Scheiben ihres Wagens stark beschlagen waren, und dass die obersten drei Knöpfe ihres Hemdes bereits aufgeknüpft worden waren. Michiru sah sie fragend und schwer atmend an. Haruka strich sanft über die glühenden Wangen der Schönheit. Dann flüsterte sie: „Wir haben alle Zeit der Welt, mein Engel. Ich werde dich nicht mehr allein lassen. Und die Rückbank meines Autos ist wohl auch nicht der richtige Ort dafür.“ Die Röte auf Michirus Wangen wurde noch kräftiger. Trotzdem griff sie in das weiße, halboffene Hemd und flehte fast: „Dann nimm mich mit. Nimm mich mit, Haruka. Wohin du auch willst.“ Verlangend küsste sie erneut die geliebten Lippen. „Entführ mich, Haruka!“ Mit ungeahnter Kraft drückte sie die Blondine zurück in ihre fast liegende Position. „Fahr mit mir weg von hier.“ Der folgende Kuss machte es Haruka schwer, auch nur einen einzelnen Gedanken zu fassen. Endlich schaffte sie es, sich wieder aufzurichten und Michiru nun ihrerseits gegen die Scheibe hinter ihr zu drücken. Immer gefühlvoller liebkoste sie die brennenden Lippen der bebenden Malerin. Doch als diese ihr immer wieder verlangend ihr Becken entgegen drückte, stemmte sie sich um ein paar Zentimeter nach oben. „Michiru, warte!“ Fast verzweifelt wurde sie von tiefem Türkis angesehen. Mit tiefen Atemzügen sammelte sie genug Luft, um fortzufahren: „Es soll etwas besonderes werden. Nicht auf einer Rückbank, nicht mitten am Tag halb in der Öffentlichkeit, nicht nachdem ich dir zum ersten Mal endlich sagen konnte, dass ich dich liebe. Ich will dir etwas geben, an das du immer zurückdenken wirst. Nicht, weil der Ort besonders war. Und nicht wegen des Zeitpunktes. Sondern einzig und allein wegen der Gefühle, die wir dabei teilten. Lass uns Zeit, und ich verspreche dir, dass sich das Warten lohnen wird.“ Mit einem liebevollen Kuss besiegelte sie ihren Schwur. Michirus Haut kribbelte vor Verlangen, ihr Herz raste und selbst ihr Verstand wollte mehr. Doch Harukas ruhige Stimme und das Versprechen, in dem so viel Liebe und Ehrlichkeit steckten, beruhigten die Schwimmerin. Schließlich legte sie ihre Arme in den blonden Nacken, zog die Läuferin an sich und lehnte ihr glühendes Gesicht an Harukas. „Nimm es mir nicht für übel… Es ist nur… Ich habe das Gefühl, ich hätte schon zu lange auf dich gewartet…“ Haruka begann zu grinsen. „Ich weiß, was du meinst.“ Wieder stemmte sie sich hoch. Einen langen Augenblick sahen sich die Schülerinnen nur gegenseitig an. Forschend aber zärtlich ließ Michiru ihre Finger von dem Nacken der Athletin aus über deren Hals und das Schlüsselbein wandern. Auf dem halbnackten Brustbein zog sie einen kleinen Kreis. Ein verspieltes Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Harukas Körper reagierte mit einer Gänsehaut. Michirus Hand strich weiter über den weißen Stoff. Als sie den kurzen Ärmel erreicht hatte, strich sie mit den Fingernägeln an dem starken Arm herab bis zum Ellenbogen. Jetzt stutzte die Künstlerin. Ihre Freundin war vollkommen ausgekühlt. Bedrückt sah sie zurück in die grünen Augen, die nicht einen Moment von ihrem Gesicht abgesehen hatten. „Du bist eiskalt, Haruka.“ Die Blondine lächelte. „Was ist mit dir? Ist dir kalt?“ „Nicht wirklich.“ Michiru schüttelte den Kopf. „Aber ich glaube, du erkältest dich, wenn wir noch länger hierbleiben.“ Haruka beugte sich hinab und gab ihrer Geliebten einen sanften Kuss. „Ich hoffe, das heißt nicht, dass ich dich nachhause bringen soll?!