Stairway to the Skies von Swanlady (ItaSaku) ================================================================================ Kapitel 10: unruhig. -------------------- Sakura war davon ausgegangen, dass Itachi das offensichtliche Thema ansprechen würde, doch egal wie oft sie ihm verstohlene Blicke zuwarf, er hielt seinen konzentriert nach vorne gerichtet. Das war mal wieder typisch. Während ihre eigene Neugierige sich ätzend durch ihren Kopf fraß, ließ ihn das alles kalt. Was hatte es mit seiner Krankenakte auf sich? Noch bevor sie jedoch den Mut sammeln und selbst nachhaken konnte, hob Itachi die Hand. Es war ein universelles Zeichen zum Stehenbleiben und Sakura drosselte ihr Tempo abrupt. „Wir machen hier Rast“, sagte Itachi, was auch Genma und Shisui dazu veranlasste, langsamer zu werden. Beinahe zeitgleich landete die Gruppe auf dem Boden und Sakura sah stirnrunzelnd in den immer dunkler werdenden Himmel. Sie hatte das Zeitgefühl verloren. Wie lange waren sie bereits unterwegs? Die Abenddämmerung hatte eingesetzt und der Mond stand bereits am Himmel. „Ist das nicht ein wenig zu früh?“, erkundigte sie sich und es war ihr egal, dass sie wie eine Amateurin klang. Wäre sie Naruto, wäre sie erst gar nicht stehengeblieben. Mit diesem Gedanken tröstete sie sich selbst, als sie Itachi fragend ansah. „Nein“, antwortete er simpel und in seinem Wort erkannte Sakura keinen Hohn. „Unser werter Kollege, den wir suchen, ist ein Meister der Tarnung und bevorzugt nachts in Waldgebieten unterwegs“, sprach Shisui im Plauderton und schenkte Sakura ein vielsagendes Grinsen. „Außerdem ist er überaus vorsichtig. Scheinbare Unvorsichtigkeit ist also die beste Methode, um ihn anzulocken!“ Sakura war noch immer verwirrt. „Wir machen also Pause, um uns auf die Lauer zu legen?“ „Bingo!“, applaudierte Shisui, während Genma einige Äste auf den Boden legte. Wann er gegangen war, um Feuerholz zu holen, war Sakura völlig schleierhaft und sie nahm sich fest vor, alle drei besser im Blick zu behalten. Obwohl sie auf derselben Seite standen, fühlte sie sich fürchterlich benachteiligt. „Pass auf die Schatten auf“, sagte Genma trocken, woraufhin sich Shisui empörte. „Hey, mach ihr keine unnötige Angst!“ „Sie wäre nicht hier, wenn sie sich so leicht ins Hemd machen würde“, zischte Genma zurück und entzündete das Lagerfeuer am Wegrand. Mit flauem Gefühl im Magen starrte Sakura ins immer höher züngelnde Feuer. Schatten? Sie ging stark davon aus, dass an Genmas Warnung etwas dran war. Wo Licht war, da waren bekanntlich auch Schatten. Sie versuchten also tatsächlich, den Feind aus seinem Versteck zu locken? Sakura war nicht überzeugt und hatte von den ANBU eine andere Vorgehensweise erwartet. Vielleicht ging es aber genau darum – der Shinobi, den sie suchten, kannte das übliche Verhalten der Einheit, weshalb sie auf unkonventionelle Methoden zurückgreifen mussten. Grübelnd wandte sich Sakura ab, um sich einen geeigneten Ort zum Setzen zu suchen und wäre dabei fast mit Itachi zusammengestoßen. Er stand reglos da und als sie zu ihm aufblickte, erschrak sie. Er hatte seine Maske abgelegt und sein Sharingan aktiviert. Sakura hielt die Luft an, denn sie kam sich vor, als würde sein Blick allein eine Schicht ihrer Seele nach der anderen schälen und Dinge freilegen, die sie lieber verborgen gehalten hätte. Sie kam sich entblößt und klein vor, aber diese Ansicht schien ihr Mundwerk nicht zu teilen. „Belegst du mich gerade mit einem Genjutsu?!“ Shisui prustete hinter ihr los, Genma sagte nichts und Itachis Gesichtszüge wurden weicher. „Nein. Aber für potentielle Passanten siehst du vielleicht ein wenig anders aus als sonst“, erklärte er nachsichtig. „Wehe, du hast mich wieder zum alten Greis gemacht!