Geometrie: Heutige Lektion - Dreiecke!
„Wahhhh!“
Erschrocken fuhr Kaito hoch und blinzelte verwirrt. Er konnte klar sehen, dass es draußen dunkel war, aber verdammt nochmal, wo kam dann dieses Licht her? Mit einem Seitenblick nach rechts sah er sofort den Übeltäter. Ein wütender Shinichi Kudo, seines Zeichens Meisterdetektiv, ex-geschrumpfter Chibi und komplett durchgeknallt (wie Hakuba behauptete, weil er sich anders nicht erklären konnte, warum jemand wie Shinichi mit jemandem wie Kaito zusammen sein sollte) hatte die Arme in die Luft geworfen und starrte den armen Laptopbildschirm an, als hätte er ihm gerade eröffnet, Shinichi wäre schwanger – von einem glitzernden, pinken Nilpferd. Im Spitzentutu.
Bei dem Blick, dem sein Detektiv dem Laptop schickte, dankte Kaito mit einem Stoßgebet gen Himmel allen Göttern, dass nicht ER der Grund für die Wut des Detektivs war (so hoffte er zumindest).
„Shin-chan, was ist denn los?“, fragte Kaito noch im Halbschlaf nach und rieb sich unterstreichend die Augen. Normalerweise wäre Shinichi gerade rot angelaufen, hätte sich ein 'aww' nicht verkneifen können und wäre über den viel zu niedlichen Kaito hergefallen – wenn er ihn denn überhaupt angesehen hätte. Die mangelnde Aufmerksamkeit brachte den Meisterdieb zum Schmollen und er nahm sich vor, den Laptop in der nächstbesten Gelegenheit aus dem Fenster zu schmeißen. Aufmerksamkeitsdieb!
Erst das unverständliche Grummeln Shinichis brachte Kaito dazu, seinen alles-vernichtenden-Blick-des-Untergangs von dem wehrlosen Stück bald-Schrottes abzuwenden und seinem Lieblingsdetektiv zu widmen.
„Ich verstehe es nicht! Ich kann und will es nicht verstehen! Es ist unlogisch und alles spricht dagegen! Es geht einfach nicht! Wie [style type="italic"]kommt[/style] man bitte auf so eine Idee?! Das- das- das- gahhhhh, es regt mich so sehr auf!!!“, quasselte der Detektiv aufgeregt darauf los und fuchtelte aufgebracht mit den Armen in der Luft herum, wobei er dem Laptop immer wieder den Zeigefinger zeigte.
Überfordert sah Kaito seinen Liebsten nur verwirrt an, ehe es bei ihm 'Klick' zu machen schien und er, hoffend, dass sich seine Befürchtung bitte NICHT bewahrheiten würde, einen Blick auf den Bildschirm warf. Nur um resigniert aufzuseufzen.
„Shin-chan, wie oft müssen wir noch da durch? Reicht es nicht langsam?“, kam es verzweifelt von Kaito, der Shinichi einen bittenden Blick schickte und seine besten Hundeaugen aufsetzte.
Der Detektiv ignorierte das einfach gekonnt und fuhr fort sich aufzuregen – mit einer erstaunlichen Leidenschaft, die jeden Lunatiker neidisch werden ließ: „Ob es nicht langsam reicht? Ob es nicht langsam reicht?! Ich werde mich verdammt noch einmal so lange darüber aufregen, bis ich mich nicht mehr aufregen muss! Es ist sinnlos und unrealistisch!“, zeterte er weiter.
Hoffnungslos seufzte Kaito auf. Heute würde er keinen Schlaf mehr bekommen. Dabei hätte er ihn doch so sehr gebraucht, denn auch wenn es nicht so schien: Selbst ein Dieb brauchte seinen Schönheitsschlaf – dieses perfekte Aussehen kam nicht von nirgendwo.
