Phönix von Phoenix_Michie ================================================================================ Kapitel 3: ----------- Kapitel 3 Die Beine angezogen hatte er es sich auf Karyus Designer-Couch gemütlich gemacht und blickte schweigend in die Runde. Der Gitarrist hatte sich keine zwei Wochen nach ihrem entscheidenden Treffen gemeldet und um ein weiteres gebeten. Überraschend schnell hatten sie sich dann bei ihm eingefunden. Mittlerweile war Juli, der Sommer in vollem Gange. Die Hitze war unerträglich, aber im Gegensatz zu Hizumi besaß der Jüngere eine funktionierende Klimaanlage, sodass es in der Wohnung angenehm kühl war. Hizumi löste den Blick von seinen Freunden und ließ ihn abwesend durch das Wohnzimmer wandern. Karyu war vor zwei Jahren in eine größere Wohnung umgezogen. Dank Angelo hatte er das Geld gehabt, und, wie er sagte, es war zu einem großen Teil auch für seinen Kater gewesen. Dieser mochte sich zwar an die kleine Zwei-Zimmer-Wohnung gewöhnt haben, aber wirklich angenehm war es sicher nie für das lebhafte Tier gewesen. Hizumi erinnerte sich, wie es noch vor zehn Jahren in der kleineren Wohnung gewesen war, zu Zeiten, wo sie sich alle häufig gegenseitig besucht hatten. Der Kater hatte immer für Stimmung gesorgt, hatte selten geschlafen. Lieber war er ihnen um die Beine geschlichen, hatte sich Streicheleinheiten von jedem geholt, um Leckerlis gebettelt oder war herum getollt, bis ihm die Puste ausgegangen war - wohl um sie zu beeindrucken? Das Tier war immer recht aufgedreht gewesen. Nach Karyus Umzug hatte das Glück leider nicht lange gewährt: Den Kater hatte er einige Zeit später schweren Herzens abgegeben. Seitdem war es viel ruhiger in dem Haushalt geworden. Hizumi fiel auf, wie trist die Wohnung ohne Kratzbäume war, ohne überall in den Zimmern verteiltes Katzenstreu, ohne herumliegende Bälle und anderes Spielzeug. Man merkte deutlich, dass jemand fehlte. "Hast du schon mal daran gedacht, dir eine neue Katze zu holen?" Sofort zog er alle Blicke auf sich. Verwirrt hob Zero eine Augenbraue, Tsukasa runzelte die Stirn, während Karyu ihn ausdruckslos betrachtete. Eben waren sie noch bei einem ganz anderen Thema gewesen. "Ja, hab ich. Ich will mir Zeit lassen." Nun runzelte der Blonde ebenfalls die Stirn. "Können wir dann wieder zum Grund unserer Zusammenkunft zurückkommen? So sehr ich Hizumis Versuch, die Stimmung zu lockern, auch schätze - wir haben immer noch ein Problem." An seinem Tonfall war erkenntlich, dass er wusste, dass Hizumi mit den Gedanken einfach nur abgeschweift war - als würde er sich nicht für die schwierige Situation interessieren. Leicht beschämt sah er beiseite und hatte Mühe, nicht rot anzulaufen. Ihm war das alles durchaus wichtig. "Ich hab nicht vergessen, warum wir hier sind", murmelte er daher und setzte sich wieder aufrecht, stellte die Beine zurück auf den Boden. "Dann müssen wir eben einen eigenen Probenraum mieten. Ist ja nicht so, als hätten wir das nie gemacht." Er sah eindringlich in die Runde. "Kommt schon Jungs, wir haben früher sogar unsere Songs in meinem beschissenen Badezimmer aufgenommen, weil wir keine Kohle hatten! Wir haben immer einen Weg gefunden. Als ob uns das jetzt aufhält." Er schnaubte. Ursprünglich waren sie davon ausgegangen, dass sie den zweiten Probenraum von Angelo würden nutzen können, so wie es ein Jahr zuvor möglich gewesen war. Allerdings hatte Kirito ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Heute hatten sie von Karyu erfahren, dass der Ältere gegen ihr Vorhaben war. Der Probenraum von Tsukasas und Zeros Band war bereits