“ Erneut küsste sie die süßen Lippen. „Wenn du erlaubst, würde ich dich gerne auf eine Tasse Tee in meine Wohnung einladen. Ich glaube, meine Schwester wollte auch einen Kuchen backen, solange ich weg bin. Und wenn ich dich mitbringe, habe ich eine Augenzeugin, die mir beistehen kann, wenn ich der Versicherung erklären muss, dass ich nicht selbst meine Küche in Brand gesteckt habe.“ Michiru legte die Stirn in Falten. „Deine Schwester ist allein in deiner Wohnung, und du turtelst hier mit mir ewig rum? Das ist unhöflich, Haruka!“ Langsam schob sich die Fahrstuhltür in Harukas Penthouse auf. „Das riecht aber gut!“, schnupperte Michiru augenblicklich, doch Haruka traute dem Duft noch nicht. Argwöhnisch betrat sie den Korridor. „Also angebrannt ist vermutlich noch nichts.“, mutmaßte sie. „Vielleicht hat Mina doch-“ Klirr. „Ach, verdammt! Nicht noch einer!!“ Haruka begann zu grinsen. „Nein, sie hat noch nicht gelernt, ihre Motorik zu steuern.“ Leisen Flüchen folgend führte sie Michiru zur Küche, in der Minako gerade einen kleinen Scherbenhaufen zusammenfegte. „Wenigstens steht meine Wohnung noch.“ Erschrocken drehte sich die Journalistin um. „Oh, du bist schon zurück, Ruka-chan? Ich glaube, der Kuchen braucht noch ein Weilchen.“ Michiru sah an den Blondinen vorbei durch die Scheibe des Backofens. „Das glaube ich nicht.“ Sie schnappte sich einen Topflappen, durchquerte den Raum und barg einen stark gebräunten Rührkuchen. Minako sah ihr überrascht über die Schulter. „Oh, ich meinte natürlich, dass ich ihn gerade aus dem Ofen holen wollte.“ Verlegen lachend kratzte sie sich am Hinterkopf. Ein leises Scheppern ließ sie aufhorchen. Ihre Schwester begutachtete mit sorgenvoller Miene das Küchenchaos, das Minako wohl gerade versucht hatte, zu beseitigen. „Ich räume schon noch auf, Ruka-chan!“ Schützend stellte sie sich vor den Haufen dreckigen Geschirrs. „Ich helfe dir dabei.“ Michiru hatte den Kuchen auf dem Herd abgestellt und ihren Topflappen zurück gehängt. Jetzt lächelte sie das Geschwisterpaar liebevoll an. Minako blinzelte überrascht. Sie hatte noch gar nicht richtig registriert, wen ihre Schwester da mit nachhause gebracht hatte. Vielsagend grinste sie Haruka zu und stieß ihr mit dem Ellenbogen in die Seite. >Soll wohl heißen, lobe mich, Schwesterherz!< Haruka rollte mit den Augen. „Ja, ich weiß.“ Dann schlug sie die Hände über dem Kopf zusammen und sah sich genauer um. Michiru schob bereits die ersten Schüsseln in das Spülbecken. „Wenn du willst, kannst du ja schon den Tisch decken und Tee kochen. Der Kuchen muss eh erst ein bisschen auskühlen. Minako-san und ich machen schon den Rest.“ Minako sah die Violinistin einen Moment lang schweigend an. „Du kannst mich ruhig Mina nennen.“ Mit einem Lächeln griff sie sich ein Handtuch und begann abzutrocknen. „Michiru.“, zwinkerte ihr die Künstlerin zu. „Dafür, dass er dir fast verbrannt wäre, ist der echt lecker geworden!“, lobte Haruka ihre Schwester. „Er wäre mir nicht fast verbrannt! Ich hätte schon noch nach ihm gesehen. Irgendwann…“, rechtfertigte diese sich. Michiru kicherte über die Neckereien der Blondinen. Nach einer Weile fühlte sie sich irgendwie beobachtet. Fragend sah sie zu Minako. „Wie hat sie das geschafft?“, fragte die Journalistin nüchtern. „Wie hat sie es geschafft, so ein hübsches und warmherziges Mädchen wie dich zu erobern, und das obwohl sie manchmal solchen Mist verzapft?“ Michiru wurde bei dieser deutlichen und unverblümten Frage rot, also stieß Haruka ihre Schwester unter dem Tisch mit ihrem Fuß und warf ihr einen tadelnden Blick zu. „Hey! Man wird doch noch fragen dürfen.