Deswegen legte Kaito in einem Versuch, den, außer seiner Sicht, überreagierenden Detektiv zu beruhigen, eine Hand auf dessen Arm. „Beruhig dich doch Shinichi. Es ist doch bloß Fiktion.“
Das brachte dem Dieb aber nicht das erhoffte (und genauso unerwartete) ,Ach, du hast ja recht Schatz! Gehen wir jetzt schlafen. Oh, und morgen kaufe ich dir neue Schuhe, ja?´ ein, sondern einen glühenden Blick aus den blauen Augen, die er eigentlich so sehr liebte, und ein Abschütteln seiner Hand. „Mich beruhigen?! Ich beruhige mich wenn sie damit aufhören! Eine Person kann einfach nicht zwei Leute gleichzeitig lieben! Es-geht-einfach-nicht! Und wie unrealistisch ist es bitte, dass drei Personen jeweils zwei lieben? Und diese zwei auch wieder die anderen zwei? Das ist einfach so dämlich! Und…“
Mit einem letzten, müden Seufzen schnappte sich Kaito sein Kissen und drückte es sich über die Ohren.
Wenn Shinichi erst einmal anfing sich über sein Lieblingsthema aufzuregen, dann war's das für Kaito.
Und wieder einmal nahm sich der Dieb vor, denjenigen umzubringen, der so etwas Grauenhaftes, Diebschlafraubendes wie den Threesome erfunden hatte.
Aufmerksamkeitsprobleme
„Verdammt, Kaito, lass mich los, das ist doch peinlich!“, fluchte Shinichi und versuchte sich aus den Armen des Magiers zu befreien, der seinen Griff um Shinichis Handgelenke aber nur verstärkte. „Komm schon Shin-chan, du hast mir doch einen Tanz versprochen!“, jammerte Kaito und setzte seine besten Hundeaugen auf, von denen er genau wusste, dass sein Shin-chan ihnen nicht widerstehen könnte. Der Detektiv biss sich auf die Unterlippe und murmelte etwas von wegen „Aber doch nicht vor so vielen Leuten…“, stellte sein Gezappel aber ein, was Kaito zum Lächeln brachte.
Als Kaito seine Hände auf Shinichis Hüften legte, sah der Detektiv ihn mit einem scharfen Blick an. „Und warum darfst du eigentlich führen?“, fragte er mit zu Schlitzen geformten Augen. Der Magier überging die eingeschnappten (?) Worte seines Geliebten und schenkte ihm stattdessen ein strahlendes Lächeln.
„Weil wir doch beide wissen, wer in unserer Beziehung die Zügel in den Händen hält!“ Wäre Shinichi nicht so verdammt beschämt gewesen, wäre er Kaito vielleicht sogar mit Absicht auf die Füße gestiegen. So schloss er nur den Mund und sah stur über Kaitos Schulter.
Wage nahm Shinichi wahr, wie einige der anderen Gäste anfingen miteinander zu tuscheln – anscheinend über die beiden Jungen, von denen einer wie ein Bekloppter grinste, und der andere wie ein peinlich berührtes Schulmädchen aussah. Per-fekt. Einfach nur perfekt. Als würde er nicht schon genug in den Zeitungen stehen, nein, jetzt würde wahrscheinlich ein riesen Skandal deswegen entstehen. „Berühmter Oberschülerdetektiv schwul?!“
Er schämte sich nicht für Kaito – zumindest nicht deswegen, weil Kaito auch ein Junge war – aber war es denn zu viel verlangt, ihre Beziehung an einem anderen Ort, als auf einer von Sonokos Partys bekanntzugeben? Ja?
Mitleidig seufzte Shinichi und machte automatisch einen Schritt nach rechts.
Links-rechts-links-Drehung.
Der Detektiv fand es wirklich unfair, dass er den weiblichen Part spielen musste.