weitervermietet und stand daher ebenso nicht mehr zur Verfügung. Tsukasa nickte leicht. "Du hast Recht, Hizumi. Es ist ja nicht so, dass wir am Hungertuch nagen würden. Dann legen wir zusammen und mieten uns was." Karyu machte eine vage Geste. "Gute Idee, aber wir müssen uns über den Zeitraum Gedanken machen. Lassen wir diesen Monat die Proben außen vor? Der August geht ja eh nicht... Fangen wir also im September an? Dann sollten wir das Konzert im November geben können. Falls das an Zeit reicht." "Ich denke schon, dass das reicht", schaltete sich Zero ein. "Wir haben doch letztes Jahr gesehen, dass wir die Sachen noch gut drauf haben, sie zur Not schnell wieder lernen. Die Instrumente sind weniger das Problem." Er warf Hizumi einen schnellen Blick zu, dieser seufzte. "Ich weiß...ich hab mehr Arbeit als ihr... Ich hab mich schon bei meinem Gesangscoach gemeldet, der hätte immer für mich Zeit, sagt er." Zero nickte leicht und wechselte einen Blick mit Tsukasa. Die beiden schienen nervös zu werden. "Da gibt es noch etwas zu klären..." Schweigen trat ein, während Sänger und Gitarrist ihn fragend ansahen und warteten. "Kazuya und Ricky haben uns auf etwas aufmerksam gemacht", sprang Tsukasa ihm bei und sah zu Hizumi. "Machen wir das Ganze eigentlich für uns oder für die Fans?" "Was?" Er hob die Augenbrauen. "Ich schätze mal, um ehrlich zu sein, für uns alle. Wir haben einen Schlussstrich ebenso verdient wie sie. Oder nicht?" Der Drummer nickte langsam und rieb sich die Stirn. "Schon, aber das Problem ist...wenn wir hier in Tokyo ein Konzert in wenigen Monaten geben, was glaubst du, was wir für eine Halle bekommen? Und wie viele da reinpassen?." Hizumi runzelte die Stirn. Noch kam er nicht ganz mit. "Niemand steht hinter uns, wir müssen die Halle selbst mieten. Das wird kein Tokyo Dome. Das wird wahrscheinlich nicht mal das Zepp Tokyo. Vielleicht wird es nur das Zepp DiverCity. Oder die Shinjuku Blaze. Diese Kategorie. Da passen vergleichsweise wenig Leute rein.“ Um die vierhundert Leute im Gegensatz zu über zweitausend, was das Zepp DiverCity fasste. „Und dann denk an die, die extra nach Tokyo reisen wollen würden." Er sah zu Karyu. "Versteht ihr, worauf ich hinaus will? Wenn wir hier ein einziges Konzert geben, wie viele andere schließen wir aus, die es auch verdient hätten, mit uns den Abschluss zu erleben?" Ihm stockte der Atem. Darauf konnte Tsukasa nun nicht wirklich hinaus wollen. "Wir sollen mehr als ein Konzert geben?!" Der Bassist senkte den Kopf. "Vielleicht wäre eine Tour fairer." Seine Augen weiteten sich. "Eine Tour?!" Davon war nie die Rede gewesen. Entsetztes Schweigen legte sich über sie. Selbst Karyu sagte nichts, der ebenfalls überrascht wirkte. "Ja, eine Tour", murmelte Tsukasa. "Kazuya fragte, ob das nicht sinnvoller wäre. Wir müssen ja nicht gleich eine acht-Wochen-Tour machen mit jeder Groß- und Kleinstadt, die die Präfekturen zu bieten haben. Das würden wir zeitlich nicht schaffen, und deine Stimme ist danach sicher total im Eimer und nie wieder zu retten." "Halt halt halt!" Karyu hob eine Hand. "Das könnt ihr gleich vergessen. Kirito macht mir die verdammte Hölle jetzt schon heiß, wegen EINES Konzerts. Da kann ich nicht mit einer Tour ankommen. So viel Zeit bekomme ich nicht frei." Er war blass geworden. Das war auch dem Bassisten nicht entgangen, welcher dichter zu ihm rutschte, um ihm eine Hand auf den Oberschenkel zu legen. Hizumi konnte sehen, wie er diesen sanft drückte. Plötzlich fühlte er sich furchtbar einsam. Mit Mühe wandte er den Blick von den beiden ab und sammelte sich, versuchte