“ Michiru lächelte verlegen. „Natürlich darfst du fragen. Sie hat mir einfach die schönste Liebeserklärung gemacht, die ich mir nur vorstellen kann. Hals über Kopf verliebt habe ich mich aber schon vorher.“ Liebevoll lächelte sie ihre Freundin, die neben ihr am Kopfende des schweren Tisches saß, an. „Du Glückliche.“ Jetzt sah die Malerin wieder zu der ihr gegenüber sitzenden Minako. „Soweit ich weiß, hat sich unsere gute Herzensbrecherin hier noch nie verliebt. Und das, obwohl viele versucht haben, sie für sich zu gewinnen.“ „Mina!“ Harukas Miene wurde noch ernster, aber Michiru legte ihre Hand auf die der Rennsportlerin und lächelte ihr abermals zu. „Schon gut, Haruka. Ich kenne deine Vergangenheit. Und ich liebe dich für das, was du bist. Nicht für das, was du mal warst.“ „Gute Einstellung!“, grinste Minako und störte mit ihrem Ausspruch die Zweisamkeit der Frauen, die sich gerade in ihre eigene Welt fallen lassen wollten. „Ich bin gleich für das Interview.“ Michiru blinzelte verblüfft. „Was denn für ein Interview?“ Sie sah die engagierte Blondine fragend an und spürte dann, wie Haruka ihre Hand sanft drückte. „Minako hatte eine Idee. Du weißt doch, dass ich mir Sorgen gemacht habe, wie dich die Medien vorstellen werden. Bis jetzt haben sie lediglich das geschrieben, was im Internet über dich zu finden war. Deine künstlerischen und musikalischen Talente, wo du zur Schule gehst und sowas. Ich will nicht, dass sie erst nach Fehlern suchen, bevor du in die Öffentlichkeit gezogen wirst. Minako meinte, es wäre ratsam, denen den Wind aus den Segeln zu nehmen und gleich von Anfang an klarzustellen, was für ein wundervoller Mensch du bist, und dass einzig und allein du mein Lebensmittelpunkt bist und das auch bleiben wirst.“ Michiru blickte schweigend in die grünen Augen zurück, die sie so besorgt ansahen. Eine Zeit lang schwieg sie. „Du bist doof. Selbst wenn du es nicht beabsichtigst, machst du mir die schönsten Komplimente. Und ich kann deinen Worten nur lauschen, und versuchen, sie zu verschließen.“ Harukas Gesichtszüge wurden weicher. „Etwas anderes sollst du auch nicht.“, flüsterte sie, bevor sie sich vorbeugte, um Michiru einen Kuss zu geben. Als sie sich wieder zurücklehnen wollte, folgte ihr die Violinistin schnell, griff in ihren Nacken, und zog die Blondine wieder an sich. Wenn sie ihrer Liebe schon nicht so poetisch Ausdruck verleihen konnte, dann wenigstens durch ihre Küsse. Leidenschaftlich raubte sie der Athletin ihre Sinne und entlockte ihr sogar ein erstickendes Seufzen, bis sie plötzlich durch ein aufdringliches Räuspern zurück ins Esszimmer gezogen wurde. Minako starrte mit geröteten Wangen auf ihre Teetasse und trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte. „Ähm… Entschuldige bitte…“, flüsterte Michiru. Doch Minako grinste: „Nicht dafür.“, und zog einen Block und einen Füller zu sich. In allen Einzelheiten ließ sich Minako erzählen, wie sich Haruka und Michiru näher gekommen waren. Natürlich fragte sie auch, was Harukas Auslöser dafür war, nach Tokio zu ziehen. Dass sie einfach einen Neustart hinlegen wollte, kaufte sie ihrer kleinen Schwester zwar nicht ab, aber für ihren Artikel würde sie das schon glaubhaft niederschreiben können. Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt, als Minako sich endlich genug Notizen gemacht hatte. Ein Gähnen entwich ihr, also wollte sie sich langsam auf den Heimweg machen. Gleich morgen früh im Büro wollte sie den Artikel schreiben, damit er es vielleicht noch in die Nachmittagsausgabe schaffen würde. Sie verabschiedete ihre Schwester und ihre ‚Lieblingsschwägerin‘ mit einer Umarmung, bevor sie in den Fahrstuhl stieg, und die beiden alleine ließ. „Na, das war ja mal ein gelungenes Wochenende.“ Haruka ließ sich seufzend auf ihr Sofa fallen. Ein Blick von ihr genügte und Michiru setzte sich erst neben sie, um sich dann in ihre Arme zu kuscheln. „Ein aufwühlendes Wochenende.“, ergänzte sie. Haruka drehte sich auf die Seite, legte ihren Arm in die Taille der Schwimmerin und zog sie dicht an sich. Fast berührte ihre Nasenspitze Michirus. „Ich kann mich gar nicht oft genug entschuldigen. Ich dachte nicht, dass ich dir mit meinen dummen Ideen das Herz brechen könnte.“ Ihre Hand wanderte langsam den schlanken Körper hinauf bis in Michirus Nacken. Ihre Stirn lehnte sie gegen die der Künstlerin. „Ich war mir nicht sicher, was du für mich empfindest. Ich hielt alles für möglich, nur nicht Liebe. Das einzige, was ich wusste, war, dass ich dich liebe, und dass du für immer meine einzige Liebe bleiben wirst. Dass du genauso fühlen könntest, wagte ich nur zu träumen, aber nicht zu hoffen. Ich dachte nicht, dass dich meine Worte verletzen würden. Ich wollte dich mit allen Mitteln schützen. Verzeih mir meine Dummheit. Und meine Blindheit.“ Michiru hatte Harukas flehendem Blick nicht länger standhalten können. Mit geschlossenen Augen lauschte sie ihrer Stimme, atmete den sanften Rosenduft ein, schmiegte sie sich in die Wärme, die ihr die Blondine schenkte. Sie schwieg. Eine für Haruka unerträglich lange Zeit über. Dann hob sie die Lider. Ausdruckslos sah sie in das strahlende Grün zurück. Plötzlich drehte sie sich auf Haruka und drückte deren Handgelenke in das weiche Polster. „Hör auf, dich zu entschuldigen. Ich habe dir doch längst verziehen. Die Nähe, die du mir schenkst, mein Herzrasen, das Schwindelgefühl, das mich überkommt, wenn deine Lippen mich berühren,“ jetzt beugte sie sich hinab, dicht über Harukas Gesicht, und flüsterte nur noch weiter, „dieses unerträgliche Verlangen, das du in mir weckst, und das mich wahnsinnig macht, ist Entschuldigung genug.“ Ohne auch nur einen Moment auf eine Antwort zu warten, legte Michiru ihre Lippen auf Harukas. Was sollte ihr die Athletin jetzt noch entgegenbringen? Auffordernd und erwartungsvoll strich sie mit ihrer Zunge über Harukas Lippen. Der Verstand der Pianistin hatte sich längst verabschiedet. Sie ließ sich voll und ganz auf die Streicherin ein, die noch immer ihre Handgelenke festhielt. Michirus Körper folgte nur noch ihren Instinkten. Ihr Herz raste, ihre Atmung wurde immer schwerer und immer fordernder drückte sie sich gegen den durchtrainierten Körper. Irgendwann reichten ihr Harukas Lippen nicht mehr. Forschend küsste sie an ihrem Hals herab bis zum Schlüsselbein. Schließlich ließ sie auch Harukas Handgelenke frei, um zittrig die Knöpfe ihres Hemdes zu öffnen. Als sie langsam begann, über das Brustbein der Läuferin zu küssen, fand diese endlich wieder zu sich selbst zurück. In einer fließenden Bewegung hatte sie sich auf die Violinistin gedreht, nach ihren Händen gegriffen und sie nun ihrerseits über dem Kopf der Schönheit fixiert. Michiru erwartete, dass die Sportlerin weitermachen würde, doch nichts geschah. Mit viel Konzentration gelang es ihr, die Augen der Blondine zu finden. „Haruka, bitte!