„Warum tust du mir das bloß an?“, murmelte Shinichi leise, sagte aber sonst nichts weiter und ließ sich von Kaito führen. Fast schon widerstandslos. Das nervte Shinichi noch mehr: Dass er sich Kaito nicht einmal wirklich entgegenstellen konnte. Oder wollte? Lieber nicht zu viel darüber nachdenken, Shinichi hatte schon zu viel von seiner Würde verloren.
„Aber Shin-chan, siehst du es nicht? Wir sind der Mittelpunkt des Geschehens!“, sagte der Magier fast schon zu fröhlich über den Ausgang des Abends und drehte sich mit Shinichi im Kreis.
Der Detektiv sah, wie Ran eine aufgeregte Sonoko beruhigen musste, und wie Kazuha verwirrt mit den Fingern vor Heijis Gesicht schnippte, der die beiden mit offenem Mund ansah. Hakuba dagegen, von dem Shinichi sich immer noch wunderte, was er überhaupt hier machte, starrte sie mit einem ernsten Gesichtsausdruck an und hatte einen Notizblock in der Hand. Woher Hakuba den herhatte, oder ob er sogar immer einen mit sich rumschleppte, wollte Shinichi gar nicht wissen. Aoko dagegen lächelte sie triumphierend an und zählte grinsend Geldscheine in ihren Händen, während Keiko und einige andere von seinen und Kaitos Klassenkameraden murrend neben dem glücklichen, und nun um einiges reicherem, Mädchen standen.
„Für dich ist das ja alles schön und gut, immerhin liebst du die ganze Aufmerksamkeit ja.“, grummelte der Detektiv leise und sah zur Seite, ein verzweifelter Versuch seine roten Wangen zu verbergen.
„Ach Shin-chan, du kannst doch lernen die Aufmerksamkeit zu lieben!“, summte Kaito fröhlich, während er Shinichi mit einer Hand im Kreis drehte, ehe er den Detektiv wieder an sich zog.
„Aber deine Aufmerksamkeit reicht mir doch…“, murmelte der Detektiv und presste sein Gesicht in das Hemd seines Freundes. Das war ja so verdammt peinlich! In einem hatte Kaito eben doch recht: Er hatte ein grottiges Pokerface. Und in der Nähe des Magiers schien das bisschen was er besaß ganz zu bröckeln.
„Ist das so?“, lächelte Kaito verschmitzt, was Shinichi natürlich nicht sehen konnte, und fuhr ihm über die Seiten.
Ein wohliger Schauer lief Shinichi über den Rücken. Er nickte nur gegen die Brust Kaitos, sagte sonst aber nichts. Es war peinlich genug das zuzugeben, Kaito musste da nicht auch noch seine roten Wangen sehen. Das würde den Magier nur noch mehr amüsieren. Was unweigerlich dazu führen würde, dass er ihn aufziehen würde. Kein guter Ausgangspunkt für Shinichi also.
„Dann ist es ja wohl eine gute Sache, dass mir deine Aufmerksamkeit auch reicht, hmm?“, flüsterte Kaito ihm ins Ohr und küsste ihm direkt über diesem, und Shinichi war sich sicher, dass seine Ohren glühten.
„S-sag doch s-sowas nicht, d-du I-Idiot“, stotterte Shinichi, während er den Kopf auf Kaitos Schulter legte. Der Magier lachte aufgrund seiner Reaktion nur und platzierte diesmal einen Kuss auf Shinichis Schläfe. Er würde gerne behaupten, dass ihn Kaitos kitschige Sprüche wirklich nervten, aber sein aufgeregt flatterndes Herz belehrte ihm eines Besseren. Von dem warmen Gefühl in seiner Brust einmal abgesehen.
Kaito ist, war und wird wohl immer ein Charmeur bleiben.
„Ha ha, aber es gefällt dir doch, oder nicht Shin-chan?“, streckte ihm Kaito frech die Zunge heraus und rubbelte ihm spielerisch durch die Haare, ehe er eben diese küsste.
Aber wenigstens war er sein Charmeur.o