nachzudenken. "Wahrscheinlich wäre eine Tour tatsächlich besser", sagte er leise. "Der Aufwand würde sich noch mehr lohnen, und wie ihr schon sagt, es wäre fairer. Dann kann jeder kommen, der will. Es gäbe mehr Möglichkeiten für die Leute und weniger würden ausgeschlossen. Aber die Zeit werden wir nicht so einfach finden." Karyu nickte leicht. "Wenn wir überhaupt die Zeit finden. Angelo machen doch immer irgendwas. Ich hab vielleicht mal zwei Wochen am Stück frei im Jahr... Kirito hat deutlich gemacht, dass er mir nicht helfen wird." Tsukasa lehnte sich zurück. "Dann musst du ihn halt überzeugen. Rede noch mal mit ihm. Du sagst uns doch immer, was für ein herzensguter Mensch er sei. Wenn es dein Wunsch ist, wird er dich sicher unterstützen, sobald er sich an den Gedanken gewöhnt hat." Doch der Gitarrist schüttelte den Kopf. "Er meint, mich zu beschützen, indem er sich quer stellt", murmelte er, woraufhin alle fragend die Augenbrauen hoben. "Ist egal. Ich werde noch mal versuchen mit ihm zu reden, aber ich weiß nicht, wann er einlenken wird." Ein leises Seufzen seitens Zero war zu hören. "Und selbst wenn sich das noch klären sollte, haben wir ein neues Problem: Wer bezahlt uns denn die ganzen Hallen im Land? Die Reisen? Eine Tour ist schließlich ein viel höherer Aufwand... Da können wir zusammenlegen wie wir wollen, das können wir nicht bezahlen." Tsukasa kreuzte die Arme vor der Brust. "Wir brauchen einen Sponsor, oder?" Stöhnend griff Karyu zu seiner Getränkedose, in der Hizumi einen Energy vermutete. "Das ist nicht euer Ernst... Wie kompliziert soll das denn noch werden? Das wird mir echt zu anstrengend." Zero hob eine Augenbraue und sah ihn von der Seite an, hatte die Hand von dessen Bein genommen. "Wie oft hab ich dich das schon bei anderen Gelegenheiten sagen hören, und am Ende warst du doch froh, dass wir die Sachen durchgezogen haben?" Er brummte. "Spätestens wenn du mit uns auf der Bühne stehst, wirst du uns noch danken, dass wir dir nicht nachgegeben haben." Hizumi fuhr sich über das Gesicht. "Aha..also machen wir jetzt doch eine Tour?" Zero zuckte mit den Schultern. "Ich weiß es auch nicht. Eine Tour wäre aber nicht mehr dieses Jahr möglich, so wie ich das sehe." "Na toll.." Er presste die Lippen zusammen, während der Bassist ihn aufmerksam betrachtete. "Ich frage noch mal. Kann es sein, dass du es eilig hast?" Alle sahen zu ihm, weswegen er automatisch kleiner wurde. Früher hatte er gern die Blicke auf sich gezogen und im Mittelpunkt gestanden, doch seit seiner Krankheit, seit seiner Lügen, hatte sich das geändert. "Brauchst du Kohle?" Nun hob er doch den Kopf, um den ernsten Blick seines Bassisten zu erwidern. "Kohle brauche ich immer", antwortete er ehrlich, mit müder Stimme. "Wenn das also der Grund wäre, hätte ich euch schon letztes oder vorletztes Jahr zum Abschlusskonzert nötigen können, nicht wahr?" Er rang sich ein schwaches Lächeln ab, während Karyu schnaubte. "...wenn du meinst.." Mit Mühe hielt er ein Seufzen zurück. Wenn das hier funktionieren sollte, dann würde er mit Karyu reden müssen. Dieser hatte ihm nie verziehen, was geschehen war. Die Wogen hatten sich noch nicht ganz geglättet. Aber mit unterschwelligen Anfeindungen wollte er sich nicht unbedingt länger herumschlagen. In absehbarer Zeit würde er mit dem Gitarristen unter vier Augen reden müssen. Dieser musste ihm verzeihen und ihn wieder vorbehaltlos als Freund ansehen. "Und was nun?", fragte Tsukasa leise in die Stille hinein. Früher hatten sie nie so viel geschwiegen. Sie hatten selten aufgehört zu lachen und vor allem hatten sie nie aufgehört