“, flüsterte sie keuchend, doch ihre Geliebte lächelte nur liebevoll zurück. Dann flüsterte sie ihr ins Ohr: „Ich verspreche dir, dass sich das Warten lohnen wird. Ich will dich morgen nicht zur Schule tragen müssen, weil du Muskelkater hast. Und außerdem muss ich dich heute noch nachhause bringen.“ Michirus Herz schien auszusetzen, als sie den heißen Atem und sanfte Küsse an ihrem Hals spürte. Ihr Oberkörper drängte sich jeder Berührung entgegen, doch Harukas Griff war sicher und fest. „Du quälst mich, Ruka!“, stöhnte sie beinahe, doch die Blondine öffnete die obersten Knöpfe ihrer Bluse einhändig und schob ihren Oberschenkel zwischen die der Geigerin. „Was machst du nur mit mir?“, keuchte diese und drückte Haruka automatisch ihr Becken entgegen. „Ich versüße dir die Wartezeit.“, schnurrte die Leichtathletin zurück und küsste weiter über das Brustbein bis zum Rand von Michirus BH. „Verdammt…“ Michirus Körper bebte. Ihre Haut glühte und ihre Bewegungen wurden immer verlangender, doch Haruka küsste langsam wieder aufwärts, bis zu ihren brennenden Lippen. Mit ihren Berührungen hatte sie nur noch mehr Leidenschaft entfacht. Endlich ließ sie von Michirus Händen ab, um ihren Arm unter den Rücken der Violinistin zu schieben, und sie eng an sich zu drücken. Michiru nutzte ihre wiedererlangte Freiheit, um in Harukas Nacken und unter ihr Hemd in ihren Rücken zu greifen. Doch noch mehr Nähe ließ die Blondine nicht zu. Die Sonne über Tokio war längst untergegangen. Starke Windböen, die vom Meer her über die Stadt wehten, hatten die Regenwolken vertrieben, sodass nun der kalte, klare Nachthimmel über der Metropole stand. Wie lange Michiru und Haruka einander still in den Armen lagen, ließ sich nicht sagen. Michirus Körper hatte sich allmählich wieder beruhigt und ihr unbändiges Verlangen nach der androgynen Blondine war Müdigkeit gewichen. Das einzige Licht im Wohnzimmer wurde von Harukas Anlage ausgestrahlt, die monoton blinkend die Uhrzeit anzeigte. Halb Zehn. Michiru gähnte und schmiegte sich zwischen Harukas Oberkörper und ihr Hemd. „Wir müssen morgen zur Schule, mein Engel.“, knurrte Haruka leise. „Mir egal…“, seufzte Michiru zurück. „Deinem Vater wird es aber nicht egal sein. Er wird mir den Hals umdrehen, wenn du wegen mir nicht rechtzeitig aus dem Bett kommst.“ „Hmm…“, brummte die Malerin zustimmend. Haruka hob ihren Kopf, um ein verschmitztes Grinsen in dem hübschen Gesicht zu erkennen. „Dann wird er dir bestimmt verbieten, mich nach der Schule zu treffen.“ Augenblicklich verschwand das Grinsen. Michiru blinzelte sich die Müdigkeit aus den Augen und gähnte erneut, bevor sie sich auf ihren Unterarmen abstützte. „Du musst mich nachhause fahren.“, schloss sie nüchtern. „Michiru!“ >Das hört sich nicht gut an.< Michiru seufzte resignierend. Toshio war überhaupt nicht davon begeistert gewesen, dass seine Tochter erst nach Zehn nachhause gekommen war. Doch auf Setsunas Bitte hin, hatte er sie nicht weiter belehrt. Der Tonfall, in dem er jetzt nach der Künstlerin rief, gefiel der Schwimmerin allerdings ganz und gar nicht. Zögerlich betrat sie die Küche. „Hier ist schon wieder ein Artikel über dich drin. Voller Mutmaßungen über dich und Haruka. Gerüchte, Ideen, Spekulationen... Ich bin mir nicht sicher, ob du die richtige Entscheidung getroffen hast.“ Endlich ließ er die Zeitung sinken und sah sie durchdringend an. „Mach dir keine Sorgen, Papa. Das haben wir schon längst geklärt. Harukas Schwester ist Journalistin. Wir haben gestern mit ihr gesprochen und ein Interview gegeben. Den Artikel versucht sie noch in die Nachmittagsausgabe zu kriegen. Sie sagt, damit nehmen wie den Spekulanten den Wind aus den Segeln.