“, beschwerte sich Shisui, was die Atmosphäre wieder auflockerte. Sakura schluckte schwer und ging an Itachi vorbei, um sich auf einem Stein in der Nähe niederzulassen. Ihr Gesicht fühlte sich warm an, weshalb sie die Maske auszog. Wenn sie von einem Genjutsu geschützt wurden, brauchte sie diese im Moment nicht. Auch Shisui und Genma hatten sich ihrer entledigt und bereiteten das Lager für die Nacht vor. Niemand von ihnen wusste, wie lange sie hier bleiben würden, aber Sakura ging davon aus, dass sie spätestens bei Morgengrauen aufbrechen würden. „Was passiert, wenn er nicht auftaucht?“, fragte Sakura Shisui, der sich auf den Boden gesetzt hatte und sein Bento unter die Lupe nahm. „Dann können wir alle ruhig schlafen“, erwiderte er locker und wünschte allen einen guten Appetit, obwohl sonst niemand aß. Dies beantwortete ihr die Frage nicht wirklich, aber Sakura hakte nicht weiter nach. „Na, was meinst du, Sakura-chan, übernehmen wir die erste Wache?“, schlug Shisui vertraulich grinsend vor, ehe er von seinem Reisbällchen abbiss. Überrumpelt blinzelte sie ihn an. Entschied dies normalerweise nicht der Gruppenanführer? Verstohlen schielte sie zu Itachi hinüber, doch er schenkte ihnen keine Beachtung. „Okay“, sagte sie zögerlich. „Ist das in Ordnung, Itachi?“, fragte Shisui. „Ja“, gab Itachi sein Einverständnis, seinen Blick wachsam auf ihre Umgebung gerichtet. So viel also zum Thema, dass er ihnen keine Aufmerksamkeit schenkte. An den Gerüchten, dass ANBU nicht schliefen, war nichts dran, wie Sakura an Genmas Schnarchen feststellen durfte und sie freute sich darauf, die Seifenblase für einige ihrer Patientinnen platzen zu lassen, doch dann fiel ihr ein, dass sie ihnen nichts von dieser Mission erzählen durfte. Zu schade! Während Genma es sich auf seinem Schlafsack gemütlich gemacht hatte, schlief Itachi im Sitzen. Er hatte sich gegen einen Baum gelehnt und die Arme vor der Brust verschränkt. Wären seine Augen nicht geschlossen und sein Kopf nicht gesenkt, hätte man nicht erkennen können, dass sein Körper sich ausruhte, denn alles an seiner Haltung verriet Handlungsbereitschaft. Für einen ruhigen Schlaf waren seine Armmuskeln zu angespannt, die Atmung zu kontrolliert. Von ihrem Platz auf dem Stein sah Sakura zwar nicht die dunklen Haarsträhnen, die ihm ins Gesicht hingen, aber sie könnte darauf wetten, dass auch seine Gesichtsmuskeln sich keine Pause gönnten. Ihr Blick schweifte in Shisuis Richtung, der, entgegen ihrer Annahmen, nicht neben ihr saß und sich mit ihr unterhalten wollte, sondern auf einem dicken Ast kniete und die Lage von oben im Visier behielt. Sein Sharingan funkelte rot in der Dunkelheit, die sich mittlerweile über den Wald gelegt hatte. Er hatte Itachi abgelöst und es erstaunte Sakura ein wenig, wie ernst er seine Aufgabe nahm. Sie zweifelte zwar nicht daran, dass für einen Außenstehenden nun Itachi wie ein Greis aussah, da Shisuis freudiges Grinsen eindeutig gewesen war, als er das Genjutsu um sie herum aufgebaut hatte, aber abgesehen davon zeigte er volle Konzentration. Wieder musterte sie Itachi, dessen Haltung sich nicht verändert hatte. Er musste Shisui blind vertrauen, anderenfalls hätte er vermutlich kein Auge zugetan. Bevor er merkte, dass er angestarrt wurde, spähte sie hinauf in den Himmel, auf dem keine Wolken zu sehen waren. Der rote Schimmer des Mondes erhellte die Nacht, ließ aber ihr unter Baumkronen verbogenes Fleckchen aus. Das Feuer war fast heruntergebrannt und die Glut spendete nicht mehr allzu viel Licht. Die Finsternis machte Sakura müde, ganz besonders, da Shisui in seinem Baum saß und eher an einen Raubvogel erinnerte, der bereit war, sich jeder Zeit auf seine Beute zu stürzen, als an einen potentiellen Gesprächspartner. Sakura wollte aufstehen und sich ein wenig die Beine vertreten, als ein Geräusch ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Sie erstarrte sofort und sah sich um, doch es war weit und breit nichts zu sehen. Shisui hatte sich auch nicht geregt, es musste also ein Tier gewesen sein. Als es jedoch wieder erklang, merkte Sakura, dass es kein Rascheln war, sondern ein… Seufzen. Sofort wandte sie sich Itachi zu, der unruhig wurde. Sein Kopf zuckte nach links, dann wieder nach rechts und seine Schultern spannten sich an. Die Hände, die bisher locker an seinen Ellenbogen gelegen hatten, ballten sich zu Fäusten und seine Atmung war stockend und flach. „Itachi-san?