miteinander zu reden. "Keine Ahnung", murmelte Karyu, während Hizumi und Zero mit den Schultern zuckten. "Wir sind uns doch einig, dass wir lieber die Tour machen wollen, oder? Ist fairer. Und...das will ich zugeben… wir hätten länger unseren Spaß", sagte der Drummer schief lächelnd, woraufhin Zero leicht nickte. "Schon... Aber ich stelle infrage, ob wir das alles überhaupt schaffen." Tsukasa zuckte mit den Schultern. "Wir lassen uns Zeit. Wir sehen, ob wir was organisieren können. Und wenn sich herausstellt, dass wir das nicht realisieren können, dann machen wir wenigstens das Konzert hier in Tokyo. Hm?" Einvernehmliches Nicken, nur Hizumi enthielt sich dieser Geste. "Was ist? Bist du nicht einverstanden? Du willst ja wirklich so schnell wie möglich auf die Bühne, was?" Ungehalten blitzte er Karyu an. "Lass diesen herablassenden Ton. Der steht dir nicht." Bevor der Gitarrist los fauchen konnte, stand Zero auf. "Hey, hey! Wir wollen nicht streiten!" Früher waren sie immer zu spät eingeschritten. Da hatten er und Karyu sich schon angeschrien, bevor Drummer oder Bassist dazwischen gegangen waren. Mittlerweile fühlte jeder die Anspannung, die sich aufbaute, und konnte rechtzeitig reagieren, damit es nicht allzu hässlich wurde. Zero sah ihn fragend an. "Also, Hizumi, was ist der Grund? Warum möchtest du es lieber so schnell wie möglich machen? Du weißt, dass diese Dinge Zeit brauchen. Selbst wenn wir nur bei dem einen Konzert bleiben, sollten wir nichts übereilen. Es soll doch gut werden, oder nicht?" Er hatte Mühe, nicht trotzig die Augen zu verdrehen. Doch natürlich hatten die Anderen Recht und er sah es ja genauso. Nur passte es ihm nicht in den Kram, dass sie länger für ihr Vorhaben würden warten müssen. "Ja, es soll wirklich gut werden. Ich stimme euch zu." Der Bassist sah ihn weiterhin an, wohl in der Erwartung, dass er sich näher für seinen Unwillen erklärte. Aber er schwieg. Er wusste nicht, ob seine Freunde spürten, dass er wieder einmal etwas verheimlichte. "Schön", erbarmte sich Tsukasa und sah zu Karyu. "Dann wäre das geklärt. Wir sehen zu, dass wir uns eine Tour ermöglichen." "Sag mal", unterbrach Zero ihn, der sich in der Zwischenzeit wieder gesetzt hatte. "Wie viele Konzerte sollen das denn werden? Wie lange wollen wir unterwegs sein?" Darüber hatte bisher noch keiner von ihnen nachgedacht. Tsukasa zuckte mit den Schultern. "Hmm.. Es muss im Rahmen unserer Möglichkeiten liegen, unserer finanziellen und.." Er warf Hizumi einen kurzen Blick zu. "Wir wollen seine Stimme ja nicht wieder ruinieren." "Weißt du da was, Hizumi?", fragte der Gitarrist. "Kannst du überhaupt mehr machen? Mehr als ein Konzert...?" Er nickte erleichtert. "Ja, das ist kein Problem. Ich bin wieder fit, so wie früher quasi, nur mit dem Unterschied, dass sich meine Stimme eben etwas verändert hat.. Wenn man genau hinhört, klingt sie anders. Aber nicht schlechter." Er hatte das Gefühl, sich gut verkaufen zu müssen. „...Mehrere Konzerte hintereinander sind vielleicht auch nicht mehr so eine tolle Idee.“ Diesen Fakt konnte er leider nicht beschönigen. "Mit anderen Worten, du bist nicht mehr so flexibel. Du brauchst mehr Pausen", meinte Tsukasa, woraufhin er nickte. So konnte man das wohl sagen. "Wir müssen einfach gut auf ihn aufpassen", sagte Zero leicht lächelnd. "Das schaffen wir schon. Wir haben alle dazu gelernt." Karyu und Hizumi brummten leise, aber das Thema wurde nicht weiter erörtert. Ständig alte Wunden aufzureißen war schließlich keine gute Idee. "Also", erneut sah Tsukasa zu Karyu und lächelte. "Hast du noch was Schönes zu trinken