“ „Ihr habt was?!“ Perplex hob er die Augenbrauen. „Und ihr glaubt, die macht daraus nicht ihre eigene Story? Ihr Springbrett nach oben?“ „Es ist Harukas Schwester, Papa! Sie wird nichts Schlechtes über uns schreiben. Klar hat sie auch was davon, das erste Interview mit uns geführt zu haben, aber sie ist wirklich in Ordnung. Ich vertraue ihr da voll und ganz. Du wirst schon sehen. Aber jetzt entschuldige mich bitte. Ich will nicht zu spät kommen.“ Als Haruka Hand in Hand mit Michiru das Klassenzimmer betrat, spürte sie, wie sie von mehreren Augenpaaren anvisiert wurde. Der Raum füllte sich, und kurz bevor Herr Hisakawa eintrat, stellte sie sich zu ihrer Schönheit. Die Streicherin war gerade dabei, ihre Sachen auf dem Tisch zu ordnen, als ein Schatten über ihr auftauchte. Fragend sah sie auf. Haruka hielt ihr lächelnd eine Hand entgegen. Die Violinistin verstand sofort, nahm das Angebot an und ließ sich auf die Beine und in Harukas Arme ziehen. „Sollen wir gleich mit den Spekulationen schlussmachen?“ Die Künstlerin nickte grinsend. Haruka griff zärtlich in den Ansatz ihrer Mähne in ihrem Nacken. Die Klasse verstummte, als sich die Lippen der Schülerinnen trafen. Jeder sollte eindeutig sehen, dass die beiden zusammen waren. Dass sie zusammen waren, und dass sie nichts anderes mehr interessierte. Mit einem tiefen, aufdringlichem Räuspern setzte Herr Hisakawa dem Kuss ein frühes Ende. „Zügeln Sie Ihr Temperament und verlegen Sie Ihre Aufführungen doch bitte in die Pause. Oder noch besser in Ihre Freizeit nach Unterrichtsschluss.“ Junko und Kikyo seufzten vor sich hin, als ihre Mitschülerinnen endlich offen zueinander standen, doch Katashi hielt von der Knutscherei nicht sehr viel. „Könntet ihr euch nicht wenigstens beim Mittagessen zusammenreißen?“ Genervt schob er sich eine Gabel voll Nudeln in den Mund. „Ihr wisst schon, dass das ganz schön provokant ist!?“ Endlich sah Haruka ihn an. „Wen provozieren wir denn? Wir sind bestimmt nicht das einzige Paar auf dem Schulhof.“ „Nein, aber das einzige Paar, das Kawashima interessiert. Ihr wisst doch, dass der nicht mehr ganz dicht ist und dich nicht leiden kann, Haruka. Reibt ihm euer Glück nicht zu aufdringlich unter die Nase. Sonst tickt der irgendwann noch aus. Ich warne euch nur!“ Belehrend hatte er seine Gabel erhoben und deutete damit vor allem auf die Rennsportlerin. „Ach, Quatsch!“, schnaubte die. „Der gewöhnt sich schon noch an unseren Anblick. Und selbst wenn nicht. Mit dem werde ich ja wohl spielend fertig. Habe ich das noch nicht oft genug gezeigt?“ Überheblich grinsend wandte sie sich wieder Michiru zu. Doch deren Miene war bei Weitem nicht so entspannt. „Vielleicht hat er Recht, Haruka. Mit ihm allein wirst du fertig, das stimmt. Aber bis jetzt haben sich die anderen noch nicht mit eingemischt. Du allein gegen Vier sieht schon anders aus. Und außerdem sollst du dich nicht prügeln. Ich will nicht, dass du so kurz vor unserem Abschluss noch die Schule wechseln musst.“ Haruka seufzte, gab jedoch lächelnd nach. „Okay, nicht mehr vor Kawashima. Aber ich kann auch gar nichts dafür. Was wirfst du mir auch immer solche eindeutigen Blicke zu?!“ Abermals küsste sie die Schwimmerin, was mit einem genervten Raunen von Katashi untermalt wurde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)