“, murmelte Sakura erschrocken. Was geschah mit ihm? Als er nicht reagierte, schluckte sie schwer und näherte sich ihm. Noch einmal versuchte sie ihn zu wecken, indem sie seinen Namen aussprach, aber auch diesmal hörte er sie nicht. Sakura kniete sich vor ihn, um einen Blick auf sein Gesicht werfen zu können. Schweißperlen glänzten auf seiner Stirn und die Augen hatte er fest zusammengekniffen. „Itachi-san!“, sagte sie, dieses Mal entschlossener und streckte die Hand aus. Sachte berührte sie eine Schulter und diese kleine Geste genügte, um ihn aus dem Schlaf zu holen. Ruckartig öffnete er die Augen und seine Hand packte sie am Handgelenk, noch bevor Sakura sie zurückziehen konnte. Schmerzhaft bohrten sich seine Finger in ihre Haut und sie verzog das Gesicht. „Itachi-san! Ich bin’s, Sakura!“, keuchte sie und konnte nur von Glück reden, dass die stechenden Augen, die ihr das Bluterbe der Uchihas in voller Pracht und aus nächster Nähe präsentierten, nicht bereits in ihren Kopf eingedrungen und ihr auf tausend verschiedene Weisen wehgetan hatten. Reglos starrte Itachi sie an und Sakura wusste nicht, ob er sie erkannte. Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis er den Griff um ihr Handgelenk lockerte. „Verzeih mir“, murmelte er und schloss für einen Moment die Augen. Als er sie wieder öffnete, waren sie schwarz. Unschlüssig, was sie tun sollte, zog Sakura langsam ihren Arm zurück. „Du hast schlecht geträumt“, sagte sie atemlos. Itachi antwortete nicht, sondern fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. „Hey, ist alles in Ordnung?“ Sakura zuckte zusammen, als Shisui plötzlich neben ihr stand. Sie hatte von seiner unglaublichen Schnelligkeit gehört, aber es war etwas anderes, so von ihm überrascht zu werden. Itachi nickte. „Ich werde dich ablösen.“ Skeptisch taxierte Shisui seinen Cousin, verstand aber, dass dies ein Befehl war und zuckte mit den Schultern. „Trifft sich sehr gut. Ich bin eh hundemüde! Soll ich Genma wecken?“ Schwach schüttelte Itachi den Kopf und Sakura runzelte die Stirn. Es war offensichtlich, dass Itachi seine Gründe hatte, um den vierten im Bunde schlafen zu lassen. Der Gedanke, dass er allein mit ihr sprechen wollte, machte sie aus irgendeinem Grund nervös. Das lag gewiss an der außergewöhnlichen Situation, in der sie sich vor wenigen Sekunden befunden hatte, aber statt etwas zu sagen, wartete Sakura geduldig, bis Shisui sich ins Gras gelegt hatte. Erst dann erhob sie sich, um zu ihrem Stein zurückzukehren und Itachi ein paar Momente Privatsphäre zu gönnen. Als er nach einigen Minuten näher trat, bemühte er sich nicht, leise zu sein. Sakura ahnte, dass er sie nicht wieder erschrecken wollte und sah auf, als er sich neben sie setzte, dabei einen sicheren Abstand einer Armlänge wahrend. „Es ist bedauerlich, dass ich mich scheinbar ständig bei dir entschuldigen muss“, begann er gefasst und hätte Sakura es nicht mit eigenen Augen gesehen, hätte sie nie geglaubt, dass jemand wie er sich unruhig im Schlaf wälzen konnte. Da sie keine Ahnung hatte, was sie darauf erwidern sollte, wartete sie einfach ab. „Habe ich dir wehgetan?“, fragte er und sein Blick huschte kurz zu ihrem Unterarm. „Nein, keine Sorge“, sagte Sakura und schüttelte hastig den Kopf. „Ich wusste nur nicht wirklich, was los ist.“ Itachi scannte die Umgebung, nicht einmal im Gespräch mit Sakura vergessend, dass sie sich auf einer Mission befanden. Das Genjutsu umgab sie immer noch, aber seine Augen wirkten nicht mehr so bedrohlich wie zuvor. „Ein Alptraum“, gestand er und Sakura hörte das Zögern in seiner Stimme. War das sein verletzter Stolz? Uchihas haben keine Alpträume, hörte sie eine leise Stimme in ihrem Kopf sagen, doch diese hörte sich verdächtig nach Sasuke an – und nicht nach Itachi. „Möchtest du darüber reden?