da? Einen besonderen Wein vielleicht? Du wirst jetzt mit Hizumi auf Bruderschaft trinken. Sonst wird das nie was mit uns." Der Gitarrist schnaubte, stand aber tatsächlich auf, während Hizumi rot anlief. Dass die beiden anderen die kleinen Sticheleien und die finsteren Blicke doch schon so sehr störten, hätte er nicht erwartet. "Ich hab noch Wein da", sagte der Größte der Runde und ging zu dem Vitrinenschrank in der Ecke des Wohnzimmers, um eine Flasche edlen Rotweins hervor zu zaubern. "Den trinke ich aber allein. Ich teil den sicher nicht mit euch Pappnasen, der war teuer", informierte er sie, während er die Flasche auf dem Couchtisch abstellte. Tsukasa schnaubte und beugte sich vor, um grinsend nach dem Alkohol zu greifen. "Hol lieber Gläser, du Knalltüte. Mit mir wirst du teilen, ich bin schließlich ein Weinkenner. Sommelier erster Klasse." Und das stimmte sogar. "Hizumi braucht auch was, schließlich muss er seine Stimme ölen." "Und er trinkt mit dir auf Bruderschaft. Und damit ich euer Gemaule weiterhin ertrage, bekomme ich gefälligst auch ein Glas", schaltete sich Zero ein, woraufhin Karyu die Schultern hängen ließ und noch mal zur Vitrine ging. "...trinkt meinen Edelwein weg, als wäre es nur irgendein billiger Fusel...", murmelte er in seinen nicht vorhandenen Bart, während er vier Rotweingläser herausnahm und zu ihnen an den Couchtisch zurückkehrte. Der Drummer öffnete die Flasche fachgerecht und schenkte ihnen allen ein, hob anschließend sein Glas. "Auf uns. Auf die Band." Die Anderen taten es ihm gleich, jedoch hielt Zero in der Bewegung inne. "Moment. Erst müssen Hizumi und Karyu auf Bruderschaft trinken, schon vergessen?" Tsukasa verzog den Mund leicht. "Wieso denn zuerst? Sind sie wichtiger als die Band?" "Ja aber..." Der Bassist stockte, während Hizumi das Geschehen verwirrt beobachtete. "Aber die beiden sind doch die Band...zu zwei Teilen." Nun hielt auch Tsukasa inne und schien zu überlegen, weswegen Karyu schließlich dazwischen ging, als es ihm zu bunt wurde. "Wir trinken erstmal alle einen auf die Band! Aber genüsslich, sag ich, denn denkt dran, der war teuer! Ohne einen vorigen Schluck vergesse ich eh meine guten Absichten, mich mit dem Giftzwerg zu vertragen." Hizumi versuchte, sich seine Überraschung nicht anmerken zu lassen, konnte aber nicht verhindern, dass das Glas in seiner Hand für einen Moment zitterte. Zum einen hatte der Gitarrist ohne Umschweife zugegeben, noch immer ein Problem mit ihm zu haben, nur um es aber zum anderen im gleichen Satz bereits wieder zu bereinigen: Karyu hatte ihn schon seit Jahren nicht mehr "Giftzwerg", genannt - ein freundschaftlicher Ausdruck, mit dem er ihn zu necken gepflegt hatte. Vorsichtig hob er den Blick und sah seinem Freund prüfend in die Augen. Dieser schaute ebenso eindringlich zurück - es war ein kurzer, aber intensiver Moment, in dem eine nonverbale Kommunikation stattfand. Der Blick des Gitarristen machte deutlich, dass er ihn beschwor, nie wieder zu lügen. Dass er ihm hier und jetzt ohne ein weiteres Wort verzeihen würde, in was für einen Schlamassel er sie gebracht hatte. Hizumi nickte kaum merklich, zum Zeichen, dass er verstanden hatte. Er war erleichtert und dennoch spürte er die Bürde des unausgesprochenen Versprechens auf den Schultern: nie wieder lügen, sie nie wieder in Schwierigkeiten bringen. Es gab Dinge, die wollte man mit aller Macht verhindern, und dennoch passierten sie einem. "Also....Kanpai! Auf uns!" Tsukasa hob das Glas und sie alle nahmen, wie sie hofften, einen langsamen, genüsslichen Schluck, statt den Wein nur runterzuspülen. Sonst würde Karyu ihnen noch aufs Dach steigen. Dieser war nicht immer ein Weintrinker gewesen, erst in den letzten Despa-Jahren hatte das angefangen. Bis heute nahm Tsukasa ihn aber dahingehend nicht ernst. Von einem Weinkenner war er noch weit entfernt, seiner professionellen Meinung nach. Hizumi umfasste sein Glas stärker und stand auf, während er den Blick auf Karyu richtete. "Los Bruder, lass es uns hinter uns bringen", meinte er grinsend, woraufhin der Gitarrist sich tatsächlich erhob und zu ihm kam. "Schön..." Der Blonde sah zu Tsukasa und Zero. "Ihr habt scheiß Ideen", verkündete er, bevor er sich wieder ihm zuwandte. Mit den Gläsern in der Hand kreuzten sie vorsichtig die Arme und tranken einen großzügigen Schluck, bevor sie sich wieder voneinander lösten. Er hörte den Drummer in die Hände klatschen. "Es ist besiegelt!" Karyu verdrehte die Augen. "Dein Schicksal ist auch gleich besiegelt, mein Lieber." Er sah noch mal zu Hizumi. "Und du, Früchtchen, wehe du wirfst mir irgendwann noch mal was in den Mund, während ich schlafe. Dann gibt's Ärger!" Er musste grinsen. Manchmal hatte der Gitarrist mit offenem Mund im Tourbus oder im gleichen Hotelzimmer wie er geschlafen, da hatte es ihn einfach in den Fingern gejuckt, Karyu mit Gummibärchen zu bewerfen. Unschuldig erwiderte er den drohenden Blick. "Du sahst nur immer so dürr aus, da wollte ich dir was Gutes tun und dich füttern", spottete er und ließ sich rasch zurück auf die Couch fallen, bevor er sich noch eine Kopfnuss einfing. Schnaubend setzte auch Karyu sich wieder. Die Stimmung war dank Tsukasas, zugegeben doch recht kindischen, Einfalls wieder aufgelockert – aber genau das hatte sie immer ausgemacht: ihr Spaß an der Freude, ihre kindliche, unbesorgte Seite. Etwas nagte an Hizumi. Unschlüssig sah er auf, betrachtete seine Freunde. Zufrieden war er mit der Entscheidung, das Konzert bzw. die Tour zu verschieben, nicht. Aber wenn er das jetzt ansprach, würden sie nur wieder nachfragen, warum er es so eilig hatte. Dennoch wollte er sich vergewissern und räusperte sich leicht. "Dann behalten wir unser Vorhaben im Auge, aber überstürzen da jetzt nichts?", hakte er leise nach. "Wir machen statt dem Konzert besser die Tour?" Er neigte den Kopf. "Wenn wir eine Tour nicht ermöglichen können, dann veranstalten wir nur das eine Konzert?" Tsukasa seufzte, während Karyu den Blick senkte. "Ja, das wäre dann besser als nichts...auch wenn es unserem Karyu hier nicht gefällt." Dieser hob den Kopf und zog einen Mundwinkel hinunter. "Klar wäre eine Tour schon toller... Warten wir ab. Vielleicht bekomme ich ja Kirito besänftigt und er kann uns helfen mit den Hallen...mit der Planung.." Hizumi schloss für einen kurzen Moment die Augen, trank dann seinen Wein aus, ohne sich daran aufzuhalten, dass man ihn besser genoss. "Gut, dann ist das geklärt. Ich muss leider zurück nach Hause, hab noch einen Berg Arbeit", meinte er, während er sich erhob. Tatsächlich war da viel zu tun, aber das hätte er auch noch später erledigen können. Seine Freunde wussten das allerdings nicht. Er wollte jetzt nur allein sein. "Oh...jetzt schon?" Tsukasa verzog enttäuscht das Gesicht, weswegen er verzeihungsheischend in die Runde schaute. "Tut mir leid... Wir hören voneinander, oder? Wenn es was Neues gibt?" Sie nickten ihm zu, verabschiedeten sich gebührend, denn man wusste nie, ob man sich wirklich so schnell wiedersah. ====================================================== to be continued ====================================================== Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)