“ Die Worte hatten ihren Mund verlassen, noch bevor sie vernünftig darüber nachdenken konnte. Sie bot einem abgehärteten Shinobi an, Hobbyseelenklempner für ihn zu spielen, wunderbar. „Du musst natürlich nicht!“, fügte sie sofort hinzu und machte die Situation damit wohl noch schlimmer, denn Itachi musterte sie stirnrunzelnd. Nun hielt er sie endgültig für verrückt und würde… „Ich habe vom Mond geträumt.“ … ihr Angebot tatsächlich annehmen? Falls Itachi den überraschten Ausdruck auf Sakuras Gesicht sah, ignorierte er ihn geflissentlich. „Vom Mond?“, hakte sie nach, als er wieder ins Schweigen verfiel. Itachi blickte in den Himmel und Sakura tat es ihm instinktiv gleich. Der Mond hatte sich kein bisschen verändert, seit sie ihn das letzte Mal begutachtet hatte. „Und von einer Treppe, die hinauf in den Himmel führt“, fuhr Itachi fort. „Das hat dir im Traum so große Angst eingejagt?“, hinterfragte Sakura, da sie nicht wusste, was am Mond und an einer Treppe so erschreckend war. „Nein, es war eher der Rest der Welt“, erwiderte er und verengte die Augen. Es beunruhigte Sakura, mit wie viel Abneigung Itachi hinauf starrte, als wäre es ein Duell des leuchtenden Rots – Mond gegen Sharingan. „Was war mit dem Rest der Welt?“ Langsam kam sie sich dumm vor, ständig nachhaken zu müssen, aber es war wohl ein Wunder, dass er seinen Traum überhaupt mit ihr teilte, so bruchstückhaft es auch war. „Sie war anders als diese“, presste er hervor. Eine solch unpräzise Aussage aus seinem Mund war für Sakura eine Prämiere und machte sie stutzig. Er hatte seine Emotionen weniger unter Kontrolle als sonst und sie fühlte sich an den Moment zurückerinnert, an dem er mit dem blutenden Sasuke vor ihrer Haustür aufgetaucht war. Dieser Traum war ihm wirklich nahegegangen, so unverständlich er für Sakura auch war. „Sie hat sich diesmal echter angefühlt. Echter als diese.“ Die Art, wie Itachi diese Worte aussprach, verunsicherte sie. Die Furcht, die er im Schlaf verspürt haben musste, vibrierte zusammen mit seiner Stimme in ihrem Ohr und Sakuras Nackenhaare stellten sich auf. „Das haben Träume manchmal an sich“, murmelte sie beschwichtigend, aber Itachi schien zu sehr in Gedanken versunken, um ihre Aufmunterungsversuche wahrzunehmen. „Du solltest dich ausruhen.“ Es dauerte einen Augenblick, bis Sakura verstand, dass er das Thema abrupt beendet hatte. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber Itachis leerer Blick hielt sie davon ab. Es frustrierte sie, dass sie ihm kein vernünftiger Gesprächspartner sein konnte, aber was hatte sie sich auch erhofft? Ihm auf magische Weise all seine Last zu nehmen? Es war nur ein Traum gewesen und das wusste Itachi. Es brachte nichts, länger daran festzuhalten. Als er sah, dass Sakura zögerte, erhob er sich. „Ich werde Genma wecken, keine Sorge.“ „Ich mache mir keine Sorgen“, protestierte Sakura sofort und wurde abermals Zeuge dessen, wie Itachis Züge sich sichtbar entspannten. Im Vergleich zu den letzten Minuten wirkte sein Gesicht sogar überaus freundlich und offen. Zudem zuckte sein Mundwinkel verräterisch, was ein klares Indiz dafür war, dass er seine eigenen Gedanken zu ihrer Aussage hatte, diese aber nicht mit ihr teilte. „Schlaf gut, Sakura.“ Während Itachi Genma wecken ging, legte sich Sakura ins Gras und zog die angewinkelten Beine dicht an ihren Körper. Sie drehte der Feuerglut den Rücken zu und schloss die Augen, auch wenn sie überhaupt nicht müde war. Ihr Kopf fühlte sich schwer an und das ungute Gefühl kauerte weiterhin in ihrer Brust, erschwerte ihr das Einschlafen. Zwei Dinge ließen ihr keine Ruhe: Die Tatsache, dass sie ihre Chance verpasst hatte, Itachi unter vier Augen zu fragen, was es mit seiner Krankenakte auf sich hatte und der genaue Wortlaut seiner Angst. „Sie hat sich diesmal echter angefühlt. Echter als diese.“ Diesmal. Itachi hatte nicht zum ersten Mal davon geträumt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)